L 9 AL 49/09 ZVW

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 12 AL 661/03
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 49/09 ZVW
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

I.    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 8. November 2004 wird zurückgewiesen.

II.    Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Dies gilt auch für das Revisionsverfahren.

III.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Beklagten, mit dem die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe teilweise aufgehoben und ein überzahlter Betrag von 4.076,28 Euro zurückgefordert wurde.

Die im Mai 1959 geborene Klägerin stand ausweislich der beigezogenen Behördenakten erstmals im Jahre 1988 im Leistungsbezug. In den nachfolgenden Jahren erhielt sie immer wieder – mit einigen Unterbrechungen – Leistungen von der Beklagten. Im Oktober 1999 gab es bereits einmal einen Rückforderungsbescheid der Beklagten, mit dem sie überzahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 10.072,80 DM für den Zeitraum vom 29. Mai 1999 bis zum 21. Juni 1999 zurückgefordert hatte, da die Klägerin nicht mitgeteilt hatte, dass ein Arbeitsgerichtsverfahren zu ihren Gunsten beendet worden war und deshalb in der fraglichen Zeit keine Arbeitslosigkeit bestanden hatte. Eine damals in diesem Zusammenhang erhobene Klage hatte die Klägerin zurückgenommen. Sie bezog im Anschluss weiterhin mit Unterbrechung Leistungen. Ab dem 1. März 2001 bis zu der Erschöpfung ihres Anspruchs am 4. Dezember 2001 bezog sie Arbeitslosengeld in Höhe von 324,24 DM wöchentlich. Der Betrag errechnete sich aus einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 650,00 DM und einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von 650,00 DM. Das Arbeitslosengeld wurde der Klägerin zuletzt am 5. Dezember 2001 überwiesen. Die Daten wurden für die Überleitung gespeichert und es wurde festgehalten, dass der Klägerin ab dem 5. Dezember 2001 Arbeitslosenhilfe zustehe. Bereits unter dem 21. November 2001 hatte die Klägerin einen entsprechenden Antrag gestellt.

Die Nachzahlung für den Zeitraum vom 5. Dezember 2001 bis zum 31. Dezember 2001 wurde durch Bescheid vom 9. Januar 2002 bewilligt, der wöchentliche Leistungsbetrag lautete 275,87 DM, wobei bereits der Euro-Betrag in Klammern aufgeführt war (141,05 Euro). In dem Bescheid war ein Bemessungsentgelt von 650,00 DM bei Leistungsgruppe B zugrunde gelegt. Die Auszahlung erfolgte am 11. Januar 2002. Es existieren für dieses Datum zwei Zahlungsnachweise, bei denen jeweils nur die Personendaten, nicht aber die Leistungsdaten ausgefüllt sind. Auf dem einen Zahlungsnachweis erscheint noch die Summe in DM (1.064,07 DM), auf dem zweiten Nachweis diese Summe in Euro (544,05 Euro), die dann letztlich auch zur Auszahlung kam. 

Durch einen weiteren Bescheid vom 11. Januar 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin weiterhin Arbeitslosenhilfe ab dem 1. Januar 2002. Als Bemessungsentgelt gerundet wurde weiterhin „650“ vermerkt, so dass die Klägerin aufgrund des Bewilligungsbescheids sodann fortlaufend bis Ende November 2002 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 224,70 Euro wöchentlich erhielt. Die übrigen Leistungsmerkmale (Leistungsgruppe B, Kindermerkmal 1) blieben unverändert. Die erste Auszahlung für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Januar 2002 in Höhe von 995,10 Euro erfolgte am 28. Januar 2002. 

Nachdem die Klägerin im November 2002 die Fortzahlung von Arbeitslosenhilfe beantragte, bemerkte die Beklagte, dass bei der Währungsumstellung von DM auf Euro ein Fehler unterlaufen war dergestalt, dass der frühere DM-Betrag für das Bemessungsentgelt (650,00 DM) nicht in Euro umgerechnet worden war, sondern dass derselbe Betrag in Euro (650,00 Euro) zugrunde gelegt worden war. Dies hatte dazu geführt, dass vom 1. Januar 2002 bis zum 4. Dezember 2002 eine wöchentliche Arbeitslosenhilfe in Höhe von 224,70 Euro anstelle von 140,28 Euro an die Klägerin ausgezahlt wurde. Nach vorheriger Anhörung hob die Beklagte durch Bescheid vom 12. Februar 2003 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den genannten Zeitraum teilweise auf und forderte den überzahlten Differenzbetrag in Höhe 84,42 Euro wöchentlich (insgesamt 4.076,28 Euro) zurück. Hiergegen legte die Klägerin am 21. Februar 2003 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2003 zurückgewiesen wurde.

Mit am 2. April 2003 bei dem Sozialgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin gegen die genannten Bescheide Klage erhoben. Zur Begründung führte sie aus, sie habe die Überzahlung nicht verursacht und habe darauf vertrauen dürfen, dass der in dem Bewilligungsbescheid ausgewiesene Betrag ordnungsgemäß ermittelt worden sei. Sie habe auch weder positive Kenntnis von der Unrichtigkeit des Bewilligungsbescheides gehabt, noch sei ihr grob fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen. Sie sei in rechtlichen Fragen nicht bewandert, die falschen Beträge in Bezug auf Bemessungsentgelt und Auszahlung seien ihr nicht als fehlerhafte Angaben aufgefallen. Hinzu komme noch, dass sie im Januar 2002 noch die Nachzahlung für den Zeitraum vom 2. Dezember 2001 (gemeint ist wohl 5. Dezember 2001) bis zum 31. Dezember 2001 erhalten habe, es sei also nicht so gewesen, dass plötzlich höhere Beträge ausgezahlt worden seien. Die Klägerin trägt weiterhin vor, sie sei selbständig tätig und habe kurz vor Erhalt des streitgegenständlichen Bewilligungsbescheides ihre Umsatzzahlen bezüglich ihrer Tätigkeit dem Arbeitsamt vorgelegt. Sie sei davon ausgegangen, dass die von ihr vorgelegten Zahlen entsprechend berücksichtigt worden seien und in dem erstellten Bescheid ihren Niederschlag gefunden hätten.
Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung die Klage mit Urteil vom 8. November 2004 abgewiesen. Das Urteil wurde der Klägerin am 3. Dezember 2004 zugestellt. Mit am 27. Dezember 2004 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Berufung eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Sie weist darüber hinaus darauf hin, dass die Begründung in dem Urteil des Sozialgerichts insofern fehlerhaft sei, als dort bezüglich der Bewilligungsbescheide falsche Daten zugrunde gelegt worden seien.

Die Berufung der Klägerin wurde durch Urteil des Senats vom 13. November 2006 ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen und die Revision wurde nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hin wurde die Revision vom Bundessozialgericht zugelassen. Das genannte Urteil des Senats wurde durch Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. Januar 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Bundessozialgerichts Bezug genommen. 

Die Klägerin weist im erneut aufgerollten Verfahren nochmals ausdrücklich darauf hin, dass der Fehler in dem streitgegenständlichen Bewilligungsbescheid vom 11. Januar 2002 durch eine falsche Eingabe auf dem entsprechenden Datenblatt der Beklagten entstanden sei. Diesen Fehler habe sie nicht erkennen können. Sie erklärt auch nochmals, dass sie die beiden Bescheide für Dezember 2001 und den neuen Bescheid ab Januar 2002 nicht miteinander verglichen habe, eine entsprechende Verpflichtung habe auch nicht bestanden. Im Übrigen sei der Bezugspunkt für das grob fahrlässige Nichtwissen der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Verwaltungsakts, weshalb es für die Zugrundelegung der groben Fahrlässigkeit nicht ausreiche, wenn sie erst später – zum Beispiel durch Einsicht in die Kontoauszüge – von der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids Kenntnis erlange. 

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 8. November 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist weiterhin der Meinung, dass sich die Unrichtigkeit der im Bescheid vom 11. Januar 2002 ausgewiesenen Beträge bei einem gebotenen Vergleich der beiden Bescheide hätte aufdrängen müssen. 

Der Senat hat am 18. Juni 2009 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Klägerin zum Sachverhalt persönlich angehört wurde. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll vom selben Tage verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten (zwei Bände), die Behördenakte und die Akte des Bundessozialgerichts mit dem Aktenzeichen B 7/7a AL 30/07 R Bezug genommen. 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Urteils des Bundessozialgerichts vom 27. Januar 2009 (B 7/7a AL 30/07 R) erneut zu verhandeln und zu entscheiden hatte, hat keinen Erfolg.

Die Berufung war zurückzuweisen, weil der zugrundeliegende Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 12. Februar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2003 rechtmäßig ist, so dass die Klägerin nicht beschwert ist (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Beklagte hat zu Recht mit den angefochtenen Bescheiden den Bewilligungsbescheid vom 11. Januar 2002, mit dem der Klägerin Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 4. Dezember 2002 bewilligt wurde, gemäß § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) teilweise aufgehoben und einen Betrag von 4.076,28 Euro gemäß § 50 SGB X zurückgefordert. Nach den genannten Vorschriften darf ein begünstigender Verwaltungsakt, der rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich ein Begünstigter allerdings unter anderem dann nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Liegen diese Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor, ist der Verwaltungsakt zwingend auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 330 Abs. 2 SGB III). 

Vorliegend sind die genannten Voraussetzungen für die Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidung der Beklagten gegeben, denn der aufgehobene Verwaltungsakt vom 11. Januar 2002 war rechtswidrig. Zwar lagen die Grundvoraussetzungen für die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vor, die Klägerin war unstreitig bedürftig und sie hatte bereits seit dem 1. März 2001 bis zur Erschöpfung ihres Anspruchs am 4. Dezember 2001 Arbeitslosengeld in Höhe von 324,24 DM wöchentlich bezogen. Dementsprechend wurden auf dem letzten Zahlungsnachweis bereits die Daten für die Überleitung gespeichert und es wurde festgestellt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ab dem 5. Dezember 2001 zusteht. Die gespeicherten Daten wurden auch insofern richtig übernommen, als wiederum die Leistungsgruppe B und der Prozentsatz 57 zugrunde gelegt wurden. Ein wesentlicher Fehler, der zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führte, ergab sich aber dadurch, dass unter der Rubrik „Bemessungsentgelt“ der DM-Betrag von 650 wöchentlich übernommen wurde, ohne dass die seit 1. Januar 2002 notwendige Umrechnung in Euro stattgefunden hatte. Dadurch wurde in dem streitgegenständlichen Bescheid ein Bemessungsentgelt von 650 Euro wöchentlich zugrunde gelegt, was zu einer täglichen Arbeitslosenhilfe von 32,10 Euro und einem wöchentlichen Zahlbetrag von 224,70 Euro führte, während der Klägerin bei ordnungsgemäßer Umrechnung nur ein täglicher Betrag von 20,04 Euro bzw. ein wöchentlicher Zahlbetrag von 140,28 Euro zugestanden hätte. Die Differenz zwischen der zu Unrecht bewilligten und der der Klägerin tatsächlich zustehenden Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 4. Dezember 2002 in Höhe von 84,42 Euro wöchentlich, was einen Gesamtbetrag von 4.076,28 Euro ergibt, hat die Beklagte zu Recht unter teilweiser Aufhebung der Ausgangsbescheide gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurückgefordert. 

Es ist vorliegend davon auszugehen, dass die Klägerin infolge grober Fahrlässigkeit die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 11. Januar 2002 nicht erkannt hat, so dass sie sich nicht darauf berufen kann, sie habe auf die Richtigkeit des Bescheides vertrauen können. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn - ausgehend von den persönlichen Umständen und Fähigkeiten des einzelnen Betroffenen - die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerer Weise verletzt wird (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X; BVerwGE 92,81) und wenn einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden sind (vgl. Waschull in LPK-SGB X, 1. Auflage 2004, § 45, Rdnr. 43). Dass grobe Fahrlässigkeit nach der genannten Definition in der Regel vorliegt, wenn sich der Leistungsbetrag fast verdoppelt hat, ohne dass der Leistungsempfänger eine Plausibilitätsprüfung vornimmt, ist bereits entschieden worden (vgl. VGH Baden-Württemberg, zitiert bei Waschull, a.a.O.: „ungewöhnllich hohes Maß an sorglosem Verhalten“ bejaht, wenn ein Hilfeempfänger die Differenz zwischen bewilligten 184 DM und ausgezahlten 286 DM nicht bemerkt; LSG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2009   L 13 AL 415/08 -: Kenntnisnahme eines Bewilligungsbescheides ohne Plausibilitätsprüfung ist jedenfalls dann grobfahrlässig, wenn sich der Leistungsbetrag bei der Umstellung von DM auf Euro mehr als verdoppelt hat). 

Aufgrund der Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2009 ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin infolge grober Fahrlässigkeit die Unrichtigkeit und Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 11. Januar 2002 nicht zur Kenntnis genommen hat, obwohl die Rechtswidrigkeit für die Klägerin bei Erhalt des Bescheides offensichtlich und ohne Nachforschungen zu Tage trat. Nach ihrer eigenen Aussage ist davon auszugehen, dass die Klägerin aufgrund ihrer Kenntnisse als langjährige Leistungsbezieherin und ihrer allgemeinen intellektuellen Fähigkeiten ohne Weiteres in der Lage war zu erkennen, dass versehentlich ein falsches Bemessungsentgelt, nämlich der alte DM-Betrag anstelle des seit Januar 2002 gültigen Euro-Betrages bei der Berechnung zugrunde gelegt worden war. 

Die Klägerin hat insofern erklärt, es sei ihr damals klar gewesen, dass die Umrechnung von DM in Euro so ausgesehen habe, dass es für 2,00 DM nunmehr 1,00 Euro gegeben habe. Sie habe auch in der damaligen Zeit 2001/2002 gewusst, dass die Arbeitslosenhilfe niedriger ist als das Arbeitslosengeld. Von daher sei ihr auch aufgefallen, dass sie mit dem streitgegenständlichen Bescheid mehr Geld bekommen habe als zuvor im Jahr 2001, als sie noch Arbeitslosengeld bezogen habe. 

Die Begründung der Klägerin dafür, dass sie die Beklagte auf diesen Umstand nicht hingewiesen hat, überzeugt nicht und kann ein Vertrauen der Klägerin nicht begründen. Sie hat zwar erklärt, sie habe gedacht, das Geld stehe ihr zu. Eine plausible Begründung dafür, wie sie zu dieser Annahme kam, wenn sie doch wusste, dass die Arbeitslosenhilfe niedriger ist als das Arbeitslosengeld, konnte die Klägerin allerdings nicht liefern. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung erstmals im Verfahren angegeben hat, sie sei damals alleinerziehende Mutter gewesen und sei deshalb der Meinung gewesen, dass die Summe, die in dem Bescheid gestanden habe, richtig sei, weil die Tochter auch kein eigenes Einkommen gehabt habe, so stellt sich dies als neues und gesteigertes Vorbringen dar und ist deshalb nicht glaubhaft. Bisher hatte die Klägerin immer erklärt, sie sei der Meinung gewesen, die Beklagte habe Verluste aus ihrer selbständigen Tätigkeit berücksichtigt, was der Klägerin als langjähriger Leistungsbezieherin ebenfalls nicht abgenommen werden konnte. Die Angaben der Klägerin widersprechen auch ihren früheren Einlassungen, wonach sie nicht bemerkt habe, dass in dem Bescheid vom 11. Januar 2002 ein falsches Bemessungsentgelt und dadurch ein zu hoher Leistungsbetrag enthalten gewesen sei. Diese frühere Aussage begegnete aber ohnehin deshalb Zweifeln, weil die Klägerin angegeben hat, sie habe von dem Geld des Arbeitsamts gelebt und kein sonstiges Einkommen gehabt. Es lag deshalb nahe, dass die Klägerin den Bescheid genau anschaut, um sicher zu gehen, dass sie auch tatsächlich das ihr zustehende Geld ausgezahlt bekommt.

Gegen ein Vertrauen der Klägerin spricht auch die Tatsache, dass sie selbst eingeräumt hat, dass es mit der Währungsumstellung „ein Chaos gewesen“ sei. Wenn sie aber dies so erkennt und keine plausible Begründung dafür findet, dass sie plötzlich als Arbeitslosenhilfezahlung etwa 35 % mehr bekommt, wie sie zuvor an Arbeitslosengeldzahlungen hatte und sie dennoch hier nicht nachhakt, so kann dies nur als grobe Fahrlässigkeit gewertet werden. Hinzu kommt noch der Umstand, dass der Klägerin aus der Vergangenheit wegen des Rückforderungsbescheides aus dem Jahre 1999 bekannt war, dass sie verpflichtet ist, Umstände, die die Leistungshöhe beeinflussen, mitzuteilen, selbst wenn sie die fehlerhafte Berechnung nicht selbst veranlasst hat. 

Folgt aus der Bewertung der gesamten Umstände des Falls und der Aussage der Klägerin sowie der Würdigung ihrer Person, dass die Überzahlung aufgrund grober Fahrlässigkeit der Klägerin unbemerkt geblieben ist, so hat die Beklagte zutreffend mit ihrem angefochtenen Bescheid vom 12. Februar 2003 die ursprüngliche Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 4. Dezember 2002 in Höhe von 84,42 Euro wöchentlich zurückgenommen. Da grobe Fahrlässigkeit vorliegt und die Rücknahmeentscheidung sich somit richtigerweise auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X stützt, war der überzahlte Betrag zwingend gemäß § 50 SGB X zurückzufordern. Die Gesamtrückforderungssumme von 4.076, 28 Euro ist nicht zu beanstanden, sie ergibt sich aus der Summe des Differenzbetrages zwischen bewilligter und tatsächlich zustehender wöchentlicher Arbeitslosenhilfe für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 4. Dezember 2002 (224,70 Euro minus 140,28 Euro).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen. 

Rechtskraft
Aus
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