Der Antrag auf einstweiligen Rechtschutz wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere vorläufige Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen.
Der 1959 geborene Antragsteller ist deutscher Staatsbürger und lebt seit dem 01.04.2013 im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners und ist als selbständiger Dolmetscher und Übersetzer tätig. Er bezieht Leistungen nach dem SGB II vom Antragsgegner. Der Antragsteller hat einen 1995 geborenen Sohn Herrn C. Der Sohn ist bei dem Antragsteller gemeldet. Er lebt in D-Stadt/Türkei, wo er zunächst eine Schule besuchte. Er immatrikulierte sich am 08.10.2013 an der Universität zu D-Stadt. Mit Urkunde vom 28.10.2013 verpflichtete sich der Kläger ab dem 01.05.2013 bis zum 30.04.2017 monatlich 300 Euro an seinen Sohn an Unterhalt zu zahlen. Diese wurde vom Jugendamt Kreis Bergstraße aufgenommen. Mit Geldversandformular übersandte der Kläger jeweils an seinen Sohn am 4.3.2016: 200 Euro, am 16.03.2016: 300 Euro, am 01.04.2016: 300 Euro, am 31.05.2016: 500 Euro, am 20.06.2016: 200 Euro, am 30.06.2016: 350 Euro, am 15.07.2016: 300 Euro, am 02.08.2016: 288,10 Euro, am 02.09.2016: 143,10 Euro, am 05.09.2016: 100 Euro, am 30.09.2016: 300 Euro, am 11.10.2016: 200 Euro, am 04.11.2016: 100 Euro, am 24.11.2016: 100 Euro, am 30.11.2016: 250 Euro, am 30.12.2016: 400 Euro, am 19.01.2017: 250 Euro, am 01.03.2017: 300 Euro, am 16.03.2017: 300 Euro. Mit Urkunde vom 30.03.2017 verpflichtete sich der Kläger vor dem Notar E. aus E-Stadt, für seinen Sohn einen monatlich im Voraus zu entrichtenden Unterhalt von 400 Euro ab dem 01.05.2017 auf die Dauer von drei Jahren zu zahlen. Der Kläger unterwarf sich gegenüber dem Kind wegen dieser Verpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung.
Auf Antrag des Antragstellers vom 13.03.2017 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 27.03.2017 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von April bis September 2017. Dabei legte er ein prognostisches Einkommen von monatlich 531,05 Euro zugrunde. Nur im April 2017 berücksichtigte der Antragsgegner noch 300 Euro als Unterhaltszahlung. Er bewilligte daher für April 787,16 Euro, ab Mai aber nur noch 487,16 Euro.
Am 04.04.2017 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid. Der Antragsgegner habe den Unterhalt für seinen Sohn nur gemäß der Urkunde vom 28.10.2013 bis einschließlich April 2017 berücksichtigt. Es existiere nunmehr eine neue vollstreckbare, notarielle Urkunde über die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung vom 30.03.2017, die ab Mai 2017 zu berücksichtigen sei. Diese legte er vor.
Am 25.4.2017 stellte der Kläger vor dem Sozialgericht einen „Feststellungs- und Eilantrag“ und beantragte wörtlich:
1. Im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG dem Beklagten aufzuerlegen, mir einen neuen und berichtigen Leistungsbescheid für den Zeitraum 01. April 2017 bis 30. September 2017 zu erlassen.
2. Die Feststellung der aufschiebenden Wirkung meines Widerspruchs vom 01.04.2017 gegenüber dem Beklagten hinsichtlich des Leistungsbescheides vom 24.03.2017.
3. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Leistungsbescheides vom 27.03.2017 des Beklagten.
4. Im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b SGG dem Beklagten aufzuerlegen, meinen Widerspruch vom 01.04.2017 zu berücksichtigen und umgehend zu bearbeiten.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Gericht hat die Akte zum Verfahren S 22 AS 34/14 ER beigezogen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten – insbesondere dem umfassenden Vortrag der Beteiligten – wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag zu 1 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig aber nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, und einen Anordnungsgrund, also einen Sachverhalt, der eine Eilbedürftigkeit begründet, voraus.
Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr besteht zwischen beiden eine Wechselbeziehung derart, dass sich die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils verringern und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden damit auf Grund ihres funktionellen Zusammenhangs ein bewegliches System (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, 12. Aufl., § 86b Rn. 27). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache hingegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Im Fall einer solchen Orientierung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache muss das Gericht in den Fällen, in denen das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung der Hauptsache übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005, Az: 1 BvR 569/05, juris Rn. 26). Bei einem offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer umfassenden Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzubeziehen (Hessisches LSG, Beschluss vom 30. Januar 2006, Az: L 7 AS 1/06 ERL 7 AS 13/06 ER, jurisRn. 30).
Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG iVm. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung ändert nichts an der weiterhin bestehenden Amtsermittlungspflicht, es reicht aber für die Überzeugungsgewissheit eine überwiegende Wahrscheinlichkeit aus (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Januar 2006, Az: L 7 AS 1/06 ER, L 7 AS 13/06 ER, juris Rn. 31).
Ein Anordnungsanspruch zum Antrag nach 1 ist nicht glaubhaft gemacht. Es besteht auch kein Anordnungsanspruch.
Zum Anordnungsanspruch: Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch geltend gemacht. Gemäß § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 7 SGB II sind Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag vom Einkommen abzusetzen.
Absetzbar sind unterhaltsbezogene Aufwendungen hiernach nur, soweit sie 1. tatsächlich erbracht worden sind, 2. auf gesetzlicher Verpflichtung beruhen und 3. die Unterhaltsverpflichtung tituliert ist (BSG, Urteil vom 08. Februar 2017, Az: B 14 AS 22/16 R, juris Rn. 18 m. w. Nachw.).
Der Antragsteller hat mit der vollstreckbaren Urkunde über die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung vom 30.03.2017 eine notarielle Unterhaltsurkunde vorgelegt. Insofern liegt eine Titulierung vor. Der Antragsteller hat auch jedenfalls in den vergangenen 13 Monaten Zahlungen an seinen Sohn tatsächlich erbracht. Diese liegen mit circa 375 Euro im Monatsdurchschnitt sogar oberhalb der bis zum 30.04.2017 geltenden titulierten Unterhaltsverpflichtung. Es kann daher auch davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller weiterhin Zahlungen an seinen Sohn tatsächlich erbringen würde. Es ist aber zweifelhaft, ob der am 30.03.2017 beurkundete Titel eine „notariell beurkundete Unterhaltsvereinbarung“ im Sinne von § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 7 SGB II darstellt, oder ob es sich nicht nur um eine einseitige Verpflichtung des Antragstellers handelt. Denn aus der Urkunde ergibt sich nicht, dass der Sohn des Antragstellers an der Unterhaltsregelung überhaupt beteiligt wurde. Ihm wurde lediglich eine vollstreckbare Ausfertigung (wohl an seine Meldeadresse beim Antragsteller, die auch in der Urkunde aufgenommen ist) zugesandt. Ob eine einseitige Verpflichtung hingegen eine Vereinbarung darstellt, die grundsätzlich jedenfalls zwei Parteien benötigt, die durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen eine bestimmte Regelung vereinbaren, ist fraglich.
Dies kann jedoch dahin gestellt bleiben. Denn es ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Aufwendungen auf einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung beruhen. Die Zahlungen müssen der Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen dienen (§§ 1601 ff., §§ 1569 ff., § 1360 BGB). Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut des § 11b Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB II grundsätzlich, dass die Höhe des abzusetzenden Unterhaltsbetrags aus dem titulierten Unterhaltsanspruch folgt (BSG, Urteil vom 09. November 2010, Az: B 4 AS 78/10 R, juris Rn. 16). Das Bundessozialgericht führt aus: „Indem der Gesetzgeber des SGB II für die Höhe des vom Einkommen abzusetzenden Unterhaltsbetrags an den in einem Unterhaltstitel festgesetzten Unterhaltsanspruch als Obergrenze für die Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen als Abzugsbetrag anknüpft, unterstellt er im Sinne einer verwaltungspraktischen Anwendbarkeit der SGB II-Vorschriften zur Einkommensberücksichtigung typisierend, dass ein nach Maßgabe der §§ 1601 ff BGB gegebener Unterhaltsanspruch auch in der festgelegten Höhe besteht. Es bedarf daher regelmäßig keiner eigenen Feststellungen des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialgerichte zur Höhe des Unterhaltsanspruchs.“ Im Urteil vom 08. Februar 2017, Az: B 14 AS 22/16 R hat das Bundessozialgericht bestätigt, dass es nur „regelmäßig“ keiner eigenen Feststellungen der Grundsicherungsträger oder der Sozialgerichte zu dessen Höhe bedarf (juris Rn. 20). Schließlich geht das Bundessozialgericht weiterhin davon aus, dass hinsichtlich der Höhe des abzusetzenden Unterhalts auch an die Urkunde eines Jugendamtes angeknüpft werden könne, obwohl bei Aufnahme einer Unterhaltsverpflichtung in einer Urkunde des Jugendamtes – anders als bei Titulierung eines Unterhaltstitels durch ein Urteil – eher denkbar sei, dass Unterhaltspflichten als verbindlich fixiert werden, ohne dass deren genaue Höhe im konkreten Einzelfall gerichtlich abschließend geklärt und festgelegt worden ist (BSG, Urteil vom 09. November 2010, Az: B 4 AS 78/10 R, juris Rn. 18). Eine (einseitige) Verpflichtung zur Unterhaltszahlung unterscheidet sich aber grundlegend von einer Urkunde durch das Jugendamt oder einem Urteil. Es liegt damit hier ein Fall vor, in dem die Verwaltung und das Sozialgericht doch die Unterhaltsverpflichtung dem Grunde und der Höhe nach prüfen muss.
Dabei ergeben sich vorliegend erhebliche Zweifel an dem Bestehen der gesetzlichen Unterhaltspflicht. Dabei kann es das Gericht offen lassen, ob deutsches oder türkisches Unterhaltsrecht Anwendung findet (zur Anknüpfung §§ 4 ff. des Haager Unterhaltsübereinkommen vom 02.10.1973, dazu: Savaş: Das Unterhaltsrecht in der Türkei, FPR 2013, 101, 101; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.1.2014, Az: 17 WF 229/13). Denn nach beiden Rechtsordnungen sind ähnliche Grundsätze entscheidend. Nach deutschem Recht kommt es auf die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten an. Nach § 1602 Abs. 1 BGB ist unterhaltsberechtigt nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Nach Abs. 2 kann ein minderjähriges unverheiratetes Kind von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen. Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist unterhaltspflichtig nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie nach Absatz 2 ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen unverheirateten Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Wird türkisches Recht wegen des gewöhnlichen Aufenthalts des Sohnes in der Türkei angewandt, so gilt gemäß Art. 328 des türkischen Zivilgesetzbuches: Die Unterhaltspflicht der Eltern dauert bis zur Volljährigkeit des Kindes. Ist das Kind volljährig und dauert die Ausbildung jedoch fort, sind die Eltern bis zum Ende der Ausbildung zum Unterhalt in dem Maße verpflichtet, das angesichts der Umstände von ihnen erwartet werden kann. In Art. 330 des türkischen Zivilgesetzbuches ist bestimmt: Der Unterhaltsbetrag wird unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes sowie der Lebensbedingungen und Leistungsfähigkeit der Eltern bestimmt. Bei der Bestimmung des Unterhaltsbetrages finden auch Einkünfte des Kindes Berücksichtigung (Art. 328 und 330 zitiert nach: Savaş, Türkisches Familienrecht in der anwaltlichen Praxis, 2. Aufl. 2013, S. 225f.). Der Sohn des Klägers ist volljährig und hat das 21. Lebensjahr bereits beendet. Die Bedürftigkeit des Sohnes kann nicht abschließend beurteilt werden, da insofern bislang lediglich vorgetragen wurde, dass der Sohn weder über Einkommen noch über Vermögen verfüge. Kontoauszüge oder Erklärungen des Sohnes wurden nicht vorgelegt. Die Leistungsfähigkeit des Antragstellers ist aber vorliegend schon nicht gegeben. Denn die prognostischen Einkünfte des Antragstellers aus seiner (selbständigen) Erwerbstätigkeit in Höhe von circa 500 Euro im Monat reichen nur aus, um einen Teil seiner eigenen Existenz zu sichern.
Es liegt auch kein Anordnungsgrund vor. Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage des Antragstellers unzumutbar erscheinen lässt, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 03. November 2010, Az: L 7 AS 677/10 B ER, juris Rn. 18 m. W. Nachw.). Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen, ebenso schwer wiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen vorliegen bzw. glaubhaft gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne einer objektiven und konkreten Gefahr unmittelbar bevorsteht (ebenda).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Antragsteller hier keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Soweit der Antragsgegner den Unterhalt in Höhe von 400 Euro nicht als Absetzbetrag nach § 11b Abs. 2 Nr. 7 SGB II vom Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit berücksichtigt und insofern keine höheren aufstockenden Leistungen nach dem SGB II bewilligt, führt dies noch nicht zu einem eine Eilbedürftigkeit begründenden wesentlichen Nachteil für den Antragsteller. Der Antragsteller kann nämlich seine Existenz (vorläufig) hinreichend sichern, indem er von einer Zahlung von 400 Euro an seinen Sohn absieht und diesen Betrag für die Deckung seines eigenen Bedarfs und seine Existenzsicherung einsetzt. Die Kammer kann auch nicht darin bereits einen wesentlichen Nachteil erkennen, dass sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung gegenüber seinem Sohn in der Urkunde unterworfen hat. Eine solche Unterwerfung ist grundsätzlich zulässig (vgl. § 794 Abs. Abs. 2 Nr. 5 ZPO). Als Vermögensmasse im Sinne des Zwangsvollstreckungsrechts, in das vollstreckt werden kann, kommen ausweislich der Angaben des Antragstellers in dem Antrag sowie den Weiterbewilligungsanträgen mangels anderweitiger Vermögensmassen nur die Einkünfte des Antragstellers beziehungsweise sein Kontoguthabens in Betracht. Selbst wenn der Sohn einen Antrag auf Zwangsvollstreckung gegen seinen Vater stellen würde, ist vorliegend aber keine Situation glaubhaft gemacht oder sonst ersichtlich, die dazu führt, dass der Antragsteller dann seine Existenz nicht mehr sichern könnte. Ein Verlust der zur Bedarfsdeckung notwendigen Geldmittel droht nicht. Denn die Einkünfte des Antragstellers sind unpfändbar.
Die dem Antragsteller vom Antragsgegner gewährten SGB II-Leistungen können nicht rechtmäßig gepfändet werden. Zwar sieht § 54 Abs. 4 SGB I vor, dass Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden können (vgl. zur grundsätzlichen Pfändbarkeit hinsichtlich der alten Rechtslage noch Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. Oktober 2012, Az: VII ZB 74/11, juris). Seit dem 01.08.2016 ist in § 42a Abs. 4 S. 1 SGB II aber nunmehr bestimmt, dass der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht verpfändet oder gepfändet werden darf (vgl. auch Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 12/16, § 42 SGB II, Rn. 186). Wird ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II trotz des gesetzlichen Pfändungsverbotes des § 42 Abs. 4 S. 1 SGB II gepfändet, so ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht nichtig, aber mit der Erinnerung i. S. d. § 766 ZPO anfechtbar (vgl. auch Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB, 12/16, § 42 SGB II, Rn. 196). Auch die Einkünfte des Antragstellers aus seiner selbständigen Tätigkeit sind bis zu dem Maße, dass diese für dessen Existenzsicherung benötigt werden, nicht pfändbar. Bei der Frage der Pfändbarkeit sind die §§ 850 ff. ZPO zu berücksichtigen. Arbeitseinkommen, das in Geld zahlbar ist, kann nur nach der Maßgabe der §§ 850a bis 850i ZPO gepfändet werden. Einkünfte Selbständiger sind zwar kein Arbeitseinkommen iSd § 850 ZPO, werden diesem aber durch § 850i ZPO gleichgestellt (Smid, in: Münchener Kommentar, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 850 Rn. 11). Nach § 850c ZPO bestehen Pfändungsfreigrenzen, wobei aber nach § 850d ZPO wegen Unterhaltsansprüchen, die kraft Gesetzes einem Verwandten zustehen, das Arbeitseinkommen ohne die in § 850c ZPO genannten Beschränkungen pfändbar ist. Allerdings ist dem Schuldner so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt bedarf. Der unpfändbare notwendige Unterhalt des Schuldners entspricht grundsätzlich dem notwendigen Lebensunterhalt im Sinne der Kapitel 3 und 11 des SGB XII (Becker, in: Musielak/Volt, ZPO, 14. Aufl. 2017, Rn. 5 m. w. Nachw). Insofern setzt sich der Betrag ebenfalls aus dem Regelbedarf des Antragstellers und den Kosten der Unterkunft sowie einem arbeitsbedingter Mehraufwand (dazu: Becker, in: Musielak/Volt, ZPO, 14. Aufl. 2017, Rn. 6 m. w. Nachw.) zusammen. Auch insofern droht keine Vollstreckung in das Arbeitseinkommen, das für die Existenzsicherung des Antragstellers erforderlich ist.
Selbst wenn die Kammer bei der Frage nach einem wesentlichen Nachteil auch die Interessen des Sohnes (der gegebenenfalls mangels hinreichenden Einkünften des Antragstellers keine Geldzahlungen mehr erhält) bei der Frage nach dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes berücksichtigt, ist ein wesentlicher Nachteil, der zu einer Eilbedürftigkeit führt, nicht zu erkennen. Denn der Sohn hat das 21. Lebensjahr bereits vollendet und er ist nicht mehr gesteigert unterhaltsberechtigt. Ihn trifft gegebenenfalls eine eigene Erwerbsobliegenheit, neben seinem Studium, seinen Lebensunterhalt zu sichern. Zudem konnte er auch in der Vergangenheit nicht mit einer regelmäßigen Zahlung seines Vaters rechnen, wie sich aus den Geldversendeformularen ergibt. Teilweise wurde in den letzten 13 Monaten zwar in einem Monat hohe Beträge gezahlt, dann aber auch wieder teilweise nur geringe oder sogar gar keine.
Hinsichtlich des Anordnungsgrundes hat die Kammer auch berücksichtigt, dass der Antragsteller ausweislich seiner am 15.5.2017 vorgelegten Dolmetscherrechnung mit einem einzigen, an einem Tag erledigten Auftrag am 11.05.2017 bereits einen Anspruch auf Zahlung von 510,51 Euro gegenüber dem Land Hessen erworben hat. Mit dessen zeitnahen Erfüllung kann gerechnet werden. Zudem steht dem Antragsteller aufgrund der Berücksichtigung von Freibeträgen noch Einkommen zur Verfügung, das in Höhe des Freibetrages von monatlich 186,21 Euro nicht angerechnet wird und daher dem Antragsteller zur freien Verwendung und gegebenenfalls Zahlung an den Sohn zur Verfügung steht.
Ein Anordnungsgrund ergibt sich auch nicht aus der Strafbarkeit bei einer Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 des Strafgesetzbuches – StGB). Um tatbestandsmäßig zu handeln, müsste der Kläger aber wenigstens teilweise zur Leistung in der Lage sein, ohne dabei seine eigene Existenz oder die Ansprüche vorgehender Unterhaltsberechtigter zu gefährden (Heuchemer, in: BeckOK, StGB, § 170 Rn. 18). Das Bestehen der zivilrechtlichen Verpflichtung, Unterhalt zu leisten, muss vom Strafgericht selbstständig nach strafprozessualen Maßstäben, § 262 der Strafprozessordnung (StPO) – festgestellt werden (Rahmlow, in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 170 Rn. 4). Die Urkunde des Notars ist nicht maßgeblich.
Soweit der Antragsteller in der Antragsbegründung eine Bewilligung über mehr als sechs Monate unter Bezugnahme auf die neue gesetzliche Regelung ab dem 01.08.2016 begehrt und der Antrag zu 1 entgegen seines Wortlauts dahingehend ausgelegt wird, liegt bereits kein Anordnungsgrund vor. Denn es ist insofern keine gegenwärtige Notlage ersichtlich. Der Antragsgegner hat die Leistungen bis September 2017 bewilligt. Darüber hinaus besteht aber auch kein Anordnungsanspruch. Zwar sieht § 41 Abs. 3 S. 1 SGB II seit dem 01.08.2016 vor, dass über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Regel für ein Jahr zu entscheiden ist. Nach Satz 2 der Regelung soll der Bewilligungszeitraum aber insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen 1. über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a SGB II) oder 2. die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind. Vorliegend wurde über den Leistungsanspruch des Antragstellers nur vorläufig entschieden, da die Höhe des im Bewilligungszeitraum zu berücksichtigenden Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit des Antragstellers noch nicht feststeht.
Soweit der Antragsteller sich auch gegen die Aufrechnung ab September 2017 in Höhe von zweimal 39,10 Euro wendet, fehlt es ebenfalls an einem Anordnungsgrund. Denn eine gegenwärtige Notlage ergibt sich daraus keinesfalls und insofern ist der Abschluss des Widerspruchsverfahrens abzuwarten.
Soweit der Antragsteller mit dem Antrag zu 2 die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 01.04.2017 gegenüber dem Beklagten hinsichtlich des Leistungsbescheides vom 24.03.2017 begehrt, ist der Antrag nicht zulässig. Denn der Antragsteller begehrt mit seinem Widerspruch weitere Leistungen. Ein solcher Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung betreffend die bereits mit Bescheid bewilligten Leistungen. Dies dürfte auch nicht im Interesse des Klägers stehen. Es fehlt insofern bereits ein Rechtsschutzbedürfnis.
Soweit der Antragsteller mit dem Antrag zu 3 die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Leistungsbescheides vom 27.03.2017 des Beklagten begehrt, ist dieser Antrag ebenfalls nicht zulässig, da der Antragsteller über seinen Antrag zu 1 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG ein Leistungsbegehren verfolgen kann und die Rechtswidrigkeit des Bescheides eine Vorfrage zum Leistungsantrag darstellt.
Soweit der Antragsteller mit dem Antrag zu 4 beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b SGG dem Beklagten aufzuerlegen, seinen Widerspruch vom 01.04.2017 zu berücksichtigen und umgehend zu bearbeiten, fehlt es an einem Anordnungsanspruch. Gemäß § 88 Abs. 2 SGG ist der Antragsgegner verpflichtet, über den Antrag innerhalb einer dreimonatigen Frist zu entscheiden, es sei denn es liegt ein zureichender Grund für eine spätere Bearbeitung vor.
Von daher war der Antrag abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.