S 23 R 402/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 23 R 402/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 241/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 190/21 B
Datum
Kategorie
Urteil

1.    Die Klage wird abgewiesen. 
 
2.    Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. 
 

T a t b e s t a n d 

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. 
 
Der 1964 geborene Kläger hat keine abgeschlossene Ausbildung. Er arbeitete in diversen Berufen (als Maschinenbediener, Betriebsarbeiter in der Kunststoffherstellung, und zuletzt bis Mai 2010 als Hausmeister 4 h/Tag). Danach bezog der Kläger zunächst Arbeitslosenunterstützung und seit dem 01.01.2011 ALG II. Es besteht ein GdB von 80. Derzeit arbeitet der Kläger ehrenamtlich an fünf Tagen die Woche für 1-2 Stunden. 
 
Bereits im Jahr 2001 und 2011 beantragte der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung, welche von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin jeweils abgelehnt wurde. 

Eine im Jahr 2011 erhobene Klage nahm der Kläger auf Anraten des Gerichts zurück. 
 
Am 09.07.2015 beantragte der Kläger erneut eine Erwerbsminderungsrente. Er halte sich wegen Hirnleistungsschwäche, degenerativen Wirbelsäulenveränderungen bei deutlicher Fehlhaltung der Brust- und Lendenwirbelsäule, angeborener Hüftgelenksdysplasie beidseits, Zustand nach Unterschenkelfraktur rechts, HWS-Problemen, Herzrhythmusstörungen, Schwindel und Kollapsneigung für erwerbsgemindert. 
 
Die Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. C. und Dr. D. ein. Zudem holte die Beklagte ein Gutachten des Sozialmediziners Dr. E. vom 30.11.2015 ein. Dr. E. kam zu nachfolgenden Diagnosen: Angststörung mit Einschränkung der psychischen Belastbarkeit; Somatisierungsstörung mit Ausbildung und Verstärkung vielfacher Beschwerden, chronisch-rückfällige Schmerzzustände des Nackens und des Schultergürtels, Belastungsminderung und rückfällige Schmerzzustände der Rumpfwirbelsäule, leichtgradige frühkindlich erworbene geistige Minderbegabung, Minderbelastbarkeit und Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke bei angeborener Gelenkfehlstellung (Hüftgelenksdysplasie), Übergewicht, BMI 35 kg / m2 Körperoberfläche, arterieller Bluthochdruck, seit August 2015 mit Medikamenten behandelt. Im Vergleich zu der Vorbegutachtung im Jahre 2001 und 2011 seien die psychischen Beschwerden des Versicherten in den Vordergrund getreten. Eine adäquate psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung erfolge jedoch nicht. Unter Berücksichtigung des psychischen Befundes und der geschilderten Alltagsaktivitäten kam Dr. E. zu dem Ergebnis, dass sich Einschränkung der psychischen Belastbarkeit ergäben, jedoch kein vollständig aufgehobenes Leistungsvermögen. Aufgrund der beklagten Schwindelerscheinungen und Beschwerden am Bewegungsapparat, die im Rahmen der Untersuchung nicht objektiviert hätten werden können, sollten nur noch ebenerdigen Tätigkeiten ohne Absturzgefahr abverlangt werden. Bei dem Kläger liege eine leichtgradige geistige Minderbegabung vor, welche wohl durch eine frühkindliche Hirngewebeschädigung verursacht sei. Daraus resultiere eine Einschränkung beim Rechnen und eine leichtgradige Einschränkung des Anpassungs- und Umstellungsvermögen; bei entsprechender Anleitung an einem neuen leidensgerechten Arbeitsplatz könne sich der Kläger binnen 4-6 Wochen eingewöhnen. Der Kläger könne ausreichend gut lesen und für den Alltag ausreichend schreiben. Es bestehe eine ausreichende geistige und psychische Belastbarkeit für zumindest körperlich leichte Arbeit mit Funktionseinschränkungen. Besondere Anforderungen an die geistige Belastbarkeit (Lesen, Schreiben, Rechnen) seien nicht abzuverlangen. Auch hinsichtlich der orthopädischen Leiden seien körperlich leichte Arbeiten mit Funktionseinschränkungen möglich 
 
Mit Bescheid vom 04.01.2016 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil der Kläger die medizinischen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente nicht erfülle. Die medizinisch festgestellten Einschränkungen ließen eine mindestens 6 stündige arbeitstägliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu.  
 
Mit Schreiben vom 27.01.2016 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.01.2016 ein. Zur Begründung trug er vor, dass vor dem Hintergrund der geistigen und seelischen Behinderung mittlerweile die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit nicht mehr vorhanden sei, um sich innerhalb von 3 Monaten in eine neue Beschäftigung einzuarbeiten. Dies zeige der bisherige berufliche Lebensweg mit den entsprechenden doch sehr einfachen Tätigkeiten und die langjährige Arbeitslosigkeit. 
 
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2016 wies die Beklagte unter Aufrechterhaltung der Begründung im Verwaltungsverfahren den Widerspruch zurück.  
 
Am 09.08.2016 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.  
 
Zur Begründung trägt er vor, dass es zu einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes gekommen sei. Seit dem Jahr 2015 leide der Kläger neben weiterbestehenden und leistungseinschränkenden orthopädischen Erkrankungen verstärkt unter einer Schwindelsymptomatik. Die psychischen Beschwerden seien in den Vordergrund getreten und hätten sich verstärkt. 
 
Der Kläger beantragt, 
den Bescheid vom 04.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Erwerbsminderungsrente zu gewähren. 
 
Die Beklagte beantragt, 
die Klage abzuweisen. 
 
Die Beklagte verweist zur Begründung auf die Ausführungen in ihren Bescheiden. 
 
Das Gericht hat Befundberichte des behandelnden Hausarztes Dr. C., des Neurologen und Psychiaters Dr. D. und des Orthopäden Dr. F. eingeholt. Dr. C. beschreibt in seinem Befundbericht vom 15.01.2017, dass der Kläger psychisch nicht so belastbar sei. Er reagiere leicht mit Ängsten und Blutdrucksteigerung. Dr. C. schildert Funktionseinschränkungen im qualitativen Leistungsbild; der Kläger könne nicht schwer heben und nicht fest greifen, längeres Stehen oder Sitzen schmerzten, es bestünden Konzentrationsstörungen. Dr. D. berichtet in seinem Befundbericht vom 30.04.2017, dass die letzte Behandlung im September 2015 erfolgt sei. Therapeutische Maßnahmen auf seinem Fachgebiet seien nicht erfolgt; mangels Kontakt könne er sich zu der Fähigkeit der Organisation der Lebensführung nicht äußern. Der Orthopäde Dr. F. gibt in seinem Befundbericht vom Dezember 2016 an, dass bei Erstvorstellung des Klägers im Februar 2015 leichte Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule bestanden hätten. Bei Wiedervorstellung am 22.04.2016 hätten keine HWSBlockierungen vorgelegen, sondern lediglich leichte Verspannungen der halswirbelsäulenstabilisierenden Muskulatur. Aufgrund der von ihm diagnostizierten Erkrankungen würden keine Funktionseinschränkungen vorliegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Befundberichte verwiesen. 
 
Des Weiteren hat das Gericht Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei dem Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G. Der Sachverständige stützt sein Gutachten auf die medizinischen Befunde, die in der Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegt wurden, sowie auf die im Gerichtsverfahren eingeholten Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers. Das Gutachten wurde nach Aktenlage erstellt, da sich der Kläger zur Wahrnehmung des Untersuchungstermins nicht im Stande sah. Der Sachverständige stellt folgende Diagnosen:  

1)    Leichtgradige frühkindliche Intelligenzminderung mit auch seelischen Symptomen (Ängste)  
2)    Bluthochdruckleiden, medikamentös behandelt 
3)    Adipositas 
 
Er kommt zu der Einschätzung der Kläger könne noch sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter qualitativen Einschränkungen tätig sein. Bei der Tätigkeit sollte die Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung bestehen. Es sollten keine Tätigkeiten unter verschärftem Zeitdruck oder Akkordbedingungen und nicht in Nachtschicht als psychogener Stressor ausgeübt werden. Dabei sollte es sich um geistig einfache Tätigkeiten handeln. 
 
Dr. G. kommt zu dem Ergebnis, dass nach Aktenlage die therapeutischen Optionen des psychotherapeutischen Fachgebietes nicht ausgeschöpft seien. 
 
Der Kläger sei in der Vergangenheit auch über einen längeren Zeitraum regelmäßig beruflich tätig gewesen. Nach Aktenlage bestehe die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, um sich innerhalb von 3 Monaten in eine neue Berufstätigkeit einarbeiten zu können. Der Kläger könne sein Handeln einschätzen und entsprechend reagieren bzw. modifizieren. Die Urteilskraft und die Kritik- und Einsichtsfähigkeit zur eigenen Person und zum sozialen Umfeld sei nicht eingeschränkt. Die Denkfunktionen seien eingeschränkt, was bei der Art der beruflichen Tätigkeit zu berücksichtigen sei. Nach Aktenlage lägen keine ausgeprägten Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. In Betracht kämen Berufsbilder in den Bereichen des Verpackens leichter Industrie- und Handelserzeugnisse oder entsprechende Prüftätigkeiten. Es könnten Montier-, Sortier-, Reinigungsarbeiten oder andere leichte Hilfsarbeiten wie das Zureichen, Abnehmen, Zusammensetzen oder Kleben von Teilen, dem Aufnehmen von Produkten von einem Band oder einer Maschine oder die Bedienung von Hebeln oder Steuerungspulten erbracht werden. Auch sei der Kläger gesundheitlich im Stande, von seiner Wohnung aus öffentlich Verkehrsmittel aufzusuchen und zu benutzen. Gegebenenfalls müsste bei Aufnahme der beruflichen Tätigkeit ein Training erfolgen. Auch hinsichtlich der Umstellung und Anpassungsfähigkeit sei gegebenenfalls noch eine externe Unterstützung notwendig. 
 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung reicht der Kläger einen ergänzenden Befundbericht des Dr. C. vom 25.04.2018 ein, auf welchen hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird. 

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf die Inhalte der Gerichts- und Verwaltungsakte, sowie der mündlichen Verhandlung verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidung. 
 
 
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e 
 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid vom 04.01.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2016 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente. 
 
Nach § 43 Sozialgesetzbuch (SGB) VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.  
 
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. 
 
Der Kläger erfüllt zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Er ist jedoch weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. 
 
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger nicht im rentenrechtlichen Sinn voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Der Nachweis, dass sein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter 6 Stunden arbeitstäglich gesunken ist, ist durch die im Gerichtsverfahren eingeholten Befundberichte und das eingeholte Gutachten des Dr. G. nicht erbracht. Der Sachverständige Dr. G. beschreibt in seinem Gutachten ausführlich und verständlich die bei dem Kläger festgestellten Erkrankungen und ihre Auswirkungen auf seine Erwerbsfähigkeit. Er erläutert gut nachvollziehbar, weshalb die qualitativen Einschränkungen im Leistungsbild zu keiner quantitativen Einschränkung, d. h. zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht, führen. Insgesamt decken sich die Beschreibungen der Erkrankungen des Klägers mit den Befundberichten der behandelnden Ärzte und das sozialmedizinische Fazit des Sachverständigen deckt sich auch mit dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten. Soweit im Befundbericht des Dr. C. eine andere medizinische Schlussfolgerung gezogen wird, ist darauf hinzuweisen, dass Dr. C. Facharzt für Allgemeinmedizin ist und mitunter für ihn fachfremde Gesundheitsstörungen in seine Einschätzung miteingeflossen sind. Der Sachverständige Dr. G. erläutert ausführlich und verständlich, weshalb er von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgeht. Das Gericht hält die Ausführungen für gut nachvollziehbar, widerspruchsfrei und überzeugend. Es schließt sich daher dem Ergebnis des Sachverständigen Dr. G. an. 
 
Insbesondere zeigen die eingeholten Befundberichte, dass eine Behandlung seiner gesundheitlichen Probleme insbesondere auf orthopädischen und psychotherapeutischen Fachgebiet bis jetzt nicht konstant und nicht ausreichend durchgeführt wurde. So gab der Kläger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, zuletzt im Jahr 2016 bei einem Orthopäden in Behandlung gewesen zu sein; die letzte nervenärztliche Behandlung erfolgte im Jahr 2015. Die fehlende Behandlungsdichte spricht gegen den Nachweis einer rentenrelevanten Einschränkung des Klägers. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass eine psychische Störung nur dann von erwerbsmindernder Bedeutung ist, wenn sie weder aus eigenen Kräften noch mit ärztlicher Hilfe überwunden werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 1990, Az. 5 RJ 88/89). Solange zumutbare Behandlungsmöglichkeiten auf neurologischem und/ oder psychiatrischem Fachgebiet, sei es ärztlicher, therapeutischer oder auch medikamentöser Art bestehen, scheidet die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung aus (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 15. Februar 2012, Az. L 19 R 774/06). 
 
In Anbetracht des ausgeführten Restleistungsvermögens kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, dass seine Resterwerbsfähigkeit im Arbeitsleben wegen der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr verwertbar ist. Denn es gab seit Rentenantragstellung und gibt zur Überzeugung des Gerichts auf dem für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsmarkt noch eine nennenswerte Zahl von Tätigkeiten, die er trotz seines eingeschränkten Leistungsvermögens ausüben kann. Insoweit wird auf die im Gutachten des Dr. G. genannten Berufsbilder verwiesen. Unter Berücksichtigung des festgestellten Leistungsvermögens liegen bei dem Kläger insbesondere auch keine ins Gewicht fallenden besonderen Umstände vor, welche die Ausübung einer leichten körperlichen Tätigkeit in ungewöhnlicher Weise erschweren. Insoweit bedarf es im Rahmen der - bezüglich des hier streitigen Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung allein maßgeblichen - Frage nach dem Bestehen realer Erwerbsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsfeld einer besonders eingehenden Prüfung lediglich dann, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung festgestellt ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. März 1984, 4 RJ 43/83 = SozR 2200 § 1246 Nr. 117 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. November 1982, 4 RJ 1/82 = SozR 2200 § 1246 Nr. 104) oder wenn der Rentenbewerber wegen eines besonders gearteten Berufslebens deutlich aus dem Kreis vergleichbarer Versicherter heraus fällt (vgl. BSG, Urteile vom 27. April 1982, 1 RJ 132/80 = SozR 2200 § 1246 Nr. 90; vom 18. Februar 1981, 1 RJ 124/79 = SozR 2200 § 1246 Nr. 75). Derart gravierende Einschränkungen liegen bei dem Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aber nicht vor, denn bei ihm besteht weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung. 
 
Ob im Übrigen die in Betracht kommenden Arbeitsplätze frei sind oder besetzt, ist für die Entscheidung unerheblich, denn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten, der wie der Kläger noch zumindest sechs Stunden pro Arbeitstag einsatzfähig ist, hängt nicht davon ab, ob das Vorhandensein von für ihn offenen Arbeitsplätzen für die in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten konkret festgestellt werden kann oder nicht. Dies hat der Gesetzgeber in § 43 Abs. 3 SGB VI nochmals ausdrücklich mit dem Hinweis darauf klargestellt, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer „ungeachtet der jeweiligen Arbeitsmarktlage“ unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.  
 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Zulässigkeit der Berufung auf §§ 143, 144 SGG
 
 

Rechtskraft
Aus
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