I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 22. Mai 2014 abgeändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander für das Verfahren in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung von Leistungsbescheiden und die Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. August 2010 in Höhe von insgesamt 18.428,51 € und die vorläufige Anrechnung von Einkommen in Höhe von 210,00 € als Einkommen aus Kapitalerträgen für die Monate November und Dezember 2010.
Der 1964 geborene Kläger stand in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 bei dem Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II. Seit dem 1. Dezember 2011 bezieht er Leistungen nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) von der Stadt Kassel.
Am 28. September 2004 beantragte er Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. In dem Formular zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens gab er an, über 1.100 € auf einem Girokonto zu verfügen. Die Frage nach sonstigen Wertpapieren (z.B. Aktien, Fonds-Anteilen usw.) beantwortete er durch Ankreuzen mit „nein“. Entsprechende Angaben machte er im Rahmen der Folgeantragstellungen. Durch folgende Bescheide erfolgte sodann die Leistungsbewilligung durch den Beklagten:
Bescheid | Änderungsbescheid | Zeitraum |
---|---|---|
22. November 2004 | 1. Januar 2005 - 30. Juni 2005 | |
10. Juni 2005 | 1. Juli 2005 - 31. Dezember 2005 | |
14. November 2005 | 18. Januar 2006 | 1. Januar 2006 - 30. Juni 2006 |
7. Juni 2006 | 1. Juli 2006 - 31. Dezember 2006 | |
24. November 2006 | 1. Januar 2007 - 30. Juni 2007 | |
1. Juni 2007 | 1. Juli 2007 - 31. Dezember 2007 | |
23. November 2007 | 18. April 2008 | 1. Januar 2008 - 30. Juni 2008 |
26. Mai 2008 | 12. November 2008 | 1. Juli 2008 - 31. Dezember 2008 |
24. November 2008 | 1. Januar 2009 - 30. Juni 2009 | |
2. Juni 2009 | 6. Juni 2009 und 20. November 2009 | 1. Juli 2009 - 31. Dezember 2009 |
1. Dezember 2009 | 1. Januar 2010 - 30. Juni 2010 | |
31. Mai 2010 | 24. Juni 2010 und 8. November 2010 | 1. Juli 2010 - 31. Dezember 2010 |
Bei der Durchführung eines Kontoabrufverfahrens im November 2009 ermittelte der Beklagte Kapitalerträge des Klägers bei der C. Bank GmbH in Höhe von 195,00 €. Mit Schreiben vom 30. November 2009 forderte er den Kläger auf, sein Einkommen und Vermögen durch Vorlage entsprechender Belege nachzuweisen. Im August 2010 führte der Beklagte erneut ein Kontoabrufverfahren durch, aus dem sich für das Jahr 2010 Kapitalerträge bei der A-Stadt Sparkasse in Höhe von 764,00 €, sowie das Bestehen von zwei Konten bei der C. Bank GmbH und zwei Wertpapierdepots bei der A-Stadt Sparkasse ergaben. Der Kläger legte daraufhin diverse (Jahres-) Kontoauszüge für diese Konten vor.
Mit zwei Schreiben vom 8. November 2011 hörte der Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten vollständigen Aufhebung und Erstattung der Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. August 2005, sowie vom 1. September 2005 bis 31. August 2010 an. Für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. August 2005 sei der Kläger nicht hilfebedürftig gewesen, weil er das Schonvermögen übersteigendes Vermögen gehabt habe. Ab 1. September 2005 habe er anrechenbares Einkommen aus Wertpapieren und Kapitalvermögen erzielt.
Mit Bescheid vom 8. November 2010 bewilligte der Beklagte vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Monate November und Dezember 2011 und rechnete vorläufig Kapitalerträge als Einkommen von 210,00 € an.
Unter dem 24. Januar 2011 erließ der Beklagte zwei Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, sowie 15 Änderungsbescheide, für die Monate 1. Januar 2005 bis 31. August 2005 wegen das Schonvermögen übersteigenden Vermögens, für die Monate September 2005 bis 31. August 2010 wegen des Zuflusses von Kapitalerträgen als Einkommen. Im Einzelnen änderte der Beklagte folgende Bescheide jeweils für folgende Zeiträume ab:
Aufhebung/Änderung des Bescheids vom | Zeitraum |
---|---|
10. Juni 2005 | 1. September 2005 - 31. Dezember 2005 |
14. November 2005 | 1. Februar 2006 - 30. April 2006 |
7. Juni 2006 | 1. August 2006 - 31. August 2006 |
24. November 2006 | 1. Januar 2007 - 31. Januar 2007 |
24. November 2006 | 1. März 2007 - 30. April 2007 |
24. November 2006 | 1. Juni 2007 - 30. Juni 2007 |
1. Juni 2007 | 1. Juli 2007 - 31. Juli 2007 |
1. Juni 2007 | 1. September 2007 - 31. Dezember 2007 |
23. November 2007 | 1. Februar 2008 - 29. Februar 2008 |
26. Mai 2008 | 1. August 2008 - 31. August 2008 |
24. November 2008 | 1. Januar 2009 - 30. Juni 2009 |
2. Juni 2009 | 1. Juli 2009 - 31. Juli 2009 |
2. Juni 2009 | 1. September 2009 - 31. Dezember 2009 |
1. Dezember 2009 | 1. Februar 2010 - 28. Februar 2010 |
31. Mai 2010 | 1. August 2010 - 31. August 2010 |
22. November 2004 und 10. Juni 2005 | 1. Januar 2005 - 31. August 2005 |
10. Juni 2005, 14. November 2005, 7. Juni 2006, 24. November 2006, 1. Juni 2007, 23. November 2007, 26. Mai 2008, 24. November 2008, 2. Juni 2009, 20. November 2009, 1. Dezember 2009, 31. Mai 2010 | 1. September 2005 - 31. August 2010 |
Am 9. Dezember 2010 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 8. November 2010 und am 27. Januar 2011 Widerspruch gegen die (zwei) Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 24. Januar 2011 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bewilligungsbescheid vom 8. November 2010 zurück. Da die Höhe der noch im Jahr 2010 zu erwartenden Kapitalerträge nicht bekannt sei, sei eine endgültige Bewilligung (noch) nicht möglich. Hiergegen hat der Kläger am 21. Juni 2011 Klage vor dem Sozialgericht Kassel erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 8 AS 667/11 geführt worden ist.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die (zwei) Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 24. Januar 2011 zurück. Das Schonvermögen des Klägers gem. § 12 Abs. 2 SGB II habe zum 1. Januar 2005 8.750 € betragen. Sein Vermögen zu Beginn des Leistungsbezugs sei demgegenüber mit 13.186,00 € zu beziffern. Dieses (übersteigende) Vermögen sei geeignet gewesen, den Bedarf des Klägers für 175 Tage zu decken. Jedenfalls bis 25. Juni 2005 habe daher kein Anspruch nach dem SGB II bestanden. Auch danach habe der Kläger Einkommen aus dem Vermögen in Form von Dividenden erwirtschaftet. Dieses sei in der Folgezeit auf seinen Leistungsanspruch nach dem SGB II anzurechnen gewesen. Hiergegen hat der Kläger ebenfalls am 21. Juni 2011 Klage vor dem Sozialgericht Kassel erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 8 AS 666/11 geführt worden ist.
Das Sozialgericht hat mit Verfügung vom 8. April 2013 eine Auskunft bei der A-Stadt Sparkasse über die Kontosalden des Klägers unter anderem zu den Stichtagen 28. September 2004 und 23. Mai 2005 eingeholt. Hieraus ergab sich für den 28. September 2004 ein Gesamtvermögen bei der A-Stadt Sparkasse in Höhe von 8.240,64 €. Zum 23. Mai 2005 betrug das Gesamtvermögen bei der A-Stadt Sparkasse 10.131,88 €.
Mit Beschluss in der mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 2014 hat das Gericht beide Klagen unter dem Aktenzeichen S 8 AS 667/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Urteil vom 22. Mai 2014 hat das Sozialgericht den Rücknahme- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 24. Januar 2011 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2011 betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. August 2005 teilweise aufgehoben, soweit Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 in Höhe von 4.571,72 € zurückgefordert wurden. Es hob ferner den Rücknahme- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 24. Januar 2011 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2011 betreffend den Zeitraum vom 1. September 2005 bis 31. August 2010 teilweise auf, soweit mit ihm die Erstattung eines Betrages in Höhe von 2.458,50 € für die Monate Februar und April 2006, August 2008, Juli bis Dezember 2009 und August 2010 verfügt wurde. Im Übrigen wies es die Klage ab.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, nach seinen Ermittlungen habe das Vermögen erst ab dem 1. Juli 2005 den Vermögensfreibetrag überschritten. Im Zeitpunkt der (erstmaligen) Antragstellung des Klägers am 28. September 2004 habe er nur ein Vermögen in Höhe von 8.240,64 € gehabt. Wegen des weitergehenden Zeitraums ging das Sozialgericht im Gegensatz zum Beklagten davon aus, dass eine Hilfebedürftigkeit des Klägers wegen das Schonvermögen übersteigenden Vermögens nicht gegeben war. Gleichwohl sei der Erstattungsbescheid des Beklagten für die Monate Februar und April 2006, April 2008, Juli bis Dezember 2009 und August 2010 rechtswidrig, denn insoweit habe der Beklagte weder in seinem Ausgangsbescheid vom 24. Januar 2011 noch in seinem Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2011 die Bescheide vom 18. Januar 2006, 12. November 2008, 6. Juni 2009 und 24. Juni 2010 aufgehoben.
Für die Monate November und Dezember 2010 habe der Kläger keinen höheren Leistungsanspruch gegen den Beklagten. Auch für diese Monate sei der Vermögensfreibetrag des Klägers überschritten und Hilfebedürftigkeit daher nicht gegeben.
Gegen das am 27. Juni 2014 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat der Beklagte am 7. Juli 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er an, hinsichtlich des Überschreitens des Vermögensfreibetrags im ersten Bewilligungsabschnitt im Jahr 2005, komme es nicht auf den Vermögensbestand des Klägers am 28. September 2004 an, sondern auf sein Vermögen am 1. Januar 2005. Zu diesem Zeitpunkt sei das Vermögen aber nicht bekannt, weil die Auskunft der A-Stadt Sparkasse nur die Stichtage 28. September 2004 und 23. Mai 2005 umfasse. Hinsichtlich der Monate Februar und April 2006, April 2008, Juli bis Dezember 2009 und August 2010 meint der Beklagte, dass das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgehe, dass die Bescheide nicht aufgehoben worden seien. Die dort genannten Zeiträume seien durch die Nennung des entsprechenden Bewilligungsbescheids im Aufhebungsbescheid oder jedenfalls durch einen der Änderungsbescheide vom 24. Januar 2011 erfasst.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 22. Mai 2014 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger, der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2016 nicht erschienen und nicht vertreten gewesen ist, beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, sein Aktienvermögen sei insgesamt kein anrechenbares Vermögen, weil es seiner Altersvorsorge diene.
Der Senat hat beim Kläger mehrfach versucht, seinen Vermögensstand zum 1. Januar 2005 zu erfragen. Unter Verweis auf seine Erkrankungen beantwortete der Kläger weder die entsprechende gerichtliche Anfrage noch entband er seine kontoführende Bank gegenüber dem Senat von ihrer Geheimhaltungspflicht.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, der Inhalt der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2016 in der Sache verhandeln und eine Entscheidung treffen, obwohl der Kläger nicht erschienen und auch nicht vertreten gewesen ist. Denn alle Beteiligten sind rechtzeitig und ordnungsgemäß geladen und dabei nach Maßgabe von § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 110 Abs. 1 Satz Sozialgerichtsgesetz (SGG) darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle ihrer Abwesenheit verhandelt und entschieden werden könne.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 22. Mai 2014 ist abzuändern. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide des Beklagten vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2011 und vom 8. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2011 beschweren den Kläger nicht. Die Klage ist daher in vollem Umfang abzuweisen.
Der Beklagte konnte sämtliche Bewilligungsbescheide für die Leistungszeiträume seit dem 1. Januar 2005 aufheben und die erbrachten Leistungen zurückfordern. Rechtsgrundlage für die Aufhebung ist § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Danach gilt, dass soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, dieser, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden darf. § 45 Abs. 2 bis 4 bestimmen unter anderem, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden darf, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
1. die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Vorliegend handelt es sich bei den Bewilligungsbescheiden um begünstigende Verwaltungsakte. Diese waren auch bereits ursprünglich rechtswidrig.
Der Kläger hatte von vornherein seit dem 1. Januar 2005 bis (mindestens) 31. Dezember 2010 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Der Kläger war nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II, weil die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II nicht erfüllt waren. Insbesondere war der Kläger nicht hilfebedürftig, § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 SGB II. Hilfebedürftig ist danach, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Der Beklagte durfte vorliegend davon ausgehen, dass der Kläger in der Lage war, seinen Lebensunterhalt aus seinem anrechenbaren Vermögen zu decken.
Die Vermögenssituation des Klägers für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 war nicht feststellbar. Der Senat hat im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht alle verfügbaren Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, § 103 SGG (BSG, Urteil vom 11.12.1969 – GS 2/68 Rn. 73; Müller, JuS 2014, 324 ff.), ohne die Vermögenssituation des Klägers für diesen Zeitraum aufklären zu können.
Weitere Ermittlungen wären dem Senat nur unter Mitwirkung des Klägers möglich gewesen. Den Kläger traf auch eine Mitwirkungspflicht. Kommt ein Beteiligter seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, verringern sich die Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht (BSG, Urteil vom 20. November 2008 – B 3 KN 4/08 KR R Rn. 26). Dabei hat das Gericht die objektiv-individuellen Mitwirkungsmöglichkeiten des Beteiligten zu beachten, insbesondere, ob die Beteiligten rechtserfahren oder vertreten sind, wie ihre gesundheitliche oder allgemeine Lebenssituation ist und welche Güte die Sachverhaltserforschung durch die Behörde hatte. In jedem Fall ist aber mit Blick auf die Grundrechtsrelevanz zu verlangen, dass das Gericht vor einer entsprechenden Entscheidung den nicht kooperativen Beteiligten eindeutig auf die Folgen ihres Verhaltens hinweist (BSG, Urteil vom 2. September 2004 – B 7 AL 88/03 R Rn. 19 ff.). Im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht trifft die Beteiligten zunächst eine Substantiierungspflicht hinsichtlich ihres Vortrags. Der Beteiligtenvortrag muss derart konkret und ausreichend detailliert sein, dass das Gericht in die Lage versetzt wird, zunächst die Schlüssigkeit des Vortrags zu überprüfen und ggf. sodann den Wahrheitsgehalt des Vortrags zu erforschen (BSG, Urt. v. 14. Dezember 1994 – 3 RK 9/94 Rn. 26). Daneben tragen die Beteiligten zudem eine Mitwirkungslast bei der Beweiserhebung. So ist es auch einem unvertretenen Kläger grundsätzlich zumutbar, in seinem Besitz befindliche, entscheidungserhebliche Unterlagen vorzulegen (BSG, Urteil vom 9. Februar 1993 – 12 RK 69/92 Rn. 19). Unzumutbar sind Mitwirkungshandlungen, die gegen Grundrechte der Beteiligten verstoßen, insbesondere unverhältnismäßig sind (Roller, in: HK-SGG § 103 Rn. 19).
Für den vorliegenden Fall mag es aufgrund des Gesundheitszustands des Klägers für ihn unzumutbar gewesen sein, selbst Auskunft über seinen Vermögensstand zum 1. Januar 2005 zu geben und diesen nachzuweisen. Gründe dafür, dass der Kläger nicht in der Lage sein sollte, wenigstens seine kontoführenden Banken von ihrer Geheimhaltungspflicht zu entbinden, um den Senat in die Lage zu versetzen, selbst die Vermögenssituation aufzuklären, sind aber für den Senat nicht erkennbar. Dies kann insbesondere angenommen werden, weil der Kläger nach der Anforderung von Unterlagen bzw. jedenfalls der Geheimhaltungspflicht-Entbindungserklärung dem Gericht mehrmals auch längere Schriftsätze übersandt hat.
Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast hat der Kläger die Folgen der mangelnde Nachweisbarkeit seines tatsächlichen Vermögens für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 zu tragen (BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 – B 4 AS 41/15 R Rn. 32; Müller, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl. 2014, § 103 Rn. 16). Hierauf hat das Gericht ihn auch mit Schreiben vom 3. März 2016 hingewiesen.
Zwar geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache grundsätzlich zu Lasten desjenigen, der aus ihr eine bestimmte, für ihn günstige Rechtsfolge herleitet. Das ist im Fall der §§ 44 ff. SGB X die Behörde (vgl. nur BSG, Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R, Rn. 32). Eine Umkehr der Beweislast kommt aber in Betracht, wenn in der Sphäre des Betroffenen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind. Das setzt voraus, dass eine Tatsache nicht bewiesen werden kann, die in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Leistungsempfängers wurzelt, und deshalb eine besondere Beweisnähe zum Leistungsempfänger vorliegt (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. August 2009 - L 5 R 341/05 Rn. 75; Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 45 SGB X, Rn. 116). Eine derartige Beweisnähe liegt hier vor, weil der Senat nur durch Mitwirkung des Klägers, insbesondere die Vorlage einer Geheimhaltungspflicht-Entbindungserklärung, in der Lage gewesen wäre, die streiterheblichen Tatsachen zu ermitteln. Da den Kläger, wie oben gezeigt, eine entsprechende Mitwirkungspflicht traf und er auf diese vom Senat hingewiesen worden ist, muss der Beweis dieser Tatsache seiner Verantwortungssphäre zugewiesen werden.
Folglich konnte der Senat in Ermangelung der Mitwirkung des Klägers aufgrund der Auskunft der A-Stadt Sparkasse vom 23. April 2013 (Bl. 105 der Gerichtsakte) nur sicher in Erfahrung bringen, dass der Kläger am 28. September 2004 ein Vermögen von mindestens 8.240,64 € und am 23. Mai 2005 in Höhe von mindestens 10.131,88 €, sowie in der Folgezeit von deutlich höheren Beträgen besaß.
Es handelt sich hierbei, soweit der Betrag den Freibetrag gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II übersteigt, um anrechenbares Vermögen. Gem. § 12 Abs. 1 SGB II sind Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände. Der Freibetrag gem. § 12 Abs. 2 SGB II betrug am 1. Januar 2005 8.750 €, in der Folgezeit gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II entsprechend mehr. Dieser Freibetrag war mindestens seit dem. 23 Mai 2005 deutlich überschritten.
Das Aktienvermögen war insbesondere nicht deshalb kein anrechenbares, weil es aus Sicht des Klägers subjektiv zur Altersvorsorge bestimmt war. Gem. § 12 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 sind als Altersvorsorgevermögen nur vom Vermögen abzusetzen, (Nr. 2) die Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet und (Nr. 3) geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt. Die Voraussetzungen, die hier an das Altersvorsorgevermögen geknüpft werden, sind bei dem Aktienvermögen des Klägers nicht erfüllt. Ein Aktiendepot ist keine nach Bundesrecht geförderte Altersvorsorge. Das Vermögen war ferner nicht mit einem unwiderruflichen vertraglichen Verwertungsausschluss versehen. Das Aktienvermögen war auch nicht entsprechend zu behandeln. Dies ist insbesondere nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz geboten, denn das Aktienvermögen des Klägers ist nicht mit einem Altersvorsorgeprodukt nach dem sog. „Riester“-Modell vergleichbar. Die staatlich geförderte Altersvorsorge (sog. „Riester-Rente“) bietet im Gegensatz zu sonstigen privaten Altersvorsorgeprodukte eine größtmögliche Vorsorgesicherheit. Im Gegensatz zur geförderten Altersvorsorge nach dem „Riester“-Modell ist der reine Altersvorsorgegedanke als Interesse für das Absparen eines Aktiendepots nicht offensichtlich. Ein solches Depot kann zwar subjektiv zur Vorsorge abgeschlossen worden sein - wie dies im vorliegenden Falle von dem Kläger auch vorgetragen wird -, anders als bei der „Riester“-Rentenversicherung ist der Vorsorgecharakter aber objektiv nicht erkennbar. Es handelt sich letztlich um ein objektiv zweckfreies bzw. zweckoffenes Spar- und Anlagemodell. Für den Anrechnungsschutz ebenso wie für den zivilrechtlichen Pfändungs- und Verwertungsschutz bedeutsam ist aber vor allem das Risiko, dass der Sparer den Anlagebetrag für einen anderen Zweck als die eigene Altersvorsorge – insbesondere bloße Luxusaufwendungen – einsetzt. Anders als bei der „Riester“-Rentenversicherung ist bei sonstigen Anlagemodellen eben nicht aufgrund besonderer vertraglicher Vereinbarungen gewährleistet, dass sie stets und nur als Ergänzung der staatlichen Rente wirkt (vgl. auch § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II). Sie kann auch entgegen diesem Ziel zu Finanzierungszwecken genutzt werden (bspw. zur Kreditfinanzierung durch Sicherungsabtretung usw.).
Diese Differenzierung im Pfändungs- und Verwertungsschutz von Altersvorsorge-Produkten findet spiegelbildlich auch im Zivilrecht statt. Gem. § 97 Einkommenssteuergesetz (EStG) sind Produkte der sog. „Riester-Rente“ (§§ 10a, 79 ff. EStG) nicht übertragbar. Gem. § 851 Abs. 1 ZPO folgt daraus ihre Unpfändbarkeit. Damit ist das Vorsorgekapital des für die „Riester-Rente“ eingesetzten Produkts vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt. Das Abtretungsverbot umfasst auch die auf das geförderte Altersvorsorgevermögen entfallenden Erträge und Wertzuwächse, die geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge und den Anspruch auf die staatliche Zulage. Nicht erfasst hingegen ist lediglich das Kapital, das nicht auf geförderten Beiträgen beruht (BMF-Schreiben vom 17. November 2004 - IV C 4 - S 2222 - 177/04 - / - IV C 5 - S 2333 - 269/04 , Rn. 141 (Quelle: www.bundesfinanzministerium.de). Diese Regelung bringt für die geförderten Produkte einen umfassenden zivilprozessualen Pfändungsschutz, der zumindest für diese Vorsorgeform eine umfassende (Versorgungs-) Sicherheit herbeiführt.
Die zivilrechtliche Wertung zeigt auch, warum der Schutzbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II nicht auf nicht staatliche geförderte Produkte der Altersvorsorge ausgeweitet werden kann. Die Einschränkung der Verfügungsmöglichkeiten des Versicherungsnehmers durch das Abtretungsverbot ist nötig, will man die Beschneidung der Interessen der Allgemeinheit (bzw. im Zivilrecht der Gläubigerinteressen) durch den Pfändungs- und Verwertungsschutz begründen. Zu groß wäre andernfalls die Missbrauchsgefahr.
Auch für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2005 ist die Hilfebedürftigkeit des Klägers nicht nachgewiesen. Zwar steht aufgrund der Auskunft des A-Stadt Sparkasse vom 23. April 2013 (Bl. 105 der Gerichtsakte) nur für die Zeit ab dem 23. Mai 2005 sicher fest, dass der Kläger ein Vermögen oberhalb des Vermögensfreibetrags besaß. Die nachteiligen Folgen dieser Nichterweislichkeit hat jedoch wie bereits dargestellt der Kläger zu tragen.
Das seit dem 1. Januar 2005 vorhandene Vermögen ist in seiner tatsächlichen Höhe, lediglich abzüglich der gesetzlich vorgesehenen Freibeträge, anzurechnen. Insbesondere ist kein „fiktiver Vermögensverbrauch“ im Hinblick auf die seit dem 1. Januar 2005 bzw. seit der Leistungseinstellung verstrichene Zeit zu berücksichtigen. Im Sinne eines „Alles-oder-nichts“-Prinzips steht ein vorhandenes Vermögen bis zu dessen tatsächlichen Verbrauch der Hilfebedürftigkeit entgegen (allg. Meinung, vgl. nur BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 14/08 B Rn. 5).
Dass der Beklagte die Leistungsbewilligung nicht wegen des Entgegenstehens von übersteigenden Vermögen mangels Hilfebedürftigkeit des Klägers vollständig aufgehoben hat, sondern in den überwiegenden Bewilligungszeiträumen nur die Kapitalerträge des Klägers als Einkommen angerechnet hat, ist für die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung nicht von Bedeutung. Ob der Beklagte von der Rechtswidrigkeit seiner ursprünglichen Bewilligung wegen fehlender Hilfebedürftigkeit aufgrund Vermögens oder Einkommens ausgeht, ist nur ein austauschbares Begründungselement der Aufhebungsentscheidung. Tatsächlich ist der Beklagte wegen dieser fehlerhaften Begründung sogar hinter seinen rechtlichen Aufhebungsmöglichkeiten zugunsten des Klägers zurückgeblieben. Wegen des oben dargestellten „Alles-oder-nichts“-Prinzips wäre auch die vollständige Aufhebung rechtmäßig gewesen.
Die rückwirkende Aufhebung der Bewilligungsbescheide war nicht aus Vertrauensschutzgesichtspunkten ausgeschlossen. Der Kläger kann sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen, § 48 Abs. 1 Nr. 2 SGB X. Die streitgegenständlichen Verwaltungsakte beruhten auf Angaben, die der Kläger als Begünstigter vorsätzlich oder mindestens grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit ist das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße. Hierfür genügt es zwar nicht, wenn der Betroffene nur Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben hat, sie ist aber – wie hier – gegeben, wenn die Zweifel so ausgestaltet sein müssen, dass es für jeden erkennbar wäre, dass hier wenigstens eine Nachfrage notwendig wäre. Die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II erfolgte in Annahme der Hilfebedürftigkeit des Klägers aufgrund seiner Angaben in den Antragsformularen. Hierin hatte der Kläger wiederholt und obschon explizit auch nach Wertpapieren und Fondsanteilen gefragt worden war (vgl. Bl. 5 der Verwaltungsakte), die entsprechende Frage mit „nein“ beantwortet (so bspw. auf Rückseite Bl. 5 der Verwaltungsakte). Aufgrund des ausdrücklichen und einfach verständlichen Wortlauts der Frage kann ein Missverständnis ausgeschlossen werden. Auch kann nicht angenommen werden, dass der Kläger davon ausging, Vermögen, das unterhalb des Freibetrags liegt, nicht angeben zu müssen, denn jedenfalls zum Saldo seines Girokontos liegen Angaben vor.
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Klägers ist die Aufhebung der Bewilligungsbescheide auch nicht „verjährt“ bzw. verfristet. Für die Aufhebung an sich, gilt vorliegend aufgrund der fehlenden Schutzwürdigkeit des Klägers die Zehnjahres-Frist, § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X. Auch die Jahresfrist gem. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X war nicht abgelaufen. Aufgrund des mangelhaften Mitwirkung des Klägers bei der Vermögensermittlung sind auch aktuell nicht sämtliche Tatsachen zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bewilligungsbescheide ausermittelt.
Gem. § 40 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) handelt es sich bei der Rücknahmeentscheidung um eine gebundene Entscheidung. Ermessen war nicht auszuüben.
Die angefochtenen Aufhebungsbescheide sind auch ausreichend bestimmt. Zwar führen sie nur sämtliche Bewilligungsbescheide auf, nicht deren Änderungsbescheide vom 18. Januar 2006, 18. April 2008, 12. November 2008, 6. Juni 2009, 20. November 2009, 24. Juni 2010 und 8. November 2010. Dies ist für die Bestimmtheit des Aufhebungsbescheids aber nicht beachtlich, weil jedenfalls die von der Aufhebung betroffenen Zeiträume explizit und monatsweise sowie betragsmäßig auf den Monat genau aufgeführt wurden. Für den Leistungsberechtigten muss nur erkennbar sein, ob und in welchem Umfang ihm monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts verbleiben, um sein Verhalten daran ausrichten zu können (so auch BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 196/11 R Rn. 17).
Die Erstattungsermächtigung des Beklagten im Hinblick auf die überzahlten Leistungen beruht auf § 50 Abs. 1 SGB X. Danach sind erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Im vorliegenden Verfahren hat der Beklagte sämtliche Bewilligungsbescheide über Leistungen nach dem SGB II an den Kläger seit der Erstantragstellung explizit aufgehoben. Die Änderungsbescheide zu diesen Bewilligungsbescheiden vom 18. Januar 2006, 18. April 2008, 12. November 2008, 6. Juni 2009, 20. November 2009, 24. Juni 2010 und 8. November 2010 hat der Beklagte in seinen Aufhebungsentscheidungen hingegen nicht benannt und diese auch nicht explizit durch die 15 nicht streitgegenständlichen Änderungsbescheide vom 24. Januar 2011 abgeändert oder aufgehoben. Dies steht in diesem Fall einer Erstattungsforderung jedoch nicht entgegen (vgl. aber BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 196/11 R Rn. 19, dort allerdings für eine Fallgestaltung, in der mit den Änderungsbescheiden eine völlig neue Leistungsbewilligung geregelt wurde). Trotz der nicht expliziten Nennung der Änderungsbescheid in den Aufhebungsentscheidungen vom 24. Januar 2011 sind auch diese von der Rücknahme erfasst. Die Aufhebung der den Leistungen zugrundeliegenden Verwaltungsakte erfolgt zwar grundsätzlich ausdrücklich; eine konkludente Aufhebung ist aber nicht generell ausgeschlossen (so bereits Urteil des erkennenden Senats vom 12. November 2014 – L 6 AS 491/11 Rn. 67; vgl. auch BSG, Urteil vom 10. März 1987 3 RK 7/86 Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 – 3 C 79/82 Rn. 49, 50; Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 50 SGB X, Rn. 82). Hier sind ausreichend Anhaltspunkte für eine entsprechend umfassende Auslegung der Aufhebungsbescheide vorhanden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte nur einzelne Änderungsbescheide versehentlich übersehen und daher nicht genannt hat, sondern er hat offenkundig planmäßig nur jeweils die ursprünglichen Bewilligungsbescheide explizit aufgezählt. Dass er dennoch auch die Änderungsbescheide mit ihrer geringfügig abgeänderten Leistungshöhe für Teilbewilligungsabschnitte miterfasst hat, ist den im Bescheid enthaltenen Berechnungsgrundlagen für die Rückforderungssumme zu entnehmen, die der Höhe nach Bezug auf den Änderungsbescheid nimmt (so auch BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 89/12 R Rn. 15 f.).
Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2011 beschweren daher im Ergebnis den Kläger nicht. Es wäre sogar eine weitreichendere Aufhebung und Erstattung rechtmäßig gewesen.
Auch der Bewilligungsbescheid vom 8. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2011 beschwert den Kläger nicht. Ein Anspruch des Klägers auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in der Zeit vom 1. November 2010 bis zum 31. Dezember 2010 bestand nicht. Der Kläger war – wie oben dargestellt – aufgrund anrechenbaren Vermögens nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II. Rechtmäßig wäre daher in diesem Zeitraum auch eine vollständige Ablehnung von SGB II – Leistungen gewesen.
Die Berufung konnte deshalb im Ergebnis nicht ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision war im Hinblick auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 29. November 2012 – B 14 AS 196/11 R – zuzulassen, § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG.