L 7 AL 71/13

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 15 AL 447/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 71/13
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

I.    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. April 2013 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 23. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2010 sowie der Änderungsbescheide vom 10. September 2010, 20. September 2010 und 8. Oktober 2010 verurteilt, dem Kläger vom 20. Mai bis 14. Dezember 2010 höheres Arbeitslosengeld unter alleiniger Berücksichtigung des aufgrund seiner Beschäftigung vom 25. Januar bis 19. Mai 2010 in Deutschland erzielten Arbeitseinkommens bei der Berechnung des Leistungsentgelts zu zahlen.

II.    Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu erstatten.

III.    Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III) in der noch vor dem 1. April 2012 geltenden Fassung (a. F.), für die Zeit vom 20. Mai bis 14. Dezember 2010.

Der derzeit wieder in den Niederlanden wohnhafte, am xx. xxx 1956 geborene Kläger schwedischer Staatsangehörigkeit hat im Herkunftsland ein juristisches Studium abgeschlossen und war in Schweden von 1991 bis 1997 als Rechtsanwalt tätig. Vom 15. September 2008 bis 15. Januar 2010 übte er in den Niederlanden, in denen sich seinerzeit auch sein alleiniger Wohnsitz befand, eine abhängige Beschäftigung als Informatiker bei „C.“ in C-Stadt aus. Hierfür erzielte er zunächst ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 3.000 €, das sich ab Juli 2009 auf monatlich 3.366 € erhöhte. Anschließend nahm er seinen Wohnsitz in D-Stadt (Deutschland), wo er vom 25. Januar 2010 bis 19. Mai 2010 eine beitragspflichtige Beschäftigung als Qualitätsmanager bei der „D. GmbH“ in D-Stadt mit einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 5.148,57 € ausübte. Der Arbeitgeber bescheinigte unter dem 18. Mai 2010 für den Gesamtzeitraum ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 19.925,09 €.

Aufgrund der Arbeitslosmeldung des Klägers vom 20. Mai 2010 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juli 2010 (Bl. 36 Leistungsakte - LA) Arbeitslosengeld ab 20. Mai 2010 für eine Anspruchsdauer von 300 Kalendertage mit einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 27,31 €, dem ein tägliches Leistungsentgelt in Höhe von 45,51 € bzw. ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 68,13 € aufgrund fiktiver Bestimmung nach Qualifikationsgruppe 3 zu Grunde lag.
Mit Änderungsbescheiden vom 10. September 2010 und 20. September 2010 bewilligte die Beklagte ohne Änderung der Leistungshöhe Nachzahlungen an den zwischenzeitlich wieder nach A-Stadt in den Niederlanden verzogenen Kläger und verkürzte mit weiterem bestandskräftig gewordenem Änderungsbescheid vom 8. Oktober 2010 den Leistungszeitraum bis 14. Dezember 2010 mit einer Anspruchsdauer von nur noch 184 Kalendertagen wegen der Ausreise des Klägers mit Leistungsexport. Den Verlängerungsantrag des Klägers vom 29. Dezember 2010 lehnte die Beklagte mit ebenfalls bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 24. Februar 2011 ab.
Den gegen den Bescheid vom 23. Juli 2010 wegen der Höhe des Bemessungsentgelts aufgrund fiktiver Bestimmung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2010, der dem Kläger jedenfalls nicht vor dem 7. September 2010 zugegangen ist, als unbegründet zurück. Hierbei ging die Beklagte von einem Bemessungsrahmen vom 20. Mai 2009 bis 19. Mai 2010 aus, in dem lediglich die beitragspflichtige Beschäftigung in Deutschland vom 25. Januar bis 19. Mai 2010 zu berücksichtigen sei. Die versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten in den Niederlanden seien lediglich bei der zu erfüllenden Anwartschaftszeit zu berücksichtigen gewesen, während sie bei der Bemessung des Zahlungsanspruches unbeachtlich seien. Da im Falle des Klägers im Bemessungsrahmen weniger als 150 Tage, nämlich lediglich 114 Tage, mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalten seien, sei dieser auf 2 Jahre vom 20. Mai 2008 bis 19. Mai 2010 zu erweitern gewesen. Auch innerhalb dieses erweiterten Bemessungsrahmens sei kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen gewesen, weshalb gemäß § 132 SGB III (a.F.) als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen gewesen sei. Nach der beruflichen Situation des Klägers richte sich das fiktive Arbeitsentgelt nach Qualifikationsgruppe 3 (Beschäftigungen, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern), woraus ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 68,13 € folge.

Hiergegen hat der Kläger am 25. September 2010 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main mit dem Ziel erhoben, einen höheren Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erlangen, das nicht aufgrund eines fiktiven Arbeitsentgelts sondern lediglich aufgrund des zuletzt in Deutschland tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts, hilfsweise jedoch zumindest fiktiv nach Qualifikationsgruppe 1, zu bemessen sei.
Mit Urteil vom 4. April 2013 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
„Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von höherem Arbeitslosengeld ab dem 20. Mai 2010 gegen die Beklagte. Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Arbeitslosengeld gegen die Beklagte ab dem 20. Mai 2010.
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit haben nach § 118 Abs. 1 SGB III i.d.F. vom 23. Dezember 2003 (a.F.) Arbeitnehmer, die
1. arbeitslos sind,
2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und
3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Die Anwartschaftszeit hat gemäß § 123 SGB III in der Fassung vom 15. Juli 2009 (a.F.) erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Zeiten, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit erloschen ist, dienen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit.
In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind (§ 24 Abs. 1 SGB III). Die Rahmenfrist nach § 124 Abs. 1 SGB III in der Fassung vom 27. Dezember 2003 (a.F.) beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Kläger meldete sich am 20. Mai 2010 bei der Beklagten persönlich arbeitslos. Die Rahmenfrist umfasst daher den Zeitraum vom 20. Mai 2008 bis 19. Mai 2010. Innerhalb dieser Rahmenfrist befand sich der Kläger mindestens zwölf Monate in mehreren Versicherungspflichtverhältnissen im Sinn von § 24 Abs. 1 SGB III. Vom 19. Mai 2008 bis zum 15. Januar 2010 befand sich der Kläger bei der C. in C-Stadt (Niederlande) in einem Versicherungspflichtverhältnis und in der Zeit vom 25. Januar bis 19. Mai 2010 bei der D. GmbH. Insbesondere das Versicherungspflichtverhältnis in den Niederlanden ist nach Art. 67 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 (VO) für den Erwerb des Leistungsanspruchs zu berücksichtigen. Der Kläger hat dem Grunde nach daher Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 20. Mai 2010 gegen die Beklagte.
Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld gegen die Beklagte. Das Arbeitslosengeld beträgt nach § 129 SGB III in der Fassung vom 16. Februar 2001 (a.F.)
1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz),
2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Leistungsentgelt ist nach § 133 Abs. 1 SGB III in der Fassung vom 19. Dezember 2008 (a.F.) das um pauschalierte Abzüge verminderte Bemessungsentgelt. Abzüge sind 
1. eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 Prozent des Bemessungsentgelts,
2. die Lohnsteuer, die sich nach dem vom Bundesministerium der Finanzen auf Grund des § 51 Abs. 4 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes bekannt gegebenen Programmablaufplan bei Berücksichtigung der Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in dem Jahr, in dem der Anspruch entstanden ist, ergibt und
3. der Solidaritätszuschlag.
Bei der Berechnung der Abzüge nach den Nummern 2 und 3 ist der Faktor nach § 39f des Einkommensteuergesetzes zu berücksichtigen; Freibeträge und Pauschalen, die nicht jedem Arbeitnehmer zustehen, sind nicht zu berücksichtigen.
Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 SGB III in der Fassung vom 15. Juli 2009 (a.F.) die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Die Rahmenfrist umfasst daher den Zeitraum vom 20. Mai 2009 bis 19. Mai 2010. Der Bemessungsrahmen wird sodann nach § 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III a.F. auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält. Nach diesen nationalrechtlichen deutschen Vorschriften können im (erweiterten) Bemessungsrahmen nur versicherungspflichtige Beschäftigungen (vgl. hierzu § 24 Abs. 1 SGB III) in Deutschland berücksichtigt werden. Nur eine solche Inlandsbeschäftigung kann „versicherungspflichtig" im Sinne des Rechts der Arbeitsförderung sein. Dies folgt aus der Grundregel in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), nach der – unter anderem - die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, für alle Personen gelten, die im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs beschäftigt sind. Dies ist die Bundesrepublik Deutschland. Der Sinn hinter dieser Regelung ist, dass auch Sozialversicherungsbeiträge nur für eine Inlandsbeschäftigung abgeführt werden, dann aber können entsprechende Leistungsansprüche - grundsätzlich - auch nur aus Inlandsbeschäftigungen erwachsen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Oktober 2011, Az. L 3 AL 5476/10).
Auch im Rahmen einer europarechtskonformen (hier einer verordnungskonformen) Auslegung des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Auslandsbeschäftigungen, die innerhalb des (erweiterten) Bemessungsrahmens ausgeübt worden sind, für die Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeld-Anspruchs nicht herangezogen werden.
Für den Arbeitslosengeld-Anspruch des Klägers gilt insoweit die VO (EWG) Nr. 1408/71 (VO). Hiernach werden ausländische Beschäftigungs- und Versicherungszeiten nach Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 VO berücksichtigt, soweit dies „für den Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs" erforderlich ist. Dies gilt nach Art. 67 Abs. 3 VO nur dann, wenn der Arbeitslose „unmittelbar zuvor" entsprechende Zeiten im (jetzigen) Wohnsitzstaat zurückgelegt hat. Ferner werden ausländische Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten nach Art. 67 Abs. 4 VO bei der Bestimmung der Dauer der Leistungsgewährung im Wohnsitzstaat berücksichtigt. Dies wurde durch die Beklagte - wie oben ausgeführt - entsprechend vorgenommen.
Anders sind dagegen die Regelungen über die Höhe eines Leistungsanspruchs bei Vollarbeitslosigkeit ausgestaltet. Hier bestimmt Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO, dass der zuständige Leistungsträger - dies ist nach Art. 71 Abs. 1 lit. a Unterabs. ii Halbsatz 2 VO der Leistungsträger im Wohnsitzstaat - „ausschließlich" das Entgelt zu Grunde zu legen hat, das der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet „dieses Staates" erhalten hat. Damit ist die letzte Beschäftigung im Wohnsitzstaat gemeint, also gerade nicht die Auslandsbeschäftigung. Dies wird bestätigt durch die Ausnahmeregelung in Art. 68 Abs.1 Satz 2 VO für die Fälle, in denen die letzte Beschäftigung „dort" (also im Wohnsitzstaat)weniger als vier Wochen gedauert hat. Auch in diesem Fall wird allerdings nicht etwa das Entgelt während der Auslandsbeschäftigung berücksichtigt, sondern (fiktiv) das „Entgelt, das am Wohnort (...) des Arbeitslosen für eine Beschäftigung üblich ist, die der Beschäftigung, die er zuletzt im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats ausgeübt hat, gleichwertig oder vergleichbar ist" (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Oktober 2011, Az. L 3 AL 5476/10). Für den Kläger wäre dies - genau wie es § 132 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB III vorsieht - ein Entgelt, das in Deutschland - genauer: im Bezirk der hiesigen Agentur für Arbeit - für eine Tätigkeit im Bereich der IT üblich ist.
Aber auch auf dieser Ebene des nationalen Rechts kann der Kläger keine günstigere Regelung erreichen. Soweit er hierbei die Auffassung vertritt, dass sein Arbeitslosengeld in unbilliger Weise wegen seiner kurzfristigen Inlandsbeschäftigung niedriger sei als es wäre, wenn er sich unmittelbar nach seiner Tätigkeit in den Niederlanden arbeitslos gemeldet hätte, so kann diesem Gedanken nicht gefolgt werden.
Nach § 130 Abs. 2 SGB III bleiben bestimmte Beschäftigungszeiten oder ähnliche Zeiten bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums unberücksichtigt. Sie führen nicht zu einer Verlängerung des Bemessungsrahmens. Die Norm soll verhindern, dass kurzzeitige Beschäftigungen mit niedrigerem Gehalt solche Anwartschaften wertmäßig vermindern, die der Arbeitslose auf Grund einer vorher ausgeübten Beschäftigung mit höherem Gehalt bereits erworben hatte. Dies setzt aber voraus, dass diese vorherige Beschäftigung ihrerseits versicherungspflichtig war und durch eine Beitragszahlung zur (deutschen) Arbeitslosenversicherung zu entsprechenden Anwartschaften geführt hat (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Oktober 2011, Az. L3 AL 5476/10). Dies war bei dem Kläger nicht der Fall. Eine weitergehende Billigkeitsklausel enthalten die §§ 130 ff. SGB III a.F. jedoch nicht.
Hinsichtlich der durch den Kläger vorgebrachten Verstöße dieser Regelungen gegen das GG schließt sich das Gericht nach eigener Prüfung den Ausführungen des LSG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2011 a.a.O. an. In der vorgenommenen Auslegung der innerstaatlichen Vorschriften, aber auch der VO, ist kein Verstoß gegen Grundrechte des Klägers begründet, sodass offen bleiben kann, ob Normen des europäischen Sekundärrechts überhaupt am GG gemessen werden können.
Unter Anwendung der hier maßgebenden nationalen Vorschriften hat die Beklagte den Kläger sodann in zutreffender Weise der Qualifikationsgruppe 3 zugeordnet.
Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt, wie vorliegend, auch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist nach § 132 Abs. 1 SGB III in der Fassung vom 15. Juli 2009 (a.F.) als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose nach Absatz 2 der Vorschrift der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die
1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße, 
4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel -der Bezugsgröße.
In welche dieser Qualifikationsgruppen der Arbeitslose einzustufen ist, bestimmt sich in erster Linie nach der Beschäftigung, auf die die Beklagte die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen - unter Berücksichtigung des in Betracht kommenden Arbeitsangebotes - zu erstrecken hat. Welche Beschäftigung der Arbeitslose anstreben kann, hängt wiederum von seiner beruflichen Qualifikation ab, sodass die berufliche Qualifikation letztendlich das einzig ausschlaggebende Kriterium für die Eingruppierung ist.
Im Rahmen der Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist somit zunächst zu ermitteln, auf welche Beschäftigung die Beklagte die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat, um den Arbeitslosen sodann einer der vier genannten Qualifikationsgruppen zuzuordnen.
Vorliegend haben sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten auf den vom Kläger in der Vergangenheit bedienten Arbeitsmarkt zu richten. Dies meint den Aufbau und Administration von verschiedenen Betriebssystemen in verschiedenen Umgebungen (IT Bereich). Bei den diesbezüglichen Vermittlungsbemühungen hat die Beklagte nach § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III die Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Klägers sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen zu berücksichtigen. Insofern muss durch die Beklagte festgestellt werden, bei welcher Tätigkeit der Kläger unter angemessener Berücksichtigung seiner Ausbildung, seines Alters, seiner beruflichen Neigungen und Leistungsfähigkeit bestmöglich wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden kann. Daher können nur diejenigen Tätigkeiten für die fiktive Bemessung relevant sein, mit denen der Kläger bestmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden kann. Im Fall des Klägers bedeutet dies tatsächlich die Vermittlung in den Bereich der IT. Nach seinem Jurastudium in den Jahren 1980/81 und 1992 bis 1994 erfolgten lediglich bis 1997 Tätigkeiten in diesem Bereich. Er selbst entschied sich 1997 dazu, in die Niederlande zu gehen und dort in den IT Bereich zu wechseln. Eine Vermittlung im Bereich der IT ist ausweislich des vorgelegten Lebenslaufes des Klägers hiernach wahrscheinlicher, als die Aufnahme einer anwaltlichen Tätigkeit. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass eine Anerkennung der juristischen Ausbildung des Kläger auf dem deutschen Arbeitsmarkt schwierig und ihm im Übrigen der Zugang zu den rechtsberatenden Berufen mangels Zulassung versagt sein dürfte. Auch ist eine über zehn Jahre ausgeübte fachfremde Tätigkeit (IT) ein Kriterium, welches einer bestmöglichen Eingliederung des Klägers im juristischen Arbeitsmarkt wiederspricht. Eine bestmögliche Vermittlung in den Arbeitsmarkt kommt vielmehr nur im Bereich der IT in Betracht. In diesem Bereich sammelte der Kläger in der Vergangenheit jahrelange und vielseitige Erfahrungen bei verschiedenen Arbeitgebern und auf verschiedenen Aufgabenfeldern. In diesem Bereich stellt sich die Konkurrenzsituation für den Kläger sehr viel besser dar. Entgegen den Ausführungen der Klägerseite im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist das Gericht davon überzeugt, dass insbesondere im Vergleich zum juristischen Arbeitsmarkt eine Eingliederung des Klägers auf dem IT Arbeitsmarkt deutlich erfolgversprechender ist, was schließlich auch durch die neuerliche Aufnahme der Tätigkeit im Bereich der Qualitätssicherung durch den Kläger bestätigt wird. Nachdem die hiernach maßgebende Beschäftigung ermittelt ist, auf die sich die Vermittlungsbemühungen für den Kläger in erster Linie zu erstrecken hat, muss die Zuordnung zu den Qualifikationsgruppen des § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. vorgenommen werden. Dazu ist zunächst festzustellen, ob und gegebenenfalls welche Ausbildung für die ermittelte Beschäftigung erforderlich ist, um sodann die Beschäftigung einer der genannten Qualifikationsgruppen zuzuordnen. Entscheidend ist dabei eine generelle Betrachtung der Zugangsvoraussetzungen für die ermittelte Beschäftigung und nicht die konkrete Berufs- oder Ausbildungsbiographie des Arbeitslosen. Vorliegend sind die Vermittlung und der Einsatz in dem Bereich der IT regelmäßig nicht von der entsprechenden Ausbildung abhängig. In diesem Sinne wertet das Gericht die Tätigkeit als im Bereich der Entwicklung und Verwaltung von IT als ein auch heute noch neues Berufsbild, welches zur erfolgreichen Ausübung dieser Tätigkeit einen wirklichen Berufsabschluss im Sinne eines Ausbildungsberufes nicht unbedingt erfordert. Gerade in dem Berufsbild des IT-Entwicklers/Administrator, der mindestens eine einer abgeschlossenen Lehre gleichwertige Ausbildung erfordert, ist bis heute ein großer Anteil von Versicherten tätig, die sich diese speziellen Kenntnisse in diesem Bereich in Eigenregie und durch Berufserfahrung erarbeitet haben. Dies gilt unter Berücksichtigung des vom Kläger glaubhaft geschilderten beruflichen Werdeganges in dem Sinne, dass er für einen Arbeitsmarkt zur Verfügung stand, welcher zwar eine hohe berufliche Qualifizierung, nicht jedoch unbedingt einen klaren Berufsabschluss voraussetzt. Insoweit kommt im Ergebnis einzig die Zuordnung zu der Qualifikationsgruppe 3 nach § 132 Abs. 2 SGB III a.F. in Betracht.
Die Bezugsgröße nach § 18 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) beträgt im Jahr 2010 in den alten Bundesländern 30.660 €. Für die im Fall des Klägers maßgebende Qualifikationsgruppe 3 ergibt sich danach ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 68,13 €. Unter Berücksichtigung der Eintragungen in der Steuerklasse besteht bei ihm ein Anspruch Arbeitslosengeld nach dem Leistungssatz in Höhe von täglich 45,51 €. Im Ergebnis steht dem Kläger somit kein höherer Anspruch auf Arbeitslosengeld zu“.

Gegen das ihm am 15. April 2013 zugestellt Urteil hat der Kläger am 14. Mai 2013 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. April 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 sowie der Änderungsbescheide vom 10. September 2010, 20. September 2010 und 8. Oktober 2010 zu verurteilen, ihm vom 20. Mai 2010 bis 14. Dezember 2010 höheres Arbeitslosengeld unter alleiniger Berücksichtigung des aufgrund seiner Beschäftigung vom 25. Januar bis 19. Mai 2010 in Deutschland erzielten Arbeitseinkommens bei der Berechnung des Leistungsentgelts zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil, auf dessen Begründung sie Bezug nimmt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Leistungsakten, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, sowie die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 8. Dezember 2014 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte mit dem Einverständnis der Beteiligten ein Entscheidung in der Sache durch Urteil ohne mündliche Verhandlung treffen (§§ 153 Abs. 1,124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Streitgegenstand sind gemäß §§ 86, 96 SGG auch die den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 23. Juli 2010 abändernden Leistungsbescheide vom 10. September, 20. September und 8. Oktober 2010 geworden, wobei der Bescheid vom 8. Oktober 2010 hinsichtlich der Bestimmung des Endes des Leistungszeitraums auf den 14. Dezember 2010 anstatt den 18. März 2011 bestandskräftig geworden ist, weil die Leistungsbescheide nur hinsichtlich der Höhe des Arbeitslosengeldes angefochtenen sind.

Die in diesem Umfang zulässige Berufung ist auch sachlich begründet.
Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main war aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der im Berufungsantrag genannten Leistungsbescheide sowie des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 zu verurteilen, dem Kläger im verbliebenen Leistungszeitraum vom 20. Mai 2010 bis 14. Dezember 2010 höheres Arbeitslosengeld unter alleiniger Berücksichtigung des aufgrund seiner Beschäftigung vom 25. Januar bis 19. Mai 2010 in Deutschland erzielten Arbeitseinkommens bei der Berechnung des Leistungsentgelts zu zahlen. Hierbei konnte sich der Senat aufgrund des Antrages des Klägers auf ein Grundurteil beschränken (§ 130 Absatz ein S. 1 SGG).

Zutreffend hat das Sozialgericht für den streitigen Zeitraum einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld gemäß §§ 118 Abs. 1, 123, 124 Abs. 1 SGB III (a.F.) bejaht, weil der Kläger innerhalb der Rahmenfrist vom 20. Mai 2008 bis 19. Mai 2010 mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB III (a. F.) gestanden hat. Maßgeblich für die Einbeziehung des in den Niederlanden in dieser Rahmenfrist zurückgelegten Versicherungspflichtverhältnisses vom 20. Mai 2008 bis 15. Januar 2010 ist allerdings nicht mehr Art. 67 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 sondern vielmehr Art. 61 Abs. 1 VO (EG) 883/2004, der mit Wirkung ab 1. Mai 2010 die vom Sozialgericht insoweit zitierten Vorschriften abgelöst hat und wonach der zuständige Träger eines Mitgliedstaates, nach dessen Rechtsvorschriften u.a. der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder die Dauer des Leistungsanspruches von der Zurücklegung von Versicherungszeiten etc. abhängig ist, auch die entsprechenden Zeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates zurückgelegt wurden, berücksichtigt, als ob sie nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden wären. Zusammen mit der in Deutschland bis zur Arbeitslosmeldung zurückgelegten Versicherungszeit von 25. Januar bis 19. Mai 2010 ist damit innerhalb der Rahmenfrist die notwendige Anwartschaftszeit von mindestens 12 Monaten Versicherungspflicht erfüllt, wovon auch die Beklagte ausgegangen ist.
Allerdings hat der Kläger Anspruch auf ein höheres Arbeitslosengeld, weil der Anspruch nicht aufgrund eines fiktiven Arbeitsentgelts gem. § 132 Abs. 1 SGB III (a. F.) sondern vielmehr alleine aufgrund des in Deutschland vor Eintritt des Leistungsfalls tatsächlich erzielten Arbeitseinkommens zu berechnen ist.
Insoweit ebenfalls zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Bemessungsrahmen gemäß § 130 Abs. 1 S. 2 SGB III (a. F.), der maßgeblich ist für die Bestimmung des Leistungsentgelts nach § 133 Abs. 1 SGB III (a.F.), das der Berechnung des Arbeitslosengeldes nach § 129 SGB III (a.F.) zugrunde liegt, den Zeitraum vom 20. Mai 2009 bis 19. Mai 2010 umfasst. Entgegen seiner Auffassung ist in diesem Zeitraum auch ohne Erweiterung des Bemessungsrahmens auf 2 Jahre ein Zeitraum von mindestens 150 Tagen mit einem Anspruch auf Arbeitsentgelt belegt, denn hinsichtlich des Bezugszeitraumes maßgeblich ist gemäß Art. 61 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 insoweit auch der in den Niederlanden entstandene Anspruch auf Arbeitsentgelt. Der einjährige Bemessungsrahmen nach § 130 Abs. 1 S. 2 SGB III (a.F.) ist danach nicht allein aus der im zuständigen Mitgliedsstaat zurückgelegten Zeiten zu bilden. Vielmehr ist der Bezugszeitraum auch auf die davor liegenden ausländischen Zeiten zu erstrecken. Kann der deutsche Träger nach den eigenen Rechtsvorschriften keinen Bemessungszeitraum von 150 Tagen feststellen, hat er für die Ermittlung der abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume (Bemessungszeitraum) auch die Zeit im Ausland als Bemessungsrahmen zu berücksichtigen, wobei ein ausreichender Anspruch auf Arbeitsentgelt unter Berücksichtigung auch ausländischer Beschäftigungsverhältnisse zu prüfen ist. Nur wenn auch innerhalb des auf 2 Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nach § 130 Abs. 3 SGB III (a.F.) unter Einbeziehung auch des im europäischen Ausland erworbenen Anspruchs auf Arbeitsentgelt nicht mindestens ein Bemessungszeitraum von 150 Tagen festgestellt werden kann, ist eine fiktive Bemessung im Sinne des § 132 SGB III vorzunehmen (so zutreffend: Kador in JurisPK-SGB I, Art. 62 VO (EG) 883/2004, Rn. 20 m.w.N.; Greiser in Eicher/Schlegel, SGB III n.F., EGVO 883/2004 Art. 62 Rn. 14), was hier aber nicht der Fall ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob Art. 62 VO (EG) 883/2004 die Regelung des §§ 130 Abs. 1 SGB III (a.F.) verdrängt, oder ob - wie zuvor ausgeführt - die ausländischen Zeiten für die Bildung des Bezugszeitraums heranzuziehen sind, weil beides im vorliegenden Fall zu demselben Ergebnis führt (so auch: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Juni 2014, L 16 AL 211/12, Juris Rn. 32, 33 m.w.N.   Revision anhängig beim Bundessozialgericht - BSG -  unter B 11 AL 12/14 R).
Der Kläger ist auch kein echter oder unechter „Grenzgänger“, der in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit ausgeübt hat und gleichzeitig in einem anderen Mitgliedsstaat wohnte, in den er in der Regel täglich mindestens jedoch einmal wöchentlich zurückkehrte, weshalb Art. 62 Abs. 3 VO (EG) 883/2004 nicht anzuwenden ist, wonach ausnahmsweise das im ausländischen Mitgliedsstaat erzielte Entgelt bei der Berechnung der Leistungshöhe eines Anspruchs zu berücksichtigen wäre. 
Vielmehr verbleibt es auch im vorliegenden Fall bei der Regelung nach Art. 62 Abs. 1 VO (EG) 883/2004, wonach bei der Berechnung der Leistungshöhe ausschließlich das Entgelt oder Erwerbseinkommen zu berücksichtigen ist, das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Trägers (hier in Deutschland) erhalten hat. Gemäß Abs. 2 der genannten Vorschrift findet dies auch dann Anwendung, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden Rechtsvorschriften ein bestimmter Bezugszeitraum für die Ermittlung des als Berechnungsgrundlage für die Leistungen heranzuziehenden Entgelts vorgesehen ist und die betreffende Person während dieses Zeitraums oder eines Teils davon den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats unterlag. Nach zutreffender Auffassung gilt dies selbst dann, wenn im zuständigen Mitgliedsstaat die letzte Beschäftigung oder Tätigkeit nur von sehr kurzer Dauer war. Die Vorgängervorschrift des Art. 68 Abs. 1 S. 2 VO 1408/71 ließ in Fällen einer weniger als 4 Wochen dauernden Beschäftigung insoweit noch eine fiktive Berechnung zu. Auf eine derartige Billigkeitsvorschrift wurde bei Art. 62 VO (EG) 883/2004 verzichtet mit der Folge, dass nach neuem Recht ausschließlich auf das tatsächlich zuletzt erzielte Entgelt oder Erwerbseinkommen abzustellen ist (so: Schlegel in Hauck/Noftz, EU-SozialR, Loseblattkommentar, zu Art. 62-VO 883/04, Rn. 5). Zur Überzeugung des Senats führt dies auch nicht zur Inländerdiskriminierung, weil die genannte Regelung zum einen nicht nur zu einer Besserstellung des Arbeitnehmers mit vorangegangener Beschäftigung in einem anderen EU-Mitgliedsstaat sondern auch zu einer Schlechterstellung führen kann, nämlich wenn die nachfolgende Beschäftigung im zuständigen Staat (hier Deutschland) niedriger vergütet wurde als die vorangegangene Beschäftigung im anderen EU-Mitgliedsstaat. Die unterschiedliche Behandlung hinsichtlich der Berechnung der Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gegenüber solchen Personen, die mehrere unterschiedlich vergütete beitragspflichtige Beschäftigungen ausschließlich im zuständigen Staat zurückgelegt haben, ist zur Überzeugung des Senats durch die Notwendigkeit der Koordinierung der unterschiedlichen Sozialversicherungssysteme der Mitgliedsstaaten gerechtfertigt, auch wenn andere Regelungen wie etwa bei echten oder unechten Grenzgängern (nach Art. 62 Abs. 3 VO <EG> 883/2004) denkbar wären, die zwar mehr Gleichbehandlung zur Folge haben könnten, jedoch andere Koordinierungsprobleme nach sich ziehen würden, weil die Leistungsberechnung in vermehrtem Umfang auch aus solchen Einkommen erfolgen müsste, für die Beiträge in ein anderes Sozialversicherungssystem eingezahlt wurden. Dies rechtfertigt zur Überzeugung des Senats im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessensspielraums des EU-Verordnungsgebers die mit der getroffenen Regelung notwendig verbundene Ungleichbehandlung gegenüber Personen mit einer gleichartigen Erwerbsbiographie, die aber ausschließlich im zuständigen Mitgliedsstaat für die Berechnung des Leistungsanspruchs maßgebliches Einkommen erzielt haben.

Mithin hat die Beklagte bei der Berechnung des Bemessungsentgelts für den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 131 Abs. 1 SGB III (a.F.) das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen, das der Kläger im Zeitraum vom 25. Januar bis 19. Mai 2010 bei der Firma „D. GmbH“ erzielt hat und das bei einem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt für diesen Zeitraum in Höhe von insgesamt 19.925,09 € offenkundig zu einem deutlich höheren Leistungsanspruch führt als die von der Beklagten angewandte fiktive Bemessung nach § 132 SGB III (a.F.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Nachdem sich die Klägerseite nicht mit einem Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BSG in dem noch anhängigen bereits zitierten Revisionsstreit einverstanden erklärt hat, hat der Senat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

Rechtskraft
Aus
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