Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. August 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf häusliche Krankenpflege in einem Umfang von 24 Stunden für den Zeitraum 28. August bis 28. November 2013 täglich hat.
Bei der 1963 geborenen und bei der Beklagten gesetzlich versicherten Klägerin besteht seit Geburt eine Hirnschädigung. Folge ist eine schwere Intelligenzminderung, eine geistige und körperliche Behinderung sowie eine Harn- und Stuhlinkontinenz; die Klägerin ist nicht in der Lage, Aufforderungen zu einzelnen Bewegungen nachzukommen. Aufgrund eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK) vom 15. Februar 2012 wurde die Pflegestufe III festgestellt. Die Klägerin bezieht Pflegegeld; die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung wird durch die Schwestern der Klägerin C. und D. A. erbracht. C. A. ist die gesetzliche Betreuerin der Klägerin. Die Klägerin lebt in einer abgeschlossenen Wohnung im Obergeschoss, die Schwestern bewohnen eine im gleichen Haus gelegene Erdgeschosswohnung.
Am 30. April 2013 verordnete der Lungenfacharzt Dr. G. Behandlungspflege für die Zeit vom 29. April 2013 bis 26. Mai 2013 im Umfang von 24 Stunden in Form spezialisierter Krankenbeobachtung durch examiniertes Fachpersonal sowie Krisenbereitschaft für das Absaugen mehrfach täglich und intermittierende Sauerstoffgaben. Als verordnungsrelevante Diagnose gab er an: Bronchitis, Verschleimung und Luftnot, dadurch bedingt Panikattacken. Die Klägerin beauftragte sodann den Pflegedienst „Ambulante H. I.“ mit der Durchführung der Behandlungspflege. Mit Folgeverordnung vom 27. Mai 2013 verlängerte Dr. G. die Verordnung von Behandlungspflege bis zum 27. August 2013.
Der von der Beklagten eingeschaltete MDK gelangte in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 3. Juni 2013 zu der Einschätzung, dass eine 24-stündige Intensivpflege nicht erforderlich sei. Die beantragten Leistungen der Behandlungspflege seien medizinisch nicht nachvollziehbar. Die Beklagte lehnte daraufhin mit zwei Bescheiden vom 6. Juni 2013 die Übernahme von Behandlungspflege ab.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und beantragte bei dem Sozialgericht Darmstadt den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Klägerin verwies zur Begründung ihres Antrages auf ein Attest des Dr. G. vom 7. Juni 2013, der angesichts der geistigen Behinderung der Klägerin und einer chronischen Bronchitis mit starker Verschleimung und damit einhergehender Luftnot eine regelmäßige Absaugung für notwendig erachtete. Sie trug weiter vor, die Schwestern seien nicht bereit, die auch gefahrträchtige Behandlungspflege zu übernehmen. Zudem reiche es nicht aus, wenn eine Pflegeperson nur ab und zu nach der Klägerin sehe. Die Sekretverlegungen und die damit einhergehenden Atemprobleme träten unvorhersehbar und unplanbar in unregelmäßiger Folge und Schwere auf. Entsprechend müsse eine geschulte Pflegekraft situativ entscheiden. Der Pflegedienst habe angekündigt, bei Kostenablehnung durch die Krankenkasse die Versorgung der Klägerin einzustellen. Die Klägerin beziehe Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und könne die hohen Kosten der 24-Stunden-Pflege in Höhe von rund 28,50 € pro Stunde (684,00 € täglich) nicht finanzieren. Die Beklagte verwies darauf, dass Dr. G. die Klägerin jedenfalls bei Ausstellen der Verordnung nicht persönlich untersucht habe. Es sei nicht ersichtlich, worauf seine Angaben zur starken Verschleimung gründeten. Ergänzend nahm sie Bezug auf das Ergebnis einer von ihr während des Verfahrens veranlassten Begutachtung durch den MDK. Dr. J. vom MDK gelangte in dem Gutachten vom 12. Juli 2013 zu der Einschätzung, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung am 10. Juli 2013 kein Anhalt für eine medizinische Notwendigkeit von Absaugung sowie von Inhalationen bestanden habe. Es gebe auch keinen Anhalt, dass die Klägerin nicht abhusten könne. Die Pflegefachkraft habe im Rahmen des Besuchstermins bestätigt, dass ausschließlich der Mundraum, nicht aber die Trachea oder die Bronchien abgesaugt würden. Die orale Absaugung diene nicht der Behebung eines lebensbedrohlichen Zustands. Die Notwendigkeit einer ständigen Beaufsichtigung aufgrund der psychiatrischen Grunderkrankung sei nachvollziehbar. Das von den Schwestern berichtete „Blauwerden“ von Lippen und Fingern sei bisher ärztlich nicht dokumentiert. Ob die berichteten Handkrämpfe auf Panikattacken zurückzuführen seien, müsse aufgeklärt werden. Zur Sicherstellung einer guten ärztlichen Versorgung regte Dr. J. (MDK) weitere Diagnostik an.
Das Sozialgericht verpflichtete mit Beschlüssen vom 27. Juni 2013 und vom 17. Juli 2013 die Beklagte, vorläufig häusliche Krankenpflege für 24 Stunden täglich vom 1. Juli 2013 bis 15. Juli 2013 bzw. bis zum 25. Juli 2013 längstens jedoch bis zum Abschluss des Eilrechtsschutzverfahrens zu gewähren. Gleichzeitig forderte das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte an. Dr. K. teilte mit, die Klägerin befinde sich infolge der geistigen Behinderung auf dem Niveau eines Kleinkindes. Zwar seien die Schwestern auch aufgrund ihrer Erfahrungen in der Pflege ihrer intensivpflegebedürftigen Mutter in der Lage, Teilaufgaben zu übernehmen, so dass die Notwendigkeit einer 24-stündigen Behandlungspflege fraglich sei. Nach Rücksprache mit dem Lungenfacharzt und dem Pflegedienst könnte ggf. ein Teil der Arbeit auf die Schwestern delegiert werden (Befundbericht vom 22. Juni 2013). In einem Nachtrag vom 3. Juli 2013 wies Dr. K. darauf hin, dass die Schwestern die Behandlungspflege nicht zusätzlich zur Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung schafften. Dr. G. teilte in seinem Befundbericht vom 15. Juli 2013 einzelne Behandlungsdaten sowie die verordneten Medikamente mit und verwies darauf, dass für die Durchführung der Behandlungspflege in Form des Absaugens eine geschulte Pflegekraft erforderlich sei.
Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 26. Juli 2013 ab. Ein Anordnungsanspruch läge nicht vor. Zur Begründung stellte das Sozialgericht darauf ab, dass die medizinische Notwendigkeit der Behandlungspflege im Umfang von 24 Stunden nicht glaubhaft gemacht worden sei. Der behandelnde Arzt Dr. G. habe zwar die Behandlungspflege sowie die Versorgung mit einem Absauggerät verordnet; es sei jedoch unklar, wann genau Dr. G. die Klägerin körperlich untersucht habe. Während Dr. G. die Klägerin seit November 2012 lediglich einmal in einem PKW am 5. Juli 2013 untersucht habe, habe im Rahmen einer häuslichen Begutachtung durch den MDK eine eingehende körperliche Untersuchung stattgefunden. Dabei habe sich lediglich die Notwendigkeit der Medikamentengabe im Rahmen der Behandlungspflege ergeben. Es habe sich aber weder ein Atemwegsinfekt noch eine Einschränkung der Atmung gefunden. Zudem habe die Pflegefachkraft gegenüber dem MDK bestätigt, dass lediglich eine Absaugung des Mundraumes stattgefunden habe. Gegen diesen Beschluss legte die Klägerin Beschwerde zum Hessischen Landessozialgericht ein.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 6. September 2013 den Widerspruch der Klägerin gegen die Bescheide vom 6. Juni 2013 zurück.
Mit Bescheid vom 9. September 2013 lehnte die Beklagte die Übernahme von Behandlungspflege für den Zeitraum vom 28. August 2013 bis 28. November 2013 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2014 zurück.
Am 9. Oktober 2013 erhob die Klägerin vor dem Sozialgericht Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 6. September 2013 (S 8 KR 653/13).
Mit Beschluss vom 14. Oktober 2013 (L 1 KR 252/13 B ER) hob der Senat den Beschluss des Sozialgerichts vom 26. Juli 2013 auf und verpflichtete die Beklagte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, der Klägerin häusliche Krankenpflege im Umfang von 16 Stunden täglich in Form von Krankenbeobachtung sowie Krisenbereitschaft für das Absaugen mehrfach täglich und intermittierende Sauerstoffgaben entsprechend der ärztlichen Verordnung vom 19. August 2013 an 7 Tagen in der Woche ab Beschlussfassung vorläufig bis zum 27. November 2013 zu gewähren.
Am 20. Dezember 2013 beantragte die Klägerin beim Sozialgericht eine einstweilige Anordnung für die Zeit ab dem 16. Januar 2014 betreffend. Mit Beschluss vom 4. Februar 2014 lehnte das Sozialgericht den Antrag ab (S 8 KR 796/13 ER). Mit Beschluss vom 10. März 2014 (L 1 KR 77/14 B ER) ändert der Senat auf die Beschwerde der Klägerin den Beschluss des Sozialgerichts ab und verpflichtete die Beklagte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, der Klägerin häusliche Krankenpflege im Umfang von 24 Stunden in Form von Krankenbeobachtung sowie Krisenbereitschaft für das Absaugen in der Trachea mehrfach täglich plus nachts bis zu 7 mal nach Bedarf und intermittierende Sauerstoffgaben bei Bedarf entsprechend der ärztlichen Verordnung vom 7. Januar 2014 an 7 Tagen in der Woche ab Beschlussfassung vorläufig bis zum 15. April 2014 zu gewähren.
Am 28. Februar 2014 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2014 erhoben (S 8 KR 99/14).
Am 28. Mai 2014 hat die Klägerin beim Sozialgericht eine einstweilige Anordnung für die Zeit ab dem 15. Juli 2014 betreffend beantragt. Mit Beschluss vom 2. Juli 2014 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt (S 8 KR 282/14 ER). Mit Beschluss vom 26. August 2014 hat der Senat die Beklagte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, der Klägerin häusliche Krankenpflege im Umfang von 12 Stunden in Form von Krankenbeobachtung sowie Krisenbereitschaft für das Absaugen in der Trachea mehrfach täglich plus nachts bis zu 7 mal nach Bedarf und intermittierende Sauerstoffgaben bei Bedarf ab dem 3. Juli 2014 zu gewähren (L 1 KR 266/14 B ER). Der Senat hat am 28. August 2014 Prof. Dr. L. (Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Frankfurt am Main) mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. Nach Vorlage des vorläufigen phoniatrischen und HNO-ärztlichen Gutachtens vom 7. Januar 2015 hat der Senat mit Beschluss vom 14. Januar 2015 den Senatsbeschluss vom 26. August 2014 aufgehoben und die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 2. Juli 2014 zurückgewiesen (L 1 KR 266/14 B ER).
Bereits mit Urteil vom 25. August 2014 hat das Sozialgericht die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2014 nach Einholung eines Gutachtens von Dr. M. (Facharzt für Allgemeinmedizin und für Physikalische und Rehabilitative Medizin vom 20. Januar 2014 sowie dessen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 25. August 2014) abgewiesen. Die Voraussetzungen der Nr. 6 der Anlage zur Krankenpflege-Richtlinie (Krankenpflege-RL) lägen nicht vor. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Klägerin eine hochgradige Einschränkung der Fähigkeit zum Abhusten bzw. der bronchialen Selbstreinigungsmechanismen gegeben seien. Insbesondere läge bei der Klägerin weder eine schwere Emphysembronchitis noch Aids noch Mukosviszidose vor. Auch sei die Klägerin nie beatmet worden, noch sei dies aktuell der Fall. Des Weiteren lägen auch die Voraussetzungen für eine spezielle Krankenbeobachtung nach Nr. 24 der Anlage zur Krankenpflege-RL nicht vor.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 30. September 2014 zugestellte Urteil am 28. August 2014 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie hat Befundberichte von Dr. G. vom 26. Januar 2016, Dr. N. vom 23. März 2014 sowie einen Arztbrief des Luisen-Krankenhauses Lindenfels vom 15. Mai 2015 vorgelegt. In letzterem wird nach stationärer Behandlung der Klägerin im Zeitraum 14. bis 15. Mai 2015 berichtet, dass die Klägerin nur unzureichend abhusten könne. Häufiges Absaugen sowohl tagsüber als auch in den Nachtstunden sei erforderlich gewesen. Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte angeführt, dass die Untersuchung der Klägerin nur eingeschränkt möglich gewesen sei, da sie wegen ihrer geistigen Behinderung wenig mitarbeite.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. August 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 28. August 2013 bis 28. November 2013 Leistungen der häuslichen Krankenpflege für 24-Stunden täglich ohne Anrechnung von Grundpflegezeiten und ohne Anrechnung von Leistungen der Pflegestufe III zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Mit (endgültigem) Gutachten vom 31. März 2015 haben Prof. Dr. L. und PD Dr. O. zusammenfassend festgestellt, dass bei der Klägerin eine diskrete buccofaziale Dyspraxie und eine myofunktionelle Störung vorlägen. Eine therapierelevante und vitalgefährdende Schluckstörung sei ebenso auszuschließen wie eine Hypersalivation. Ferne sei insbesondere endoskopisch sicher absaugrelevantes Sekret im Bereich des Mundes, Rachens, Kehlkopfes und des sogenannten subglottischen Raumes auszuschließen. Aus phoniatrischer und HNO-ärztlicher Sicht sei keine Behandlung notwendig.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Akten in den Verfahren L 1 KR 266/14 B ER, L 1 KR 280/14, L 1 KR 282/14, L 1 KR 283/14 und L 1 KR 284/14 sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung konnte durch Beschluss ergehen, da das Gericht die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Vorgehensweise angehört worden, § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist (sog. Behandlungssicherungspflege). Der krankenversicherungsrechtliche Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Form der Behandlungssicherungspflege besteht neben dem Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege aus der sozialen Pflegeversicherung. Zur Behandlungssicherungspflege gehören alle Pflegemaßnahmen, die nur durch eine bestimmte Krankheit verursacht werden, speziell auf den Krankheitszustand des Versicherten ausgerichtet sind und dazu beitragen, die Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu verhindern oder zu lindern, wobei diese Maßnahmen typischerweise nicht von einem Arzt, sondern von Vertretern medizinischer Hilfsberufe oder auch von Laien erbracht werden (BSG, Urteil vom 10. November 2005, B 3 KR 38/04 R). Die Beobachtung eines Versicherten durch eine medizinische Fachkraft wird grundsätzlich auch von dem Anspruch auf Behandlungssicherungspflege erfasst, wenn diese wegen der Gefahr von ggf. lebensgefährdenden Komplikationen jederzeit einsatzbereit sein muss (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10. November 2005, B 3 KR 38/04 R).
Von der medizinischen Erforderlichkeit einer solchen Behandlungssicherungspflege kann aufgrund der vorliegenden Gutachten von Dr. M. und Prof. Dr. L./PD Dr. O. nicht (mehr) ausgegangen werden.
Dr. M. (Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin) hat bereits unter dem 20. Januar 2014 ein Gutachten nach Untersuchung der Klägerin erstellt und darin eine 24-stündige Behandlungspflege für nicht notwendig eingeschätzt. Er hat allerdings ausgeführt, dass eine organische Ursache der beschriebenen funktionellen Auswirkungen der bronchialen Symptomatik der Klägerin (vermehrte Schleimproduktion, unzureichendes Abhusten) letztendlich nicht geklärt sei. Erforderlich seien insbesondere eine Hals-Nasen-Ohren-ärztliche Diagnostik sowie eine logopädische Schluckdiagnostik mit endoskopischer Untersuchung des Schluckaktes. Ob eine Behandlungspflege für 24 Stunden täglich erforderlich sei, könne erst nach Abschluss der Diagnostik eindeutig beantwortet werden. Im Rahmen der Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 25. August 2014 in den Verfahren S 8 KR 653/13, S 8 KR 99/14, S 8 KR 276/14, S 8 KR 449/14 und S 8 KR 450/14 (Verordnungszeitraum: 29. April 2013 bis 14. Juli 2014) hat Dr. M. ferner ausgeführt, dass auch nach der Vorlage weiterer Befundberichte - insbesondere über die endoskopische Untersuchung des Schluckaktes und die computertomografische Untersuchung des Brustkorbes - keine organische Ursache dafür erkennbar ist, wegen derer bei der Klägerin regelmäßig eine Absaugung durch die Luftröhre (d.h. auch unterhalb des Kehlkopfes) erfolgen müsse. Die bislang erfolgten Absaugungen dürften ausschließlich den Mund- und Rachenbereich betroffen haben. Im Übrigen sei eine Absaugung der Lunge nur unter entsprechenden begleitenden medizinischen Sicherheitsmaßnahmen (Intubationsbereitschaft, Reanimationsbereitschaft, Vorhandensein einer Sauerstoffabligation) durchzuführen. Es sei weiterhin diagnostisch nicht abgeklärt, in welchem Umfang eine Schluckstörung vorliege, welche Ursachen sie habe und wie sie zu behandeln sei.
Die daraufhin vom Senat veranlasste Begutachtung durch Prof. Dr. L./PD Dr. O. (Klinik der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Klinikum der Goethe-Universität Frankfurt am Main) nach Untersuchung der Klägerin hat ausweislich des vorläufigen Gutachtens vom 7. Januar 2015 und des endgültigen Gutachtens vom 31. März 2015 nach HNO-ärztlicher Untersuchung sowie der fiberoptisch endoskopischer Evaluation des Schluckvorgangs (FEES®) nach Langmore-Standard keine therapierelevante und vitalgefährdende Schluckstörung ergeben. Im Rahmen der Schluckdiagnostik hätten sich weder im Mundraum, noch im unteren Rachenraum oder gar Kehlkopf bzw. in dem unterhalb des Kehlkopfes befindlichen Raum (dem sogenannten subglottischen Raum) die benannten Sekretansammlungen gezeigt. Beim Abschluckvorgang habe sich weder eine Penetration, noch Aspiration oder Retentionen des abgeschluckten Materials nach Beendigung des Schluckvorgangs gezeigt. Es liege ein gesunder Schuckakt vor.
Dem stehen auch nicht die Feststellungen von Dr. G. entgegen. Wie Prof. Dr. L./PD Dr. O. ausgeführt haben, ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage dieser eine neurogene Schluckstörung diagnostiziert hat. Insbesondere ist, so die Gutachter, keine apparative Schluckdiagnostik (weder Videofluoroskopie noch FEES®) dokumentiert. Auch sei nicht ersichtlich, mit welcher Abklärung Dr. G. die Genese einer potentiellen Schluckstörung als neurogen habe definieren und von einer strukturellen Schluckstörung habe abgrenzen können. Das von ihnen (Prof. Dr. L./PD Dr. O.) festgestellte Untersuchungsergebnis entspreche zudem den Angaben des HNO-Arztes Dr. Keller vom 7. März 2014, der oropharyngeal unauffällige Schleimhäute dokumentiert sowie einen transnasal flexibel endoskopisch dargestellten Kehlkopf ohne pathologischen Befund angeführt habe. Bronchiale Sekrete seien mittels CT des Brustkorbes vom 10. März 2014 ausgeschlossen worden. Ferner seien die Angaben des Pflegedienstes, dass tracheale Absaugungen notwendig seien, nicht nachvollziehbar. Prof. Dr. L./PD Dr. O. bezweifeln, dass tatsächlich die Trachea im Fokus des Absaugens gestanden habe. Eine endotracheale Absaugung müsse bei nicht vorhandenem Tracheostoma durch den Kehlkopf und Stimmlippen hindurch erfolgen. Bei normaler Kehlkopfsensibilität, wie sie bei der Klägerin vorliege, sei dies im wachen, nicht sedierten Zustand kaum zu ertragen und führe zu heftigstem Hustenreiz und Abwehrverhalten. Es sollte bei drohender Auslösung eines Glottiskrampfes stets nur unter Intubations- und Reanimationsbereitschaft erfolgen. Darüber hinaus könnten bei jedem ohne Sicht durchgeführten trachealen Absaugvorgang durch Manipulation mittels Absaugkatheder Schleimhautverletzungen an Kehlkopf und insbesondere den Stimmlippen provoziert werden. Organische Veränderungen des Kehlkopfes und insbesondere der Stimmlippen, wie sie bei der angegebenen Absaugfrequenz hätten vorhanden sein müssen, hätten sich weder in der gutachterlichen Untersuchung vom 27. Oktober 2014 noch in der am 7. März 2014 durch Dr. Keller durchgeführten HNO-ärztlichen Untersuchung dargestellt.
Aufgrund dieser substantiierten gutachterlichen Ausführungen ist der Senat der Überzeugung, dass bei der Klägerin im streitigen Zeitraum keine Schluckstörung vorgelegen hat, welche die medizinische Notwendigkeit einer Krankenpflege oder Krankenbeobachtung hätte begründen können.
Wie bereits im Beschluss des Senats vom 14. Januar 2015 (L 1 KR 266/14 B ER) ausgeführt, steht - entgegen der Auffassung der Klägerin - der Verwertung des Gutachtens auch nicht entgegen, dass die Untersuchung von PD Dr. O. durchgeführt worden ist. Gemäß § 407a Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ist ein Sachverständiger zwar nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt, § 407a Abs. 2 Satz 1 ZPO. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts muss der Sachverständige die zentralen Aufgaben der Begutachtung selbst erbringen. Inwieweit die Durchführung der persönlichen Untersuchung zum unverzichtbaren Kern der vom Gutachter selbst zu leistenden Tätigkeit zählt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei psychologischen und psychiatrischen Gutachten muss der Sachverständige die persönliche Begegnung mit dem Probanden und das explorierende Gespräch im wesentlichen Umfang selbst durchführen. Je stärker die Begutachtung auf objektivierbare und dokumentierbare organmedizinische Befunde bezogen ist, umso eher ist hingegen die Einbeziehung von Mitarbeitern möglich. Der Sachverständige muss aber die wissenschaftliche Auswertung der Erhebung selbst durchführen oder zumindest in vollem Umfang nachprüfen. Eine bloße Plausibilitätsprüfung genügt nicht (BSG, Beschluss vom 17. April 2013, B 9 V 36/12 B; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Aufl., § 118 Rn. 11h). Bei einer phoniatrischen und Hals-Nasen-Ohren-ärztlichen Untersuchung werden vorrangig objektivierbare und dokumentierbare organmedizinische Befunde erhoben. Daher konnte Prof. Dr. L. die insoweit fachlich ausgewiesene PD Dr. O. mit der Durchführung der Untersuchung beauftragen. Es ist nicht erkennbar, dass Prof. Dr. L. lediglich eine bloße - nicht genügende - Plausibilitätsprüfung vorgenommen hat. Darüber hinaus steht der Verwertbarkeit des vorläufigen Gutachtens nicht entgegen, dass die Untersuchung der Klägerin nicht über eine Dauer von 24 Stunden erfolgt ist. Die Beweisanordnung war auf eine stationäre Untersuchung der Klägerin „bis zu 2 Tagen“ gerichtet. Damit sollte nicht die Dauer der Untersuchung der Klägerin vorgegeben, sondern vielmehr dem Sachverständigen ermöglicht werden, bei Bedarf eine entsprechend umfangreiche Untersuchung durchzuführen. Auch der Hinweis des Prozessbevollmächtigten, dass die Untersuchung der Klägerin wegen ihrer geistigen Behinderung nur eingeschränkt möglich gewesen sei, steht nicht gegen die Verwertbarkeit des gerichtlich veranlassten Gutachtens, da diese Erkrankung den Sachverständigen offensichtlich bekannt war und sowohl bei der Untersuchung wie auch der Auswertung der Untersuchungsergebnisse berücksichtigt worden ist.
Aufgrund der vorliegenden Gutachten ist daher (nunmehr) davon auszugehen, dass eine 24-stündige Behandlungspflege der Klägerin im streitigen Zeitraum aus medizinischen Gründen nicht erforderlich gewesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.