I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 20. August 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dessen Tenor wie folgt lautet:
„Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 8. Dezember 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2011 verpflichtet, den Rentenbescheid vom 18. September 2008 teilweise zurückzunehmen, und verurteilt, dem Kläger eine höhere Regelaltersrente unter Einstufung der von ihm vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 in Polen zurückgelegten Beitragszeiten zur Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) zu gewähren.“
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) um die Gewährung einer höheren Regelaltersrente. Umstritten ist dabei zwischen ihnen allein noch, ob die vom Kläger vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten der Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) zuzuordnen sind.
Der 1943 geborene Kläger siedelte am 17. Juli 1980 gemeinsam mit seiner Ehefrau aus Polen kommend in die Bundesrepublik Deutschland über. Er gilt gemäß § 1 Abs. 3 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) als Vertriebener und hat zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen.
Dem Reifezeugnis Nr. xxx1 vom 15. Juni 1971 zufolge hatte der Kläger aufbauend auf einem siebenjährigen Grundschulbesuch erfolgreich die fünfjährige Ausbildung im Technikum der Mechanik und Elektrotechnik in C-Stadt abgeschlossen und damit das Recht erworben, den Titel „Techniker für Mechanik“ im Fachbereich „spanabhebende Bearbeitung“ zu führen. Zugleich wurde mit diesem Zeugnis die mittlere Ausbildung und mittlere berufliche Qualifikation des Klägers festgestellt. Das Hessische Kultusministerium erkannte das Reifezeugnis als eine der Fachhochschulreife gleichwertige Vorbildung an und stellte die Ausbildung des Klägers in Verbindung mit dem Nachweis über die mehrjährige einschlägige berufliche Tätigkeit einer deutschen Ausbildung zum „Staatlich geprüften Techniker, Fachrichtung Maschinenbau“ gleich.
Ausweislich des Arbeitszeugnisses des Betriebs für Industrieanlagen in C-Stadt (Zeichen: xxx2) vom 29. März 1985 war der Kläger dort vom 1. August 1967 bis 1. Mai 1972 als Schlosser, vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 als Meister und vom 1. Mai 1979 bis 11. August 1980 als Kalkulator beschäftigt.
Mit dem in der Sache bindend gewordenen Rentenbescheid vom 18. September 2008 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 1. Oktober 2008 Regelaltersrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1.124,47 €. Dabei ordnete sie sämtliche vom Kläger in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten der Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum SGB VI zu.
Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2010 beantragte der Kläger die Überprüfung dieses Rentenbescheides, weil die von ihm in Polen zurückgelegten Zeiten teilweise falsch eingruppiert worden seien. Er habe den Technikertitel und damit die Hochschulzugangsberechtigung erworben sowie außerdem eine der Qualifikationsgruppe 2 entsprechende Tätigkeit verrichtet. Seit dem 2. Mai 1972 habe er einen Führungsposten innegehabt. Ab diesem Zeitpunkt sei er Vorgesetzter von 27 Arbeitnehmern gewesen, während er selbst nur noch dem leitenden Ingenieur unterstellt gewesen sei. Er sei seitdem nicht mehr „Meister“ im handwerklichen Sinne, sondern „Meister“ im Sinne von „Leiter“ gewesen. In der polnischen Sprache habe das Wort „Meister“ beide Bedeutungen und besage in seinem Fall, dass er Abteilungsleiter gewesen sei. Seine Abteilung habe die eigentlichen Produktionsvorgänge in den anderen Abteilungen vorbereitet. Er sei für die Einhaltung von Fristen, die dazu notwendige Koordination der ihm unterstellten Arbeiternehmer und für eine optimale Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Maschinen verantwortlich gewesen. Er habe auch seine Arbeitnehmer im Bereich des Arbeitsschutzes geschult und zudem die Höhe ihrer Einkommen festgelegt.
Mit Rentenbescheid vom 8. Dezember 2010 stellte die Beklagte die Regelaltersrente des Klägers neu fest. Für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 ergab sich ein monatlicher Rentenzahlbetrag von 1.294,52 € und für den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 31. Dezember 2010 ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 3.898,36 €. Dabei ordnete die Beklagte nunmehr die polnischen Versicherungszeiten des Klägers bis zum 1. Mai 1972 der Qualifikationsgruppe 4, vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 der Qualifikationsgruppe 3 und ab dem 1. Mai 1979 der Qualifikationsgruppe 2 zu.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 4. Januar 2011 Widerspruch, mit dem er die Zuordnung der Zeiten vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 zur Qualifikationsgruppe 2 weiterverfolgte.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte zunächst eine schriftliche Aussage des früheren Vorarbeiters des Klägers, D., ein, der die an ihn gerichteten Fragen mit Schreiben vom 27. April 2011 beantwortete. Außerdem zog die Beklagte das polnische Legitimationsbuch des Klägers sowie die ihn betreffende BVFG-Akte des Kreisausschusses des Landkreises Gießen bei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers sodann zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger zwar über eine der Qualifikationsgruppe 2 entsprechende Qualifikation verfügt habe, er aber vor dem 1. Mai 1979 nicht entsprechend beschäftigt gewesen sei. Das vorgelegte polnische Legitimationsbuch enthalte keine Angaben über seine beruflichen Tätigkeiten und der Zeuge D. habe angegeben, dass ihm nach 30 Jahren keine konkreten Angaben zur Tätigkeit bzw. beruflichen Position des Klägers mehr möglich wären. Anlässlich des Aufnahmeverfahrens habe der Kläger in seinem Lebenslauf angegeben, von 1967 bis 1980 als Schlosser und Angestellter in einer Stahlfabrik gearbeitet zu haben. Den Eintragungen im Registrierschein zufolge sei er dabei bis zum Jahr 1979 als Meister tätig gewesen. Dies decke sich mit den Angaben im Arbeitszeugnis vom 29. März 1985. In dem Fragebogen über die in Polen zurückgelegten Zeiten habe der Kläger hingegen angegeben, vom 1. Mai 1971 bis 30. April 1974 als Meister und vom 1. Mai 1974 bis 13. August 1980 als Techniker/Kalkulator gearbeitet zu haben. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entsprechend seiner Qualifikation als Abteilungsleiter tätig gewesen sein könnte. Auch könne nicht erkannt werden, dass das polnische Wort „mistrz“ mit dem Begriff (Abteilungs-) „Leiter“ gleichzusetzen sei.
Zur Begründung seiner am 25. Oktober 2011 vor dem Sozialgericht Gießen erhobenen Klage wiederholte der Kläger sein bisheriges Vorbringen und reichte eine Beschreibung über seine ab dem 2. Mai 1972 bestehenden Pflichten, Berechtigungen und Verantwortlichkeiten als „Meister der Produktionsvorbereitung“ zur Akte. Daraus ergebe sich eindeutig, dass er als Abteilungsleiter tätig gewesen sei. Nicht die formelle Bezeichnung der Arbeitsstelle sei ausschlaggebend, sondern die hierfür erforderliche Ausbildung oder der benötigte Abschluss und/oder die erforderliche Berufserfahrung sowie die Art der Tätigkeit an sich. Die Beklagte stelle ausschließlich auf die terminologische Bezeichnung des Postens ab. Die Bezeichnung „mistrz“ dürfe jedoch nicht mit dem für den Posten geforderten Fachschulabschluss verwechselt werden. Eine Person mit der Qualifikation eines „Meisters“ im Sinne der Qualifikationsgruppe 3 wäre für den Posten als „Meister der Produktionsvorbereitung“ nicht ausreichend qualifiziert gewesen.
Demgegenüber vertrat die Beklagte die Auffassung, dass der vorgelegten Beschreibung eindeutig eine Beschäftigung des Klägers als „Meister“ zu entnehmen sei und er entsprechende Aufgaben innegehabt habe. Der Kläger sei nicht Abteilungsleiter, sondern diesem unterstellt gewesen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. August 2013 befragte das Sozialgericht zunächst den Kläger informatorisch und erhob sodann von Amts wegen Beweis durch uneidliche Einvernahme des Zeugen D. Wegen des Inhalts der informatorischen Befragung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom selben Tag verwiesen.
Durch Urteil vom 20. August 2013 änderte das Sozialgericht antragsgemäß den Bescheid vom 8. Dezember 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2011 ab und verpflichtete die Beklagte, die in Polen durch den Kläger zurückgelegten Versicherungszeiten vom 1. Mai 1972 bis 30. April 1979 in die Qualifikationsgruppe 2 einzustufen. Zur Begründung führte es aus, dass der Kläger in diesem Zeitraum als Techniker bzw. in einer im Wesentlichen seinem Ausbildungsniveau als Techniker entsprechenden Position tätig gewesen sei. Hierfür reiche aus, dass der Betreffende nicht artfremd tätig gewesen sei und Aufgaben wahrgenommen habe, die im Wesentlichen seinem Ausbildungsniveau entsprochen hätten. Die Abgrenzung zwischen einem „Meister“ und einem „Techniker“ sei schwierig. Ein „Meister“ werde eher praktisch tätig, während ein „Techniker“ eher planerisch tätig werde. Allein auf die vom Kläger vorgelegte Beschreibung seiner Pflichten, Berechtigungen und Verantwortlichkeiten dürfe für die Abgrenzung nicht zurückgegriffen werden. Ein weiterer, zwingend zu beachtender Umstand sei, dass in anderen Ländern ein dem deutschen Meistertitel vergleichbarer Ausbildungsabschluss nicht existiere. Die von der Beklagten offensichtlich unter Zugrundelegung der Bezeichnung „Meister“ getroffene Qualifikationsgruppeneinstufung sei daher ungenügend. Vielmehr müsse auf den damaligen Sprachgebrauch in Polen abgestellt werden. Da der Kläger die Technikerqualifikation erworben habe, bestehe eine erste Vermutung dafür, dass er eine seiner Qualifikation entsprechende Tätigkeit auch tatsächlich ausgeübt habe. Dies sei durch die von ihm in der mündlichen Verhandlung gemachten Erläuterungen bestätigt worden. Der Kläger habe nicht nur in praktischer Hinsicht die Funktion eines Abteilungsleiters ausgeübt, sondern auch zentrale planerische und organisatorische Kompetenzen wahrgenommen. Seine Tätigkeit sei insbesondere durch die Koordination der Arbeitsabläufe seiner Abteilung mit Arbeits- und Produktionsschritten der anderen Abteilungen im Unternehmen geprägt gewesen. Von zentraler Bedeutung sei auch, dass der Kläger eine eigene Abteilung mit eigenem Aufgabengebiet geleitet und Vorgesetzter von 27 Mitarbeitern im Schichtbetrieb gewesen sei. Seinem nächsthöheren Vorgesetzten seien mehrere Unterabteilungen mit insgesamt 600 Beschäftigten unterstellt gewesen. Die konkrete Tätigkeit des Klägers erfolgte nicht nur überwachend und eingreifend innerhalb seiner Abteilung. Er sei vielmehr auch in die Unternehmensstruktur eingebunden gewesen, indem er Vorgaben der Unternehmensführung habe einholen, auswerten und umsetzen müssen. Zur Überzeugung der Kammer habe der Kläger somit nicht Aufgaben eines Meisters, sondern Aufgaben eines Technikers erfüllt. Die Angaben des Klägers seien auch durch die glaubhaften Aussagen des Zeugen D. bestätigt worden. Dass er den Kläger dabei als „Meister“ bezeichnet habe, sei unerheblich. Vielmehr bestätige dies, dass jener Begriff gerade nicht im Sinne des deutschen „Meistergrades“ zu verstehen sei, sondern damit die Tätigkeit eines zum Techniker ausgebildeten Mitarbeiters im Unternehmen gemeint sei.
Gegen das ihr am 6. September 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16. September 2013 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Zur Begründung trägt sie vor, dass der Kläger im streitigen Zeitraum keine der Qualifikationsgruppe 2 entsprechende Tätigkeit ausgeübt habe. In Polen gehöre die Qualifikation als Meister ebenso wie diejenige als Techniker zur mittleren beruflichen Bildung. Der Kläger sei als Techniker („Brigade“) tätig und dem Leiter der Abteilung für chemische Schwerapparatur unterstellt gewesen. Er habe keine Leitungs-, Planungs- und Entscheidungsaufgaben innegehabt. Das stark regulierte und beschränkte Tätigkeitsfeld entspreche nicht der Stellung eines Abteilungsleiters, sondern eher derjenigen eines Team- bzw. Gruppenleiters nach der Qualifikationsgruppe 3. Die Stellung des Klägers sei nicht derart herausgehoben gewesen, wie sie typischerweise Personen mit einem hochwertigen Abschluss begleiten würden. Der Kläger habe vor allem nicht die volle Verantwortung für die ihm unterstellten Arbeitnehmer getragen, sondern er habe im Wesentlichen den technischen Bereich betreut. Auch der Zeuge D. habe den Kläger als „Meister“ bezeichnet. Die daraus vom Sozialgericht gezogene Schlussfolgerung, dass Abteilungsleiter in Polen „Meister“ genannt würden, sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger selbst habe ursprünglich angegeben, ab dem Jahr 1971 als Meister und von 1979 bis 1980 als Kalkulator gearbeitet zu haben. Die Tätigkeit als Abteilungsleiter habe er dagegen nicht ausdrücklich erwähnt. Auch aus dem Arbeitszeugnis gehe eine solche Tätigkeit nicht hervor. Die vom Sozialgericht aufgestellte Regelvermutung sei widerlegbar, was vorliegend durch die detaillierte Tätigkeitsbeschreibung geschehen sei. Entsprechend beruflich aufgestiegen sei der Kläger erst am 1. Mai 1979, als er die Tätigkeit als Kalkulator aufgenommen habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 20. August 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die Entscheidung des Sozialgerichts, das sich sehr viel Mühe gegeben habe, den Unterschied zwischen dem Begriff „Meister“ im Sinne des deutschen Meistergrades und der Funktionsbezeichnung zu eruieren. „Mittlere technische Ausbildung“ bedeute in der polnischen Sprache, dass die Person die Abschlussprüfung an einer Technischen Fachschule (Technikum) mit Erfolg bestanden haben müsse. Derjenige, der lediglich einen Meistertitel erworben habe, könne keinesfalls behaupten, eine „mittlere technische Ausbildung“ absolviert zu haben.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. August 2016 hat der Kläger seine Klage insoweit zurückgenommen, als er auch die Zuordnung der Versicherungszeit für den 1. Mai 1972 zur Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI begehrt hat. Außerdem hat der Senat den Kläger ebenfalls informatorisch befragt. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Rentenakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Berufung der Beklagten (§§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG), bleibt aber in dem noch streitgegenständlichen Umfang ohne Erfolg.
Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 30. August 2016 seine Klage insoweit zurückgenommen hat, als er auch die Zuordnung der Versicherungszeit für den 1. Mai 1972 zur Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI begehrt hat, ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (§ 153 Abs. 1 i. V. m. § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG). Im Berufungsverfahren streitig ist demnach nur noch die Zuordnung der vom Kläger vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten zu eben jener Qualifikationsgruppe 2.
In diesem noch streitgegenständlichen Umfang ist das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 20. August 2013 im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Sozialgericht der Klage insoweit stattgegeben, weil der Kläger einen Anspruch auf Gewährung einer höheren Regelaltersrente unter Zuordnung der von ihm vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten zur Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI hat. Soweit der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2011 (§ 95 SGG) diese Zeiten nur der Qualifikationsgruppe 3 zuordnet, ist er rechtswidrig und beschwert den Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.
Der Kläger begehrt bei verständiger Würdigung seines Vorbringens (§ 123 SGG), die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheides vom 8. Dezember 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2011 zu verpflichten, den ursprünglichen Rentenbescheid vom 18. September 2008 teilweise zurückzunehmen, und sie zu verurteilen, ihm eine höhere Regelaltersrente unter Zuordnung der von ihm vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten zur Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI zu gewähren. Dieses Klagebegehren, für das allein die Vorschrift des § 44 SGB X als Rechtsgrundlage zur Verfügung steht, verfolgt der Kläger im Wege der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 4 i. V. m. § 56 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2014, B 13 R 3/13 R = SozR 4-1300 § 44 Nr. 30). Vor diesem Hintergrund war der Tenor des erstinstanzlichen Urteils entsprechend neu zu fassen.
Die so verstandene Klage des Klägers ist auch im Übrigen zulässig und begründet.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 44 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X regelt dabei, dass der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet wird, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt gemäß § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine Rücknahme gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfüllt. Hinsichtlich der Zuordnung der vom Kläger vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten zur Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum SGB VI ist der ursprüngliche Rentenbescheid vom 18. September 2008 rechtswidrig ergangen, weil die Beklagte bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt hatte. Rechtmäßig ist allerdings die Zuordnung dieser Versicherungszeiten zur Qualifikationsgruppe 2 und nicht zur Qualifikationsgruppe 3, wie dies mit Rentenbescheid vom 8. Dezember 2010 geschehen ist.
Die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass die vom Kläger in Polen zurückgelegten Beitragszeiten gemäß Art. 4 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung (DPRA) vom 9. Oktober 1975 (BGBl. 1976 II, S. 396) in die bundesdeutsche gesetzliche Rentenversicherung zu übernehmen sind. Nach Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 12. März 1976 zum DPRA (BGBl. II, S. 393) in der Fassung des Gesetzes vom 18. Juni 1991 zu dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen vom 8. Dezember 1990 (BGBl. II, S. 741) sind dabei die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigenden Zeiten bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) und des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 2. Oktober 1990 wohnt. Das trifft auf den Kläger zu, der bereits am 17. Juli 1980 in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte.
Durch das FRG werden bestimmte außerhalb des alten Bundesgebiets einschließlich Berlin (West) zurückgelegte Beitrags- und Beschäftigungszeiten den nach Reichsrecht oder Bundesrecht zugebilligten Beitragszeiten mit dem Ziel gleichgestellt, die durch Kriegs- und Nachkriegseinwirkungen außerhalb des Bundesgebietes einschließlich Berlin (West) in ihrer sozialen Sicherheit betroffenen Personen so zu stellen, als ob sie ihr Arbeitsleben und damit auch ihr Versicherungsleben in der Bundesrepublik Deutschland verbracht hätten. Dementsprechend bestimmt § 15 Abs. 1 FRG, dass die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegten Beitragszeiten bei dem fremdrentenberechtigten Personenkreis so behandelt werden, als ob es sich um inländische Beitragszeiten handeln würde. Die Angehörigen des von dieser Vorschrift erfassten Personenkreises sollen nach dem Willen des Gesetzgebers in der Rentenversicherung so behandelt werden, wie ein nach Ausbildung und ausgeübtem Beruf vergleichbarer Versicherter stehen würde, der tatsächlich die Beitragszeiten im Bundesgebiet zurückgelegt hat (sog. Eingliederungsprinzip; vgl. dazu BSG Großer Senat, Beschluss vom 4. Juni 1986, GS 1/85 = SozR 5050 § 15 Nr. 32 = BSGE 60, 100; BSG Großer Senat, Beschluss vom 25. November 1987, GS 2/85 = SozR 5050 § 15 Nr. 35 = BSGE 62, 255).
Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, stehen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge auf Grund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zugrundeliegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich (§ 15 Abs. 1 Satz 2 FRG). Für die Feststellung derartiger Beitragszeiten genügt es gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 FRG, dass sie glaubhaft gemacht werden.
Wie sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 FRG ergibt, ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Für die Glaubhaftmachung ist es demgemäß ausreichend, wenn bei Würdigung aller Gesamtumstände die gute Möglichkeit besteht, dass sich der Vorgang so, wie es behauptet wird, zugetragen hat, und wenn für das Vorliegen dieser Möglichkeit trotz verbleibender begründeter Zweifel letztlich mehr spricht als dagegen. Der vollständige Beweis (Nachweis) ist demgegenüber regelmäßig erst dann geführt, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28. November 1957, 4 RJ 186/56 = BSGE 6, 144).
Bei der Übernahme von Fremdrentenzeiten in die bundesdeutsche gesetzliche Rentenversicherung ist die Höhe des erzielten Lohnes oder Gehaltes grundsätzlich unbeachtlich, weil bei der Ermittlung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage des Versicherten, auf den das FRG anzuwenden ist, nicht auf den wirklichen Arbeitsverdienst im Herkunftsland, sondern auf den Durchschnittsverdienst der gleichen Berufsgruppe im Reichs- oder Bundesgebiet abgestellt wird. Vom wirklich erzielten Arbeitsentgelt wollte und konnte der Gesetzgeber nicht ausgehen, weil dessen Umrechnung in Reichsmark bzw. Deutsche Mark oder Euro wegen der vielfachen Unterschiede in den wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten unter den Herkunftsländern und gegenüber dem Reichs- bzw. Bundesgebiet (Währungs- und Lohnsituation, Verhältnis des Lohnes zur Kaufkraft) unverhältnismäßige Schwierigkeiten ausgelöst und außerdem zu unbilligen Ergebnissen geführt hätte.
Die jeweilige Festlegung der für den einzelnen Versicherten im Rahmen der Rentenberechnung maßgebenden Beitragswerte bzw. Entgeltpunkte erfolgt gemäß § 22 FRG im Rahmen von Verdienstgruppen (Leistungsgruppen bzw. Qualifikationsgruppen), deren Gliederung an Durchschnittswerten orientiert und aus der Amtlichen Verdienststatistik des Statistischen Bundesamtes übernommen worden ist. Hinsichtlich der Fremdrentenzeiten bis zum 31. Dezember 1949 findet dabei - wie ansonsten nur noch nach der vorliegend nicht einschlägigen Übergangsregelung des Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG - die Anlage 1 zum FRG Anwendung, die zur Einstufung verschiedene Leistungsgruppen aufführt. Für die - vorliegend allein streitigen - Fremdrentenzeiten ab 1. Januar 1950 wurde anlässlich der Schaffung eines einheitlichen Rentenrechts in Deutschland hingegen die für glaubhaft gemachte DDR-Beitragszeiten konzipierte Bewertung auf das Fremdrentenrecht übertragen. An der Situation der (Spät-) Aussiedler hat die Wiedervereinigung Deutschlands direkt zwar nichts geändert; aus Gründen der Gleichbehandlung hielt es der Gesetzgeber jedoch für geboten, das Integrationsprinzip des Fremdrentenrechts „fortzuentwickeln“ (vgl. die Gesetzesbegründung zum Rentenüberleitungsgesetz <RÜG> in BR-Drucks. 197/91, S. 114/115). Um die Fremdrentenberechtigten nicht anders (besser) zu behandeln als die Bevölkerung in den neuen Bundesländern wurde daher festgelegt, die Fremdrentenzeiten - wie DDR-Zeiten, für die die tatsächlichen Entgelte nicht bekannt sind - nach dem neuen Tabellenwerk des SGB VI zu bewerten. Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 FRG verweist insoweit auf § 256b SGB VI. Danach erfolgt die Ermittlung der maßgeblichen Entgeltpunkte anhand von Tabellenwerten, die sich nach der Einstufung in eine Qualifikationsgruppe der Anlage 13 zum SGB VI und nach der Zuordnung zu einem (Wirtschafts-) Bereich der Anlage 14 zum SGB VI ergeben.
Nach der Anlage 13 zum SGB VI sind Versicherte in eine der darin im Einzelnen beschriebenen insgesamt fünf Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben (Satz 1). Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, so sind sie in diese (höhere) Qualifikationsgruppe einzustufen (Satz 2).
Die Qualifikationsgruppe 2 ist dabei vorgesehen für Fachschulabsolventen, das heißt für
1. Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist;
2. Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist;
3. Personen, die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen;
4. Technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung „Techniker“ führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem „Techniker“ gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z. B. Topograph, Grubensteiger) führten.
Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, das nicht zum Fachschulabschluss führte, und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte.
Zur Qualifikationsgruppe 3 gehören Meister, also
Personen, die einen urkundlichen Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister bzw. als Meister des Handwerks besitzen bzw. denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister zuerkannt wurde.
Hierzu zählen nicht in Meisterfunktion eingesetzte oder den Begriff „Meister“ als Tätigkeitsbezeichnung führende Personen, die einen Meisterabschluss nicht haben (z. B. Platzmeister, Wagenmeister).
Die Qualifikationsgruppe 4 ist demgegenüber vorgesehen für Facharbeiter und damit für
Personen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist.
Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung oder der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind.
Während früher Sachverhalte aus allen Herkunftsländern relativ problemlos in die unbestimmten - und damit gebietsneutralen - Rechtsbegriffe der Leistungsgruppendefinitionen der Anlage 1 zum FRG eingegliedert werden konnten, müssen sie nun unter die konkreten Tatbestandsmerkmale der Qualifikationsgruppen, die dem System der beruflichen Bildung der ehemaligen DDR entnommen sind und die in dieser Form in den verschiedenen FRG-Herkunftsgebieten nicht (immer) anzutreffen (gewesen) sind, subsumiert werden. Es müssen also die Merkmale der Qualifikationsgruppen sinngemäß und vor allem sinnvoll auf die Verhältnisse in den Herkunftsländern der Fremdrentenberechtigten übertragen werden, wobei für die Bestimmung der Qualifikationsgruppe jeweils im Einzelfall zu fragen ist, welcher DDR-Qualifikation die im Herkunftsgebiet erworbene Qualifikation entsprochen hat. Das ergibt sich für die Qualifikationsgruppen 1 und 2 ausdrücklich aus der jeweils unter der Ziffer 3 getroffenen Regelung zur Behandlung fremder Berufsqualifikationen. Danach ist eine Einstufung in diese Qualifikationsgruppen vorzunehmen, wenn die fremden Ausbildungsabschlüsse den DDR-Abschlüssen „gleichwertig“ waren bzw. „den Anforderungen im Beitrittsgebiet entsprachen“. Der Vergleich der fremden Berufsqualifikationen mit denen der ehemaligen DDR kann allerdings nicht auf die beiden ersten Qualifikationsgruppen beschränkt bleiben, sondern muss für alle fünf Qualifikationsgruppen gelten. Es ist demgemäß generell erforderlich, die fremden Berufsqualifikationen und ihr Niveau festzustellen, um sie dann mit den DDR-Qualifikationen vergleichen zu können, wobei ein derartiger Vergleich vielfach dadurch erleichtert wird, dass die Systeme der Berufsbildung in der ehemaligen DDR und in den FRG-Herkunftsgebieten in weiten Bereichen vergleichbare Grundzüge aufwiesen (vgl. zum Ganzen: Müller, Die Qual mit den Qualifikationsgruppen, in: DAngVers 1995, S. 354 - mit Darstellung länderspezifischer Gesichtspunkte).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 14. Mai 2003, B 4 RA 26/02 R = SozR 4-2600 § 256b Nr. 1; BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, B 4 RA 61/02 R = SozR 4-2600 § 256b Nr. 2; BSG, Urteil vom 12. November 2003, B 8 KN 2/03 R = SozR 4-5050 § 22 Nr. 3) ist im Rahmen der Bestimmung der maßgeblichen Qualifikationsgruppe von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems auszugehen. Sodann ist zu fragen, welcher Qualifikationsgruppe - übertragen auf die Verhältnisse in der ehemaligen DDR - nach den Kriterien der Lohngruppenstatistik der DDR diese berufliche Ausbildung und Qualifikation materiell entspricht. Dabei kann es - wie das Bundessozialgericht (a.a.O.) herausgearbeitet hat - „dienlich“ sein, die Merkmale der jeweiligen Qualifikationsgruppe in dem Sinn zu lesen, dass an Stelle der ehemaligen DDR das jeweilige Herkunftsland eingesetzt wird. Sofern nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrere Qualifikationsgruppen in Betracht kommen oder die Zuordnung zu einer oder mehreren Qualifikationsgruppen nicht möglich ist, ist nach der Zuordnungsvorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 7 i. V. m. Sätze 5 und 6 FRG im Zweifel die Qualifikationsgruppe mit den niedrigsten Durchschnittsverdiensten des jeweiligen Jahres maßgeblich.
In Anwendung dieser Bestimmungen sind die vom Kläger vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 in Polen zurückgelegten Beitragszeiten in die Qualifikationsgruppe 2 und nicht in die Qualifikationsgruppe 3 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen.
Der Kläger hatte - wovon die Beteiligten übereinstimmend und zutreffend ausgehen - auf der Grundlage einer siebenjährigen Grundschulausbildung den Technikerabschluss im Sinne des von der Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI geforderten Fachschulabschlusses erworben (Ziffer 3). Allein das Vorliegen dieses formellen Merkmals rechtfertigt aber noch nicht die Zuordnung zu der vom Kläger begehrten höheren Qualifikationsgruppe, weil insoweit nicht das Innehaben einer abstrakten Qualifikation, sondern daneben auch die Wertigkeit der konkret ausgeübten Tätigkeit entscheidend ist. Dies ergibt sich daraus, dass die Qualifikationsgruppeneinstufung in erster Linie dazu dient, für die vom Versicherten außerhalb des Bundesgebiets zurückgelegte jeweilige Beitragszeit das für die Rentenberechnung maßgebliche Bruttoarbeitsentgelt einer vergleichbaren, im Geltungsbereich der bundesdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung ausgeübten Tätigkeit zu ermitteln. Das dem Versicherten gezahlte Arbeitsentgelt orientiert sich im Zweifel allerdings nicht an einer formalen Qualifikation des Arbeitnehmers, sondern an dessen tatsächlich ausgeübter Tätigkeit. Dem wird dadurch Rechnung getragen, dass die Zuordnung einer Tätigkeit in eine bestimmte Qualifikationsgruppe der Anlage 13 zum SGB VI voraussetzt, dass deren Merkmale erfüllt sind und der Versicherte eine - dieser Qualifikationsgruppe - entsprechende Tätigkeit auch tatsächlich ausgeübt hat.
Mit dem Sozialgericht ist davon auszugehen, dass der Kläger als „Meister der Produktionsvorbereitung“ vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 eine der Qualifikationsgruppe 2 entsprechende Tätigkeit ausgeübt hatte. Das beruht auf folgenden Erwägungen:
Ob eine im Herkunftsgebiet verrichtete Tätigkeit den Merkmalen der in Betracht kommenden Qualifikationsgruppen entspricht, lässt sich bei der entsprechenden Anwendung des vorangestellten Satzes 1 der Anlage 13 zum SGB VI im Rahmen des § 22 Abs. 1 FRG nur anhand der Verhältnisse in den Herkunftsländern bzw. hier der im Vertragsstaat Polen herrschenden Verhältnisse feststellen (vgl. Müller, a.a.O., S. 356). Eine entsprechende Tätigkeit setzt dabei voraus, dass der Versicherte nicht mit artfremden Arbeiten betraut war und die verrichteten Arbeiten im Wesentlichen seiner Ausbildung entsprochen haben (vgl. BSG, Urteil vom 12. November 2003, B 8 KN 2/03 R - juris Rn. 31 und 34). Diese Voraussetzungen erfüllt die vom Kläger als „Meister der Produktionsvorbereitung“ vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 verrichtete Tätigkeit. Denn in Polen werden als mittlere Berufsausbildung sowohl die Ausbildungen zum Techniker als auch zum Meister angesehen; obwohl sich beide Ausbildungen grundlegend unterscheiden - die Technikerausbildung war überwiegend eine berufliche Erstausbildung, die Meisterausbildung dagegen stets eine Weiterbildung der Berufstätigen -, führten sie doch zu einem sehr ähnlichen Qualifikationsniveau (vgl. Müller, a.a.O., S. 356). Dann aber ist eine Differenzierung zwischen Arbeiten, die im Wesentlichen einer Technikerausbildung entsprochen haben, und solchen Arbeiten, die im Wesentlichen einer Meisterausbildung entsprochen haben, nicht möglich, weil sich bei einem sehr ähnlichen Qualifikationsniveau die entsprechenden Tätigkeiten beider Qualifikationsgruppen gerade nicht unterscheiden lassen. Erkennt die Beklagte allerdings an, dass die Arbeiten des Klägers im Wesentlichen denen eines Meisters entsprochen haben, muss dies gleichermaßen für die Arbeiten eines Technikers gelten. In Fällen wie dem vorliegenden sind beide Qualifikationsgruppen nicht anhand der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit abgrenzbar, sondern ausschließlich anhand der erworbenen Berufsqualifikation. Das ist hier - unstreitig - die Qualifikation des Klägers als Fachschulabsolvent entsprechend der Qualifikationsgruppe 2, so dass sich die Beklagte letztlich ohne Erfolg darauf beruft, dass der Kläger keine diesem Ausbildungsniveau entsprechende Tätigkeit, sondern nur Aufgaben eines Meisters verrichtet habe. Dieses Ergebnis ist dabei maßgeblich dem Umstand geschuldet, dass das Ausbildungssystem der ehemaligen DDR und dem folgend die Anlage 13 zum SGB VI in insgesamt fünf Stufen untergliedert war, wohingegen das Ausbildungssystem in Polen nur vier Stufen - Hochschulausbildung, mittlere Berufsbildung, berufliche Grundbildung und Anlernausbildungen - vorsieht und beide hier in Betracht kommenden Ausbildungen zur mittleren Berufsbildung zählen.
In Anbetracht dieser Erwägungen sind die polnischen Beitragszeiten des Klägers vom 2. Mai 1972 bis 30. April 1979 der Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen, so dass sich der ursprüngliche Rentenbescheid vom 18. September 2008 insoweit als rechtswidrig erweist. Daher war die Beklagte unter Abänderung des entgegenstehenden Bescheides vom 8. Dezember 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2011 zu verpflichten, diesen ursprünglichen Rentenbescheid gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X teilweise zurückzunehmen, und zu verurteilen, dem Kläger eine entsprechend höhere Regelaltersrente zu gewähren.
Nach alledem konnte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG erfüllt sind. Der Senat misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu.