L 5 R 53/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 R 244/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 53/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 2/18 B
Datum
Kategorie
Urteil

I.    Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 22. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

II.    Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1961 geborene Kläger ist gelernter Maler und Lackierer, der nach dreijähriger Ausbildung (1. September 1977 bis 31. August 1980) in seinem erlernten Beruf bis zum 31. August 2008 erwerbstätig war. Seitdem ist der Kläger arbeitslos.

Nachdem die Beklagte seinen ersten Rentenantrag vom 24. April 2009 auf der Grundlage eines Rentengutachtens der Sozialmedizinerin Dr. med. C. vom 28. Mai 2009 abgelehnt und seinen hiergegen erhobenen Widerspruch zurückgewiesen hatte (Bescheid vom 3. Juni 2009; Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2009), erhob der Kläger am 16. Oktober 2009 Klage vor dem Sozialgericht Kassel (Az. S 5 R 452/09), das zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts von Amts wegen Beweis erhob durch Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens von Dr. med. D. vom 6. August 2010 und eines nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Dr. med. E. vom 4. August 2011, die beide übereinstimmend ein zeitlich uneingeschränktes Leistungsvermögen bejahten. In der mündlichen Verhandlung am 30. August 2012 nahm der Kläger seine Klage zurück und stellte gleichzeitig zur Niederschrift des Gerichts erneut einen Rentenantrag, zu dessen Begründung er nachfolgend Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule sowie in den Knie- und Sprunggelenken geltend machte. 

Daraufhin veranlasste die Beklagte eine ambulante Untersuchung des Klägers am 15. Februar 2013 durch ihren Sozialmediziner F., der in seinem Rentengutachten vom 19. Februar 2013 folgende Diagnosen stellte:

-    deutliche Hinweise für die Entwicklung einer somatoformen Schmerzstörung mit Überlagerung,
-    11/2012 neu festgestellte rheumatoide Arthritis,
-    Funktionsminderung der Halswirbelsäule bei nachgewiesenen degenerativen und Bandscheibenveränderungen ohne erkennbare Radikulopathie,
-    Funktionsminderung der Lendenwirbelsäule bei nachgewiesenen erheblichen degenerativen Veränderungen sowie Bandscheibenschädigungen,
-    Übergewicht,
-    Amblyopie links,
-    Senk-Spreizfüße.

Damit könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte körperliche Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr mit Einschränkungen entsprechend der beiden Sachverständigengutachten von Dr. med. D. und Dr. med. E. sowie zusätzlich ohne vermehrte Nässe- und Kältezufuhr verrichten.

Darauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 27. Februar 2013 ab und wies den hiergegen von ihm mit einer Bescheinigung des Facharztes für Orthopädie Dr. med. G. vom 30. April 2013 begründeten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2013 zurück.

Zur Begründung seiner am 1. Juli 2013 vor dem Sozialgericht Kassel erhobenen Klage legte der Kläger eine Vielzahl ärztlicher Unterlagen vor und zählte diverse Krankheiten auf, aufgrund derer er sich nicht mehr in der Lage sehe, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert zu erbringen. 

Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts zog das Sozialgericht zunächst Befundberichte bei der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. med. H. vom 29. November 2013, bei Dr. med. G. vom 5. Dezember 2013 und bei dem Facharzt für Psychiatrie I. vom 17. Dezember 2013 bei.

Sodann erhob das Sozialgericht auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei Prof. Dr. med. J. - Arzt für Orthopädie und Chirurgie - vom 20. Juni 2014, der im Anschluss an eine ambulante Untersuchung am 16. Juni 2014 bei dem Kläger folgende Diagnosen stellte:

1.    Seropositive rheumatoide Arthritis.
2.    Chronisch-rezidivierendes Zervikobrachialsyndrom.
3.    Chronisch-rezidivierendes Lumbalsyndrom.
4.    Bewegungseinschränkung rechtes Kniegelenk bei Kniegelenksarthrose.
5.    Zustand nach Innenmeniskusresektion beider Kniegelenke.
6.    Polyarthrose beide Hände.
7.    Funktionseinschränkung rechter Daumen nach Verletzung und Operation.
8.    Daumensattelgelenksarthrose links.
9.    Reizzustand rechtes oberes Sprunggelenk bei Verdacht auf Arthrose.
10.    Adipositas, BMI 32,8 kg/m2.
11.    Zustand nach Venenstripping rechtes Bein, venöse Insuffizienz, Varikosis.

sowie fachfremd (übernommen):

1.    Raynaud-Syndrom im Winter.
2.    Zustand nach Leistenhernienoperation rechts.
3.    Nikotingenuss.
4.    Steatosis hepatis.
5.    Nierenzyste.
6.    Somatoforme Schmerzstörung mit Überlagerung, ängstlich depressive Störung.
7.    Gastroösophagiale Refluxkrankheit.
8.    Handekzem.

Damit sei der Kläger noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr mit Einschränkungen (im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Zwangshaltung des Rumpfes oder des Kopfes, ohne regelmäßige Hebe- oder Bückarbeiten, maximale Hebebelastung von 5 kg, ohne kraftvolles Zufassen und Bewegen der Hände, keine feinmotorischen Arbeiten, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Absturzgefahr, keine geistig sehr anspruchsvollen Arbeiten, ohne besondere Anforderung an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit) zu verrichten. Weder sei die Wegefähigkeit des Klägers eingeschränkt, noch ergebe sich für ihn die Notwendigkeit, zusätzliche betriebsunübliche Pausen einzuhalten. Diese Leistungsbeurteilung beziehe sich allerdings lediglich auf das orthopädisch-rheumatologische Fachgebiet. Es sei nicht auszuschließen, dass die auf anderen Fachgebieten (z.B. dem neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet) bestehenden Gesundheitsstörungen weitergehende Leistungseinschränkungen bedingen, weshalb dem Gericht die Begutachtung auf einem anderen ärztlichen Fachgebiet anheim gestellt werde.

Dieser gutachterlichen Leistungsbeurteilung trat der Kläger entgegen, indem er eine ärztliche Bescheinigung von Dr. med. G. vom 12. August 2014 vorlegte, wonach seine körperliche Leistungsfähigkeit aufgrund einer polyarthritischen Symptomatik mit hoher Intensität erheblich eingeschränkt sei.

In seiner ebenfalls auf Antrag des Klägers eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 28. Oktober 2014 hielt der Sachverständige Prof. Dr. med. J. an seiner Beurteilung eines in zeitlicher Hinsicht uneingeschränkten Leistungsvermögens fest.

Zur Stütze seines Rentenbegehrens legte der Kläger abschließend noch eine weitere ärztliche Bescheinigung von Dr. med. G. vom 24. November 2014 sowie einen Bericht von Prof. Dr. med. K. vom 30. April 2014 über seine ambulante Vorstellung am 15. April 2014 in der Universitätsmedizin Göttingen - Klinik für Nephrologie und Rheumatologie - vor.

Durch Gerichtsbescheid vom 22. Januar 2016 wies das Sozialgericht die Klage ab, weil der Kläger nicht erwerbsgemindert sei. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med. J. Die Kammer sehe keine Notwendigkeit für eine erneute fachpsychiatrische Begutachtung des Klägers, weil mit dem beigezogenen psychiatrischen Befundbericht vom 17. Dezember 2013 keine wesentliche Verschlechterung gegenüber den Feststellungen des im Klageverfahren Az. S 5 R 452/09 eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. med. E. beschrieben werde. Eine wesentliche Verstärkung der somatoformen Schmerzstörung, die im Übrigen von dem behandelnden Psychiater lediglich als Verdachtsdiagnose geäußert worden sei, sei nicht erkennbar, weshalb die Kammer sich nicht gedrängt gesehen habe, Ermittlungen von Amts wegen auf psychiatrischem Fachgebiet einzuholen.

Gegen den ihm am 26. Januar 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19. Februar 2016 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Zur Begründung zählt er erneut diejenigen Erkrankungen auf, aufgrund derer er sich für erwerbsgemindert halte, und nimmt im Übrigen Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen. Dem Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme könne er sich nicht anschließen. Zur Stütze seines Rentenbegehrens legt der Kläger noch eine ärztliche Bescheinigung von Dr. med. G. vom 5. Juli 2017 und den Bescheid des Versorgungsamtes Kassel vom 30. Oktober 2017 vor, mit dem ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 zuerkannt worden ist.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 22. Januar 2016 und den Bescheid vom 27. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. August 2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie legt einen Versicherungsverlauf vom 3. März 2016 vor und teilt korrigierend mit, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente auch weiterhin erfüllt seien.

Daraufhin hat der Senat zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts zunächst Befundberichte von Dr. med. G. vom 30. Juni 2016, von Dr. med. H. vom 15. Juli 2016 und von Prof. Dr. med. K. vom 20. Juli 2016 sowie vom Versorgungsamt Kassel die dort über den Kläger geführte Schwerbehindertenakte beigezogen. 

Sodann hat der Senat von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie L. vom 31. Mai 2017, die im Anschluss an eine ambulante Untersuchung am 14. März 2017 festgestellt hat, dass es sich bei dem Kläger um eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren handele, gediehen auf dem Boden degenerativer Veränderungen des Stütz- und Bewegungssystems, denen sich gefundene diskrete Wurzelreizzeichen L5/C6 unterordnen, und einem rheumatologischen Grundleiden im Sinne einer seropositiver rheumatoide Arthritis. Darüber hinaus fänden sich Hinweise auf das Vorliegen einer peripheren Polyneuropathie, ohne dass diesbezüglich eine wesentliche Einschränkung des Gangbildes aufzuzeigen sei, die auch bisher nicht vordiagnostiziert oder sich weiter erörtert finde. Damit sei der Kläger in der Lage, noch regelmäßig mindestens sechs Stunden arbeitstäglich leichte bis mittelschwere Arbeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuführen mit qualitativen Einschränkungen, bezüglich derer im Wesentlichen auf das orthopädische Sachverständigengutachten zu verweisen sei, wobei allerdings Nachtdiensttätigkeiten ausgenommen werden sollten und einfache, überschaubare Tätigkeiten mit klaren Anweisungen zu bevorzugen seien. Die Wegefähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt und es bestünden keine Zweifel an seiner Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze und auf die von der Beklagten vorgelegte Rentenakte des Klägers, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) des Klägers ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG). Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. 

Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 22. Januar 2016 ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat. Der dies ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG

Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.    teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2.    in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.    vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI demgegenüber Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch

1.    Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.    Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Erwerbsgemindert ist der Vorschrift des § 43 Abs. 3 SGB VI zufolge nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil er weder teilweise noch voll erwerbsgemindert im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen ist. Er kann unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen. 

Die Fähigkeit des Klägers, durch erlaubte Erwerbstätigkeit ein Arbeitsentgelt in nicht ganz unerheblichem Umfang zu erzielen (Erwerbsfähigkeit), ist im vorliegenden Fall zwar durch verschiedene Gesundheitseinschränkungen beeinträchtigt. Zur Überzeugung des Senats steht aber fest, dass der Kläger jedenfalls noch leichte körperliche Arbeiten mit Einschränkungen (im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Zwangshaltung des Rumpfes oder des Kopfes, ohne regelmäßige Hebe- oder Bückarbeiten, maximale Hebebelastung von 5 kg, ohne kraftvolles Zufassen und Bewegen der Hände, keine feinmotorischen Arbeiten, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Absturzgefahr, keine geistig sehr anspruchsvollen Arbeiten <einfache, überschaubare Tätigkeiten mit klaren Anweisungen>, ohne besondere Anforderung an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, ohne Nachtdiensttätigkeiten) für die Dauer von zumindest sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Diese Beurteilung des Leistungsvermögens ergibt sich unter Berücksichtigung aller Einzelumstände des vorliegenden Falles aus einer Gesamtschau der über den Gesundheitszustand des Klägers vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und medizinischen Gutachten.

Das Leistungsvermögen des heute 56-jährigen Klägers ist bereits während des Rentenverfahrens und des nachfolgenden erstinstanzlichen Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Kassel durch Einholung von ausführlichen ärztlichen Gutachten eingehend überprüft worden. Wie das Sozialgericht insbesondere auf der Grundlage des gemäß § 109 SGG eingeholten fachorthopädischen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. med. J. vom 20. Juni 2014 zutreffend dargelegt hat, ergibt sich bei dem Kläger nur in qualitativer, nicht hingegen auch in quantitativer Hinsicht eine bedeutsame Leistungseinschränkung. Seine Erwerbsfähigkeit ist damit zwar beeinträchtigt, aber noch nicht in rentenberechtigendem Grade herabgemindert.

Bei seiner Untersuchung des Klägers konnte der Sachverständige Prof. Dr. med. J. auf seinem Fachgebiet lediglich als geringgradig anzusehende klinische Befunde erheben, die sich durch die anlässlich von Voruntersuchungen erhobenen Röntgen- und MRT-Befunde eindrucksvoll bestätigen ließen. Röntgenologisch konnten keine eindeutigen Zeichen einer rheumatischen Erkrankung gefunden werden. Die festgestellten Veränderungen im Wirbelsäulen- und Gelenkbereich beruhen nicht erkennbar auf entzündlichen rheumatischen Prozessen, sondern waren degenerativer Genese. Auffällig waren in diesem Zusammenhang auch die geringen Weichteilreaktionen. So fehlten am Untersuchungstag sämtliche akut entzündlichen Zeichen wie Rötung und Überwärmung, ein Druckschmerz oder auch eine entzündliche bedingte Gelenkschwellung. Insgesamt zeigten sich am Stütz- und Bewegungsapparat des Klägers allenfalls leichtgradige arthrotische bzw. degenerative Veränderungen ohne sichere radikuläre Symptomatik und insbesondere ohne motorische Ausfälle. Auch im Zusammenspiel mit der mittelgradigen Adipositas des Klägers, die sich sicherlich negativ auf die Funktion und Belastungsfähigkeit der Wirbelsäule und der Gelenke auswirkt, waren gleichwohl keine schwerwiegenden Funktionsbeeinträchtigungen in den betroffenen Bereichen feststellbar, so dass sich daraus in jeder Hinsicht einleuchtend nur qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens ableiten lassen. 

Dabei ist es überaus plausibel, dass dem Kläger mit Blick auf die Veränderungen und die Beschwerdesymptomatik im Bereich der Halswirbelsäule Überkopfarbeiten und Arbeiten mit häufiger Kopfrotation ebenso wenig mehr zumutbar sind wie schweres Heben und Tragen. Wegen der Befunde im Lendenwirbelsäulenbereich scheiden außerdem verständlicherweise Arbeiten mit schwerem Heben und Tragen und in gebückter Haltung, das Besteigen von Leitern und Gerüsten sowie das Gehen auf unebenem oder glattem Boden aus. Weiterhin sollte dem Kläger deswegen bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit auch eine wechselnde Körperhaltung möglich und er keinen gravierenden Witterungseinflüsse mehr ausgesetzt sein. Aufgrund des Streck- und Beugedefizits im rechten Kniegelenk sowie der leichten Kapselschwellung bei fraglich geringer Ergussbildung können dem Kläger zudem keine Tätigkeiten mehr ausschließlich im Stehen oder Gehen sowie in kniender oder gebückter Haltung abverlangt werden. Gleiches gilt für das Besteigen von Leitern und Gerüsten, Arbeiten an gefährlich laufenden Maschinen oder Tätigkeiten, die mit Absturzgefahr verbunden sind. Die eingeschränkte Streck- und Beugefähigkeit des rechten Daumens führt ferner dazu, dass ausschließlich manuelle Arbeiten, die ein kraftvolles Zufassen oder eine diffizile feinmotorische Tätigkeit erfordern, ausgeschlossen sind. Weitergehende Einschränkungen lassen sich durch die Beschwerden im Bereich des Daumensattelgelenks mit einem nur mäßiggradigen Druck- und Bewegungsschmerz dagegen nicht ableiten. Das gilt letztlich auch für die Veränderungen im rechten oberen Sprunggelenk und für die varikösen Veränderungen mit Zeichen einer venösen Insuffizienz bei Zustand nach rechtsseitigem Venenstripping im Bereich der Unterschenkel. 

Anhaltspunkte für eine auch in zeitlicher Hinsicht eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Klägers wegen seiner Leiden auf orthopädisch-rheumatologischem Fachgebiet ergeben sich dagegen nicht. Allerdings lassen sich die von ihm geklagten, massiven polytopen Schmerzen nicht vollständig mit den erhobenen Befunden erklären. Aufgrund der deutlichen Diskrepanz zwischen der subjektiven, teilweise vagen und unpräzisen Beschwerdeschilderung des Klägers einerseits und andererseits seiner körperlichen Beeinträchtigung während der Untersuchungssituation, äußerte der Sachverständige Prof. Dr. med. J. den Verdacht auf eine nicht immer adäquate Verarbeitung der wahrscheinlich durch die rheumatische Grunderkrankung verursachten Schmerzsymptomatik. Da aus seiner Sicht unter dem Gesichtspunkt einer Wechselwirkung bzw. Summierung nicht auszuschließen war, dass die auf anderen Fachgebieten, namentlich dem neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, bestehenden Gesundheitsstörungen weitergehende Leistungseinschränkungen bedingen, stellte der Sachverständige Prof. Dr. med.  J. abschließend eine weitere Begutachtung des Klägers anheim.

Dieser Verdacht hat sich jedoch durch das nachfolgend im Berufungsverfahren von Amts wegen eingeholte neurologisch-psychiatrische Sachverständigengutachten der Fachärztin L. vom 31. Mai 2017 nicht bestätigt. Die Sachverständige L. ist im Anschluss an eine eingehende Untersuchung ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich erwerbsfähig ist, sofern bestimmte qualitative Einschränkungen berücksichtigt werden. Diese Leistungsbeurteilung leitet die Sachverständige L. aus dem Umstand ab, dass sie anlässlich ihrer Untersuchung am 14. März 2017 ihr Fachgebiet betreffend ebenfalls keine gravierend beeinträchtigte Leistungsfähigkeit des Klägers hat feststellen können. 

Der Sachverständigen L. zufolge liegt bei dem Kläger eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren vor, die auf dem Boden degenerativer Veränderungen des Stütz- und Bewegungssystems, denen sich auch gefundene diskrete Wurzelreizzeichen L5 und C6 unterordnen, und auf einer bekannten rheumatologischen Systemerkrankung im Sinne einer positiven rheumatoiden Arthritis gediehen ist. Die Schmerzstörung des Klägers wird dabei bedarfsabhängig mit täglich bis zu drei Tabletten Diclofenac und damit nur auf der Stufe 1 der Klassifizierung der Wertigkeit der medikamentösen Schmerztherapie nach den Richtlinien der WHO behandelt. Dagegen wurde bisher beim Kläger weder ein multimodales Schmerztherapieprogramm umgesetzt noch ergänzende coanalgetische Maßnahmen ergriffen oder gar bezüglich der psychischen Situation eine überdauernde Behandlung begonnen. Auch die Sachverständige L. hat feststellen können, dass es beim Kläger Diskrepanzen zwischen der Beschwerdeschilderung und den tatsächlichen körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen in der Untersuchungssituation gibt. Die Diskrepanzen beziehen sich dabei nicht nur auf die eigenen Angaben und fremdanamnestischen Informationen, sondern es fehlt auch eine Modulierbarkeit der beklagten Symptomatik und es bestehen weiterhin Diskrepanzen zwischen den geschilderten Funktionsbeeinträchtigungen und den zu eruierenden Aktivitäten des Klägers im täglichen Leben. Trotz beschriebener, ausgeprägter Beschwerden fehlen angemessene Therapiemaßnahmen und Eigenaktivitäten des Klägers zur Beschwerdelinderung, was dafür spricht, dass sein Leidensdruck tatsächlich nicht so groß ist wie von ihm angegeben wird. Auch fehlt eine sachliche Diskussion einer möglichen Verweisungstätigkeit bezüglich der beruflichen Leistungsfähigkeit. Der Kläger hat sich stattdessen von jeglicher beruflicher Tätigkeit zurückgezogen, erledigt aber weiterhin den Haushalt, berichtet über Reparaturarbeiten am Haus und von Gartenarbeit, gibt Kontakte nach außen an, widmet sich seinen Interessen und behält außerdem seine Führungs- und Kontrollfunktionen bei. Des Weiteren ergeben sich keine Hinweise auf hirnorganische Einschränkungen, krankheitswertige mnestische Defizite, eine krankheitswertige psychomotorische Hemmung, eine krankheitswertige Beeinträchtigung des Durchhaltevermögens oder auf eine überdurchschnittliche Einschränkung der emotionalen Belastbarkeit. Der Kläger pflegt wie selbstverständlich soziale Kontakte, hat einen strukturierten Tagesablauf, verfügt über ein Zeitmanagement und hat soziale und Alltagskompetenzen, so dass insgesamt betrachtet bei ihm eine Teilhabe an den Aktivitäten des täglichen Lebens durchaus erhalten ist. 

Vor diesem Hintergrund ist es nur allzu plausibel, dass die Sachverständige L. zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Krankheiten des Klägers erwerbsmindernden Dauereinfluss qualitativer Art im Hinblick auf die körperliche Einsetzbarkeit haben, sich jedoch eine krankheitswertige psychische Beeinträchtigung von emotionaler Belastbarkeit nicht ausmachen lässt. Deshalb ist nur folgerichtig, wenn sie wegen der führenden orthopädisch-rheumatologischen Einschränkungen bezüglich des Leistungsvermögens im Wesentlichen auf das orthopädische Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med. J. verweist, dessen Einschätzung sie aus psychiatrischer Sicht nur insoweit korrigiert bzw. konkretisiert, als bei nervenärztlicher Vorbehandlung wegen psychischer Beeinträchtigung in der Vorgeschichte Nachtdiensttätigkeiten ausgenommen werden sollen und einfache, überschaubare Tätigkeiten mit klaren Anweisungen zu bevorzugen sind. Weitergehende Einschränkungen, noch dazu in zeitlicher Hinsicht, lassen sich auch aus dem Gutachten der Sachverständigen L. nicht nachvollziehbar ableiten.

Der Senat hat sämtliche vorliegenden medizinischen Unterlagen nochmals eingehend geprüft und vermag auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse keinerlei Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass irgendwelche Befunde mit erwerbsmindernder Bedeutung bislang unberücksichtigt geblieben sein könnten. Auch der Kläger selbst vermochte keinerlei (neue) medizinische Unterlagen vorzulegen, aus denen sich weiterreichende, bislang nicht erfasste Auswirkungen auf seine Erwerbsfähigkeit ergeben könnten. 

Das gilt vor allem für die ärztliche Bescheinigung von Dr. med. G. vom 5. Juli 2017, wonach es sich bei dem Kläger in keiner Weise um eine Erkrankung von Seiten des nervenärztlichen Fachgebiets handele. Damit wird geradezu eindrucksvoll die von der Sachverständigen L. getroffene Feststellung bestätigt, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers aus nervenärztlicher Sicht nicht gravierend beeinträchtigt ist. Sofern Dr. med. G. darüber hinaus - erneut - darauf hinweist, dass die Arbeitsfähigkeit des Klägers aufgrund der rheumatischen Polyarthritis und der wiederholt auftretenden schmerzhaften Bewegungseinschränkung im Bereich des Achsenorgans (Wirbelsäule sowie große und kleine Gelenke) eingeschränkt sei, und er insoweit Bezug nimmt auf seine früheren Berichte sowie auf die Berichte der Rheumatologischen Klinik der Universität Göttingen und der Radiologin Dr. med. M., rechtfertigt dies kein anderes, für den Kläger günstigeres Ergebnis. Denn die in den benannten ärztlichen Unterlagen aufgeführten Befunde hat der erstinstanzlich gehörte Sachverständige Prof. Dr. med. J. bereits ausführlich gewürdigt und ausgewertet, ist aber gleichwohl zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger hierdurch nicht schwerwiegend in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird. Daran hat er im Übrigen in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. Oktober 2014 festgehalten, die auf Antrag des Klägers eingeholt wurde zwecks gutachterlicher Berücksichtigung auch der ärztlichen Bescheinigung von Dr. med. G. vom 12. Juni 2014, mit der er bereits auf die polyarthritische Symptomatik hingewiesen hatte, die seiner Ansicht nach die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers erheblich einschränken würde. Insoweit enthält die zuletzt von Dr. med. G. ausgestellte Bescheinigung vom 5. Juli 2017 offenkundig keine neuen medizinischen Erkenntnisse, die noch gutachterlich gewürdigt werden müssten oder gar die Annahme eines auch in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögens rechtfertigen könnten. Dass Dr. med. G. den Kläger gesundheitsbedingt nicht mehr dazu in der Lage sehen will, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zu verrichten, genügt hierfür nicht. Dies gilt umso mehr, als er keine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers beschrieben hat. 

Auch aus dem zuletzt vorgelegten Bescheid des Versorgungsamtes Kassel vom 30. Oktober 2017 lässt sich eine Rentenberechtigung des Klägers nicht nachvollziehbar ableiten. Das folgt schon daraus, dass sich der Grad der Behinderung (GdB) im Schwerbehindertenrecht auf die Auswirkungen einer Behinderung in allen Lebensbereichen und nicht nur auf die Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bezieht, weshalb ein GdB bei der Beurteilung von Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung keine entscheidende Rolle spielt (vgl. U. Freudenberg, in: jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 43 SGB VI Rdnr. 29). Ungeachtet dessen ist nicht plausibel, dass in dem Bescheid des Versorgungsamtes eine psychische Störung an erster Stelle und damit als führende Gesundheitsstörung des Klägers genannt wird. Denn dies lässt sich schon nicht mit der Einschätzung des behandelnden Orthopäden Dr. med. G. in Einklang bringen, der dem Kläger zuletzt unter dem 5. Juli 2017 bescheinigt hat, auf nervenärztlichem Fachgebiet nicht schwerwiegend beeinträchtigt zu sein. Vor diesem Hintergrund musste sich der Senat nicht gedrängt fühlen, weitere Ermittlungen auf nervenärztlichem Fachgebiet anzustellen.

Der Senat hält angesichts dessen mit den von medizinischer Seite insgesamt getroffenen Feststellungen das Leistungsvermögen des Klägers für ausreichend aufgeklärt und weitere Begutachtungen für nicht mehr geboten. Zweifel an der Richtigkeit der von den in der Begutachtung von Rentenbewerbern langjährig tätigen und äußerst erfahrenen Sachverständigen Prof. Dr. med. J. und L. abgegebenen Stellungnahmen zum Leistungsvermögen des Klägers ergeben sich nicht. Beide Sachverständigengutachten sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und überzeugend. Die Leistungsbeurteilung wird darin nach eingehender Befunderhebung mit nachvollziehbarer und für den Senat einleuchtender Begründung aus den gestellten Diagnosen abgeleitet. Die Gutachten stützen einander hinsichtlich der Einschätzung des Restleistungsvermögens und stehen überdies nicht nur mit den von den behandelnden Ärzten erhobenen Befunden im Einklang, sondern auch mit den Leistungsbeurteilungen, wie sie bereits im Rentengutachten des Sozialmediziners F. vom 19. Februar 2013 und auch in den beiden im vorangegangenen Klageverfahren Az. S 5 R 492/09 eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. med. D. und Dr. med. E. abgegeben worden sind. Auch bei einer dem Kläger besonders wohlwollenden Betrachtungsweise ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung seines Leistungsvermögens, die über die in den genannten Gutachten und Berichten angegebenen qualitativen Leistungseinschränkungen hinausgeht und die Annahme einer Leistungsminderung auch in quantitativer, das heißt zeitlicher Hinsicht rechtfertigen würde. 

Unter Berücksichtigung seines noch vorhandenen Leistungsvermögens ist der Kläger nicht erwerbsgemindert, weil er noch mindestens sechs Stunden täglich unter den in Betrieben üblichen Arbeitsbedingungen erwerbstätig sein kann und sich zur Verwertung seines Restleistungsvermögen auf sämtliche - ihm in gesundheitlicher Hinsicht objektiv zumutbaren   Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes der Bundesrepublik Deutschland verweisen lassen muss. Denn bei Versicherten, die sich wie der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen müssen, ist es grundsätzlich nicht geboten, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass es in der Regel auch für Versicherte, deren Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, noch Einsatzmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang gibt, da dort eine Vielzahl von ungelernten Tätigkeiten existiert, die nur mit leichten körperlichen und geistigen Anforderungen verbunden sind. Im Rahmen der - bezüglich des hier streitigen Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung allein maßgeblichen - Frage nach dem Bestehen realer Erwerbsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsfeld bedarf es zwar einer besonders eingehenden Prüfung, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung festgestellt ist (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 1. März 1984, 4 RJ 43/83 = SozR 2200 § 1246 Nr. 17 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. November 1982, 4 RJ 1/82 = SozR 2200 § 1246 Nr. 104) oder wenn der Rentenbewerber wegen eines besonders gearteten Berufslebens deutlich aus dem Kreis vergleichbarer Versicherter heraus fällt (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 18. Februar 1981, 1 RJ 124/79 = SozR 2200 § 1246 Nr. 75; BSG, Urteil vom 27. April 1982, 1 RJ 132/80 = SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Zur Überzeugung des Senats ist all das bei dem Kläger aber nicht der Fall, weil weder sein Berufsleben als besonders geartet angesehen werden kann noch dem vorhandenen medizinischen Berichtswesen einschließlich der eingeholten ärztlichen Gutachten irgendwelche Anhaltspunkte für gravierende Einschränkungen im vorstehenden Sinne entnommen werden können. Letzteres gilt vor allem auch mit Blick auf die Feststellung des Sachverständigen Prof. Dr. med. J., dass der Kläger nicht in der Lage sein dürfte, besonderen Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit zu genügen. Die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers ist somit keinesfalls aufgehoben, was nachfolgend im Übrigen auch die Sachverständige L. bestätigt hat. Bei dieser Sachlage kann von einer in ungewöhnlicher Weise erschwerten Ausübung einer Erwerbstätigkeit sicherlich keine Rede sein. 

Ob die betreffenden Arbeitsplätze frei waren oder besetzt, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles unerheblich, denn die Erwerbsfähigkeit von Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nicht nachweislich auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich gesunken ist, hängt nicht davon ab, ob das Vorhandensein von für sie offenen Arbeitsplätzen für die in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten konkret festgestellt werden kann oder nicht. Der im Sinne der so genannten konkreten Betrachtungsweise auf die tatsächliche Verwertbarkeit der Resterwerbsfähigkeit abstellende Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts vom 10. Dezember 1976 (GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75, GS 3/76 = SozR 2200 § 1246 Nr. 13) kann bei noch in einem zeitlichen Umfang von zumindest sechs Stunden arbeitstäglich einsatzfähigen Versicherten grundsätzlich nicht herangezogen werden. Das hat der Gesetzgeber in § 43 Abs. 3 SGB VI nochmals ausdrücklich mit dem Hinweis darauf klargestellt, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer - ungeachtet der jeweiligen Arbeitsmarktlage   unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Ausnahmen sind allenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Versicherter nach seinem Gesundheitszustand vor allem nicht mehr dazu in der Lage ist, die an sich zumutbaren Arbeiten unter den in der Regel in den Betrieben üblichen Bedingungen zu verrichten, oder wenn er außerstande ist, Arbeitsplätze dieser Art von seiner Wohnung aus aufzusuchen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 1980, 1 RJ 32/79 - juris Rdnr. 23). Ein solcher Ausnahmefall der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vorliegend jedoch offenkundig nicht gegeben. Der Sachverständige Prof. Dr. med. J. hat in seinem Gutachten ausdrücklich festgehalten, dass weder die Wegefähigkeit des Klägers eingeschränkt ist noch sich die Notwendigkeit ergibt, zusätzliche betriebsunübliche Pausen einzuhalten. Gegenteilige Feststellungen lassen sich dabei auch nicht dem Gutachten der Sachverständigen L. entnehmen. Wenn der Kläger gleichwohl keinen Arbeitsplatz findet, den er nach seinem Leistungsvermögen noch ausfüllen kann, so ergibt sich daraus allenfalls ein Anspruch gegen den Träger der Arbeitslosenversicherung bzw. der Grundsicherung für Arbeitsuchende, nicht aber ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegen die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung.

Nach alledem ist der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI

Der Kläger hat im Übrigen auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Einen solchen Rentenanspruch haben nämlich bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI nur diejenigen Versicherten, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind. Der am 22. März 1961 geborene Kläger gehört damit ganz offenkundig nicht zu dem Personenkreis, der aus dieser Vorschrift einen Rentenanspruch herleiten kann.

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.

Rechtskraft
Aus
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