L 5 R 274/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 17 R 391/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 274/16
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
B 5 R 16/18 B
Datum
Kategorie
Urteil

I.    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Juni 2016 wird zurückgewiesen.

II.    Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Zeit des Bezugs von Arbeitslosengeld unmittelbar vor Beginn einer Altersrente wartezeitbegründend für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte sein kann.

Der 1951 geborene Kläger war nach Ausbildung und Fachschulausbildung seit dem 1. Oktober 1976 als Vertriebsmitarbeiter im Außendienst bei der Firma C. AG beschäftigt. Vom 1. März 2010 bis 28. Februar 2011 wurde nach seinen Angaben in der Firma Kurzarbeit durchgeführt, von der auch er betroffen war. Im Jahr 2011 erhob der Kläger Vergütungsklage vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main. Der Arbeitgeber sprach am 22. Mai 2012 eine betriebsbedingte Kündigung „unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist“ zum 31. Dezember 2012 aus, gegen die sich der Kläger durch Erweiterung der bereits anhängigen arbeitsgerichtlichen Klage wandte. Am 4. Juni 2012 endet das Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich dahingehend, dass unter anderem das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung vom 22. Mai 2012 zum 31. Dezember 2012 endete (1.) und der Kläger ab dem 1. August 2012 unter Fortzahlung seiner Bezüge von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Anrechnung von Resturlaubsansprüchen unwiderruflich freigestellt wurde (3.). Weiter erhielt er eine Abfindung in Höhe von 50.000,00 € brutto (5.). Anschließend bezog der Kläger vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Dezember 2014 Arbeitslosengeld.

Am 28. Oktober 2014 beantragte er bei der Beklagten eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte beginnend ab dem 1. Januar 2015.

Auf den Hinweis der Beklagten, dass er in den letzten zwei Jahren vor dem beantragten Rentenbeginn Arbeitslosengeld bezogen habe und solche Zeiten für die Wartezeit nur berücksichtigt werden dürften, wenn die Arbeitslosigkeit auf eine Insolvenz oder Geschäftsaufgabe zurückzuführen sei, legte der Kläger die Kündigung des Arbeitgebers vom 22. Mai 2012, nicht hingegen den arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 4. Juni 2012 vor. Er wies darauf hin, dass er trotz intensiver Bemühungen nach wie vor arbeitslos sei; er sei unverschuldet arbeitslos geworden.

Mit Bescheid vom 18. November 2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab, weil die Mindestversicherungszeit für diese Rente nicht erfüllt sei. 

Auf den hilfsweisen Antrag des Klägers vom 28. November 2014 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2015 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 1. Januar 2015 mit einem Abschlag von 7,2 Prozentpunkten wegen vorzeitiger Inanspruchnahme. Dagegen legte der Kläger am 1. April 2015 Widerspruch ein.

Bereits zuvor, am 15. Dezember 2014, erhob der Kläger Widerspruch gegen die Ablehnung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte und machte geltend, dass der ehemalige Arbeitgeber von der Insolvenz bedroht gewesen sei und sich durch eine Vielzahl von betriebsbedingten Kündigungen und weitgehenden Sanierungsmaßnahmen aus der insolvenzbedrohten Situation befreit habe. Zum 1. Juli 2014 sei das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung in Kraft getreten. Der anspruchsberechtigte Personenkreis der Altersrente für besonders langjährig Versicherte sei erweitert worden, unter anderem würden auf die Wartezeiten auch Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld angerechnet. Dies gelte allerdings nicht für die letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn, es sei denn, die Arbeitslosigkeit sei durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt. Andere Gründe unfreiwilliger Arbeitslosigkeit, wie z.B. die betriebsbedingte Kündigung, erfüllten die Anspruchsvoraussetzungen nicht. Unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes seien Bezieher von Arbeitslosengeld unabhängig von den Gründen der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit für die Prüfung des Rentenanspruchs gleich zu behandeln. Aufgrund der betriebsbedingten Kündigung sei er mit denjenigen Beziehern von Arbeitslosengeld gleich zu behandeln, deren Arbeitslosigkeit auf einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe beruhe. Es gebe keine Rechtfertigung dafür, andere von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit Betroffene im Vergleich zu diesen Leistungsbeziehern ungleich zu behandeln. Es sei nicht nachvollziehbar, dass diejenigen, die aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung ausschieden und infolgedessen tatsächlich unfreiwillig arbeitslos würden, weniger schutzwürdig sein sollten als diejenigen, die aufgrund einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden seien.

Nach Durchführung weiterer Ermittlungen zu der Zeit vom 1. April 1974 bis 30. September 1976 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2015 zurück. Unter Berücksichtigung weiterer Zeiten seien insgesamt 525 Monate auf die Wartezeit anzurechnen, statt der notwendigen 540 Monate.

Am 14. August 2015 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben. 

Zur Begründung trug er vor, dass sich der Arbeitgeber seit etwa 2010 in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen befunden habe. So sei in den Jahren 2010 und 2011 der Betrieb in A-Stadt von Kurzarbeit betroffen gewesen. Auch er habe sich in Kurzarbeit befunden und dementsprechend Kurzarbeitergeld bezogen. Auch sei, in einem Interessenausgleich so vereinbart, eine Transfergesellschaft gegründet worden, in die eine Vielzahl von Beschäftigten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der C. AG wechselte. Es habe einen Sozialplan gegeben, nach dessen Modalitäten Beschäftigte aus betriebsbedingten Gründen ihr Arbeitsverhältnis verloren hätten. Zudem sei es im Unternehmen zu Sparmaßnahmen gekommen, die auch zu Einkommensverlusten der Beschäftigten führten. Es sei - aus heutiger Sicht erfolgreich - versucht worden, einen Insolvenzfall zu verhindern. Auch er habe in dieser Zeit einen neuen Zuschnitt seines Aufgabengebietes erhalten zulasten seiner Einkommensmöglichkeiten. Zuletzt sei sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22. Mai 2012 aus betrieblichen Gründen mit Wirkung zum 31. Dezember 2012 gekündigt worden. Die Tatbestandsvoraussetzung der vollständigen Betriebsaufgabe sei auch dann erfüllt, wenn, wie in seinem Fall, ein Arbeitsbereich fast vollständig seitens des Arbeitgebers aufgegeben werde. So sei es bei ihm gewesen, denn aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen sei sein Vertriebsbereich fast vollständig entfallen. Diese Umstrukturierungsmaßnahme sei aufgrund erheblicher finanzieller Schwierigkeiten des Arbeitgebers erforderlich geworden. Weiter rügt er die Verfassungswidrigkeit der Regelung.

Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass die von dem Kläger begehrte Auslegung die Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung überschritten. Ziel der Regelung sei es, Fehlanreize zu vermeiden, die sich aus der Anrechnung von Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung auf die Wartezeit von 45 Jahren ergeben könnten. Allein um Härtefälle zu vermeiden, würden diese Zeiten zwei Jahre vor Rentenbeginn nur berücksichtigt, wenn sie durch Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt seien. Dabei handele es sich um zwei eng umgrenzte Ausnahmetatbestände, bei denen der ehemalige Arbeitgeber nicht mehr existiere. Darüber hinaus beträfen diese Tatbestände nur einen kleinen Kreis von Arbeitnehmern. Das Gesetzgebungsverfahren mache deutlich, dass der Gesetzgeber die Gruppe derjenigen, die betriebsbedingt gekündigt und damit unverschuldet arbeitslos geworden seien, nicht in die Gruppe derjenigen habe einbeziehen wollen, die durch die Ausnahmeregelung „vollständige Geschäftsaufgabe oder Insolvenz“ privilegiert werde.

Mit Urteil vom 14. Juni 2016 hat das Sozialgericht Gießen die Klage abgewiesen, da weder eine Insolvenz noch eine vollständige Geschäftsaufgabe vorgelegen habe. Unabhängig von der Frage, wann von einer solchen auszugehen wäre, sei festzustellen, dass eine vollständige Geschäftsaufgabe im Fall des Klägers nicht vorliege. Der Kläger habe hierzu geltend gemacht, dass aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen sein Vertriebsbereich stark geschrumpft sei, was sich insbesondere auf seine Verdienstmöglichkeiten ausgewirkt habe. Es sei nicht dargetan, dass ein Vertrieb seitens des Arbeitgebers innerhalb Deutschlands nicht mehr durchgeführt worden sei. Eine Geschäftsaufgabe auch nur eines Teilbereichs könne das Gericht in der vom Kläger beschriebenen Umstrukturierung der Aufgaben im Bereich des Vertriebs nicht erkennen. Eine Geschäftsaufgabe liege nicht deswegen vor, weil der individuelle Arbeitsbereich des Klägers verändert worden sei. 
Die Nichtberücksichtigung der Kalendermonate des Arbeitslosengeldbezugs vor Renteneintritt bei Berechnung der Wartezeit begründe auch keine Verfassungswidrigkeit. Es liege kein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) vor. Der Kläger, der sich wegen der ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung der Gruppe der unfreiwillig arbeitslos Gewordenen zuordne, erhalte keine Vergünstigung im Sinne des § 51 Abs. 3a Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI). Demgegenüber erhielten Arbeitslose, die der Gruppe unfreiwillig arbeitslos Gewordener wegen Geschäftsaufgabe oder Insolvenz des Arbeitgebers zuzuordnen seien, eine Vergünstigung in Form einer Rückausnahme, da Zeiten des Bezugs einer Entgeltersatzleistung nach dem Recht der Arbeitsförderung auch in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn berücksichtigt würden. Diese Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der ggf. unfreiwillig arbeitslos Gewordenen führe nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG, denn es lägen ausreichende Differenzierungsgründe vor, die die Entscheidung des Gesetzgebers rechtfertigen bzw. die zu einem Ausschluss einer willkürlichen Differenzierung führten. § 51 Abs. 3a SGB VI regele nicht umfassend eine Begünstigung im Wege der Rückausnahme aller unfreiwillig arbeitslos Gewordenen, sondern nur derjenigen, die durch Insolvenz oder Geschäftsaufgabe unfreiwillig arbeitslos geworden seien. Der Gesetzgeber knüpfe im Gesetzestext die Rückausnahme folglich auch nicht an das Tatbestandsmerkmal des unfreiwilligen Arbeitsplatzverlustes an, sondern bezeichne im Wege der Typisierung Gruppen, für welche er eine Rückausnahme von der Nichtberücksichtigung der Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen zwei Jahre vor Rentenbeginn zulasse. Der Gesetzgeber verfolgte ausweislich der Gesetzesbegründung auch nicht das Ziel, alle unfreiwillig arbeitslos Gewordenen zu privilegieren, sondern einen Härtefall für diejenigen einzuführen, bei denen die Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit objektiv feststehe, ohne dass ein subjektiver Wille der Arbeitsvertragsparteien ermittelt werden müsse. Das Ziel des Ausschlusses der Berücksichtigung der Arbeitslosigkeitszeiten zwei Jahre vor Rentenbeginn und die zugehörige Rückausnahme diene nach Ansicht des Gesetzgebers der Verhinderung des Eintritts von Fehlanreizen. Es solle dem erneuten Eintritt einer Frühverrentungspraxis entgegen getreten werden (BT-Drucks. 18/1489 S. 26).
Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsgemäßheit der Typisierung und der damit einhergehenden Differenzierung. Der Gesetzgeber knüpfe mit der gewählten Typisierung an ein objektives Merkmal an und erreiche damit auch den beabsichtigten Zweck, Möglichkeiten der Manipulation durch Arbeitsvertragsparteien entgegen zu wirken. Denn das Vorliegen einer Insolvenz oder einer vollständigen Geschäftsaufgabe lasse sich durch privatrechtliche Vereinbarungen zwischen Arbeitsvertragsparteien nicht vereinbaren. Die Fälle der betriebsbedingten Kündigung stellten sich nicht in gleicher Weise objektiv vergleichbar als unfreiwilliger Arbeitsplatzverlust dar. Es sei daher gerechtfertigt, diese Gruppe nicht als typische Gruppe der unfreiwillig arbeitslos Gewordenen im Rahmen der Rückausnahme zu berücksichtigen. Denn es stehe den Arbeitsvertragsparteien frei, jede Kündigung als betriebsbedingte Kündigung zu bezeichnen, auch wenn sie es nicht sei, so dass der Arbeitsplatzverlust sodann nicht unfreiwillig sei. Zwar habe die Bundesagentur für Arbeit mittelbar die Unfreiwilligkeit bejaht, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine Sperrzeit festgestellt werde. Jedoch würden die Hintergründe der betriebsbedingten Kündigung wegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (siehe z.B. BSG, Urteil vom 25. April 2002, B 11 AL 89/01 R = BSGE 89, 250-254) in einem Fall, in dem eine betriebsbedingte Kündigung vorliege, die nicht angegriffen worden sei, in der Regel nicht geprüft. Der Gesetzgeber benenne in der Gesetzesbegründung zwar keine empirischen Erkenntnisse dazu, ob betriebsbedingte Kündigungen in nennenswertem Umfang Manipulationen der Arbeitsvertragsparteien enthielten. Jedoch sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, im Bereich der Leistungsgewährung jede gesetzgeberische Wertung durch empirische Erhebungen zu belegen. Ohne weiteres sei wiederum nachvollziehbar, dass Manipulationen im Bereich des Ausspruchs von betriebsbedingten Kündigungen möglich seien. Ziel des Gesetzgebers sei es zu verhindern, dass die durch gesetzgeberische Maßnahmen in der Vergangenheit begonnene Eindämmung einer Frühverrentungspraxis einen Rückschritt erleide. Der Gesetzgeber habe verhindern wollen, (erneut) Fehlanreize für einen früheren Übergang in die Altersrente zu setzen. Der Gesetzgeber habe bereits mit den Gesetzesänderungen aus den Jahren 1996 und 1997 das Ziel verfolgt, die sich entwickelnde Frühverrentungspraxis vor dem Hintergrund der Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der demographischen Entwicklung umzukehren. Das Bundesverfassungsgericht habe diesen Ansatz für verfassungsgemäß erachtet und einen Eingriff in ein durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Anwartschaftsrecht durch die gesetzgeberische Maßnahmen gegen eine Frühverrentungspraxis als gerechtfertigt angesehen (Nichtannahmebeschluss vom 5. Februar 2009, 1 BvR 1631/04, juris). Der Gesetzgeber habe dieses legitime Ziel auch bei Berücksichtigung von Arbeitslosigkeitszeiten zur Anrechnung auf Wartezeiten bei Einführung einer Rentenart, die einen abschlagsfreien früheren Eintritt in die Altersrente ermögliche, weiter verfolgt. Nach Ansicht des Gerichts erreiche der Gesetzgeber dieses Ziel mit der von ihm vorgenommenen Typisierung und vermeide Fehlanreize. Er erleichtere darüber hinaus die Abwicklung für die Verwaltung, indem weitergehende Ermittlungen zur Freiwilligkeit nicht erforderlich wurden. Der Gesetzgeber habe mit der Rückausnahme vom Ausschluss im Wege der Typisierung seinen gesetzgeberischen Spielraum nicht überschritten. Es sei nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden habe, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten habe. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet gewesen, alle unfreiwillig arbeitslos Gewordenen zu erfassen. Seine Anknüpfung an typisierende Merkmale, die beim Arbeitgeber vorliegen müssten, sei ein geeignetes Mittel, das verfolgte Ziel zu erreichen und nicht willkürlich. Eine Anknüpfung zur Feststellung des Merkmals der Unfreiwilligkeit beim Betroffenen würde demgegenüber in jedem Fall tatsächliche Ermittlungen erfordern, denn auch im Fall des Vorliegens einer betriebsbedingten Kündigung könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass es sich um eine unfreiwillige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gehandelt habe. 

Gegen das am 5. September 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. September 2016 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Er hält an seiner Auffassung mit den bereits vorgetragenen Argumenten fest. Es seien zwei Konstellationen zu unterscheiden, nämlich Versicherte, die in Kenntnis der zum 1. Juli 2014 geschaffenen Möglichkeit einer Altersrente nach § 236b SGB VI arbeitslos geworden seien, sowie diejenigen, die vor Erlass oder Diskussion dieser Neuregelung durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz arbeitslos geworden seien. Dieser Gruppe sei er zuzuordnen, da er bereits zum 31. Dezember 2012 arbeitslos geworden sei. Da in dieser Konstellation ein Missbrauch der Regelung ausscheide, sei nach Sinn und Zweck der Regelung eine teleologische Reduktion vorzunehmen.

Weiter sei zu klären, was alles von dem Begriff des „Geschäfts“ umfasst werde und wann eine „vollständige Geschäftsaufgabe“ vorliege. Sinn und Zweck der Rückausnahmeregelung bestehe unstreitig darin, besondere Härten zu vermeiden. Es sollten aber nur solche Fälle unverschuldeter Arbeitslosigkeit ausgenommen werden, bei denen als Ursache ein kollusives Zusammenwirken von Arbeitnehmer und Arbeitgeber auszuschließen sei. Sei also ein Unternehmen insolvent, könne mit (relativer) Sicherheit ausgeschlossen werden, dass Arbeitgeber und versicherter Arbeitnehmer eine Vereinbarung zur Frühverrentung geschlossen hätten. Das sei indes auch bei der Schließung eines Betriebsteils, Betriebes, Standortes und einer Filiale der Fall. Es müsse daher auch eine "TeileinsteIlung der Geschäftstätigkeit" an einem Standort unter den Begriff der vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers subsumiert werden. Das Interesse des Gesetzgebers, einen "Missbrauch" der Vorschrift zu vermeiden, sei dahingehend zu verstehen, dass keine Motivation - also kein "Anreiz" - geschaffen werden sollte, eine unternehmerische Entscheidung zu Lasten der Sozialversicherung zu treffen. Da er nicht bösgläubig gewesen sei, könne kein Missbrauch vorliegen.

Auch unter Berücksichtigung des Terminberichts Nr. 39/17 zu den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 17. August 2017 (B 5 R 8/16 R und B 5 R 16/16 R) hält der Kläger an seiner Berufung fest, weil sein Fall nicht vergleichbar mit den entschiedenen Fällen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Juni 2016 sowie den Bescheid vom 18. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Januar 2015 Altersrente für besonders langjährig Versicherte anstelle der ab demselben Tag gewährten Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Der frühere Arbeitgeber habe seine Geschäftstätigkeit nicht aufgegeben. Auch sei kein Teil des Betriebes stillgelegt worden. Vielmehr habe das Unternehmen mit Stellenabbau auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten reagiert. Die Ausnahmeregelung greife deshalb hier nicht. Denn Voraussetzung sei, dass der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt gewesen sei. Die von dem Kläger vertretene Auslegung stehe in erkennbarem Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, wie er sich in der Entstehungsgeschichte der Vorschrift eindeutig zeige.

Im Rahmen der weiteren Sachverhaltsermittlungen durch den Senat hat der Kläger den arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 4. Juni 2012 vorgelegt. Zudem hat der Senat eine Auskunft des ehemaligen Arbeitgebers eingeholt, der schriftlich mitteilte, dass es in der gesamten Büromöbelbranche Anfang 2009 einen gewaltigen Umsatzeinbruch gegeben habe. Die C. AG sei hiervon ebenfalls betroffen gewesen. Aus diesem Grund sei im Januar 2009 ein Sozialplan abgeschlossen worden. Der Kläger habe zum damaligen Zeitpunkt nicht zur Kündigung angestanden. Die tarifvertragliche Kündigungsfrist habe aufgrund der Länge der Betriebszugehörigkeit sechs Monate betragen. Aus sozialen Erwägungen sei die längere, gesetzliche Kündigungsfrist von sieben Monaten gewählt geworden. Die betriebsbedingte Kündigung sei am 22. Mai 2012 erfolgt. Dem vorausgegangen sei ein längerer Rechtsstreit über die Zuweisung einer anderen Tätigkeit und über die Höhe der Bezüge. Die Zuweisung einer anderen Tätigkeit sei betrieblich veranlasst und für die C. AG unumgänglich gewesen. Durch organisatorische Maßnahmen seien große Teile des Aufgabengebietes des Klägers weggefallen bzw. auf andere Mitarbeiter übertragen worden. Da der Kläger mit der angebotenen neuen Aufgabe nicht einverstanden gewesen sei, sei eine Kündigung ausgesprochen worden. Am 29. Mai 2012 sei vom Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein Vergleichsvorschlag unterbreitet worden. Die C. AG habe diesen Vergleichsvorschlag ebenso wie der Kläger akzeptiert.

Der Kläger sieht sich durch diese Angaben des Arbeitgebers bestätigt. Die Wahl der längeren Kündigungsfrist spreche gegen ein kollusiv-missbräuchliches Zusammenwirken der Arbeitsvertragsparteien. Gerade in den organisatorischen Maßnahmen sehe er eine vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers. Bislang sei dieser Begriff nicht definiert worden. Entscheidend sei aus seiner Sicht das Kündigungsdatum vom 22. Mai 2012 respektive der Vergleichsabschluss vom 4. Juni 2012. Zu dieser Zeit sei das RV-Leistungsverbesserungsgesetz noch in weiter Ferne gewesen. Arbeitsvertragsparteien hätten nicht die Möglichkeit gehabt, in missbräuchlicher Weise zusammenzuwirken, denn es existierte keine Regelung, die hätte missbraucht werden können. Diesem Umstand sei mit einer teleologischen Reduktion der Rückausnahmeregelung Rechnung zu tragen. Denn die Regelung finde Anwendung in einem Bereich, in den sie nach ihrem Sinn und Zweck nicht hineinreichen sollten. Bis zur Schaffung des Gesetztes habe es nur solche Versicherten gegeben, die am Ende der 45jährigen Wartezeit hätten arbeitslos werden können, ohne hieran in der Absicht beteiligt gewesen zu sein, eine noch nicht existierende Regelung zu missbrauchen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Rentenakte des Klägers, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143 Abs. 1, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG).

Sie ist jedoch unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Juni 2016 ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat es die Klage abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte hat. Der dies ablehnende Bescheid vom 18. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2015 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG.

Gegenstand des Verfahrens ist nach § 86 SGG auch der Bescheid vom 18. März 2015. Nach § 86 SGG wird, sofern während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt geändert wird, auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens. Der Bescheid vom 18. März 2015 ändert den Bescheid vom 18. November 2014 ab, da dieser neben der Ablehnung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte auch die Regelung enthält, dem Kläger überhaupt keine Altersrente zu bewilligen. Diese Entscheidung wird durch den Bescheid vom 18. März 2015 mit der Bewilligung der Altersrente nach Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeit geändert. Im Hinblick darauf ist der Anwendungsbereich des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI nicht eröffnet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte, da er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dieser Altersrente nicht erfüllt.

Nach § 236b Abs. 1 SGB VI - eingefügt mit Wirkung zum 1. Juli 2014 durch Art. 1 Nr. 8 RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23. Juni 2014 (BGBl I, S. 787) - haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie 

1.    das 63. Lebensjahr vollendet und 
2.    die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt 

haben. 

Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, haben nach § 236b Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres, wohingegen für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1952 geboren sind, die Altersgrenze von 63 Jahren nach § 236b Abs. 2 Satz 2 SGB VI schrittweise angehoben wird.

Auf die Wartezeit von 45 Jahren (= 540 Monate) werden nach § 51 Abs. 3a Satz 1 SGB VI in der ebenfalls ab 1. Juli 2014 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 2 RV - Leistungsverbesserungsgesetz vom 23. Juni 2014 (BGBl I, S. 787) Kalendermonate angerechnet mit

1.    Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,
2.    Berücksichtigungszeiten,
3.    Zeiten des Bezugs von 
a)    Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung,
b)    Leistungen bei Krankheit und
c)    Übergangsgeld,
soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach Buchstabe a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, und
4.    freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nummer 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.

Der Kläger ist 1951 geboren und hatte am 1. Januar 2015 das 63. Lebensjahr vollendet, so dass der Anspruch auf diese Altersrente grundsätzlich nach Vollendung des 63. Lebensjahres bestehen kann. Er erfüllt aber nicht die Wartezeit von 45 Jahren.

Die Beklagte hat zutreffend berechnet, dass der Kläger bis zum 31. Dezember 2012 nur 525 der nach diesen Vorgaben auf die 45jährige Wartezeit anrechenbaren rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt hat. Insbesondere bestand auch in der Zeit der unwiderruflichen Freistellung vom 1. August 2012 bis 31. Dezember 2012 ein Beschäftigungsverhältnis im beitragsrechtlichen Sinn fort (vgl. BSG, Urteil vom 24. September 2008, B 12 KR 22/07 R, juris = SozR 4-2400 § 7 Nr. 9). Dies ist zwischen den Beteiligten insgesamt auch unstreitig.

Die weiteren 24 Monate Pflichtbeitragszeiten aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2014 sind nach der Neuregelung des § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3a SGB VI grundsätzlich auch Wartezeiten. Hier greift jedoch die Ausnahmeregelung des § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3a, 2. Halbsatz SGB VI, da die Zeiten in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn liegen.

Von dieser Ausnahme ist auch keine Rückausnahme nach § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3a, 2. Halbsatz, 2. Teil SGB VI vorzunehmen, denn es liegt weder eine Insolvenz noch eine vollständige Geschäftsaufgabe vor. Selbst wenn man über den Wortlaut hinaus auch andere Fälle davon erfassen wollte, so wäre der Fall des Klägers, wie die weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren gezeigt haben, doch nicht mit denjenigen Fällen einer vollständigen Geschäftsaufgabe vergleichbar.

Die hier allein in Frage kommende vollständige Geschäftsaufgabe liegt nicht vor: Der ehemalige Arbeitgeber hat den Geschäftsbetrieb umstrukturiert, nicht hingegen sein Geschäft vollständig auf Dauer eingestellt. Die Einstellung der Tätigkeit eines einzelnen Betriebsteils, einer Filiale eines Standorts sowie die Zusammenlegung von Betrieben oder eine Teilstillegung genügt nicht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Januar 2017, L 22 R 578/15, juris, Rdnr. 32). Aufgrund der Umstrukturierung ergab sich ein anderer Aufgabenzuschnitt für den Kläger, seine Beschäftigungsmöglichkeit war hingegen nicht entfallen. Selbst wenn man entgegen des eindeutigen engen Wortlauts der Rückausnahmeregelung (vgl. BSG, Urteile vom 17. August 2017, B 5 R 8/16 R und B 5 R 16/16 R, Terminbericht Nr. 39/17; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Januar 2017, L 22 R 578/15, juris, Rdnr. 33) die Norm erweiternd in dem Sinne auslegen wollte, dass jede unfreiwillige und unverschuldete Beendigung der Beschäftigung ausreichen könnte, kann von solchen Umständen im Fall des Klägers nicht die Rede sein: Seine Arbeitslosigkeit in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn beruhte nicht allein auf Umständen aus der Sphäre des Arbeitgebers, sondern maßgeblich darauf, dass der Kläger nicht bereit war, weiterhin eine Beschäftigung bei dem Arbeitgeber auszuüben. Der Arbeitgeber hat sich hingegen bemüht, den Kläger als langjährigen Mitarbeiter so lange wie möglich zu beschäftigen: Weder wurde der Kläger in den Sozialplan aufgenommen noch in eine Transfergesellschaft ausgegliedert. Vielmehr wurde ihm auch nach der Umstrukturierung ein neues Aufgabengebiet zugewiesen. Von einer vollständigen Geschäftsaufgabe kann bei dieser Sachlage keine Rede sein.

Auch der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die hier maßgebliche Regelung des § 51 Abs. 3a SGB VI noch nicht bestanden hat und dem Kläger nach seiner Argumentation deswegen kein Missbrauch vorgeworfen werden könne, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Kläger wird durch die Neuregelung nicht schlechter gestellt als er bei seiner Entscheidung, das Arbeitsverhältnis zu beenden, stand. Bis zum 31. Juli 2014 waren auf die Wartezeit von 45 Jahren nach § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 SGB VI idF vom 1. Januar 2012 Zeiten nicht anrechenbar, in denen Versicherte wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld versicherungspflichtig waren. Damit war es für den Kläger im Jahr 2012 mehr oder weniger absehbar, dass er die Wartezeit von 45 Jahren nicht würde erfüllen können, wenn er zum 1. Januar 2013 arbeitslos werden würde. Die Neuregelung greift somit nicht in eine vertrauensgeschützte Rechtsposition ein (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rdnr. 47). Dem Kläger wird lediglich die Teilhabe an einer neu geschaffenen gesetzlichen Vergünstigung verwehrt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Juni 2016, L 9 R 695/16, juris, Rdnr. 33).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Regelung des § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 3a, 2. Halbsatz SGB VI für alle davon Betroffenen eine Härte bedeutet, soweit die Zeit nicht als Wartezeit berücksichtigt wird. Eine Ausnahme davon hat der Gesetzgeber aber nur in den Fällen vorgesehen, in denen er eine darüber hinausgehende besondere Härte gesehen hat. Diese knüpft nicht allein an dem Umstand der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit auf Seiten des Arbeitnehmers an, sondern erfordert zusätzlich, dass bei dem Arbeitgeber die Möglichkeit, Arbeitnehmer beschäftigen zu können, vollständig entfallen ist.

Die Regelung verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. z.B. Nichtannahmebeschluss vom 18. Mai 2016, 1 BvR 2217/11, juris, Rdnr. 19, 20 m.w.N.) gebietet der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung dem einen Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird. Grundsätzlich ist es Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft, vorausgesetzt die Auswahl ist sachgerecht. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit hat der Gesetzgeber eine besonders große Gestaltungsfreiheit. Im Falle der Aufrechterhaltung und Änderung von gewährenden Leistungen hat der Gesetzgeber jedoch darauf zu achten, dass insbesondere niemand aus sachfremden, willkürlichen Gründen gegenüber einem anderen benachteiligt wird. 

Ausgehend davon schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung der umfangreichen und ausführlichen Begründung des Sozialgerichts an (§ 153 Abs. 2 SGG). 

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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