Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird
abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Die Antragstellerin begehrt eine vorläufige Regelung hinsichtlich Leistungen der häuslichen Krankenpflege für 24 Stunden täglich ohne Anrechnung von Grundpflegezeiten und ohne Anrechnung von Leistungen der Pflegestufe III.
Der am 20.12.2013 bei Gericht eingegangene (sinngemäße) Antrag,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, vorbehaltlich einer Folgeverordnung auch über den 15.01.2014 hinaus, eine 24-stündige Behandlungspflege in Form einer speziellen Krankenbeobachtung durch qualifiziertes Pflegepersonal als Sachleistung zu gewähren, hat keinen Erfolg.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden, § 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ob ein Anordnungsanspruch gegeben ist, hängt im allgemeinen von einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache ab, wobei bei irreversiblen gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. Gefährdung des Lebens, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch Fragen des Grundrechtsschutzes (Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz) einzubeziehen sind (z.B. Bundesverfassungsgericht vom 19.03.2004, NJW 2004, 3100). Unter Beachtung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz ist vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
Demzufolge hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf Behandlungspflege für 24 Stunden täglich. Gemäß § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Da nach § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V Ziel der ärztlichen Behandlung die Heilung einer Krankheit, Verhütung einer Verschlimmerung, Linderung der Krankheitsbeschwerden und nach der Rechtsprechung auch die Verlängerung des Lebens ist (vgl. BSG, Urteil vom 10.10.1978, Az. 3 RK 81/77), gelten gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 37 Abs. 2 SGB V diese Leistungsziele auch für die häusliche Krankenpflege.
Die Antragstellerin hat im vorliegenden Fall nicht die medizinische Notwendigkeit der Behandlungspflege für 24 Stunden durch Fachpersonal glaubhaft gemacht. Zwar hat der Lungenarzt Dr. E. seit dem 27.05.2013 24-Stunden Behandlungspflege in Form einer spezialisierten Krankenbeobachtung durch examiniertes Fachpersonal fortlaufend verordnet. Ausweislich des im Hauptsacheverfahren (Az. S 8 KR 653/13) eingeholten Gutachtens des Dr. J. kann bei der Antragstellerin eine 24-stündige Behandlungspflege jedoch nicht abgeleitet werden. Zu diesem Ergebnis kommt der Gutachter nachvollziehbar und schlüssig. Gegen das Erfordernis einer 24-stündigen Behandlungspflege spricht, dass eine Beatmung der Antragstellerin nicht erforderlich ist und auch nie erforderlich war. Die Verordnung von Codein durch Dr. E. am 28.05.2013 spricht gegen das Vorliegen einer respiratorischen Insuffizienz und einer Verschleimung. Die Codein Tropfen werden bei der Antragstellerin seither nach Bedarf angewendet. Auch im Beisein des Gutachters Dr. J. wurden der Antragstellerin Codein Tropfen verabreicht. Bei der Begutachtung durch Dr. J. am 13.01.2014 war die Lunge der Antragstellerin völlig frei. Die körperlichen Untersuchungen lassen ausweislich des Gutachtens nicht den Schluss zu, dass bei der Antragstellerin eine so hohe Schleimproduktion seitens der Atemwege besteht, dass hierdurch eine vitale Gefährdung entsteht. Es waren auch keine eindeutigen organischen Veränderungen festzustellen, die eine regelmäßige Absaugung erforderlich machen. Der Gutachter kommt zum Ergebnis, dass bei der Antragstellerin die Diagnostik noch nicht abgeschlossen ist. So sollte abgeklärt werden, ob tatsächlich eine schwere neurogene Schluckstörung vorliegt, wie dies im Befundbericht des Dr. R. beschrieben ist; dies würde dann aber die Anlage einer PEG-Sonde zur Vermeidung von rezidivierend auftretenden Pneumonien erforderlich machen und nicht die 24-stündige endotracheale Absaugung. Weiter spricht gegen das Erfordernis einer 24-stündigen Behandlungspflege, dass sich weder im Rahmen der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) noch im Rahmen der Begutachtung durch Dr. J. eindeutig klären lies, ob in den letzten Monaten tatsächlich eine endotracheale Absaugung (=Absaugung im Bereich der Luftröhre) vorgenommen wurde oder ob die Absaugung nicht lediglich im Mund und Rachenbereich erfolgt ist. Nur die endotracheale Absaugung würde aber eine 24-stündige Behandlungspflege erforderlich machen.
Es besteht auch kein Anordnungsgrund.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss für die Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sein; d.h. es muss eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert. Entscheidend ist, ob es bei einer Interessenabwägung für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 27a f.). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung setzt die Annahme eines Anordnungsgrundes voraus, dass anderenfalls mit schweren und unzumutbaren Nachteilen zu rechnen ist, weil das Abwarten des Hauptsacheverfahrens zu einem Risiko irreversibler gesundheitlicher Beeinträchtigungen führt, und der Betroffene nicht in der Lage ist, die Kosten vorläufig selbst zu tragen (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 86b Rn. 33a).
Es ist zwar ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Antragstellerin die sehr hohen Kosten für eine 24-Stunden Behandlungspflege nicht vorläufig selbst tragen kann. Jedoch führt das Abwarten der Hauptsache ausweislich der Gutachten des MDK und des Gutachtens des Dr. J. nicht zu schweren und unzumutbaren Nachteilen. Insbesondere besteht ausweislich des Gutachtens des Dr. J. keine so hohe Schleimproduktion seitens der Atemwege, dass hierdurch eine vitale Gefährdung entsteht (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.