Zur Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit eines (Haus)Gebärdensprachkurses für ein 4-jähriges Kind.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 15. Oktober 2021 aufgeboben.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch für 6 Monate einen (Haus)Gebärdensprachkurs bei einem Dozenten für Deutsche Gebärdensprache im Umfang von 4 Förderstunden pro Woche zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für einen (Haus)Gebärdensprachkurs.
Die 2017 geborene Antragstellerin leidet unter einer Sprachentwicklungsstörung i.S. einer verbalen Entwicklungsdyspraxie (Entwicklungsstörung des kindlichen Sprechens - mangelhafte Aussprache -), die nicht mit einer sprachrelevanten Hörstörung verbunden ist und verfügt seit Februar 2021 über den Pflegegrad 3 (Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung – MDK – vom 16. März 2021). Die Antragstellerin besucht seit dem 1. August 2020 die Kindertagesstätte E-Stadt. Mit Bescheid vom 5. Mai 2021 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für die Zeit vom 1. Juni 2021 bis 31. Juli 2022 einen Zuschuss für die Integration in der Kindertagesstätte - Integrationskraft - (pro Kindergartenjahr maximal 15 Stunden/Woche).
Die Antragstellerin beantragte, vertreten durch ihre Eltern, bei der Antragsgegnerin am 26. Februar 2021 die Gewährung eines (Haus)Gebärdensprachkurses im Umfang von 6 Stunden pro Woche. Zur Begründung führten die Eltern der Antragstellerin aus, dass diese krankheitsbedingt ihre Zunge nicht intuitiv nach links, rechts oder nach oben bewegen könne. Da diese Bewegungen für die Lautsprache elementar seien, könne die Antragstellerin mit ihren knapp 4 Jahren nur wenige Wörter verständlich aussprechen. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin trotz Ergotherapie und Logopädie demnächst oder in absehbarer Zeit in der Lage sein werde, die Lautsprache zu sprechen. Daher sei insbesondere vom Sozialpädiatrischen Zentrum des Klinikums Kassel zum Erlernen der Gebärdensprache geraten worden, um mit der Antragstellerin kommunizieren zu können. Zur Bestätigung ihres Vorbringens legten die Eltern der Antragstellerin Arztbriefe aus der Universitätsmedizin Göttingen, Prof. Dr. F. und Dr. G., vom 4. Februar 2021, aus der Neuropädiatrie mit Sozialpädiatrischem Zentrum des Klinikums Kassel, Prof. Dr. H. und Dr. N., vom 15. Januar 2021, von Dr. N., Hals-Nasen-Ohrenarzt, Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie, vom 17. Dezember 2020 und Unterlagen aus der Praxis für Ergotherapie, Frau J., vom 5. Februar 2021 nebst logopädischen Berichten über die Antragstellerin aus der Logopädischen Praxis/Stimmzentrum K-Stadt vom 5. Februar 2021 und vom 22. Dezember 2020 und ärztliche Atteste von Dr. L., Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Pädiatrische Pneumologie, Allergologie, vom 22. März 2021 und von Prof. Dr. H. vom 15. März 2021 vor. Ergänzend zog die Antragsgegnerin Unterlagen vom Jugendamt Kassel (Vorlage zur kollegialen Entscheidung über den Antrag auf Einleitung eines Hausgebärdensprachkurses für die Eltern mit 6 Stunden pro Woche, vorbehaltlich des Gebärdensprachkurses für die Antragstellerin über das Sozialamt) vom 18. März 2021 bei. Sodann veranlasste die Antragsgegnerin ein amtsärztliches Gutachten bei der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Frau M. Diese kam nach einer Untersuchung der Antragstellerin am 22. April 2021 im Rahmen ihres Gutachtens vom 29. April 2021 zu dem Ergebnis, dass aus amtsärztlicher Sicht die beantragte Maßnahme des Gebärdensprachkurses nicht geeignet sei. Es sei dringend eine Einführung der Methoden der Unterstützten Kommunikation erforderlich, um der Antragstellerin zu einer Kommunikation mit allen Beteiligten zu verhelfen. Mit Bescheid vom 5. Mai 2021 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Übernahme der Kosten für einen (Haus)Gebärdensprachkurs ab. Nach einem kollegialen Austausch zwischen dem Gesundheitsamt (Frau M.) und dem Sozialpädiatrischen Zentrum (Prof. Dr. H.) und unter Zugrundelegung der von der Antragstellerin eingereichten ärztlichen Stellungnahmen und Befunde werde ein Förderkonzept aus einer intensiven logopädischen Behandlung mit Unterstützter Kommunikation, einer Kindergartenintegrationsmaßnahme sowie einer interdisziplinären Frühförderung als erfolgsversprechender bewertet. Zentraler Aspekt in diesem Konzept sei, dass alle Beteiligten mit Unterstützter Kommunikation arbeiten würden. Den Widerspruch der Eltern der Antragstellerin vom 17. Mai 2021, im Rahmen dessen diese darauf hinwiesen, dass das Jugendamt dem Antrag auf einen (Haus)Gebärdensprachkurs für die Eltern stattgegeben habe, dies aber notwendigerweise an einen Sprachkurs der Antragstellerin geknüpft sei, und ergänzend eine Stellungnahme von Frau P., K-Stadt Logopädie/Stimmzentrum, vom 24. März 2021 und die Verordnung von Prof. Dr. H. vom 23. April 2021 über Kestner-Gebärdenwortschatz als App vorlegten, wies die Antragsgegnerin nach der Einholung eines erneuten amtsärztlichen Gutachtens durch Frau M. vom 3. September 2021 mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2021 zurück.
Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin am 6. Oktober 2021 Klage zu dem Sozialgericht Kassel erhoben und gleichfalls unter dem 6. Oktober 2021 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen eines (Haus)Gebärdensprachkurses gestellt. Zur Begründung hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin vorgetragen, dass sowohl die die Antragstellerin behandelnden Ärzte Prof. Dr. H. und Dr. L. als auch die Logopädin Frau P. ausweislich der vorgelegten fachkundigen Bescheinigungen das Erlernen der Deutschen Gebärdensprache als für die Antragstellerin „äußerst wichtig“, „dringend notwendig“ und „sinnvoll und ergänzend“ erachteten. Das Sprechvermögen der Antragstellerin befinde sich krankheitsbedingt auf dem Stand eines 2,5-jährigen Kindes, während sie beim Wortverständnis ihrem biologischen Alter etwa ein halbes Jahr voraus sei. Dadurch entstünden im Alltag erhebliche Probleme, da sich die Antragstellerin nicht verstanden fühle (ausgeprägtes Störungsbewusstsein). Bei Vertrauenspersonen (Eltern, Schwester etc.) reagiere sie häufig sehr aggressiv, bei Personen, die ihr nicht wichtig seien, entferne sie sich, weshalb sie im Kindergarten als Spielpartner lediglich eine Erzieherin oder Praktikantin bzw. einen einzigen Kinderfreund habe. Die Antragstellerin lehne andere kommunikationsunterstützende Technik teilweise komplett ab (Talker, Ich-Buch, Bildkarten für Unterstützte Kommunikation), was an ihrer Intelligenz liege. Aus dieser Situationsbeschreibung ergebe sich eine erhebliche Gefährdung des Kindeswohls (grundlegende Entwicklungsverzögerungen bezüglich der erheblichen sprach- und kommunikationsbedingten Barrieren). Die Auffassung der Amtsärztin, wonach der Hilfebedarf der Antragstellerin durch Einführung einer so genannten Unterstützten Kommunikation vollständig abgedeckt werden könne, entspreche nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Dass die Amtsärztin sich bei ihrer gutachterlichen Ablehnung auf ein Telefonat mit Prof. Dr. H. stütze, sei nicht nachzuvollziehen. Dieser habe sowohl in seiner sozialpädiatrischen Bescheinigung vom 15. März 2021 als auch per Mail am 25. März 2021 einen (Haus)Gebärdensprachkurs empfohlen. Insoweit sei ausdrücklich auf Art. 24 Abs. 3 b) und c) der UN-Behindertenrechtskonvention hinzuweisen. Unstreitig liege bei der Antragstellerin eine Teilhabebeeinträchtigung besonders im Bereich Kommunikation und der interpersonellen Interaktion und bei Beziehungen vor. Auch wenn die Antragstellerin nicht gehörlos sei, sondern in Folge einer expressiven Sprachstörung (lediglich) in ihrem Spracherwerb sowie Sprachvermögen erheblich beeinträchtigt sei, benötige sie insbesondere im Blick auf den Erwerb von lebenspraktischen Fertigkeiten und sozialen Kompetenzen eine Förderung in der Deutschen Gebärdensprache, da sie nur dadurch eine volle und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und eine zukünftige Teilhabe an Bildung erlangen könne. Zur Bestätigung seines Vorbringens hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin u.a. einen Kostenvoranschlag über einen (Haus)Gebärdensprachkurs von Herrn Q., Dozent für Deutsche Gebärdensprache, vom 5. Oktober 2021 für die Antragstellerin in Höhe von 141,10 € pro Stunde vorgelegt. Die Antragsgegnerin hat im Verfahren an ihrer Rechtsauffassung, dass der begehrte (Haus)Gebärdensprachkurs nicht dazu geeignet sei, die Teilhabeeinschränkungen der Antragstellerin zu beheben oder auch nur zu erleichtern, festgehalten. Dieser sei weder fachlich noch rehabilitationsrechtlich indiziert. Das zusätzliche Erlernen der Gebärdensprache sei nach amtsärztlicher Einschätzung kontraproduktiv, da es weder mittel- noch langfristig geeignet sei, das verbale Kommunikationsvermögen der Antragstellerin zu fördern und hierzu Anreize zu geben. Es seien eher eine Überforderung des Kindes und Rückschritte bzw. eine Verlangsamung beim therapeutisch unterstützten Lernen der Lautsprache zu besorgen. In der Kindertagesstätte werde zudem nicht in der Gebärdensprache kommuniziert, weil gerade dort mit der Unterstützten Kommunikation die Lautsprache geübt werden solle. Die Kommunikation mit den Eltern laufe zudem ohnehin im elterlichen Vertrauensverhältnis ab und betreffe nicht die gesellschaftliche Teilhabe. Mit Beschluss vom 15. Oktober 2021 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Rahmen seines Beschlusses vom 15. Oktober 2021 im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:
„Unstreitig gehört die mittlerweile 4-jährige Antragstellerin wegen der bei ihr bestehenden Sprachentwicklungsstörung zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach §§ 2, 76, 79, 99 und vor allem 113 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf Grundlage der bestandskräftigen Entscheidung der Antragsgegnerin vom 05.05.2021 zu den zu bewilligenden Rehabilitations- und Förderleistungen und der zahlreich vorliegenden fachärztlichen und Therapieberichte sowie der eindeutigen amtsärztlichen Beurteilungen zu den erforderlichen Unterstützungsleistungen zum Erlernen der Sprache durch die Antragstellerin sieht das Gericht weder weiteren gutachterlichen Aufklärungsbedarf, noch einen Anknüpfungspunkt für eine Folgenabwägung im Rahmen der beantragten Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.
Die Notwendigkeit eines häuslichen Gebärdensprachkurses für die nicht gehörlose oder hörbehinderte Antragstellerin zusätzlich zu den im Rahmen der sozialen Teilhabeleistungen des § 113 SGB IX bewilligten und seitdem durchgeführten Rehabilitations- und Förderleistungen zum Erlernen der Sprache durch die Antragstellerin ist für das Gericht in keinster Weise feststellbar, zumal das (selbst erfolgreiche) Erlernen der Gebärdensprache durch die Antragstellerin allenfalls zur Kommunikation mit den Eltern und damit im häuslichen Bereich dienlich sein kann, nicht aber die Teilhabe der Antragstellerin am Leben in der Gemeinschaft fördert. Für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes fehlt es damit bereits am Anordnungsanspruch. Auf die Frage der Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung kommt es insoweit gar nicht mehr an.“
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 15. Oktober 2021 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin am 25. Oktober 2021 bei dem Sozialgericht Beschwerde zum Hessischen Landessozialgericht erhoben. Zur Begründung weist er darauf hin, dass die Entscheidung des Sozialgerichts getroffen worden sei, bevor die Antragstellerin die Möglichkeit gehabt habe, auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 14. Oktober 2021 zu reagieren. Die fachkundigen Stellungnahmen von Prof. Dr. H., Dr. L. und Frau P. seien nicht beachtet worden. Die Antragstellerin solle im kommenden Jahr zudem die Vorschulklasse in der R.-Schule in A-Stadt besuchen. Hierbei handele es sich um eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Sprache und Gehör, in der die Schülerinnen und Schüler teilweise in Gebärden unterrichtet würden. Damit die Antragstellerin in Zukunft nicht nur am Leben in der Gemeinschaft, sondern auch am Bildungswesen gleichberechtigt mit anderen Kindern teilhaben könne und ihr eine Kommunikation auf der Grundlage der Gebärdensprache seitens der dort tätigen Lehrkräfte, gegebenenfalls unter Heranziehung von externen Gebärdendolmetschern möglich sei, sei für diese das Erlernen der Deutschen Gebärdensprache auch im Hinblick auf die alsbald anstehende, angemessene Schulbildung elementar bedeutsam. Unverständlich sei die Auffassung der Amtsärztin der Antragsgegnerin, wonach die erhebliche Sprachentwicklungsstörung der Antragstellerin mittels der Unterstützten Kommunikation kompensiert werden könne und solle. Diese Kommunikationsform sei im Falle der intelligenten Antragstellerin gänzlich untauglich. Frau M. verfüge als Kinderärztin weder über fundierte Fachkenntnisse in der Pädaudiologie noch der Phoniatrie und dürfte insoweit weder kompetent noch fachkundig befähigt sein, einen speziellen Eingliederungshilfebedarf bezüglich der Diagnose verbale Entwicklungsdyspraxie einer neutralen und objektiven Beurteilung unter Einbeziehung des Standes der medizinischen Wissenschaft zuzuführen. Soweit diese darauf hinweise, dass die Antragstellerin im Kindergarten mit der Gebärdensprache nicht verstanden werde, sei dies nicht nachvollziehbar. Im Rahmen der Vorschriften der Eingliederungshilfe bestehe für die Antragstellerin ein Anspruch auf eine Gebärdendolmetscherin/ Kommunikationsassistentin, die als so genannter „Sprachmittler“ eine gute Kommunikation der Antragstellerin mit den anderen Kindern im Kindergarten einschließlich des dort tätigen Personals gewährleiste.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 15. Oktober 2021 aufzuheben und die Antragsgegnerin vorläufig im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, der Antragstellerin für 6 Monate einen (Haus)Gebärdensprachkurs bei dem Dozenten für Deutsche Gebärdensprache Q., A-Stadt, im Umfang von 4 Förderstunden pro Woche zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass das Erlernen der Gebärdensprache für die Antragstellerin teilhaberechtlich nicht notwendig und therapeutisch womöglich sogar kontraproduktiv sei (Anreize zur Vermeidung des notwendigen Therapieprogramms zum Spracherwerb). Der Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin auf die vorgelegten (ärztlichen) Stellungnahmen seien im Kern unergiebig (u.a. ärztliches Kurzattest Dr. L. wegen der Kürze Vermutung einer Erstellung „auf Zuruf“ bzw. Gefälligkeit). Die Antragstellerin werde zudem erst im Juni 2023 ihr sechstes Lebensjahr vollenden und unterliege erst in über 1 ½ Jahren der Schulpflicht. Sollte die Antragstellerin dann nicht schulfähig sein, könne sie ab 2023 eine so genannte Vorklasse besuchen. Ein Gebärdensprachkurs sei allenfalls im häuslich – familiären Bereich zu bejahen und stelle damit keine erforderliche Teilhabeleistung im Sinne des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – (SGB IX) dar. Ausweislich der Stellungnahme der Erzieherin S. vom 16. November 2021 habe der Einsatz der Unterstützten Kommunikation sowie Ergotherapie und Logopädie zudem in der Kindertagesstätte eine positive Wirkung auf die Antragstellerin. Zur Bestätigung ihres Vorbringens hat die Antragsgegnerin u.a. eine ergänzende Stellungnahme von Frau M. vom 18. November 2021 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (2 Hefter) und die Gerichtsakte Bezug, die Gegenstand der Entscheidung waren.
II.
Die zulässige Beschwerde ist auch im Wesentlichen begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, d.h. dass dem Antragsteller ohne eine entsprechende Regelung schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, so dass ihm das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann (Anordnungsgrund) und ihm aufgrund der glaubhaft gemachten Tatsachen bei Prüfung der Rechtslage ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die begehrte Handlung bzw. Unterlassung zusteht (Anordnungsanspruch). Nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, Kommentar, 13. Auflage 2020, § 86b Rdnrn. 16b, 16c). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen dabei nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr verhalten sich beide in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Hessisches Landessozialgericht, Beschlüsse vom 21. Dezember 2009, L 4 KA 77/09 B ER - juris -; vom 21. März 2013, L 1 KR 32/13 B ER; vom 17. Januar 2018, L 1 KR 496/17 B ER; Keller, a.a.O., § 86b Rdnr. 27 und 29, 29a m.w.N.). Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen solchen verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, hat das Gericht im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Diese Anforderungen sind sowohl für Anfechtungs- wie für Vornahmesachen im Lichte der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) zu konkretisieren (zum Folgenden: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. August 2014, 1 BvR 1453/12 - juris -). Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Ist eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich - etwa weil es dafür weiterer, in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu verwirklichender tatsächlicher Aufklärungsmaßnahmen bedürfte -, ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dann auf der Grundlage einer Folgenabwägung erfolgt. Übernimmt das einstweilige Rechtsschutzverfahren allerdings vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens und droht eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung der Beteiligten, müssen die Gerichte bei den Anforderungen an die Glaubhaftmachung zur Begründung von Leistungen zur Existenzsicherung in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG Rechnung tragen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung haben sich am Rechtsschutzziel zu orientieren, das mit dem jeweiligen Rechtsschutzbegehren verfolgt wird (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26. Februar 2020, L 4 AY 14/19 B ER - juris -).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht.
Der Anspruch auf Übernahme von Kosten einer zusätzlichen Förderung der Gebärdensprache - (Haus)Gebärdensprachkurs - ergibt sich vorliegend zumindest als Leistung zur sozialen Teilhabe nach § 113 Abs. 1, 2 Nr. 6 SGB IX.
Die Antragstellerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe als Rechtsanspruch nach § 99 Abs. 1 SGB IX i.V.m. § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) und den §§ 1 bis 3 der Eingliederungshilfe-VO, jeweils in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung. Sie ist aufgrund der Entwicklungsdyspraxie in ihrer Teilhabefähigkeit wesentlich eingeschränkt (vgl. § 1 Nr. 6 Eingliederungshilfe-VO). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Der begehrte (Haus)Gebärdensprachkurs ist auch eine Leistung der Eingliederungshilfe. Nach § 113 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX stellen Hilfen zur Verständigung mit der Umwelt Leistungen zur Teilhabe dar. Nach § 82 Satz 1 SGB IX werden Leistungen zur Förderung der Verständigung erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Vorschrift gilt auch für Menschen mit besonders starker Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit; diese Beeinträchtigung kann sowohl die Wortfindung als auch das Artikulationsvermögen betreffen. Eine entsprechende Behinderung liegt damit vor, wenn der Behinderte sich nicht so ausdrücken kann, dass er von anderen verstanden wird, auch wenn sich diese um Verständigung bemühen. Ob ein „besonderer Anlass“ gegeben ist, muss nach den Gegebenheiten des Einzelfalls unter Berücksichtigung der in §§ 76, 113 SGB IX genannten Ziele und der dadurch bestehenden, über das übliche Maß hinausgehenden Kommunikationsbedürfnisse beurteilt werden (Dau in: Dau/Düwell/ Joussen/Luik, SGB IX, Kommentar, 6. Auflage 2022, § 82 Rdnr. 5). Ob der angestrebte (Haus)Gebärdensprachkurs der Antragstellerin allgemeine Fähigkeiten vermittelt, die sich nicht auf einen konkreten, besonderen Anlass begrenzen lassen, sondern den Erwerb einer eigenständigen Sprache darstellen, die sich grundsätzlich, wie jede andere Sprache auch, auf eine nicht von vornherein begrenzbare Zahl von Kommunikationsanlässen anwenden lässt, kann nach der Auffassung des Senats vorliegend offenbleiben. Die begehrte Leistung wird jedenfalls von § 113 Abs. 1 SGB IX umfasst. Hierbei handelt es sich um eine generalklauselartige Anspruchsnorm. Zum einen ergibt sich dies aus dem Wortlaut des Abs. 2, der nur Regelbeispiele aufführt, demzufolge auch andere Leistungen möglich sind, die sich nicht bereits aus den Regelbeispielen ergeben. Dies entspricht zum anderen auch der Vielfältigkeit der Teilhabebeschränkungsmöglichkeiten und der Vielfältigkeit der Möglichkeiten, diese zu beheben, weswegen die Notwendigkeit einer Generalklausel besteht (vgl. hierzu: Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Auflage, Stand: 13. November 2020, § 113 SGB IX Rdnr. 14; Sozialgericht Nürnberg, Urteil vom 27. November 2020, S 4 SO 81/18; zum Hausgebärdensprachkurs: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10. November 2020, L 8 SO 84/20 ER - juris -). Eingliederungshilfe bedeutet dabei die Ermöglichung oder Erleichterung der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft, eine Förderung von Kontakten auch und gerade zu nicht behinderten Menschen und zwar nicht nur zu nahestehenden Personen wie Familienangehörigen, sondern darüber hinaus zu allen Personen, die auf Grund gemeinsamer Interessen und Bedürfnisse dem behinderten Menschen helfen können, das Gefühl menschlicher Isolierung zu überwinden (Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 23. Mai 2012, L 8 SO 640/09 m.w.N., - juris -). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche, bei behinderten Kindern der Wünsche seiner Eltern, orientiert am Kindeswohl nach den Umständen des Einzelfalls. Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013, B 8 SO 18/12 R - juris -).
Die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches in Form der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme im beantragten Umfang für die Antragstellerin sind von dieser glaubhaft gemacht. Hierbei stützt sich der Senat im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz, für den, wie oben dargestellt, ein abgesenkter Beweismaßstab gilt, derzeit auf das vorgelegte Attest des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Dr. L. vom 22. März 2021, die sozialpädiatrische Bescheinigung von Prof. Dr. H. vom 15. März 2021, die Stellungnahme der Logopädin P. vom 24. März 2021 und ihre Stellungnahme im Rahmen des Antragsverfahrens beim Jugendamt (Vorlage zur kollegialen Entscheidung vom 18. März 2021) und den Bericht der Kindertagesstätte E-Stadt im Rahmen des Erstantrages von Eingliederungshilfe nach dem SGB IX vom 4. März 2021. Im Weiteren wird hierüber im Hauptsacheverfahren letztlich eine gutachterliche Klärung zu erfolgen haben. Dr. L. weist im Rahmen seines Attestes darauf hin, dass für die Antragstellerin das Erlernen der Gebärdensprache zurzeit äußerst wichtig ist, um bis zum vollständigen Erlernen der Lautsprache die psychische Belastung für diese abzumildern. Dies wird von Prof. Dr. H. für den Senat nachvollziehbar bestätigt, der die Methoden der Unterstützten Kommunikation bejaht, jedoch hierzu den Einsatz der Gebärdensprache für „sinnvoll und ergänzend“ erachtet. Nichts Anderes ist für den Senat aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten Stellungnahme der Erzieherin S. aus der Kindertagesstätte vom 16. November 2021 abzuleiten. Sie weist darauf hin, dass der Einsatz der Unterstützten Kommunikation sowie der Ergotherapie bzw. der Logopädie zwar eine positive Wirkung auf die Antragstellerin habe. Nach den Angaben der Erzieherin kann die Antragstellerin jedoch trotz der positiven Entwicklung nicht zuverlässig kommunizieren, was zu negativen Verhaltensweisen führt (Verweigerung, Rückzug). Auch sie befürwortet für den Senat nachvollziehbar und folgerichtig das Erlernen einer einheitlichen Gebärdensprache, da die Antragstellerin im verbalen Ausdruck muskulär an ihre Grenzen stößt. Die erlernte Gebärdensprache könnte nach Frau S. zu einer deutlichen emotionalen Entlastung bei der Antragstellerin beitragen, da sie ein weiteres Mittel der Kommunikation zur Verfügung gestellt bekäme. Dies steht in Übereinstimmung mit dem Bericht der Kindertagesstätte vom 4. März 2021, wonach sowohl im Bereich des „Lernens und der Wissensanwendung“ als auch in den Segmenten „Allgemeine Aufgaben und Anforderungen“ und „Kommunikation“ unter der Rubrik Förderschwerpunkte sowohl die Unterstützte Kommunikation als auch die Gebärdensprache „(mit allen Kindern nutzen und Kleingruppenarbeit)“ benannt wird. Auch die Logopädin P., die auf das Krankheitsbild der verbalen Entwicklungsdyspraxie spezialisiert ist, hält das Erlernen der Gebärdensprache für essentiell und weist in diesem Zusammenhang für den Senat nachvollziehbar darauf hin, dass das Kommunizieren über Gebärden die Kinder nicht hemmt oder sie das Interesse verlieren, Sprache zu lernen. Nach ihren Angaben lernen viele Kinder durch die Gebärdensprache schneller zu sprechen.
Vor diesem Hintergrund der übereinstimmenden Befürwortung des (ergänzenden) Erlernens der Gebärdensprache durch die die Antragstellerin behandelnden Ärzte und Fachkräfte (Logopädin, Erzieher) und dem für den Spracherwerb prägenden Alter der Antragstellerin kann die von der Amtsärztin vertretene Auffassung, dass die Aufnahme eines (Haus)Gebärdensprachkurses für die Antragstellerin schädlich sei, von dem Senat im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz nicht nachvollzogen werden. Nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin arbeitet die Unterstützte Kommunikation mit körpereigenen Kommunikationsformen (Gestik, Mimik, Körperhaltung, Gebärden und Handzeichen) und auch mit körperfernen Kommunikationsformen (elektronische und/oder nichtelektronische Kommunikationshilfen, Symboltafeln). Weshalb die Unterstützte Kommunikation die Sprachentwicklung nicht hemmen solle, das (ergänzende) Erlernen der Gebärdensprache dieses aber erreiche, erschließt sich dem Senat nicht. Das amtsärztliche Gutachten von Frau M. und ihre ergänzenden Stellungnahmen sind für den Senat insoweit nicht nachvollziehbar. Diesbezüglich fällt auf, dass sich bereits unter dem 31. März 2021 ein Vermerk in den Akten der Antragsgegnerin über ein Telefonat mit Frau M. findet, wonach diese mitteilt, dass zwar für den 22. April 2021 ein Untersuchungstermin für die Antragstellerin anberaumt worden sei, nach den Angaben von Frau M. der Gebärdensprachkurs aber voraussichtlich abgelehnt werde. Soweit Frau M. im Rahmen ihres Gutachtens vom 29. April 2021 einen kollegialen Austausch mit Prof. Dr. H. erwähnt, findet sich hierüber in den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin keinerlei Vermerk, der eine Nachvollziehbarkeit des Inhalts des Gesprächs für den Senat erleichtern könnte.
Soweit die Antragsgegnerin ausführt, dass in der Kindertagesstätte (derzeit) keine Gebärdensprache verwandt werde, führt dies nicht zu einer Verneinung des Anspruchs auf einen (Haus)Gebärdensprachkurs im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz. Insoweit verweist der Senat auf die im Rahmen der Eingliederungshilfe bestehenden Ansprüche auf Assistenzleistungen, § 113 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX und auf die bereits oben dargestellten Leistungen zur Förderung der Verständigung, § 113 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, die bei Geeignetheit und Erforderlichkeit von Eingliederungsmaßnahmen auch einen Gebärdendolmetscher bzw. eine Sprachassistenz umfassen können (vgl. hierzu ausführlich: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. März 2020, L 15 SO 33/18 - juris -).
Ein Schuldbeitritt der Antragsgegnerin kommt vorliegend nicht in Betracht. Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Eingliederungshilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe, § 123 Abs. 6 SGB IX. Die (Auswahl-)Entscheidung der Antragsgegnerin über die (konkrete) Lehrkraft hat die Antragsgegnerin nach pflichtgemäßer Ermessensausübung zu treffen. Nach § 104 SGB IX bestimmen sich die Leistungen der Eingliederungshilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfes, den persönlichen Verhältnissen, dem Sozialraum und den eigenen Kräften und Mitteln; dabei ist auch die Wohnform zu würdigen (Abs. 1 Satz 1). Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, ist zu entsprechen, soweit sie angemessen sind (Abs. 2 Satz 1). Die Wünsche der Leistungsberechtigten gelten nicht als angemessen, wenn und soweit die Höhe der Kosten der gewünschten Leistung die Höhe der Kosten für eine vergleichbare Leistung von Leistungserbringern, mit denen eine Vereinbarung nach Kapitel 8 besteht, unverhältnismäßig übersteigt und wenn der Bedarf nach der Besonderheit des Einzelfalles durch die vergleichbare Leistung gedeckt werden kann (Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2). Bei der Entscheidung nach § 104 Abs. 2 SGB IX ist zunächst die Zumutbarkeit einer von den Wünschen des Leistungsberechtigten abweichenden Leistung zu prüfen (Abs. 3 Satz 1). Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände einschließlich der gewünschten Wohnform angemessen zu berücksichtigen (Abs. 3 Satz 2). Bei Unzumutbarkeit einer abweichenden Leistungsgestaltung ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen (Abs. 3 Satz 5). Eine Ermessensreduzierung auf Null ist vorliegend von der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht worden.
Der Anordnungsgrund ergibt sich vorliegend aus den umfangreichen und glaubhaften Schilderungen der Eltern der Antragstellerin und wird im Blick auf ihren dringend notwendigen Spracherwerb zur Integration gerade auch durch die von der Antragsgegnerin vorgelegte aktuelle Stellungnahme der Erzieherin Frau S. aus der Kindertagesstätte vom 16. November 2021 bestätigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.