L 6 P 4/21 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 13 P 50/20 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 P 4/21 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Zur (fehlenden) Antrags- beziehungsweise Klagebefugnis des Stammversicherten in der sozialen Pflegeversicherung im Streit um Leistungen des Familenversicherten.

2. Zur Auslegung eines im Namen einer Familie gestellten Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz.

I.    Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 25. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

II.    Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren Kosten nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes um die (nochmalige) Auszahlung von Pflegegeld in Höhe von insgesamt 948,- Euro (drei Monate zu je monatlich 316,- Euro).

Der Antragsteller erhält – als Familienversicherter im Rahmen des Versicherungsverhältnisses der Antragstellerin als Stammversicherter – von der Antragsgegnerin Pflegegeld aus der sozialen Pflegeversicherung nach Pflegegrad 2, also gerade in Höhe des monatlich streitigen Betrags. Die Leistungen wurden auf ein Konto des Antragstellers bei der D-bank AG überwiesen. Nachdem diese den Kontoführungsvertrag im Juli 2020 mit Wirkung zum 9. September 2020 gekündigt hatte, teilten die Antragsteller der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 24. September 2020 mit, sie hätten „derzeit kein Konto. Die Zahlungen erst einmal stoppen“. Mit weiterer E-Mail vom 1. Oktober 2020 fragten sie bei der Antragsgegnerin an, welchen Auszahlungsweg statt der Überweisung diese „anbieten“ könne. Die Antragsgegnerin verwies daraufhin mit Schreiben vom 2. Oktober 2020 und ähnlich nochmals mit Schreiben vom 16. Oktober 2020 nur auf die Möglichkeit der Überweisung und bat um Mitteilung einer Bankverbindung. Mit Schreiben vom 6. November 2020, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 12. November 2020, teilten die Antragsteller eine neue Kontoverbindung mit.

Ungeachtet dessen zahlte die Antragsgegnerin – jeweils zu Ende des Vormonats – die Leistungen durchgängig und einschließlich der Leistungen für Dezember 2020 auf das Konto bei der D-bank. Mit E-Mail vom 17. November 2020 mahnten die Antragsteller an, das Pflegegeld für die letzten zwei Monate sei „bis Datum nicht! auf unserem Konto“; weitere ähnliche E-Mails folgten in den nächsten Tagen. Auch nachdem die Antragsgegnerin den Antragstellern mit Schreiben vom 24. November 2020 eine Übersicht über die von ihr im Jahr 2020 gezahlten Pflegeleistungen – die neben dem streitigen Pflegegeld weitere Leistungen enthielt – übermittelt hatte, verwiesen diese mit weiteren E Mails auf die nach ihrer Auffassung fehlenden 632,- Euro und die „Terrorisierei“, „Nerverei“ und den „emotionalen Missbrauch“, der sich aus dem Verhalten der Antragsgegnerin ergebe.

Nachdem die Antragsteller mit weiteren E-Mails, einem Telefonat und einem Schreiben vom 3. Dezember 2020 die ausstehenden Leistungen – ab Dezember 2020 in Höhe der streitigen 948,- Euro – bei der Antragsgegnerin angemahnt hatten, haben sie mit diesem Begehren als „Familie A. und B. A.“ und mit entsprechender Unterschrift beim Sozialgericht Gießen am 14. Dezember 2020 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit Schreiben noch vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Antragsteller aufgefordert, Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Während die Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 zunächst mitgeteilt hatten, bei dem hiesigen Verfahren handele es sich „offensichtlich um eine Überschneidung“, der Sachverhalt sei bereits in einem anderen Verfahren – S 5 KR 612/20 ER – mit Beschluss vom 8. Dezember 2020 „vorerst geklärt“ worden, hat das Sozialgericht mit Schreiben vom 21. Dezember 2020 darauf hingewiesen, dass es sich vorliegend um das die Zahlung von Pflegegeld betreffende Verfahren gegen die Antragsgegnerin als Pflegekasse handele, während das genannte andere Verfahren sich gegen die Antragsgegnerin als Krankenkasse gerichtet habe. Zur Begründung ihres Antrags im Rahmen des daraufhin fortgeführten hiesigen Verfahrens haben die Antragsteller insbesondere geltend gemacht, die Antragsgegnerin schulde ihnen seit drei Monaten das Pflegegeld, das in der Pflege dringend benötigt werde. Nicht sie, sondern die Antragsgegnerin habe sich mit der D-bank auseinanderzusetzen, da sie den zur Fehlüberweisung führenden Fehler begangen habe.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Antragsgegnerin die D-bank um Rücküberweisung der dorthin gezahlten Beträge gebeten. Diese hat daraufhin der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17. Dezember 2020 und vom 15. Januar 2021, und zwar konkret zu den am 31. August 2020, am 30. September 2020, am 30. Oktober 2020 und am 30. November 2020 gebuchten Beträgen für das Pflegegeld für den jeweils kommenden Monat, mitgeteilt, die Beträge seien dem Antragsteller (so die Angabe für die Zahlung am 31. August 2020) beziehungsweise den Antragstellern (so die Angabe für die weiteren Zahlungen) auf das Empfängerkonto mit der IBAN xxxxx1 gutgeschrieben worden. In einer ergänzenden E-Mail hat der D-bank darauf verwiesen, dass die Erstellung der von der Antragsgegnerin erbetenen Bestätigung über die „Nicht-Rückbuchungen“ erheblichen Aufwand bedeute und nur unter Vorbehalt erfolgen könne. Allerdings werde bereits durch die vorliegenden Schreiben dokumentiert, dass der Antragsteller die Gelder erhalten habe.

Das Sozialgericht Gießen hat sodann den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem angegriffenen Beschluss vom 25. Januar 2021 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetzt (SGG) seien einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheine (Regelungsanordnung). Bilde ein Leistungsbegehren den Hintergrund für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz, sei dieser grundsätzlich auf dieser Grundlage zu gewähren. Danach müsse die einstweilige Anordnung erforderlich sein, um einen wesentlichen Nachteil für den Antragsteller abzuwenden. Ein solcher Nachteil sei nur anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache zustehe (Anordnungsanspruch) und andererseits eine besondere Eilbedürftigkeit gegeben sei, wenn es also dem Antragsteller nicht zuzumuten sei, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Ein Anordnungsgrund sei anzunehmen, wenn eine dringliche Notlage vorliege, die eine sofortige Entscheidung erfordere. Eine solche Notlage sei bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen zu bejahen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) seien Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.

Vorliegend fehle es bereits an einem Anordnungsgrund. Die Antragsteller hätten trotz gerichtlicher Aufforderung nicht glaubhaft gemacht, dass sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile auf die Zahlung des Geldes angewiesen seien. Es seien keine Unterlagen vorgelegt worden, die darauf schließen ließen, dass die Antragsteller nicht die Entscheidung in der Hauptsache abwarten könnten. 

Außerdem hätten die Antragsteller bisher gar kein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht. Zwar sei die hier einschlägige Leistungsklage nicht an Fristen gebunden; ohne diese gebe es jedoch keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache, so dass bereits aus diesem Grund der Anordnungsanspruch entfalle. Schließlich fehle es auch insoweit an einem Anordnungsanspruch, als die Antragsgegnerin die streitigen Beträge jeweils auf das ihr von den Antragstellern angegebene Konto bei der D-bank überwiesen und somit mit befreiender Wirkung geleistet habe. Der geltend gemachte Anspruch auf Pflegegeld   sinngemäß für die Monate September bis November 2020 – sei unstrittig und von der Antragsgegnerin durch Überweisung auf die von den Antragstellern benannte Bankverbindung rechtzeitig bewirkt worden. Erst mit Schreiben vom 6. November 2020, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 12. November 2020, hätten die Antragsteller diese über eine neue Bankverbindung informiert. Zudem sei eine Rücküberweisung durch die D-bank nicht vorgenommen worden, so dass davon auszugehen sei, dass die Gutschrift in den Herrschaftsbereich der Antragsteller gelangt sei.

Die Antragsteller haben – wiederum als „Familie A. und B. A.“ und mit entsprechender Unterschrift – nach Zustellung des Beschlusses am 27. Januar 2021 mit Schreiben vom Folgetag und ähnlich mit einem weiteren Schreiben vom 8. Februar 2021 beanstandet, der maßgebliche Fehler liege allein bei der Antragsgegnerin. Deren Verhalten laufe „auf Aussitzen hinaus“. Das ausstehende Pflegegeld werde dringend benötigt. Da das Pflegegeld eine Leistung zur Sicherung der Pflege sei, stelle ein Ausbleiben dieser Mittel eine echte Bedrohung des Gesundheitszustandes der zu pflegenden Person dar.

Sie beantragen sinngemäß, 

den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 25. Januar 2021 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen einen Betrag von 948,- Euro – Pflegegeld für die Monate Oktober bis Dezember 2020 – auf das Konto mit der IBAN xxxxx2 zu überweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Antragsgegnerin übermittelten Aktenunterlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt; allerdings war und ist der Antrag der Antragstellerin bereits unzulässig. 

1. Das Schreiben der Antragsteller vom 28. Januar 2021 ist als Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 25. Januar 2021 zu werten. Mit diesem Schreiben, das sie unmittelbar nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses verfasst haben müssen, insistieren sie auf ihrem bisherigen Vorbringen und machen deutlich, dass sie ihr Begehren weiterverfolgen. Auch wenn das Schreiben nicht in Form einer Rechtsmittelschrift verfasst ist, genügt dies bei unvertretenen Beteiligten wie den Antragstellern, um davon auszugehen, dass sie das statthafte Rechtsmittel ergreifen wollen, wenn dies der einzige Weg ist, um ihr erkennbares Ziel zu erreichen.

2. Gegenstand des im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgten Begehrens ist die (erneute) Auszahlung des zu Gunsten des Antragstellers bewilligten Pflegegeldes in Höhe von monatlich 316,- Euro für die Monate Oktober bis Dezember 2020. Soweit es in der angegriffenen Entscheidung auf Seite 4 heißt, es gehe um das Pflegegeld für die Monate September bis November 2020, handelt es sich ersichtlich um ein Versehen: Tatsächlich haben die Antragsteller durchgängig die – regelmäßig bereits am Ende des Vormonats übermittelten – Zahlungen für die Monate ab Oktober 2020 geltend gemacht, im November 2020 dementsprechend zunächst (nur) Zahlungen in Höhe von insgesamt 632,- Euro für Oktober und November 2020 und in ihren Schreiben an die Antragsgegnerin aus dem Dezember und im hiesigen Verfahren zusätzlich die Ende November 2020 zu erwartende Zahlung für Dezember 2020. 

Dabei streiten die Beteiligten nicht um die Bewilligung von Pflegegeld, sei es dem Grunde, sei es der Höhe nach, sondern um dessen Auszahlung; ein Verwaltungsakt ist somit nicht im Streit. Das Sozialgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass vorliegend in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren eine sogenannte reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG und im hiesigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ein Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft ist.

3. Die Beschwerde ist angesichts der Höhe des streitigen Betrages statthaft (§ 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässig, namentlich form- und fristgemäß erhoben (vgl. zu den entsprechenden Anforderungen § 173 Satz 1 SGG). 

Für die Beschwerdebefugnis (auch) der Antragstellerin genügt, dass sie durch die angegriffene Entscheidung formell beschwert ist, weil diese ihr versagt, was sie beantragt hatte; für die Zulässigkeit der Beschwerde ist damit nicht entscheidend, dass sie nicht Inhaberin des streitigen Zahlungsanspruchs ist.

Schließlich ist die Beschwerde für beide Antragsteller wirksam erhoben. Zwar treten diese durchgängig als „Familie A. und B. A.“ auf und haben (unter anderem) auch das Beschwerdeschreiben vom 28. Januar 2021 sowie das nachfolgende Schreiben vom 8. Februar 2021 mit „Familie A.“ gezeichnet. Das ist im Ergebnis unschädlich, auch wenn das deutsche Recht im Allgemeinen und das sozialgerichtliche Verfahrensrecht die Familie als Rechtssubjekt und mögliche Beteiligte eines sozialgerichtlichen Verfahrens nicht kennt. Bei der gebotenen, an den erkennbaren Interessen der Antragsteller orientierten Auslegung lässt sich das Beschwerdeschreiben jedoch – wie auch die vorhergehenden Schreiben – dahin verstehen, dass die jeweiligen Erklärungen, also auch die Beschwerdeerhebung, im Namen der beiden genannten Einzelpersonen, also beider Antragsteller, abgegeben werden sollten.

Der Senat hält es unter den gegebenen Umständen auch für unschädlich, dass weder aus der Unterschriftszeile noch sonst deutlich wird, ob die Antragstellerin oder der Antragsteller das als Beschwerde einzustufende Schreiben (und ebenso die früheren Schreiben sowie das Schreiben vom 8. Februar 2021) gezeichnet hat. Vielmehr kann – gerade weil die Schreiben im Namen der „Familie A. und B. A.“ verfasst und unterschrieben sind – davon ausgegangen werden, dass die- oder derjenige von beiden, die oder der das Schreiben eigenhändig unterschrieben hat, die damit verbundenen Erklärungen jeweils für sich selbst und gleichzeitig für die beziehungsweise den anderen abgeben wollte. Da nach § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG bei Ehegatten unterstellt werden kann, dass sie vom anderen bevollmächtigt sind und also wirksam für den anderen handeln können, hält es der Senat auch für entbehrlich zu klären, von wem konkret die Unterschrift stammt und wer also in Person erklärt hat und für wen in Vertretung erklärt worden ist. Auch die Vorlage einer schriftlichen Vollmachtsurkunde ist auf Grund der Regelung aus § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG nicht notwendig. 

4. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.

a) Allerdings war und ist der Antrag der Antragstellerin bereits unzulässig, da sie nicht Inhaberin des streitigen (Zahlungs )Anspruchs sein kann und diesbezüglich auch nicht aus anderen Gründen prozessführungsbefugt ist. 

Streitig ist der wegen der Pflegebedürftigkeit des Antragstellers bestehende Anspruch auf Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen aus § 37 Sozialgesetzbuches Elftes Buch   Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) beziehungsweise auf Auszahlung der auf dieser Grundlage bewilligten Leistungen. Dabei ist der Antragsteller – offenbar – als Ehemann der Antragstellerin auf der Grundlage der Regelungen über die Familienversicherung nach § 25 SGB XI in das bei der Antragsgegnerin bestehende Pflegeversicherungsverhältnis einbezogen. Trotz dieser abgeleiteten Stellung ist er selbst Versicherter und hat eigene Leistungsansprüche gegen die Pflegekasse (vgl. für viele Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 25 – Stand: Oktober 2020 – Rn. 48). Das streitige Pflegegeld steht damit dem Antragsteller in eigener Person zu und kann (nur) von ihm gerichtlich geltend gemacht werden. Anhaltspunkte, dass (daneben) die Antragstellerin, sei es durch die den umstrittenen Zahlungen zugrunde liegende Bewilligung, sei es materiell durch die Regelungen des Sozialgesetzbuches Elftes Buch, begünstigt und selbst prozessführungsbefugt wäre, bestehen nicht. 

Namentlich begründet die Stellung der Antragstellerin als Stammversicherte nicht das Recht, die Leistungsansprüche des Antragstellers beziehungsweise dessen auf Auszahlung gerichtetes Begehren in eigenem Namen geltend zu machen (vgl. hierzu nochmals Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 25 – Stand: Oktober 2020 – Rn. 48; außerdem Klein, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, § 25 SGB – Stand: 14. Januar 2020 – Rn. 37; Simon, in: Berchthold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, 2. Aufl. 2018, § 25 SGB XI Rn. 36). Vielmehr sollte mit der Ablösung der früheren Familienhilfe in der gesetzlichen Krankenversicherung und deren Ersetzung durch die Familienversicherung durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) gerade eine das Selbstbestimmungsrecht des (Familien )Versicherten stärkende Konstruktion eingeführt werden (vgl. dazu die Gesetzesmaterialien BR-Drs. 200/88 S. 161), mit der untrennbar verbunden ist, dass regelmäßig (nur) der (Familien )Versicherte selbst – unabhängig vom Stammversicherten – die ihm zustehenden Leistungsansprüche geltend machen kann (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 1999 – B 1 KR 6/99 R –, SozR 3-2500 § 10 Nr. 16; vgl. zum Krankenversicherungsrecht weiter – für viele – Peters, in: Kasseler Kommentar, § 25 Rn. 55 – Stand der Einzelkommentierung: August 2019 –). Die gesetzliche Pflegeversicherung hat bei ihrer Einführung durch das Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz) vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) sogleich diesen Rechtsstand aufgenommen, so dass auch die einem Familienversicherten zustehenden Leistungsansprüche aus dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (nur) von diesem selbst eingefordert und durchgesetzt werden können. 

Weiter ist auch eine Pflegeperson nicht berechtigt, einen Anspruch auf Pflegegeld in eigenem Namen gerichtlich einzufordern, da die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch der sozialen Sicherung des Pflegebedürftigen und nicht der der Pflegeperson dienen (vgl. ebs. Bay. LSG, Urteil vom 3. Dezember 2012 – L 2 P 65/12 B ER –, juris, Rn. 20; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2012 – L 27 P 30/11 –, BeckRS 2013, 66233; Sieper, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 37 Rn. 35 – Stand der Einzelkommentierung: Juli 2020 –; Pfitzner, in: Rolfs u.a., BeckOK Sozialrecht, § 14 SGB XI Rn. 337 – Stand: 1. Dezember 2020 –). Der Senat muss daher nicht klären, ob die Antragstellerin überhaupt Pflegeperson ist. 

Umso weniger genügt für eine eigene Antragsbefugnis der Antragstellerin, dass sie als Ehefrau des Antragstellers im Zweifel von einer Zahlung wirtschaftlich profitieren würde. 

Die Antragstellerin kann daher den streitigen (Auszahlungs )Anspruch von vornherein nicht gerichtlich durchsetzen, ihr Antrag ist unzulässig.

b) Auch zu Gunsten des Antragstellers kann die begehrte Regelungsanordnung nicht ergehen. Deren Voraussetzungen nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG liegen nicht vor.

aa) Das Gericht kann, wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, eine entsprechende Anordnung (nur) erlassen, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. hierzu – für viele – erk. Senat, Beschluss vom 21. August 2020 – L 6 AS 383/20 B ER –, juris, Rn. 21 ff.) ist ein solcher Nachteil (nur) anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin – mit hinreichender Wahrscheinlichkeit – ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Ausgehend von diesen allgemeinen Maßstäben kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Leistungen, die für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zu erbringen sind, in aller Regel nicht in Betracht. Vielmehr dienen Regelungsanordnungen der Abwendung einer gegenwärtigen, durch die in Frage stehende Leistung beziehungsweise deren Ausbleiben verursachten Notlage (vgl. erk. Senat, Beschluss vom 17. März 2020 – L 6 AS 143/20 ER –, juris, Rn. 21). Für Leistungszeiträume in der Vergangenheit kommt der Erlass einer Regelungsanordnung daher nur in Betracht, sofern ausnahmsweise glaubhaft gemacht wird, dass eine durch das Ausstehen der streitigen Leistung verursachte Notlage gegenwärtig fortwirkt (vgl. für viele Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 86b Rn. 35a).

bb) Danach kann, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, eine einstweilige Anordnung vorliegend nicht erlassen werden, weil der Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat. Ganz überwiegend stehen (Zahlungs )Ansprüche für Zeiträume vor der Einleitung des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz im Streit. Unter diesen Umständen käme, wie ausgeführt, der Erlass einer einstweiligen Anordnung nur ausnahmsweise und nur dann in Betracht, wenn konkret ein spezifischer Nachholbedarf glaubhaft gemacht worden wäre, was jedoch nicht geschehen ist. 

Aber auch im Übrigen, also soweit die Zeit ab 14. Dezember 2020 betroffen ist, ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Hierfür ist es gerade nicht ausreichend, auf die vermeintliche oder tatsächliche Fehlerhaftigkeit des Verwaltungshandelns zu verweisen, da dies im Regelfall im Hauptsacheverfahren zu klären ist und entsprechende Umstände, bezogen auf die Voraussetzungen einstweiligen Rechtsschutzes, nur den Anordnungsanspruch begründen könnten. Auch der – im Übrigen nur pauschal behauptete – Vorwurf, das Verhalten der Antragsgegnerin laufe „auf Aussitzen hinaus“, genügt zur Begründung der Eilbedürftigkeit nicht, umso mehr als nicht erkennbar ist, dass diese die streitige Zahlung (nur) verzögern wollte, vielmehr ihre Rechtsauffassung geltend macht, zu einer solchen nicht (nochmals) verpflichtet zu sein. Ob diese Auffassung zutrifft, ist im Hauptsacheverfahren zu klären. Ein Verhalten der Antragsgegnerin, das allein auf die willkürliche Verzögerung der Auszahlung zielt, ist nicht zu erkennen. 

Schließlich hat der Antragsteller geltend gemacht, die Leistungen würden dringend benötigt, ihr Ausbleiben bedrohe den Gesundheitszustand der zu pflegenden Person. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag nicht glaubhaft gemacht ist – obwohl das Sozialgericht bereits mit der Eingangsverfügung aufgefordert hatte, Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen –, ist er bei weitem nicht konkret genug, um einen Anordnungsgrund erkennbar werden zu lassen. In der vorgerichtlichen Korrespondenz mit der Antragsgegnerin haben die Antragsteller – insoweit etwas konkreter – geltend gemacht, deren Verhalten habe dazu geführt, dass sie, die Antragsteller, ihre (Stief )Tochter seit über einem Jahr nicht mehr gesehen hätten; auch das ist allerdings nicht näher konkretisiert, geschweige denn glaubhaft gemacht. Umso weniger genügen für die Begründung der Eilbedürftigkeit die im vorgerichtlichen Schriftverkehr wiederholt erhobenen und schon der sprachlichen Form nach ersichtlich unangemessenen Vorwürfe der „Terrorisierei und Nerverei“ etc. 

Da ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist, muss der Senat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht prüfen, ob die Antragsgegnerin sich zu Recht auf die Erfüllungswirkung der von ihr auf das frühere Konto der Antragsteller bei der D-bank erbrachten Zahlungen beruft. Nicht unerhebliche Zweifel daran bestehen zwar insofern, als die Antragsteller immerhin schon im September 2020 und damit vor der ersten im hiesigen Verfahren streitigen Zahlung mitgeteilt hatten, dass das Konto nicht mehr bestehe und eine Überweisung auf dieses nicht mehr erfolgen solle. Grundsätzlich ist nämlich nur eine den Anweisungen des Leistungsberechtigten entsprechende Überweisung erfüllungstauglich (vgl. BSG, Urteil vom 14. August 2003 – B 13 RJ 11/03 R –, NZS 2004, 374). Allerdings müsste der Antragsteller die Zahlung (dennoch) gegen sich geltend lassen, wenn er die Verfügung über die Mittel trotz der Kontoschließung tatsächlich erlangt hätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 11 AL 13/12 R –, BSGE 115, 106). Das wird gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren zu klären sein. 

Allerdings hat der Antragsteller vor diesem Hintergrund auch einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht: Er hat sich nämlich zu dem Vortrag der Antragsgegnerin und den von dieser vorgelegten Schreiben der D-bank, die immerhin darauf hindeuten, das Geld könnte tatsächlich in die Verfügungsgewalt des Antragstellers gelangt sein, und den entsprechenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss nicht ansatzweise erklärt, geschweige denn Vortrag hierzu glaubhaft gemacht. Der wiederholte Verweis auf den Fehler der Antragsgegnerin reicht vor diesem Hintergrund nicht aus, um einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen, da er dann keine Relevanz hätte, wenn die Antragsteller dennoch auf die Gelder Zugriff hätten.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs.1 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

Rechtskraft
Aus
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