S 5 AL 161/05

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 5 AL 161/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 138/08 ZVW
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.


T a t b e s t a n d

Der Kläger, der Inhaber des Fuhrbetriebes B. ist, begehrt die Gewährung eines Eingliederungszuschusses für das Arbeitsverhältnis mit seiner Schwester D., geboren 1964.

Frau D. bezog von der Beklagten bis zum 10.12.2002 Unterhaltsgeld und im Anschluss daran bis zum 02.05.2004 Arbeitslosenhilfe. Vom 03.05.2004 bis zum 17.08.2004 war sie als Kundenberaterin bei der Fa. E. tätig. Dieses Arbeitsverhältnis wurde seitens der Beklagten durch die Gewährung eines Eingliederungszuschusses gefördert. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber innerhalb der Probezeit gekündigt. Ab dem 18.08.2004 bezog Frau D. erneut Leistungen der Arbeitslosenhilfe.

Am 29.11.2004 rief der Kläger bei der Beklagten an und erkundigt sich nach den Möglichkeiten der Gewährung eines Eingliederungszuschusses. Am 14.12.2004 schlossen der Kläger und Frau D. einen Arbeitsvertrag, nach dem Frau D. ab dem 15.12.2004 als Büroangestellte für ein monatliches Entgelt von € 1.618 (€ 1.600 Grundvergütung zuzüglich € 18 an Sozialzulagen) vom Kläger beschäftigt werden sollte. Unter dem 23.03.2005 beantragte der Kläger schriftlich die Gewährung eines Eingliederungszuschusses „für Arbeitnehmer mit Vermittlungshemmnissen" für die Beschäftigung von Frau D.. Mit Bescheid vom 29.07.2005 lehnte die Beklagte die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses ab. Zur Begründung führte sie im Wege der Ermessensbetätigung aus, bei der Förderung von Arbeitsverhältnissen von Verwandten seien strengere Maßstabe als sonst anzulegen. Hier sei eine Förderung nur möglich, wenn die Initiative zur Einstellung von der Beklagten ausgehe und für den zu besetzenden Arbeitsplatz ein Vermittlungsauftrag des antragstellenden Arbeitgebers ohne Beschränkung auf eine bestimmte Person erteilt worden sei. Diese Voraussetzungen seien im Falle des Klägers nicht erfüllt.

Gegen diese Entscheidung erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers in dessen Namen mit Schriftsatz vom 01.09.2005 am gleichen Tag Widerspruch. Zur Begründung trug er mit Schriftsatz vom 27.09.2005 vor, bei seiner Schwester seien die Voraussetzungen für eine Förderung gegeben gewesen. Die von der Beklagten aufgestellten zusätzlichen Voraussetzungen seien nicht durch das Gesetz gedeckt. Ein mögliches persönliches Interesse des Klägers an einer Einstellung seiner Schwester rechtfertige eine Ablehnung nicht.
Mit Bescheid vom 02.11.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, wobei sie die im Rahmen des Ausgangsbescheides angestellten Ermessenserwägungen wiederholte und vertiefte. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf BI. 49 bis 51 der Behördenakte des Klägers Bezug genommen.

Der Kläger hat am 15.11.2005 Klage erhoben.

Der Kläger ist der Ansicht, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 02.11.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verteilen, dem Kläger für die ab dem 15.12.2004 erfolgte Beschäftigung von Frau D. als Arbeitnehmerin einen Eingliederungszuschuss in gesetzlichen Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, 
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Behördenvorgänge (zwei Ordner). Sämtliche dieser Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage war abzuweisen, denn sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat nach S 54 Abs. 1, 4 SGG keinen Anspruch darauf, dass das Gericht, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Beschäftigung seiner Schwester D. einen Eingliederungszuschuss zu gewähren. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Allerdings dürften die Tatbestandsvoraussetzungen des § 217 SGB III, anders als noch mit gerichtlichem Hinweis vom 02.06.2006 angenommen, erfüllt sein. Denn unter Berücksichtigung des Inhaltes der (zwischenzeitlich) übersandten, Frau D. betreffenden Behördenvorgänge dürfte diese als Arbeitnehmerin mit Vermittlungshemmnissen, die in ihrer Person begründet sind, einzustufen sein. Frau D. war nämlich im Zeitpunkt der Einstellung durch den Kläger, sieht man von der dreimonatigen Beschäftigung bei der Fa. E. ab, schon mehrere Jahre arbeitslos. Die Einstellung bei der Fa. E., die im Übrigen schon in der Probezeit endete, war zudem von der Beklagten mit einem Eingliederungszuschuss gefördert worden. Schon diese Zusammenhänge verbieten es, Frau D. wegen dieser kurzen und letztlich erfolglosen Zwischenbeschäftigung die Eigenschaft als Arbeitnehmerin mit Vermittlungshemmnissen abzusprechen.

Die Beklagte durfte die Gewährung eines Zuschusses im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens aber dennoch ablehnen. Die Gründe, auf die die Beklagte die Ablehnung bei ihrer Ermessensbetätigung gestützt hat, sind nicht zu beanstanden. Nach dem Sinn und Zweck des § 217 SGB III ist die Beklagte berechtigt, als Ermessensgesichtspunkt auch die sparsame Mittelverwendung zu berücksichtigen. Demnach ist es ihr auch erlaubt, Vorkehrungen gegen mögliche Mitnahmeeffekte zu treffen, um zu verhindern, dass ein Zuschuss gezahlt wird, obgleich der Arbeitnehmer sowieso, also auch ohne Zuschuss, eingestellt worden wäre. Die Gefahr solcher Mitnahmeeffekte ist bei der Einstellung enger Verwandter aufgrund der vorhandenen persönlichen Beziehungen als besonders groß einzustufen. Die Beklagte hält sich daher im Rahmen des ihr durch die Norm zugesprochenen Ermessens, wenn sie in dieser Konstellation die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses von den weiteren Voraussetzungen, dass die Initiative zu der Einstellung von ihr ausging, andersweitige Vermittlungsbemühungen für den eingestellten Verwandten wiederholt erfolglos waren und für den zu besetzenden Arbeitsplatz ein Vermittlungsauftrag ohne Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis erteilt wurde, abhängig macht. Denn diese Bedingungen sind geeignet, Mitnahmeeffekte auszuschließen und benachteiligen weder den Arbeitgeber noch den verwandten Arbeitnehmer in unverhältnismäßiger Weise. Insbesondere hat die Beklagte erst durch die Stellung eines vorherigen Vermittlungsauftrages die Möglichkeit, zu prüfen, ob für die angebotene Stelle auch andere schwer vermittelbare und für den Arbeitsplatz ebenfalls geeignete Arbeitnehmer in Betracht kommen, die gegenüber dem Verwandten des Arbeitgebers vorrangig zu fördern sind.

Bei der Einstellung von Frau D. sind zumindest die erste und dritte der Anforderungen nicht erfüllt, denn weder ging die Initiative für die Einstellung von der Beklagten aus noch hatte der Kläger für die zu besetzende Stelle einen allgemeinen Vermittlungsauftrag erteilt.

Dass bei der Beklagten interne ermessenslenkende Weisungen bestehen, an denen sich die Ermessensausübung orientiert, entspricht der Praxis vieler, insbesondere großer, Behörden und ist rechtlich unbedenklich. Gegenstand der Prüfung sind nicht diese Weisungen, die das Gericht nicht binden, sondern nur das im konkreten Fall ausgeübte Ermessen, das, wie oben dargelegt, nicht zu beanstanden ist.

Auch sonstige Fehler bei der Ermessensbetätigung sind nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Rechtskraft
Aus
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