L 3 U 157/18

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 23/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 157/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Zum Versicherungsschutz bei einer Segwayfahrt während einer Dienstreise

I.    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 19. Juli 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen. 

II.    Die Beteiligten haben einander in beiden Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.

III.    Die Revision wird nicht zugelassen. 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 27. September 2016 (Sturz von einem Segway Personal Transporter [PT]) als Arbeitsunfall.

Der Kläger ist Ingenieur im Bereich Bio-Medizintechnik. Er ist als sog. Clinical Trial Manager bei der C. GmbH (im Folgenden: C. GmbH), C-Stadt, einem 100 %-igen Tochterunternehmen der D. Corporation (D. Corporation), angestellt und über diese bei der Beklagten gesetzlich unfallversichert. Am Tag des streitgegenständlichen Ereignisses befand der Kläger sich auf einer mehrtägigen, durch die D. Corporation organisierten Veranstaltung in den Niederlanden, als er während einer gemeinsamen Nachmittagsaktivität („afternoon activity“) von einem Segway PT stürzte und sich u.a. eine Fraktur des linken Sprunggelenks (Weber-C-Fraktur) zuzog.

Die D. Corporation ist ein US-amerikanischer Medizingerätehersteller mit Hauptsitz in D-Stadt, Massachusetts, der in verschiedenen Bereichen der Medizin in Forschung, Herstellung und Vertrieb von Medizintechnikprodukten tätig ist. Dem Konzern gehören u.a. Unternehmen an 18 verschiedenen Standortorten in Europa mit insgesamt 1.700 Mitarbeitern an. Zu der in Deutschland, C-Stadt, ansässigen C. GmbH gehören 450 Mitarbeiter. Weltweit verzeichnet der Konzern 36.000 Mitarbeiter (diese Angaben entstammen den Internetauftritten der D. Corporation bzw. der C. GmbH). 

Die Tätigkeit des Klägers ist in die internationale Arbeit der klinischen Abteilung der „E.“ der D. Corporation eingebettet. Dabei handelt es sich um die Unternehmensabteilung von D. Corporation, die den Bereich der Herzrhythmuserkrankungen abdeckt (implantierbare Cardioverter/Defibrillatoren, Vorhofohr-Verschlusssysteme, „Rhythmia Mapping System“ zur Diagnose und Behandlung komplexer Arrhytmien etc.). Die verschiedenen Funktionsteams der klinischen Abteilung sind in diesem Rahmen zuständig für die Planung, Vorbereitung, Betreuung und Auswertung klinischer Studien zu den zugehörigen Produktpaletten. Die in Europa tätigen Mitarbeiter der Abteilung arbeiten mit über ganz Europa verteilten Herzzentren zusammen, insbesondere bei der Entwicklung neuer Produkte einschließlich deren fortlaufender Verbesserung und Evaluation im klinischen Bereich. Der Kläger arbeitet im Bereich der Entwicklung von Defibrillatoren/Herzschrittmachern. Er ist nach eigenen Angaben hauptsächlich im Homeoffice tätig, von dort fährt oder fliegt er zu Einsatzorten in den verschiedenen Kliniken oder auch in den europäischen Hauptstandort des Konzerns in F-Stadt, Belgien, je nach Arbeitsanfall und zu erbringender Leistung.  Die direkten Kollegen des Klägers in gleichartiger Position sind in mehreren europäischen Ländern sowie den USA verteilt; einige von ihnen arbeiten, wie der Kläger, von zu Hause aus, andere in den Bürostandorten in G-Stadt, USA, oder in F-Stadt. Der Kläger hat also zwar seinen Arbeitsvertrag bei der C. GmbH in C-Stadt, ohne aber in den dortigen Büroräumen tätig oder in die dortigen Arbeitsstrukturen eingebunden zu sein. Seine „Berichtslinie“ verläuft nicht über C-Stadt, sondern direkt innerhalb der klinischen Abteilung „E.“ der D. Corporation. So ist seine fachverantwortlich Vorgesetzte eine Mitarbeiterin in G-Stadt, USA. Faktisch weisungsbefugt gegenüber dem Kläger sind nach seinen Angaben neben seinem deutschen Arbeitgeber insbesondere – und in der Praxis relevanter – die ihm im globalen Konzern Vorgesetzten. Sie entscheiden nach Angaben des Klägers über die Durchführung von Studien durch die Mitglieder der klinischen Abteilung ebenso wie über personelle Fragen, etwa Entlassungen und Beförderungen, während dem deutschen Arbeitgeber insoweit – nach den Angaben des Klägers – kein Mitspracherecht zukommt.

Im Zeitraum vom 27. bis 29. September 2016 veranstaltete die D. Corporation ein Treffen der klinischen Abteilung der „E.“ Europa in den Niederlanden, an dem auch der Kläger teilnahm. Hierbei handelte es sich um ein Treffen, das der Konzern etwa alle fünf Jahre veranstaltet, und zu dem alle Mitarbeiter der Abteilung in Europa bzw. der zu dieser zählenden Funktionsunterabteilungen („clinical teams“ bzw. „functional teams“; nach der Einladungs-Email des Konzerns: „Data Management, Study Design, Regional Clinical Management, Clinical Trial Management, Trial Ops and Site Management“) mit der Erwartung ihrer Teilnahme eingeladen sind. Ausweislich des von der Beklagten an den Arbeitgeber des Klägers übersandten „Betriebsveranstaltungs-Fragebogens“ sollte der Zweck der Veranstaltung „geschäftlich“ sein („Fortbildung der Mitarbeiter, Verkündung von Geschäftszielen, Teambuilding“). Einladender Manager war der Vice President (VP) Global Clinical Trial Management, H. (J.) (USA), der als Vertreter der Unternehmensleitung auch an der gesamten Veranstaltung teilnahm. Organisiert wurde das Treffen unter seiner Leitung von Mitarbeitern verschiedener untergeordneter Funktionsabteilungen am Standort in F-Stadt, Belgien. Die C. GmbH war an der Organisation nicht unmittelbar beteiligt. An der Veranstaltung nahmen insgesamt 66 Personen teil, hiervon waren 63 Personen Angehörige der klinischen Abteilung der „E.“, von diesen wiederum 55 des zum damaligen Zeitpunkt 59 Mitarbeiter umfassenden in Europa angesiedelten Teils der Abteilung. Vier Mitarbeiter konnten wegen unterschiedlicher Gründe an der Veranstaltung nicht teilnehmen (Urlaub, Krankheit oder Kündigung). Zu den vorgenannten Teilnehmern kamen zwei übergeordnete Manager aus den USA sowie am 28./29. September ein weiterer Gast aus der Marketing-Abteilung des Unternehmens hinzu. Von den insgesamt neun bei der C. GmbH beschäftigten Mitgliedern der Abteilung nahmen acht (einschließlich des Klägers) an der Veranstaltung teil.  Sie kommen aus unterschiedlichen Funktionsunterabteilungen und arbeiten wie der Kläger aus dem Home Office heraus oder im Außendienst. 

Das den Teilnehmern per Email vorab übermittelte Veranstaltungsprogramm sah neben dem inhaltlichen Programm für den 27. September 2016 von 16:00 bis 18:00 Uhr und für den 28. September 2016 von 16:00 bis 17:30 Uhr sogenannte „afternoon activities“ vor. Bei diesen handelte es sich am ersten Tag um die – hier streitgegenständliche – Segwayfahrt sowie eine parallel hierzu stattfindende zweite Aktivität Bogen- bzw. Tontaubenschießen, wobei die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt wurden, die zwischendurch die Aktivität wechselten, so dass im Ergebnis alle Anwesenden beide Aktivitäten ausübten. Am zweiten Tag bestand die gemeinsame Nachmittagsaktivität für alle Teilnehmer darin, in Gruppen von jeweils sieben bis acht Personen Schafe auf einem festgelegten Weg über eine Wiese zu treiben. 

Der Kläger stürzte noch bei der der eigentlichen Ausfahrt vorgeschalteten technischen Einführung von seinem Segway. Sein Heimtransport erfolge am Morgen des 29. Oktober 2016.

Mit Bescheid vom 25. November 2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 27. September 2016 als Arbeitsunfall sowie „Entschädigungsleistungen aus Anlass dieses Unfalles“ ab. Der Sturz habe sich nicht im Rahmen der versicherten Tätigkeit des Klägers ereignet, sondern bei einer eigenwirtschaftlichen Verrichtung. Für Aktivitäten, die im Rahmen einer Tagung bzw. eines mehrtägigen Meetings einem abgrenzbaren, der Unterhaltung, Entspannung und Geselligkeit sowie der Auflockerung der Veranstaltung dienenden Freizeitprogramm zuzuordnen seien, wie dies vorliegend bei der nachmittäglichen Segwayfahrt der Fall gewesen sei, bestehe kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gelte selbst dann, wenn diese Aktivitäten vom Arbeitgeber organisiert und finanziert worden seien und/oder der Arbeitgeber die Teilnahme seiner Mitarbeiter erwarte. Es stehe dem Arbeitgeber zwar frei, seinen Mitarbeitern im Rahmen eines Meetings entsprechende Programmpunkte anzubieten, er habe es dadurch aber nicht in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten (teambildende Maßnahme) mit dem Unternehmen gestärkt werde. 

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch beantragte der Kläger festzustellen, dass sein am 27. September 2016 bei dem Sturz erlittener Bruch des linken Sprunggelenks Folge eines Arbeitsunfalls sei. Die Entscheidung der Beklagten stimme nicht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts insbesondere zum Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen überein. Bei der Veranstaltung in den Niederlanden habe es sich um eine von dem Arbeitgeber des Klägers umfassend organisierte und finanzierte Veranstaltung gehandelt, die sich unterschiedslos an sämtliche Mitarbeiter der betroffenen Unternehmensabteilung, hier der klinischen Abteilung der „E.“ des Konzerns in Europa, gerichtet und die insofern insbesondere keine Gratifikation für geleistete Tätigkeiten (sog. Incentive-Reise o.ä.) dargestellt habe. Der Arbeitgeber führe die Veranstaltung durch, um den Mitarbeitern, die sonst über sämtliche Staaten der Europäischen Union hinweg verteilt und meist nur über E-Mail, Telefon oder Netzwerk miteinander verbunden seien, zusammenzuführen, die Verbundenheit untereinander und mit der Unternehmensleitung zu fördern und den Mitarbeitern so zu ermöglichen, sich als Team zu verstehen. Insofern seien die Mitarbeiter auch zur Teilnahme verpflichtet gewesen. Der Arbeitgeber des Klägers habe dabei die gesamte Veranstaltung einschließlich der nachmittäglichen Aktivitäten als betriebliche gewollt, geplant, und die Anwesenheit aller Teilnehmer hierbei vorausgesetzt. Ihm komme insofern hinsichtlich der Zwecksetzung der Veranstaltung ein Bestimmungsrecht zu, an welches auch die Beklagte gebunden sei; so lange eine von dem Arbeitgeber bestimmte betriebliche Zwecksetzung – hier die Förderung des Betriebsklimas, des Zusammenhalts der Beschäftigten untereinander sowie des Kontakts zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten – noch objektivierbar sei, sei Versicherungsschutz gegeben. Bei der gegebenen Veranstaltung in den Niederlanden gehe es insofern fehl, zwischen einem (betrieblichen) Arbeitsprogramm und einem (privat- bzw. eigenwirtschaftlichen) Freizeitteil der Veranstaltung zu unterscheiden. Die Voraussetzungen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung seien insgesamt gegeben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2017 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei der Zusammenkunft in den Niederlanden habe es sich nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, sondern um eine reine Dienst-/Geschäftsreise gehandelt, die durch nachmittägliche Freizeitaktivitäten unterbrochen worden sei. Die vom Bundessozialgericht zur betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung entwickelten Grundsätze seien damit nicht anwendbar. Bei Unfällen während Dienst-/Geschäftsreisen sei vielmehr strikt zwischen betriebsbedingten versicherten Verrichtungen und unversicherten Tätigkeiten, bei denen der Freizeitcharakter im Vordergrund stehe, zu unterscheiden. Um eine solche Tätigkeit aus dem Freizeitbereich habe es sich bei der gemeinsamen Segwayfahrt gehandelt.

Hiergegen hat der Kläger am 16. Februar 2017 vor dem Sozialgericht Gießen (Sozialgericht) Klage erhoben. Er hat insbesondere vorgetragen, dass die streitgegenständliche Segwayfahrt verpflichtender Teil der Veranstaltung und damit Teil der versicherten Tätigkeit gewesen sei. Der betriebliche Zweck der gesamten Veranstaltung in den Niederlanden, nämlich „die Förderung der sog. Corporate Identity aller Beteiligten, also das Bekenntnis und die Identifikation mit dem firmenübergreifenden Mutterkonzern“, sei neben der beabsichtigten Stärkung der Teamfähigkeit Ziel und Zweck gerade auch der gemeinsamen Freizeitaktivitäten gewesen. 

Das Sozialgericht hat neben einer erneuten ausführlichen Darstellung des Klägers zu den Umständen der Veranstaltung sechs der sieben weiteren Teilnehmer/Kollegen des Klägers aus Deutschland sowie den Veranstalter H. schriftlich als Zeugen vernommen. Der Kläger hat zudem eine schriftliche Äußerung der C. GmbH vom 16. März 2017 zur Akte gereicht, in der eine Aussage des Herrn H. zitiert wird, nach der die Segway-Aktivität sicher (technische Einführung; Helme) und teilnahmegeeignet für das gesamte Team gewesen sei („suitable for the entire team to participate in“). Alle Zeugen haben übereinstimmend ausgesagt, dass sie die Teilnahme an den „Nachmittagsaktivitäten“ als verpflichtend wahrgenommen hätten bzw. von einer entsprechenden Erwartungshaltung der Veranstalter ausgegangen seien. Wer sich eine Segwayfahrt nicht zugetraut habe, sei dazu nicht gezwungen worden, habe aber den Veranstaltungsort auch nicht verlassen. Lediglich der Zeuge Dr. K. gab an, an den Nachmittagsaktivitäten am 27. September 2016 nicht teilgenommen zu haben, da er zur selben Zeit eine Telefonkonferenz habe leiten müssen. Herr H. hat angegeben, selbst ebenfalls an der Segwayfahrt teilgenommen zu haben. Auch er bestätigte, dass niemand zur Teilnahme gezwungen gewesen, die Teilnahme aller Anwesenden aber erwartet worden sei; es habe sich um der Teamentwicklung dienliche Aktivitäten gehandelt, bei denen gemeinsame Erfahrungen im Team haben gemacht werden sollen („to share experiences across the team and build unity with the team“). 

Mit Urteil vom 19. Juli 2018 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide antragsgemäß verurteilt, das Ereignis vom 27. September 2016 als versicherten Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger gesetzliche Entschädigungsleistungen zu gewähren. Der Sturz vom Segway sei während einer versicherten Tätigkeit des Klägers erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung stelle sogar die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung bei Erfüllung der hierfür im Einzelnen aufgestellten Voraussetzungen eine den Versicherungsschutz als Beschäftigter begründende Tätigkeit dar. Die in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliederten Beschäftigten unterstützten durch ihre von der Unternehmensleitung gewünschte und ggf. sogar geforderte Teilnahme an einer solchen Aktivität das von ihr dadurch zum Ausdruck gebrachte Unternehmensinteresse, die betriebliche Verbundenheit zu fördern. Danach habe der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls eine von ihm arbeitsvertraglich geschuldete versicherte Tätigkeit als Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII ausgeübt. Die Teilnahme an der Segwayfahrt wie auch an den weiteren „afternoon activities“ wie Schafehüten bzw. Bogenschießen habe in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung des Klägers innerhalb der Klinischen Abteilung der C. GmbH gestanden. Sinn und Zweck der Tagungspunkte „afternoon activity“ sei nicht die „Auflockerung“ der eigentlichen Veranstaltung im Sinne entspannender, freiwilliger Freizeitgestaltung gewesen, sondern diese Programmteile hätten ebenso wie die „theoretischen“ Teile des Meetings dazu gedient, dass sich die über 60 Mitarbeiter der Klinischen Abteilung des Unternehmens, welche ihre Tätigkeit üblicherweise von unterschiedlichen Standorten, verteilt auf ganz Europa, ausübten, einander näher kennenlernten und dadurch als Team besser zusammenarbeiteten. Insofern sei für das Gericht nachvollziehbar, dass es neben der reinen Kontaktaufnahme im Meeting auch Aktivitäten wie des gemeinsamen Segwayfahrens, Schafehütens und Bogenschießens bedurft habe, um gegenseitiges Vertrauen und Verständnis für die Denk- und Handlungsweise der jeweiligen Kollegen innerhalb der klinischen Abteilung der C. GmbH zu schaffen und so die betriebliche Kommunikation und Zusammenarbeit zu fördern (Teamentwicklung durch gemeinsame Erfahrung). Dabei habe es sich bei den in dem Veranstaltungsprogramm unter „afternoon activity“ aufgeführten Beschäftigungen um für die Teilnehmer verpflichtende Programmpunkte gehandelt, bei denen eine Nichtteilnahme nur in begründeten Ausnahmefällen wie etwa Erkrankung oder dienstlichen anderweitigen Verpflichtungen in Betracht gekommen sei. Es habe sich demnach um Arbeitszeit und geschuldete Arbeitsleistung, nicht um eine freiwillige, der Freizeitgestaltung dienende und damit unversicherte Tätigkeit gehandelt. 

Gegen das ihr am 5. September 2018 zugegangene Urteil hat die Beklagte am 11. September 2018 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Das Sozialgericht habe das Vorliegen eines Arbeitsunfalls zu Unrecht festgestellt. Insbesondere die Voraussetzungen einer den Versicherungsschutz begründenden betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung seien nicht erfüllt. Eine solche setze voraus, dass die Veranstaltung allen Beschäftigten eines Betriebes oder doch zumindest – unter bestimmten Voraussetzungen – auch einzelnen Teams eines Betriebes offenstehe. Bei dem Arbeitsmeeting in den Niederlanden habe es sich aber nicht um eine Veranstaltung des Arbeitgebers des Klägers, der in Deutschland ansässigen C. GmbH, gehandelt, sondern um eine Zusammenkunft (cross-functional meeting) der verschiedenen Verantwortlichen internationaler rechtlich selbständiger, in einem Konzern zusammengefasster Unternehmen. Die Teilnahme des Klägers an dieser Veranstaltung könne, soweit sie fachbezogene „interesting topics“ betroffen habe, als Dienstreise ähnlich einer Kongressteilnahme zu betrachten sein, zu der der Kläger von seinem deutschen Arbeitgeber entsandt worden sei. Die im Rahmen dieser Dienstreise stattgefundenen, in der Einladungsemail als solche bezeichneten „fun activities“ einschließlich der Segway-Tour seien jedoch nicht mehr unfallversichert gewesen. Denn bei ihnen habe es sich nicht um eine der fachlichen Agenda dienende versicherte Tätigkeit im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit während einer Dienstreise gehandelt, sondern um Begleitprogramm, das keinen Bezug zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers aufgewiesen, sondern stattdessen der Unterhaltung, Entspannung und Geselligkeit sowie der Auflockerung der Veranstaltung gedient habe. 

Die Beklagte beantragt, 
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 19. Juli 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, 
die Berufung zurückzuweisen.

Nach seiner Auffassung ist das Urteil des Sozialgerichts zutreffend. Es könne weder der Vergleich zu einer Fachtagung gezogen werden, da eine solche voraussetze, dass auch betriebsfremde Personen an der Veranstaltung teilnähmen, noch – in Bezug auf die „afternoon activities“ – von einer Auflockerungsveranstaltung ohne betrieblichen Bezug. Vielmehr hätten sämtliche Zeugen dargelegt, dass die Teilnahme an den Nachmittagsaktivitäten betrieblich zumindest gewünscht, sogar verpflichtend gewesen sei. Darauf, dass bei einer Nichtteilnahme nicht mit arbeitsrechtlichen Sanktionen zu rechnen gewesen wäre, komme es nicht an. Vielmehr genüge es für die Zurechnung zur betrieblichen Tätigkeit, wenn der Teilnehmer (Arbeitnehmer) nach seiner subjektiven Vorstellung an einer betrieblich veranlassten und vom Arbeitgeber gewünschten Veranstaltung teilnehme. Die Segwayfahrt – wie auch die anderen Nachmittagsveranstaltungen – hätten wohl auch der „Auflockerung“ gedient; hierin habe aber nach den Vorstellungen der Betriebsleitung nicht der Hauptzweck gelegen. Vielmehr habe vorrangig die Fähigkeit der Mitarbeiter zur Zusammenarbeit gestärkt werden sollen. Auf diese der Betriebsleitung zustehende Zwecksetzung komme es entscheidend an. Für die Annahme einer solchen Zwecksetzung spreche dabei auch, dass die gewählten Aktivitäten keine besondere objektive Gefährlichkeit aufgewiesen hätten, sondern jedem – unabhängig von körperlicher Verfasstheit oder Alter – möglich gewesen seien. Auch für den Kläger hätten nicht „Spaß“ oder „Freude“ an der Fahrt mit einem Segway, sondern die betrieblichen Erwartungen seines Arbeitgebers im Vordergrund gestanden. Die Beklagte verkenne im Übrigen die Zusammenhänge der Tätigkeit des Klägers in dem international aufgestellten Konzern, wenn sie die Veranstaltung in den Niederlanden einschließlich der Teilnahme des Klägers hieran aus der Perspektive der deutschen C. GmbH betrachte. Bei der rechtlichen Einordnung der Veranstaltung – einschließlich der im Zeitpunkt des Unfallereignisses konkret verübten Verrichtung – sei nicht auf die Beziehungen des Klägers zu seinem deutschen Arbeitgeber abzustellen, sondern auf den Gesamtkonzern. Aus der damit einzunehmenden Perspektive sei von einer die gesamte Tagung umfassenden betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung auszugehen, die für sämtliche Mitglieder einer Abteilung – der Klinischen Abteilung Europa im Geschäftsbereich „E.“ – angesetzt (und verbindlich) gewesen sei, um den betriebsinternen Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten wie im Übrigen auch zwischen den Beschäftigten und der Führungsetage zu befördern. Die Betriebsleitung des deutschen Arbeitgebers des Klägers sei eingebunden in die Konzernhierarchie und dabei den jeweiligen Verantwortlichen in der Zentrale untergeordnet sowie deren Weisungen unterworfen; es stelle von daher lediglich unnötigen bürokratischen Aufwand dar, wenn zunächst die Zentrale die Betriebsleitung in Deutschland anweisen und diese dann dem Kläger Weisungen erteilen würde. Insofern habe der deutsche Arbeitgeber des Klägers nicht nur von der Veranstaltung gewusst, sondern es sei entsprechend dem Wunsch der Konzernleitung anzunehmen, dass auch er diese „als betriebliche und eigene“ gewollt habe.

Der Kläger hat zudem eine Bescheinigung seines deutschen Arbeitgebers zum Verfahren gereicht, in der dieser bestätigt, dass der Kläger und die weiteren sieben der zum damaligen Zeitpunkt der klinischen Abteilung zugeordneten deutschen Teilnehmer mit seinem Wissen und Wollen an der Veranstaltung in den Niederlanden teilgenommen hätten. Aufgrund der konzernübergreifenden Gestaltung der Weisungsbefugnisse habe das Direktionsrecht hierbei unmittelbar bei der Konzernzentrale bzw. den Vorgesetzten des Klägers innerhalb der „E.“ und den jeweiligen Vorgesetzten der anderen Mitarbeiter in der Abteilung gelegen. Die deutschen Teilnehmer seien diesen Weisungen arbeitsrechtlich so unterworfen gewesen, als wären es Weisungen des deutschen Arbeitgebers selbst gewesen; weitere direkte Anweisungen des deutschen Arbeitgebers hätten sich insofern als überflüssig dargestellt bzw. allenfalls zu unerwünschtem und unnötigem Aufwand beigetragen. 

Die Beteiligten haben ihre Zustimmung zur Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung durch den Senat erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Der Senat kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Berufung hat Erfolg.

Soweit die Beklagte sich gegen ihre durch das erstinstanzliche Urteil ausgesprochene Verpflichtung wendet, dem Kläger aus dem Unfallereignis vom 27. September 2016 „gesetzliche Entschädigungsleistungen“ zu gewähren, ist die Berufung begründet, weil die Klage, worauf der Senat die Beteiligten mit Schreiben vom 3. Dezember 2018 hingewiesen hat, in diesem Umfang bereits unzulässig ist. Zwar hat die Beklagte im Bescheid vom 25. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2017 nicht nur das Vorliegen eines Arbeitsunfalls verneint, sondern vor diesem Hintergrund auch „Entschädigungsleistungen“ – ohne diese näher zu konkretisieren – dem Grunde nach abgelehnt. Der pauschalen Ablehnung von „Entschädigungsleistungen“ kommt in diesem Zusammenhang, d. h. neben der Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalls, indes keine eigenständige Bedeutung, mithin auch keine Beschwer für den Kläger zu. Zugleich ist eine auf die Erbringung von „Entschädigungsleistungen“ bzw. „gesetzlichen Leistungen“ gerichtete Klage unzulässig, weil sie nicht auf konkrete Leistungen, sondern allgemein auf Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten gerichtet ist. Hierüber kann auch nicht durch Grundurteil entschieden werden. Denn die in § 130 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgesehene Möglichkeit zum Erlass eines Grundurteils ist auf Fälle beschränkt, in denen der Kläger eine oder mehrere ihrer Art nach feststehenden Geldleistungen begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Nicht die Leistung als solche, sondern nur ihre Höhe kann in diesem Fall vom Gericht offengelassen und der Berechnung durch den Sozialleistungsträger überlassen werden. Geht es nur um die Frage, ob ein bestimmter Unfall Arbeitsunfall ist sowie um die Feststellung der Entschädigungspflicht dem Grunde nach, steht im Entscheidungszeitpunkt nicht fest, welche der in Frage kommenden Leistungen (Krankenbehandlung, Rehabilitation, Verletztengeld, Rente u.a.) im konkreten Fall tatsächlich beansprucht werden können und für welchen Zeitraum sie ggf. zu erbringen sind. Auch handelt es sich nur teilweise um Geldleistungen und im Übrigen um Sachleistungen, die einer Zuerkennung durch Grundurteil von vornherein nicht zugänglich sind. Schließlich hat die Verurteilung zur Gewährung „gesetzlicher Entschädigungsleistungen“ keinen vollstreckbaren Inhalt (stRspr.; zu allem etwa BSG, Urteil vom 7. September 2004 – B 2 U 35/03 R – juris Rn. 12; Urteil vom 30. Januar 2007 – B 2 U 6/06 – juris Rn. 11; HLSG, Urteil vom 28. April 2015 – L 3 U 9/12 – juris Rn. 27). Selbst wenn das Vorliegen eines Arbeitsunfalls rechtskräftig festgestellt würde, müsste die Beklagte also zunächst eine Entscheidung zu den in Betracht zu ziehenden Leistungen (Heilbehandlung, Verletztengeld, Rente, etc.) treffen, gegen die der Versicherte dann ggf. gerichtlich vorgehen könnte.

Im Übrigen hat die Berufung Erfolg, weil die Klage auf Feststellung eines Arbeitsunfalls unbegründet ist. Der Bescheid der Beklagten vom 25. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass es sich bei seinem Unfall vom 27. September 2016 um einen Arbeitsunfall handelt.

Der Kläger hat bei seinem Sturz am 27. September 2016 keinen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten. 

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII definiert Unfälle als zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten im Zeitpunkt des Unfalls  den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (stRspr.; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 2 U 15/15 R – juris Rn. 14). Der bei der Prüfung eines Arbeitsunfalls festzustellende innere bzw. sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der konkreten zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung (hier die Segwayfahrt) innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG, Urteil vom 27. November 2018 – B 2 U 7/17 R – juris Rn. 11 m.w.N.). Die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung müssen im Vollbeweis, das heißt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (nur BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 16/15 R – juris Rn. 23; stRspr.). 

Die von dem Kläger im Unfallzeitpunkt ausgeübte Verrichtung – die Fahrt auf dem Segway – erfüllte keinen versicherten Tatbestand im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.

Der Kläger ist aufgrund seiner Beschäftigung bei der C. GmbH grundsätzlich Versicherter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Im Zeitpunkt des Unfallgeschehens am 27. September 2016 übte er jedoch keine versicherte Tätigkeit aus. Denn das Segwayfahren, bei dem sich der Sturz ereignete, stand nicht im inneren oder sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit als Clinical Trial Manager bei der C. GmbH bzw. seiner Arbeit in der klinischen Abteilung des Geschäftsbereichs „E.“ der D. Corporation. 

Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl. § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine dieser Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zuzurechnende Verrichtung wird ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (vgl. BSG, Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R – Juris Rn. 17; Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 19/14 R - juris Rn. 12, jew. m.w.N.). Handelt der Beschäftigte zur Erfüllung einer sich aus seinem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtung, ist der innere bzw. sachliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit unmittelbar zu bejahen. Bei darüberhinausgehenden Erweiterungen des Versicherungsschutzes, z. B. auf Dienstreisen, beim Betriebssport oder bei betrieblichen Gemeinschaftsvoraussetzungen, sind weitere Voraussetzungen zu erfüllen (BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 – B 2 U 29/08 R – juris Rn. 11; Urteil vom 30. Juni 2009 – B 2 U 22/08 R – juris Rn. 14). 

Entgegen der Auffassung des Klägers handelte es sich bei der streitgegenständlichen Segwayfahrt als der im Zeitpunkt des Unfalls konkret ausgeübten Verrichtung – wie im Übrigen insgesamt bei der Tagung in den Niederlanden – nicht um eine Versicherungsschutz vermittelnde betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung.

Als eine den Versicherungsschutz als Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII begründende Tätigkeit ist auch die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, z.B. einer betrieblichen Weihnachtsfeier, anzusehen. Die in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliederten Beschäftigten unterstützen durch ihre von der Unternehmensleitung gewünschte und ggf. sogar geforderte Teilnahme an einer solchen Veranstaltung das von ihr dadurch zum Ausdruck gebrachte Unternehmensinteresse, die betriebliche Verbundenheit zu fördern. Der Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung rechtfertigt es daher, die Teilnahme an einer solchen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Bestandteil der geschuldeten versicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu betrachten, auch wenn die Teilnahme hieran nicht rechtlich geschuldet ist, sondern freiwillig erfolgt (stRspr.; nur BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R – juris Rn. 13; HLSG, Urteil vom 1. Dezember 2020 – L 3 U 169/17 – juris Rn. 32). Die auf Richterrecht beruhende Einbeziehung der Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung in den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz ist allerdings eng zu begrenzen, zumal der Gesetzgeber sie bis heute nicht – auch nicht anlässlich der Neukodifizierung des Unfallversicherungsrechts im SGB VII – durch eine ausdrückliche normative Regelung nachvollzogen hat (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 2 U 16/04 R – juris Rn. 14). Dem Arbeitgeber ist es damit nicht beliebig an die Hand gegeben, Urlaubs- und Freizeitaktivitäten als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen unter den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen (HLSG, Urteil vom 1. Dezember 2020 – L 3 U 169/17 – juris Rn. 32 f.). Das Bundessozialgericht hat hierzu in ständiger Rechtsprechung, der der Senat sich anschließt, entschieden, dass die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung der versicherten Tätigkeit nur zugerechnet werden kann, wenn die Veranstaltung der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient, die Veranstaltung deshalb allen Beschäftigten des Unternehmens, gegebenenfalls auch einer kleineren Einheit, offen steht, von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gefördert und gebilligt und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen wird (nur BSG, Urteil vom 9. Dezember 2003 – B 2 U 52/02 R – juris Rn. 14; Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R – juris Rn. 14 m.zahlr.w.N.). Hierbei sind auch dezentrale Gemeinschaftsveranstaltungen, die sich nur an kleinere Untergliederungen eines Betriebes richten, nicht prinzipiell ausgeschlossen. Vom Schutzzweck des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII her ist es ausreichend, dass durch eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung die Verbundenheit und das Gemeinschaftsgefühl der Beschäftigten lediglich in dem jeweiligen Sachgebiet oder Team gefördert wird. Notwendig ist dafür aber, dass die Feier allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des jeweiligen Teams offensteht und die jeweilige Sachgebiets- oder Teamleitung entsprechend dem zuvor hergestellten „Einvernehmen“ mit der Betriebsleitung an der Veranstaltung teilnimmt (BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R – juris Rn. 17). 

Die Voraussetzungen einer den Versicherungsschutz aus dem Beschäftigungsverhältnis begründenden betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sind durch die in die Tagung in den Niederlanden eingebettete Segwayfahrt schon deswegen nicht erfüllt, weil es sich bei dieser – wie insgesamt bei der Tagung – nicht um eine dem Arbeitgeber des Klägers zuzurechnende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung handelte. Der Kläger ist Beschäftigter der deutschen C. GmbH, nicht der D. Corporation. Die C. GmbH, nicht der Mutterkonzern, ist Mitglied der Beklagten, und der Versichertenstatus des Klägers ist (nur) über diese Mitgliedschaft vermittelt. Vorliegend ist es mithin nicht das den Versicherungsschutz vermittelnde Unternehmen gewesen, das seine an verschiedenen Standorten tätigen Beschäftigten zu einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung zusammengezogen hat, sondern es war der übergeordnete Konzern, der einzelne Mitarbeiter ganz verschiedener ihm angehörender Unternehmen – darunter auch den Kläger – zu einer gemeinsamen Veranstaltung eingeladen hat. Darauf, dass die deutsche C. GmbH ein 100-%-iges Tochterunternehmen der D. Corporation ist, kommt es hierbei nicht an. Sinn und Zweck der durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, nach denen betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen und die in diesem Zusammenhang vorgenommenen privaten Verrichtungen ausnahmsweise – über die sonst geltenden Regelungen hinaus – unter Versicherungsschutz gestellt werden, privilegieren gerade das den Versicherungsschutz vermittelnde Mitgliedsunternehmen und können nicht beliebig über dieses hinaus ausgedehnt werden. Insofern ist es unerheblich, dass an der Tagung in den Niederlanden und damit auch an den dort organisierten „afternoon activities“, zu denen auch der streitgegenständliche Segwayausflug zählt, tatsächlich die gesamte europäische klinische Abteilung des Konzerns eingeladen und die Veranstaltung auch von den diese Abteilung leitenden Mitgliedern der Unternehmensführung des Konzerns autorisiert und getragen wurde. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass die Unternehmensleitung der D. Corporation bei der Veranstaltung zugegen war. Aus der vorliegend entscheidenden Perspektive der C. GmbH ging es bei der Tagung in den Niederlanden insgesamt wie auch bei der in diese eingebetteten Segwayfahrt nicht um eine Veranstaltung, die dazu dienen sollte oder auch nur dazu geeignet gewesen wäre, die (inner-)betriebliche Verbundenheit der Belegschaft des Unternehmens – das heißt hier der auch den Kläger beschäftigenden deutschen GmbH – oder einer kleineren Unternehmenseinheit zu fördern. Ein insofern bestehendes Interesse an der Kontaktpflege oder ein erwünschter „Teambuilding“-effekt stellten sich aus Sicht des deutschen Arbeitgebers eher vergleichbar dem Interesse eines Unternehmens an der Kontaktpflege seiner Mitarbeiter mit den Mitarbeitern anderer, beruflich verbundener Unternehmen dar. Ein solches Interesse kann ein relevantes, gegebenenfalls sogar Versicherungsschutz vermittelndes betriebliches Interesse an der Teilnahme des Mitarbeiters an einer Veranstaltung begründen; insofern sind aber die allgemeinen Grundsätze zum inneren bzw. sachlichen Zusammenhang anwendbar. Die richterrechtlich entwickelte Erweiterung des Versicherungsschutzes auf betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen dient nicht dazu, diese Grundsätze zu umgehen bzw. zu erweitern. Eine dem entsendenden Unternehmen, hier der C. GmbH, zuzurechnende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung ist vor diesem Hintergrund zu verneinen.

Die Teilnahme an der Segwayfahrt war auch nicht als Bestandteil einer Reise versichert, an der der Kläger in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit teilgenommen hat.

Grundsätzlich sind auch Geschäfts- und Dienstreisen außerhalb des Betriebsortes, die den betrieblichen Interessen des Unternehmens wesentlich zu dienen bestimmt sind, versichert; sie stehen im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit versicherungsrechtlich der Betriebsarbeit gleich (schon BSG, Urteile vom 25. August 1994 – 2 RU 23/93 – juris Rn. 16 und vom 27. Mai 1997 – 2 RU 29/96 – juris Rn. 17). Wenn es sich hier bei der von der D. Corporation für die Mitarbeiter ihrer europäischen Tochterunternehmen organisierten Veranstaltung vom 27. bis zum 29. September 2016 schon nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung im Sinne des Unfallversicherungsrechts handelte, so handelte es sich doch jedenfalls grundsätzlich um eine Veranstaltung, die als mehrtägige Dienst- bzw. Geschäftsreise der abhängigen Beschäftigung des Klägers zuzurechnen ist. Die Tagung diente (jedenfalls auch) einem fachspezifischen, „geschäftlichen“ (so die Arbeitgeberin des Klägers im Betriebsveranstaltungs-Fragebogen) Zweck. Sie richtete sich aufgrund ihres Fachbezugs an Mitarbeiter aus einem ganz bestimmten Unternehmensbereich des Konzerns – den europäischen Mitgliedern der klinischen Abteilung des Unternehmensbereichs „E.“ –, um diesen – neben erwünschten „Teambuilding“-Effekten – konkrete tätigkeits- und aufgabenbezogene Informationen, Kenntnisse und Erwartungshaltungen des Konzerns zu vermitteln. 

Auf die organisatorischen Beziehungen innerhalb des Konzerns und die sich insofern überschneidenden Zuordnungsverhältnisse des Klägers zu seinem nationalen Arbeitgeber, der C. GmbH, auf der einen und dem Gesamtkonzern D. Corporation auf der anderen Seite kommt es dabei für die Annahme einer Dienstreise ebenso wenig an wie darauf, ob Einladende zu der Veranstaltung (nur) die D. Corporation oder (auch) die C. GmbH war(en). Denn zum einen lag die Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung sowohl im betrieblichen Interesse des Konzerns als auch im betrieblichen Interesse seines Arbeitgebers, der nicht nur als hundertprozentige Konzerntochter in dessen Diensten steht, sondern ausweislich der dargelegten Unternehmensstruktur auch Mitarbeiter wie den Kläger beschäftigt, die mit ihrer gesamten Arbeitskraft einer (international aufgestellten) Abteilung des Mutterkonzerns zugeordnet sind. Die Interessen des deutschen Arbeitgebers und des Gesamtkonzerns an einer erfolgreichen Mitarbeit und Eingliederung des Klägers in die „E.“ der D. Corporation einschließlich der Vorteile, die sich insofern aus einer Teilnahme an der Tagung ergeben sollten, dürften damit im Wesentlichen deckungsgleich sein. Im Übrigen können die (betrieblichen) Zielsetzungen für eine Dienst- bzw. Geschäftsreise vielfältige sein und insbesondere sowohl die Teilnahme an einer durch einen Dritten veranstalteten Tagung als auch die Teilnahme an einer internen, auf das eigene Unternehmen beschränkten (Fortbildungs-)Veranstaltung an einem anderen als dem Betriebsort umfassen. Die Annahme einer grundsätzlich dem Versicherungsschutz unterfallenden Dienstreise hängt damit nicht davon ab, ob die Veranstaltung in den Niederlanden als solche (auch) dem deutschen Arbeitgeber des Klägers als eigene zuzurechnen ist (wie der Kläger vorgetragen hat), oder ob es sich um eine Veranstaltung allein des von den USA aus geleiteten Gesamtkonzerns handelte. Relevant ist lediglich, dass sowohl ein erkennbares dienstliches Interesse des deutschen Arbeitgebers (jedenfalls daran, im Rahmen des Konzerns den ihm zugewiesenen eigenen Beitrag zu leisten) als auch des Gesamtkonzerns an der Teilhabe aller in Europa ansässigen Mitglieder der klinischen Abteilung – und damit auch des Klägers – an der Veranstaltung in den Niederlanden bestand.

Die Tatsache, dass sich der streitgegenständliche Unfall hier während einer grundsätzlich unter Versicherungsschutz stehenden Dienst- bzw. Geschäftsreise ereignete, reicht für sich alleine jedoch zur Begründung eines rechtlich bedeutsamen inneren Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit nicht aus. Denn auch bei einer Dienst- bzw. Geschäftsreise besteht kein Versicherungsschutz „rund um die Uhr“. Vielmehr kommt es auch hier darauf an, ob die konkrete Verrichtung, die zu dem Unfall führt, eine rechtlich bedeutsame Beziehung zu der betrieblichen Tätigkeit aufweist. Es ist also auch hier zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis in einem rechtlich wesentlichen – inneren – Zusammenhang stehen und deshalb versichert sind, und solchen Verrichtungen, die der privaten Sphäre des Dienstreisenden angehören und damit grundsätzlich unversichert sind (vgl. BSG, Urteile vom 18. März 2008 – B 2 U 13/07 R – juris Rn. 12 und vom 25. August 1994 – 2 RU 23/93 – juris Rn. 16; HLSG, Urteil vom 1. Dezember 2020 – L 3 U 169/17 – juris Rn. 31). Innerhalb der hierbei vorzunehmenden wertenden Beurteilung der Zurechnung der unfallverursachenden Verrichtung zu der versicherten Tätigkeit (dazu schon oben) stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handels mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (etwa BSG, Urteil vom 7. September 2004 – B 2 U 35/03 R – juris Rn. 14; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2018 – L 6 U 441/18 – juris Rn. 46). Wenn hierbei das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestands, soweit die Intention objektiviert ist (sog. objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 5/15 R – juris Rn. 15 m.w.N.; HLSG, Urteil vom 1. Dezember 2020 – L 3 U 169/27 – juris Rn. 28).
Obwohl es sich bei der Veranstaltung in den Niederlanden um eine Dienstreise handelte, war die konkrete unfallbringende Verrichtung des Klägers, die Teilnahme an der Segwayfahrt, nach den dargelegten Grundsätzen nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Mit seiner Teilnahme an der Segwayfahrt erfüllte der Kläger weder eine Haupt- noch eine Nebenpflicht aus seinem Arbeitsvertrag als Clinical Trial Manager. 

Festzustellen ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass sich die Teilnahme an der Segwayfahrt, bei der der Kläger verunfallte, nicht aus den arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten des Klägers im engeren Sinne ergab. Der Inhalt der versicherten Tätigkeit eines Beschäftigten ergibt sich aus dem dem Beschäftigungsverhältnis typischerweise zugrundeliegenden Arbeitsverhältnis, nach dem der Arbeitnehmer zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet ist (§ 611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –). Nur im Rahmen des arbeitsvertraglich Geschuldeten kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Direktionsrechts Arbeiten zuweisen. Diese Arbeiten und Dienste sind versicherte Tätigkeiten (vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 2 U 22/08 R – juris Rn. 14 ff.; Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 2 U 47/03 R). 

Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Clinical Trial Manager bei der C. GmbH in C-Stadt beschäftigt. Die aktive Teilnahme an einer Segwayfahrt gehörte offenkundig nicht zu seinen regelmäßigen, sich bereits aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Pflichten. Es bestand auch kein besonderer Bezug zu dem Unternehmenszweck seines Arbeitgebers. Die Nachmittagsaktivität „Segwayfahren“ stellte vielmehr ein Begleitprogramm der dienstlichen Veranstaltung dar, das keinen Bezug zu den eigentlichen arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers aufwies. Dies war offensichtlich und musste auch dem Kläger bewusst sein.

Etwas anderes gilt vorliegend nicht deswegen, weil die Segwayfahrt, die zu dem streitgegenständlichen Unfall führte, einen Teil des Tagungsprogramms der Dienstreise bildete, an der der Kläger in seiner Eigenschaft als Beschäftigter und aufgrund eines betrieblichen Interesses (auch) seines Arbeitgebers teilnahm. Der Tagungspunkt der „afternoon activity“ an den beiden ersten Veranstaltungstagen war erkennbar nicht Teil des inhaltlichen Tagungsprogramms, sondern Begleitprogramm, das – klar abgrenzbar von den inhaltlichen Tagesordnungspunkten – zunächst einmal der Unterhaltung, Entspannung und Geselligkeit sowie der Auflockerung der Veranstaltung diente (vgl. entsprechend auch Bayerisches LSG, Urteil vom 24. Mai 2016 – L 3 U 175/13 – zu einem Fecht-Workshop; HLSG, Urteil vom 15. März 2011 – L 3 U 64/06 – sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Oktober 2010 – L 2 U 70/10 –, jeweils zu einem im Rahmen einer Dienstreise als Programmpunkt vorgesehenen Fußballspiel; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27. Mai 2015 – L 5 U 48/12 – und HLSG, Urteil vom 1. Dezember 2020 – L 3 U 169/17 – zum Skilaufen als Teil des Veranstaltungsprogramms; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. August 2011 – L 3 U 145/09 – zu einem Tischtennisspiel am Rande einer Fortbildungsveranstaltung; LSG Hamburg, Beschluss vom 6. Dezember 2007 – L 3 U 24/07 – zu einer Hundeschlittenfahrt im Rahmen einer etwaigen Dienstreise; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Februar 2004 – L 3 U 175/03 – zu einem Snow-Rafting im Rahmen einer Dienstreise; anders: Thüringer LSG, Urteil vom 7. Mai 2008- L 3 U 1062/06 -, zu einem im Rahmen einer Dienstreise als Programmpunkt vorgesehenen Fußballspiel; jeweils juris). Diese Abgrenzung entspricht im Übrigen der der Einladungs-Email zu der Veranstaltung zu entnehmenden Ankündigung, dass man bei der Programmgestaltung um die richtige Balance zwischen interessanten Themen und Spaßaktivitäten („right balance between interesting topics and fun activities“) bemüht sein werde. 

Dass dem Programmpunkt „afternoon activity“ bzw. „Segwayfahrt“ eine Bedeutung zugekommen wäre, der über diese „nichtdienstlichen“ Gesichtspunkte hinausgegangen wäre, vermag der Senat darüber hinaus nicht zu erkennen. Der Kläger hat zwar vorgetragen, die Nachmittagsaktivitäten und somit auch die Ausfahrt mit dem Segway hätten dazu dienen sollen, dass sich die Mitarbeiter in einer privaten Atmosphäre besser kennenlernten, um die zukünftige Zusammenarbeiten über die europaweit verteilten Standorte hinweg zu fördern, und der Vizepräsident der E., H. , wie auch die anderen deutschen Teilnehmer an der Veranstaltung haben diese Einschätzung bestätigt. Selbst wenn diese Angaben als zutreffend unterstellt werden, lässt sich hiermit der notwendige betriebliche Zusammenhang indes nicht begründen. Allein die Tatsache, dass im Grunde jede gemeinsame Freizeitbeschäftigung bzw. gesellige Zusammenkunft mit Kollegen und/oder Vorgesetzten mittelbar auch dem Betriebsklima, dem gegenseitigen Kennenlernen sowie der kollegialen Zusammenarbeit und dem kollegialen Austausch zu Gute kommt, was regelmäßig auch im Interesse des Arbeitgebers liegt, macht aus einer – wie hier – privaten Beschäftigung keine zumindest wesentlich betriebsdienliche und damit versicherte Tätigkeit; insofern gilt nichts anderes als für die Pflege „gesellschaftlicher Beziehungen“, die ebenfalls, auch wenn sie für das Unternehmen wertvoll ist, nicht schon deshalb unter Versicherungsschutz steht (nur BSG, Urteil vom 25. August 1994 – 2 RU 23/93 – juris Rn. 23; Urteil vom 27. Oktober 1967 – 2 RU 101/64 –, juris Rn. 29; stRspr.). Andernfalls würde der gesetzliche Unfallversicherungsschutz letztlich grenzenlos auf jede Form der gemeinsamen Freizeitbeschäftigung ausgedehnt.
Auf einen betrieblichen Zusammenhang vermag der Senat auch nicht aufgrund der speziellen Art und Weise der Durchführung des Programmpunktes „Segwayfahren“ zu schließen. Insbesondere ist ein zielgerichteter konzeptioneller Hintergrund, der aus den mittelbaren Effekten einer gemeinsamen Freizeitveranstaltung für das betriebliche Miteinander eine gezielte Personalentwicklungsmaßnahme machen würde, nicht erkennbar; insofern fehlte es vorliegend an der in diesem Fall zu erwartenden strukturierten Durchführung, einem fachkundigen Coach oder Teamleiter, einer gezielten Team-Zusammenstellung mit Aufgabenzuweisung, einer Supervision und vor allem an einer anschließenden Reflexion bzw. Evaluation der Abläufe im Team (vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 24. Oktober 2018 – L 3 U 300/17 – juris Rn. 80). 

Der Senat lässt im Übrigen offen, ob und inwieweit in Fällen, in denen die Dienstreise eines Beschäftigten erklärtermaßen gerade der Akquise bzw. der Förderung der Geschäftsbeziehungen seines Unternehmens mit einem fremden Unternehmen zu dienen bestimmt ist, der Versicherungsschutz sich ausnahmsweise auf typische Freizeitaktivitäten erweitern kann, weil es in diesen Fällen „in der Natur des dienstlichen Auftrags“ liegt, dass der Versicherte sich den jeweiligen Aufenthaltsorten und Aktivitäten seiner Gesprächspartnern unterordnet (so BSG, Urteil vom 1. Juli 1997 – 2 RU 36/96 – juris Rn. 19 ff. zur Teilnahme eines Beschäftigten an einer Skiabfahrt mit Führungskräften des avisierten Unternehmens; vgl. auch HLSG, Urteil vom 15. März 2011 – L 3 U 64/06 – juris Rn. 28 zu einem Fußballspiel zwischen den Beschäftigten zweier Unternehmen als wesentlicher Bestandteil der geschäftlichen Kontaktpflege im Auftrag und im Interesse eines Arbeitgebers). Denn bei dem Veranstalter handelte es sich vorliegend um den Konzern, dem der Arbeitgeber des Klägers angehörte, nicht um eine Fremdfirma, mit der das Unternehmen des Klägers in einer Geschäftsbeziehung stünde, die durch die Teilnahme des Klägers gefördert werden könnte (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 19. Mai 2009 – L 17 U 266/06 – juris Rn. 32, in einem ähnlichen Fall).

Verbleibt es somit bei dem Aspekt der Unterhaltung und Auflockerung des ansonsten fachlich geprägten Tagungsprogramms, ist es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat sich aus eigener Überzeugung anschließt, unerheblich, dass die Segwayfahrt von der D. Corporation als dem Mutterkonzern des Arbeitgebers des Klägers organisiert und finanziert worden ist. Denn Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung oder zur Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen der Beschäftigten stehen auch dann nicht unter Versicherungsschutz, wenn sie im räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit erfolgen und von dem Arbeitgeber gebilligt oder – auch finanziell – unterstützt werden (nur BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 – B 2 U 47/03 – juris Rn. 13). Es steht einem Arbeitgeber zwar frei, seinen Mitarbeitern entsprechende Veranstaltungen anzubieten; er hat es dadurch jedoch nicht in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten. Insofern gilt vorliegend nichts anderes, nur weil Einladender nicht die Arbeitgeberin des Klägers, die C. GmbH, sondern deren Mutterkonzern, die D. Corporation war. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass bereits im Rahmen der Einladung auf einen Programmpunkt „afternoon activity“ hingewiesen worden war. Denn auch der rein formale Umstand der Aufnahme eines Programmpunktes in die Tagesordnung führt nicht zur Herstellung des rechtlich wesentlichen inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs. Andernfalls würde man es bereits durch ein rein formales Kriterium uneingeschränkt in die Hand des Arbeitgebers bzw. des Einladenden legen, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tätigkeiten und Aktivitäten auszuweiten (HLSG, Urteil vom 15. März 2011 – L 3 U 64/06 – juris Rn. 26). Ebenso spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber – oder für diesen in unmittelbarer Ausübung des Weisungsrechts der Konzern – eine Teilnahme des Klägers auch an den nachmittäglichen Freizeitaktivitäten erwartet und gewünscht hat oder ob ggf. sogar – was der Senat vorliegend allerdings angesichts der Angaben des Klägers sowie der anderen Beteiligten an der Tagung, insbesondere der von dem Kläger selbst übermittelten Aussage des Veranstalters, Herrn H. , ausschließt – eine entsprechende Verpflichtung ausgesprochen worden ist. Denn auch in diesem Fall würde der Umfang des Unfallversicherungsschutzes in das Belieben des Arbeitgebers gestellt. Es gibt viele sehr unterschiedliche aus dem Arbeitsleben abgeleitete gesellschaftliche Erwartungshaltungen, die für den Betroffenen oft einen nicht unerheblichen Druck bedeuten, sich an bestimmten Veranstaltungen, Zusammenkünften sowie Besuchen und Gegenbesuchen zu beteiligen, ohne dass allein deshalb bei einer Teilnahme Versicherungsschutz anzunehmen ist (BSG, Urteil vom 16. März 1995 – 2 RU 17/94 – juris Rn. 23). Auch insoweit ist es abzulehnen, dass der Arbeitgeber über die Formulierung seiner Erwartungshaltung bestimmt, was unter Versicherungsschutz steht und was nicht (vgl. auch HLSG, Urteil vom 15. März 2011 – L 3 U 64/06 – juris Rn. 27; Urteil vom 30. April 2009 – L 3 U 249/08 – juris Rn. 19; Urteil vom 20. Juli 2015 – L 9 U 69/14 – juris Rn. 39). Aus demselben Grund reicht es zur Begründung des Versicherungsschutzes nicht aus, wenn der Beschäftigte mit der Absicht (subjektive Handlungstendenz) der Erfüllung eben einer solchen (ggf. auch nur antizipierten) Erwartungshaltung seines Arbeitgebers an einer von diesem angebotenen Freizeitveranstaltung teilnimmt, würde dies die dargelegten Grundsätze und die diesen zu Grunde liegenden Wertungen doch unmittelbar wieder konterkarieren. Welche Verrichtungen in sachlichem Zusammenhang mit der geschützten Beschäftigung stehen, ist darum letztlich objektiv auf der Grundlage des konkret zustande gekommenen Beschäftigungsverhältnisses, des tatsächlichen Geschehens und nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils die Unfallversicherung begründenden Norm wertend zu beurteilen. Eine rechtlich unzutreffende Auffassung von Unternehmen und Beschäftigten, eine bestimmte Verrichtung stehe im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, vermag damit – jedenfalls in Bezug auf von dem Arbeitgeber angebotenen Aktivitäten, die normalerweise dem Freizeitbereich zuzuordnen sind – keinen Versicherungsschutz zu begründen (vgl. BSG, Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R – juris Rn. 27). 

Der Senat verkennt bei alledem nicht den Erwartungsdruck, unter dem der Kläger – zumal in den Zusammenhängen seiner Tätigkeit in einem internationalen, auf professionelle Leistung und Erfolg ausgerichteten Konzern – gestanden haben mag. Auch ist sich der Senat bewusst, dass jeglicher (gelungener) privater Austausch zwischen Beschäftigten förderlich für deren berufliche Zusammenarbeit ist. Dies gilt sicherlich in besonderem Maße in internationalen Teams wie auch dem des Klägers, bei dem nicht alle Mitarbeiter an einem gemeinsamen Betriebsort tätig sind (so auch Bayerisches LSG, Urteil vom 24. Mai 2016 – L 3 U 175/13 – juris Rn. 36). Aus den genannten Gründen führt dies jedoch weder dazu, dass die Beschäftigten auch jederzeit bei diesen Tätigkeiten unter Versicherungsschutz stehen, noch wird vorliegend ein Versicherungsschutz des Klägers begründet.

Schließlich stand der Unfall auch nicht deshalb unter Versicherungsschutz, weil er dem Betriebssport zuzuordnen wäre (zur Erweiterung des Unfallversicherungsschutzes auf diesen bereits durch das Reichsversicherungsamt: Wagner in: jurisPK-SGB VII, 2. Auflage, § 8 Rn. 99 m.w.N. [Stand: 8. Februar 2021]). Abgesehen davon, dass schon fraglich ist, ob das Fahren mit einem Segway überhaupt als Sport begriffen werden kann, setzt die Annahme von Betriebssport u.a. voraus, dass sich Angehörige eines Unternehmens zu einer Betriebssportgemeinschaft zusammengeschlossen haben, der Sport regelmäßig stattfindet und ihm Ausgleichscharakter im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit zukommen muss (stRspr.; vgl. nur BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005 – B 2 U 29/04 R – juris Rn. 12). Jedenfalls die Voraussetzungen der Regelmäßigkeit und des Zusammenschlusses zu einer Betriebssportgemeinschaft sind durch die einmalig veranstaltete Segwayfahrt während der Dienstreise des Klägers hier offensichtlich nicht erfüllt. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 SGG

Rechtskraft
Aus
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