L 3 U 95/17

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 109/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 95/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 84/21 B
Datum
Kategorie
Urteil

I.    Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 9. Mai 2017 wird zurückgewiesen. 

II.    Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. 

III.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach BK Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) hat. 

Die Beklagte leitete auf die ärztliche Anzeige des Verdachts einer Berufskrankheit nach BK Nr. 3101 und 3012 der Dr. C., Frauenärztin, Fachärztin für Homöopathie und Traumatherapie vom 7. Juli 2006 ein Berufskrankheitenfeststellungsverfahren ein. Letztere gab als Krankheitserscheinungen bzw. Diagnosen eine chronisch rezidivierende Tonsillitis, körperliche Erschöpfung, Wundheilungsstörungen und ein Immundefizit an, welche ggf. ursächlich auf die berufliche Tätigkeit der Klägerin als Veterinärmedizinerin zurückzuführen seien. 

Im Rahmen des Feststellungsverfahrens holte die Beklagte Angaben der Klägerin zu ihrer beruflichen Tätigkeit, Auskünfte der Arbeitgeber (des Magistrats der Stadt D-Stadt vom 8. November 2006, der F. für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz (F.) vom 10. November 2006, des Magistrats der Stadt E-Stadt vom 15. November 2006, des Landratsamts G-Stadt vom 23. November 2006 und des Landkreises H-Stadt vom 24. Januar 2007) sowie Stellungnahmen der zuständigen Präventionsdienste (der Beklagten vom 12. Februar 2007, der Unfallkasse Hessen vom 28. Februar 2007 und der Unfallkasse Baden-Württemberg vom 4. Juli 2007) ein. Die Klägerin war nach eigenen Angaben zwischen 1987 und 1988 in verschiedenen Groß- und Kleintierpraxen als studentische Praktikantin eingesetzt, danach vom 17. März 1989 bis 15. Juni 1990 und 11. März 1991 bis 31. Dezember 1992 im Schlachthof E-Stadt beschäftigt, vom 2. Februar 1993 bis 14. Juli 1999 im Schlachthof D-Stadt, vom 15. Juli 1999 bis 31. März 2000 im Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz G-Stadt, vom 1. April 2000 bis 31. Dezember 2002 im Schlachthof J-Stadt sowie vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003, 15. Juni 2005 bis 15. August 2005 und 15. November 2005 bis 30. Dezember 2005 in der F. Ferner zog die Beklagte zahlreiche Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und Ärztinnen bei. 

Der Präventionsdienst der Beklagten (Aufsichtsperson K.) führte zur letzten Tätigkeit der Klägerin in seiner Stellungnahme vom 12. Februar 2007 aus, sie sei seit 1. Januar 2003 in der Abteilung 4, Lebensmitteluntersuchung der F. am Standort L. beschäftigt. Die Abteilung sei für die für die sensorische, chemische und mikrobiologische Untersuchung und Begutachtung von Lebensmitteln zuständig. Dabei würden hauptsächlich Proben untersucht, die von den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern im Rahmen der planmäßigen Stichprobenerhebungen aus Handelseinrichtungen eingesammelt würden sowie Proben, die nach Vorkommnissen oder auf Grund von Verbraucherbeschwerden eingeschickt würden. Die Klägerin arbeite im Dezernat Geflügelfleisch, Wildbret, Eier, Milcherzeugnisse, Fachgebiet Milcherzeugnisse und Käse. Die von ihr ausgeführten Tätigkeiten seien die Durchführung sensorischer und mikrobiologischer Untersuchungen an o. a. Proben, Erstellung von Befunden und Gutachten, Erarbeitung von QS-Unterlagen, Ablesen von Keimzählungen, Auswertung mikroskopischer Präparate, Beurteilungen von Hemmstoffuntersuchungen und Überwachung und Auswertung von bakteriologischen Fleischuntersuchungen. Von der verantwortlichen Leiterin des Standortes, Dr. M., sei das Vorhandensein nachfolgender Spezies bei den durchzuführenden Untersuchungen bestätigt worden: Schimmelpilze und andere Pilze, beta-hämolysierende Streptokokken, Staph. aureus, Salmonellen, Pseudomonaden, Candida. Dr. M. sei davon ausgegangen, dass bei der Art der durchzuführenden Untersuchungen und einzuhaltenden Hygienevorschriften eine Exposition normalerweise nicht möglich sei. Weitere Mitarbeiter mit gesundheitlichen Problemen gebe es nicht. Folgende von der Klägerin genannte Keime habe Dr. M. nicht bestätigen können: Hämophilus, Mycoplasmen, Chlamydia psittaci, Schafsräude, Pferdeschnupfen, Katzenschnupfen, Adenoviren. 

Der Präventionsdienst der Unfallkasse Hessen (Dipl.-Biologin N.) führte in seiner Stellungnahme vom 28. Februar 2007 aus, die Klägerin habe in den Schlachthöfen E-Stadt und D-Stadt als Amtstierärztin gearbeitet. In D-Stadt habe sie die Leitung des Schlachthofs innegehabt, jedoch weiterhin die Fleischbeschau durchgeführt. In beiden Einrichtungen, die nicht mehr existent seien, seien vor allem Schweine und Rinder geschlachtet worden. Die Klägerin habe die Lebendbeschau bei den Tieren durchgeführt, bei der Schlachtung am Schweine- und am Rinderband gearbeitet und die Proben für die Fleischbeschau sowie die bakteriologischen Proben genommen. Es habe direkter Hautkontakt zu den Tierkörpern bestanden, da die Klägerin nur einen Kettenhandschuh, keine flüssigkeitsdichten Handschuhe getragen habe. Im Schlachthof D-Stadt habe die Klägerin darüber hinaus auch mikrobiologische Proben von den Arbeitsflächen genommen. Bei diesen Tätigkeiten könnten Infektionen perkutan oder über kleine Hautverletzungen oder oral als Schmierinfektionen übertragen worden sein. Aufgrund des Abbrausens der Tiere bei der Schlachtung sei auch eine aerogene Übertragung möglich. Der Präventionsdienst der Beklagten gab folgende Zoonose-Erreger/Krankheiten an, die bei den o. a. Tätigkeiten in Frage kämen: Streptokokken - β-hämolysierend - (verschiedene Krankheitsbilder), Salmonellen (Salmonellose), Milben (Räude), Chlamydia psittaci (Chlamydiose/ Psittakose), Rabiesvirus (Tollwut). Die weiteren von der Klägerin aufgelisteten Keime seien entweder keine Zoonose-Erreger - in den meisten Fällen handle es sich um ubiquitär vorkommende Keime -, oder welche, die von anderen Spezies als Schweinen oder Rindern übertragen würden. Eine besondere Gefährdung durch diese weiteren Erreger, die über das in der Allgemeinbevölkerung herrschende Krankheitsrisiko hinausgehe, sei bei den o. a. Tätigkeiten nicht anzunehmen. Eine Zoonose sei durch die in der Tabelle aufgeführten Krankheitserreger möglich, die Inkubationszeiten der aufgeführten Infektionen lägen aber im Bereich von Stunden oder Tagen. Die Krankheiten hätten unter dieser Prämisse spätestens 1999 und nicht erst ab 2003 auftreten dürfen. 

Der Präventionsdienst der Unfallkasse Baden-Württemberg führte in seiner Stellungnahme vom 4. Juli 2007 aus, die Klägerin habe als Tierärztin im Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz in G-Stadt im Innendienst nur Büroarbeiten, keine Laborarbeiten durchgeführt, im Außendienst die Überwachung von Lebensmittelbetrieben, die Überwachung/Beurteilung von Tierhaltungen und Tierseuchenbekämpfung im Einzelfall. Als Tierärztin im Schlachthof J-Stadt hätten zu ihren Tätigkeiten die Überwachung der Fleischbeschauer an den Schlachtbändern und der Kontakt mit lebenden Tieren und mit Fleisch zur Begutachtung gehört. Die Begutachtung geschehe durch Sichtprüfung. Die Hygienemaßnahmen seien sehr umfangreich und weitgehend gewesen. 

Die Beklagte holte eine Stellungnahme der beratenden Ärztin Dr. O. vom 6. Juni 2007 ein. In Bezug auf eine BK Nr. 3101 führte diese aus, ein Kontakt mit erkrankten Personen im Arbeitsbereich, die als Infektionsquellen in Betracht kommen könnten, sei nicht bekannt, weshalb eine BK nach BK Nr. 3101 nicht diskutiert werden müsse. Als führendes Krankheitsbild habe sich bei der Klägerin eine Infektneigung im Bereich der oberen Atemwege mit rezidivierender Sinusitis, Tonsillitis und Pharyngitis ergeben. Eine Immunschwäche und Endocarditis hätten sich nicht nachweisen lassen. Als humanpathogene Erreger seien Hämophilus parainfluenzae und Staph. aureus nachgewiesen worden. Keime, für die eine deutliche Arbeitsplatzabhängigkeit bestünde, seien jedoch nicht nachweisbar gewesen. Auch eine Berufskrankheit nach BK Nr. 3102 sah Dr. O. nicht als gegeben an. 

Mit Bescheid vom 30. November 2007 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach BK Nr. 3102 ab, da eine von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheit bei der Klägerin nicht habe gesichert werden können. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 10. Dezember 2007 Widerspruch ein. 

Frau P., Veterinäroberrätin, Landkreis Waldeck-Frankenberg, bescheinigte der Klägerin unter dem 27. Dezember 2007, in der Zeit vom 2. Februar 1993 bis 14. Juli 1999 in der Schlachttier- und Fleischuntersuchung am Schlachtband des Städtischen Schlachthofes D-Stadt tätig gewesen zu sein und dabei gegenüber folgenden Zoonose-Erregern exponiert gewesen zu sein: Mycobacterium avium, Mycobacterium tuberculosis, Erysipelothrix rhusiopathiae, Leptospiren, Salmonella spp., Listeria monocythogenes, Cysticercus bovis, Cysticercus cellulosae, TSE-Erreger, Trichinella spiralis u.a. 

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte ein arbeitsmedizinisches Gutachten des Arztes Q. zur Frage des Vorliegens einer Berufskrankheit nach BK Nr. 3102 ein. Dieser gelangte zu der Auffassung, die infektionsgefährdenden Einwirkungen durch die angeführten Zoonose-Erreger an allen Arbeitsplätzen der Versicherten - Schlachthöfe, Veterinäramt, Untersuchungsamt - über den gesamten Tätigkeitszeitraum von 14,25 Jahren seien als Ursachen für die Entstehung der Erkrankungen der Klägerin anzunehmen. Die Diagnosen der Zoonosen seien durch die eindeutigen klinischen Erscheinungsformen mit Folgeschäden, persistierende Pankarditis, Endokarditis, Infektanfälligkeit, ZNS-Störungen sowie die Berufsanamnese (Chronologie/ Arbeitsplatzbeschreibungen/ Expositionsnachweise) gesichert. Bei der Klägerin lägen im Einzelnen folgende Erkrankungen vor: Yersinia enterocolitica, Toxoplasmose, Leptospirose, Coxiella burnetii (Q-Fieber) durch Rickettsien, Erkrankung durch Corynebacterium ulcerans, Listeriose, Rickettsiose, Erkrankung durch Staphylococcus aureus, Hepatitis E und Tuberkulose.  

In ihrer Stellungnahme vom 11. Oktober 2010 sah die beratende Ärztin Dr. O. auf der Grundlage der medizinischen Untersuchungsergebnisse weiterhin keine Zoonose im Sinne der BK Nr. 3102 als erwiesen an. Sie ging zudem davon aus, dass bis jetzt keine Infektionsgefährdung durch irgendeine Person im beruflichen Bereich belegt sei, die als Infektionsquelle ursächlich für eine der genannten humanpathogenen Krankheiten einschließlich Tuberkulose in Betracht komme, weshalb nach wie vor eine BK nach BK Nr. 3101 nicht zu diskutieren sei. Soweit die Klägerin Erkrankungen durch Adenoviren und eine Hepatitis E geltend mache, handele es sich um humane Erreger. Adenoviren würden von Mensch zu Mensch übertragen würden, Hepatitis E-Viren durch kontaminiertes Wasser. Arbeitsplatztypisch sei dies jedoch nicht, der Nachweis einer Infektion sei nicht erbracht. 

Dementsprechend fanden sich einem serologischen Befundbericht vom 15. Februar 2008 (Laborpraxisverbund Dr. R.) keine Hinweise auf das Vorliegen einer Hepatitis B oder C. Hepatitis E-Virus-Antikörper IgM (IB) waren danach nicht feststellbar, Hepatitis E-Virus-Antikörper IgG (IB) ergaben ein grenzwertiges Resultat (Anmerkung im Befundbericht: Früher durchgemachte Infektion möglich). Ein späterer Laborbefund vom 5. August 2011 (MVZ für Laboratoriumsdiagnostik und Mikrobiologie Erfurt GmbH) lieferte jedoch keine Anhaltspunkte auf eine bestehende oder früher durchgemachte Hepatitis E (Anti-Hepatitis-E-IgG [Blot] negativ; Anti-Hepatitis-E-IgM [Blot] negativ). 

Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten der Prof. Dr. S., Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung vom 25. Juli 2013 ein. Diese stellte bei der Klägerin als Diagnosen einen chronischen Husten bei häufigen Sinusitiden, anamnestisch eine Aortenklappeninsuffizienz Grad I-II bislang unklarer Genese, einen abheilenden/abgeheilten kleinen apikalen Perikarderguss, einen Z. n. Pentaglobintherapie 2002, einen Z. n. Fraktur der linken Fibula mit nachfolgender Sudeck-Dystrophie 12/2003, anamnestisch einen Z. n. Ovarialzystenruptur 2005, häufige allgemeine Erschöpfungs- und Schwächezustände, anamnestisch eine Hypercholesterinämie, eine große Angst vor Infektionen und einen V. a. Fersensporn links.  Die Gutachterin verneinte eine BK im Sinne der BK Nr. 3102, wobei sie ausgehend von den bei der Klägerin erhobenen positiven oder grenzwertigen Antigen- und Antikörper-Untersuchungsergebnissen und der beruflichen Exposition/Gefährdung insbesondere Erkrankungen durch Coxiella burnetii, Leptospiren, Bartonella henselae und Yersinia entocolitica näher überprüfte. Im Ergebnis schloss sie jedoch einen Nachweis einer durch die o. g. Erreger verursachten Infektion bzw. entsprechende Erkrankungen (Q-Fieber durch Coxiella burnetii, Leptospiroseerkrankung, Bartenellose/ Katzenkratzkrankheit, Yersinose) aus. 

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 30. November 2007 (Ablehnung einer BK nach BK Nr. 3102) als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Klägerin am 10. April 2014 Klage bei dem Sozialgericht Fulda (Sozialgericht), dieses Verfahren ist bei dem Sozialgericht noch anhängig (Az. S 1 U 40/14).  

Mit weiterem Bescheid vom 25. März 2014 lehnte die Beklagte auch die Feststellung einer Berufskrankheit nach BK Nr. 3101 sowie Entschädigungsleistungen ab. Dies begründete sie damit, dass bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht gegeben seien, da die Klägerin nach den Tätigkeitsbeschreibungen sowie den Expositionsanalysen der zuständigen Präventionsdienste nicht zu dem gefährdeten Personenkreis gehöre. 

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 10. April 2014 Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf den Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. März 2010 im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 30. November 2007 (Ablehnung einer BK nach BK Nr. 3102). Dieser hatte darauf hingewiesen, dass gerade im Aufgabenbereich der Sensorik bei der F. von einem erhöhten Ausmaß der lnfektionsgefährdung mit Viren, Bakterien, Pilzen und Parasiten auszugehen sei. Zusätzlich zu Zoonosen unter BK Nr. 3102 könnten über die Verkostung von Lebensmitteln Infektionen mit menschlichen Keimen zu Berufskrankheiten nach BK Nr. 3101 führen. Die Infektionsgefahr sei umso höher, je größer der Anteil an Handarbeit an den Produktions- und Vertriebsprozessen der Lebensmittel sei. Daher seien die respiratorischen und gastrointestinalen Erkrankungen der Klägerin auf Adenoviren und Hepatitis-E-Viren durch die Tätigkeit im Sensorik-Labor des F. zurückzuführen. Diese fielen unter die Berufskrankheit nach BK-Nr. 3101. 
 
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei den Tätigkeiten der Klägerin als Veterinärmedizinerin bereits nicht um Tätigkeiten im Sinne einer Berufskrankheit nach BK Nr. 3101 handele.

Hiergegen hat die Klägerin am 20. Oktober 2014 Klage bei dem Sozialgericht Fulda (Sozialgericht) erhoben. Zur Begründung hat sie - unter Berufung auf das arbeitsmedizinische Gutachten des Arztes Q. vom 13. November 2008 - ausgeführt, sie sei während ihrer Tätigkeit kontinuierlich Erregern ausgesetzt gewesen, die folgende Krankheitsbilder ausgelöst hätten:
1.    Yersiniose durch Yersinia enterocolitica
2.    Toxoplasmose durch Toxoplasma gondii
3.    Leptospirose durch Leptospiren
4.    Rickettiose: Q-Fieber durch Coxiella burnetii
5.    Diphterieähnliche Rachenentzündung durch Corynebacterium ulcerans
6.    Listeriose durch Listeria monocytagenes
7.    Rickettsiose: Bartellonose durch Bartonella henselae
8.    Eitrige Entzündungen im Nasen-Rachenraum durch Staphylococcus aureus
9.    Hepatitis E durch gleichnamige Viren
10.    Tuberkulose durch Mycobakterien. 
Hierbei habe es sich zumindest teilweise auch um von Mensch zu Mensch übertragbare Krankheitserreger gehandelt. Das Vorliegen einer besonderen über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr werde durch die von der Klägerin ausgeübten und im Detail dokumentierten Tätigkeiten bewiesen (Hinweis auf Chronologie, Arbeitsplatzbeschreibungen/Expositionsnachweise der Klägerin vom 25. Januar 2008). Die betriebsärztliche Stellungnahme der Dr. O. weise erhebliche Lücken bzw. Unrichtigkeiten auf. Die Klägerin sei im o. g. Zeitraum ausschließlich am Standort L. des F. tätig gewesen, nicht in V.. Jeder in der Lebensmittelabteilung arbeitende Tierarzt sei in L. für Mikrobiologie (Anzüchtung/Ablesen) und Sensorik (Verkosten) aller Lebensmittelproben eingesetzt gewesen, unabhängig von seinem Fachgebiet. Die Klägerin sei dadurch einer ungleich höheren Erregerexposition als nach der betriebsärztlichen Stellungnahme der Dr. O. ausgesetzt gewesen. Die besondere Ansteckungsgefahr werde durch das arbeitsmedizinische Gutachten des Arztes Q. bestätigt. Im Aufgabenbereich der Sensorik sei von einem erhöhten Ausmaß der lnfektionsgefährdung mit Viren, Bakterien, Pilzen und Parasiten auszugehen. Über die Verkostung von Lebensmitteln könnten auch Infektionen mit menschlichen Keimen zu Berufskrankheiten der BK Nr. 3101 führen. Die Infektionsgefahr sei umso höher, je größer der Anteil an Handarbeit an den Produktions- und Vertriebsprozessen der Lebensmittel sei. Daher seien die respiratorischen und gastrointestinalen Erkrankungen der Klägerin auf Adenoviren und Hepatitis-E-Viren durch die Tätigkeit im Sensorik-Labor des F. zurückzuführen. Diese fielen unter die Berufskrankheit nach BK-Nr. 3101. Zudem sei in den Schlachthöfen eine enge Zusammenarbeit mit einer großen Anzahl von Mitarbeitern im Schlachtbetrieb erfolgt, die selbst oftmals an gesundheitlichen Beschwerden litten. 

In dem Parallelverfahren S 1 U 40/14 (BK Nr. 3102) hat das Sozialgericht von Amts wegen ein arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. T. vom 15. März 2016 eingeholt. Der Sachverständige hat bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt: Chronische Perimyokarditis, strukturelle Auffälligkeiten an der Mitralklappe vereinbar mit einer möglichen abgelaufenen Endokarditis, Aortenklappeninsuffizienz, klinisch I.-II.° sowie geringe Mitralklappeninsuffizienz, lymphozytäre Kolitis mit protrahierter Diarrhoe, submucöse Antrumraumforderung, V. a. gastrointestinalen Strumatumor, Medikamentenunverträglichkeiten (Kabiven, Vomex A, Nystatin) und multiple anamnestisch geschilderte Nahrungsmittelunverträglichkeiten, chronisch polypöse Schleimhautveränderung der NNH, chronische Sinusitis, chronisch rezidivierende Pharyngitis/Laryngitis, Z. n. Fibula-Fraktur links und posttraumatischem Sudeck-Syndrom 2014, stationär behandelte und möglicherweise persistierende Angststörung oder andere affektive und somatoforme Störungen, Z. n. Ovarialzystenruptur 2005, langjährige Dysmenorrhoe mit Menopause 2011, Erschöpfungs- und Schwächezustand, Hypercholesterinämie. Prof. Dr. T. ist zum Ergebnis gelangt, das bei der Klägerin nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein BK nach BK Nr. 3102 bejaht werden könne. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20. März 2017 zu den detaillierten Einwänden der Klägerin ist er bei seiner Auffassung verblieben. 

Mit Gerichtsbescheid vom 9. Mai 2017 hat das Sozialgericht die Klage im vorliegenden Verfahren S 1 U 109/14 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Verordnungsgeber unter der BK Nr. 3101 Infektionskrankheiten, wenn Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig seien oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt seien, als Berufskrankheit bezeichnet habe. Unter dem Begriff „Gesundheitsdienst" sei der Dienst zum Schutz, zur Erhaltung, Förderung oder Wiederherstellung der Gesundheit gefährdeter Menschen oder zur Pflege unheilbar Kranker oder Gebrechlicher zu verstehen. Unter „Wohlfahrtspflege" sei die planmäßige, im Wohle der Allgemeinheit und nicht von Erwerbs wegen ausgeübte vorbeugende oder abhelfende unmittelbare Betreuung von gesundheitlich, sittlich oder wirtschaftlich gefährdeten Personen zu verstehen. Laboratorien seien solche für wissenschaftliche oder medizinische Untersuchung und Versuche. Dort Tätige müssten entweder mit Kranken unmittelbar in Berührung kommen oder mit Stoffen umgehen, die kranken Menschen zur Untersuchung entnommen worden seien. „Oder eine andere Tätigkeit" beinhalte keinen Auffangtatbestand für jene Fälle, die nicht unter die genauer genannten Einrichtungen einzuordnen seien. Der Versicherte müsse in ähnlichem Maße der lnfektionsgefahr ausgesetzt sein, so dass die abstrakte Gefährdung in Art und Grad derjenigen in den bezeichneten Einrichtungen vergleichbar sei (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin‚ Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage. Seiten 738, 739 ff.). Anhand der vorliegenden Tätigkeitsbeschreibung sowie den im Rahmen des Feststellungsverfahrens eingeholten Expositionsanalysen der jeweils zuständigen Präventionsdienste gehöre die Klägerin nicht zu dem unter der genannten Berufskrankheit gefährdeten Personenkreis. Die Klägerin sei als Amtstierärztin im Schlachthof E-Stadt, D-Stadt und J-Stadt, im Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz G-Stadt sowie in der F. und damit nicht im Bereich des Gesundheitsdienstes, der Wohlfahrtspflege oder einem Laboratorium tätig gewesen. Insbesondere die Tätigkeit beim F. unterliege nicht der Tätigkeit in einem Laboratorium. Dort sei die Klägerin in der Abteilung 4 für Lebensmitteluntersuchung beschäftigt gewesen. Diese Abteilung sei u. a.  für die sensorische, chemische und mikrobiologische Untersuchung und Begutachtung von Lebensmitteln zuständig. Diese Tätigkeit unterliege nicht dem Begriff des Laboratoriums, da die dort Tätigen nicht mit Kranken unmittelbar in Berührung kämen oder mit Stoffen umgingen, die kranken Menschen zur Untersuchung entnommen würden. Auch die 4. Alternative „oder eine andere Tätigkeit" könne hier nicht angenommen werden, da die Klägerin als Veterinärmedizinerin nicht der dem Gesundheitsdienst typischen Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen sei.

Gegen den ihr am 10. Mai 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12. Juni 2017 (Montag) Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt, mit der sie weiterhin die Feststellung einer BK nach BK Nr. 3101 begehrt. Sie hat ihr bisheriges Vorbringen vertieft und zur Begründung u. a. vorgetragen, einer besonderen Infektionsgefährdung durch die Sensorik trügen der Gesetzgeber und die Berufsgenossenschaften dadurch Rechnung, dass alle in der Sensorik tätigen Personen eine Schutzimpfung gegen Hepatitis A erhielten wie die im Gesundheitsdienst beschäftigten Personen. So sei die Klägerin im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung am 2. Juni 2003 nach negativem HAV-Antikörperbefund durch den damaligen Betriebsarzt mit dem Impfstoff Havrix 1440 prophylaktisch gegen Hepatitis A geimpft worden.  

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 9. Mai 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine Berufskrankheit nach BK Nr. 3101 festzustellen. 

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. 

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. 

Im Parallelverfahren S 1 U 40/14 hat das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin ein arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. U. vom 27. Juni 2018 eingeholt. Dieser hat bei der Klägerin folgende gesicherte Diagnosen angegeben:  Aortenklappeninsuffizienz I.-II. Grades, Mitralklappeninsuffizienz I. Grades und kleiner chronischer Perikarderguss ohne hämodynamische Relevanz, DD: Perimyokarditis, Fettstoffwechselstörung, axiale Hiatushernie, lymphozytäre Colitis, Barett-Ösophagus, gesicherte Pollen- und Tierhaarallergie, Verdacht auf ein psychiatrisches Krankheitsbild. Er hat das Vorliegen einer Hepatitis E-Erkrankung ausgeschlossen. Ausgehend von relevanten positiven Serologiebefunden hat Prof. Dr. U. das Vorliegen folgender Erkrankungen als BKen überprüft: Erkrankungen durch Campylobacter (fetus) intestinalis und Listerien, Toxoplasmose, Borreliose, Q-Fieber, Influenza A, Erkrankungen durch Aspergillus fumigatus, Leptospiren, Bartonella henselae, Chikungunya-Infektion. Er ist zum Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin keine BK im Sinne der BK Nr. 3102 vorliegt. In der ergänzenden Stellungnahme vom 4. November 2020 ist er bei seiner Auffassung verblieben. 

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten sowie der beigezogenen Gerichts- und Verwaltungsakten des Verfahrens S 1 U 40/14 Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. 

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 9. Mai 2017 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach BK Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV. 

Rechtsgrundlage für die Feststellung einer BK ist § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII in Verbindung mit BK Nr. 3101. Gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet (sog. Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung für die Feststellung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 25/10 R - juris Rn. 14; Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R = BSGE 103, 45; BSGE 103, 59). 

Der Verordnungsgeber hat die BK Nr. 3101 wie folgt bezeichnet: "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war". Unter der BK Nr. 3101 sind Krankheiten erfasst, die von Mensch zu Mensch übertragbar sind (vgl. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zu BK Nr. 3101 - Bek. des BMA vom 1. Dezember 2000, BArbBl. 1/2001 S. 35). Die BK Nr. 3102 (von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten) ist im Verhältnis zur BK Nr. 3101 die speziellere Norm, die für ihren engeren Anwendungsbereich die allgemeinere Norm der BK Nr. 3101 verdrängt (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, Loseblattkommentar, Stand: Dezember 2020, Rn. 5 zu M 3101).

Da sich bei der BK Nr. 3101 der Ansteckungsvorgang im Nachhinein häufig nicht mehr feststellen lässt, tritt an die Stelle der "Einwirkungen" im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 SGB VII eine erhöhte Infektionsgefahr, die im Vollbeweis vorliegen muss. Ob der Versicherte einer der versicherten Tätigkeit innewohnenden "Infektionsgefahr in besonderem Maße" ausgesetzt war, hängt einerseits von der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit, d. h. der kontaktierten Personen sowie der Objekte, mit oder an denen zu arbeiten ist, und andererseits von der Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen ab, die sich nach dem Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit sowie der Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Versicherten verrichteten gefährdenden Handlungen bestimmt. Da für die Anerkennung der BK Nr. 3101 nicht eine schlichte Infektionsgefahr genügt, sondern eine (z. T. typisierend nach Tätigkeitsbereichen) besonders erhöhte Infektionsgefahr vorausgesetzt wird (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB VII), kommt es darauf an, welche einzelnen Arbeitshandlungen im Hinblick auf den Übertragungsweg besonders gefährdend sind (vgl. BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 22/10 R - = NZS 2012,51; Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 33/07 = BSGE 103, 54; zu Begriff und Prüfung der erhöhten Infektionsgefahr: BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 = BSGE 103,45). Lässt sich das Ausmaß der Durchseuchung nicht aufklären, kann aber das Vorliegen eines Krankheitserregers im Arbeitsumfeld nicht ausgeschlossen werden, ist vom Durchseuchungsgrad der Gesamtbevölkerung auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 1 U 30/07 a. a. O.).

Die Klägerin hat ihre versicherte Tätigkeit nicht im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium ausgeübt. Von der BK Nr. 3101 werden neben den in der 6. BKVO ausdrücklich genannten Laboratorien für wissenschaftliche und medizinische Untersuchungen und Versuche alle sonstigen Laboratorien erfasst, soweit es sich um Einrichtungen mit besonderen Infektionsgefahren handelt (z. B. auch Laboratorien für Zahntechnik; vgl. Hess. LSG, Urteil vom 21 Februar 1968 - L 3 U 913/66 - Breithaupt 1968, 825; Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung, Loseblattkommentar, Stand: Dezember 2020, Rn. 2.2 zu M 3101). Dort Tätige müssen entweder mit Kranken unmittelbar in Berührung kommen oder mit Stoffen umgehen, die kranken Menschen zur Untersuchung entnommen wurden (vgl. Mehrtens/Brandenburg a.a.O.). In einem solchen Laboratorium war die Klägerin nicht tätig. Entscheidend ist daher, ob die Klägerin im Sinne der 4. Alternative der BK Nr. 3101 durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war. Dies ist hier zu verneinen. 

Die 4. Tatbestandsalternative der BK Nr. 3101 setzt voraus, dass der versicherte Tätigkeitsbereich seiner Art nach unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Arbeitsumfelds mit einer abstrakten Gefahrenlage verbunden ist und sich diese Gefahrenlage auf Grund vorgenommener Verrichtungen im Sinne einer individuell erhöhten Infektionsgefahr auch tatsächlich realisiert hat (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 33/07 R - juris Leitsatz). Es ist somit eine zweistufige Prüfung durchzuführen. Zunächst ist das Vorliegen einer abstrakten Gefahrenlage zu klären. Lassen die Tätigkeitsart und das Arbeitsumfeld auf eine abstrakte Gefährdungslage schließen, ist zusätzlich erforderlich, dass der Versicherte persönlich infolge seiner konkret ausgeübten Verrichtungen in ähnlichem Maße einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt war (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 33/07 R = BSGE 103 54; Mehrtens/Brandenburg a.a.O. Rn. 2.3.2). 

Eine besonders erhöhte Infektionsgefahr im Sinne der BK Nr. 3101 4. Alternative liegt nicht im Vollbeweis vor, da es sowohl an einer abstrakten Gefährdungslage hinsichtlich einer Exposition der Klägerin gegenüber Adenoviren, Hepatitis E-Erregern oder Erregern sonstiger von Mensch zu Mensch übertragbarer Krankheiten fehlt, als auch an einer konkreten besonders erhöhten Infektionsgefahr durch die von der Klägerin im einzelnen ausgeübten Tätigkeiten. Die Klägerin vermag sich zur Überzeugung des Senats nicht erfolgreich darauf zu berufen, dass sie bei ihrer Tätigkeit in den Schlachthöfen oder in der F., insbesondere aufgrund ihrer dortigen Tätigkeit in der Verkostung von Lebensmitteln im Sensorik-Labor, einer erhöhten Infektionsgefahr bezüglich von Mensch zu Mensch übertragbaren Krankheiten wie z. B. durch Adenoviren und Hepatitis E auslösenden Viren ausgesetzt gewesen ist. Der Senat stützt sich für die Verneinung sowohl einer abstrakten als auch konkreten besonders erhöhten Gefährdungslage insbesondere auf das Sachverständigengutachten  des Prof. Dr. T. vom 15. März 2016 im Verfahren S 1 U 40/14, das Gutachten der Prof. Dr. S. vom 25. Juli 2013, die beratungsärztliche Stellungnahme der Dr. O. vom 11. Oktober 2010 und die nachvollziehbaren Ermittlungsergebnisse der beteiligten Präventionsdienste unter Berücksichtigung der Auskünfte der früheren Arbeitgeber der Klägerin. Prof. Dr. T. führte in seinem Gutachten vom 15. März 2016 aus, eine besondere Gefährdung der Klägerin bei ihrer Tätigkeit durch von Mensch zu Mensch übertragene Krankheiten liege nicht vor (S. 49 des Gutachtens). Nach den Feststellungen im Gutachten der Prof. Dr. S. u. a. vom 25. Juli 2013 haben auf der Grundlage des Ergebnisses eines Forschungsprojekts der BAuA (Fischer et. Al., 2013) folgende Keime/Viren im Veterinärwesen keine tätigkeitsbedingte Relevanz: Coxsackievirus, Adenovirus, Herpesviren, Humanes Herpesvirus 6, Epstein-Barr-Virus. Damit in Übereinstimmung sah die beratende Ärztin Dr. O. in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 11. Oktober 2010 eine Übertragung von Adenoviren und Hepatitis-E-Viren nicht als arbeitsplatztypisch an. Die beratende Ärztin berücksichtigte dabei den von der Klägerin bereits im Widerspruchsverfahren monierten Sachverhalt, sie sei bei der F. ausschließlich am Standort L., nicht in V. tätig gewesen, und alle Veterinärärzte seien dort u. a. in der Sensorik eingesetzt gewesen, gelangte aber dennoch nicht zu einer anderen Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich von Mensch zu Mensch übertragbarer Erreger (s. Seiten 5, 7 ihrer Stellungnahme). Entsprechende Ermittlungsergebnisse finden sich bereits in den Stellungnahmen des Präventionsdienstes der Beklagten vom 12. Februar 2007, des Präventionsdienstes der Unfallkasse Hessen vom 28. Februar 2007 und der Stellungnahme des Präventionsdienstes der Unfallkasse Baden-Württemberg vom 4. April 2007, in denen weder bei der Tätigkeit der Klägerin in den Schlachthöfen E-Stadt, D-Stadt und J-Stadt, noch im Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz G-Stadt oder in der F. eine erhöhte Infektionsgefahr gegenüber Adenoviren oder Hepatitis E-Viren oder Erregern sonstiger von Mensch zu Mensch übertragbarer Krankheiten  beschrieben wird. Auch in der Bescheinigung der Veterinäroberrätin P., Landkreis Waldeck-Frankenberg vom 27. Dezember 2007 finden sich keine Hinweise auf eine besondere Infektionsgefahr hinsichtlich von Mensch zu Mensch übertragbarer Krankheiten. Der Präventionsdienst der Beklagten sah in seiner Stellungnahme vom 12. Februar 2007 bei den von der Klägerin in der F. ausgeführten Tätigkeiten (Durchführung sensorischer und mikrobiologischer Untersuchungen an o. a. Proben, Erstellung von Befunden und Gutachten, Erarbeitung von QS-Unterlagen, Ablesen von Keimzählungen, Auswertung mikroskopischer Präparate, Beurteilungen von Hemmstoffuntersuchungen und Überwachung und Auswertung von bakteriologischen Fleischuntersuchungen) nach Befragung der verantwortlichen Leiterin des Standortes L., Dr. M.,  nur das Vorhandensein nachfolgender Spezies bei den durchzuführenden Untersuchungen als bestätigt an: Schimmelpilze und andere Pilze, beta-hämolysierende Streptokokken, Staph. aureus, Salmonellen, Pseudomonaden, Candida. Nicht als bestätigt sah er danach das Vorkommen folgender Spezies/Erreger an: Hämophilus, Mycoplasmen, Chlamydia psittaci, Schafsräude, Pferdeschnupfen, Katzenschnupfen, Adenoviren. Der Präventionsdienst der Unfallkasse Hessen führte in seiner Stellungnahme vom 28. Februar 2007 lediglich folgende Zoonose-Erreger/Krankheiten an, die bei den Tätigkeiten der Klägerin in den Schlachthöfen von E Stadt und D-Stadt in Frage kommen: Streptokokken - β-hämolysierend - (verschiedene Krankheitsbilder), Salmonellen (Salmonellose), Milben (Räude), Chlamydia psittaci (Chlamydiose/ Psittakose), Rabiesvirus (Tollwut). Die weiteren von der Klägerin aufgelisteten Keime waren danach entweder keine Zoonose-Erreger - in den meisten Fällen handelte es sich um ubiquitär vorkommende Keime -, oder welche, die von anderen Spezies als Schweinen oder Rindern übertragen werden. Eine besondere Gefährdung durch Erreger hinsichtlich von Mensch zu Mensch übertragbarer Krankheiten, die über das in der Allgemeinbevölkerung herrschende Krankheitsrisiko hinausgehen, bei den o. a. Tätigkeiten sind auf der Grundlage der Ermittlungen des Präventionsdienstes der Unfallkasse Hessen nicht anzunehmen. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich auch aus dem arbeitsmedizinischen Gutachten des Arztes Q. vom 11. November 2008 keine besondere Infektionsgefahr hinsichtlich von Mensch zu Mensch übertragbarer Krankheiten herleiten, da dieser lediglich von einer erhöhten Infektionsgefahr durch Zoonose-Erreger ausging. Für einen erhöhten Durchseuchungsgrad an den jeweiligen Arbeitsplätzen der Klägerin hinsichtlich von Mensch zu Mensch übertragbarer Krankheiten ergeben sich aus den vorgenannten Gutachten und Stellungnahmen keine hinreichenden Anhaltspunkte. 

Selbst wenn man entsprechend dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der Berufungsbegründung eine besondere Infektionsgefahr der Klägerin bei der Verkostung von Lebensmitteln durch Hepatitis-A auslösende Viren - im Zusammenhang mit der vorbeugenden Impfung - unterstellen würde, ist unabhängig davon das Vorliegen einer Hepatitis-Erkrankung nicht im Vollbeweis erbracht, weder Hepatitis A, B, C noch E (s. bereits beratungsärztliche Stellungnahme der Dr. O. vom 11. Oktober 2010, S. 7). 

Weder die im Widerspruchsverfahren (BK Nr. 3102) von der Beklagten beauftragte Gutachterin Prof. Dr. S. u. a. (Gutachten vom 25. Juli 2013) noch die im Parallelverfahren S 1 U 40/14 beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. T. (Gutachten vom 15. März 2016) und Prof. Dr. U. (Gutachten vom 27. Juni 2018) diagnostizierten bei der Klägerin auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands nach Auswertung sämtlicher aktenkundiger medizinischer Unterlagen eine Hepatitis-Erkrankung als Gesundheitsstörung. Prof. Dr. U. schloss aufgrund der Laborbefunde das Vorliegen einer Hepatitis-E-Erkrankung ausdrücklich aus (S. 27 seines Gutachtens). Damit übereinstimmend fanden sich einem serologischen Befundbericht vom 15. Februar 2008 (Laborpraxisverbund Dr. R.) keine Hinweise auf das Vorliegen einer Hepatitis B oder C. Hepatitis E-Virus-AK IgM (IB) waren danach nicht feststellbar, Hepatitis E-Virus-AK IgG (IB) ergaben ein grenzwertiges Resultat. Spätere Laborbefunde vom 20. Juni 2011 (bioscentia Labor Ingelheim) und vom 5. August 2011 (MVZ für Laboratoriumsdiagnostik und Mikrobiologie Erfurt GmbH) lieferten jedoch keine Anhaltspunkte auf eine bestehende oder früher durchgemachte Hepatitis E. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG

Rechtskraft
Aus
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