1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
T a t b e s t a n d
Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine Haushaltshilfe während der stationären Rehabilitationsmaßnahme des Klägers vom 15.5.2017 bis 4.7.2017.
Der 1970 geborene Kläger arbeitete vor dem streitgegenständlichen Zeitraum jeden Tag von 8-18 h. Die 1974 geborene Ehefrau arbeitete Teilzeit bis 15:30 h außer freitags, wo sie nicht arbeitete. Die Eheleute haben zwei 2009 und 2013 geborene Kinder, die in der streitgegenständlichen Zeit in Schule bzw. Kindergarten bis 15:30 h betreut waren. Im Jahr 2017 war die Ehefrau des Klägers schwanger. Der errechnete Entbindungstermin für das dritte Kind der Eheleute war der xx.8.2017.
Auf den Antrag des Klägers wurde ihm durch Bescheid der Beklagten vom 25.4.2017 eine fünfwöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahme in D-Stadt bewilligt. Diese dauerte vom 15.5.2017 bis 4.7.2017. Am 12.5.2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen der Schwangerschaft seiner Ehefrau von montags bis donnerstags 13 h bis 18 h eine Haushaltshilfe während der Zeit der stationären Rehabilitationsmaßnahme.
Mit Datum vom 12.5.2017 und 14.5.2017 wurde ein Vertrag zwischen dem Kläger und seiner Frau sowie der E. Beratungs- und Service GmbH geschlossen, wonach die E. Beratungs- und Service GmbH dem Kläger ein, ggf. zwei Dienstleisterinnen ab 16.5.2017 an 4-5 Tagen für jeweils 4-5 Stunden zur Verfügung stellt.
Die Beklagte wies in der Folge darauf hin, es sei unklar, warum die Frau des Klägers, die Teilzeit arbeite, sich nicht um die Kinder kümmern könne. Auch erschließe sich der Zeitraum nicht, in dem die Haushaltshilfe tätig sein solle. Man bitte um Übersendung entsprechender Nachweise.
Der Kläger führte an, seine Frau kümmere sich um die Kinder, aber nicht um den Haushalt. Einkaufen, Kochen, Putzen etc. würden im Regelfall durch den Kläger erledigt. Der Zeitraum 13-18 h sei so gewählt, dass die Haushaltshilfe die Kinder von der Schule bzw. vom Kindergarten abholen könne, da seine Frau nicht immer pünktlich das Büro verlassen könne. Zu den Akten gelangte eine Kostenschätzung der E. Beratungs- und Service GmbH über einen Betrag von 3000 Euro wegen hauswirtschaftlichen Dienstleistungen.
Mit Bescheid vom 15.6.2017 wurde der Antrag abgelehnt. Voraussetzung für die Bewilligung der Kosten einer Haushaltshilfe sei, dass eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen könne. Es sei aus den eingereichten Unterlagen nicht ersichtlich, dass die Ehefrau des Klägers die Betreuung der Kinder nicht weiter übernehmen könne. Die nachgewiesene Schwangerschaft belege dies nicht. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Teilnahme an der Leistung zur medizinischen Rehabilitation und der Notwendigkeit einer Haushaltshilfe sei nicht gegeben.
Hiergegen erhob der Kläger unter Verweis auf ein Attest des Gynaelogicums Darmstadt vom 21.6.2017 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.8.2017 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Aufgrund der Teilzeitbeschäftigung der Ehefrau bis 15:30 h montags bis donnerstags sei davon auszugehen, dass bisher die Hauptlast der Kinderbetreuung und Haushaltsführung bei der Ehefrau lag. Der Kläger kehre erst um 18 h von der Arbeit zurück. Für den Zeitraum der beruflichen Abwesenheit werde nun Haushaltshilfe beantragt. Hier fehle es auch in Kenntnis der Widerspruchsbegründung an einem Kausalzusammenhang. Sollte die Ehefrau des Klägers derart gesundheitlich eingeschränkt sein, dass sie sich um den Haushalt nicht mehr kümmern könne, wäre ggf. eine Haushaltshilfe in Kostenträgerschaft der Krankenkasse zu prüfen. Die Leistung zur medizinischen Rehabilitation sei nicht der Grund für die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe.
Am 31.8.2017 hat der Kläger vor dem SG Darmstadt Klage erhoben. Vorgetragen wurde, dass der Kläger an drei Tagen in der Woche zuhause arbeiten könne, so dass er seiner Frau nachmittags im Haushalt helfen könne. Dies sei durch die stationäre Rehabilitationsmaßnahme entfallen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15.06.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für den Kläger die Kosten für eine Haushaltshilfe während der Dauer der Rehabilitationsmaßnahme vom 15.05.2017 bis zum 04.07.2017 zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidung waren, verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist abzuweisen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob auch die Ehefrau des Klägers als Vertragspartner des Vertrags mit der E. Beratungs- und Service GmbH die Klage hätte erheben müssen. Auch im Falle einer entsprechenden Klageerweiterung bestünde kein Anspruch auf Kostenerstattung.
Denn der sogenannte „Beschaffungsweg“ ist vorliegend nicht gewahrt. § 18 Abs. 6 SGB IX in der Fassung vom 23.12.2016 bestimmt:
„Konnte der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Leistungsberechtigten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese vom Rehabilitationsträger in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war“. § 18 Abs. 6 SGB IX stellt eine Durchbrechung des auch im SGB IX geltenden Sachleistungsprinzips dar. Daher muss zwischen der rechtswidrigen Ablehnung der Leistung bzw. dem Beschaffen der unaufschiebbaren Leistung und der Kostenlast des Versicherten ein Kausalzusammenhang bestehen. Denn die Ablehnung muss für den entstandenen Kostennachteil ursächlich sein (§ 18 Abs. 6 Satz 1 SGB IX: „dadurch“), woran es fehlt, wenn der Träger vor Inanspruchnahme der Leistung mit dem Begehren überhaupt nicht befasst war bzw. keine vorherige Ablehnungsentscheidung des Trägers erging (Ulrich in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 18 Abs. 6 SGB IX, vgl. BSG v. 08.09.2015 - B 1 KR 14/14 R – juris; vgl. Löschau in GK-SGB IX § 15 RdNr. 26, 30, vgl. auch BSGE 66, 275, 283; BSG SozR 4-2500 § 3 Nr. 1 RdNr. 12 f; vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 27. Januar 2011 – L 8 KR 201/09 –, Rn. 25, juris).
Vor Vertragsschluss mit der E. Beratungs- und Service GmbH hat der Kläger zwar bei der Beklagten eine Haushaltshilfe beantragt, die Entscheidung der Beklagten jedoch nicht abgewartet, bevor der Vertrag mit der E. Beratungs- und Service GmbH unterzeichnet wurde. Es lag kein Notfall vor, der geboten hätte, dass die Haushaltshilfe ohne Entscheidung des Rehabilitationsträgers sofort tätig wurde. Vielmehr war dem Kläger das Abwarten einer Entscheidung der Beklagten über den Antrag auf die Bewilligung einer Haushaltshilfe zumutbar.
Unabhängig hiervon ist das Gericht auch der Auffassung, dass kein Anspruch auf die begehrte Haushaltshilfe bestand.
Haushaltshilfe wird nach § 74 SGB IX in der Fassung vom 23.12.2016 geleistet, wenn
1.den Leistungsempfängern wegen der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist,
2.eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann und
3. im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist.
Nach § 24 h SGB V i.V.m. § 38 Abs. 4 SGB V i.V.m. § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX erhält eine Versicherte Haushaltshilfe, soweit ihr wegen Schwangerschaft oder Entbindung die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist und eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann.
Beide Normen setzen für einen Anspruch auf Haushaltshilfe für den vorliegenden Fall voraus, dass die Ehefrau des Klägers schwangerschaftsbedingt den Haushalt nicht weiterführen konnte.
Durch die vorgelegten Atteste ist jedoch nicht nachgewiesen, dass die Ehefrau des Klägers schwangerschaftsbedingt nicht hierzu in der Lage gewesen wäre. Eine Risikoschwangerschaft liegt generell bereits ab dem 35. Lebensjahr vor und steht mit der Fähigkeit, den Haushalt zu führen, nicht in Widerspruch. Weitere Befunde, aus denen schwangerschaftsbedingte körperliche Einschränkungen der Ehefrau des Klägers hervorgehen, sind mit den Attesten des Gynaecologiums vom 21.6.2017 und 9.5.2018 nicht zu den Akten gelangt. Dass eine Schwangere schweres Heben, Bücken und langes Stehen vermeiden soll, ist ein genereller Ratschlag bei Schwangerschaften und begründet nicht, warum die Klägerin montags bis donnerstags ab 15:30 h nicht ihre Kinder betreuen und körperlich leichte Arbeiten im Haushalt verrichten konnte. Auch soweit im Attest vom 21.6.2017 eine psychische Belastung der Ehefrau des Klägers erwähnt wird, ist nicht näher ausgeführt, ob diese Krankheitswert hat. Es ist für das Gericht nachvollziehbar, dass eine Haushaltshilfe in der geschilderten Lebenssituation eine Erleichterung des Alltags mit sich gebracht hat. Dies reicht jedoch für die Bewilligung einer Haushaltshilfe in Kostenträgerschaft eines Rehabilitationsträgers nicht aus.
Ergänzend wird nach § 136 Abs. 3 SGG auf den Widerspruchsbescheid vom 18.8.2017 verwiesen. Dass nicht primär die Abwesenheit des Klägers Ursache für den Antrag auf Haushaltshilfe war, wird im Übrigen auch dadurch verdeutlicht, dass die Haushaltshilfe für 4-5 Tage pro Woche beantragt bzw. vereinbart wurde, während der Kläger - seinen Vortrag als wahr unterstellt- an lediglich 3 Tagen pro Woche zuhause arbeiten konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Zulässigkeit der Berufung auf §§ 143, 144 SGG.