L 4 SO 59/19

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 9 SO 96/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 59/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1.    Der Child’s Benefit aus Art. 36 der Satzung des Gemeinsamen Pensionsfonds der Vereinten Nationen samt Verwaltungsvorschriften und Geschäftsordnung sowie Rentenanpassungssystem stellt kein eigenes anrechnungsfähiges Einkommen des volljährigen Kindes im Rahmen der Sozialhilfe dar.
2.    Die Auslegung nach dem gewöhnlichen Wortsinn des Art. 36 der Satzung des Gemeinsamen Pensionsfonds der Vereinten Nationen samt Verwaltungsvorschriften und Geschäftsordnung sowie Rentenanpassungssystem in den amtlichen Sprachfassungen Französisch und Englisch führt zu unterschiedlichen Ergebnissen. In der französischen Sprachfassung wird ein eigener Anspruch des Kindes begründet, in der englischen Sprachfassung dagegen nicht. Die Anwendung weiterer Auslegungskriterien führt zum Vorrang der englischen Sprachfassung.

I.    Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 25. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

II.    Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

III.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) in Bezug auf den Zeitraum von Januar 2016 bis April 2018.

Die im Jahre 1977 geborene Klägerin leidet seit ihrer Geburt unter einer geistigen Behinderung mit autistischer Symptomatik. Sie ist auf umfassende Betreuung und Pflege angewiesen (ärztliche Bescheinigung Dr. E., F. Heime, vom 22. Februar 2007, Bl. 62 Verwaltungsakte; Arzt für Allgemeinmedizin G., H., 30. November 2001, Bl. 71 Verwaltungsakte). Sie ist mit einem Grad der Behinderung von 100 schwerbehindert, die Merkzeichen G, B und H sind festgestellt (Schwerbehindertenausweis des Versorgungsamtes Ravensburg vom 21. Januar 2003). Ihre Eltern C. A. und D. A. sind als Betreuer bzw. Ergänzungsbetreuer für sämtliche Angelegenheiten bestellt (Beschluss des Amtsgerichts Frankenberg vom 19. Februar 2016).

Der Vater der Klägerin war von Juli 1993 bis Februar 2007 bei der Welternährungsorganisation („J.“) der Vereinten Nationen beschäftigt. Seit seiner Pensionierung erhält er aus dem Gemeinsamen Pensionsfonds der Vereinten Nationen („United Nations Joint Staff Pension Fund“), bei welchem sein Dienstherr Mitglied ist, eine Pension. Diese wird als „Main Benefit“ bezeichnet. Außerdem wird an den Vater der Klägerin ein so genannter „Child‘s Benefit“ ausbezahlt. Die Pensionsabrechnungen sind ausschließlich an den Vater der Klägerin gerichtet.

Nachdem die Klägerin zuletzt in einer stationären Einrichtung gelebt hatte, lebt sie seit Dezember 2015 wieder im Haushalt der Eltern. Am 19. Januar 2016 beantragte die Klägerin (erneut) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bei dem Beklagten, die sie bereits für den Zeitraum von April 2009 bis Januar 2011 unter Anrechnung des Child’s Benefit bezogen hatte (Bescheid vom 29. April 2009 und später). Im Antragsformular war als Einkommen der Klägerin nur das Kindergeld angegeben, welches auf das Konto ihrer Mutter überwiesen werde. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 wurde auf Anforderung des Beklagten der Steuerbescheid für das Jahr 2013 der Eltern der Klägerin übersandt. In dem Begleitschreiben wiesen die Betreuer der Klägerin darauf hin, dass der „Child‘s Benefit“ als Einkommen des Vaters versteuert worden sei.

Durch Bescheid vom 8. November 2016 bewilligte der Beklagte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Monate Januar 2016 bis Februar 2017 i.H.v. 445,71 € monatlich. Dabei berücksichtigte der Beklagte den Child‘s Benefit in Höhe von monatlich 214,90 € als Einkommen der Klägerin anspruchsmindernd. In der Begründung legte der Beklagte dar, aus dem angeforderten Steuerbescheid sei zu ersehen, dass der Child‘s Benefit als Einkommen berücksichtigt worden sei. Nach Abzug verschiedener Pauschbeträge werde jedoch ein Pauschbetrag von 3.700 € für behinderte Kinder sowie ein Freibetrag für ein Kind i.H.v. 7.008 € vom zu versteuernden Einkommen abgesetzt, so dass insgesamt 10.708 € durch Berücksichtigung der Klägerin vom Einkommen abgesetzt werde. Der angerechnete Child‘s Benefit betrage jährlich 2.578,80 und liege deutlich unter dem vom Finanzamt abgesetzten Betrag. Es erscheine daher gerechtfertigt, den Child‘s Benefit als Einkommen anzurechnen, zumal das gewährte Kindergeld bereits anrechnungsfrei bleibe. Aufgrund der bisher in gleich gelagerten Fällen geübten Verwaltungspraxis sowie der Verpflichtung einer sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel sei eine andere Entscheidung nicht möglich.

Dagegen legte die Klägerin am 25. November 2016 mit der Begründung Widerspruch ein, dass es sich bei dem Child‘s Benefit allein um Einkommen des Vaters der Klägerin handele.

Durch weiteren Bescheid vom 19. April 2017 bewilligte der Beklagte Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum vom 1. März 2017 bis 30. April 2018, worin er den Child‘s Benefit in Höhe von monatlich 219,42 € als Einkommen der Klägerin berücksichtigte und bezog diesen Bescheid in das Widerspruchsverfahren mit ein.

Durch Widerspruchsbescheid vom 10. November 2017 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, nachdem er eine Übersetzung des Deutschen Übersetzungsdienstes der Vereinten Nationen bezüglich der Satzung „Regulations, Rules und Pension Adjustment System of the United Nations Joint Staff Pension Fund“ vom 1. Januar 2015 – „Satzung des Gemeinsamen Pensionsfonds der Vereinten Nationen samt Verwaltungsvorschriften und Geschäftsordnung sowie Pensionsanpassungssystem“ – (im Folgenden: Satzung) beigezogen hatte. In der Begründung führte der Beklagte aus, zwar würden die Leistungen aus dem Pensionsfonds nur deshalb gezahlt, weil der Vater der Klägerin sowie dessen Arbeitgeber in der Dienstzeit des Vaters Beiträge in den Fond eingezahlt hätten. Entscheidend sei aber, wie die Anspruchsinhaberschaft für die Leistung in der Satzung ausgestaltet und welcher Person demzufolge die Leistung als Einkommen zuzuordnen sei. Hiernach handele es sich bei dem Child‘s Benefit um einen eigenen und unentziehbaren Anspruch des Kindes. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Satzung. So würde Art. 36 der Satzung eigene Ansprüche des Kindes begründen bzw. voraussetzen. In Abschnitt I.1 des Anhangs I der Satzung sei ausdrücklich bestimmt, dass für das Mitglied und für ein Kind eines Mitglieds ein Leistungsanspruch entstehe. Damit übereinstimmend sehe Abschnitt H.9 des Anhangs I für die Leistung an erwerbsunfähige Kinder vor, dass der Antrag von dem Kind oder in dessen Namen schriftlich an den Sekretär des Ausschusses zu richten sei. Weiter bestimme Abschnitt J.2 e) das Anhangs I, dass nach der Satzung an die Kinder eines Mitglieds zu zahlende Leistungen zu Gunsten der Kinder eines Mitglieds, nach dem Tod des Mitglieds an den überlebenden Elternteil oder den Vormund des Kindes auszuzahlen seien. Infolgedessen könne nicht eingewendet werden, dass die Auszahlung an den Vater der Klägerin gerade für eine Bewertung als dessen Einkommen spreche. Die Versteuerung des Child‘s Benefit als Einkommen des Vaters führe nicht automatisch dazu, dass seine Einkünfte sozialrechtlich ebenfalls dem Vater zuzurechnen sein. Rechtliche Bindungswirkungen gingen jedenfalls aus dem Einkommensteuerbescheid für den Beklagten nicht hervor.

Hiergegen erhob die Klägerin am 13. Dezember 2017 Klage bei dem Sozialgericht Marburg.

Diese begründete sie unter Beifügung einer Übersetzung diverser Vorschriften der Satzung des Pensionsfonds durch die allgemein ermächtigte Übersetzerin in der englischen Sprache für die Gerichte und Notare im Lande Hessen, K., K-Stadt, vom 21. Dezember 2017 damit, dass das gezahlte Child´s Benefit nicht gleichzusetzen sei mit dem klassischen amerikanischen Child´s Benefit, welches die amerikanischen Sozialversicherungen als Kindergeld zahlen würden. Die hier streitgegenständlichen Leistungen würden nur deshalb geleistet, weil der Vater Beiträge in den Pensionsfond der Vereinten Nationen eingezahlt habe. Der Beklagte gehe von einer falschen Übersetzung des Art. 36 der Satzung aus. Der Vater der Klägerin habe die Satzung über eine beglaubigte Übersetzerin übersetzen lassen. Hieraus werde deutlich, dass der Anspruchsinhaber der entsprechende Elternteil sei, welcher bei den Vereinten Nationen tätig gewesen war und in den Ruhestand gehe.

Der Beklagte vertrat die Auffassung, die von ihm verwendete Übersetzung sei korrekt, da es sich um ein Dokument des Deutschen Übersetzungsdienstes der Vereinten Nationen handele. Im Übrigen sei der Wortlaut der gerichtlichen Übersetzung fast identisch; das betreffe gerade den Abschnitt J.2 (e), aus dem eindeutig hervorgehe, dass es sich um eine Leistung handele, die an das Kind zu zahlen sei.

Durch Urteil vom 25. Februar 2019 hat das Sozialgericht die Bescheide vom 8. November 2016 und 19. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. November 2017 abgeändert und den Beklagten verurteilt, der Klägerin Leistungen in ungeminderte Form zu gewähren. 
In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht ausgeführt: 
„… Die Klägerin ist leistungsberechtigt zum Erhalt von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 41 ff. SGB XII. Dieser Anspruch der Klägerin vermindert sich nicht durch eine Anrechnung in Höhe von 214,90 € (Januar 2016 bis Februar 2017) bzw. 219,42 € (März 2017 bis April 2018). 

Zwar sind nach § 41 Abs. 1 SGB XII Leistungen der Grundsicherung (nur) an Leistungsberechtigte Personen zu leisten, sofern diese ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Nach § 43 Abs. 1 S. 1 SGB XII sind für den Einsatz des Einkommens bezüglich Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XII die §§ 82-84 SGB XII anzuwenden, soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Nach § 82 Abs. 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.

Die Höhe der Grundsicherungsleistung ist damit unter anderem davon abhängig, ob der Leistungsberechtigte über eigenes Einkommen verfügt. Auf Unterhaltsansprüche gegen seine Eltern brauchte sich allerdings grundsätzlich nicht verweisen zu lassen. Nach § 43 Abs. 5 S. 1 SGB XII sind Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 SGB IV beträgt jeweils mehr als 100.000 €. Ausweislich des vorgelegten Steuerbescheids und der Angaben des Vaters der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung erreicht das Einkommen der Eltern der Klägerin diese Grenze nicht, so dass die Einkommensverhältnisse der Eltern der Klägerin außer Betracht bleiben.

Somit muss sich die Klägerin das Child´s Benefit nicht anrechnen lassen, wenn es sich um Einkommen des Vaters der Klägerin und nicht um eigenes Einkommen handelt. Denn aus der Zusammenschau der benannten Vorschriften ergibt sich, dass Einkommen hinsichtlich der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII nur dann angerechnet wird, wenn es sich um Einkommen der leistungsberechtigten Person handelt. Weiterhin muss das Einkommen dem Leistungsberechtigten als bereite Mittel zur Verfügung stehen. Entscheidend ist die tatsächliche Lage des Hilfeberechtigten; Einkommen ist nur dann anzurechnen, wenn es ihm im Bedarfszeitraum tatsächlich zugeflossen ist (vgl. Giere in: Grube/Wahrendorf, 6. Aufl. 2018, SGB XII, § 82, Rn. 34).

Zur Beurteilung der Anspruchsinhaberschaft des streitgegenständlichen Child´s Benefit darf nach Auffassung der Kammer nicht allein am deutschen Wortlaut der Satzung des Gemeinsamen Pensionsfonds der Vereinten Nationen gehaftet werden. Die Lebenserfahrung zeigt, dass die feinen Unterschiede der Wortwahl bei Übersetzungen verloren gehen können. So verfügen die Vereinten Nationen über zwei Arbeitssprachen, Englisch und Französisch; es wurden beglaubigte Übersetzungen aber nur von der englischsprachigen Version der Satzung des Pensionsfond angefertigt nicht aber von der französischsprachigen Version der Satzung. Schon in den hier vorliegenden drei deutschen Übersetzungen der englischen Version - hiervon zwei von beglaubigten Dolmetschern eine vom Übersetzungsdienst der Vereinten Nationen - zeigen sich Unterschiede in der Wortwahl und damit im Sinn des Satzes. So lautet der Wortlaut in der vom deutschen Übersetzungsdienst der Vereinten Nationen angefertigten Version sowie der vom Gericht angeforderten beglaubigten Übersetzung des Art. 36 b) der Satzung „Ein Kind hat nach Vollendung des 21. Lebensjahres Anspruch auf eine Leistung, wenn es nach Feststellung des Frau (richtig: Fond) aufgrund einer Krankheit oder einer Verletzung unfähig ist, einer existenzsichernden Erwerbstätigkeit nachzugehen...“. Nach der von der Klägerin vorgelegten beglaubigten Übersetzung lautet Art. 36 b) der Satzung hingegen „Leistungen für ein Kind, das das 21. Lebensjahr vollendet hat, sind zu zahlen, wenn der Vorstand des Pensionfonds festgestellt hat, dass das Kind aufgrund einer Krankheit oder Beeinträchtigung unfähig ist, einer substantiellen Erwerbstätigkeit nachzugehen…“. Dies zeigt, dass unterschiedliche Übersetzer durchaus zu unterschiedlichen Sinnhaftigkeit des Art. 36 der Satzung kommen. Hierbei muss allerdings erwähnt werden, dass die vom Gericht bestellte Dolmetscherin in Ihrer Rechnung ausführte, sich am Wortlaut der vom deutschen Übersetzungsdienst zur Verfügung gestellten Fassung der Satzung orientiert zu haben.

Abzustellen ist daher nach Auffassung der Kammer nicht auf den Wortlaut der angefertigten Übersetzungen, sondern auf den sich aus der Satzung ergebenden Sinn und Zweck des streitigen Child´s Benefit. 

So ergibt sich aus dem Art. 1 der Satzung vorgeschobenen Vorspann zum erfassten Personenkreis und Zweck des Fonds, dass dieser den Zweck verfolgt, für Bedienstete der Vereinten Nation und anderen Mitgliedorganisationen Leistungen bei Ruhestand, Tod, Invalidität und ähnliche Leistungen zu erbringen. Nach Art. 21 der Satzung wird jeder Vollzeitbedienstete aus jeder Mitgliederorganisation Mitglied des Fonds.

Dementsprechend ist Zweck des Pensionsfonds die Unterstützung der Bediensteten der Vereinten Nationen in bestimmten Situationen. Im Anbetracht der vom jeweiligen Bediensteten und dessen Arbeitgeber eingezahlten Beiträge ergibt sich damit der Sinn ähnlich einer deutschen Betriebsrente. Ausgehend von den oben genannter Zwecken sieht denn auch die Satzung in Art. 27 ff. als Leistungen Ruhegehalt, vorzeitiges Ruhegehalt, aufgeschobenes Ruhegehalt, Kapitalabfindung, Invaliditätsrente, Witwen- und Witwerrente, Hinterbliebenenrente für geschiedene Ehegatten, Eheschließung nach dem Ausscheiden aus dem Dienst, Kinderleistung, und Leistung für Unterhaltsberechtigte zweiten Grades vor. Hierbei stehen die Leistungen des Ruhegehalts, egal in welcher Art, sowie der Invaliditätsrente unstreitig dem Mitglied selbst zu. Die Leistungen von Witwen- und Witwerrente, Hinterbliebenenrente für geschiedene Ehegatten, Leistungen für Ehegatten bei Eheschließung nach dem Ausscheiden aus dem Dienst sowie Leistung für Unterhaltsberechtigte zweiten Grades stehen hingegen dem jeweiligen Ehegatten zu, da alle Leistungen voraussetzen, dass das Mitglied verstorben ist und die Leistung daher nicht mehr selbst beziehen kann. Hieraus wird deutlich, dass die Leistung vorrangig dem Mitglied selbst zustehen soll und nur dann, wenn dieses die Leistung durch seinen Tod nicht mehr verwenden kann, auf andere Personen übergeht. In der Zusammenschau der Regelungen unter Beachtung des im Vorspann benannten Zwecks des Fonds soll auch die Kinderleistung vorrangig das Mitglied des Fonds, den ehemaligen Beschäftigten, unterstützen. Soweit dieser nicht verstorben ist, kann er die Leistung auch selbst verwenden. Dies bestätigt sich auch im Hinblick auf die Regelung in Art. 36 e) der Satzung. Nach diesem erhöht sich die Höhe der Kinderleistung – welche im Übrigen von der Höhe der Leistung des Mitglieds abhängig ist - um bestimmte Beträge, wenn keine andere laufende Leistung bezogen wird und kein hinterbliebener Elternteil fähig ist, für den Unterhalt des Kindes aufzukommen oder wenn eine andere laufende Leistungen einen hinterbliebenen Ehegatten zu zahlen ist, der nicht Eltern- oder Adoptivelternteil ist und nicht das Sorgerecht für das Kind hat. Hieraus ergibt sich, dass eine höhere Kinderleistung gezahlt werden soll um die Eltern hinsichtlich der Unterhaltspflicht des Kindes zu unterstützen, wenn diese keine anderen Leistungen beziehen.

Weiterhin heißt es in der Übersetzung des deutschen Übersetzungsdienstes und auch in der vom Gericht eingeholten beglaubigten Übersetzung in Anlage I, Abschnitt H.8 folgendermaßen: „Der Pensionsausschuss … trifft eine Feststellung nach Art. 36 b) oder c) der Satzung, wenn das Kind oder der Bruder oder die Schwester eines Mitglieds, die ansonsten die Anspruchsvoraussetzungen für eine Kinderleistung bzw. eine Leistung für Unterhaltsberechtigte zweiten Grades erfüllen, geltend machen oder für sie geltend gemacht wird, dass …“. Ähnlich lautet der Wortlaut in der vom Vater der Klägerin vorgelegten Fassung: „Eine Feststellung nach Art. 36 b) oder c) der Satzung wird vom Pensionsausschuss vorgenommen, wann immer das Kind oder der Bruder oder die Schwester eines Mitglieds, die ansonsten Anspruch haben auf Leistungen für ein Kind oder einen Unterhaltsberechtigte zweiten Grades, geltend machen bzw. für sie geltend gemacht wird …“. Nach diesem Wortlaut also können Geschwister eines Mitglieds, die Anspruch auf die Leistung für Unterhaltsberechtigte zweiten Grades nach Art. 37 haben auch Anspruch auf die Kinderleistung haben. Ansprüche auf Leistungen nach Art. 37 der Satzung entstehen erst mit dem Tod eines Mitglieds. Aus dem Sinn ergibt sich, dass der Anspruch auf die Kinderleistung vor dem Tod des Mitglieds diesem zusteht. 
Dem Ergebnis widerspricht auch nicht die Regelung in Anhang I, Abschnitt J.2e) der Satzung, nach welcher die Kinderleistung zusammen mit den anderen Leistungen zugunsten der Kinder an das Mitglied zu zahlen ist. Denn zugunsten der Kinder heißt nach dem Sinn nicht zwingend, dass das Geld den Kindern zusteht. Zudem erschiene es seltsam, eine Leistung, welche dem Kind zusteht und welche an diese zu zahlen sind, auf ein anderes Konto auszuzahlen. Dem widerspräche der Vortrag des Beklagten, dass nach Anhang I, Abschnitt H.9 der Satzung das Kind zwar selbst den Antrag stellen könnte. Denn dann wäre es doch möglich, hierbei eine andere Bankverbindung anzugeben. Vielmehr ist die Vorschrift so zu verstehen, dass das Geld an das Mitglied zu Unterstützung im Hinblick auf das Kind zu zahlen ist.

Nach dem Sinn und Zweck der Satzung ist die Kinderleistung daher nicht als Anspruch des Kindes des Mitglieds zu sehen, sondern als Kinderzulage für erwerbsgeminderte Kinder auf die Leistung des Mitglieds. Es ist hierbei zu bedenken, dass die von den Eltern zu tragenden Aufwendungen für voll erwerbsgeminderte Kinder regelmäßig erheblich länger andauern dürften als bei nicht behinderten Kindern. Es ist nicht zu erkennen, dass dem Kind die Leistung in einer Art Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als eigener Anspruch zustehen soll.

Dies wird bestätigt durch die jeweils Pensionsfond der Vereinten Nationen erteilten Bescheinigungen über die Leistungen. Diese richten sich allein an den Vater der Klägerin und enthalten unter der Überschrift „…your benefit ist established as detailed below“ eine Aufführung der Höhe des Main Benefit sowie des Child´s Benefit sowie die Summe insgesamt. Als Adressat beider Leistungen ist damit allein der Vater der Klägerin benannt.

Auch ein Vergleich mit den Anrechnungsvorschriften hinsichtlich des deutschen Kindergelds bestätigt das gefundene Ergebnis. Auch wenn – wie auch schon von den Eltern im Rahmen der Beantragung des deutschen Kindergelds vorgetragen – das Child´s Benefit des Pensionsfonds der Vereinten Nationen nicht dem Kindergeld im deutschen Sinne entspricht, da es keine Leistung der Sozialversicherung bzw. des Staates ist, stellen doch beide Leistungen Zuwendungen dar, welche für den Unterhalt von Kindern gezahlt werden. Kindergeld ist seiner Natur nach Einkommen, und zwar dessen, den es ausgezahlt wird. Anspruchsberechtigter des ausgezahlten Kindergeldes ist grundsätzlich nicht das Kind selbst, sondern derjenige Elternteil, der im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. Giere in: Grube/Wahrendorf, 6. Aufl. 2018, SGB XII, § 82, Rn. 53). Damit ist Kindergeldeinkommen des Kindes grundsätzlich nur dann, wenn eine Weiterleitung des Kindergeldes an diesen erfolgt. Allerdings findet nach der Anrechnungsvorschrift des § 82 Abs. 1 S. 3 SGB XII auch ohne Weiterleitung eine Anrechnung bei minderjährigen Kindern statt, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird. Diese Anrechnungsregelung beruht auf der typisierenden Annahme, dass minderjährige Kinder mit ihren Eltern in einem gemeinsam wirtschaften Familienhaushalt leben. Diese Anrechnungsregelung gilt ausdrücklich nur für Minderjährige und kann insbesondere aufgrund der geänderten Unterhaltsregelungen nicht im Sinne eines „erst-recht-Schlusses“ auf volljährige behinderte Kinder im Haushalt der Eltern übertragen werden. Der Regelung des § 82 Abs. 1 S. 3 SGB XII hätte es nicht bedurft, wenn ohne weiteres allgemein davon auszugehen wäre, dass das einem Elternteil ausgezahlte Kindergeld dem Kind als Nutznießer anzurechnen ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2007 – B 9b SO 5/06 R). Bei volljährigen Kindern im Haushalt der Eltern verbleibt damit es bei einer Anrechnung bei den Eltern, selbst wenn diese das Geld an die Kinder weiterleiten (vgl. BSG, Urteil vom 19.03.2008 – B 11b AS 13/06 R m.w.N.; Giere in: Grube/Wahrendorf, 6. Aufl. 2018, SGB XII, § 82, Rn. 59). Dies führt vor allem bei behinderten volljährigen Kindern, die im Haushalt der Eltern leben, zu einer Berücksichtigung von Gleichbehandlungsgesichtspunkten. Denn es wäre insbesondere mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz schwerlich zu vereinbaren, wenn die Eltern, die ihr schwerstbehindertes Kind zu Hause betreuen und nicht eine stationäre Betreuung in Anspruch nehmen, eine Anrechnung des ihnen gezahlten Kindergeldes bei den dem Kind gewährten Grundsicherungsleistungen hinnehmen müssten (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2007   B 9b SO 5/06 R).

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Eltern und Betreuer der Klägerin im Einspruch zur Ablehnung des Kindergelds im Jahre 2008. Hier trug die Mutter der Klägerin vor, die Klägerin erhalte wegen ihrer lebenslangen Behinderung neben ihrem Vater ebenfalls eine Pension, welche als Ersatz eines Einkommens stehe, welches die Klägerin aufgrund der Behinderung nicht selbst erwerben könne. Dies kann zwar so verstanden werden, dass die Mutter der Klägerin davon ausging, das streitige Child´s Benefit sei Einkommen der Klägerin. Auch im ersten Antrag auf Grundsicherung war angegeben, die Klägerin erhalte ein Einkommen. Aufgrund der fehlenden juristischen Kenntnisse der Betreuerin der Klägerin aber kann dies nicht ungeprüft übernommen werden; zudem ist die Frage der Anrechnung als Einkommen des Child´s Benefit vom Gericht ohnehin von Amts wegen objektiv zu prüfen. Zudem ging es der Mutter der Klägerin in diesem Zusammenhang lediglich darum, klarzustellen, dass das Child´s Benefit keine dem Kindergeld vergleichbare Leistung des Staates ist, sondern aufgrund der Mitgliedschaft des Vater der Klägerin im Pensionfond der Vereinten Nationen gezahlt wurde. Die zwischen den Beteiligten mittlerweile unstreitige Tatsache, dass es sich nicht um eine dem deutschen Kindergeld vergleichbare Leistung handelt, führt aber nicht automatisch zu einer Anrechnung als Einkommen bei der Klägerin. Auch im Hinblick auf die Steuererleichterungen des Vaters der Klägerin ergibt sich kein anderes Ergebnis. Die sozialhilferechtliche Beurteilung der Anrechnung von Einkommen ist unabhängig von der Besteuerung des Einkommens vorzunehmen, wie auch der Beklagte ausgeführt hat. Allein ein steuerlicher Freibetrag des Vaters kann keine sozialrechtliche Anrechnung als Einkommen der Klägerin, im Sinne einer Korrektur der steuerrechtlichen Behandlung des Einkommens, rechtfertigen. Die Prüfung der Anrechnung ist vielmehr allein nach dem Einkommen an sich zu bewerten und führt zu obigem Ergebnis.

Schließlich ist ein Betrag in Höhe des monatlichen Child´s Benefit auch nicht deshalb der Klägerin als Einkommen zuzurechnen, weil deren Eltern ihr Naturalleistungen gewähren. Der Unterhaltsbedarf eines vollerwerbsgeminderten volljährigen Kindes wird vorrangig durch die Grundsicherung gedeckt, die als Einkommen im Sinne des Unterhaltsrechts gilt und daher in diesem Umfang die Unterhaltspflicht der Eltern zum Erlöschen bringt, vgl. § 43 Abs. 5 S. 1 SGB XII. Die Nichtberücksichtigung von Unterhaltsansprüchen gegen die Eltern stärkt im Interesse der Versorgung der dauerhaft Erwerbsgeminderten die Einheit der Familie. Zugrunde liegt die rechtspolitische Wertung, für den Lebensunterhalt des Personenkreises habe in der Regel vorrangig die staatliche Gemeinschaft einzustehen. Der Bedarf der Klägerin wird damit grundsätzlich mit ihren Grundsicherungsleistungen gedeckt. In dem Umfang, in welchem die Eltern den Lebensunterhalt der Klägerin aus diesen Mitteln bestreiten, können deren Leistungen nicht als der Klägerin zugewendete geldwerte Vorteile angesehen werden. Die den Grundsicherungsbedarf der Klägerin übersteigenden Naturalleistungen der Eltern haben grundsätzlich keinen Einfluss auf Bestand und Höhe der Grundsicherung Leistungen; sie sind mangels Zweckidentität nicht als Einkommen im sozialhilferechtlichen Sinne anzusehen. Als Einkommen der Klägerin wären allenfalls solche Unterhaltsleistungen zu berücksichtigen, die darüber hinaus eindeutig abgrenzbar in Geld oder Geldeswert erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2007 – B 9b SO 5/06 R). Dass solche erfolgen, ist weder ersichtlich noch wurde dies vom Beklagten vorgetragen…“

Gegen das dem Beklagten am 11. März 2019 zugestellte Urteil hat dieser am 10. April 2019 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Der Senat hat eine Auskunft bei der German Translation Section, Department for General Assembly and Conference Management, der Vereinten Nationen vom 2. April 2020 eingeholt, wegen deren Inhalts auf die Gerichtsakte (Bl. 101-105) Bezug genommen wird.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, das Sozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Child’s Benefit nicht als Einkommen der Klägerin gemäß § 41 Abs. 1 i.V.m. § 82 Abs. 1 SGB XII berücksichtigt werden könne, sondern Einkommen des Vaters der Klägerin darstelle. Zwar würden sämtliche Leistungen, die aus dem Pensionfond flössen, deshalb geleistet werden, weil der Vater der Klägerin und dessen Arbeitgeber während der Dienstzeit des Vaters Beiträge in den Fond eingezahlt hätten. Allein daraus folge aber nicht, dass die Leistungen sozialhilferechtlich ausschließlich als Einkommen des ehemaligen Bediensteten der Vereinten Nationen zu behandeln seien. Entscheidend sei vielmehr, wie die Anspruchsinhaberschaft für die konkret in Rede stehende Leistung in der Satzung ausgestaltet und welcher Person demzufolge die Leistung als Einkommen zuzuordnen sei.
Aus dem Wortlaut des Art. 36 der Satzung ergebe sich, dass eigene Ansprüche begründet bzw. vorausgesetzt würden („hat jedes Kind eines Mitglieds … Anspruch“; „wenn das … zuvor Anspruch auf eine Kinderleistung hatte“). In Abschnitt I.1 des Anhangs I der Satzung sei bestimmt, dass für das Mitglied und für ein Kind eines Mitglieds ein Leistungsanspruch bereits an dem auf den letzten Tag der Beitragszeit folgenden Tag entstehe. Damit übereinstimmend sehe Abschnitt H.9 des Anhangs I der Satzung speziell für den hier in Rede stehenden Fall einer Leistung an erwerbsunfähige Kinder vor, dass der Antrag von dem Kind oder in dessen Namen schriftlich an den Sekretär des Ausschusses zu richten sei. Weiter bestimme Abschnitt J.2 e) des Anhangs I, dass an die Kinder eines Mitglieds zu zahlende Leistungen zu Gunsten der Kinder an das Mitglied bzw. nach Tode des Mitglieds an den überlebenden Elternteil oder den Vormund des Kindes auszuzahlen seien. 

Bei der Übersetzung der verwendeten Satzung handele es sich um eine amtliche Übersetzung. Es könne daher auch nicht nachvollzogen werden, warum das Sozialgericht bei seiner Entscheidung nicht der eigenen Übersetzung folge, sondern eine eigene Deutung der Satzung vorgenommen habe. Er, der Beklagte, sei auch nach wie vor der Auffassung, dass es nicht sein könne, dass das Child’s Benefit einerseits keine kindergeldähnliche Leistung darstelle und Einkommen der Klägerin sei, wenn es darum gehe, Kindergeld zu erhalten und im Rahmen der Beantragung von Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII als Einkommen des Vaters angegeben werden. Dass das Kindergeld, das für die Klägerin gezahlt werde, Einkommen des Kindergeldberechtigten darstelle, sei nicht streitig. Die Tatsache, dass das Finanzamt LA-Stadt sämtliche Zahlungen der Vereinten Nationen inklusive das Child’s Benefit als Einkommen des Vaters versteuere, führe nicht automatisch dazu, dass diese Einkünfte in Sozialhilfeangelegenheiten ebenfalls dem Vater zuzurechnen seien.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 25. Februar 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Die Klägerin müsse sich das Child’s Benefit nicht als Einkommen anrechnen lassen, weil es sich um Einkommen ihres Vaters handele. Im Rahmen der Pensionierung des Vaters der Klägerin sei sein Anspruch auf eine Kinderzulage gemäß den Art. 36 b) i), H.1 (a) und H.8 (b) der Satzung festgestellt worden. Im Klageverfahren sei eine beglaubigte Übersetzung des Schreibens vom 10. Mai 2007 vorgelegt worden (Bl. 51 Gerichtsakte), worin festgestellt worden sei, dass er hinsichtlich seiner Tochter M. Anspruch auf Invaliditätsleistungen für ein Kind habe. Diese Entscheidung sei im August 2012 verlängert worden (Bl. 81 Gerichtsakte) und müsse erneut im Jahre 2022 geprüft werden. In allen Pensionsbescheiden an den Vater der Klägerin werde angegeben, dass seine Leistung aus zwei Teilen bestehe, seiner Pension sowie einer Kinderzulage (Bl. 97, 98 Gerichtsakte). Es würden zwei offizielle Fassungen der Satzungsregelungen existieren, nämlich in französischer und englischer Sprache.
Augenmerk sei auch auf die Veränderung des Originaltextes in englischer Sprache zu richten. In der Fassung bis zum Jahre 2011 habe die Formulierung in Art. 36 „to a child“ gelautet, ab 2012 hingegen „for a child“. Daraus werde deutlich, dass es sich bis zum Jahre 2011 um eine Leistung „an“ ein Kind gehandelt habe, wohingegen es in den Fassungen ab 2012 um eine Leistung „für“ ein Kind handele.

Die Klägerin hat eine weitere Übersetzung von Art. 36 der Satzung der Übersetzerin Dr. N. (N-Stadt) vom 14. Februar 2019 vorgelegt (Bl. 127, 129 der Gerichtsakte).

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 25. Februar 2090 ist rechtmäßig. Zu Recht hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 8. November 2016 und 19. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2017 abgeändert und den Beklagten verurteilt, der Klägerin Leistungen bezüglich des streitigen Zeitraums von Januar 2016 bis April 2018 ohne Anrechnung des Child’s Benefit von 214,90 € (Januar 2016 bis Februar 2017) bzw. 219,42 € (März 2017 bis April 2018) als eigenes Einkommen der Klägerin zu gewähren.

Die Klägerin ist nach den zutreffenden Feststellungen des Sozialgerichts leistungsberechtigt zum Erhalt von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII (§§ 41 ff.). Im Bescheid vom 8. November 2016 wird zutreffend der Gesamtbedarf der Klägerin mit 660,61 € monatlich für den Zeitraum von Januar 2016 bis Februar 2017 und durch Bescheid vom 19. April 2017 der Bedarf mit 670,98 € angegeben. Von diesem jeweiligen Gesamtbedarf ist der Child’s Benefit von 214,90 bzw. 219,42 € nicht als monatliches Einkommen der Klägerin abzuziehen, weil es sich insoweit nicht um Einkommen der Klägerin nach § 82 Abs. 1 SGB XII handelt. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 153 Abs. Sozialgerichtsgesetz (SGG) ab, weil er den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt.

Der Senat folgt der Rechtsauffassung des Sozialgerichts, soweit dort die Auffassung vertreten wird, dass der Child’s Benefit allein Einkommen des Vaters der Klägerin darstellt. Bezüglich der maßgebenden Fassung der „Regulations, Rules an Pension Adjustment System of the United Nations Joint Staff Pension Fund“, übersetzt: „Satzung des Gemeinsamen Pensionsfonds der Vereinten Nationen samt Verwaltungsvorschriften und Geschäftsordnung sowie Pensionsanpassungssystem“ existieren zwei amtliche Fassungen, nämlich solche in französischer und in englischer Sprache. Bei der Übersetzung in die deutsche Sprache des Deutschen Übersetzungsdienstes handelt es sich – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht um eine „amtliche“ Übersetzung, die deutsche Übersetzung stellt damit rechtlich lediglich ein unverbindliches Hilfsmittel dar (vgl. etwa für das UN-Kaufrecht – CISG – Ferrari in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, 7. Aufl. 2019, Art. 7 CISG, Rn 31 m.w.N; Staudinger/Magnus, BGB, Neubearbeitung 2018, Art. 7 CISG, Rn. 19.). Der deutsche Übersetzungsdienst hat dies in seiner Auskunft vom 2. April 2020 bestätigt, ebenso den Umstand, dass er seiner Übersetzung die französische Fassung zu Grunde gelegt hat. Aus diesem Grunde ist auch die vom Sozialgericht veranlasste Übersetzung durch die Übersetzerin O. vom 17. Januar 2019 im Grunde nicht hilfreich, denn diese hat, wie sie in ihrer Rechnung an das Sozialgericht näher ausgeführt hat, die Übersetzung des Deutschen Übersetzungsdienstes verwendet, diese – lediglich – in eine gut lesbare Form gebracht, überprüft und an wenigen Stellen, an denen dies erforderlich gewesen sei, angepasst. Damit hat die Übersetzerin allerdings den Auftrag des Sozialgerichts, verschiedene Regelungen der Satzung aus der englischen in die deutsche Sprache zu übersetzen, nicht hinreichend beachtet.

Der Deutsche Übersetzungsdienst hat in seiner Auskunft auch darauf hingewiesen, dass sich die englische von der französischen Fassung dahingehend unterscheiden, dass die französische Fassung das Kind überwiegend zum Subjekt macht („Un enfant … a droit à une pension“, „L’enfant continue de percevoir une pension…“), während die englische Fassung überwiegend von „… payable for a child“ spricht. Entsprechend ist die von der Klägerin beauftragte Übersetzerin K. in ihre Übersetzung aus der englischen Sprache am 21. Dezember 2017 auch etwa bei der Übersetzung von Art. 36 der Satzung zu der Formulierung „Leistungen für ein Kind“ gelangt. Demgegenüber kommt eine Übersetzung wie die des Deutschen Übersetzungsdienstes aus der französischen Sprache nachvollziehbar zu dem Ergebnis, „ein Kind hat … einen Anspruch auf eine Leistung“ (Art. 36 b) der Satzung).

Es entspricht einer allgemeinen Herangehensweise, dass internationale Verträge und Regularien autonom auszulegen sind. Dies bedeutet, dass die jeweils verwendeten Begriffe aus sich selbst heraus zu interpretieren sind, wobei sich ein Rückgriff auf das nationale Recht des Anwenders verbietet (Staudinger/Magnus,aaO, Rn. 12 mwN). Die authentischen Fassungen haben grundsätzlich alle die gleiche Verbindlichkeit. Dabei sind insoweit Einschränkungen zu machen, wenn es um Rechtsinstitute geht, die gezielt aus einer Rechtsordnung übernommen wurden. 
Bei einer Auslegung ist zunächst vom gewöhnlichen Wortsinn auszugehen, der unter Beachtung der authentischen Textfassungen zu ermitteln ist, wobei in Zweifelsfällen auch eine authentische Fassung einer Sprache den Ausschlag geben kann. Daneben sind Systematik und Entstehungsgeschichte heranzuziehen. Auch eine teleologische Auslegung kommt in Betracht (Staudinger/Magnus, aaO., Rn 30 ff, mwN., Ferrari, aaO., Rn 36 ff, der in Bezug auf die teleologische Auslegung von „Lückenfüllung“ (Rn 41) spricht). Ähnliches gilt etwa für den Bereich der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), bei der die französische und die englische Sprache die authentischen Sprachen darstellen und ebenfalls eine autonome Interpretation der Ausgangspunkt ist, wobei auch insoweit der teleologischen Interpretation eine Bedeutung zukommt (Grabenwarter/Pabel, EMRK, 7. Aufl. 2021, § 5 Rn 2, 9 ff, 14 ff).
Das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (BGBl II 1985, 926) enthält in Art. 31 die allgemeine Auslegungsregel, dass ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen ist. Aus Art. 33 Abs. 4 ergibt sich, dass im Falle, wenn ein Vergleich der authentischen Texte einen Bedeutungsunterschied aufdeckt, der durch die Anwendung der Art. 31 und 32 nicht ausgeräumt werden kann, diejenige Bedeutung zu Grunde zu legen ist, die unter Berücksichtigung von Ziel und Zweck des Vertrags die Wortlaute am besten miteinander in Einklang bringt (vgl. hierzu auch Grabenwarter/Pabel, aaO., Rn 3 f).

Aus den Inhalten der streitigen Satzungen in den unterschiedlichen Sprachfassungen ergibt sich, dass sich die Wortlaute in der französischen und der englischen Fassung insbesondere in der zentralen Anspruchsnorm des Art. 36 unterscheiden. 
So heißt es in der englischen Fassung (vom 1. Januar 2015): „a) A child‘s benefit shall, subject to (b) and (c) below, be payable for each child of an participant who is entitled to a retirement, early retirement or disability benefit or who has died in service, while the child remains under the age of 21.
b) A benefit shall be payable for a child who is over the age of 21 if the child is found by the Board to have been incapcitated by illness or injury for substantial gainful employment:
    (i) On reaching the age of 21, if immediately prior thereto a child’s benefit was     payable;
or
    (ii) At the time of death in service or entitlement to a benefit oft the participant.“

In der französischen Fassung (vom 1. Januar 2003) heißt es: „a) Une pension d’enfant est due pour à chacun des enfants d’un participant qui a droit à une pension de retraite, à une pension de retraite anticipée ou à une pension d’invalidité, ou qui est décédé en cours d’emploi, sous réserve des dispositions des alinéas b) et c) ci-dessous, tant qu’il demeure célibataire est âgé de moins de 21 ans.
b) Un enfant âgé de plus de 21 ans a droit à une pension d’enfant si le Comité mixte constate qu’il est dans l’incapacité, du fait d’une maladie ou d’un accident, d’occuper un emploi rémunéré lui permettant de subvenir à ses besoins:
    (i) À l’âge de 21 ans, s’il bénéficiait immédiatement auparavant d’une pension d’enfant; ou
    (ii) Au moment du décès du participant en cours d’emploi ou au moment où le participant peut prétendre à une prestation.“

Nach Auffassung des Senats ist der Wortsinn unterschiedlich, weil in der französischen Fassung das Kind als leistungsberechtigt benannt wird, während in der englischen Fassung eine Leistung für das Kind beansprucht werden kann, also dem Kind nur indirekt über den Pensionär eine Leistung zugutekommen soll.

Die historische Auslegung spricht für einen Vorrang der englischen Fassung. So hieß es noch in der am 1. Januar 2011 gültigen englischen Fassung in Art. 36 der Satzung, dass der „child’s benefit … payable to each child“ (Art. 36 (a)) ist bzw. „a benefit shall be payable to a child“ (Art. 36 (b)). Die darauf zum 1. Januar 2013 geänderte Fassung änderte den Wortlaut dieser beiden Passagen dahingehend ab, dass es seit diesem Zeitpunkt heißt: „a child’s benefit … payable for each child“ bzw. „a benefit shall be payable for a child…“. Aus dieser Änderung schließt der Senat, dass die englische Fassung klarstellen wollte, dass mit dem Begriff „for“ ein eigener Anspruch des Kindes – (ggf. zumindest) nicht mehr – statuiert werden sollte.

Die französische Fassung wurde dagegen im Wortlaut nicht geändert. Mindestens seit der Fassung aus dem Jahr 2003 ist der Wortlaut unverändert. Bei Analyse des im Internet veröffentlichten Archivs (www.unjdfs.org/resource/past-regulations-and-rules-of-the-fund/, Recherche vom 9. Juli 2021) der früheren Fassungen der Satzung fällt auf, dass im Gegensatz zu der französischen Fassung die englische Fassung nahezu jährlich neue Veröffentlichungen erhielt. Dies sind die Fassungen aus den Jahren 2003, 2007, 2010, 2011, 2013, 2014, 2015, 2017, 2018, 2019. Daraus ist unschwer die Schlussfolgerung zu entnehmen, dass es sich bei der englischen Fassung um die „Arbeitsfassung“ der Pensionsbehörde der Vereinten Nationen handelt, demzufolge ihr bei der Auslegung der Vorrang einzuräumen ist.

Wie das Sozialgericht in seiner Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, spricht auch der Eingangstext der Satzung, eine Art Präambel, für das so gewonnene Ergebnis. In der englischen Fassung wird von Leistungen „for the staff“ gesprochen, in der französischen von Leistungen „au personnel“, woraus ohne weiteres geschlossen werden kann, dass die Bediensteten in erster Linie in den Genuss der verankerten Leistungen kommen sollen. Der Senat geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass in diesem Vorspann im Ergebnis auch Sinn und Zweck des Child’s Benefit seinen Ausgangspunkt findet. Damit sollte für die Mitglieder eine Art Kinderzuschlag verankert werden, der bestimmte besondere Belastungen – etwa bei einem erwachsenen behinderten Kind – auffangen sollte. Als eigener Anspruch sollte diese Leistung im Normalfall jedoch nur bei Tod des ehemaligen Bediensteten Wirkung entfalten.

Die übrigen Bestimmungen, die für den Child’s Benefit angeführt werden können, fügen sich in diese Konzeption ein. Die Regelung im Anhang I, H.8, erfassen verschiedene Tatbestände, unter anderem auch den Tod des Mitglieds. Das gleiche gilt für die Regelung in H.9 des Anhangs I. in der Regelung I.9 des Anhangs I ist wieder der Terminus „for“ (bereits auch in der Fassung vor dem Jahr 2013) gewählt, weswegen der englischen Übersetzung der Übersetzerin K. ohne weiteres gefolgt werden kann, die die entscheidende Sequenz wie folgt übersetzt: „Entsteht der Anspruch auf Leistungen für ein Mitglied und für das Kind eines Mitglieds an dem Tag, der dem letzten Tag der Beitragszeit folgt…“. In der Regelung J.2 (e) des Anhangs I enthalten zwar sowohl die Übersetzung des Deutschen Übersetzungsdienstes wie auch die Übersetzung von Frau K. jeweils die Formulierung „… an die Kinder eines Mitglieds zu zahlende Leistungen“ bzw. „Leistungen, die … an die Kinder eines Mitglieds zu zahlen sind“, vom Sinn der gesamten Regelung her ausschlaggebend ist aber das Tatbestandsmerkmal, und diesbezüglich gleichen sich beide Fassungen, dass die Leistungen „an das Mitglied“ zu zahlen sind. Damit steht nach Auffassung des Senats fest, wem genau diese Leistung zufließen soll. Die Regelung in J.8 des Anhangs I ist, was den Vorrang eines Anspruchs des Kindes anbelangt, unergiebig. Selbstverständlich kann bei dem Tode des Mitglieds eine andere Person Anspruch auf den Child’s Benefit haben.

Für die Vorrangstellung der englischen Fassung spricht auch deren tatsächliche Umsetzung in der Praxis der Pensionsbehörde. In dem Schreiben der J. vom 10. Mai 2007 heißt es: „…your eligibility to receive a child’s benefit in respect of your daughter M.“, was in der beglaubigten Übersetzung von Frau K. nachvollziehbar in die deutsche Sprache wie folgt übertragen wird: „… ob Sie hinsichtlich ihrer Tochter M. nach Art. 36 der Satzung des gemeinsamen Pensionsfonds der Vereinten Nationen Anspruch auf Invaliditätsleistungen für ein Kind haben“. Nahezu wortgleich heißt es bei der erneuten Überprüfung im Schreiben vom 7. August 2012: „… your eligibility to continue to reiceive a child’s benefit, in respect of your daughter M.…“.
Ebenfalls sprechen die Pensionsabrechnungen für den Vater der Klägerin für dieses Ergebnis. Diese Abrechnungen richten sich ausschließlich an den Vater der Klägerin. Die dortigen Leistungen werden als „main benefit“ bzw. „child (ren)‘s benefit (s)“ bezeichnet, der Name der Klägerin wird insoweit an keiner Stelle erwähnt. Außerdem wird die Leistung lediglich an den Vater der Klägerin ausbezahlt.

Auch die steuerliche Behandlung in Deutschland, auch wenn sie, worauf der Beklagte zutreffend hinweist, für den Sozialhilfeträger nicht bindend ist, geht davon aus, dass es sich bei dem Child’s Benefit um Einkommen des Vaters der Klägerin handelt. Eine andere Verfahrensweise erscheint in praktischer Hinsicht auch kaum vorstellbar, denn sonst müsste die Finanzbehörde die Pensionsabrechnungen in Einkommen des Vaters und den Einkommen der Klägerin unterscheiden. Jedenfalls kann es nicht darauf ankommen, wie der Beklagte in seinem Bescheid vom 8. November 2016 ausführt, dass es „daher gerechtfertigt“ sei, dieses Einkommen bei der Klägerin zu berücksichtigen, weil es sich bei dem Vater aufgrund der Freibeträge steuerlich nicht ausgewirkt hat.

Zutreffend hat schließlich das Sozialgericht auch ausgeführt, dass auch ein Vergleich mit den Anrechnungsvorschriften des deutschen Kindergeldrechts dieses Ergebnis trägt. Der Child´s Benefit stellt kein Kindergeld im Sinne der deutschen Rechtsvorschriften dar, weil es sich insbesondere nicht um eine staatliche Leistung handelt. Beide Leistungen (Kindergeld bzw. Child’s Benefit) stellen Zuwendungen dar, welche für den Unterhalt von Kindern gezahlt werden. Bei minderjährigen Kindern ist nicht das Kind sondern der Elternteil Empfänger und Anspruchsinhaber, der seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Im Rahmen des SGB XII bedurfte es daher der Sondervorschrift des § 82 Abs. 1 S. 3, wonach dem minderjährigen Kind das Kindergeld als Einkommen zuzurechnen ist, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 19. März 2008, B 11b AS 13/06 R, vom 23. November 2006, B 11b AS 1/06 R, vom 6. Dezember 2007, B 14/7b AS 54/06 R) ist hingegen der bei volljährigen Kindern, die – wie auch im vorliegenden Fall – im Haushalt der Eltern leben, das Kindergeld ausschließlich bei den Eltern als Einkommen zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Senat hat keinen Anlass dafür gesehen, die Revision zuzulassen.

Rechtskraft
Aus
Saved