Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 19. November 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 12. September 2018 wird abgewiesen.
Von den Kosten der Verfahren L 4 KA 91/14 und L 4 KA 38/18 beider Instanzen haben der Kläger ¾ und die Beklagte ¼ zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung der Umsätze der GKV-Leistungen aus Sonderverträgen nach § 11 Abs. 6 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (GEHV) für die Quartale III/11 bis II/12 im Wege der Schätzung.
Der Kläger ist als Vertragsarzt zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in B-Stadt zugelassen. Er ist Gesellschafter der beigeladenen KV-übergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft mit Praxissitz in B-Stadt, bestehend aus zehn Fachärzten für Orthopädie, die alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. Die Gesellschafter Dr. D. und Dr. E. haben ihren Praxissitz in D-Stadt.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 11. September 2012 für das Quartal III/11, mit Bescheid vom 24. Oktober 2012 für das Quartal IV/11, mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 für das Quartal I/12 und mit Bescheid vom 26. Oktober 2012 für das Quartal II/12 die Umsätze für GKV-Leistungen aus Sonderverträgen nach § 11 Abs. 6 GEHV im Wege der Schätzung auf jeweils 25.000,00 € fest. Zur Begründung führte sie aus, nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen (KVHG) i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 1 GEHV würden zur Finanzierung der Erweiterten Honorarverteilung in Hessen (EHV) ergänzend neben der Gesamtvergütung sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der GKV, die Vertragsärzte an gesetzlich versicherten Patienten erbrächten und nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der KV Hessen ausgezahlt würden, herangezogen werden. Hieraus folge für Vertragsärzte nach § 8 Abs. 3 KVHG i. V. m. § 11 Abs. 6 GEHV und § 5 Abs. 3 der Satzung der KV Hessen die Verpflichtung, der KV Hessen nach Abschluss eines Quartals ihre Umsätze für die KV-Leistungen aus Sonderverträgen mitzuteilen. Diese Verpflichtung gelte ab dem Quartal III/11. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KVHG i. V. m. § 11 Abs. 6 Satz 2 GEHV sei sie zur Schätzung befugt, wenn die Meldung nicht innerhalb von drei Monaten nach Ende eines Quartals erfolge. Eine Schätzung sei auch möglich, wenn die Angaben nicht plausibel oder vollständig seien (§ 11 Abs. 6 Satz 3 GEHV). Hierüber habe sie bereits mit Rundschreiben „EHV Aktuell“ vom 6. Juli 2011 informiert. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 bzgl. des Quartals III/11, vom 11. April 2012 bzgl. des Quartals IV/11, vom 10. Juli 2012 bzgl. des Quartals I/12 und vom 10. August 2012 bzgl. des Quartals II/12 habe sie unter Fristsetzung gebeten, die Honorare aus Sonderverträgen zu melden. Hieran habe sie jeweils erinnert. Der Kläger sei seiner Meldepflicht trotz dieser ausdrücklichen Hinweise und Fristsetzungen nicht nachgekommen, weshalb sie die Umsätze nunmehr geschätzt habe. Sie müsse davon ausgehen, dass grundsätzlich Umsätze für GKV-Leistungen aus Sonderverträgen erzielt worden seien. Der Kläger sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, er müsse auch melden, wenn er an anderen Verträgen nicht teilnehme oder keine Umsätze erzielt habe. Der Betrag von 25.000,00 € entspreche einem Mittelwert der gemeldeten Umsätze.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 5. Oktober 2012 für das Quartal III/11 und vom 8. November 2012 für die übrigen drei Quartale Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, die Schätzbescheide litten an einem Begründungsmangel, weil sie nicht hinreichend über die Tatsachen, welche der Schätzung zu Grunde gelegt worden seien, aufklärten. Ungeachtet dessen rüge er einen Schätzungsfehler. Ein Anspruch bestehe allenfalls im Umfange dessen, was durch seine Einnahmen aus Versorgungsverträgen direkt von Kassen gezahlt werde, also der Beklagten im Vergleich zum früheren klassischen Vergütungssystem als Verteilungsmasse entzogen werde. Schätzgrundlage könne nur das sein, was durch direkte Abrechnungen dem Zugriff der Beklagten entzogen worden sei. Einkünfte aus den Versorgungsverträgen beruhten aber auf Leistungen, welche erstmals zusätzlich und erstmals abrechenbar und ausschließlich im Rahmen der integrierten Versorgung zusätzlich erbracht worden seien, sodass der Beklagten an Verteilungsmasse nichts genommen werde, was ja im Falle klassischer Abrechnung unter deren Einschaltung zufließen würde. Aus den der Beklagten vorliegenden Honorardaten müsse sich daher ableiten lassen, dass er nichts oder weniger als geschätzt, schulde, wäre denn dem Grunde nach überhaupt ein Anspruch gegeben. Dass und wie hierauf abgestellt worden sei, lasse der Schätzbescheid nicht erkennen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2013 alle vier Widersprüche als unzulässig zurück. Sie verwies auf § 8 Abs. 3 Satz 3 und 4 und Abs. 4 KVHG i. V. m. § 11 Abs. 7 GEHV, wonach der Widerspruch gegen den Bescheid der Festsetzung der Umsätze der GKV-Leistungen aus Sonderverträgen nur zulässig sei, wenn er innerhalb der Widerspruchsfrist von einem Monat unter Vorlage der vollständigen Unterlagen erhoben werde und eine eidesstattliche Versicherung über die Vollständigkeit der Unterlagen erhalte. Als vollständig würden nur Unterlagen gelten, wenn aus ihnen abschließend erkennbar sei, dass es sich bei angegebenen Vergütungen um alle Vergütungen aus Sonderverträgen handele. Der Kläger habe hingegen keine bzw. nicht vollständige Unterlagen im Rahmen der Widerspruchsfrist eingereicht, sondern lediglich die Rechtmäßigkeit der Verpflichtung der Umsätze aus Sonderverträgen in Frage gestellt. Die Frage der Rechtswidrigkeit der Meldeverpflichtung sei nicht Gegenstand des laufenden Widerspruchverfahrens. Hier sei es nicht möglich, von der verbindlichen Norm des § 8 KVHG und deren Voraussetzungen abzuweichen. Die Neufassung der GEHV sei vom Hessischen Sozialministerium mit Schreiben vom 25. Mai 2012 genehmigt worden.
Hiergegen hat der Kläger am 25. Juli 2013 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben.
Er hat vorgetragen, die Widersprüche seien zulässig, es sei keine Sachentscheidung getroffen worden. Bei den angegriffenen Bescheiden handele es sich um feststellende Verwaltungsakte, die belastend seien. Er wende sich insbesondere gegen die Rechtmäßigkeit der Meldeverpflichtung, also seiner Mitwirkungspflicht an einem Verwaltungsakt. Wenn ein Widerspruch davon abhängig gemacht werde, dass er seiner Mitwirkungspflicht nachkomme, die er als unrechtmäßig erachte, werde ihm versagt, materiell-rechtlich diese Mitwirkungspflicht überprüfen zu lassen. Dies wiederum sei eine Verletzung des Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen verweise er auf seine Widerspruchsbegründung. Auch die Rechtsbehelfsbelehrung sei unzulässig. Es treffe zu, dass verschiedene besondere Mitwirkungspflichten eines Arztes bestünden. Ein Widerspruch wäre aber deshalb nicht als unzulässig abzuweisen, sondern habe allenfalls nach gerichtlicher Prüfung im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit zur Folge, dass die Klage als unbegründet abgewiesen werde. Würde man die Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 3 und 4 und Abs. 4 KVHG i. V. m. § 11 Abs. 7 GEHV als rechtmäßig ansehen, hätte dies zur Folge, dass von den Gerichten lediglich die formelle Rechtmäßigkeit zu überprüfen wäre. Dies wiederum wäre ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG und widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach Hoheitsakte richterlicher Rechtskontrolle unterzogen werden müssten. § 11 Abs. 7 GEHV sei daher rechtswidrig. Er habe bereits im Widerspruchsverfahren dargelegt, dass Ansprüche der Beklagten bereits dem Grunde nach nicht bestünden, jedenfalls nicht in der geltend gemachten Höhe. Es dürften nur die Honorare einbezogen werden, die nicht mehr über die KV bezogen würden. Die Beklagte könne nur die Einkünfte berücksichtigen, die nunmehr direkt an die Vertragsärzte flössen. Die Beklagte beziehe auch Leistungen ein, die nie nach dem EBM vergütet worden seien.
Die Beklagte hat vorgetragen, bei allen eingelegten Widersprüchen habe es an der Zulässigkeitsvoraussetzung des Einreichens der Umsatzunterlagen gefehlt. Anstelle einer eidesstattlichen Versicherung habe sie auch eine Erklärung der Richtigkeit und Vollständigkeit ausreichen lassen und dies mitgeteilt. Die besondere Voraussetzung zum Widerspruchsverfahren in § 11 Abs. 7 GEHV entspreche der Vorgabe in § 8 Abs. 3 KVHG. Sie sei an die Vorgaben des Landesgesetzes gebunden. Die Unterlagenvorlage sei als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des Widerspruchsverfahrens normiert. Sie beschreibe nach Form und Wesen eine besondere Ausprägung des Rechtsschutzbedürfnisses. Die rein pauschale Behauptung, dass die Schätzung unrechtmäßig (berechnet) sei, sei für sich genommen für eine Überprüfung ungeeignet. Bei fehlenden Angaben sei sie zur Schätzung befugt. Derjenige, der seiner Meldepflicht nicht nachkomme, dürfe nicht besser stehen als der durchschnittlich Gesetzestreue. Sie habe keine andere Möglichkeit zur Sachverhaltserforschung und sei auf die Mitwirkung angewiesen. Individuelle Daten hätten ihr nicht vorgelegen. Die Rechtsgrundlagen für ihre Bescheide seien rechtmäßig.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 4. November 2014 die BAG des Klägers beigeladen. Mit Urteil vom 19. November 2014 hat es die Klage abgewiesen.
Die Klage sei zulässig. Ein Vorverfahren sei durchgeführt worden. Die von der Beklagten angenommene Unzulässigkeit der Widersprüche führe nicht bereits zur Unzulässigkeit der Klage. Die Beklagte berufe sich auf die Versäumung der Widerspruchsfrist, weil innerhalb der Widerspruchsfrist nicht die erforderlichen Unterlagen eingereicht worden seien. Die Einhaltung der Widerspruchsfrist sei aber keine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage. Die Klage sei aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide vom 11. September 2012, 24. Oktober 2012, 25. Oktober 2012 und 26. Oktober 2012, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2013, seien im Ergebnis rechtmäßig. Soweit die Beklagte von einer Unzulässigkeit der Widersprüche ausgehe, sei ihr allerdings nicht zu folgen. § 11 Abs. 7 GEHV und § 8 Abs. 3 Satz 3 KVHG seien als bloße Ordnungsvorschriften zu verstehen. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber mit § 8 Abs. 3 Satz 3 KVHG eine weitere Voraussetzung für die Zulassung eines Widerspruchs habe aufstellen wollen, was im Übrigen gegen Bundesrecht (§ 84 Abs. 1 Satz 1 SGG) verstoßen würde. Im Ergebnis nicht zu beanstanden seien die Festsetzungen in den strittigen Ausgangsbescheiden. Mit § 11 GEHV und § 8 KVHG bestehe eine ausreichende und wirksame Rechtsgrundlage. Der einzelne Arzt habe zur Auskunft verpflichtet werden können. Die Beklagte die Schätzbescheide in der Höhe der von ihr auf 25.000,00 € geschätzten Durchschnittseinnahmen festsetzen können.
Gegen das ihm am 28. November 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.Dezember 2014 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt, das Verfahren ist zunächst unter dem Az.: L 4 KA 91/14 geführt worden.
Der Kläger hat sich u. a. gegen die Zurückweisung der Widersprüche als unzulässig gewandt.
Mit Teil-Urteil vom 6. Dezember 2017, berichtigt durch Beschluss vom 13. Februar 2018, hat der Senat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts geändert und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 26. Juni 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, die zulässige Berufung des Klägers sei im Sinne der Änderung des erstinstanzlichen Urteils und der isolierten Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 26. Juni 2016 begründet. Hierüber entscheide der Senat durch Teilurteil (§ 202 Sozialgerichtsgesetz <SGG> i. V. m. § 301 Zivilprozessordnung <ZPO>), im Übrigen bleibe das Verfahren hinsichtlich der Schätzbescheide vom 11. September 2012, 24. Oktober 2012, 25. Oktober 2012 und 26. Oktober 2012 rechtshängig, eine Entscheidung bleibe dem Schlussurteil vorbehalten. Wegen der weiteren Entscheidungsgründe wird auf den Urteilsumdruck Bl. 284 ff d. Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 19. Dezember 2017 hat der Senat das Berufungsverfahren bis zum Erlass eines neuen Widerspruchsbescheids ausgesetzt.
Mit Schreiben vom 9. März 2018 und 2. Juli 2018 hat die Beklagte dem Kläger Gelegenheit zur weiteren Begründung der Widersprüche gegeben, von dieser Möglichkeit hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2018 hat sie die Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen. Sie sei zu Schätzung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KVHG i. V. m. § 11 Abs. 6 GEHV berechtigt. Die Ermittlung der Höhe des Schätzbetrages sei dergestalt erfolgt, dass zunächst sämtliche Meldungen über 0,00 € erfasst worden seien. Die Meldungen seien in zwei Gruppen nach einem Schlüssel 70:30 aufgeteilt, so dass die oberen 30 % der gemeldeten Umsätze berücksichtigt worden seien und von diesen gemeldeten Umsätzen ein Durchschnittswert ermittelt worden sei. Für das Quartal III/11 hätten insgesamt 820 Ärzte eine Meldung von mehr als 0,00 € vorgenommen. Die Summe dieser Meldungen habe einen Gesamtbetrag von 6.713.339,05 € ergeben. Die oberen 30 % der gemeldeten Umsätze hätten ein Betrag von 6.175.175,00 € ausgemacht. Bei den diesbezüglich berücksichtigten 246 Ärzten habe sich ein Durchschnittswert von 25.102,34 € ergeben. Für das Quartal I/12 hätten insgesamt 923 Ärzte eine Meldung von mehr als 0,00 € vorgenommen. Die Summe dieser Meldungen hätte einen Gesamtbetrag von 7.748.645,80 € ergeben. Die oberen 30 % der gemeldeten Umsätze hätten ein Betrag von 7.089.907,80 € ausgemacht. Bei den berücksichtigten 277 Ärzte hätte sich ein Durchschnittswert von 25.595,34 € ergeben. Die Schätzung von 25.000 € sei durch die Analyse der oberen 30 % der Meldungen schlüssig und wirtschaftlich vernünftig. Die Aufteilung nach einem Schlüssel 70:30 sei sachgerecht, da zunächst davon ausgegangen werden könne, dass diejenigen Ärzte, die ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen seien, relevante Umsätze erzielt hätten. Weiterhin spreche eine Vermutung dafür, dass diese Ärzte überdurchschnittliche Umsätze, die sich tendenziell im Mittel der oberen 30 % bewegten, erzielt hätten. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass derjenige Arzt, der seiner Meldepflichten nicht nachkomme, nicht bessergestellt werden dürfe als der durchschnittliche Gesetzestreue. Angesichts der Gesamtbeträge von 6.713.339,05 € im Quartal III/11, 7.329.299,42 € im Quartal IV/11, 7.748.645,80 € im Quartal I/12 und 6.789.890,20 € im Quartal II/12, die sich aus der Summe der Meldungen in den jeweiligen Quartale ergäben, sei es gerechtfertigt, für alle 4 Quartale einen einheitlichen Schätzbetrag i.H.v. 25.000 € festzusetzen. Dies entspreche der Vermutungsregel, wonach diejenigen Ärzte, die ihrer Meldepflicht nicht nachkämen, sich am oberen Durchschnitt messen lassen müssten. Aufgrund nicht gemachter Angaben sei es gerechtfertigt, einen pauschalen Schätzbetrag in Höhe von jeweils 25.000 € festzusetzen. Sie sei auf die Mitwirkung angewiesen gewesen, sie habe keine weiteren Möglichkeiten zur Sachverhaltserforschung gehabt, da keine individuellen Daten vorgelegen hätten.
Die Beklagte hat das Berufungsverfahren am 21. September 2018 wieder aufgerufen.
Der Kläger trägt vor, da Selektivverträge nicht mehr zu Gesamtvergütung gehörten Mitteilungen, unterlägen Umsätze aus Selektivverträgen, gingen die Meldepflichten über die in § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V bestehenden Auskunftspflichten hinaus. Die Einbeziehung der Umsätze aus den Selektivverträgen in die EHV sei nicht rechtmäßig. Das BSG halte die Einbeziehung ausgegliederter Leistungen nur dann für erforderlich, wenn es sich um grundlegende Systemverschiebungen handele. Eine solche liege hier nicht vor, da die Entwicklung der Gesamtvergütung das Gegenteil aufweise: Im Quartal I/09 habe die Gesamtentwicklung (gemeint wohl: Gesamtvergütung) 569,3 Mio. Euro, im Quartal II/14 614,5 Mio. Euro betragen, sie sei daher um 45,2 Mio. Euro gestiegen. Darüber hinaus sei die Beklagte bei Verträgen nach §§ 73b, 73 c SGB V nicht beteiligt und habe damit eine Einschränkung des Sicherstellungsauftrages erfahren. Die Strukturverträge und die hausarztzentrierte Versorgung hätten damit mit den durch das SGB V der Beklagten übertragenen Aufgabe der vertragsärztlichen Versorgung Honorarverteilung nichts zu tun. Es würden Umsätze in die EHV-Honorarverteilung einbezogen, die niemals in die Gesamtvergütung eingeschlossen gewesen seien. Dies lasse sich nicht mit einer Pauschalierung begründen, die zulässig sei, weil es sich bei weiteren Leistungen um einen geringen Teil handele und eine Unterscheidung zu erheblichen Abgrenzungsproblemen führe, denn es bestünden EDV-gestützte Berechnungsmöglichkeiten, die es zuließen, differenzierte Abgrenzungen vorzunehmen.
Die Schätzung durch die Beklagte stelle ein unzulässiges Druckmittel dar, da die Beklagte die individuellen Umsätze des einzelnen Arztes auch auf andere Weise erhalten könne. Dies habe der Gesetzgeber ursprünglich ebenso gesehen und in Erwägung gezogen, die Umsätze der Ärzte bei den Krankenkassen zu erheben.
Die Schätzungen der Beklagten, die sich an die Beitragsklassenregelungen orientierten, seien nicht verfassungskonform und die angefochtenen Bescheide aufzuheben, das Hessische Landessozialgericht habe unter anderen in seinem Urteil vom 11. April 2018 (L 4 KA 11/15) entschieden, dass § 3 Abs. 1 S. 1 GEHV gegen Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, soweit die Regelung keine Sachkostenabzüge vorsehe. Die Beitragsbemessung sei damit insgesamt nicht verfassungskonform. Die hier strittigen Änderungsbeschlüsse zur GEHV seien in der Vertreterversammlung am 13. Dezember 2014, 14. März 2015 und 30. Mai 2015 beraten und beschlossen worden. Gemäß Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 31. Mai 2017 (S 12 KA 727/15) seien die Beschlüsse, die an den vorgenannten Tagen beraten und beschlossen worden seien nichtig, weil sie gegen zwingendes Verfahrensrecht verstoßen hätten. Daraus folge, dass die Bescheide, die aufgrund einer nichtigen Rechtsvorschrift erlassen worden seien, aufzuheben seien.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 19. November 2014 und die Bescheide der Beklagten vom 11. September 2012, 24. Oktober 2012, 25. Oktober 2012 und 26. Oktober 2012, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. September 2018 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, entgegen der normierten eidesstattlichen Versicherung habe sie eine Erklärung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu jederzeit habe ausreichen lassen. § 11 GEHV und § 8 KVHG stellten eine ausreichende und wirksame Rechtsgrundlage für die streitgegenständlichen Bescheide dar. Durch die Benennung bzw. Vorlage der Selektivverträge hätte der Kläger die Richtigkeit der Schätzung widerlegen können, ebenso die Schätzgröße durch Angabe seiner tatsächlichen Umsätze. Zu dieser Meldung sei er aufgrund der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Rechtsgrundlagen verpflichtet gewesen. Die Schätzung entspreche einer Vermutungsregel, bei der sich der Kläger am oberen Durchschnitt messen lassen müsse. Lege er seine Umsätze nicht offen, treffe ihn diese Folge zu Recht. Das Urteil des HLSG vom 11. April 2018 (L 4 KA 11/15) betreffe die EHV-Systematik ab dem 1. Juli 2012, während der hier betroffene Streitgegenstand die EHV-Systematik bis 30. Juni 2012 betreffe. Ungeachtet dessen sei es nicht so, dass Sachkosten nicht bei Selektivvertragseinnahmen berücksichtigt würden. Das BSG habe des Weiteren am 12. Dezember 2018 (B 6 KA 55/17 R) zur Sprungrevision gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 31. Mai 2017 (S 12 KA 727/15) entschieden, dass kein Verstoß gegen Verfahrensrecht bezüglich der genannten Beschlüsse vorliege und damit eine Nichtigkeit nicht gegeben sei. Der Fehler bei der Beschlussfassung über die GEHV anlässlich der Sitzung der Vertreterversammlung am 30. Mai 2015 führe nicht zur Nichtigkeit der Neufassung der GEHV. Die ehemaligen Vertragsärzte hätten ihre Position im Zuge der Neufassung der GEHV im Prozess der Normsetzung einbringen und sich schriftlich und mündlich äußern können. Bei Anwendung der Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Folgen von Form- und Verfahrensfehlern bei der Normsetzung habe sich die verspätete Zulassung des stellvertretenden Beiratsvorsitzenden zum mündlichen Vortrag auf die Entscheidung der Vertreterversammlung nicht ausgewirkt.
Die Beigeladene hat sich im Verfahren nicht eingelassen und stellt keine Anträge.
Mit Schriftsatz vom 3. Januar 2019 hat der Kläger eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung angeregt. Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2019 bzw. 13. März 2019 haben auch die Beklagte und die Beigeladene ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Der Senat konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 19. November 2014 ist nicht begründet.
Die als Anfechtungsklage nach § 54 SGG statthafte Klage ist nicht begründet. Die damit angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 11. September 2012, 24. Oktober 2012, 25. Oktober 2012 und 26. Oktober 2012, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. September 2019 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Festsetzung der Umsätze aus Selektivverträgen im Wege der Schätzung ist § 11 Abs. 6 Satz 2 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, gültig ab 1. Juli 2006, in der geänderten Fassung ab Juli 2011 (im Folgenden: GEHV), wonach die Kassenärztliche Vereinigung Hessen befugt ist, die Vergütung für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt an gesetzlich versicherten Patienten erbracht hat und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt wurden, zu schätzen, sofern die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte der Verpflichtung nach § 11 Abs. 6 Satz 1 GEHV zur Offenlegung des Umsatzes, nicht innerhalb von drei Monaten nach Ende eines Quartals nachkommen.
Der Senat hat mit rechtskräftigem Teil-Urteil vom 6. Dezember 2017 für die Beteiligten und den Senat bindend entschieden, dass die Satzungsregelung formell rechtmäßig ist. Der Kläger kann daher mit seinen Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Zustandekommens der Satzungsregelung nicht mehr mit Erfolg gehört werden. Soweit er sich dabei auf Änderungsbeschlüsse zur GEHV in der Vertreterversammlung vom 13. Dezember 2014, 14. März 2015 und 30. Mai 2015 bezieht, betreffen diese Beschlüsse – soweit sie zur GEHV in der Fassung bis zum 30. Juni 2012 gefasst wurden – nach dem Rundschreiben der Beklagten vom 22. Juni 2015 zur Veröffentlichung der Änderungen nicht die hier streitgegenständliche Rechtsgrundlage. Lediglich die Regelungen zur Schätzung in § 3 Abs. 5 GEHV in der ab 1. Juli 2012 geltenden Fassung (n.F.), die aber nicht die streitgegenständlichen Quartale III/11 bis II/12 betreffen, wurden geändert. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das BSG mit Urteil vom 12. Dezember 2018 entschieden hat, dass die im dortigen Ausgangsverfahren (SG Marburg, S 12 KA 704/15) beanstandeten Verfahrensfehler in der Beschlussfassung der Vertreterversammlung (VV) der Beklagten nicht zur Nichtigkeit der Beschlüsse der VV führen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018, B 6 KA 53/17 R, juris Rn. 27 ff).
Ebenfalls mit rechtskräftigem Teil-Urteil vom 6. Dezember 2017 bindend entschieden hat der Senat, dass § 11 Abs. 6 Satz 2 GEHV auf einer rechtmäßigen landesgesetzlichen Rechtsgrundlage und die Heranziehung der Umsätze aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und des gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung zur Bemessung der Beiträge zur EHV nach § 11 Abs. 2 GEHV und § 8 Abs. 2 KVHG auf einer rechtmäßigen Rechtsgrundlage beruhen (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018, B 6 KA 53/17 R, juris Rn. 40ff und HLSG, Urteil vom 8. November 2017, L 4 KA 88/14, rechtskräftig).
Schließlich hat der Senat mit Teil-Urteil vom 6. Dezember 2017 bindend entschieden, dass die verfahrensrechtlichen Regelungen in § 8 Abs. 3 KVHG über die Meldepflichten der Vertragsärzte hinsichtlich ihrer aus den sog. Selektivverträgen erzielten Umsätze und der Sanktionierung der Nichteinhaltung durch die Berechtigung zur Schätzung der Umsätze verfassungskonform sind und zwar insbesondere auch soweit Vertragsärzte zur Offenlegung der Umsätze verpflichtet werden.
Soweit der Kläger geltend macht, dass die Regelungen zur Schätzung der Umsätze angesichts der Entscheidung des Senats vom 11. April 2018 (L 4 KA 11/15) ebenfalls gegen Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG verstießen, soweit hierin keine Sachkostenabzüge vorgesehen seien, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die in Bezug genommene Entscheidung des Senats sich auf die Rechtslage ab 1. Juli 2012 bezieht. Der Senat hat allerdings einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG gesehen, soweit § 3 Abs. 1 Satz 1 GEHV n. F. keine Sachkostenabzüge vorsieht, weil die Regelung in unangemessener Weise das weitgehend ungekürzte Honorar der Beitragsbemessung zu Grund legt, ohne die mit der allein umsatzbezogenen Betrachtung einhergehende ungleiche Belastung der Vertragsärzte in anderer Weise zu berücksichtigen (HLSG, Urteil vom 11. April 2018, L 4 KA 11/15, S. 20 ff).
§ 11 GEHV „Ergänzende Bestimmungen zur Einbeziehung von Vergütungen im Rahmen von Sonderverträgen außerhalb der Gesamtvergütung“ lautet wie folgt:
„(1) Zur Finanzierung der Erweiterten Honorarverteilung werden ergänzend zu der Quotierung der Gesamtvergütung nach § 8 (1) GEHV sämtliche Vergütungen für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, herangezogen. Dies gilt unabhängig von der Rechtsgrundlage der Vergütung auch für die Vergütung aus Direktverträgen zwischen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten und den gesetzlichen Krankenkassen oder aus Verträgen zur Integrierten Versorgung.
(2) Die auf ein Quartal entfallenden Einnahmen von Vertragsärzten aus Umsätzen ärztlicher Tätigkeit nach Abs. 1 werden mit der nach § 8 Abs. 2 für das entsprechende Quartal errechneten Quote rechnerisch belastet und zur Finanzierung der EHV herangezogen. Dieser Finanzierungsbeitrag ist bei der Auszahlung des Quartalshonorars aus der Gesamtvergütung einzubehalten. Rechnet der jeweilige Vertragsarzt im Quartal weniger Honorar über die KVH ab, als sein Finanzierungsbeitrag zur EHV aus Sonderverträgen nach dieser Vorschrift beträgt, ist er verpflichtet den nicht verrechenbaren Betrag unverzüglich nach Erhalt eines entsprechenden Zahlungsbescheides an die KVH zu zahlen.
(3) Der sich aus Abs. 2 insgesamt ergebende Finanzierungsbetrag aus allen Einnahmen aus Sonderverträgen wird zu der nach § 8 Abs. 1 GEHV errechneten Quote hinzugerechnet. Dies geschieht in der Weise, dass wenn die Quote nicht ausreichend ist, um alle EHV-Ansprüche zu finanzieren, die zusätzlichen Finanzierungsmittel zunächst zu verwenden sind, um die Quotierung der Ansprüche über den Nachhaltigkeitsfaktor zu reduzieren. Sollte durch die zusätzlichen Finanzierungsmittel der Nachhaltigkeitsfaktor 1,0 betragen und weitere Mittel unverbraucht sein, werden diese unverbrauchten Restbeträge in der Weise verteilt, dass der sich rechnerisch ergebende Faktor größer 1 dann tatsächlich zur Berechnung des Auszahlungsbetrages zugrunde gelegt wird.
(4) Die Vertragsärzte, die nach diesem Paragrafen zur Finanzierung der EHV über die Einbeziehung von Leistungen aus Sonderverträgen einen Finanzierungsbeitrag leisten, erhalten für jedes Quartal des zusätzlichen Finanzierungsbeitrages eine Punktegutschrift in entsprechender Anwendung der Vorschriften des § 3 GEHV.
(5) Bei der Berechnung des zusätzlichen Finanzierungsbeitrages nach Abs. 2 und der Punktegutschrift nach Abs. 4 sind alle Betriebskosten in entsprechender Anwendung des § 5 GEHV zu berücksichtigen. Soweit eine Anwendung der Kostenermittlung nach § 5 nicht in Betracht kommt, weil im Rahmen der sondervertraglichen Vergütung nicht ausschließlich Gebührenordnungsnummern des EBM abgerechnet werden oder die Vertragsinhalte der KVH nicht bekannt sind, können stattdessen pauschale EBM- analoge Berechnungsverfahren angewendet werden. Über die hierfür zu verwendende geeignete Datenbasis entscheidet der Vorstand im Benehmen mit dem Beratenden Fachausschuss EHV und betroffenen Vertretern der
Vertreterversammlung.
(6) Die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sind verpflichtet, den Umsatz, den sie aufgrund der Abrechnung für Leistungen nach Abs. 1 erhalten, gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen nach Abschluss eines Quartals offenzulegen, abzüglich der Kosten und Honorare, die weiteren Selektivvertragsteilnehmern zu zahlen sind, wenn nur ein Gesamthonorar zur Auszahlung kommt. Sofern sie dieser Verpflichtung nicht innerhalb von drei Monaten nach Ende eines Quartals nachkommen, ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen befugt, die Vergütung für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbracht hat und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt wurden, zu schätzen. Eine Schätzung ist auch möglich, wenn Angaben nicht plausibel oder vollständig sind. Diese Schätzung wird gegenüber dem Vertragsarzt festgesetzt. Der Nachweis des Umsatzes sofern er sich nicht aus den vorliegenden Verträgen und / oder der Summen- und Leistungsstatistik ergibt, ist durch eine Bescheinigung eines angehörenden der steuerberatenden Berufe zu führen.
(7) Gegen diese Festsetzung ist binnen eines Monats gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen Widerspruch unter Vorlage der vollständigen Unterlagen zulässig. Die Vollständigkeit ist an Eides statt zu erklären. Als vollständig gelten Unterlagen nur, wenn aus ihnen abschließend erkennbar ist, dass es sich bei den angegebenen Vergütungen um alle Vergütungen aus Sonderverträgen handelt.“
Die Regelungskonzeption zur Schätzung der Umsätze aus Selektivverträgen hält aber nach Auffassung des Senats einer Überprüfung auch am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG stand, auch wenn der Satzungsgeber selbst nicht normiert hat, welche Anknüpfungstatsachen und –kriterien der durchzuführenden Schätzung zugrundezulegen sind, sondern er der Beklagten insoweit Schätzungsermessen eingeräumt hat, ohne insbesondere ausdrücklich die Berücksichtigung von Praxiskostenanteilen in den Vergütungen aus Sonderverträgen zu verlangen. Denn der der Beklagten eingeräumte Spielraum führt nicht automatisch zu einer an den Maßstäben der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung, da die Schätzung lediglich die Tatsachenebene betrifft und die Beklagte bei der Ausübung des Schätzungsermessens daher gehalten ist, Regelungsgefüge, Norminhalt und -zweck von § 11 GEHV zu berücksichtigen, dessen Absatz 5 die begrenzte Berücksichtigung von Praxiskosten in analoger Anwendung von § 5 Abs. 1 GEHV vorsieht.
Die angefochtenen Bescheide vom 11. September 2012, 24. Oktober 2012, 25. Oktober 2012 und 26. Oktober 2012, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. September 2019 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten; insbesondere ist die von der Beklagten vorgenommene Schätzung nicht zu beanstanden.
Zunächst sind die Tatbestandsvoraussetzungen von § 11 Abs. 6 Satz 2 GEHV erfüllt und die Beklagte daher zur Festsetzung der Umsätze im Wege der Schätzung berechtigt gewesen, § 11 Abs. 6 Satz 4 GEHV. Der Kläger ist seiner sich aus § 11 Abs. 6 Satz 1 GEHV ergebenden Verpflichtung zur Offenlegung der aus der Vergütung für Leistungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte an gesetzlich krankenversicherten Patienten erbringen und die nicht unmittelbar über die Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ausgezahlt werden, erzielten Umsätze in den streitbefangenen Quartalen III/11 bis II/12 nicht innerhalb von drei Monaten (§ 11 Abs. 6 Satz 2 GEHV) nach Ende der jeweiligen Quartale – nämlich überhaupt nicht – nachgekommen.
Die Beklagte hat auch das ihr vom Satzungsgeber eingeräumte Schätzungsermessen bei der Festsetzung der Umsätze auf 25.000 Euro pro Quartal in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.
Hinsichtlich der Schätzung der Höhe der EHV-Einzug unterliegenden Umsätze aus Sonderverträgen eröffnet § 11 Abs. 6 Satz 2 GEHV der Beklagten ein Schätzungsermessen, das nicht dazu führt, dass die Beklagte über einen der Gerichtskontrolle entzogenen Beurteilungsspielraum verfügt, weil das Gericht die Schätzung selbst vorzunehmen bzw. jedenfalls selbst nachzuvollziehen hat (vgl. Urteil vom 27. August 2014 – L 4 KA 11/13 –, Rn. 99, juris). Die Verpflichtung zur eigenen Schätzung bedeutet aber nicht, dass das Gericht nunmehr erneut alle Schätzungsgrundlagen erhebt und eine völlig eigene Schätzung vornimmt. Denn sofern der Verwaltungsakt überzeugende Ausführungen zur Schätzung enthält, reicht es aus, wenn das Gericht sich diese Ausführungen zu Eigen macht und sie in seinen Entscheidungsgründen nachvollzieht (vgl. BSG SozR 4100 § 115 Nr. 2, S. 14; BSG, Urteil vom 17. September 1997 – 6 RKa 86/95, Juris Rn. 28).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Festsetzung nach § 11 Abs. 6 Satz 4 GEHV rechtmäßig, denn die Beklagte hat ihrer Schätzung sachliche Schätzungsgrundlagen und nachvollziehbare Kriterien zugrunde gelegt und jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 12. September 2018 in hinreichend überprüfbarer Weise dargelegt: Ausgehend von den Quartalsmeldungen der Umsätze aus Selektivverträgen, die einen Wert von 0 € überstiegen, hat die Beklagte quartalsbezogen aus den oberen 30% der gemeldeten Umsätze einen Gesamtbetrag ermittelt und durch Division mit den insoweit zu berücksichtigenden Ärzten einen Durchschnittswert errechnet, den sie der Schätzung zugrunde gelegt hat. So haben nach der – unwidersprochenen - Darstellung der Beklagten im Quartal III/11 820 Ärzte eine relevante Umsatzmeldung gemacht, die einen Gesamtbetrag von 6.713.339,05 € ergab. Aus den oberen 30% der Meldungen errechnete die Beklagten einen Betrag in Höhe von 6.175.175,00 €, den sie durch die Anzahl der Ärzte teilte, die diese Meldungen abgegeben hatten, nämlich 246, was einen Durchschnittswert von 25.102,34 € ergab. Entsprechend Werte ergaben sich nach der weiteren Darstellung der Beklagten auch für die übrigen streitgegenständlichen Quartale.
Die Richtigkeit dieser Werte wurde vom Kläger nicht angezweifelt.
Die Berücksichtigung lediglich der oberen 30% der Umsatzmeldungen erscheint auch angemessen, da die insoweit zugrunde gelegten Annahmen der Beklagten nicht sachwidrig sind: Die Beklagte ist – für den Senat nachvollziehbar - zunächst davon ausgegangen, dass Ärzte, die ihrer Meldepflicht nach § 11 Abs. 6 Satz 1 GEHV nicht nachgekommen sind, relevante Umsätze aus Selektivverträgen erzielt haben. Soweit die Beklagte weiter davon ausgegangen ist, dass die Ärzte, die ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen sind, auch überdurchschnittliche Umsätze erzielt haben, die weiterhin im Bereich des Mittelwerts aus den oberen 30% liegen, ist auch dies nach Auffassung des Senats vor dem Hintergrund der Erwägung nicht zu beanstanden, dass Ärzte, die ihren Meldepflichten nicht nachkommen, nicht besser gestellt werden sollen als solche, die sich regelungskonform verhalten, denn andernfalls würden Anreize dafür gesetzt, die Meldungen nach § 11 Abs. 6 Satz 1 GEHV zu unterlassen.
Die Schätzung ist auch vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei der Ausübung des Schätzungsermessens Praxiskosten offenkundig nicht berücksichtigt hat, dies obwohl in § 11 Abs. 5 GEHV – wie ausgeführt – ein Praxiskostenabzug und insbesondere eine analoge Anwendung von § 5 Abs. 1 GEHV angelegt ist.
Diese Vorgehensweise ist aber auch gemessen am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, da zunächst wegen der unterbliebenen Meldung keine Entscheidung nach § 11 Abs. 5 Satz 2 GEHV dazu getroffen werden konnte, ob ausnahmsweise von eine analogen Anwendung von § 5 Abs. GEHV nicht in Betracht zu ziehen war, weil sondervertraglich Gebührenordnungsziffern auch außerhalb des EBM wurden.
Auch das Unterlassen jeglichen – etwa pauschalierten – Praxiskostenabzugs im Rahmen der Schätzung führt wegen der Schätzung auf der Basis von Durchschnittswerten nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung des Klägers, weil auch § 5 Abs. 1 GEHV lediglich eine begrenzte Berücksichtigungsfähigkeit von Praxiskosten vorsieht. Diese Begrenzung besteht darin, dass nur der Kostenanteil bei der Ermittlung des EHV- Einbehalts abgezogen wird, der einen Anteil von x % der jeweiligen Fachgruppe übersteigt, wobei sich dieser Anteil von x % so bestimmt, dass sich im Ergebnis das im jeweiligen Vorjahresquartal festgestellte Verhältnis zwischen dem Durchschnittshonorar, berechnet auf Basis aller in die EHV, einbezogenen Honorarforderungen, und dem Durchschnittshonorar nach Berücksichtigung der seinerzeit anerkennungsfähigen besonderen Kosten, auch im aktuellen Abrechnungsquartal ergibt. Zwar zielt § 5 Abs. 1 GEHV damit nur auf die Verhinderung von unzumutbaren Belastungen durch einen außergewöhnlich hohen Kostenanteil innerhalb einer Arztgruppe, nicht aber auf die Verhinderung einer Ungleichbehandlung der Arztgruppen untereinander bei der Abzugsberechnung unter Einbeziehung unterschiedlich hoher Praxiskostenanteile ab. Dies hat zur Folge, dass die Unterschiede zwischen den durchschnittlichen Kostenanteilen der einzelnen Arztgruppen unberücksichtigt bleiben. Diese Ungleichbehandlung ist aber am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach der Rechtsprechung des Senats gerechtfertigt. Sie dient dem legitimen Zweck, „wirtschaftlich sichernde“ Ansprüche bei entsprechender Finanzierungsverantwortung auch kostenintensiv wirtschaftender Arztgruppen bereitzustellen, verwirklicht gerade den Gedanken des Äquivalenzprinzips, und ist geeignet. Die Regelung ist auch angemessen, da sie die Kostenerstattungsanteile der Vergütung nicht gänzlich außer Acht lässt, sondern lediglich begrenzt (Senatsurteil vom 6. Dezember 2017 – L 4 KA 10/15 –, Rn. 32, juris, rechtskräftig).
Indem aber § 5 GEHV die Praxiskostenanteile lediglich bei relevanten Abweichungen der Belastung mit Praxiskosten von den durchschnittlichen Praxiskosten für die Berechnung des EHV-Abzugs berücksichtigt und damit unangemessene Härten verhindert, in typischen Fällen jedoch Kostenanteile nicht berücksichtigt, ist bei der streitgegenständlichen Schätzung nicht zu beanstanden, dass Praxiskosten gänzlich außer Betracht geblieben sind. Bei der Beurteilung am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG sind für die Festsetzung der EHV-relevanten Umsätze durch Schätzung keine strengeren Anforderungen zu stellen als bei der Festsetzung nach tatsächlichen Umsätzen. Die vorgenommene Schätzung ist an Durchschnittswerten orientiert. Der fehlende Abzug von Praxiskosten trägt der Annahme Rechnung, dass mit durchschnittlichen Umsatzwerten auch nur durchschnittliche Praxiskostenanteile einhergehen, die auch unter Anwendung von § 5 Abs. 1 GEHV nicht bei der Festsetzung des EHV-Einbehalts von den Umsätzen berücksichtigt würden. Da der Kläger auch nicht vorgetragen hat oder es sonst ersichtlich ist, dass er im Zusammenhang mit der Erzielung der Vergütung von Leistungen aus Selektivverträgen atypisch hohe Praxiskosten zu tragen hat, besteht für den Senat auch kein Anlass, von dieser Annahme abzuweichen.
Die Kostengrundentscheidung ergibt sich aus 197a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt das Unterliegen der Beklagten im Teil-Urteil vom 6. Dezember 2017 (Az. L 4 KA 91/14). Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, § 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.