L 6 AS 250/19

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 27 AS 845/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 250/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 35/21 BH
Datum
Kategorie
Urteil

I.    Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 18. März 2019 wird zurückgewiesen. Die Klage hinsichtlich der im Wege der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz in das Verfahren eingeführten Ansprüche wird abgewiesen.

II.    Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerinnen machen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende wegen Bedarfen für Unterkunft und Heizung geltend, wobei sie den Streitgegenstand, der sich erstinstanzlich auf den Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis zum 30. November 2016 beschränkte, in der Berufungsinstanz auf die Zeit von April 2016 bis Juli 2020 zu erweitern suchen.

Die 1960 geborene Klägerin zu 1. und die 1994 geborene Klägerin zu 2., ihre Tochter, bezogen schon vor dem streitigen Zeitraum Grundsicherungsleistungen von der Beklagten. Zuletzt bewilligte diese ihnen durch Bescheid vom 26. November 2015, geändert durch Bescheid vom 22. Januar 2016, laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit von Dezember 2015 bis Mai 2016. (Offene) Rechtsbehelfe gegen diese Bescheide sind nicht ersichtlich. Die Klägerin zu 2. erhielt zudem als Schülerin an einer Berufsfachschule Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, zuletzt bewilligt durch Bescheid vom 26. Januar 2016 für die Zeit von Dezember 2015 bis September 2016 in Höhe von 216,- Euro monatlich.

Zum 1. April 2016 zogen die Klägerinnen gemeinsam mit dem Sohn der Klägerin zu 1. beziehungsweise Bruder der Klägerin zu 2., dem erstinstanzlich als Zeugen vernommenen C. A., in eine neue Wohnung; geplant war zudem der Zuzug der (Groß )Mutter der Klägerinnen. Nach Mitteilung des Umzugs am 6. Mai 2016 und Aufforderung durch die Beklagte reichten die Klägerinnen eine Kopie des Mietvertrags sowie eine Mietbescheinigung bei dieser ein. Bei der Erstellung der Mietvertragskopie waren Name und Anschrift des Vermieters abgedeckt worden; die Unterschrift auf Vermieterseite ist unleserlich. Auf Mieterseite war als alleinige Vertragspartei der Sohn beziehungsweise Bruder der Klägerinnen eingetragen. Die Nettomiete war mit 919,60 Euro monatlich, die Neben-, inklusive Heizkostenvorauszahlungen mit 229,90 Euro monatlich angegeben. Nach dem Mietvertrag sollten vier Personen in die Wohnung einziehen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 164 ff. der zu den Klägerinnen geführten Leistungsakte der Beklagten (im Folgenden: LA) Bezug genommen. In der Mietbescheinigung, die – wohl – vom Sohn beziehungsweise Bruder der Klägerinnen unter dem 20. Mai 2016 unterschrieben worden war, waren die Klägerin zu 1. als Untermieterin und jener als Mieter aufgeführt; dazu war vermerkt, der Name des Vermieters könne aus Datenschutzgründen nicht weitergegeben werden. Miete und Nebenkosten waren in gleicher Höhe wie im Mietvertrag ausgewiesen. Im Übrigen wird auf LA Bl. 178 f. verwiesen.

Die Beklagte forderte die Klägerin zu 1. daraufhin mit Schreiben vom 27. Mai 2016 auf, unter anderem einen Mietvertrag mit dem Namen und der Anschrift des Vermieters einzureichen. Die Mietbescheinigung sei vom Vermieter, Herrn D., D-Stadt, auszufüllen und zu unterschreiben, wobei aus internem E-Mail-Verkehr ersichtlich ist, dass die Beklagte Herrn D. als Eigentümer der Liegenschaft ermittelt hatte.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 30. Mai 2016 bewilligte die Beklagte den Klägerinnen sodann vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Juni 2016 bis zum 30. November 2016 in Höhe von zusammen 445,- Euro monatlich, 404,- Euro zu Gunsten der Klägerin zu 1., 41,- Euro zu Gunsten der Klägerin zu 2.; Bedarfe für Unterkunft und Heizung berücksichtigte sie dabei nicht. Auf LA Bl. 180 ff. wird verwiesen.

Gegen den Bescheid legten die Klägerinnen – anwaltlich vertreten – am 9. Juni 2016 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus, ihr Sohn beziehungsweise Bruder habe die gemeinsam bewohnte Wohnung gegen eine Bruttokaltmiete von 1.149,50 Euro angemietet. Eine entsprechende, die gesamte Miete umfassende Mietbescheinigung sei der Beklagten bereits vorgelegt worden. Auf die Klägerinnen entfalle der hälftige Mietzins, mithin 574,75 Euro. Auch der Mietvertrag liege der Beklagten bereits vor. Es sei nicht erkennbar, wofür sie die Anschrift des Vermieters benötige. Abgesehen davon seien sie, die Klägerinnen, aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht berechtigt, dessen Anschrift bekanntzugeben. Ihre Mutter beziehungsweise Großmutter werde voraussichtlich am 15. Juni 2016 in die Wohnung einziehen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf LA Bl. 199 f. Bezug genommen.

Am 22. Juni 2016 folgte die Anmeldung der (Groß )Mutter der Klägerinnen in E-Stadt; diese sei, so ist in der Anmeldung verzeichnet, am 20. Juni 2016 in die gemeinsame Wohnung eingezogen.

Nachdem die Beklagte bereits zuvor mit Schreiben vom 16. Juni 2016 an die Aufforderung zur Mitwirkung vom 27. Mai 2016 erinnert hatte, äußerte sich die Klägerin zu 1. durch E Mail vom 30. Juni 2016 dahin, dass der Vermieter ein Formular über die Mietkosten nicht ausfüllen müsse; das vom Mieter ausgefüllt Antragsformular sei vielmehr völlig ausreichend. Zudem habe die Beklagte schon eine Kopie des Mietvertrags erhalten, aus dem alle relevanten Kosten hervorgingen. Den Mietanteil der Mutter der Klägerin zu 1. könne die Beklagte genauso pauschal anrechnen wie den ihres Sohnes; die genaue Höhe von deren Rente – deren Angabe die Beklagte verlangt hatte – sei in diesem Falle völlig irrelevant.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerinnen zurück. Zur Begründung führte sie aus, mit dem angefochtenen Bescheid seien Leistungen vorläufig bewilligt worden. Zum Zeitpunkt der Entscheidung habe eine endgültige Entscheidung über den Anspruch bezüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht getroffen werden können, weil aus den vorliegenden Unterlagen nicht eindeutig zu erkennen sei, in welcher Höhe den Klägerinnen entsprechende Kosten entstünden. Der vorgelegte Hauptmietvertrag sei nicht ausreichend, um von einem ordentlichen Mietverhältnis ausgehen zu können, da darin keinerlei Angaben zum Vermieter aufgezeigt worden seien. Es sei auch nicht klar, ab wann wie viele Personen in der Wohnung gewohnt hätten. Auch aus der Mietbescheinigung lasse sich die Höhe des von den Klägerinnen zu entrichtenden Mietzinses nicht entnehmen. Die Mietbescheinigung entbehre jeder Grundlage für die Feststellung eines Bedarfs, da der Sohn beziehungsweise Bruder der Klägerinnen als Vermieter genannt, aber zugleich angekreuzt worden sei, dass kein Verwandtschaftsverhältnis mit dem Vermieter bestehe. Die Entscheidung sei daher vorläufig erfolgt. Ein Ermessensfehlgebrauch liege nicht vor, da sie, die Beklagte, einen Bedarf der Klägerinnen erkannt habe, aber die Höhe des auf sie entfallenden Mietanteils nicht glaubhaft dargelegt worden sei und anhand der vorgelegten Unterlagen auch nicht geschätzt werden könne.

Die Klägerinnen haben daraufhin am 11. August 2016 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben. 

Nachdem die Beklagte auch für weitere Bewilligungszeiträume die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bei der Leistungsbewilligung nicht berücksichtigt hatte, haben die Klägerinnen am 13. April 2017 zudem ein Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz eingeleitet. In diesem Rahmen haben sie – wiederum anwaltlich vertreten – vorgetragen, die Klägerin zu 1. zahle 500,- Euro Miete an ihren Sohn. Damit werde ein Großteil der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch für die Mietzahlung verwendet. Es bestünden erhebliche Mietrückstände. Mit dem verbleibenden Betrag seien die Klägerinnen nicht in der Lage, ihren Unterhalt zu bestreiten. 

Die Beklagte hat im Verlauf dieses Verfahrens einen Hausbesuch in der Wohnung durchgeführt. Die Klägerinnen haben zudem eine weitere Kopie des Wohnraummietvertrages eingereicht, wobei nunmehr der Name des Vermieters, D., ersichtlich, dessen Anschrift jedoch weiterhin unkenntlich gemacht worden war, und ein als Untermietvertrag bezeichnetes Schriftstück vorgelegt, in dem der Sohn beziehungsweise Bruder der Klägerinnen einerseits und die Klägerin zu 1. andererseits jeweils (nur) bestätigen, dass diese ein Zimmer in der von ihrem Sohn angemieteten Wohnung bewohne. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 26 der beigezogenen Akte des Sozialgerichts Darmstadt zum Aktenzeichen S 27 AS 360/17 ER Bezug genommen. Weiter haben die Klägerinnen eine auf den 2. Mai 2017 datierte Bestätigung ihres Sohnes beziehungsweise Bruders vorgelegt, wonach sie als Untermieter für die von ihm angemietete Wohnung pro Monat jeweils 287,38 Euro, also zusammen 574,76 Euro, an ihn als Mieter der Wohnung zahlten (Bl. 38 der Akte zum Verfahren SG Darmstadt   S 27 AS 360/17 ER –); schließlich folgte eine eidesstattliche Versicherung der Klägerin zu 1. vom 8. Juni 2017, wonach zu diesem Zeitpunkt Mietrückstände bei ihrem Sohn in Höhe von 8.621,25 Euro bestanden hätten, und zwar für den Zeitraum April 2016 bis Juni 2017. Ihr Sohn werde die Miete auf Dauer nicht alleine bezahlen können und erwarte die Zahlung des Rückstandes durch die Beklagte bis Ende Juni 2017 (Bl. 54 der Akte zum Verfahren SG Darmstadt – S 27 AS 360/17 ER –). Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch Beschluss vom 29. Juni 2017 abgelehnt, da ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 64 ff. der Akten zum Verfahren des Sozialgerichts Darmstadt zum Aktenzeichen S 27 AS 316/17 ER verwiesen.

Zur Begründung ihrer Klage im hiesigen Hauptsacheverfahren haben die Klägerinnen im Wesentlichen ausgeführt, dass im Rahmen der Leistungsgewährung auch die anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen seien. Diese ergäben sich aus dem eingereichten Hauptmietvertrag. Die Bekanntgabe der Anschrift des Vermieters verbiete sich aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten. Im Übrigen handele es sich um einen Untermietvertrag, so dass die von dem Untervermieter ausgefüllte Vermieterbescheinigung alle relevanten Angaben enthalte. Schließlich sei es der Beklagten auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Verweis auf BSG, Urteil vom 25. Januar 2012 – B 14 AS 65/11 R –) verwehrt, sich ohne ihr, der Klägerinnen, Einverständnis an ihren Vermieter zu wenden. Ihnen sei zudem die Anschrift des (Haupt )Vermieters gar nicht bekannt.

Das Sozialgericht hat, nachdem zuvor im März 2018 doch noch eine sogenannte Wohnungsgeberbescheinigung, aus der sich die Adresse des Vermieters entnehmen ließ, und eine von diesem ausgefüllte Mietbescheinigung vorgelegt worden waren, zunächst einen Erörterungstermin durchgeführt und sodann den Sohn beziehungsweise Bruder der Klägerinnen als Zeugen in der mündlichen Verhandlung vernommen; diesbezüglich wird auf Bl. 126 f. beziehungsweise Bl. 150 ff. der Gerichtsakte zum hiesigen Verfahren – im Folgenden: GA – Bezug genommen. 

Das Sozialgericht hat daraufhin die nach den in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen auf die Abänderung des Bescheides vom 30. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 und die Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung gerichtete Klage durch Urteil vom 18. März 2019 abgewiesen. 

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sie hätten allerdings im streitgegenständlichen Zeitraum die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt, jedoch keine tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gehabt, die bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen gewesen wären. Sie hätten zur Überzeugung der Kammer keine Rechtspflicht zur Zahlung einer Untermiete gegenüber dem Zeugen A. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II würden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen seien. Dabei handele es sich um Geldaufwendungen, die der Leistungsberechtigte in der Bedarfszeit für die Nutzung beziehungsweise Gebrauchsüberlassung einer Unterkunft Dritten gegenüber kraft bürgerlichen Rechts aufzubringen habe. Ob ein wirksames Mietverhältnis zwischen Familienangehörigen vorliege, beurteile sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der Leistungsberechtigte müsse einer wirksamen, nicht dauerhaft gestundeten Mietforderung ausgesetzt sein (Verweis auf BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 37/08 R –, Rn. 24). Ein Mietvertrag beziehungsweise Untermietvertrag komme zustande, wenn sich die Parteien zumindest über den wesentlichen Vertragsinhalt (essentialia negotii) geeinigt hätten (Verweis auf Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. 2017, Vorb. zu § 535 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – Rn. 14). Allein die tatsächliche Nutzung der Mietsache begründe kein Mietverhältnis (Verweis auf Schmidt-Futterer, a.a.O., Rn. 15).

Nach Überzeugung der Kammer bestehe zwischen dem Zeugen A. und den Klägerinnen keine wirksame Zahlungsverpflichtung. Auf Befragen der Kammer hätten diese weder angeben können, wann sie eine Zahlungsvereinbarung mit dem Zeugen A. getroffen hätten, noch, in welcher Höhe diese habe bestehen sollen. Demnach gehe die Kammer davon aus, dass sich die Klägerinnen und der Zeuge A. nicht über den wesentlichen Vertragsinhalt geeinigt hätten. Zwar habe dieser vorgetragen, die Zahlungsverpflichtung zwischen ihm und den Klägerinnen sei mündlich vereinbart worden und betrage 574,76 Euro monatlich; dies sei nach Überzeugung der Kammer jedoch nicht glaubhaft. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sich die Klägerinnen weder an den Zeitpunkt noch an die Höhe der vermeintlichen Zahlungsvereinbarung erinnern könnten. Sofern nur eine Partei Auskunft über die wesentlichen Vertragsbestandteile geben könne, sei nicht von einer Einigung der Parteien auszugehen. Daran ändere auch die am 2. Mai 2017 vom Zeugen A. ausgestellte Bescheinigung (GA Bl. 43) nichts, da dieser darin nur angebe, dass die Klägerinnen an ihn pro Monat eine Miete von jeweils 287,38 Euro, insgesamt 574,76 Euro, zahlten. Aus dieser Bescheinigung könne nicht auf eine Zahlungsvereinbarung geschlossen werden, da sie allein vom Zeugen A. ausgestellt worden sei.

Auf weiteres Befragen der Kammer habe die Klägerin zu 1. angegeben, dass sie für die Kosten der Unterkunft einen Betrag in unterschiedlicher Höhe an den Zeugen A. gezahlt habe. Sie habe mal 100,- Euro oder 200,- Euro gezahlt, je nachdem wieviel Geld im Monat übriggeblieben sei. Diesen Betrag habe sie dem Zeugen A. entweder in bar gegeben oder auf sein Konto eingezahlt. Auch in Bezug auf die Höhe der beim Zeugen A. angefallenen Rückstände hätten die Klägerinnen keine Angabe machen können.

Die Aussage der Klägerin zu 1., dass sie dem Zeugen A. mal 100,- Euro oder 200,- Euro gezahlt habe, sei nicht glaubhaft. Aufgrund der in der Verwaltungsakte der Beklagten enthaltenen Kontoauszüge sei für den streitgegenständlichen Zeitraum ersichtlich, dass die Klägerinnen jeden Monat zwischen 500,- Euro und 660,- Euro von ihrem Konto abgehoben hätten. Es erscheine fernliegend, dass von einem solchen Geldbetrag zwei Personen ihren kompletten Lebensbedarf hätten decken und zusätzlich sogar noch 100,  Euro bis 200,- Euro hätten angespart werden können, welche an den Zeugen A. ausgezahlt worden sein sollten. Auch der Zeuge A. habe auf Befragen der Kammer angegeben, dass die Klägerinnen ihren Anteil in Bezug auf die Kosten der Unterkunft und Heizung bisher nicht in kompletter Höhe an ihn hätten zahlen können. Diese Erklärungen stünden auch im Widerspruch zu der Bescheinigung des Zeugen A. vom 2. Mai 2017. Dort habe dieser angegeben, dass die Klägerinnen zusammen einen Betrag in Höhe von 574,76 Euro monatlich an ihn zahlten. Auf eine nur teilweise erfolgte Zahlung beziehungsweise das Vorhandensein von Rückständen gehe die Bescheinigung nicht ein. Sie bestätige vielmehr, dass die Klägerinnen Kosten der Unterkunft und Heizung tatsächlich erbracht hätten, obwohl die Klägerin zu 1. und der Zeuge A. im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben hätten, dass die Klägerinnen finanziell nicht in der Lage gewesen seien, sich in entsprechender Höhe an den Kosten der Unterkunft und Heizung zu beteiligen.

Die Kammer gehe ferner davon aus, dass der Zeuge A., welcher einer Erwerbstätigkeit nachgehe, nicht nur der Mutter der Klägerin zu 1., sondern auch den Klägerinnen die Mitbenutzung der Wohnung unentgeltlich zur Verfügung stelle. Auf Befragen der Kammer hätten sowohl die Klägerin zu 1. als auch der Zeuge A. angegeben, dass die Kosten für Strom von diesem getragen würden. Nachdem die Stromkosten (ohne den anfallenden Anteil für Heizung und die Erzeugung von Warmwasser) bereits Bestandteil des Regelbedarfs nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II seien, erhielten die Klägerinnen auch insoweit finanzielle Hilfe durch den Zeugen A.

Nach Zustellung des Urteils am 27. April 2019 hat die Klägerin zu 2. sowohl für sich selbst als auch für ihre Mutter, die Klägerin zu 1., mit Eingang am 24. Mai 2019 Berufung eingelegt.

Im Verlauf des Berufungsverfahrens sind die Klägerinnen aus der Wohnung in E-Stadt, auf die sich der Rechtsstreit bezieht, aus- und nach A-Stadt umgezogen.

Zur Begründung wiederholen und vertiefen die Klägerinnen ihr bisheriges Vorbringen. Der Rechtsstreit betreffe den gesamten Zeitraum vom Einzug in die ab 1. April 2016 gemietete Wohnung bis zu ihrem Umzug nach A-Stadt, zu dem sie gezwungen gewesen seien, weil ihrem Sohn beziehungsweise Bruder als Mieter der Mietanteil der Beklagten für sie beide seit April 2016 fehle. Der inzwischen aufgelaufene Rückstand ergebe sich aus ausstehenden Zahlungen in Höhe von 574,76 Euro pro Monat seit April 2016. Sie hätten ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber ihrem Sohn beziehungsweise Bruder „noch nie entrichtet“, da sie den Mietanteil nicht von der Beklagten erhalten hätten; wenn sie ihm Geld gegeben hätten, seien dies nur sehr geringe Summen gewesen, die nicht als Mietzahlungen betrachtet werden könnten, sondern zur Deckung seines eigenen Lebensunterhalts gedient hätten, da er die Miete aufgrund der Weigerung der Beklagten allein habe tragen müssen. Ergänzend haben die Klägerinnen eine auf den 1. April 2016 datierte und von ihnen und ihrem Sohn beziehungsweise Bruder unterschriebene Erklärung (GA Bl. 171) vorgelegt, worin dieser bestätigte, dass die Klägerinnen als „Mitmieter“ für die von ihm angemietete Wohnung seit 1. April 2016 pro Monat jeweils 287,38 Euro, also zusammen 574,76 Euro, als Mietanteil in bar an ihn zu zahlen hätten. Die Zahlungsverpflichtung werde hiermit von den Klägerinnen anerkannt. Dieses Schriftstück sei ihrem früheren Anwalt überreicht worden, so dass es sie wundere, dass dieses Dokument dem Gericht nicht vorgelegen habe.

Sie beantragen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 18. März 2019 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 zu verurteilen, ihnen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 574,76 Euro ab April 2016 bis Juli 2020 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichts und ihre Bescheide. In der mündlichen Verhandlung hat sie erklärt, sie halte an der Rüge, dass die Klageerweiterung unzulässig sei, fest.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten sowohl zum hiesigen Verfahren als auch zu dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Darmstadt – S 27 AS 360/17 ER – und der die Klägerinnen betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerinnen verhandeln und entscheiden, nachdem diese ausweislich der entsprechenden Postzustellungsurkunden die Mitteilung, dass der ursprünglich für den 10. Februar 2021 geplante Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 10. März 2021 umgeladen werde, ordnungsgemäß übermittelt worden ist. In der ursprünglichen Terminsmitteilung, die im Umladungsschreiben (abgesehen von Terminstag und Terminsstunde) ausdrücklich aufrecht erhalten worden ist und die den Klägerinnen ausweislich der entsprechenden Postzustellungsurkunden ebenfalls zugegangen war, sind die Klägerinnen darüber belehrt worden, dass auch im Falle ihres Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden könne.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat mit dem angegriffenen Urteil vom 18. März 2019 die Klage zu Recht abgewiesen. Den Klägerinnen steht der geltend gemachte Anspruch auf Leistungen wegen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in der Zeit von Juni bis November 2016 nicht zu. Erst recht können die Klägerinnen mit den im Wege der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz in das Verfahren eingeführten Ansprüchen für darüber hinausgehende Zeiträume, über die der Senat „auf Klage“ zu entscheiden hat, keinen Erfolg haben.

I. 1. Gegenstand des Verfahrens vor dem Senat sind – neben dem Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 18. März 2019 – der Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 und die durch diesen geregelten Ansprüche der Klägerinnen auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende wegen der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Juni 2016 bis 30. November 2016. 

Die Klägerinnen machen dabei (nur) die ihnen von der Beklagten nicht zugebilligten Leistungen wegen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung geltend, wie sich nicht zuletzt aus der Bezifferung ihrer Ansprüche gerade auf 574,76 Euro monatlich, also die nach ihrem Vorbringen für die Unterkunft aufzubringenden Zahlungen, ergibt. Die Leistungen wegen sonstiger Bedarf, insbesondere wegen der Regelbedarfe der beiden Klägerinnen, sind dagegen nicht streitig. Eine derartige Beschränkung auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung ist auch für die im streitigen Zeitraum und aktuell maßgebliche Fassung des Sozialgesetzbuches Zweites Buch zulässig (vgl. für viele BSG, Urteil vom 29. August 2019 – B 14 AS 43/18 R –, BSGE 192, 72, Rn. 10) und dem Vorbringen der Klägerinnen hinreichend eindeutig zu entnehmen. 

Der Bescheid vom 30. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 hatte nur eine vorläufige Entscheidung zum Gegenstand. Inzwischen haben diese Leistungen allerdings als endgültig bewilligt zu gelten und sind als solche Gegenstand des hiesigen Verfahrens (vgl. zur Problematik: erk. Senat, Urteil vom 11. März 2020 – L 6 AS 471/19 –, juris, Rn. 39 ff. = BeckRS 2020, 816, Rn. 39 ff.; in einem vglb. Fall i.Erg. ebs. Bay. LSG, Urteil vom 11. April 2019 – L 16 AS 627/17 –, juris, Rn. 29 und nunmehr auch LSG NRW, Urteil vom 28. Oktober 2020 – L 12 AS 2055/18, BeckRS 2020, 36435). Nach § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II gelten Leistungen, die durch eine vorläufige Entscheidung auf der Grundlage dieser durch das Rechtsvereinfachungsgesetz mit Wirkung zum 1. August 2016 eingeführten Vorschrift (vgl. Art. 1 Nr. 36 und Art. 4 Abs. 1 des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016, BGBl. I S. 1824) gewährt wurden, als abschließend festgesetzt, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes keine ausdrückliche endgültige Festsetzung nach § 41a Abs. 3 SGB II erfolgt. Für frühere Bewilligungszeiträume, die aber – wie der hier streitige – vor dem 1. August 2016 noch nicht beendet waren, ist § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II über § 80 Abs. 2 Nr. 2 SGB II ebenfalls anzuwenden. 

Es greift auch keine der in § 41a Abs. 5 Satz 2 SGB II vorgesehenen Ausnahmen zur fiktiven abschließenden Festsetzung kraft Zeitablaufs ein: Die Klägerinnen haben zunächst zu keiner Zeit eine endgültige Entscheidung beantragt (§ 41a Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 SGB II); namentlich besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass Widerspruch und Klage gegen die vorläufige Entscheidung als – stillschweigender – Antrag auf endgültige Festsetzung anzusehen wären. Auch hat die Beklagte innerhalb der in der Vorschrift genannten Fristen keine andere Entscheidung getroffen (§ 41a Abs. 5 Nr. 2 SGB II). Schließlich ergeben sich weder aus dem Wortlaut noch auf Grund der sonstigen gängigen Auslegungsmethoden Anhaltspunkte dafür, dass ein gegen die vorläufige Entscheidung gerichteter Rechtsbehelf die Frist aus § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II hemmen oder unterbrechen könnte (ebs. Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II [Werkstand: 12/18], § 41 Rn. 430).

Die danach auf der Grundlage von § 41a Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Nr. 2 SGB II als endgültig festgesetzt geltenden Leistungen sind Gegenstand des Verfahrens: Dabei liegt es nach Auffassung des Senats nahe anzunehmen, dass die vorläufige Entscheidung auf Grund der gesetzlichen Anordnung in § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II mit Ablauf der einjährigen Frist ihren Inhalt wandelt und der Bescheid vom 30. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 daher nunmehr als Bewilligung einer endgültigen Leistung zu gelten hat. Anders als nach einer ausdrücklichen endgültigen Entscheidung (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 – B 4 AS 139/10 R –, SozR 4-4200 § 11 Nr. 38) würde sich der die vorläufige Entscheidung verfügende Bescheid in diesem Fall nicht auf der Grundlage von § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ohne Weiteres von Gesetzes wegen erledigen, sondern, wenn auch mit anderem Inhalt, nämlich der endgültigen Festsetzung, fortbestehen (so wohl auch Conradis, in: Münder, LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 41a Rn. 16) und bliebe mit diesem Inhalt Gegenstand des Verfahrens (vgl. dazu auch Kemper, in: Eicher/Luik, SGB II – Kommentar, 4. Aufl. 2017, § 41a Rn. 64, wonach sich der vorläufige Bescheid in seinem Wesen verändere und zum endgültigen Bescheid werde). Dies liegt näher als die Annahme, dass die endgültige Leistung ohne jeden ihre Gewährung tragenden Bescheid als endgültig bewilligt zu gelten hätte, wovon auszugehen wäre, wenn man auch in diesem Fall von einer Erledigung des Verwaltungsaktes über die vorläufige Entscheidung statt einer inhaltlichen Verwandlung ausginge. Ausgehend von diesen Überlegungen ist und bleibt der Bewilligungsbescheid vom 30. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016 Gegenstand des Verfahrens, allerdings nunmehr mit dem Inhalt einer endgültigen Festsetzung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2016.

Letztlich käme man im Übrigen zu einem ähnlichen Ergebnis, wenn man entgegen der obigen Argumentation davon ausginge, dass die fiktive endgültige Leistungsfestsetzung auf der Grundlage von § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II keinen ihr unterliegenden Bescheid benötige und sich der die vorläufige Entscheidung beinhaltende Bescheid durch die fiktive Festsetzung in gleicher Weise erledige wie durch eine ausdrückliche abschließende Entscheidung nach § 41a Abs. 3 SGB II. In diesem Fall wäre davon auszugehen, dass die fiktive und „bescheidlose“ endgültige Festsetzung auf Grund einer analogen Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand eines die vorläufige Entscheidung betreffenden gerichtlichen Verfahrens würde (vgl. hierzu ausfl. erk. Senat, Urteil vom 11. März 2020   L 6 AS 471/19 –, juris, Rn. 40 = BeckRS 2020, 816, Rn. 40; außerdem Bay. LSG, Urteil vom 11. April 2019 – L 16 AS 627/17 –, juris, Rn. 29), wie es das Bundessozialgericht für die ausdrückliche endgültige Festsetzung annimmt (vgl. hierzu nochmals BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 – B 4 AS 139/10 R –, SozR 4-4200 § 11 Nr. 38 und Merold, NZS 2016, 926/926 f.). 

2. Die von den Klägerinnen im Berufungsverfahren weiter geltend gemachten Leistungen für den vorangegangenen Zeitraum (April und Mai 2016) und die nachfolgenden Leistungszeiträume (von Dezember 2016 bis zum Umzug nach A-Stadt) und die diesbezüglichen Bescheide sind nicht zum Gegenstand des Verfahrens geworden. Die diesbezügliche Klageerweiterung im Berufungsverfahren ist nicht zulässig.

a) Die Bewilligungsbescheide für (den vorangegangenen und) die nachfolgenden Bewilligungszeiträume sind zunächst nicht über § 96 Abs. 1 SGG von Gesetzes wegen in das gerichtliche Verfahren einbezogen worden; § 96 Abs. 1 SGG wie auch § 86 SGG sind auf Bescheide, die andere Bewilligungszeiträume regeln als der ursprünglich angefochtene Bescheid, nicht anwendbar (vgl. für die st. Rspr. grdl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R –, BSGE 97, 242 = juris, Rn. 30). 

b) Auch sonst waren die genannten Leistungszeiträume und die diese regelnden Bescheide nicht (bereits) Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Zwar haben die   damals noch anwaltlich vertretenen – Klägerinnen im Rahmen des bei Klageerhebung formulierten Antrags einen Zeitraum, auf den sich dieser beziehen soll, nicht ausdrücklich benannt. Durch die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sich die Klage richtete, und dessen Regelungszeitraum war dieser aber für Gericht (und Beklagte) hinreichend eindeutig erkenn  und abgrenzbar. Dies gilt nur umso mehr, als der Regelungsgegenstand des angegriffenen Bescheides, nämlich die Bewilligung von Leistungen für die Monate Juni 2016 bis einschließlich November 2016, in der Klagebegründung ausdrücklich angesprochen wurde, so dass auch aus diesem Grund über die begrenzte zeitliche Reichweite des in erster Instanz streitigen Begehrens kein Zweifel bestehen konnte.

Gleiches gilt für den in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht zu Protokoll genommenen Antrag des Klägers. Auch dieser benennt zwar nicht ausdrücklich einen Zeitraum, für den monatlich weitere 574,76 Euro geltend gemacht wurden. Durch den Regelungsgegenstand des Bescheides vom 30. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2016, der ausweislich des Antrags allein zur Entscheidung des Sozialgerichts gestellt wurde, wird aber eine entsprechende – im Übrigen sachlich zwingende – Begrenzung hinreichend deutlich. Auch die erstinstanzliche Entscheidung hat sich in der Konsequenz allein auf diesen Zeitraum bezogen, wie sich bereits aus dem Eingangssatz von deren Tatbestand eindeutig ergibt. 

c) Die Klägerinnen haben allerdings in der Berufungsinstanz deutlich gemacht, dass auch die weiteren Zeiträume Gegenstand des Verfahrens sein sollen. Die darin liegende Klageänderung in Form der Klageerweiterung (§ 99 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG) ist jedoch unzulässig.

Die Klägerin zu 2., die das Berufungsverfahren von Anfang an auch für ihre Mutter, die Klägerin zu 1., geführt hat, hat ein entsprechendes Anliegen erstmals im Schreiben vom 11. Februar 2020 formuliert, in dem sie schreibt, es gehe „nicht nur um vergangene Leistungszeiträume“, da sie weiterhin in der betreffenden Wohnung lebten und „seit dem Einzug im April 2016 bis auf den heutigen Tag nicht einen Cent“ von der Beklagten für die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhalten hätten (GA Bl. 224). Ausdrücklich ergibt sich das erweiterte Begehren dann aus dem Schreiben der Klägerin zu 2. vom 29. November 2020, in dem es heißt, im Verfahren sei der „Anteil für mich und meine Mutter für den Zeitraum April 2016 bis Juli 2020 strittig“ (GA Bl. 264).

Die damit verbundene Klageänderung ist jedoch unzulässig (vgl. zu dem dabei anzuwendenden Maßstab näher: erk. Senat, Urteil vom 11. März 2020 – L 6 AS 269/19 –, juris, Rn. 42 ff.): Eine Klageänderung und damit auch eine Klageerweiterung ist zwar auf der Grundlage von § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 SGG grundsätzlich auch in der Berufungsinstanz möglich (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R –, BSGE 110, 93 = juris, Rn. 12; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 99 Rn. 12 m.w.N.). Ihre Zulässigkeit setzt jedoch voraus, dass sie entweder kraft gesetzlicher Fiktion nicht als Klageänderung anzusehen (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 3 SGG) oder sachdienlich ist (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 Alt. 2 SGG) oder schließlich die übrigen Beteiligten – gegebenenfalls durch rügelose Einlassung – einwilligen (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 SGG).

Das ist vorliegend nicht der Fall. 

Zunächst liegt kein Fall des § 99 Abs. 3 SGG vor; namentlich handelt es sich bei dem Begehren von Grundsicherungsleistungen für weitere Zeiträume nicht (nur) um eine Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache oder in Bezug auf eine Nebenforderung (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG), sondern um eine andere, eigenständige Hauptforderung. 

Auch ist die Klageerweiterung nicht sachdienlich, was sich schon daraus ergibt, dass der im Wege der Klageerweiterung in das Verfahren eingeführte Antrag – jedenfalls derzeit, überwiegend aber auf Dauer – unzulässig ist. Soweit die die weiteren Leistungszeiträume regelnden Bescheide nicht ohnehin bestandskräftig und bindend geworden sind (vgl. dazu die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 18. Februar 2020, GA Bl. 227 f.), ist jedenfalls nicht erkennbar, dass diesbezüglich abgeschlossene Vorverfahren durchgeführt worden wären. Eine Aussetzung des hiesigen Verfahrens, die unter diesen Umständen notwendig wäre, um hinsichtlich der nicht bindend beschiedenen Zeiträume gegebenenfalls einen Abschluss der Widerspruchsverfahren abzuwarten und die fraglichen Bescheide in der Sache prüfen zu können, ist nach Auffassung des Senats aber gerade nicht sachdienlich.

Schließlich ist vorliegend auch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte sich rügelos auf die erweiterte Klage eingelassen hätte und die Klageänderung daher nach (§ 153 Abs. 1 i.V.m.) § 99 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 SGG unabhängig von ihrer fehlenden Sachdienlichkeit zulässig wäre (vgl. näher nochmals erk. Senat, Urteil vom 11. März 2020 – L 6 AS 269/19 –, juris, Rn. 45 ff.). Eine rügelose Einlassung liegt zwar bereits vor, wenn der andere Beteiligte in der mündlichen Verhandlung oder in einem Schriftsatz einen Gegenantrag stellt (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 99 Rn. 9) oder sich zur Sache äußert, ohne durch eine Gegenerklärung die Zulässigkeit der Klageänderung wenigstens vorsorglich zu rügen. Ob er sich der Rechtsfolgen seiner Erklärung beziehungsweise seines Verhaltens bewusst war, ist dabei grundsätzlich nicht erheblich (vgl. nochmals B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 99 Rn. 9; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 267 Rn. 1; anders wohl Bay. LSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – L 15 SB 43/06 –, juris, Rn. 33).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist vorliegend nicht von einer rügelosen Einlassung auszugehen. Die Beklagte hat vielmehr bereits in ihrem Schriftsatz vom 18. Februar 2020 und damit in ihrer ersten Reaktion auf die Ausführungen der Klägerinnen, es gehe auch um aktuelle Leistungen, ausdrücklich festgehalten, dass sich der „Klagezeitraum […] auf die Zeit von Juni bis November 2016“ beschränke. Sie hat damit verdeutlich, sich auf die in den Schreiben der Klägerin zu 2. neu geltend gemachten Ansprüche für andere Zeiträume gerade nicht einlassen zu wollen. In der mündlichen Verhandlung hat sie dies bestätigt und ausdrücklich erklärt, sie halte an ihrer Rüge, dass die Klageerweiterung unzulässig sei, fest.

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die erweiterte Klage – soweit ihr nicht ohnehin bindende Bescheide für die übrigen Zeiträume entgegenstehen und/oder die Klagefrist als nicht gewahrt anzusehen wäre – in der Sache aus den gleichen, nachfolgend näher dargelegten Gründen keinen Erfolg haben könnte wie die Klage wegen der Ansprüche für die Zeit von Juni bis November 2016.

II. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere angesichts des streitigen Betrags von Gesetzes wegen statthaft (vgl. § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und den Vorgaben aus § 151 Abs. 1 SGG entsprechend form- und fristgerecht eingelegt.

Dies ist in einem (allein) von der Klägerin zu 2. stammenden Schreiben, allerdings auch im Namen ihrer Mutter, der Klägerin zu 1., geschehen. Eine derartige Vertretung durch einen volljährigen Familienangehörigen ist zulässig (§ 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 SGG i.V.m. § 15 Abgabenordnung). Das Bestehen einer Vollmacht kann in diesem Fall vermutet werden (§ 73 Abs. 6 Satz 3 SGG), so dass der Senat nicht gehalten war, eine schriftliche Vollmachtsurkunde anzufordern.

Der Senat hat keine Bedenken von der Prozessfähigkeit (auch) der Klägerin zu 1. auszugehen. Zwar ist von Seite der Klägerinnen – als Grund, warum diese nicht zu einem Erörterungs- oder Verhandlungstermin erscheinen könne – wiederholt auf eine psychische Erkrankung verwiesen und geltend gemacht worden, es handele sich um eine Schizophrenie. Andererseits geben die vorliegenden medizinischen Unterlagen keinen Hinweis darauf, dass dadurch auch ihre Prozessfähigkeit entfallen wäre und – namentlich – dass sie ihrer Tochter nicht wirksam hätte Vollmacht erteilen können.

III. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Den Klägerinnen stehen die geltend gemachten Ansprüche auf (weitere) laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im streitigen Zeitraum nicht zu. 

1. Dabei ist das Sozialgericht zutreffend von der Zulässigkeit der als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4, § 56 SGG) statthaften und rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist aus § 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG erhobenen Klage ausgegangen. Namentlich ist auch die Klägerin zu 2. durch den angegriffenen Bescheid beschwert: Dieser war zwar nur an die Klägerin zu 1. adressiert; inhaltlich ist aber deutlich, dass die Beklagte auch über die Leistungen der Klägerin zu 2. entschieden hat, so dass sich die Übermittlung (nur) an die Klägerin zu 1. als Ausnutzung der Vollmachtsvermutung aus § 38 SGB II darstellt.

Einer Sachentscheidung stand weiter – auch hinsichtlich der Klägerin zu 2. – die Notwendigkeit eines abgeschlossenen Vorverfahrens (§ 78 Abs. 1 SGG) nicht entgegen. Zwar war der Widerspruchsbescheid wiederum nur an Klägerin zu 1. adressiert und nur diese wird darin als Widerspruchsführerin benannt; im Text wird sogar ausdrücklich von „die Widerspruchsführerin und ihre Tochter“ gesprochen. 

Letztlich kann offenbleiben, ob dies als bloße Ungenauigkeit im Wege der Auslegung überwunden werden könnte; sollte dies nicht der Fall sein, wäre jedenfalls die abschließende Durchführung des andernfalls hinsichtlich der Klägerin zu 2. als noch offen anzusehenden Widerspruchsverfahrens unter den gegebenen Umständen als „bloße Förmelei“ verzichtbar (vgl. zur Problematik BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 37/08 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 15, Rn. 18 f. m.w.Nw.; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 78 Rn. 8b). Der aus rechtlicher Sicht (wohl) fehlende Abschluss des Vorverfahrens hindert den Senat daher nicht an einer Entscheidung in der Sache, vielmehr lässt die besondere Gestaltung des Falles das Vorverfahren ausnahmsweise als entbehrlich erscheinen. Jedes andere Vorgehen würde hier dem Sinn und Zweck der §§ 77 ff. SGG zuwiderlaufen, der darin liegt, eine gerichtliche Austragung des Rechtsstreits auf Grund einer vorgelagerten erneuten Überprüfung des beanstandeten Bescheides durch die Verwaltungsbehörde gegebenenfalls entbehrlich zu machen. Dieser Zweck kann vorliegend nicht mehr verwirklicht werden. 

Die Beklagte, die (auch) Widerspruchsbehörde ist, hat sich eindeutig – spätestens im hiesigen Verfahren – auch zu den Ansprüchen der Klägerin zu 2. geäußert; zudem stimmt die tatsächliche und rechtliche Situation hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin zu 1. und der der Klägerin zu 2. in allen wesentlichen Gesichtspunkten überein. Eine abweichende, der Klägerin zu 2. günstige Äußerung der Beklagten in einem jetzt noch zu erteilenden Widerspruchsbescheid erscheint daher ausgeschlossen.

2. Das Sozialgericht hat der Klage weiter zu Recht den Erfolg in der Sache versagt.

Der Senat kann dabei offenlassen, ob es – wie von der Beklagten und vom Sozialgericht angenommen – im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vorliegen, auf die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen im Verhältnis der Klägerinnen zu ihrem Sohn beziehungsweise Bruder ankommt. Jedenfalls nämlich scheitert der auf § 7 ff. SGB II in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu stützende Anspruch an den unklaren wirtschaftlichen Verhältnissen des Sohnes beziehungsweise Bruders der Klägerinnen und damit – vermittelt über § 9 Abs. 5 SGB II – auch dieser selbst im streitigen Zeitraum.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind die Kosten der Unterkunft und Heizung im Regelfall anteilig pro Kopf und damit unabhängig von Alter und Nutzungsintensität der verschiedenen Bewohner aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere anderen Familienangehörigen, nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Personen Mitglieder einer auch den jeweiligen Leistungsberechtigten umfassenden Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht (st. Rspr. seit BSG, Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 1/06 R –, BSGE 97, 265). Auch auf die konkrete Ausgestaltung der zivilrechtlichen Verpflichtungen kommt es nicht an (vgl. Berlit, in: LPK-SGB II, § 22 Rn. 55 m.w.Nw.). Hintergrund für dieses auf das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 21. November 1988 – 5 C 68/85 –, BVerwGE 79, 17) zurückgehende "Kopfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt (BSG, Urteil vom 29. November 2012 – B 14 AS 36/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 63, Rn. 26). Daher müssen sich nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch leistungsberechtigte Wohnungsmieter „Kopfteile anrechnen“ lassen, wenn sie die Wohnung mit anderen teilen, und zwar auch dann, wenn im Außenverhältnis zum Vermieter nur der Leistungsberechtigte Vertragspartei ist. Umgekehrt können Leistungsberechtigte grundsätzlich Leistungen in Höhe „ihres Kopfteils“ vom Grundsicherungsträger verlangen, auch wenn sie selbst nicht Mietvertragspartei sind. 

Diese Grundsätze sprechen dafür, dass es im konkreten Fall weder auf das Bestehen eines wirksamen Untermietverhältnisses im Verhältnis der Klägerinnen zu ihrem Sohn beziehungsweise Bruder noch im Einzelnen auf die Ausgestaltung des (Haupt )Mietverhältnisses ankommt, sofern nur davon auszugehen ist, dass jedenfalls dieser im streitigen Zeitraum tatsächlich zu Mietzahlungen verpflichtet war und die Klägerinnen (mit diesem zusammen) die Wohnung tatsächlich genutzt und also auf diese Weise ihren Unterkunftsbedarf gedeckt haben. Allerdings sind auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Ausnahmen von der Verteilung der Aufwendungen nach Kopfteilen denkbar; das wäre etwa dann der Fall, wenn – gerade im Gegensatz zum Vorbringen der Klägerinnen – sie auf Grund einer bindenden Abrede mit ihrem Sohn beziehungsweise Bruder nichts zu den Aufwendungen für die Wohnung beitragen müssten (vgl. zur Abweichung vom Kopfteilprinzip auf Grund vertraglicher Abreden unter den Bewohnern BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 85/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 71). Der Senat kann offenlassen, ob die Klägerinnen angesichts der zunächst weitgehend verweigerten Angaben zum Hauptvermieter im Verwaltungs- und zumindest anfangs im Gerichtsverfahren und der unterschiedlichen Angaben im Verlauf des Verfahrens (einschließlich des diesbezüglichen Eilverfahrens) zu den erbrachten Zahlungen an den Sohn beziehungsweise Bruder beziehungsweise umgekehrt zu den bestehenden Schulden schon aus diesem Grunde keinen Erfolg haben können, was angesichts der bei den Klägerinnnen liegenden materiellen Beweislast für die geltend gemachten höheren Ansprüche jedenfalls nicht fernliegt.

Von (entscheidender) Bedeutung sind die Beziehungen der Klägerinnen zu ihrem Sohn beziehungsweise Bruder jedenfalls insofern, als die Aufbringung der vollständigen Miete durch diesen im Verhältnis zur Klägerin zu 1. als (Unterhalts-)Gewährung zu verstehen sein könnte (vgl. zur Unterhaltspflicht von Verwandten in gerader Linie: § 1601 Bürgerliches Gesetzbuch). Vor allem aber könnte in diesen tatsächlichen Umständen die auch unabhängig von einer Verpflichtung zur Unterhaltszahlung denkbare und gegebenenfalls nach § 9 Abs. 5 SGB II zu vermutende Unterstützung unter zusammenlebenden Verwandten Ausdruck gefunden haben. Diese setzt voraus, dass die Hilfebedürftigen in Haushaltsgemeinschaft mit einem Verwandten leben und die Erbringung von (Unterstützungs )Leistungen nach dessen Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. 

Am Zusammenleben der Klägerinnen mit ihrem Sohn beziehungsweise Bruder in Haushaltsgemeinschaft im streitigen Zeitraum hat der Senat keine Zweifel. Zu dessen Einkommen und Vermögen haben sich die Klägerinnen vollständig ausgeschwiegen, obwohl der Senat mit Schreiben vom 1. September 2020 (GA Bl. 253) zu entsprechendem Vortrag aufgefordert und an die Beantwortung des Schreibens nachfolgend am 1. Oktober 2020 und 2. November 2020 – dort mit Fristsetzung binnen vier Wochen nach Zugang des Schreibens – erinnert hatte. Die Klägerinnen haben daraufhin mit Schreiben vom 29. November 2020 (GA Bl. 264) zwar mitgeteilt, am Verfahren festhalten zu wollen, auf die Frage nach den wirtschaftlichen Verhältnissen ihres Sohnes und Bruders sind sie aber mit keinem Wort eingegangen. Der Senat hat daraufhin mit Schreiben des Berichterstatters vom 30. November 2020 (GA Bl. 267 f.) – unter erneuter Fristsetzung – auf die entsprechende Notwendigkeit unter ausdrücklichem Hinweis auf § 9 Abs. 5 SGB II nochmals und unter Verweis auf die Möglichkeit der Präklusion verspäteten Vorbringens nach § 106a in Verbindung mit § 153 Abs. 1 SGG hingewiesen. Darauf haben die Klägerinnen nicht reagiert. 

Die finanzielle Situation des Bruders beziehungsweise Sohnes der Klägerinnen und damit – vermittelt über die Vermutung nach § 9 Abs. 5 SGB II – deren eigene ist daher ungeklärt. Da die Klägerinnen sich hierzu trotz Aufforderung und wiederholter Erinnerung gar nicht geäußert haben (und im Übrigen auch nicht verdeutlicht haben, dass und warum ihnen Vortrag hierzu unmöglich wäre), würden sich Ermittlungen des Senats hierzu als „Ermittlungen ins Blaue hinein“ darstellen, zu denen weder Anlass noch Verpflichtung besteht. Vielmehr geht die verbleibende Unklarheit zu Lasten der Klägerinnen, nachdem sie höhere Ansprüche geltend machen und also die materielle Beweislast für deren Voraussetzungen bei ihnen liegt.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

V. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgezählten Gründe hierfür vorliegt.

Rechtskraft
Aus
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