I. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Kassel unter dem Aktenzeichen S 5 SF 28/15 E geführten Verfahrens eine Entschädigung in Höhe von 920 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Kassel unter dem Aktenzeichen S 5 SF 28/15 E geführten Erinnerungsverfahrens.
Der Kläger erhob am 16. Dezember 2013 Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Kassel. Das Verfahren endete nach Erlass des begehrten Bescheides durch Abgabe einer Erledigungserklärung am 17. Juli 2015 (Bl. 41 S 11 AY 13/13). Der Beklagte zu 1 gab am 9. Oktober 2014 ein Kostengrundanerkenntnis ab (Bl. 76 S 11 AY 13/13).
Der Prozessbevollmächtigte beantragte mit Schreiben vom 16. Oktober 2014, eingegangen am 17. Oktober 2014, die Kostenfestsetzung für das Verfahren in Höhe von 532,53 Euro. Nach Stellungnahme des Beklagten zu 1 und des Prozessbevollmächtigten im Oktober 2014 sowie einer Sachstandsanfrage des Prozessbevollmächtigten am 15. April 2015 setzte der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die von dem Beklagten zu 1 zu tragenden Kosten am 17. April 2015 auf 362,95 Euro fest (Bl. 79 - 90 S 11 AY 13/13).
Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten am 17. April 2015 zugestellt (Bl. 93 S 11 AY 13/13).
Der Prozessbevollmächtigte legte am 21. April 2015 Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung ein und begehrte eine höhere Festsetzung der Verfahrens- und Terminsgebühr.
Der Urkundsbeamte half der Erinnerung nicht ab (Bl. 1 R S 5 SF 28/15 E).
Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 5 SF 28/15 E geführt.
Nach Eingang wurde der Erinnerungsgegner mit Schreiben vom 26. Mai 2015 zur Stellungnahme aufgefordert, dieser erwiderte mit Schreiben vom 1. Juni 2015, eingegangen am 2. Juni 2015. Dieses Schreiben wurde dem Prozessbevollmächtigte am 5. Juni 2015 übersandt.
Mit gerichtlichen Schreiben vom 25. November 2015 wurde der Prozessbevollmächtigte aufgefordert zu prüfen, ob das Verfahren nach den Beschlüssen der 7. Kammer zu den maßgeblichen Fallgestaltungen nicht zurückgenommen werden könne. Am 30. November 2015 teilte der Prozessbevollmächtigte mit, dass die Erinnerung nicht zurückgenommen werde, weil der anwaltlichen Mehrarbeit in den angesprochenen Beschlüssen nicht Rechnung getragen werde. Dieses Schreiben wurde dem Erinnerungsgegner am 3. Dezember 2015 zur Kenntnis übersandt (Bl. 6 ff S 5 SF 28/15 E).
Mit Schreiben vom 5. Juni 2016, eingegangen am 6. Juni 2016, bat der Prozessbevollmächtigte um Sachstandsmitteilung und erhob Verzögerungsrüge. Daraufhin teilte das Gericht mit, dass deutlich ältere Hauptsachverfahren und immer wieder Eilverfahren zur Entscheidung ausstehen.
Mit Schreiben vom 13. April 2018, eingegangen am nächsten Tag, erinnerte der Prozessbevollmächtigte an die Erinnerung und stellte die Erhebung einer Entschädigungsklage in Aussicht, woraufhin das Gericht am 17. April 2018 mitteilte, dass die Entscheidung aller Kostensachen für dieses Jahr geplant sei, und bat wegen zahlreicher Hauptsachen und immer wieder ER-Sachen um Verständnis (Bl. 13 - 18 S 5 SF 28/15 E).
Der Kläger hat am 7. November 2018 Entschädigungsklage beim LSG eingereicht, die Klageschrift wurde dem Beklagten am 29. November 2018 zugestellt (Bl. 10 GA).
Der Beklagte hat in der Klageerwiderung anerkannt, dass das Ausgangsverfahren S 5 SF 28/15 E vor dem Sozialgericht unangemessen lange dauerte (Bl. 23 GA).
Das Sozialgericht Kassel hat mit Beschluss vom 8. April 2020 über die Erinnerung zurückgewiesen (Bl. 37 ff GA).
Der Kläger ist der Ansicht, es sei nach § 198 Abs. 1 GVG eine Entschädigung bei einer unangemessenen Dauer von Gerichtsverfahren zu leisten. Mit Blick auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2013 zu dem Az.: 5 C 23.12 D und den auch vorliegend allenfalls durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad des Verfahrens dürfte hier nach deutlich mehr als 12 Monaten Untätigkeit des Gerichts der Anspruch des Klägers auf die geltend gemachte Entschädigung bestehen.
Soweit der Beklagte auf das Urteil des Hessischen LSGs vom 1. August 2018 zu dem Az.: L 6 SF 2/18 EK SB verweise, werde nicht beachtet, dass im hier vorliegenden Ausgangsverfahren nicht um die Festsetzung geringfügiger Aufwendungen für Kopien gestritten werde. Streitig seien dort in der Sache selbst Gebühren in einer Höhe von 169,58 Euro gewesen.
Es habe auch mit Blick auf Art 19 Abs. 4 GG erhebliche Bedeutung für den Kläger, ob er aufgrund ggf. erheblicher und ggf. rechtswidriger Kürzungen bei Gebührenfestsetzungen keine(n) Bevollmächtigte(n) mehr finde, die/der bereit sei, ihn im Existenzsicherungsrecht zu vertreten.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihm wegen unangemessener Dauer des Gerichtsverfahrens S 5 SF 28/15 E vor dem Sozialgericht Kassel eine Entschädigung von monatlich 20,00 Euro für 46 Monate in Höhe von 920 Euro zzgl. Zinsen beginnend ab dem 5. Juni 2016 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Entschädigungsklage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, ein Entschädigungsanspruch bestehe nicht. Zwar werde anerkannt, dass das Erinnerungsverfahren unangemessen gedauert habe, doch die Dauer des Verfahrens führe nicht dazu, dass eine Entschädigung in Geld beansprucht werden könne. Vielmehr entspreche es der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass bei Überlänge eines Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahrens im Regelfall keine Entschädigung in Geld in Betracht käme. Es würden auch keine Gründe aufgezeigt, warum von diesem Grundsatz abgewichen werden sollte. Da von vornherein keine Entschädigungspflicht in Geld bestehe, könne der Kläger dies nicht durch die Geltendmachung eines geringeren monatlichen Entschädigungsbetrages kompensieren. Dies decke sich nicht mit den geltenden Vorschriften und würde die höchstrichterliche Rechtsprechung in ihr Gegenteil verkehren. Der Beklagte verweist hierzu auf die Entscheidungen des BSG, Urteil vom 10. Juli 2014 - B 10 Ü G 8/13 R - und des hiesigen Senats (Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB – juris).
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt (Bl. 69, 73 GA).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Gerichtsakten (S 11 AY 13/13, S 5 SF 28/15 E), die Gegenstand der Beratung waren.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte den vorliegenden Rechtsstreit gemäß § 201 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in Verbindung mit § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu nach § 124 Abs. 2 SGG erteilt haben.
Das LSG ist für die erhobene Klage zuständig (§ 51 Abs. 1 Nr. 10, § 202 Satz 2 SGG i.V.m. den §§ 198 ff. GVG), da es sich bei dem Ausgangsverfahren um ein Verfahren aus dem Bereich der Sozialgerichtsbarkeit handelt.
A. Die auf § 198 GVG gestützte Entschädigungsklage ist zulässig.
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 5 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - juris; BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 12/13 R - juris; BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R - juris) und - nach Abschluss des Ausgangsverfahrens - auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden.
Die Einlegungsfrist des § 198 Abs. 5 S. 2 GVG, wonach die Klage spätestens sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet hat, erhoben werden muss, hat der Kläger eingehalten, wobei der Beschluss vom 8. April 2020, mit welchem über die Erinnerung des Klägers im Kostenfestsetzungsverfahren entschieden wurde, als verfahrensbeendigender Beschluss zu verstehen ist.
Die Wartefrist des § 198 Abs. 5 S. 1 GVG, wonach eine Entschädigungsklage frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden kann, wurde ebenfalls eingehalten. Bei Erhebung der Entschädigungsklage am 7. November 2018 war die Sechsmonatsfrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG bezogen auf die am 5. Juni 2016 angebrachte Verzögerungsrüge bereits abgelaufen und die Klage damit nicht verfrüht erhoben.
B. Die sich unter Berücksichtigung des § 200 Satz 1 GVG zu Recht gegen das hier passivlegitimierte Land Hessen richtende Entschädigungsklage ist auch begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen des erlittenen immateriellen Nachteils.
Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird derjenige angemessen entschädigt, der infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet.
1. Der Kläger begehrt die Entschädigung für Verzögerungen im Erinnerungsverfahren bezüglich der nach Erledigung der Hauptsache noch zu treffenden Kostenfestsetzung.
Das Begehren des rechtskundig vertretenen Klägers wird im Lichte des aus § 123 SGG folgenden „ne ultra petita“ Grundsatzes dahingehend vom Senat ausgelegt, dass er die Entschädigung für die unangemessene Dauer des Verfahrens in Höhe von 20,00 Euro monatlich ab Erhebung der Verzögerungsrüge begehrt.
Bei dem Erinnerungsverfahren handelt es sich - wie der Senat bereits entschieden hat - um ein Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG (Hessisches LSG, Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB –, Rn. 21, juris mit Verweis auf: BSG, Urteil vom 10. Juli 2014 - B 10 ÜG 8/13 R - juris; Röhl in Schlegel/Voelzke, JurisPK- SGG Kommentar, 1. Auflage 2017, Stand Mai 2018 Rn. 21) und nicht bloß einen unselbstständigen Annex zum vorangegangenen, abgeschlossenen Hauptsacheverfahren.
2. Der Kläger hat die Dauer des Verfahrens durch Erhebung der Verzögerungsrüge am 14. April 2018 gerügt. Damit ist den Voraussetzungen von § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG genügt. Denn eine Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter gemäß § 198 Abs. 3 GVG nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2013 - B 10 ÜG 9/13 B - juris).
Die Verzögerungsrüge kann jedoch erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird (§ 198 Abs. 3 S. 2 Halbs. 1 GVG). Das Verfahren war zum Zeitpunkt der Verzögerungsrüge bereits 18 Monate anhängig. Da seit Anfang Dezember 2015 keine gerichtlichen Aktivitäten erkennbar waren, bestand Anlass von einer unangemessenen Bearbeitungszeit auszugehen. Die formgerecht und wirksam erhobene Verzögerungsrüge erfasst damit auch den zuvor verstrichenen Zeitraum des Ausgangsverfahrens und bezieht diesen in die Prüfung der Angemessenheit mit ein. Dies gilt auch dann, wenn die Verzögerungsrüge schon früher hätte erhoben werden können (vgl. Urteil des BSG vom 7. September 2017 B 10 ÜG 3/16 R -, juris Rn. 20; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12. Februar 2020 – L 12 SF 39/17 EK AS –, Rn. 38, juris).
3. Der die Zeit von der Erhebung der Erinnerung bis zum Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens umfassende Zeitraum stellt auch eine unangemessene Verfahrensdauer dar, was von Seiten des Beklagten anerkannt wird.
Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die Feststellung der in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste im Geltungsbereich des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) relevante Zeiteinheit ist hierbei der Monat (Hessisches LSG, Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB –, Rn. 29, juris).
a) Das Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht Kassel begann mit dem Festsetzungsgesuch des Klägers am 17. Oktober 2014 und endete durch gerichtlichen Beschluss am 8. April 2020. Es erreichte damit eine Gesamtdauer von 65 Monaten.
b) Das Verfahren dauerte unangemessen lang.
Für die Entscheidung, ob eine überlange Verfahrensdauer vorliegt, sind aktive und inaktive Zeiten der Bearbeitung gegenüberzustellen. Dabei sind dem Ausgangsgericht gewisse Vorbereitungs- und Bedenkzeiten, die regelmäßig je Instanz zwölf Monate betragen, als angemessen zuzugestehen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte als begründet und gerechtfertigt angesehen werden können (Hessisches LSG, Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB –, Rn. 47, juris; so auch: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Mai 2020 – L 37 SF 149/19 EK AS –, Rn. 25, juris).
Von den 65 Monaten der Verfahrenslaufzeit am Sozialgericht sind die Zeiten der aktiven Verfahrensförderung durch das Gericht in Abzug zu bringen; des Weiteren ist sie um die allgemein akzeptierte Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten zu bereinigen.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte am 17. Oktober 2014 die Kostenfestsetzung beantragt hatte und der Beklagte im Oktober 2014 eine Stellungnahme abgegeben hatte, wurden die Kosten nach einer Sachstandsanfrage des Prozessbevollmächtigten durch den Urkundsbeamten am 17. April 2015 festgesetzt, woraufhin der Prozessbevollmächtigte am 21. April 2015 Erinnerung einlegte. Bis zur Kostenfestsetzung ist eine aktive Verfahrensförderung durch das Gericht von einem Monat festzustellen.
Nach Erhebung der Erinnerung ergibt sich aus der Akte ein Schriftwechsel der Beteiligten vom 26. Mai 2015 bis 6. Juni 2015 und vom 25. November 2015 bis 3. Dezember 2015, so dass eine weitere aktive Verfahrensförderung durch das Gericht von zwei Monaten festzustellen ist.
Die aktive Verfahrensförderung beläuft sich insgesamt auf 3 Monate.
Von den 65 Monaten Verfahrensdauer ist dieser dreimonatige Zeitraum abzuziehen, so dass ein Zeitraum von 62 Monaten verbleibt. Dieser Zeitraum ist des Weiteren noch um die allgemein akzeptierte Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten zu bereinigen.
Anlass, die Zeitspanne von 12 Monaten zu reduzieren, besteht vorliegend nicht, zumal das Verfahren aufgrund der Erinnerung des Klägers in zwei Verfahrensschritte mit unterschiedlichen Entscheidungsträgern unterteilt war. Für eine generelle Reduzierung dieser allgemeinen Vorbereitungs- und Bedenkzeit besteht auch im Hinblick auf die vielfach einfach gelagerten Rechtsfragen der Kostenfestsetzung kein Bedürfnis. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht ein Spielraum zuzubilligen, der es ihm ermöglicht, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015, III ZR 141/14 - juris). Es gibt keinen Grund, diesen Gestaltungsspielraum bei einfach gelagerten Fällen - wie sie Erinnerungsverfahren häufig sind - zu verengen und das Gericht für verpflichtet zu erachten, solche Fälle gegenüber rechtlich schwierigeren oder tatsächlich ermittlungs- und damit zeitintensiven Verfahren vorzuziehen. In Erinnerungsverfahren, welche keine besondere Bedeutung haben, gilt dies erst recht, wenn – wie hier – keine ihre vordringliche Bearbeitung gebietenden Umstände (objektiv) vorlagen; solche wurden vom Kläger auch nicht in verifizierbarer Art und Weise (subjektiv) geltend gemacht (Sächsisches LSG, Urteil vom 22. Januar 2018 – L 11 SF 45/16 EK –, Rn. 67, juris; Hessisches LSG, Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB –, Rn. 47, juris).
Insgesamt ist es damit in 50 Kalendermonaten zu gerichtlicher Inaktivität gekommen.
In einem nächsten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien zu messen (Hessisches LSG, Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB –, Rn. 31, juris). Bei der Feststellung der Tatsachen, die zur Ausfüllung der von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten unbestimmten Rechtsbegriffe erforderlich sind, kommt dem Entschädigungsgericht ein erheblicher tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zu (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil vom 3. September 2014, B 10 ÜG 2/13 R – juris; Hessisches LSG, Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB –, Rn. 31, juris).
Ob ein Verfahren als unangemessen lang zu bewerten ist, richtet sich demnach nicht nach starren Fristen, sondern nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (Hessisches LSG, Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB –, Rn. 32 ff, juris). Weiter hat der Senat ausgeführt:
„Eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, ist nicht möglich (am Maßstab von Art. 19 Abs. 4 GG: BVerfG, Beschluss vom 30. August 2016 - 2 BvC 26/14 - Vz 1/16; BVerfG, Beschluss vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11), zumal Zügigkeit oder Verfahrensbeschleunigung keine absoluten Werte sind, sondern stets im Zusammenhang mit den übrigen Verfahrensgrundsätzen, insbesondere dem Amtsermittlungsgrundsatz und dem damit korrespondierenden Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer gründlichen und zutreffenden Bearbeitung durch das Gericht zu sehen sind. § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ist nach Entstehungsgeschichte und Zielsetzung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie des EGMR zu Art. 6, 13 EMRK auszulegen (BGH, Urteil vom 14. November 2013 - III ZR 376/12 - juris Rn. 29; Schenke, NVwZ 2012, 257, 258). § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benennt insoweit nur beispielhaft und ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind.
Während die rechtliche wie tatsächliche Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falls sowie die Bedeutung des Rechtsstreits Faktoren für eine notwendige Dauer angemessener Sachbehandlung und Verfahrensförderung sind, ist insbesondere das Verhalten des Entschädigungsklägers für die Frage relevant, welche Dauer der Kläger aufgrund eigenen Verhaltens als noch angemessen hinzunehmen hat. Auf der anderen Seite kann sich der Staat nicht auf solche Umstände berufen, die in seinem Verantwortungsbereich liegen (st. Rspr. des BVerfG, aus jüngerer Zeit z.B. Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Dezember 2010 - 1 BvR 404/10 - juris). Überlastungstypische Verfahrensweisen können ebenso wenig gegen eine Unangemessenheit angeführt werden wie die durchschnittliche Verfahrensdauer einer überlasteten Gerichtsbarkeit (vgl. zur Sozialgerichtsbarkeit, BVerfG, vom 14. Dezember 2010 - 1 BvR 404/10 - juris.). Die Beurteilung der Angemessenheit erfolgt daher im Rahmen einer Zurechnung, ob eine Verzögerung überwiegend auf das Verhalten der Beteiligten oder auf eine Untätigkeit des Gerichts zurückzuführen ist (Magnus, ZZP 125 (2012), 75, 81 m.w.N.). Ungeachtet dessen haben die Gerichte aber auch die Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen und sich mit zunehmender Dauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen (BVerfG, vom 14. Dezember 2010 - 1 BvR 404/10 - a.a.O.). Insoweit beeinflusst die absolute Verfahrensdauer die Würdigung der Verfahrensförderung in einzelnen Abschnitten des Gerichtsverfahrens: Einerseits kann bei ungewöhnlich langen Laufzeiten im Einzelfall eine Vermutung für die Unangemessenheit ohne weitere Würdigung des Verhaltens der Beteiligten oder der Verfahrensförderung durch das Gericht sprechen (EGMR, Urteil vom 5. Oktober 2006 - 66491/01); andererseits kann eine (relative) Verzögerung in einem bestimmten Verfahrensstadium vertretbar sein, wenn die Gesamtverfahrensdauer nicht als unangemessen erachtet werden kann (EGMR, Urteil vom 2. Juni 2009 - 36853/05 Rn. 45 m.w.N.).
Beurteilungsmaßstab für die Verfahrensdauer ist mit Blick auf die - auf den Zeitraum von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens abstellende - Legaldefinition in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG das gesamte Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss“ (Hessisches LSG, Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB –, Rn. 32 ff, juris).
Nach diesen Maßstäben sind die Schwierigkeit als durchschnittlich und die Bedeutung des Ausgangsverfahrens für den Kläger als unterdurchschnittlich anzusehen.
Wie der Senat in der Entscheidung vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB – dargelegt hat, ergibt sich die für die Beurteilung der Verfahrensdauer relevante Bedeutung des Verfahrens aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Entscheidend ist deshalb auch, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf die Verfahrensposition des Klägers und das geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 – juris, Rn. 29).
aa) Die Bedeutung des Rechtsstreits war aus Sicht eines objektiven Beobachters in Kenntnis der Lebenssituation des Klägers unterdurchschnittlich. Bei dem Ausgangsverfahren handelte es sich um ein Kostenfestsetzungsverfahren mit dem Ziel, die außergerichtlichen Kosten des Klägers feststellen zu lassen.
Grundsätzlich bemisst sich die Bedeutung eines Verfahrens aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten (Röhl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 198 GVG (Stand: 10.12.2020), Rn. 31).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren nach Erledigung des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens für dessen Beteiligte im Hinblick auf eine mögliche Verursachung immaterieller Nachteile im Allgemeinen von untergeordneter Bedeutung (vgl., BSG, Urteil vom 10. Juli 2014 - B 10 ÜG 8/13 R - juris; Bayerisches LSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 - L 8 SF 128/12 EK - juris). Zur Begründung wird angeführt, dass im Mittelpunkt finanzielle Interessen des Prozessbevollmächtigten stehen dürften (BSG, Urteil vom 10. Juli 2014 – B 10 ÜG 8/13 R , Rn. 31).
Im hiesigen Fall stehen nicht allein finanzielle Interessen des Prozessbevollmächtigten, sondern auch solche des Klägers im Streit, da die Festsetzung seines Kostenerstattungsanspruchs in Streit stand, ohne dass der Kläger Prozesskostenhilfe erhielt.
Bei den geltend gemachten Gebühren in Höhe von insgesamt 532,53 Euro handelt es sich um einen erheblichen Geldbetrag. Das Kostenfestsetzungsverfahren war daher nicht von gänzlich untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung, da nicht die Festsetzung von Bagatellbeträgen in Streit stand. Dennoch ist das Verfahren von untergeordneter Bedeutung, da mit diesem Nebenfragen des Verfahrens zu klären waren, keine originären Sozialleistungsansprüche im Streit standen und nicht ersichtlich ist, dass sein Bevollmächtigter von dem Kläger letztlich höhere Beträge hätte einfordern können und wollen als gegenüber den Beklagten des Ausgangsverfahrens festgesetzt.
bb) Hinsichtlich der Gebührenfestsetzung ist von einem durchschnittlich schwierigen Verfahren auszugehen. Die Schwierigkeit des Verfahrens ist durch einen Vergleich mit durchschnittlich vorkommenden Fällen dieser Art zu ermitteln (Röhl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 198 GVG (Stand: 10.12.2020), Rn. 42). Streitig war in dem Erinnerungsverfahren die Festsetzung der Verfahrens- und Terminsgebühr. Im Erinnerungsverfahrens waren somit in ihrer Schwierigkeit durchschnittliche Rechtsfragen zu entscheiden.
cc) Bei der Bewertung des Anspruches ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger die Verzögerung des Rechtsstreits nicht verursacht hat. Dem Verhalten des Entschädigungsklägers im Ausgangsverfahren kommt unter dem Gesichtspunkt der Mitverursachung einer Verzögerung nach dem Rechtsgedanken des § 254 BGB wesentliches Gewicht zu (Röhl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 198 GVG (Stand: 10.12.2020), Rn. 45). Da im Verfahren lediglich die Erinnerung erhoben wurde und zur Erwiderung Stellung genommen wurde, ist weder ein verfahrensverzögerndes Verhalten des Klägers ersichtlich noch wird durch die Einreichung dieser Schriftsätze eine besondere Überlegungs- und Bearbeitungszeit beim Gericht ausgelöst (vgl. hierzu: Röhl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 198 GVG (Stand: 10.12.2020), Rn. 47).
dd) Neben diesen Faktoren ist - wie der Senat bereits entschieden hat - in die Betrachtung auch mit einzustellen, dass aus dem Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit kein Recht auf sofortige Befassung des Gerichts mit jedem Rechtsschutzbegehren und dessen unverzügliche Erledigung folgt (Hessisches LSG, Urteil vom 1. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB –, Rn. 41, juris).
„Bereits aus nachvollziehbaren Gründen der öffentlichen Personalwirtschaft ist es gerichtsorganisatorisch mitunter unvermeidbar, Richtern oder Spruchkörpern einen relativ großen Bestand an Verfahren zuzuweisen. Eine gleichzeitige inhaltlich tiefgehende Bearbeitung sämtlicher Verfahren, die bei einem Gericht anhängig oder einem Spruchkörper bzw. Richter zugewiesen sind, ist insoweit schon aus tatsächlichen Gründen nicht möglich und wird auch von Art. 20 Abs. 3 GG bzw. Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK nicht verlangt (BFH, Zwischenurteil vom 7. November 2013 – X K 13/12). Je nach Bedeutung und Zeitabhängigkeit des Rechtsschutzziels und abhängig von der Schwierigkeit des Rechtsstreits sowie vom Verhalten des Rechtschutzsuchenden sind ihm gewisse Wartezeiten zuzumuten. Grundsätzlich muss dabei jedem Gericht eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 13. März 2014 - III ZR 91/13 Rn. 34). Ebenso sind Gerichte - unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes - berechtigt, einzelne (ältere und jüngere) Verfahren aus Gründen eines sachlichen, rechtlichen, persönlichen oder organisatorischen Zusammenhangs zu bestimmten Gruppen zusammenzufassen oder die Entscheidung einer bestimmten Sach- oder Rechtsfrage als dringlicher anzusehen als die Entscheidung anderer Fragen, auch wenn eine solche zeitliche "Bevorzugung" einzelner Verfahren jeweils zu einer längeren Dauer anderer Verfahren führt.
Es ist zu diesem Zweck aufgrund der besonderen Natur sozialgerichtlicher Verfahren in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 12/13 R) derzeit von folgenden Grundsätzen auszugehen: Die persönliche und sachliche Ausstattung der Sozialgerichte muss einerseits so beschaffen sowie die gerichtsinterne Organisation der Geschäfte (Geschäftsverteilung, Gestaltung von Dezernatswechseln etc.) so geregelt sein, dass ein Richter oder Spruchkörper die inhaltliche Bearbeitung und Auseinandersetzung mit der Sache wegen anderweitig anhängiger ggf. älterer oder vorrangiger Verfahren im Regelfall nicht länger als zwölf Monate zurückzustellen braucht.
Schließlich kommt es - auch wenn dies in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG als Kriterium zur Bestimmung der Angemessenheit nicht ausdrücklich erwähnt wird - für eine Verletzung des Art. 6 EMRK durch den Beklagten wesentlich darauf an, ob ihm zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind dabei allein Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 12/13 R -, veröffentlicht in Juris; Hessisches LSG, Urteil vom 01. August 2018 – L 6 SF 2/18 EK SB –, Rn. 41 ff, juris).
Auf dieser Grundlage ergibt die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände, dass die Verfahrensdauer unangemessen lang war, insbesondere, weil eine gerichtliche Inaktivität von 50 Monaten bestand. Der Unangemessenheit steht auch nicht der in diesem Zeitraum erfolgte Umzug des Gerichts entgegen, da es sich um ein vergleichsweise kurzfristiges Ereignis handelt. Der Sitzungsbetrieb und die Befassung mit Eilverfahren zählen zu den Kerndezernatsaufgaben von Richterinnen und Richtern und können zwar gegebenenfalls erklären, warum ein Spruchkörper die Kostensachen im konkreten Fall zurückstellt; im Entschädigungsklageverfahren kann jedoch die Überlastung einer einzelnen Kammer oder auch eines Gerichts nicht entlastend berücksichtigt werden.
3. Dem Kläger steht ein Entschädigungsanspruch in Geld zu. Nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer allerdings nicht ausreichend für die erforderliche Wiedergutmachung.
Gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Dies beruht auf der Rechtsprechung des EGMR, der "eine starke, aber widerlegbare Vermutung" dafür annimmt, dass die überlange Verfahrensdauer einen Nichtvermögensschaden verursacht hat (Urteil vom 29. März 2006 - 36813/97 - juris).
a) Die gesetzliche Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG ist nicht widerlegt.
Im Fall der Überlänge ordnet § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Erleiden eines solchen Nichtvermögensnachteils an, dass eine Geldentschädigung nur beansprucht werden [kann], soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist.
Die Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer durch das Entschädigungsgericht ist im Gesetz ausdrücklich als eine der Möglichkeiten bezeichnet, Wiedergutmachung auf andere Weise als durch Zuerkennung eines Geldanspruchs zu leisten (§ 198 Abs. 4 Satz 1 GVG). Die Entschädigung für immaterielle Nachteile soll gleichzeitig pauschal eine mögliche Verschlechterung der Verfahrensposition des Entschädigungsklägers durch das überlange Ausgangsverfahren abgelten (Röhl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 198 GVG (Stand: 10.12.2020), Rn. 114).
Eine Wiedergutmachung des Nichtvermögensschadens auf andere Weise nach § 198 Abs. 4 GVG ist hier nicht ausreichend. Nach § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG kann das Entschädigungsgericht die bloße Feststellung der Überlänge des Ausgangsverfahrens aussprechen, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 GVG nicht erfüllt sind; davon umfasst sind vor allem die Fälle, in denen eine Entschädigung nicht beansprucht werden kann, weil die Verzögerungsrüge zu früh oder gar nicht erhoben wurde (BT-Drucks. 17/3802, S. 22). Sind dagegen alle Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch erfüllt, kommt eine Kompensation des Nichtvermögensschadens durch die bloße Feststellung der Überlänge ausnahmsweise dann in Betracht, wenn das Ausgangsverfahren für den Entschädigungskläger keine besondere Bedeutung hatte oder dieser durch sein Verhalten erheblich zur Verlängerung des Verfahrens beigetragen hat (BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 B 10 ÜG 11/13 R - juris; Urteil vom 21. Februar 2013 – B 10 ÜG 1/12 KL - juris).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Zwar hat das Verfahren nur untergeordnete Bedeutung für den Kläger, so dass bei einer begrenzten Überschreitung der angemessenen Dauer möglicherweise auch eine entsprechende Feststellung zum Ausgleich des immateriellen Nachteils ausgereicht hätte. Hier ist jedoch weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger durch sein Verhalten nicht zur Verlängerung des Verfahrens beigetragen hat, das Kostenfestsetzungsverfahren in seiner Dauer das Hauptsacheverfahren deutlich übertraf und die Überlänge des Verfahrens auf strukturelle gerichtliche Defizite zurückzuführen ist.
Der Senat hat Anlass zur Annahme, dass die Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Rechtsschutz in angemessener Zeit auf einer strukturellen Überlastung des Sozialgerichts beruhte und sich darin eine generelle Vernachlässigung des Anspruchs aus Art 6 EMRK, Art 19 Abs. 4 GG ausdrückt (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 7/14 R –, SozR 4-1720 § 198 Nr. 10, Rn. 45). Für eine solche strukturelle Überlastung spricht vor allem das gerichtliche Schreiben vom 17. April 2018, in welchem auf die zahlreichen anhängigen Verfahren einschließlich Eilverfahren verwiesen wird, also Gesichtspunkte, die, wenn sie zu einer mehrjährigen Überlänge von Nebenverfahren führen, auf eine allgemein unzureichende Personalausstattung oder Organisation hinweisen.
Der aus einer solchen strukturellen und deshalb generellen Vernachlässigung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit resultierende individuelle Grundrechtsverstoß wiegt besonders schwer (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014 B 10 ÜG 2/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 3 RdNr 34 m.w.N.; BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 7/14 R –, SozR 4-1720 § 198 Nr. 10, Rn. 44 - 45).
Alle diese Gründe sprechen maßgeblich dagegen, eine bloße Feststellung der Überlänge ausreichen zu lassen, um das jahrelange Warten des Klägers auf eine endgültige Entscheidung über seine kostenrechtlichen Ansprüche und die damit verbundenen Enttäuschungen wenigstens teilweise wiedergutzumachen.
b) Nach Auffassung des Senates erscheint vorliegend die Annahme eines zu entschädigenden Nachteils in einem geringen Ausmaß als gerechtfertigt.
Gemäß § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG beträgt der Richtwert einer Entschädigung regelmäßig 100,00 Euro monatlich. Gemäß § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG kann das Gericht jedoch einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen, wenn der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig ist.
Der Senat macht von dem in § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG eingeräumten Ermessen Gebrauch und setzt den monatlichen Betrag auf 20,00 Euro fest.
Gegen eine Entschädigung in Höhe des Richtwertes von 100,00 Euro monatlich spricht die Bindungswirkung des klägerischen Antrages. Der rechtskundig vertretene Kläger hat sein Begehren auf die Entschädigung in Höhe von 20,00 Euro monatlich ab Erhebung der Verzögerungsrüge bis zum Abschluss des Verfahrens begrenzt. Aufgrund des aus § 123 SGG folgenden Verfahrensgrundsatzes „ne ultra petita“ darf das Gericht daher nicht mehr zusprechen als gewollt ist (Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 123 Rn. 4).
Gegen eine Entschädigung in Höhe von 100,00 Euro monatlich spricht neben der Antragstellung des Klägers, dass im Ausgangsverfahrens die Festsetzung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 532,53 Euro begehrt worden. Eine Entschädigung in Höhe von 100,00 Euro monatlich ergäbe bei 50 Monaten einen Betrag von 5.000,00 Euro. Dieser würde den Streitwert des Ausgangsverfahrens um ein Vielfaches übersteigen. Daher erscheint es dem Senat vom Ergebnis her unbillig, eine ungekürzte Entschädigungspauschale von 100,00 Euro monatlich zu bejahen.
Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles erscheint dem Senat ein Entschädigungsbetrag von 20,00 Euro pro Monat der Verzögerung als angemessen, womit dem Kläger aufgrund der Begrenzungswirkung seines Antrages nach § 123 SGG eine Entschädigung von 920,00 Euro für 46 Monate zuzusprechen ist. Diesen Entschädigungsbetrag hält der Senat als ausreichend und angemessen, um der Bedeutung des Kostenfestsetzungsverfahren für den Kläger hinreichend Rechnung zu tragen.
Der Senat hält in diesem spezifischen Einzelfall aufgrund der Dauer des Verfahrens die beantragte Entschädigung für angemessen. Hierbei wurde berücksichtigt, dass das klägerische Verhalten keine Ursache für die Verfahrensdauer setzte.
Die Festsetzung erfolgt in Kenntnis der Entscheidungen LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 8. Juni 2016 (L 12 SF 9/14 EK AS) und vom 12. Februar 2020 (L 12 SF 39/17 EK AS). Anders als in den dort entschiedenen Sachverhalten wurden im Ausgangsverfahren nicht nur Bagatellbeträge verfolgt noch stehen im hiesigen Verfahren allein Interessen des Prozessbevollmächtigten in Streit: Immerhin war der Kläger seinem Prozessbevollmächtigten gegenüber durch den Anwaltsvertrag verpflichtet; zudem gewinnt ab einer gewissen Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens auch sein Interesse daran Gewicht, dass sein Bevollmächtigter möglicherweise auch in Zukunft wieder bereit ist, entsprechende Mandate zu übernehmen. Aus diesen Gründen hält der Senat eine Entschädigung von 20 Euro monatlich für angemessen.
4. Der vom Kläger geltend gemachte Verzinsungsanspruch besteht als Anspruch auf Prozesszinsen Höhe von 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 94 Satz 2 SGG ab Rechtshängigkeit (BSG, Urteil vom 03. September 2014 – B 10 ÜG 2/14 R –, SozR 4-1720 § 198 Nr. 5, Rn. 54; BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 – B 10 ÜG 7/14 R –, SozR 4-1720 § 198 Nr. 10, Rn. 48) und nicht ab Erhebung der Verzögerungsrüge. Der Zinsanspruch folgt aus entsprechender Anwendung des § 288 Abs. 1, § 291 Satz 1 BGB. Ein darüber hinausgehender Zinsanspruch besteht nicht, insoweit war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).