Der Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII a.F. führt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zum Ausschluss auch von Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII gegen den Sozialhilfeträger.
Die einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung begründende Aufenthaltsverfestigung tritt nicht erst nach Ablauf von sechs Monaten ein.
Der bloße Nichtablauf der Sechsmonatsfrist begründet keinen Anspruchsausschluss.
I. Auf die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14. August 2018 wird der Beigeladene verurteilt, über die Ansprüche der Kläger auf Leistungen nach dem SGB XII unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in Ausübung seines Ermessens zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die in zweiter Instanz erhobene Klage wird abgewiesen.
II. Der Beigeladene trägt 1/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger aus beiden Instanzen. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) oder dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2015.
Die Kläger sind bulgarische Staatsangehörige. Die Klägerin zu 1.) und ihr 2011 geborener Sohn, der Kläger zu 3.), hatten seit 2012 in Großbritannien gelebt. Sie kamen am 6. August 2015 nach Deutschland und meldeten sich bei der Stadt Erbach an. Der Kläger zu 2.) kam am 6. September 2015 aus Bulgarien zu seiner Familie nach Deutschland nach und meldete sich gleichfalls bei der Stadt Erbach an. Die Familie wohnte zunächst bei den im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Eltern der Klägerin zu 1.) in einer 1,5-Zimmerwohnung.
Die Kläger beantragten am 21. Oktober 2015 beim Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ihren Angaben zufolge wurden sie von der Mutter der Klägerin zu 1.) mit Lebensmitteln versorgt. Als Grund für ihr Freizügigkeitsrecht und als Grund des Aufenthalts in Deutschland wurde von den Klägern zu 1.) und zu 2.) in den Antragsunterlagen jeweils „Arbeit“ angegeben.
Mit Bescheid vom 13. November 2015 lehnte der Beklagte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab, da sich das Aufenthaltsrecht der Kläger allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe und sie gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen seien.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger anwaltlich vertreten am 19. November 2015 Widerspruch ein und begehrten eine Vorschusszahlung.
Der Kläger zu 2.) legte dem Beklagten zu einem nicht festgehaltenen Zeitpunkt einen undatierten Arbeitsvertrag mit der Firma E. Dienstleistungen vor. Danach sollte er ab dem 1. November 2015 als Reinigungskraft eingestellt werden. Die Arbeitszeit sollte mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, als Stundenlohn waren 9,55 Euro (brutto) vorgesehen. In einer dem Beklagten am 15. Dezember 2015 übersandten, undatierten Bescheinigung erklärte der Inhaber der Firma E. Dienstleistungen, dass der Kläger zu 2.) wegen nur weniger Aufträge im November nicht habe eingesetzt werden können. Im Dezember habe er bereits 20 Stunden zu einem Stundenlohn von 9,55 Euro gearbeitet. Am 25. Januar 2016 ging bei dem Beklagten ein Schreiben der E. Dienstleistungen gerichtet an die Prozessbevollmächtigte der Kläger ein, dass die Bescheinigung über Stunden im Dezember aufgehoben werde. Dem Kläger zu 2.) sei zum 30. November 2015 gekündigt worden. Der Kläger zu 2.) hatte zu keinem Zeitpunkt die Arbeit aufgenommen und es wurde ihm auch kein Lohn gezahlt.
Am 8. Januar 2016 legte der Kläger zu 2.) einen am 28. Dezember 2015 unterzeichneten Arbeitsvertrag mit der Firma F. in F-Stadt vor. Danach sollte er ab 1. Januar 2016 als Produktionshelfer eingestellt werden. Die Arbeitszeit sollte sich nach der betrieblichen Einteilung richten, die monatliche Bruttovergütung sollte 455 Euro betragen. Nach Vorlage einer Arbeitsbescheinigung, eines Kontoauszugs mit Zahlungseingang des Januargehalts am 3. Februar 2016 in Höhe von 360,47 Euro und einer Lohnbescheinigung (Eintrittsdatum 1. Januar 2016) bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 3. Februar 2016 ergänzend Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2016. Die Leistungsgewährung durch den Beklagten erfolgte bis Februar 2018, zum 1. Februar 2018 verzogen die Kläger nach A-Stadt.
Den gegen den Ablehnungsbescheid vom 13. November 2015 eingelegten Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2016 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, aus § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II ergebe sich ein Leistungsausschluss für die ersten drei Monate des Aufenthalts. Darüber hinaus seien Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, und ihre Familienangehörigen ebenfalls ausdrücklich vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Die Kläger hätten mehrfach angegeben, dass sie sich zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhielten. Nach Aktenlage sei dies auch die einzig schlüssige Begründung, um den Aufenthalt der Kläger in Deutschland im Rahmen des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügigG/EU) für die Zeit vor dem 1. Januar 2016 zu rechtfertigen. Für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2015 ergebe sich ein Aufenthaltsrecht allein aus § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügigG/EU. Auch aus dem vorgelegten Arbeitsvertrag mit der Firma E. Dienstleistungen ergebe sich nichts anderes, denn daraus seien keine Einkünfte erzielt worden, auch habe der Kläger zu 2.) keine Arbeitsleistung erbracht. Erst zum 1. Januar 2016 habe der Kläger zu 2.) eine Beschäftigung bei der Firma F. aufgenommen. Ab diesem Zeitpunkt ergebe sich ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügigG/EU. Wegen der geänderten Verhältnisse sei der Leistungsausschluss entfallen und es seien Leistungen ab 1. Januar 2016 gewährt worden.
Mit der am 9. Juni 2016 beim Sozialgericht Darmstadt erhobenen Klage haben die Kläger geltend gemacht, der Widerspruchsbescheid sei intransparent. Die Ansichten und Behauptungen des Beklagten seien zudem rechtswidrig. Die Kläger seien nicht allein zur Arbeitsuche eingereist. Erst nachdem sie hier gewesen seien, hätten sie Arbeit gesucht, um auf eigenen Füßen zu stehen. Die Kläger seien zu ihren Eltern hierher nachgezogen, demnach hätten sie u.a. auch ein anderes Aufenthaltsrecht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei das Existenzminimum sicherzustellen, in welcher Form auch immer, z.B. als Darlehen, Lebensmittelgutschein. Es gehe um die Menschenwürde, die unantastbar sei. Zudem habe der Kläger zu 2.) einen Arbeitsvertrag ab dem 1. November 2015 vorgelegt, spätestens ab da sei er Arbeitnehmer gewesen, egal ob er einen Verdienst erzielt habe oder nicht. Es lägen die Lohnabrechnungen und die Bescheinigung des Arbeitgebers vor ab November 2015. Ab diesem Zeitpunkt bestehe eine Anspruchsberechtigung nach dem SGB II. Darüber hinaus sei die Einreise nicht nur zur Arbeitsuche erfolgt, sondern auch zu den Eltern der Klägerin zu 1.), es liege ein Familiennachzug zu den Eltern vor, bei denen die Kläger auch gewohnt hätten, bis sie eine eigene Wohnung gefunden hätten. Ansprüche bestünden danach ab Oktober 2015. Zudem sei der Einzug aus einem anderen EU-Land erfolgt, sodass der Leistungsausschluss für die ersten drei Monate nicht greife. Zudem seien sie bereits seit August da gewesen. Nach der Europäischen Menschenrechtskonvention und Art. 6 Grundgesetz sei die Familie zu schützen. Für den Feststellungsantrag liege das Feststellungsinteresse vor, da die Menschenwürde betroffen und Grundrechte verletzt worden seien. Es bestehe Wiederholungsgefahr, weil der Beklagte nicht einsehe, dass das gegenwärtige Existenzminimum sicherzustellen sei nach dem Bundesverfassungsgericht, in welcher Form und durch wen auch immer. Die Kläger hätten ein ideelles Interesse und ein Rehabilitationsinteresse, weil in ihre Grundrechte eingegriffen worden sei und nicht rechtzeitig die menschenwürdigen gegenwärtigen Existenzsicherungsleistungen erbracht worden seien. Sie hätten auch ein wirtschaftliches Interesse, weil die Bevollmächtigte als Rechtsanwältin habe eingeschaltet werden müssen und ihnen ein Schaden und Kosten entstanden seien. Ihnen selbst sei ein Schaden dadurch entstanden, dass sie monatelang kein Geld bekommen hätten.
Die Kläger haben vor dem Sozialgericht beantragt, „1. den Bescheid des Beklagten vom 13. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2016 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen, hilfsweise als Darlehen; 2. festzustellen, dass der Beklagte rechtswidrig Leistungen verweigert und rechtswidrig den beantragten Vorschuss vom 20. Oktober 2015 und vom 11. November 2015 nicht in gesetzlicher Frist beschieden hat und nichts in gesetzlicher Frist zahlt.“
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat Bezug genommen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid, in dem die Sach- und Rechtslage umfassend und detailliert dargestellt sei.
Der mit Beschluss des Gerichts vom 22. November 2017 Beigeladene hat vorgetragen, dass nach seiner Ansicht die Voraussetzungen für eine Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII bei dem hier maßgebenden Sachverhalt nicht vorlägen. Im streitigen Zeitraum vom 21. Oktober bis 31. Dezember 2015 hätten sich die Kläger noch nicht länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufgehalten, so dass in diesem Zeitraum noch keine Aufenthaltsverfestigung im Sinne der maßgebenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorgelegen habe. Die Gewährung von Sozialhilfeleistungen sei danach nicht angezeigt.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. August 2018 als hinsichtlich des ersten Klageantrags zulässig, aber unbegründet und hinsichtlich des zweiten Klageantrags als unzulässig abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bescheid des Beklagten vom 13. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2016 sei rechtmäßig und verletze die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger hätten für die Zeit bis 31. Dezember 2015 keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (1.) oder SGB XII (2.).
I. Hinsichtlich des Klageantrages zu 1.) sei die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber in der Sache unbegründet.
(1.) Die Kläger zu 1.) und 2.) erfüllten zwar die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II, unterlägen jedoch zunächst dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II und dann dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II, der EU-Ausländer umfasse, die weder über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung noch über ein Aufenthaltsrecht verfügten. Diesem Leistungsausschluss stünden weder das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA), noch das Recht der Europäischen Union (EU) oder das Grundgesetz (GG) entgegen. Im Hinblick auf den hier streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober bis Dezember 2015 komme § 7 SGB II in der Fassung vom 20. Dezember 2011 zur Anwendung, die bis zum 31. Juli 2016 Gültigkeit gehabt habe (SGB II a.F.), weil es an einer hiervon abweichenden Regelung fehle (Geltungszeitraumprinzip, vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2017, B 14 AS 31/16 R, juris, Rn.18 m.w.N.).
Die Kläger zu 1.) und 2.) erfüllten die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 SGB II (Altersgrenze, Erwerbsfähigkeit) seien bei den Klägern zu 1.) und 2.) unstreitig erfüllt. Die Kläger, die bulgarische Staatsbürger seien, hätten seit 6. August 2015 bzw. 6. September 2015 auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt. Gemäß § 30 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I) habe jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Entscheidend sei, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland sei. Dauerhaft sei ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen sei. Der Aufenthalt sei solange zukunftsoffen, wie nicht bestandskräftig oder durch eine für sofort vollziehbar erklärte Entscheidung der Ausländerbehörde festgestellt worden sei, dass ein Aufenthaltsrecht der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr bestehe oder die Kläger freiwillig beabsichtigten auszureisen. Für eine baldige Beendigung des Aufenthalts der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, es sei von einem zukunftsoffenen Aufenthalt auszugehen. Auch von der erforderlichen Hilfebedürftigkeit (§ 9 SGB II) der Kläger sei auszugehen. Der Beklagte habe den Klägern ab Januar 2016 (ergänzend) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gewährt, dafür sei es erforderlich gewesen, dass sie selbst nicht über ausreichendes Einkommen und Vermögen verfügten. Mangels anderer Anhaltspunkte werde davon ausgegangen, dass auch bereits ab Oktober 2015 Hilfebedürftigkeit der Kläger bestanden habe.
(a) Die Kläger unterfielen jedoch dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II. Für die ersten drei Monate nach ihrer Einreise seien die Kläger gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II a.F. von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen gewesen. Danach seien Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des FreizügigkeitsG/EU freizügigkeitsberechtigt seien, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen.
Für die Klägerin zu 1.) und ihren Sohn, den Kläger zu 3.), die am 6. August 2015 nach Deutschland eingereist seien, umfasse dieser Leistungsausschluss den 3-Monats-Zeitraum bis 5. November 2015. Dabei sei es unerheblich, dass die beiden Kläger aus Großbritannien nach Deutschland eingereist seien und nicht direkt aus ihrem Heimatland Bulgarien. Die gesetzliche Regelung unterscheide insoweit nicht zwischen der Einreise aus dem ursprünglichen Herkunftsland oder aus einem anderen europäischen Land, sondern stelle allein auf den Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und die Zugehörigkeit zu einem EU-Mitgliedsstaat ab. Die Klägerin zu 1.) sei im Jahr 2015 weder als Arbeitnehmerin noch als Selbständige in der Bundesrepublik Deutschland tätig gewesen, auch lägen die Voraussetzungen der Fortwirkung für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige nach § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) bei ihr nicht vor.
Für den Kläger zu 2.), der am 6. September 2015 aus seinem Heimatland Bulgarien nach Deutschland eingereist sei, umfasse der Leistungsausschluss den 3-Monats-Zeitraum bis 5. Dezember 2015. Der Kläger zu 2.) sei bis Ende Dezember 2015 weder als Arbeitnehmer noch als Selbständiger in der Bundesrepublik Deutschland tätig gewesen, auch lägen die Voraussetzungen der Fortwirkung für Arbeitsnehmer und selbständig Erwerbstätige nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU bei ihm nicht vor. Der Kläger zu 2.) habe zwar bei der Firma E. Dienstleistungen ab 1. November 2015 beschäftigt werden sollen, dieses Arbeitsverhältnis sei jedoch nicht umgesetzt worden. Der Kläger zu 2.) habe nicht gearbeitet und keinen Lohn erhalten. Dies gehe aus der Abrechnung für November 2015 hervor, die 0,00 Euro aufweise. Soweit die Firma E. Dienstleistungen zunächst mit einer Bescheinigung von Dezember 2015 mitgeteilt habe, dass der Kläger zu 2.) in ihrem Betrieb als Aushilfe tätig sei, im November aber nicht habe eingesetzt werden können und deshalb auch kein „Monatsendgeld" erhalten habe, im Dezember aber bereits 20 Stunden bei einem Stundenlohn von 9,55 Euro geleistet habe, sei der Inhalt dieser Bescheinigung im Januar 2016 widerrufen worden. In der Bescheinigung vom 26. Januar 2016 habe die Firma E. Dienstleistungen ausgeführt, dass ihnen ein Fehler unterlaufen sei, die Bescheinigung über die Stunden im Dezember für den Kläger zu 2.) werde aufgehoben, ihm sei zum 30. November 2015 gekündigt worden. Die Bearbeiterin in der Sache sei eine neue Kollegin gewesen, die in diesen Angelegenheiten keine Erfahrung gehabt habe. Demnach habe der Kläger zu 2.) weder im November 2015 noch im Dezember 2015 eine Arbeitsleistung erbracht und dementsprechend keinen Lohn erhalten. Aufgrund dessen sei er in dieser Zeit auch nicht als Arbeitnehmer anzusehen und könne daraus keine Rechte - insbesondere kein Aufenthaltsrecht - herleiten.
Der Begriff des Arbeitnehmers in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sei, wie die Wortverbindung in dessen Nr. 1 zum FreizügG/EU zeige, europarechtlich geprägt. Der Arbeitnehmerbegriff im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU sei deckungsgleich mit dem unionsrechtlichen Begriff, der der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu Grunde liege, da das FreizügG/EU der Umsetzung der sog. Unionsbürger- oder Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EU diene. Eine kodifizierte Definition des Arbeitnehmerbegriffs finde sich im Europarecht nicht. Nach der Rechtsprechung des EuGH erfülle die Arbeitnehmereigenschaft, wer eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübe, was gestützt auf objektive Kriterien und in der Gesamtbetrachtung aller Umstände, die die Art der in Rede stehenden Tätigkeit und des fraglichen Arbeitsverhältnisses beträfen, festzustellen sei (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 C 413/01 - Rs. Ninni-Orasche; EUGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - C-46/12 -). Um Arbeitnehmer zu sein, müsse die betreffende Person während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhalte. Auch wenn die Merkmale des Arbeitnehmerbegriffs nach einhelliger Ansicht weit auszulegen seien, könne als Arbeitnehmer dennoch nur angesehen werden, wer eine „tatsächliche und echte" Tätigkeit ausübe, die nicht einen so geringen Umfang habe, dass es sich um eine völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit handele (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 23/10 R, juris, Rn. 18; vgl. auch Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 7. Januar 2015, L 6 AS 815/14 B ER, juris, Rn. 9 m.w.N). Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses bestehe nach dieser Rechtsprechung darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringe, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhalte. Der Kläger zu 2.) habe jedoch im November und Dezember 2015 weder eine Arbeitsleistung erbracht noch eine Vergütung erhalten, er habe also keine „tatsächliche und echte" Tätigkeit ausgeübt, aufgrund der er als Arbeitnehmer anzusehen wäre.
Auch für die verbleibende Zeit nach Ablauf des 3-Monats-Zeitraums — für die Kläger zu 1.) und 3.) ab 6. November 2015 (56 Tage) und für den Kläger zu 2.) ab 6. Dezember 2015 (26 Tage) — bis zum 31. Dezember 2015 habe für die Kläger kein Leistungsanspruch nach dem SGB II bestanden, da insoweit ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a.F vorgelegen habe. Danach seien Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, und ihre Familienangehörigen von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Über diese wortwörtlich geregelten Fälle hinaus umfasse der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II erst recht die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der EU, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besäßen (EU-Ausländer) und nicht über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU oder ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG verfügten (BSG, Urteil vom 20. Januar 2016, B 14 AS 35/15 R, juris, Rn. 24 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass einerseits EU-Ausländer, die z.B. über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung zur Arbeitsuche verfügten, von Leistungen nach dem SGB II, die auch der Integration in den Arbeitsmarkt dienen sollten, ausgeschlossen seien, andererseits aber an EU-Ausländer, die ohne Bereitschaft zu arbeiten oder ohne Aussicht auf Arbeit, also ohne materielle Freizügigkeitsberechtigung, und ohne ausreichende eigene finanzielle Mittel sich in Deutschland aufhielten, Leistungen nach dem SGB II zu erbringen seien.
Von den materiellen Freizügigkeitsberechtigungen nach dem FreizügG/EU zu unterscheiden sei die generelle Freizügigkeitsvermutung für EU-Ausländer, für deren rechtmäßige Einreise nach Deutschland ein gültiger Pass genüge (§ 2 Abs. 5 FreizügG/EU). Aufgrund der generellen Freizügigkeitsvermutung müsse der Aufenthalt eines EU-Ausländers zumindest solange als rechtmäßig angesehen werden, bis die zuständige Ausländerbehörde das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts aufgrund von § 5 Abs. 4 FreizügG/EU bzw. der Missbrauchstatbestände in § 2 Abs. 7 FreizügG/EU festgestellt und damit nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU die sofortige Ausreisepflicht begründet habe (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2017, B 14 AS 31/16 R, juris, Rn. 23 m.w.N.). Diese generelle Freizügigkeitsvermutung allein eröffne indes weder einen Zugang zu Leistungen nach dem SGB II noch stehe sie dem Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II entgegen.
Auf eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügigG/EU, die nicht von diesem Leistungsausschluss umfasst sei, oder ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG, das eine Ausnahme von dem Leistungsausschluss zu rechtfertigen vermöge, könnten sich die Kläger im streitigen Zeitraum nicht berufen.
Eine Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU liege nicht vor. Die Klägerin zu 1.) habe keine Arbeitstätigkeit ausgeübt. Auch der Kläger zu 2.) sei, wie oben bereits ausgeführt, nicht als Arbeitnehmer anzusehen. Es fehle es an einem „tatsächlichen und echten" Arbeitsverhältnis. Aus einem nicht vollzogenen Vertrag könnten keine Rechte, insbesondere kein Aufenthaltsrecht, hergeleitet werden.
Auch eine Freizügigkeitsberechtigung für selbständig Erwerbstätige nach § 2 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 FreizügG/EU liege nicht vor, da die Kläger nicht selbständig tätig gewesen seien. Die Kläger seien auch keine Empfänger von Dienstleistungen gewesen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU) und hätten kein Daueraufenthaltsrecht erworben (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU); sie hätten sich weder bereits 5 noch 3 Jahre in Deutschland aufgehalten, sondern seien vielmehr erst wenige Wochen zuvor eingereist. Aufgrund ihrer Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II a.F. scheide auch eine Freizügigkeitsberechtigung als nicht Erwerbstätige nach § 2 Abs. 2 Nr. 5, § 4 FreizügG/EU aus. Auch ein Aufenthaltsrecht nach dem Aufenthaltsgesetz, insbesondere vermittels der Günstigkeitsregelung in § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU, das eine Ausnahme vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a.F. zu rechtfertigen vermöge, sei nicht ersichtlich.
Den Klägern stehe auch kein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige zu. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU seien Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Die Eltern bzw. Schwiegereltern stünden selbst im Leistungsbezug bei dem Beklagten und verfügten nicht über ausreichend Krankenversicherungsschutz und Existenzmittel, um ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten (§ 4 FreizügG/EU). Auch könnten sie die Kläger nicht im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU unterhalten. Nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU seien Familienangehörige Verwandte in gerader aufsteigender und in gerader absteigender Linie der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 FreizügG/EU genannten Personen oder ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, denen diese Personen oder ihre Ehegatten oder Lebenspartner Unterhalt gewährten. Die in Absatz 2 Nr. 2 genannten Verwandten hätten also nur ein Aufenthaltsrecht, solange ihnen Unterhalt gewährt werde (EuGH, Urteil vom 18. Juni 1987, Rs. 316/85 — Lebon). Eine solche Unterhaltsgewährung liege vor, wenn dem bedürftigen Verwandten tatsächlich fortgesetzt materielle Mittel zugewandt würden, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts dienten. Der Familienangehörige müsse vom Freizügigkeitsberechtigten mithin eine regelmäßige Unterstützung in einem Umfang erfahren, mit dem er zumindest einen Teil seines Lebensunterhalts regelmäßig decken könne (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23. Mai 2018, L 4 AS 913/17 B ER, juris, mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2015, 1 C 22/14, juris; EuGH, Urteil vom 8. November 2012, Rs C-40/11). Daran fehle es hier.
Im vorliegenden Fall hätten die Eltern bzw. Schwiegereltern den Klägern lediglich vorübergehend eine Notunterkunft und Notunterhalt gewährt. Die Wohnung der Eltern bzw. Schwiegereltern umfasse 1,5 Zimmer mit Küchenzeile und Bad und werde normalerweise von zwei Personen bewohnt. Der zusätzliche Aufenthalt der drei Kläger sei von vornherein nicht auf Dauer angelegt gewesen, sondern nur kurzzeitig, bis es den Klägern (ggf. mit staatlicher Unterstützung durch Leistungsgewährung) möglich sein würde, in eine eigene Wohnung zu ziehen. Dementsprechend seien die Kläger auch ausgezogen, sobald der Leistungsbezug durch den Beklagten im Jahr 2016 begonnen gehabt habe und der Beklagte bereit gewesen sei, Unterkunftskosten für die Kläger zu übernehmen. Auch die anfängliche Versorgung der drei Kläger mit Essen und den notwendigsten Dingen durch die Eltern bzw. Schwiegereltern sei nur eine kurzzeitige Notunterstützung gewesen, bis die Kläger selbst für ihren Lebensunterhalt hätten können sorgen bzw. staatliche Unterstützung erhalten hätten. Die Eltern bzw. Schwiegereltern stünden selbst seit langem im Leistungsbezug beim Beklagten und bezögen von ihm Mittel zur Sicherstellung ihres eigenen Existenzminimums. Dass es sich nicht um eine nachhaltige Unterstützung gehandelt habe, ergebe sich auch daraus, dass die Kläger bereits wenige Wochen nach ihrer Ankunft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Beklagten beantragt hätten, und zwar ohne Anrechnung von Unterhaltsleistungen durch Verwandte.
Es liege hier auch kein Verstoß gegen Art. 6 Grundgesetz (GG), Art 8 Abs. 1 Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EUGRC) vor (wird ausgeführt).
Letztendlich könnten sich die Kläger nicht auf ein Aufenthaltsrecht aus einem „anderen" Grund als „allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a.F. berufen.
Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 EFA stehe diesem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II a.F. nicht entgegen. Denn das EFA sei weder nach seinem sachlichen (zur Nichtanwendbarkeit des EFA im Rahmen des SGB II aufgrund des von Deutschland erklärten Vorbehalts vgl. BSG Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 43/15 R, juris) noch nach seinem persönlichen Anwendungsbereich einschlägig, weil die Kläger bulgarische Staatsangehörige seien und Bulgarien kein Unterzeichnerstaat dieses Abkommens sei.
Der Leistungsausschluss der Kläger nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II sei auch mit EU-Recht vereinbar, wie sich dies aus den Entscheidungen des EuGH vom 11. November 2014 (C 333/13 — Dano, NJW 2015, 145) und vom 15. September 2015 (C-67/14 — Alimanovic, SGb 2015, 638) ergebe (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 2016, B 14 AS 35/15 R, juris, Rn. 31).
(2.) Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII gegenüber dem Beigeladenen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 30. August 2017, B 14 AS 31/16 R, juris, Rn. 32 ff. m.w.N.) stehe der Anwendbarkeit des SGB XII auf die Kläger § 21 Satz 1 SGB XII nicht entgegen. Danach knüpfe die „Systemabgrenzung" zwischen SGB II und SGB XII zwar grundsätzlich an das Kriterium der Erwerbsfähigkeit an, könne hierauf jedoch nicht reduziert werden. § 21 S. 1 SGB XII und § 5 Abs. 2 S. 1 SGB II sollten (ergänzende) Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII für Leistungsberechtigte nach dem SGB II ausschließen. Existenzsichernde Leistungen könnten nur nach dem einen oder dem anderen der beiden Leistungssysteme beansprucht werden. Von den leistungsberechtigten Personen i.S. des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II a.F. seien die in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II a.F. genannten Personen indes „ausgenommen". Sie seien keine Leistungsberechtigten nach dem SGB II i.S. des § 21 S. 1 SGB XII und nicht nach dem SGB II dem Grunde nach leistungsberechtigt. Ihren Zugang zu Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII sperre deshalb die Regelung des § 21 S. 1 SGB XII nicht, ohne dass es hierfür darauf ankomme, ob die betreffenden Personen erwerbsfähig nach § 8 SGB II seien. Deshalb stehe auch hier die vorliegende Erwerbsfähigkeit der Kläger zu 1.) und 2.) einem Leistungsanspruch nach dem SGB XII nicht entgegen.
(a) Die Kläger unterlägen im SGB XII jedoch dem Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII a.F. Für den von den Klägern für Oktober bis Dezember 2015 geltend gemachten Anspruch sei § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII noch in dieser, im streitigen Zeitraum geltenden Fassung anzuwenden, weil es an einer hiervon abweichenden Regelung fehle (Geltungszeitraumprinzip, vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2017, B 14 AS 31/16 R, juris, Rn. 41, m.w.N.). Zwar könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie eingereist seien, um im Sinne des § 23 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 SGB XII a.F. Sozialhilfe zu erlangen. Hierfür wäre Voraussetzung, dass der Zweck, Sozialhilfe zu erlangen, den Einreiseentschluss geprägt hätte. Ein solcher finaler Zusammenhang könne den Klägern nicht zweifelsfrei unterstellt werden, zumal der Kläger zu 2.) sich schon bald nach der Einreise um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bemüht habe. Doch seien ebenso wie nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a.F. nach § 23 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 SGB XII a.F. EU-Ausländer, die weder über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU, die nicht von diesem Leistungsausschluss umfasst sei, noch ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG verfügten, vom Anspruch auf Sozialhilfe ausgeschlossen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 42, m.w.N.). Auch dieser Ausschluss vom Anspruch auf Sozialhilfe sei mit dem EU-Recht vereinbar; hier gelte nichts anderes als zum Leistungsausschluss im SGB II. Das EFA stehe diesem Leistungsausschluss schon deshalb nicht entgegen, weil die Kläger bulgarische Staatsangehörige seien und Bulgarien kein Unterzeichnerstaat dieses Abkommens sei (vgl. BSG, a.a.O., Rdn. 43, m.w.N.).
(b) Deshalb käme allenfalls ein Leistungsanspruch nach § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII a.F. in Betracht. § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII a.F. beinhalte seinem Wortlaut nach nur einen Ausschluss von einem Anspruch auf Sozialhilfe i.S. des § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XII a.F., nicht aber von im Wege des Ermessens zu leistender Sozialhilfe, wie sie § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII vorsehe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (u.a. Urteil vom 30. August 2017, B 14 AS 31/16 R, juris, Rn. 45) kämen aufgrund der Ermessensregelung in § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII a.F für vom Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII a.F. erfasste Personen auch die Leistungen nach dem SGB XII in Betracht, auf die für nicht vom Leistungsausschluss erfasste Personen ein Anspruch nach § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XII bestehe. An dieser Rechtsprechung halte das Bundessozialgericht trotz erheblicher Kritik weiterhin fest (vgl. BSG, a.a.0., Rn. 46). Das aufgezeigte Verständnis des systematischen Verhältnisses von § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII a.F. zu § 23 Abs. 1 S. 1 und 3 SGB XII, das den Zugang zu den Leistungen nach dem SGB XII, insbesondere der Hilfe zum Lebensunterhalt, eröffne, werde getragen und sei angezeigt in einer verfassungsrechtlichen Perspektive durch das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG bei einem tatsächlichen Aufenthalt eines Ausländers in Deutschland, gegen den ausländerbehördliche Maßnahmen nicht ergriffen, sondern dessen Aufenthalt faktisch geduldet werde.
Das Bundessozialgericht gehe davon aus, dass das Ermessen dem Grunde und der Höhe nach auf Null reduziert sei, wenn sich der Aufenthalt eines Klägers nach sechs Monaten tatsächlichem Aufenthalt in Deutschland verfestigt habe (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 52). Zu einer solchen Verfestigung ihres Aufenthalts in Deutschland sei es im streitgegenständlichen Zeitraum für die Kläger des hier zu entscheidenden Verfahrens jedoch noch nicht gekommen. Die am 5. August 2016 eingereisten Kläger zu 1.) und 3.) hätten sich bis Dezember 2015 noch keine 6 Monate in Deutschland aufgehalten, ebenso wenig der am 5. September 2016 eingereiste Kläger zu 2.). Mangels Verfestigung des Aufenthalts in Deutschland komme hier eine Ermessensreduzierung auf Null nicht in Betracht.
Nach § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII könne „im Übrigen" (d.h. wenn ein Leistungsanspruch nach § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XII nicht bestehe) Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt sei. Es handele sich hierbei um eine Ermessensleistung, die tatbestandlich voraussetze, dass eine Leistungserbringung im konkreten Fall auch in Ansehung von Sinn und Zweck eines bestimmten, grundsätzlich eingreifenden Leistungsausschlusses gerechtfertigt sei. Hierfür genüge sozialhilferechtlich ein im Einzelfall bestehender Bedarf alleine nicht, weil dieser ohnehin für jede Hilfe vorausgesetzt werde und deshalb nicht die besondere Rechtfertigung für die Leistung ersetzen könne. Deshalb müssten besondere Umstände hinzukommen, die es darüber hinaus gerechtfertigt erscheinen ließen, dass entgegen der Regel des § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XII weitergehende Hilfen geleistet werden. Besondere Umstände, die — gegebenenfalls erst kumulativ — den Einzelfall begründeten und eine Ermessensentscheidung nach sich zögen, könnten insbesondere der aufenthaltsrechtliche Status des Ausländers, sein Alter, die familiäre Situation, (nachhaltige) Auswirkungen auf Angehörige, eine Behinderung, die Ursache für den Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit, die Folgen des Sozialhilfebezugs für Ausländer, die Art, Umfang und Dringlichkeit des zu deckenden Bedarfs und schließlich auch die prognostische Dauer des Sozialhilfebezugs (Folgekosten) sein (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Dezember 2017, L 3 AS 280/16, juris, Rn. 71 m.w.N.). Angesichts des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, und deren Familienangehörige, des Sinn und Zwecks dieser Regelung, einer „Einwanderung in die Sozialsysteme" unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die die Freizügigkeit für EU-Bürger innerhalb des EU-Binnenmarktes biete, entgegenzuwirken und der sich aus den Gesetzesmaterialien klar ergebenden Intention des Gesetzgebers, einen solchen Leistungsausschluss sicherzustellen, könne den Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII a.F. in diesem Zusammenhang allenfalls ein Ausnahmecharakter beigemessen werden, um von dem grundsätzlich geltenden Leistungsausschluss abzuweichen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Dezember 2017, - L 3 AS 280/16 -, juris, Rn. 72 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall seien indes keine Anhaltspunkte für besondere Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, nach denen im konkreten Einzelfall eine Gewährung von Sozialhilfe trotz des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a.F. bzw. gleichlautend für das Recht der Sozialhilfe in § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII a.F. ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnte. Die Kläger seien erst kurze Zeit in Deutschland gewesen, der damals 5 Jahre alte Kläger zu 3.) habe noch keine Schule besucht, die Kläger zu 1.) und 3.) hätten mehrere Jahre in Großbritannien getrennt von der Familie gelebt und lebten auch nun (in A-Stadt) wieder von den Eltern der Klägerin zu 1.) getrennt. Besondere Gründe für das Erfordernis einer räumlichen Nähe zu Familienangehörigen im streitgegenständlichen Zeitraum seien nicht dargelegt oder sonst ersichtlich. Familiäre oder soziale Hemmnisse gegen eine Rückkehr nach Bulgarien oder Großbritannien seien nicht ersichtlich.
Verfassungsrechtliche Bedenken stünden dem Leistungsausschluss der Kläger nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II a.F. und § 23 SGB XII a.F. nicht entgegen (wird ausgeführt).
II. Hinsichtlich des Klageantrages zu 2.) sei der auf Feststellung gerichtete Klageantrag bereits unzulässig, im Übrigen aber auch unbegründet.
Im sozialgerichtlichen Verfahren sei in § 55 SGG geregelt, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen eine Feststellungsklage zulässig sei. Einer dieser Fälle liege hier jedoch nicht vor. Im Übrigen gelte der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage. Eine Feststellungsklage könne nicht begehrt werden, soweit die Kläger ihre Rechte auch durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen könnten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 55 Rdn. 19). Die Frage, ob die Nichtleistung des Beklagten rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen sei, sei Gegenstand der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Rahmen des Klageantrags zu 1.), darüber hinaus bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage.
Im Übrigen sei der Klageantrag zu 2.) aber auch unbegründet. Da den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum — wie ausgeführt — materiell-rechtlich kein Leistungsanspruch gegen den Beklagten zustehe (und damit auch kein Anspruch auf einen Vorschuss), vermöge auch der Feststellungsantrag keinen Erfolg zu haben.
Die Kläger haben gegen das ihnen am 4. Oktober 2018 zugestellte Urteil am 1. November 2018 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Sie tragen vor, das Sozialgericht habe zu Unrecht Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII bis 31. Dezember 2015 abgelehnt. Ein Leistungsausschluss für die ersten drei Monate schließe Leistungen ab 6. November 2015 nicht aus. Entgegen der Behauptung des Gerichts seien die Kläger nicht ausschließlich zur Arbeitsuche in Deutschland, sondern aufgrund Familiennachzugs zu den Eltern gezogen, so dass ein Ausschlussgrund von Leistungen nach dem SGB II bereits nicht vorliege. Der Kläger zu 2.) sei Arbeitnehmer gewesen. Dass das Arbeitsverhältnis ab 1. November 2015 nicht umgesetzt worden sei, sei unerheblich. Entgegen der Behauptung des Gerichts sei der Aufenthalt der Kläger von vornherein auf Dauer angelegt gewesen, jede andere Behauptung sei willkürlich und ohne Grundlage. Entgegen der Ansicht des Gerichts stünden den Klägern hilfsweise zumindest Leistungen nach SGB XII zu, da ein Minderjähriger betroffen sei und das menschenwürdige Existenzminimum zu gewähren sei. Hilfsweise seien aufgrund Familiennachzugs zumindest Leistungen als Darlehen ab Antragstellung zu gewähren, zumindest aufgrund Ermessensreduzierung auf Null, da es um das menschenwürdige Existenzminimum gehe. Nicht nachvollziehbar sei die Ansicht des Gerichts, dass ein Anspruch nach § 23 SGB XII daran scheitere, dass die Kläger kein Aufenthaltsrecht hätten. Die Kläger hätten sowohl materielle als auch formelle Freizügigkeit und Aufenthaltsrecht, jede andere Ansicht sei ohne Rechtsgrundlage. Soweit das Gericht behaupte, dass es keine besonderen Umstände gäbe und die Kläger nicht anfangs zu den Eltern räumlich nachgezogen seien, da sie auch jetzt in A-Stadt, also weiter weg wohnen würden, sei dies fehlerhaft. Denn die Kläger seien zu den Eltern nachgezogen und hätten zu den Eltern nachziehen wollen. Dass sie später arbeitsplatzbedingt umgezogen seien innerhalb Deutschlands, ändere daran nichts. Die Kläger könnten innerhalb weniger Stunden bei den Eltern sein. Dies sei ein Beweis dafür, dass ein Nachzug hier erfolgt sei zu den Eltern und räumliche Nähe bestehe.
Das Feststellungsinteresse für den Klageantrag zu 2) sei gegeben, da Wiederholungsgefahr bestehe, da der Beklagte weiterhin behaupte, dass nichts zustehe. Ferner hätten die Kläger sowohl ein ideelles Interesse an der Feststellung als auch ein wirtschaftliches Interesse, da dadurch wirtschaftlicher Schaden entstanden sei wie durch die Klageerhebung etc. Das Gericht verkenne hinsichtlich der Kostentragung, dass die Untätigkeitsklage erhoben worden sei, da der Odenwald nicht in gesetzlicher Frist über den Widerspruch und die Anträge entschieden habe, so dass diesbezüglich die Klage auch erfolgreich gewesen sei.
Die Kläger beantragen,
„das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 14.08.2008, Az.: S 20 AS 657/16, abzuändern,
den Bescheid des Beklagten vom 13.11.2015 in Gestalt des Bescheides vom 11.05.2016 aufzuheben,
den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen nebst Gewinn gesetzlicher Zinsen ab 01.01.2016, hilfsweise als Darlehen,
festzustellen, dass der Beklagte rechtswidrig total jegliche Zahlung in welcher Form auch immer verweigert und rechtswidrig den beantragten Vorschuss vom 20.10.2015 und vom 11.11.2015 nicht in gesetzlicher Frist beschieden und nichts in gesetzlicher Frist gezahlt hat und den Verzugsschaden zu tragen hat,
festzustellen, dass der Beklagte die Kosten der Untätigkeitsklage Aktenzeichen S 24 AS 420/16 zu tragen hat;
hilfsweise, den Beigeladene zu verurteilen, an die Kläger Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlichem Umfang zu zahlen,
weiter hilfsweise, den Beigeladenen zu verurteilen, über die Ansprüche der Kläger nach dem SGB XII unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in Ausübung seines Ermessens zu entscheiden,
weiter hilfsweise, den Beigeladenen zu verurteilen, an die Kläger Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die umfangreichen und detaillierten Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils. Die Ausführungen der Kläger zur Kostentragung im Rechtsstreit S 24 AS 420/16 seien insoweit unverständlich, als die Kostentragung in diesem Verfahren nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei.
Der Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er sieht die Voraussetzungen für einen Anspruch nach dem SGB XII nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen, in elektronischer Form vorliegenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Kläger ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt. Streitgegenständlich sind Leistungen für drei Monate, Oktober bis Dezember 2015. Die Beschwer des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wird erreicht.
Die zulässige Berufung ist aber nur zu einem geringen Teil begründet.
I. Die Zahlungsklage gegen den Beklagten ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG).
Der Bescheid des Beklagten vom 13. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben für die Zeit bis 31. Dezember 2015 keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (1.) oder SGB XII (2.).
1. Das Sozialgericht hat zutreffend festgestellt, dass auf die Anträge der Antragsteller vom 21. Oktober 2015 § 7 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung vom 20. Dezember 2011 zur Anwendung kommt.
Zwar erfüllen die Kläger zu 1.) und 2.) die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 SGB II. Die Kläger zu 1.) und 2.) erfüllen die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II. Insbesondere hatten die Klägerin zu 1.) und der Kläger zu 3.) seit 6. August 2015 und der Kläger zu 2.) seit 6. September 2015 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die ausführlichen Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Kläger unterlagen jedoch für die ersten drei Monate ihres jeweiligen Aufenthalts in Deutschland zunächst dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II. Für die Klägerin zu 1.) und ihren Sohn, den Kläger zu 3.), die am 6. August 2015 nach Deutschland eingereist sind, umfasst dieser Leistungsausschluss den 3-Monats-Zeitraum bis 5. November 2015.
Das Sozialgericht hat zutreffend festgestellt und umfassend dargelegt, dass weder die Klägerin zu 1.) noch der Kläger zu 2.) im streitgegenständlichen Zeitraum Arbeitnehmer im Sinne des insoweit maßgeblichen europarechtlichen Arbeitnehmerbegriffs noch selbständig Erwerbstätige nach § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) waren. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die ausführlichen Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Hinsichtlich der wieder zurückgezogenen Bescheinigungen und des nie gelebten Arbeitsvertrages mit der Firma E. Dienstleistungen liegt im Übrigen der Verdacht nahe, dass es sich hier um ein Scheingeschäft gehandelt hat, das dem Zweck diente, eine nicht gegebene Arbeitnehmereigenschaft des Klägers zu 2.) gegenüber dem Beklagten zu beweisen. Dem muss aber nicht weiter nachgegangen werden.
Nach Ablauf von drei Monaten des Aufenthaltszeitraums — für die Kläger zu 1.) und 3.) ab 6. November 2015 (56 Tage) und für den Kläger zu 2.) ab 6. Dezember 2015 (26 Tage) — bis zum 31. Dezember 2015 unterfallen die Kläger dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II. Dieser erfasst EU-Ausländer, die weder über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung (zu unterscheiden von der generelle Freizügigkeitsvermutung für EU-Ausländer) noch über ein Aufenthaltsrecht verfügen. Danach sind Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Über diese wortwörtlich geregelten Fälle hinaus umfasst der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II erst recht die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der EU, die keine deutsche Staatsangehörigeit besitzen (EU-Ausländer) und nicht über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU oder ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG verfügen (hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 12. September 2018 – B 14 AS 18/17 R –, juris Rn. 17 m.w.N.).
Auf eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügigG/EU, die nicht von diesem Leistungsausschluss umfasst ist, oder ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG, das eine Ausnahme von dem Leistungsausschluss zu rechtfertigen vermag, können sich die Kläger im streitigen Zeitraum nicht berufen.
Eine Freizügigkeitsberechtigung der Kläger zu 1.) und zu 2.) als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU oder als selbständig Erwerbstätige nach § 2 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 FreizügG/EU lag nicht vor. Den Klägern steht auch kein materielles Aufenthaltsrecht als Familienangehörige nach einem anderen Tatbestand des FreizügG/EU zu. Insbesondere genießen sie kein materielles Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU als Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 FreizügG/EU. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Darlegungen des Sozialgerichts verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen: Die Klägerin zu 1.) ist zwar Verwandte in gerade absteigender Linie. Ihr wurde aber von den schon in Deutschland lebenden Eltern nicht „Unterhalt gewährt“. Denn Unterhalt gewährt wird nur, wenn bereits in dem Zeitpunkt, in dem die Verwandte ihr Herkunftsland verlässt oder den Nachzug beantragt, ein Abhängigkeitsverhältnis zu der freizügigkeitsberechtigten Person besteht. Diese Abhängigkeit muss sich aus einer tatsächlichen Situation ergeben, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der materielle - erforderliche - Unterhalt des Verwandten durch den Unionsbürger, der von der Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, oder durch dessen Ehegatten mittels Geldleistungen sichergestellt wird. Der Unterhaltsbedarf muss im Herkunfts- oder Heimatland des Verwandten bestehen. Um zu ermitteln, ob eine solche Abhängigkeit vorliegt, muss der Aufnahmemitgliedstaat prüfen, ob der Verwandte in Anbetracht seiner wirtschaftlichen und sozialen Lage nicht selbst für die Deckung seiner Grundbedürfnisse aufkommt, wobei die Gründe für die Abhängigkeit unbeachtlich sind (s. EuGH, Urteil vom 16. Januar 2014, C-423/12, Rn. 19 ff, unter Bezug auf das Urteil vom 9. Januar 2007, C-1/05 – Jia –, Rn. 35ff; daran anschließend Nr. 3.2.2.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum FreizügG/EU vom 3. Februar 2016; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11. Juli 2019, L 15 SO 181/18, juris Rn. 47).
Dafür, dass die Klägerin zu 1) schon vor ihrer Einreise nach Deutschland in diesem Sinn in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Eltern stand, ergibt sich unabhängig davon nichts, ob als Herkunfts- oder Heimatland auf Großbritannien als mehrjährigen Aufenthaltsstaat oder, nachdem sie dieses Land ohne Absicht einer baldigen Rückkehr verlassen hatte, auf den vorherigen Aufenthalt in Bulgarien abgestellt wird. Die Klägerin zu 1.) hat nichts dazu vorgetragen, dass die Eltern sie auch schon vor und bis zur Einreise nach Deutschland unterhalten hätten. Dass sie das tatsächlich auch gar nicht gekonnt hätten, ergibt sich schon aus ihrem Leistungsbezug nach dem SGB II.
Schließlich hat auch der Kläger zu 3.) keine von seinen Eltern abgeleitete materielle vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a.F. nicht umfasste Freizügigkeitsberechtigung nach Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011. Denn diese materielle Freizügigkeitsberechtigung knüpft an den Arbeitnehmerstatus eines Elternteils an, der vorliegend im streitgegenständlichen Zeitraum und auch zuvor gerade nicht gegeben war (vgl. zu diesem materiellen Freizügigkeitsrecht BSG, Urteil vom 12. September 2018, B 14 AS 18/17 R, juris Rn. 24).
Somit können sich die Kläger nicht auf ein Aufenthaltsrecht aus einem „anderen" Grund als „allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a.F. berufen. Dass die Einreise nach Deutschland es der Klägerin zu 1.) auch ermöglichte, ihre Eltern wiederzusehen, führt wie dargelegt aufenthaltsrechtlich zu keiner anderen Beurteilung.
Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 EFA steht diesem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II a.F. schon deshalb nicht entgegen, weil Bulgarien kein Signatarstaat dieses Abkommens ist.
Der Leistungsausschluss der Kläger nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II ist auch mit EU-Recht vereinbar. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Darlegungen des Sozialgerichts verwiesen (ebenso zuletzt BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 27).
2. Die Kläger haben auch keinen Zahlungsanspruch gegen den Beigeladenen auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 23 Abs. 1 SGB XII (vorvorletzter Hilfsantrag).
Auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Rechtslage bis zur Änderung des § 23 Abs. 3 SGB XII durch das Gesetz zur Regelung der Ansprüche ausländischer Personen im Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I 2016, 3155) steht der Anwendbarkeit des SGB XII auf die Kläger § 21 Satz 1 SGB XII nicht entgegen.
Nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung waren die erwerbsfähigen Kläger zu 1.) und 2.) nicht von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen, weil die "Systemabgrenzung" zwischen SGB II und SGB XII zwar grundsätzlich an das Kriterium der Erwerbsfähigkeit anknüpft, jedoch hierauf nicht reduziert werden kann, sondern differenzierter ist. Im Sinne der Abgrenzungsregelung des § 21 Satz 1 SGB XII, die nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern mit § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II korrespondiert, sind nach dem SGB II "als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt" grundsätzlich die Personen nicht, die auch bei Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Diese Personen können Leistungen nach dem SGB XII erhalten, ohne dass es hierfür darauf ankommt, ob sie erwerbsfähig nach § 8 SGB II sind, wenn sie nicht auch durch das SGB XII von Leistungen ausgeschlossen sind (zuletzt BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 24 ff. m.w.N.).
Ein Anspruch nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist jedoch ausgeschlossen, weil die Kläger im SGB XII dem Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII a.F. unterlagen. Danach haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Für die von den Klägern für den Zeitraum vom 21. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2015 geltend gemachten Ansprüche ist § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII noch in dieser, im streitigen Zeitraum geltenden Fassung anzuwenden, weil es an einer hiervon abweichenden Regelung fehlt (Geltungszeitraumprinzip). Dem Gesetz vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I 3155) lässt sich insoweit nicht entnehmen, dass es sich Geltung für die Zeit vor seinem Inkrafttreten am 29. Dezember 2016 beimisst (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 28 m.w.N.).
Es konnte nach dem Gesamtzusammenhang nicht sicher festgestellt werden, dass die Kläger eingereist sind, um i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB XII a.F. Sozialhilfe zu erlangen. Hierfür wäre Voraussetzung, dass der Zweck, Sozialhilfe zu erlangen, den Einreiseentschluss geprägt hat (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, Rn. 29 m.w.N.). Da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Antrag beim SGB II-Träger auch für die erwerbsfähigen Kläger zu 1.) und zu 2.) einen Anspruch nach dem SGB XII ab Kenntnis auslösen kann, ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB XII dahin auszulegen, dass ein Anspruch nach dem SGB XII auch dann ausgeschlossen wäre, wenn die Kläger eingereist wären, um Leistungen nach dem SGB II zu erlangen. Es kommt somit maßgeblich darauf an, ob sie eingereist sind, um existenzsichernde Leistungen, gleich aus welchem System zu erlangen. Zwar liegt es nahe, dass es sich bei dem vorgelegten Arbeitsvertrag mit der Firma E. Dienstleistungen um ein Scheingeschäft gehandelt hat, um einen Arbeitnehmerstatus zur Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II zu dokumentieren. Aber selbst wenn dem so sein sollte, folgte daraus noch nicht, dass der Zweck, Grundsicherungsleistungen zu erhalten, den Einreiseentschluss der Kläger geprägt hat. Vielmehr spricht der Umstand, dass der Kläger zu 2.) ab Januar 2016 dann tatsächlich in Arbeit bei einem anderen Arbeitgeber stand, dafür, dass jedenfalls für ihn die Arbeitsuche ein wesentlicher Zweck der Einreise war.
Da die Kläger zu 1.) und zu 2.) ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche und der minderjährige Kläger zu 3) sein Aufenthaltsrecht nur aus dem Aufenthaltsrecht der Eltern ableiten kann (§ 3 FreizügG/EU sind die Kläger ebenso wie nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a.F. auch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB XII a.F. vom Anspruch auf Sozialhilfe ausgeschlossen. Der Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB XII a.F. erfasst nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erst recht EU-Ausländer, die weder über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU, die nicht von diesem Leistungsausschluss umfasst ist, noch ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG verfügen (zuletzt BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 29 m.w.N.).
Dies gilt in Parallele zum SGB II auch für die ersten drei Monate des Aufenthalts nach der Einreise (s. § 2 Abs. 5 FreizügG/EU), obwohl in § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII a.F. dieser Ausschluss anders als durch § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II a.F. nicht eigens benannt ist. Der aufgezeigte "Erst recht"-Schluss - bei § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a.F. ebenso wie bei § 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB XII a.F. – gibt für das SGB XII bei Aufenthalten von EU-Ausländern von Anfang an (vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 30 m.w.N. unter Hinweis auf zunächst nicht erfolgreiche gesetzgeberische Versuche einer Anpassung der Rechtslagen in SGB II und SGB XII).
Dies stimmt zudem überein damit, dass das voraussetzungslose Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU nicht eine Verlängerung der grundsätzlich auf sechs Monate beschränkten materiellen Freizügigkeitsberechtigung zur Arbeitsuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU bewirkt, sondern in den ersten drei Monaten des Aufenthalts zu einer Überschneidung beider führt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 31 m.w.N.).
Verfassungsrecht steht dieser parallelisierenden Auslegung von SGB II und SGB XII nicht entgegen, weil der Leistungsausschluss vom SGB XII auch in den ersten drei Monaten des Aufenthalts nach der Einreise keinen Totalausschluss trotz Hilfebedürftigkeit bewirkt und einen Zugang zu existenzsichernden Leistungen nach dem SGB XII gemäß der Auslegung des Bundessozialgerichts zu § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII – dazu sogleich - nicht schlechterdings versperrt.
Dieser Ausschluss vom Anspruch auf Sozialhilfe nach dem SGB XII ist mit EU-Recht vereinbar; hier gilt nichts anderes als zum Leistungsausschluss im SGB II (zur Europarechtskonformität des Ausschlusses von "Sozialhilfe" in den ersten drei Monaten des Aufenthalts vgl. insbesondere EuGH vom 25.2.2016 - C-299/14 - Garcia-Nieto, NJW 2016, 1145).
Auch das EFA steht der Anwendung des Leistungsausschlusses nicht entgegen, weil Bulgarien nicht Signatarstaat dieses Abkommens ist.
3. Der Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII a.F. führt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts indessen nicht zum Ausschluss auch von Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Demzufolge beinhaltet § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII a.F. nur einen Ausschluss von einem Anspruch auf Sozialhilfe i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, nicht aber von im Wege des Ermessens zu leistender Sozialhilfe, wie sie § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII vorsieht. Aufgrund dieser Ermessensregelung in § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII kommen für vom Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII a.F. erfasste Personen auch die Leistungen nach dem SGB XII in Betracht, auf die für nicht vom Leistungsausschluss erfasste Personen ein Anspruch nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII besteht. Dieses Verständnis des systematischen Verhältnisses von § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII a.F. zu § 23 Abs.1 Satz 1 und 3 SGB XII, das den Zugang zu den Leistungen nach dem SGB XII, insbesondere der Hilfe zum Lebensunterhalt, eröffnet, wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts getragen und ist angezeigt in einer verfassungsrechtlichen Perspektive durch das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG bei einem tatsächlichen Aufenthalt eines Ausländers in Deutschland, gegen den ausländerbehördliche Maßnahmen nicht ergriffen werden, sondern dessen Aufenthalt faktisch geduldet wird, ohne dass es auf eine Möglichkeit der Heimkehr in das Herkunftsland ankommt (vgl. dazu zuletzt BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 37).
Vorliegend kommt indessen auch auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII eine Verpflichtung des Beigeladenen, existenzsichernden Leistungen zu gewähren, nicht in Betracht.
Im Bereich der Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII gilt der Kenntnisgrundsatz (§ 18 Abs. 1 SGB XII). Die Kenntnis des beklagten Jobcenters ist dem beigeladenen Sozialhilfeträger zuzurechnen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 40.) Vorliegend bedarf es indessen dieser Zurechnung nicht, weil die Kenntnis des Beklagten als Jobcenter zusammenfällt mit der Kenntnis des Beigeladenen, weil der dahinterstehende kommunale Träger identisch ist.
Damit kämen Ermessensleistungen nach dem SGB XII frühestens ab 21. Oktober 2020 (Antragsdatum auf Leistungen nach dem SGB II und Kenntniserlangung des Beigeladenen) in Betracht.
Das Bundessozialgericht geht weiter davon aus, dass das Ermessen dem Grunde und der Höhe nach auf Null reduziert ist, wenn sich der Aufenthalt eines Klägers nach sechs Monaten tatsächlichem Aufenthalt in Deutschland verfestigt hat. Eine Ermessensreduktion kommt in Betracht, wenn und weil sich der Aufenthalt von EU-Ausländern nach Ablauf von sechs Monaten tatsächlichem Aufenthalt in Deutschland, der von der Ausländerbehörde faktisch geduldet wird, so verfestigt hat, dass die Erbringung existenzsichernder Leistungen nur im Einzelfall nach Ermessen den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht mehr genügt (zuletzt BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 42 m.w.N.). Vorliegend hielten sich die am 6. August 2016 eingereisten Kläger zu 1.) und zu 3.) bei Antragstellung beim Beklagten am 21. Oktober 2015 (Kenntniserlangung des Beigeladenen) noch keine drei Monate und der am 6. September 2015 eingereiste Kläger zu 2.) noch keine zwei Monate in Deutschland auf. Damit kann auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht regelhaft eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen werden.
Der Sachverhalt gibt indessen auch keinen Anhalt dafür, dass aufgrund besonderer Umstände auch schon nach einem so kurzen Aufenthalt in Deutschland von einer solchen Verfestigung des Aufenthalts auszugehen war, dass eine Ermessensreduzierung auf Null aus anderen Gründen als der bloßen Aufenthaltsdauer eingetreten war. So war insbesondere der damals vierjährige Kläger zu 3.) noch nicht eingeschult worden und war eine eigene Wohnung noch nicht bezogen worden.
Damit bestand im streitigen Zeitraum kein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII im Wege der Ermessensreduzierung auf Null.
4. Allerdings besteht ein Anspruch der Kläger gegen den Beigeladenen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Dem vorletzten Hilfsantrag ist daher in vollem Umfang stattzugeben, der vorvorletzte Hilfsantrag hat insoweit teilweise Erfolg.
Der Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung über Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII fordert eine Ermessensausübung des Sozialhilfeträgers, an der es vorliegend fehlt. Der Beigeladene hat im gerichtlichen Verfahren lediglich erklärt (Schriftsatz vom 15. März 2018, Gerichtsakte Bl. 32): „In diesem Zeitraum [21. Oktober bis 31. Dezember 2015] hielten sich die Kläger noch nicht länger als sechs Monate im Bundesgebiet auf, so dass in diesem Zeitraum eine Aufenthaltsverfestigung im Sinne der maßgebenden BSG Rechtsprechung nicht vorliegt.“
Hier geht der Beigeladene ersichtlich davon aus, dass die einen Anspruch begründende Aufenthaltsverfestigung erst nach Ablauf von sechs Monaten eintritt. Indessen ist die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dahin zu verstehen, dass auch schon vor dem Ablauf von sechs Monaten Anspruch auf eine allerdings im Ermessen des Sozialhilfeträgers stehende Leistung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 42). Dieses Ermessen hat der Beigeladene bislang nicht ausgeübt, weil er in dem bloßen Nichtablauf der Sechsmonatsfrist einen Anspruchsausschluss gesehen hat.
Da die Kläger auf Hinweis des Gerichts im Berufungsverfahren einen Leistungsantrag gegen den Beigeladenen und darüber hinaus klarstellend einen (darin ohnehin enthaltenen) hilfsweisen Antrag auf fehlerfreie Ermessensentscheidung gestellt haben, ist der Beigeladene zu verpflichten, über den geltend gemachten Anspruch der Kläger auf Leistungen nach dem SGB XII unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in Ausübung seines Ermessens zu entscheiden. Hierbei hat der Beigeladene den Ermessenserwägungen zugrundezulegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts materiell nicht freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger im Einzelfall Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Recht der Sozialhilfe als Ermessensleistung beanspruchen können (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R –, juris 2. Leitsatz).
5. Der letzte hilfsweise gestellte Antrag, den Beigeladenen zu verurteilen, an die Kläger Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu gewähren, ist unbegründet. Es gibt keinen Anhalt dafür, dass die Kläger dem Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes unterfallen.
II. 1. Hinsichtlich des – gegenüber dem in erster Instanz gestellten Feststellungsantrag erweiterten - Antrags „festzustellen, dass der Beklagte rechtswidrig total jegliche Zahlung in welcher Form auch immer verweigert und rechtswidrig den beantragten Vorschuss vom 20.10.2015 und vom 11.11.2015 nicht in gesetzlicher Frist beschieden und nichts in gesetzlicher Frist gezahlt hat und den Verzugsschaden zu tragen hat“, ist zu unterscheiden. Soweit die Feststellung beantragt wird, „dass der Beklagte rechtswidrig total jegliche Zahlung in welcher Form auch immer verweigert“, steht der Zulässigkeit des Antrags die Subsidiarität der Feststellungsklage entgegen, die der Vermeidung überflüssiger Klagen dient (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 55 Rn. 19). Denn die Kläger haben Leistungsklage erhoben und sind mit dieser unterlegen. Soweit die Feststellung beantragt wird, „dass der Beklagte rechtswidrig den beantragten Vorschuss vom 20.10.2015 und vom 11.11.2015 nicht in gesetzlicher Frist beschieden und nichts in gesetzlicher Frist gezahlt hat“, fehlt an dem notwendigen Feststellungsinteresse wegen einer Wiederholungsgefahr, da die Kläger nach A-Stadt verzogen sind und sich damit nicht mehr im Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufhalten. Im Übrigen wäre eine Feststellungsklage zur begehrten Vorschussleistung jedenfalls auch unbegründet, weil eine Vorschusszahlung von vornherein ausscheidet, wenn ein Zahlungsanspruch, auf den der Vorschuss geleistet werden soll, nicht besteht. Es kann dabei dahinstehen, worauf die Kläger, die hierzu nichts ausgeführt haben, ihren Anspruch auf Vorschussleistung stützen wollen. Die Bestimmung des § 41a SGB II über die vorläufige Entscheidung über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen ist erst zum 1. August 2016 in Kraft getreten und kann daher einen Anspruch auf sog. Vorschussleistung vorliegend schon deshalb nicht begründen. Die §§ 42, 43 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I) setzen jeweils voraus, dass ein Anspruch auf Geldleistungen bzw. ein Anspruch auf Sozialleistungen besteht, der vorliegend - wie oben ausgeführt - gerade zu verneinen war.
2. Soweit der im Berufungsverfahren gestellte Feststellungsantrag über den in erster Instanz gestellten Antrag hinausgeht, also hinsichtlich der Feststellung, dass der Beklagte den Verzugsschaden zu tragen hat, handelt es sich um eine Klageerweiterung in der Berufung.
Eine Klageänderung und damit auch eine Klageerweiterung ist auf der Grundlage von § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 SGG grundsätzlich auch in der Berufungsinstanz zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R –, BSGE 110, 93 = juris, Rn. 12; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 99 Rn. 12 m.w.N.). Vorliegend hat sich der Beklagte rügelos auf die erweiterte Klage eingelassen.
Eine rügelose Einlassung liegt bereits vor, wenn der andere Beteiligte in der mündlichen Verhandlung oder in einem Schriftsatz einen Gegenantrag stellt oder sich zur Sache äußert (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 99 Rn. 9), ohne durch eine Gegenerklärung die Zulässigkeit der Klageänderung wenigstens vorsorglich zu rügen. Ob er sich der Rechtsfolgen seiner Erklärung beziehungsweise seines Verhaltens bewusst war, ist dabei nicht erheblich (vgl. nochmals B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 99 Rn. 9; Bieresborn, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 99 Rn. 50; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl. 2020, § 267 Rn. 1; anders wohl Bay. LSG, Urt. v. 24. Februar 2011 – L 15 SB 43/06 –, juris, Rn. 33).
Zwar hat sich der Beklagte in seiner Berufungserwiderung lediglich auf das sozialgerichtliche Urteil bezogen, das er in vollem Umfang für zutreffend halte. Jedoch hat er zum weiteren Feststellungsantrag wegen der Kostenerstattung in einem anderen Klageverfahren geltend gemacht, dass dieses hier nicht Streitgegenstand sei. Da der Beklagte sich zum Feststellungsantrag hinsichtlich des Verzugsschaden nicht in dieser Weise geäußert hat, ist im Gegenschluss hierin ein rügeloses Einlassen auf den Feststellungsantrag zum Verzugsschaden zu sehen. Dieser Antrag ist damit Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.
Er ist indessen unzulässig, weil auch insoweit der Subsidiaritätsgrundsatz gereift, weil auch hier die Leistungsklage vorrangig ist, wenn die Kläger der Auffassung sind, dass ihnen aus einem nicht näher benannten Rechtsgrund ein Anspruch auf Verzugsschaden zusteht. Der Antrag ist im Übrigen auch unbegründet. Da den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum — wie ausgeführt — materiell-rechtlich kein Leistungsanspruch gegen den Beklagten und gegen den Beigeladenen zusteht (und damit auch kein Anspruch auf einen Vorschuss), können der Beklagte und der Beigeladene nicht in Verzug mit der Erfüllung des Anspruchs geraten sein. Selbst wenn die Kläger geltend machen wollten, dass die zivilrechtlichen Vorschriften über den Ersatz eines Verzugsschadens (§§ 286 Abs. 1, 288 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) auf das Verhältnis zwischen Leistungsträger und Leistungsempfänger analog anwendbar seien (dagegen LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Oktober 2014 – L 19 AS 1287/14 B –, juris Rn. 8), so bedürfte es noch immer einer fälligen Forderung, mit deren Erfüllung der Beklagte oder der Beigeladene in Verzug hätten geraten können.
Soweit die Kläger ihren Antrag auf Feststellung des Ersatzes eines Verzugsschadens darauf stützen, dass der Beklagte amtspflichtwidrig Leistungen nicht rechtzeitig ausbezahlt hat und den Kläger daher Rechtsanwaltskosten entstanden sind oder ein nicht näher benannter sonstiger Schaden entstanden ist, kommt ausschließlich ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB in Betracht, für den der Rechtsweg zu den Zivilgerichten gegeben ist. Eine Teilverweisung wegen einer Anspruchsgrundlage desselben prozessualen Anspruchs scheidet aus (Lückemann in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 17a Rn. 1).
3. Über den Antrag festzustellen, dass der Beklagte die Kosten der Untätigkeitsklage Aktenzeichen S 24 AS 420/16 zu tragen hat, hat der Senat nicht zu entscheiden.
Ausgehend von den oben dargestellten Grundsätzen zur Klageänderung und damit auch zur Klageerweiterung in der Berufungsinstanz, ist die Klageerweiterung vorliegend als unzulässig anzusehen. Der Beklagte hat in seiner Berufungserwiderung zum Ausdruck gebracht, dass die Kostentragung im Klageverfahren S 24 AS 420/16 nicht Gegenstand des maßgebenden (hier anhängigen) Verfahrens ist. Indem er dies feststellt, hat er sich gerade nicht rügelos auf diesen Antrag eingelassen. Der Antrag ist auch offensichtlich nicht sachdienlich, da er eine in einem anderen Klageverfahren zu entscheidende (und mutmaßlich auch schon entschiedene) Frage (Kostentragung im Klageverfahren S 24 AS 429/16) betrifft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.