I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 3. Juni 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die 1981 geborene Klägerin meldete sich am 11. Dezember 2018 (Bl. 134 der Verwaltungsakte) arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Zuvor stand sie vom 8. Februar bis 14. Juli 2017 (Bl. 137 der Verwaltungsakte), vom 26. März bis 31. Mai 2018 (Bl. 149 der Verwaltungsakte), vom 18. Juni jedenfalls bis 31. August 2018 (Bl. 153, 155, 156 der Verwaltungsakte) und vom 15. Oktober bis zum 24. November 2018 (Bl. 130 der Verwaltungsakte) in versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.
Durch Bescheid vom 9. Januar 2019 (Bl. 162 der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld mit der Begründung ab, sie sei in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung weniger als zwölf Monate, nämlich nur 340 Tage, versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Hiergegen richtete sich der am 17. Januar 2019 (Bl. 166 der Verwaltungsakte) erhobene Widerspruch. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erläuterte die Beklagte durch Schreiben vom 17. Januar 2019 (Bl. 168 der Verwaltungsakte), dass die Klägerin vom 8. Februar bis 14. Juli 2017 157 Tage beschäftigt war, vom 26. März bis 31. Mai 2018 67 Tage, vom 18. Juni bis 31. August 2018 75 Tage und vom 15. Oktober bis 24. November 2018 41 Tage, insgesamt also 340 Tage. Durch Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2019 (Bl. 170 der Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach dem Eingangsstempel des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist dieser Widerspruchsbescheid bei diesem am 19. Februar 2019 (Bl. 5 der Gerichtsakte) eingegangen.
Hiergegen richtet sich die am 19. März 2019 (Bl. 1 der Gerichtsakte) beim Sozialgericht Kassel erhobene Klage. Zur Begründung trug die Klägerin vor, sie sei nicht bis 31. August 2018, sondern bis 30. September 2018 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Das Nichtbestehen eines Vergütungsanspruchs im September 2018 ändere daran nichts. Zur Begründung legte die Klägerin einen arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 15. März 2019 (Bl. 178 der Verwaltungsakte) vor, der beim Arbeitsgericht Kassel zum Aktenzeichen 2 CA 28/19 geschlossen wurde, wonach sich die Arbeitsvertragsparteien einig seien, dass das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen mit Ablauf des 30. September 2018 ende, wobei für den Monat September 2018 keinerlei Vergütungsansprüche bestünden. Somit sei § 7 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) anzuwenden, wonach eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend gelte, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauere, jedoch nicht länger als einen Monat. Somit habe die Versicherungspflicht für die Dauer der Arbeitsunterbrechung ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortbestanden. Damit sei aber auch die Anwartschaftszeit erfüllt.
Die Klägerin beantragte, den Bescheid vom 9. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ab 11. Dezember 2018 in gesetzlichem Umfang zu gewähren. Die Beklagte trat dem entgegen. Zur Begründung ihres Antrags verwies die Beklagte auf die Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren.
Mit Urteil vom 3. Juni 2019 hob das Sozialgericht Kassel den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2019 auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin Arbeitslosengeld ab 11. Dezember 2018 in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Die zulässige Klage sei begründet.
Der Bescheid vom 9. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2019 sei rechtswidrig. Die Klägerin werde hierdurch in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin Arbeitslosengeld ab 11. Dezember 2018 in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Die Klägerin habe einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 11. Dezember 2018.
Dies ergebe sich aus § 136 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) wonach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätten.
Die Klägerin sei arbeitslos.
Nach § 137 Abs. 1 SGB III habe Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit wer
1. arbeitslos sei,
2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und
3. die Anwartschaftszeit erfüllt habe.
Unstreitig sei die Klägerin arbeitslos und habe sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Sie habe darüber hinaus auch die Anwartschaftszeit erfüllt.
Nach § 142 Abs. 1 SGB III habe die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143 SGB III) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe.
Nach § 143 Abs. 1 SGB III betrage die Rahmenfrist zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
In der Rahmenfrist, die vom 11. Dezember 2016 bis 10. Dezember 2018 laufe, habe die Klägerin 370 Tage Versicherungszeiten nachgewiesen. Unstreitig sei dies für die Zeit vom 8. Februar 2017 bis 14. Juli 2017, 26. März 2018 bis 31. Mai 2018, 18. Juni 2018 bis 31. August 2018 und 15. Oktober 2018 bis 24. November 2018.
Aber auch in der Zeit vom 1. bis 30. September 2018 habe die Klägerin in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, wie sich aus dem beim Arbeitsgericht Kassel am 15. März 2019 geschlossenen Vergleich ergebe. Ein arbeitsgerichtlicher Vergleich habe zwar für die nicht an dem Verfahren Beteiligten, wie ein arbeitsgerichtliches Urteil, keine Tatbestandswirkung (vgl. nur BSG vom 9. Mai 1995, 10 RAr 5/94, Rz. 23). Indessen sei zu beachten, dass es unter dem Gesichtspunkt der Respektierung von Hoheitsakten anderer Staatsorgane durch die Verwaltung opportun sei, den dort geschlossenen Vereinbarungen zu folgen (vgl. BSG vom 30. Juli 1981, 10/8b RAr 4/80, Rz. 16).
Nach § 24 Abs. 1 SGB III stünden in einem Versicherungspflichtverhältnis Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig seien. Nach Abs. 4 der Vorschrift ende für Beschäftigte das Versicherungspflichtverhältnis mit dem Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis.
Nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sei Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Entgeltlichkeit sei zwar kein ausdrücklich konstituierendes Element der Beschäftigung. Da die Norm indessen das Arbeitsverhältnis als Normalfall des rechtlichen Rahmens einer Beschäftigung hervorhebe und dieses seinerseits durch Entgelt konstitutiv bestimmt sei, komme zum Ausdruck, dass die Modalitäten der Entgeltlichkeit für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung vorliege, regelmäßig erheblich seien (Berchtold in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 6. Auflage 2019, § 7 SGB IV, Rz.8 mwN).
Auch die Zeit des Fortbestandes eines Arbeitsverhältnisses ohne Entgeltzahlung für die Dauer von bis zu einem Monat gelte indessen als Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt, so dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin vorliegend am 30. September 2018 geendet habe.
Nach § 7 Abs. 3 S. 1 SGB IV gelte eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt nämlich als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauere, jedoch nicht länger als einen Monat. Welche Motive die Arbeitsvertragsparteien bei Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleiches hatten, spiele bei der Frage der Fortdauer des Versicherungspflichtverhältnisses keine Dauer und habe unbeachtlich bleiben müssen.
Da die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld unstreitig vorgelegen hätten, sei die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen gewesen.
Dieses Urteil wurde der Beklagten am 24. Juni 2019 (Bl. 50 der Gerichtsakte) zugestellt. Dagegen hat sie am 15. Juli 2019 (Bl. 54 der Gerichtsakte) Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Die Beklagte weist darauf hin, dass nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III nur Personen versicherungspflichtig seien, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt seien. Zwar stelle § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV hinsichtlich der grundsätzlich geforderten Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt eine Ausnahme dar, da nach dieser Vorschrift eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend gelte, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauere, jedoch nicht länger als einen Monat. Die Beklagte ist der Auffassung, dass sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebe, dass das Beschäftigungsverhältnis fortdauern müsse, es sich mithin um eine Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses handeln müsse. Diese sei nicht gegeben, wenn zu Beginn des Zeitpunkts des Wegfalls des Arbeitsentgeltanspruchs feststehe, dass das Beschäftigungsverhältnis gar nicht mehr fortgesetzt werden solle. Mit § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV habe der Gesetzgeber zum 1. Januar 1999 die Unterbrechungsfälle für die Renten , Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung einheitlich geregelt und die in § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und in § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB III enthaltenen Regelungen auf die gesetzliche Rentenversicherung erstreckt (BT-Drs. 13/8011, S.68). Zuvor sei die Unterbrechung der Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt in der Arbeitslosenversicherung in § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB III (im AFG in § 104 Abs. 1 Satz 3) geregelt gewesen. Die Gesetzesbegründung zu § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB III spreche ausdrücklich von Unterbrechungen der Entgeltzahlung und nehme Bezug auf die Vorgängerregelung im AFG (BT-Drs. 13/4941, S. 158). Das Bundessozialgericht führe im Zusammenhang mit § 104 Abs. 1 Satz 3 AFG in seinem Urteil vom 15. Dezember 1999 (B 11 AL 51/99 R) aus, „kurze Unterbrechungen im Vollzug des Arbeitsverhältnisses sollten für die Anwartschaftszeit unerheblich sein, wenn und solange das Arbeitsverhältnis nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien aufrechterhalten und fortgesetzt werden sollte“. Allein der Fortbestand des arbeitsvertraglichen Bandes genüge nicht (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2012, B 11 AL 16/11 R). § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV betreffe nur Fälle, in denen vorübergehend Arbeitsentgelt nicht gezahlt werde, das Beschäftigungsverhältnis jedoch fortdauere. Hierbei handele es sich um Unterbrechungen wegen z.B. unbezahltem Urlaub, unentschuldigtem Fernbleiben. Mit der Regelung sollten verwaltungsaufwendige An- und Abmeldungen zur Sozialversicherung vermieden werden. Sei das Beschäftigungsverhältnis jedoch beendet worden, so liege eine Unterbrechung nicht vor und § 7 Abs. 3 SGB IV finde keine Anwendung. Das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin habe daher am 31. August 2018 geendet. Aus den vorliegenden Unterlagen und dem arbeitsgerichtlichen Vergleich ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin und der Arbeitgeber die Absicht gehabt hätten, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Die Beendigung der Beschäftigung werde seitens des Arbeitgebers durch die im September 2018 korrigierten Gehaltsabrechnungen dokumentiert, die das Austrittsdatum 31. August 2018 enthielten. Auch die Klägerin habe in ihrer Erklärung zum vorläufigen Ersatz einer Arbeitsbescheinigung vom 21. Dezember 2018 angegeben, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2018 durch den Arbeitgeber gekündigt worden sei. Auch sie sei daher von einem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 31. August 2018 ausgegangen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 3. Juni 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Sie ist der Auffassung, dass sich aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV nicht ergebe, dass dieser nur in den Fällen einer Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses anzuwenden sei bzw. es sich um eine Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses handeln müsse. Im Übrigen habe sie ihre Arbeitsleistung im September 2018 noch nicht endgültig eingestellt, so dass das Beschäftigungsverhältnis fortbestanden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakte sowie auf Kopien der beigezogenen Gerichtsakte des Arbeitsgerichts Kassel mit dem Az. 2 Ca 28/19 Bezug genommen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 SGG eingelegt worden.
Die Berufung ist auch begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2019, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Arbeitslosengeld vom 11. Dezember 2018 abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld ist nach § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III u.a. die Erfüllung der Anwartschaftszeit. Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143 SGB III) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat.
Nach § 143 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung (a.F.) beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die Klägerin hat in der Rahmenfrist, die vom 11. Dezember 2016 bis 10. Dezember 2018 läuft, 340 Tage Versicherungszeiten nachgewiesen (8. Februar bis 14. Juli 2017: 157 Tage, vom 26. März bis 31. Mai 2018: 67 Tage, vom 18. Juni bis 31. August 2018: 75 Tage und vom 15. Oktober bis 24. November 2018 41 Tage).
Trotz des von der Klägerin mit ihrem Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Kassel geschlossenen arbeitsgerichtlichen Vergleiches vom 15. März 2019, wonach sich die Arbeitsvertragsparteien einig sind, dass das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen mit Ablauf des 30. September 2018 endet, wobei für den Monat September 2018 keinerlei Vergütungsansprüche bestehen, hat die Klägerin in der Zeit vom 1. bis 30. September 2018 nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und damit die Anwartschaftszeit von mindestens zwölf Monaten nicht erfüllt.
Nach § 24 Abs. 1 SGB III stehen in einem Versicherungspflichtverhältnis Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Nach § 24 Abs. 4 SGB III endet für Beschäftigte das Versicherungspflichtverhältnis mit dem Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (versicherungspflichtige Beschäftigung), versicherungspflichtig. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gegen Entgelt war die Klägerin, wie sich aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich der Klägerin mit ihrem Arbeitgeber vom 15. März 2019 und den Lohnabrechnungen ihres Arbeitgebers für August und September 2018 ergibt, nur bis zum 31. August 2018 beschäftigt, so dass ihre Versicherungspflicht nach §§ 25 Abs. 1 Satz 1, 24 Abs. 4 SGB III am 31. August 2018 geendet hat. Nach § 7 Absatz 3 Satz 1 SGB IV gilt jedoch eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin war zwar nach dem von der Klägerin mit ihrem Arbeitgeber geschlossenen arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 15. März 2019 nicht bereits am 31. August 2018, sondern erst am 30. September 2018 beendet. Das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin im beitragsrechtlichen Sinne endete jedoch am 31. August 2018.
Ein Beschäftigungsverhältnis im beitragsrechtlichen Sinn besteht nicht stets, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht (BSG, Urteil vom 4. Juli 2012, B 11 AL 16/11 R, Juris, Rdnr. 23 m.w.N.). Entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse (BSG, Urteil vom 4. Juli 2012, B 11 AL 16/11 R, Juris, Rdnr. 23 m.w.N.). So müssen bei faktischer Beschäftigungslosigkeit Arbeitgeber wie Arbeitnehmer den Willen zur (wenn auch künftigen) Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses dokumentieren (BSG, Urteil vom 4. Juli 2012, B 11 AL 16/11 R, Juris, Rdnr. 23 m.w.N.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13. Dezember 2001, L 8 AL 368/00, Juris, Rdnr. 33; BSG, Urteil vom 15. Dezember 1999, B 11 AL 51/99 R, Juris, Rdnr. 23 zu § 104 Abs. 1 Satz 3 AFG; BSG, Urteil vom 21. August 1997, 12 BK 63/97, Juris, Rdnr. 7 zu § 168 AFG; BSG, Urteil vom 19. März 1992, 7 Rar 82/91, Juris, Rdnr. 24 m.w.N. zu § 168 AFG; vgl. auch Brand, in: Brand, SGB III, 8. Auflage 2018, § 24 Rdnr. 12 m.w.N.). Besteht ein solcher Fortsetzungswille nicht, endet auch bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses das eine Anwartschaftszeit begründende Versicherungspflichtverhältnis mit dem tatsächlichen Ende der Beschäftigung, also dann, wenn Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt tatsächlich nicht mehr erbracht werden und der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet oder seine (arbeitsrechtliche) faktische Verfügungsmöglichkeit nicht wahrnimmt (BSG, Urteil vom 4. Juli 2012, B 11 AL 16/11 R, Juris, Rdnr. 23 m.w.N.; vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27. Januar 2015, L 10 AL 333/13, Rdnr. 18 f. m.w.N. im Umkehrschluss aus § 7 Abs. 1a SGB IV bei fehlendem Entgelt). Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Klägerin war im September 2018 faktisch beschäftigungslos, da die Klägerin aufgrund einer Auseinandersetzung in ihrem Betrieb am 30. Juli 2018 das letzte Mal tatsächlich beschäftigt war (Bl. 3 der Gerichtsakte des Arbeitsgerichts Kassel mit dem Az. 2 Ca 28/19). Ein Entgeltanspruch bestand nur noch für den Monat August 2018, jedoch nicht mehr für den Monat September 2018, da in dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 15. März 2019 ausdrücklich geregelt ist, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass für den Monat September 2018 keinerlei Vergütungsansprüche bestehen. Damit wurden Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt im und für September 2018 tatsächlich nicht mehr erbracht. Außerdem bestand der Wille zur Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr, da der arbeitsgerichtliche Vergleich vom 15. März 2019 vorsieht, dass das Arbeitsverhältnis insgesamt nicht mehr fortgesetzt werden soll. Damit endete das beitragsrechtliche Beschäftigungsverhältnis der Klägerin am 31. August 2018, so dass die Anwartschaftszeit von zwölf Monaten, die Voraussetzung für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ist, nicht erfüllt ist.
Daran ändert auch die Regelung des § 7 Abs. 3 SGB IV nichts. Sie soll das Beschäftigungsverhältnis nur bei kürzeren leistungslosen Unterbrechungen von fortbestehenden Arbeitsverhältnissen fortbestehen lassen, um so kurzzeitige An- und Abmeldungen zur Sozialversicherung zu vermeiden (Rittweger, BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 57. Edition, Stand 1. Juni 2020, § 7 SGB IV Rdnr. 17; vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27. Januar 2015, L 10 AL 333/13, Rdnr. 20 m.w.N.). Sie erfasst damit Fallgestaltungen, bei denen regelmäßige Ansprüche auf Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung vorübergehend nicht entstehen (Berchtold, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 6. Auflage 2019, § 7 SGB IV Rdnr. 80). Die Gesetzesbegründung zur Regelung des § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB III a.F., der Vorgängerregelung zu § 7 Abs. 3 SGB IV, spricht davon, dass die Regelung in Nummer 2, nach den Unterbrechungen der Entgeltzahlung von bis zu einem Monat den Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung nicht beeinträchtigen, die bisher in § 104 Abs. 1 Satz 3 AFG enthaltene leistungsrechtliche Sonderregelung übernimmt (BT-Drs. 13/4941, S. 157 f.). Eine solche Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses mit einem vorübergehenden Wegfall des Entgeltanspruchs liegt im Fall der Klägerin nicht vor, weil beide Arbeitsvertragsparteien nach ihren Auseinandersetzungen im Betrieb am 30. Juli 2018 das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen wollten und der fehlende Vollzug des Beschäftigungsverhältnisses damit nicht vorübergehend war und daher auch keine bloße Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses dargestellt hat (zu einem solchen Fall siehe auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27. Januar 2015, L 10 AL 333/13, Rdnr. 20 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.