L 8 KR 222/20

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 34 KR 590/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 222/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die Richtlinie 2005/36/EG dient der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen, nicht jedoch der Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet der Krankenversicherung. 

Die Zulassung zur kassenärztlichen Versorgung wird vom Regelungsgehalt der Richtlinie 2005/36/EG nicht umfasst.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im Streit steht die Erstattung von Kosten einer zahnärztlichen Behandlung.

Der 1978 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger reichte der Beklagten am 19. April 2016 einen Heil- und Kostenplan der Zahnärztin Dr. C. bezüglich einer Kronenbehandlung ein. Am 4. Mai 2016 erklärte sich die Beklagte diesbezüglich bereit, den Festzuschuss i.H.v. 657,89 € zu übernehmen. Mit E-Mail vom 19. Mai 2016 übersandte der Kläger der Beklagten die Kopie einer Seite mit Informationen der „Zahnarzt-Praxis „D." in A-Stadt“, auf dem von einem namentlich nicht benannten Zahnarzt mit 25 Jahren Berufserfahrung u.a. angegeben wird, nicht selber direkt mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen zu können. Die Patienten sollten daher mit einem bereits genehmigten Heil- und Kostenplan eines anderen Zahnarztes zum ihm kommen. Weiter heißt es darin wörtlich: „Sie werden dann von mir aufgeklärt, dass ich nicht direkt mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechne… Die Kasse zahlt dann den Festzuschuss direkt an den Patienten“. Nach Mitteilung des Klägers, dass es sich bei dem Zahnarzt um Dr. E. handele, teilte die Beklagte diesem per E-Mail vom 20. Mai 2016 mit, dass sie eine Vorgehensweise in der beschriebenen Form nicht akzeptieren könne.

Nach der durchgeführten Behandlung übersandte der Kläger der Beklagten am 23. Juni 2016 u.a. eine Rechnung von Dr. E. vom 6. Juni 2016 in Höhe von insgesamt 1.414 € mit dem Antrag auf Kostenerstattung hinsichtlich des Festzuschusses i.H.v. 657,89 €. Beigefügt war die Kopie eines Kammerausweises der Zahnärztekammer F-Stadt für Dr. E.. Die Rechnung war unter der Praxisadresse von Dr. E. in F-Stadt ausgestellt und enthielt den Hinweis, dass dieser auch in einer vorübergehenden innergemeinschaftlichen Betriebsstätte in A-Stadt praktiziere. 

Mit Bescheid vom 7. Juli 2016 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung der durchgeführten zahnärztlichen Behandlung ab. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2016 zurück. Da der behandelnde Zahnarzt Dr. E. über keine Zulassung in Deutschland verfüge und auch keine Meldung bei der zuständigen Zahnärztekammer vorliege, begründe die dortige Behandlung keine Erstattungspflicht der Beklagten.

Hiergegen richtet sich die am 30. September 2016 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhobene Klage.  Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, Dr. E. habe der Landeszahnärztekammer Hessen am 19. April 2016 eine Erneuerungsanzeige für das Jahr 2016 über seine gelegentliche und vorübergehende Berufsausübung in A-Stadt zugesandt. Gemäß Art. 6 b der Richtlinie 2005/36/EG sei Dr. E. als in Italien niedergelassener Zahnarzt im Hinblick auf die Abrechnung von der Kassenzulassung bzw. Mitgliedschaft in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts befreit.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Juli 2020 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die durchgeführte Zahnbehandlung bei dem Zahnarzt Dr. E. nach der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 13 Abs. 3 Fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V). Zunächst habe unstreitig weder ein Notfall noch eine andere dringliche Bedarfslage vorgelegen. Eine dringend gebotene Behandlungsbedürftigkeit sei auch vom Kläger nicht geltend gemacht worden. Entgegen dessen Ansicht sei die beantragte Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt worden. Der Anspruch des Klägers scheitere daran, dass er einen Zahnarzt in Anspruch genommen habe, der im Zeitpunkt der Behandlung nicht zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen gewesen sei. Dies ergebe sich unter anderem aus der Regelung des § 76 Abs. 1 SGB V, wonach die Versicherten unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen oder ermächtigten (Zahn-) Ärzten frei wählen könnten. Der Anspruch auf Kostenerstattung ergebe sich auch nicht aus Art. 6 Abs. 1 b) der Richtlinie 2005/36/EG. Vorliegend sei Dr. E. zwar in Italien zugelassener Zahnarzt. Diese Zulassung könne jedoch die fehlende Zulassung in der Bundesrepublik nicht ersetzen. Die Richtlinie 2005/36/EG diene der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen, nicht jedoch der Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Krankenversicherungsrechts. Sie habe den Zweck, Diskriminierungen aufgrund anderweitig erworbenen Berufsqualifikationen zu vermeiden. Dr. E. werde als ein in Italien zugelassener Zahnarzt nicht anders behandelt als in Deutschland approbierte Zahnärzte, die zur vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen seien. Es liege daher kein Fall der Diskriminierung vor, da Dr. E. als Zahnarzt in Deutschland praktizieren, jedoch wie andere in Deutschland approbierte Zahnärzte gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen nur mit Zulassung abrechnen könne. Eine andere Beurteilung würde zu einer unzulässigen lnländerdiskriminierung führen und dem Sinn und Zweck des Systems der sozialen Krankenversicherung widersprechen, da nicht zugelassene Ärzte nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V unterlägen. Das Erfordernis der Zulassung tangiere daher auch nicht die Dienstleistungsfreiheit von Dr. E.. Die Artikel 49 ff. des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) sähen keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit vor. Die materiellen und formellen Unterschiede zwischen den Systemen der sozialen Sicherheit der einzelnen Mitgliedstaaten und folglich zwischen den Ansprüchen der dort Beschäftigten würden somit durch die Bestimmungen des EG-Vertrags nicht berührt. Die Kammer habe aus den genannten Gründen auch keine Veranlassung gesehen, dem Gerichtshof der Europäischen Union die Auslegung der Richtlinie 2005/36 im Wege der Vorabentscheidung gemäß Art. 237 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zur Entscheidung vorzulegen. 

Das Urteil ist am 14. Juli 2020 an die Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt worden. Die Berufung des Klägers ist am 31. Juli 2020 am Hessischen Landessozialgericht eingegangen.

Der Kläger ist der Ansicht, das Sozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Zulassung von Dr. E. in Italien dessen fehlende Zulassung in Deutschland nicht ersetzen könne. Aufgrund Art 6 Abs. 1a der zur Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU ergangenen Richtlinie 2005/36/EG sei Dr. E. von der Zulassung befreit. Hierzu habe dieser am 19. April 2016 auch die nach Art 7 Abs. 1 der RL erforderliche Meldung an die Landeszahnärztekammer Hessen vorgenommen. 

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juli 2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2016 aufzuheben und dem Kläger einen Betrag in Höhe von 773,89 € zu erstatten sowie festzustellen, dass von der Beklagten bei der Rechnungserstattung keine Verwaltungskosten in Abzug gebracht werden dürfen,
hilfsweise,
die Einleitung eines Vorlageverfahrens an den Europäischen Gerichtshof nach Art 234 EG, da die Auslegung europäischen Rechts – RL 2005/36 EG – betroffen ist.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die angeführte Richtlinie diene dem Zweck der Ermöglichung der beruflichen Tätigkeit ohne nationale Beschränkungen. Dies könne sich vom Sinn und Zweck her nur auf die Ermöglichung der Ausübung als solche beziehen, befreie aber keinesfalls von nationalen Regelungen, die die Modalitäten der beruflichen Tätigkeiten festlegen, wie etwa die Abrechnung. Danach sei eine Abrechnung gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse nur möglich, wenn eine entsprechende Kassenzulassung vorliege. Diese Einschränkung gelte auch für ausländische Zahnärzte. Hierdurch werde die Aufrechterhaltung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht tangiert, denn dieser werde durch die Möglichkeit der Tätigkeit als solche und der der privaten Abrechnung sichergestellt.

Der Senat hat die Behandlungsunterlagen von Dr. E. bezüglich der streitgegenständlichen Zahnbehandlung sowie Auskünfte und Unterlagen von der Landeszahnärztekammer Hessen und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen eingeholt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstands, der Gegenstand der Beratung des Senats war, wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 152, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Urteil vom 7. Juli 2020 sowie der Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2016 sind nicht zu beanstanden und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Erstattung von Kosten der bei Dr. E. durchgeführten zahnärztlichen Behandlung zu. 

Bezüglich der gesetzlichen Anspruchsgrundlagen für die Erstattung der Kosten für eine selbstbeschaffte Behandlungsmaßnahme nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug und sieht insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich der geltend gemachte Anspruch des Klägers weder aus einer eilbedürftigen Behandlungsnotwendigkeit ergab – was vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden ist – noch seitens der Beklagten die Erbringung der Sachleistung in Form der zahnärztlichen Behandlung durch Dr. E. zu Unrechtrecht abgelehnt worden ist. Letzterem steht entgegen, dass Dr. E. nicht zur kassenärztlichen Behandlung von Versicherten der Beklagten zugelassen ist. Nach § 76 Abs. 1 S. 1 SGB V können die Versicherten unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b SGB V an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2 SGB V, den nach § 72a Abs. 3 SGB V vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 SGB V frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden (§ 76 Abs. 1 S. 2 SGB V). Dr. E. ist ein in Italien niedergelassener Zahnarzt, der teilweise auch in A-Stadt praktiziert. Hier bzw. in Deutschland hat dieser allerdings keine kassenärztliche Zulassung und unterfällt auch keinem sonstigen der in § 76 Abs. 1 S. 1 SGB V genannten Tatbestände.

Bei der Behandlung des Klägers durch Dr E. hat es sich zunächst zweifelfrei nicht um einen Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V gehandelt. Dies wird vom Kläger nicht geltend gemacht und ist für den Senat auch ansonsten nicht ersichtlich.

Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich die Befugnis zur Durchführung von Behandlungsmaßnahmen als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung vorliegend auch nicht aus der Europäischen Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG, dessen von dem Kläger in Bezug genommene Artikel 6 wie folgt lautet:
Gemäß Artikel 5 Absatz 1 befreit der Aufnahmemitgliedstaat den Dienstleister, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, insbesondere von den folgenden Erfordernissen, die er an die in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Berufsangehörigen stellt:
a)
Zulassung, Eintragung oder Mitgliedschaft bei einer Berufsorganisation. Um die Anwendung der in ihrem Hoheitsgebiet geltenden Disziplinarbestimmungen gemäß Artikel 5 Absatz 3 zu erleichtern, können die Mitgliedstaaten entweder eine automatische vorübergehende Eintragung oder eine Pro-Forma-Mitgliedschaft bei einer solchen Berufsorganisation vorsehen, sofern diese Eintragung oder Mitgliedschaft die Erbringung der Dienstleistungen in keiner Weise verzögert oder erschwert und für den Dienstleister keine zusätzlichen Kosten verursacht. Die zuständige Behörde übermittelt der betreffenden Berufsorganisation eine Kopie der Meldung und gegebenenfalls der erneuerten Meldung nach Artikel 7 Absatz 1, der im Falle der in Artikel 7 Absatz 4 genannten Berufe, die die öffentliche Gesundheit und Sicherheit berühren, oder im Falle von Berufen, die unter die automatische Anerkennung nach Artikel III Kapitel III fallen, eine Kopie der in Artikel 7 Absatz 2 genannten Dokumente beizufügen ist; für die Zwecke der Befreiung gilt dies als automatische vorübergehende Eintragung oder Pro-Forma-Mitgliedschaft.
b)
Mitgliedschaft bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Bereich der sozialen Sicherheit zur Abrechnung mit einem Versicherer für Tätigkeiten zugunsten von Sozialversicherten.
Der Dienstleister unterrichtet jedoch zuvor oder in dringenden Fällen nachträglich die in Absatz 1 Buchstabe b bezeichnete Körperschaft von der Erbringung seiner Dienstleistungen.

Wie vom Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt worden ist, dient die Richtlinie 2005/36/EG der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen, nicht jedoch der Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Krankenversicherungsrechts. Hierdurch sollen Diskriminierungen aufgrund im europäischen Ausland erworbener Berufsqualifikationen vermieden werden. Eine solche Diskriminierungen besteht vorliegend nicht. Vielmehr wird Dr. E. aufgrund seiner berufsrechtlichen Zulassung in Italien nicht anders behandelt als in Deutschland approbierte Zahnärzte, die zur vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen sind. Die von der Richtlinie 2005/36/EG geschützte Dienstleistungsfreiheit wird im Falle von Dr. E. nicht verletzt, da es diesem nicht verwehrt ist in Deutschland als Zahnarzt zu praktizieren. Dieser wird vorliegend auch nicht als in Italien ansässiger und zugelassener Zahnarzt diskriminiert, da er wie andere in Deutschland approbierte Zahnärzte gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen nur mit Zulassung zur kassenärztlichen Versorgung abrechnen kann. 

Die vorliegend streitgegenständliche Zulassung von Dr. E. zur kassenärztlichen Versorgung wird vom Regelungsgehalt der Richtlinie 2005/36/EG hingegen nicht umfasst. Art. 4 ("Gegenstand der Richtlinie") der Richtlinie 2005/36 bestimmt in Abs. 1: Die Anerkennung der Berufsqualifikationen durch den Aufnahmemitgliedstaat ermöglicht der begünstigten Person, in diesem Mitgliedstaat denselben Beruf wie den, für den sie in ihrem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert ist, aufzunehmen und unter denselben Voraussetzungen wie Inländer auszuüben. Damit bezweckt die Richtlinie eine Harmonisierung der einzelstaatlichen Regelungen im Hinblick auf den Erwerb und die Anerkennung beruflicher Qualifikationen. Demgegenüber enthält vorgenannte Bestimmung keine Ausführungen zur Teilnahme an der Sachleistungserbringung im Rahmen der einzelstaatlich geregelten Systeme der gesetzlichen Krankenversicherung.

Nach ErwG 38 berühren Bestimmungen der Richtlinie 2005/36/EG die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Gestaltung ihres nationalen Sozialversicherungssystems und die Festlegung der Tätigkeiten nicht, die im Rahmen dieses Systems ausgeübt werden müssen. Die Richtlinie 2005/36/EG beschränkt sich demgemäß mit Ausnahme derjenigen Regelungen, auf deren Harmonisierung sich die Mitgliedstaaten für die Ausübung reglementierter Berufe in den Systemen der nationalen sozialen Sicherung verständigt haben, auf die Anerkennung von Berufsqualifikationen und regelt keine weiteren sozialrechtlichen Aspekte für die grenzüberschreitenden Leistungserbringer (Schäfer, NZS 2020, 525, 530 unter Hinweis auf Zaglmeyer, Anerkennung von Gesundheitsberufen in Europa, 2016, Rn. 8.30). 

Nach Art. 168 Abs. 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) wird die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung bei der Tätigkeit der Union gewahrt. Die Verantwortung der Mitgliedstaaten umfasst die Verwaltung des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung sowie die Zuweisung der dafür bereitgestellten Mittel (Art. 168 AEUV in der Fassung von 2016). Damit lässt das Unionsrecht in seiner Konkretisierung durch die Rechtsprechung und den 26. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit und insbesondere für den Erlass von Vorschriften zur Organisation von Diensten im Gesundheitswesen unberührt. Jedoch müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Zuständigkeit das Unionsrecht und insbesondere die Vertragsbestimmungen über die Grundfreiheiten beachten; diese Bestimmungen untersagen es den Mitgliedstaaten, ungerechtfertigte Beschränkungen der Ausübung dieser Freiheiten im Bereich der Gesundheitsversorgung einzuführen oder beizubehalten (EuGH, Urteil vom 1. Juni 2010 – C-570/07 und C-571/07 –, juris Rn. 43, juris unter Hinweis auf Urteil Hartlauer, Rn. 29, vom 19. Mai 2009, Kommission/Italien, C- 31/06, Slg. 2009, I-0000, Rn. 35, und vom 19. Mai 2009, Apothekerkammer des Saarlandes u. a., C-171/07 und C-172/07, Slg. 2009, I-0000, Rn. 18).

Die vorliegend streitgegenständliche Frage der Zulassung von Dr. E. zur kassenzahnärztlichen Versorgung wird folglich von den vorgenannten europarechtlichen Regelungen nicht berührt. Damit lässt sich im Ergebnis auch durch die genannten europarechtlichen Regelungen kein Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf die Versorgung mit zahnärztlichen Behandlungsmaßnahmen durch Dr. E. bzw. auf Erstattung der von ihm selbst getragenen Kosten nach Ablehnung des Versorgungsanspruchs begründen.

Aus den vorgenannten Gründen sieht der Senat auch keine Veranlassung für die Einleitung eines Vorlageverfahrens an den Europäischen Gerichtshof. Entgegen der Ansicht des Klägers bedarf es für die vorliegende Entscheidung nicht der Auslegung der vom ihm zitierten europarechtlichen Bestimmungen, da diese hier nicht einschlägig sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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