Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 12. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht der Zeitpunkt für die Auszahlung von Pflegegeld.
Der 1974 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich pflegeversichert und bezieht derzeit auf der Grundlage eines Bescheides vom 18. Oktober 2017 von der Beklagten Leistungen nach dem Pflegegrad 3.
Am 29. März 2018 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben und darin die Auszahlung des Pflegegeldes jeweils spätestens zum Monatsersten, im Falle eines Feiertags bereits vor dem Monatsersten begehrt. Die Beklagte habe auf seine diesbezügliche Anfrage seit Monaten nicht reagiert.
Im Hinblick auf den vom Kläger geforderten Zeitpunkt der Auszahlung des Pflegegeldes ist seitens der Beklagten weder ein Bescheid noch ein Widerspruchsbescheid erlassen worden. Die Beklagte hat vorgetragen, sie weise das Pflegegeld jeweils zum Monatsersten an. Falle der Monatserste auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verschiebe sich die Auszahlung auf den nächsten Werktag im Monat. Diese Praxis sei rechtmäßig.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12. Oktober 2018 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, soweit sie auf Auszahlung des Pflegegeldes jeweils am Monatsersten gerichtet ist, wenn dieser auf einen Werktag fällt, da dies von der Beklagten bereits so praktiziert werde. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Auszahlung des Pflegegeldes bereits vor dem Monatsersten, wenn dieser auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag falle. Das Sozialgesetzbuch - Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) enthalte keine ausdrückliche Regelung zur Fälligkeit des Anspruchs auf Pflegegeld. Anzuwenden seien daher die allgemeinen Regelungen in § 41 i.V.m. § 40 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB l). Gemäß § 41 SGB I würden Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig, soweit in den besonderen Teile des Sozialgesetzbuches keine Regelung enthalten seien. Gemäß § 40 Abs. 1 SGB I entstünden Ansprüche auf Sozialleistungen sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Danach hänge die Fälligkeit des Pflegegeldes davon ab, wann die in § 37 SGB XI genannten Leistungsvoraussetzungen vorliegen. Für die bis zum Inkrafttreten des Leistungsrechts des SGB XI geltende Vorschrift des § 57 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zur Gewährung von Pflegegeld bei Schwerpflegebedürftigkeit habe das Bundessozialgericht entschieden, dass der Anspruch jeweils am Anfang und nicht erst am Ende eines Kalendermonats fällig werde (BSG, Urteil vom 25. Oktober 1994 - 3/1 RK 51/93 -). Aus diesem Fälligkeitszeitpunkt ergebe sich indes nicht, dass das Pflegegeld grundsätzlich auch genau am 1. Kalendertag des Monats, für das es gezahlt wird, zur Verfügung stehen müsse. Fälligkeit bezeichne im Sozialrecht wie im Zivilrecht (§ 271 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) den Zeitpunkt, ab dem der Berechtigte die Möglichkeit habe, die Leistung sofort beim Versicherungsträger mit Erfolg geltend zu machen bzw. den Zeitpunkt, in dem der Schuldner die Leistung spätestens bewirken müsse. Bei Geldschulden sei der Wohnsitz des Schuldners gemäß § 269 Abs. 1 i.V.m. § 270 Abs. 4 BGB Leistungsort. Somit sei für die Rechtzeitigkeit der Leistung entscheidend, wann der Schuldner das zur Übermittlung des Geldes seinerseits Erforderliche getan habe, also wann die Leistungshandlung erfolgt sei. Bei Zahlung durch Überweisung sei die Leistungshandlung rechtzeitig, wenn der Überweisungsauftrag vor Fristablauf bei dem Geldinstitut eingehe und auf dem Konto der überweisenden Deckung vorhanden sei. Nach § 675c ff. 663 BGB sei die Leistungshandlung dann vollendet, wenn die Bank den Überweisungsantrag durch Bearbeitung konkludent angenommen habe. Da die Leistungshandlung und nicht der Eintritt des Leistungserfolges entscheidend sei, komme es auf die Abbuchung vom Schuldnerkonto oder die Gutschrift auf dem Gläubigerkonto nicht an. Danach genüge die Beklagte ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber einem Bezieher von Pflegegeld bereits dann, wenn sie das Pflegegeld am Ersten eines Kalendermonats anweise und zwar unabhängig davon, wann dieses Geld auf dem Konto des Versicherten gutgeschrieben werde. Falle der erste Tag des Kalendermonats auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag und werde dadurch die Leistungsbewirkung faktisch unmöglich, genüge die Beklagte ihrer Leistungsverpflichtung, wenn sie das Pflegegeld am erstmöglichen Termin nach Fälligkeit, also dem ersten Werktag im Monat, anweise (Bezug auf Urteil des Senats vom 30. Oktober 2008 - L 8 P 19/07, juris, Rn. 22; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2003 - L 6 (16) P 40/02, juris, Rn. 24). Die Beklagte sei nicht verpflichtet, dem Kläger Zugriff auf das Pflegegeld bereits um 0.00 Uhr des ersten Tages des Monats zu ermöglichen, für den das Pflegegeld bestimmt sei. Bei bargeldloser Zahlung würde eine solche Verpflichtung ansonsten praktisch bedeuten, dass das Geld spätestens am letzten Bankarbeitstag des vorangegangenen Kalendermonats dem Konto des Leistungsberechtigten gutgeschrieben sein müsste. Eine solche zeitlich vorverlagerte Zahlungsverpflichtung sehe weder das Gesetz vor noch führe eine gesetzeskonforme Auslegung zu dem Ergebnis, dass die Zahlung des Pflegegeldes nach dem SGB XI am ersten Kalendertag bewirkt sein müsse. Auch ein Vergleich mit anderen Leistungsgesetzen, die den Zahlungszeitpunkt ausdrücklich regeln, verdeutliche, dass eine Zahlung des Pflegegeldes am ersten Kalendertag nicht geboten sei. So sehe z.B. § 118 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 6. Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) vor, dass bestimmte laufende Geldleistungen am Ende des Monats fällig werden, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Sie würden am letzten Bankarbeitstag dieses Monats ausgezahlt. Der Gesetzgeber habe damit durch eindeutige Formulierung zum Ausdruck gebracht, wenn er eine Auszahlungsverpflichtung vor Fälligkeit gewollt habe. Wenn dies auch im Hinblick auf das Pflegegeld beabsichtigt gewesen wäre, hätte es nahe gelegen, im SGB XI eine entsprechende eindeutige Regelung zu treffen (Bezug auf das Urteil des Senats vom 30. Oktober 2008 - L 8 P 19/07, juris, Rn. 23).
Der Gerichtsbescheid ist am 17. Oktober 2018 an den Kläger zugestellt worden. Die Berufung des Klägers ist am 22. Oktober 2018 eingegangen.
Der Kläger ist der Ansicht, der pünktliche Auszahlung des Pflegegeldes sei ein Grundrecht. Er müsse die Raten für seine Eigentumswohnung auch pünktlich immer am 28. eines Monats bezahlen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 12. Oktober 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dass ihm Pflegegeld jeweils spätestens zum Monatsersten, im Falle eines Feiertags bereits vor dem Monatsersten auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr Vorbringen in der 1. Instanz und sieht sich darin durch den angefochtenen Gerichtsbescheid bestätigt.
Der Senat hat die Entscheidung über die Berufung mit Beschluss vom 24. Januar 2019 gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dem Berichterstatter übertragen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Nach § 153 Abs. 5 SGG kann die Entscheidung durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern ergehen, da der Senat durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen hat.
Das Ausbleiben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2019 steht der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen. Der Kläger ist zu dem Termin ordnungsgemäß geladen und dabei darauf hingewiesen worden, dass eine Entscheidung auch im Falle seines Ausbleibens erfolgen kann.
Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 12. Oktober 2018 ist rechtmäßig, so dass der Kläger hierdurch nicht beschwert ist.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen und auf eine erneute Darlegung verzichtet (§ 153 Abs. 2 SGG).
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die vom Kläger zur Berufungsbegründung vorgetragenen Modalitäten im Zusammenhang mit der Finanzierung seiner Eigentumswohnung mit dem Anspruch auf Pflegegeld in keinem Zusammenhang stehen und die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts nicht infrage zu stellen vermögen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.