S 43 AS 767/05 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 43 AS 767/05 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 120/05 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11b AS 13/06 B
Datum
Kategorie
Beschluss

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe

Der im Jahre 1951 geborene Antragsteller (ASt.) beantragt im Wege des Eilverfahrens die sofortige Ausbezahlung der einbehaltenen Summe von seiner Leistung zur Grundsicherung nach dem SGB II.

Am 01.09.2005 hat der ASt. mit dem Antragsgegner (Ag.) eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen.

Der ASt. hat am 02.11.2004 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gestellt. Mit Bescheid vom 18.12.2004 bewilligte der Ag. für die Zeit vom 01.01.2005 bis 28.02.2005 monatlich 626,75 Euro und sodann mit Bescheid vom 07.03.2005 für die Zeit vom 01.03.2005 bis 31.08.2005 monatlich 626,75 Euro, davon für die Kosten der Unterkunft 281,75 Euro. Mit Bescheid vom 13.05.2005 wurde eine abändernde Entscheidung getroffen. Der ASt. erhielt jetzt für den o.g. Zeitraum 632,15 Euro, davon 287,15 Euro für Kosten für Unterkunft. Der ASt. wurde im Bescheid darauf hingewiesen, dass er seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhaltes einzusetzen habe.

Der Verwaltungsakte ist zu entnehmen, dass der Ag. im Juni 2005 den ASt. bei der BKK C. versichert hat.

Im Weiterbewilligungsbescheid vom 01.09.2005 gewährte der Ag. für die Zeit vom 01.09.2005 bis 28.02.2006 einen monatlichen Betrag in Höhe von 638,30 Euro, davon 293,30 Euro für Kosten der Unterkunft.

Mit Bescheid vom 01.09.2005 wurde dem ASt. eine Tätigkeit des Schulhausmeistergehilfe zugewiesen. Zu den Aufgaben gehören: Gartenpflege, Pflege der Außenanlagen, Ausführung kleinerer Reparaturen, Funktionskontrollen der elektrischen Anlagen.

Mit Bescheid vom 08.11.2005 wies der Ag. dem ASt. eine Arbeitsgelegenheit nach § 16 Abs. 3 SGB II zu. Hierbei handelte es sich um eine Tätigkeit als Schulhausmeistergehilfe bei der D-schule in A-Stadt. Der Arbeitsumfang betrug 30 Stunden pro Woche für die Dauer von acht Wochen ab dem Tag der Zuweisung. Der ASt. wurde aufgefordert sich am 17.11.2005 bei Herrn E. von der D-schule vorzustellen. Der ASt. sollte 1,00 Euro pro geleistete Arbeitsstunde erhalten. Der Bescheid enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung für den Fall der Arbeitsablehnung oder des Fernbleibens. Gemäß § 31 SGB II habe in diesem Falle eine 30 %ige Kürzung bei der Leistung zur Grundsicherung zu erfolgen. Die Kürzung erstrecke sich über drei Monate. Sie werde nicht durch ergänzende Leistungen kompensiert. Der Zuschlag nach § 24 SGB II falle ersatzlos fort. Bei wiederholter Pflichtverletzung verdoppele sich der Kürzungssatz. Auch die Leistungen nach §§ 21 bis 23 SGB II könnten betroffen sein.

Dem Beurteilungsbogen der D-schule ist zu entnehmen, dass der ASt. das Arbeitsklima stark beeinträchtigt hat.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2005 wies der Ag. den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.09.2005 als unbegründet zurück. Die Gründe des ASt. reichten nicht aus. Dem ASt. sei ein Warengutschein der Fa. F. zugesandt worden, damit er sich Arbeitskleidung beschaffen könne. Die ihm zugewiesene Arbeit sei zumutbar gewesen. Es sei sowohl ein Einsetzen im Innenbereich wie auch im Außenbereich möglich gewesen. Der ASt. sei der Arbeit ferngeblieben. Wichtige Gründe hierfür seien nicht erkennbar. 

Mit Bescheid vom 08.11.2005 kürzte der Ag. die Leistungen. Gemäß § 31 Abs. 1 b SGB II wurde das Arbeitslosengeld II für die Dauer von drei Monaten um 207,00 Euro gekürzt. Der ASt. sei vom 12.09.2005 bis 14.09.2005 in der D-schule gewesen. Ab dem 15.09.2005 sei er nicht mehr erschienen. Deshalb sei mit Bescheid vom 23.09.2005 die Regelleistung bereits nach § 31 Abs. 1 Abs. 1 d SGB II in einer ersten Stufe für die Zeit vom 01.10.2005 bis 31.12.2005 gekürzt worden. Mit einem Schreiben vom 13.10.2005 sei er aufgefordert worden, die Tätigkeit an der D-schule wieder aufzunehmen. Der ASt. habe dort auch vom 28.10.2005 bis 02.11.2005 gearbeitet. Am 03.11.2005 sei er nicht mehr erschienen. Zwingende Gründe für sein Fernbleiben seien nicht vorgetragen. Gemäß § 31 Abs. 3 SGB II werde das Arbeitslosengeld II in einer zweiten Stufen um 60 % gekürzt. Trotz Belehrung habe er nicht mehr gemeinnützig gearbeitet. Einem Berechnungsblatt ist zu entnehmen, dass der ASt. 431,30 Euro monatlich erhält.
Am 04.11.2005 hat der ASt. einen Eilantrag gestellt und gleichzeitig Klage erhoben.

Der ASt. begründet seinen Eilantrag mit Folgendem: Er beanstandet die fehlende Sicherheitskleidung und Arbeitsschutzmaßnahmen. Dem Zugewiesenen dürften keine Kosten entstehen. Es existiert hiervon ein Beschluss des Kreisausschusses des Hochtaunuskreises. Er habe die Maßnahme zu Recht verweigert. Er habe dem Gemeinwohl im Falle des Eintritts von Schäden erhebliche Kosten erspart. Er habe einen Traktor gewaschen und vom Waschmittel eine Hautreizung davongetragen. Handschuhe hätten gefehlt. Er habe Strafanzeige erstattet. Herr E. habe ihm keine andere Arbeit zugewiesen. Er habe die Außenanlagen in Stand setzen sollen. Es könne nicht die Zuweisung zu einer Maßnahme zu einer zweifachen Kürzung führen. Der Unfallschutz habe gefehlt. Die Fahrtkosten mache er im Zusammenhang mit der Zuweisung zu einer anderen Maßnahme - Betreuung des Fördervereins der Stiftung G. - geltend. Abschließend weist er auf seine existentiell gefährdete Lebenssituation hin.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner einstweilen zu verpflichten, 
die Leistungen zur Grundsicherung in voller Höhe auszuzahlen,
den Beschluss vom 08.11.2005 aufzuheben, 
die Fahrtkosten in Höhe von 4,80 Euro zu erstatten, 
den Beschluss vom 31.10.2005 zurückzuweisen und ihn der zunächst vorgeschlagenen Maßnahme zuzuweisen, 
Auskünfte zu geben, warum er ein Dreivierteljahr lang nicht krankenversichert gewesen sei.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er wiederholt im Wesentlichen den Inhalt seiner Entscheidungen. Darüber hinaus verweist er darauf, dass der Unfallversicherungsschutz bestanden habe (Bescheid vom 01.09.2005). Im Übrigen sei er seit dem 01.01.2005 bei der BKK C. krankenversichert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Der Eilantrag hatte keinen Erfolg.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag, soweit ein Fall des Abs. 1 nicht vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs. 2 S. 1 und 2 SGG). Der Anordnungsgrund und der Anordnungsanspruch müssen glaubhaft gemacht werden. Dies ergibt sich aus § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG, der auf die §§ 920 ff Zivilprozessordnung verweist. Eine einstweilige Anordnung darf nur ergehen, wenn neben der Eilbedürftigkeit – Anordnungsgrund – zumindest auch eine gewisse Erfolgsaussicht – Anordnungsanspruch – verbunden ist. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch stehen in einem Wechselverhältnis zueinander. Je größer die Nachteile für den Antragsteller sind, desto geringer sind die aufgrund summarischer Prüfung zu erwartenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen und umgekehrt.

Der Anordnungsgrund und der Anordnungsanspruch ist nicht gegeben. Zunächst ist der Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Im Übrigen erhält der ASt. auch Leistungen, wenn auch gekürzt. Sein Vorbringen zu seiner Lebenssituation hat er nicht hinreichend belegt. Die Behauptung, die Angelegenheit sei eilig und es sei die existentielle Lebensgrundlage entzogen worden, reicht nicht aus. Die angeblichen physischen und psychischen Schäden sind nicht nachgewiesen. Allgemeine Äußerungen sind ohne Bedeutung.

Bei summarischer Prüfung ist auch der Anordnungsanspruch nicht gegeben. Auf die Inhalte der Bescheid wird verwiesen (§ 136 Abs. 3 SGG). Die Zuweisungsbescheide und die Kürzungsbescheide scheinen nicht rechtswidrig zu sein. Im vorliegenden Falle wurde eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen. Die zugewiesene Tätigkeit erscheint zumutbar. Die Arbeitskleidung wurde zur Verfügung gestellt. Die angeblichen Schäden an der eigenen Kleidung wurden nicht bewiesen, so auch nicht die Sache mit dem Waschwasser. Dass dem ASt. die Tätigkeit als Schulhausmeistergehilfe zweimal zugewiesen wurde, ist nicht zu beanstanden. Für die zweite Zuweisung liegt auch ein Bescheid vor. Der Bescheid stammt vom 08.11.2005. Der erste Zuweisungsbescheid stammt vom 01.09.2005. Dies gilt auch für die zweimalige Kürzung. Hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Nichterscheinen oder Ablehnung der Tätigkeit sind keine Beanstandungen zu machen. Die Belehrung insoweit ist klar und eindeutig.

Der ASt. hat erkennbar keine Bemühungen angestellt, um die Tätigkeit zu erhalten bzw. aufrechtzuhalten. Er hätte in Absprache mit der leistungserbringenden Stelle und der Schule nähere Einzelheiten bereden müssen. Sein Verhalten - nämlich das Fernbleiben - ist zu beanstanden. Er hat sich nicht um Klärung bemüht. Der Unfallschutz, so das glaubhafte Vorbringen des Ag., war gewährleistet. Krankenversicherungsschutz bestand auch. Insoweit ist der Antrag des ASt. abzuweisen. Außerdem sind Eilanträge nicht in die Vergangenheit gerichtet. Hierfür steht das Klageverfahren offen. Die vom ASt. vorgetragenen Gründe scheinen insgesamt Schutzbehauptungen zu sein. So hat er auch nach Erhalt des Warengutscheins die Tätigkeit nicht wieder aufgenommen bzw. sich auch in keiner Weise bemüht. Das Verhalten des ASt. spricht eher dafür, dass er eine Tätigkeit nicht aufnehmen will. Das Vorbringen des ASt., er erspare dem Gemeinwohl Kosten, ist nicht nachzuvollziehen und liegt neben der Sache.

Für den Antrag, 4,30 Euro - einstweilen - auszuzahlen, fehlt der Anordnungsgrund.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Rechtskraft
Aus
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