1) Verschafft sich ein Versicherter Leistungen der Heilbehandlung außerhalb des gesetzlich vorgesehenen Beschaffungsweges (Sach- und Dienstleistungen) selbst, indem er eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nimmt, kommt eine Kostenerstattung nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des analog anzuwendenden § 13 Abs 3 SGB V in Betracht.
2) Ein Erstattungsanspruch scheidet aus, wenn sich der Versicherte die Leistung selbst beschafft hat, ohne zuvor den Unfallversicherungsträger einzuschalten und dessen Entscheidung abzuwarten.
Heilbehandlung
Kostenerstattung Psychotherapie
selbstbeschaffte Leistung
Beschaffungsweg
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 23. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von psychotherapeutischen Heilbehandlungskosten in Höhe von 10.253,05 EUR im Zeitraum vom 16. Januar 2010 bis zum 28. August 2014.
Der Kläger war als Toningenieur beim Hessischen Rundfunk tätig. Mittlerweile steht er wegen Erwerbsminderung im Bezug von Rente. Am 22. September 2009 pumpte ein Kollege des Klägers mithilfe einer Fahrradpumpe ein Kamerastativ auf, während der Kläger sich ca. einen Meter davon entfernt befand und das Manometer beobachtete. Als der Kläger sich mit der linken Körperhälfte zum Schlauch befand, platzte dieser mit einem lauten Knall. Der Kläger suchte unmittelbar den HNO-Arzt Dr. C. auf, der beidseitig ein Lärmtrauma sowie Tinnitus aurium feststellte. In der Folgezeit wurde der Kläger u. a. mit Infusionen und einer Druckkammertherapie behandelt, es wurden zudem mehrfach tonaudiometrische Messungen durchgeführt. Der Beklagten wurde der Unfall mit Schreiben vom 24. September 2009 angezeigt. In dem ärztlichen Attest vom 14. Oktober 2009 vermerkte Dr. C. weiterhin massive Ohrgeräusche. In seinem Zwischenbericht vom 25. November 2009 stellte der HNO-Arzt fest, dass der Kläger noch sehr unter dem Tinnitusgeräusch leide, das Ergebnis der Tonaudiometrie aber etwas verbessert sei.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2009 lehnte die Beklagte Ansprüche auf Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 22. September 2009 mit der Begründung ab, dass ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Der Widerspruch hiergegen war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2010). In dem anschließenden Klageverfahren (Az.: S 3 U 124/10) verurteilte das Sozialgericht die Beklagte mit Urteil vom 13. Mai 2014, das Ereignis vom 22. September 2009 als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Im Berufungsverfahren (Az.: L 9 U 152/14) gab die Beklagte am 27. April 2016 ein Teilanerkenntnis dahin ab, als sie das Ereignis vom 22. September 2009, bei dem es durch das Platzen eines Schlauches beim Kläger zu einer vorübergehenden Vertäubung als Gesundheitserstschaden gekommen sei, als Arbeitsunfall anerkannte. Das Verfahren endete in der Berufungsinstanz durch gerichtlichen Vergleich der Beteiligten vom 19. Juli 2016, in welchem der Kläger das Teilanerkenntnis annahm und die Beklagte sich verpflichtete, zu der Frage der Unfallfolgen und deren Bewertung ein fachärztliches Gutachten auf HNO-ärztlichem Fachgebiet nach Wahl des Klägers bei Prof. Dr. D. oder Prof. Dr. E. einzuholen.
Bereits in dem durch die Beklagte zugesandten Fragebogen vom 11. November 2009 hatte Dr. C. unter Ziffer 3.2 mitgeteilt, dass durch die gesundheitlichen Probleme die Gefahr einer depressiven Verstimmung bestünde. In einem Telefonat am 27. November 2009 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, der durch die Beklagte im Telefonat vom 11. November 2009 empfohlene HNO-Arzt und Neurootologe Dr. F. habe ihm eine sog. Retraining-Therapie (TRT) nahegelegt. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 zeigte Dr. F. der Beklagten gegenüber die Notwendigkeit einer TRT an. In seinem neurologischen Befundbericht vom 18. Dezember 2009 berichtete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. über den Kläger und diagnostizierte einen Zustand nach Knalltrauma mit Ohrgeräuschen und konsekutiver psychovegetativer Labilität. Im Antrag vom 17. Februar 2010 erläuterte Dr. F. gegenüber der zuständigen Krankenkasse ebenfalls die Notwendigkeit der Behandlung und teilte mit, dass auch eine psychotherapeutische Behandlung des Klägers im Rahmen der TRT möglicherweise erforderlich sei, deren Kosten er für fünf Sitzungen mit etwa 383,47 Euro schätzte.
Aufgrund des ärztlichen Rates Dr. F.s befand sich der Kläger wegen seines Tinnitus und der anhaltenden Geräuschstörungen ab dem 8. Januar 2010 in psychotherapeutischer Behandlung bei Frau Dipl.-Psych. H.. Bei der gesetzlichen Krankenkasse des Klägers hatte Dr. F. mit Schreiben vom 17. Februar 2010 einen Antrag auf Kostenübernahme für eine TRT gestellt, den die Barmer GEK mit Bescheid vom 22. Februar 2010 ablehnte. Nach telefonischer Bitte des Klägers um erneute Prüfung des Sachverhalts teilte die Krankenkasse dem Kläger mit Schreiben vom 17. März 2011 mit, dass es bei ihrer negativen Entscheidung verbleibe.
Der Beklagten legte der Kläger erstmals mit Schreiben vom 19. Mai 2010 Abrechnungen von Frau H. vor. Mit Schreiben vom 30. August 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten explizit u. a. die Übernahme dieser Kosten und legte diverse Privatliquidationen der Behandlerin vor, die einheitlich die Diagnosen Tinnitus aurium, Hyperakusis, Hörverlust, Anpassungsstörung mit depressiver Verstimmung, Neurasthenie (Erschöpfungssyndrom „burn out“) und Insomnie aufweisen. Abgerechnet wurden von Frau H. jeweils Sitzungen für eine Verhaltenstherapie à 50 Minuten zu jeweils 100,55 Euro (GOP 870, 2,3-facher Satz).
Mit Schreiben vom 1. September 2014 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Beifügung diverser ärztlicher und therapeutischer Rechnungen unter Hinweis auf das erstinstanzliche Urteil die Kostenerstattung.
Nachdem das Hessische Landessozialgericht in dem Verfahren L 9 U 152/14 mit Beschluss vom 23. Januar 2015 den Antrag der Beklagten, die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Mai 2014 auszusetzen, abgelehnt hatte, erkannte die Beklagte das Ereignis vom 22. September 2009 in Ausführung des erstinstanzlichen Urteils mit Bescheid vom 5. Februar 2015 als Arbeitsunfall an und verpflichtete sich zur Leistungsgewährung aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Dabei wies sie explizit darauf hin, dass die Leistungen unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung stünden.
Der Kläger erinnerte mit Schreiben vom 13. Februar 2015 die Beklagte um Kostenbegleichung und legte eine Kostenaufstellung sowie Belege für den Zeitraum vom 16. Januar 2010 bis 28. August 2014 mit einem von ihm verauslagten Betrag in Höhe von 30.299,03 Euro vor. Davon entfielen auf die Psycho-/Verhaltenstherapie bei Frau H. 27.651,25 Euro für 275 Behandlungen. Mit Schreiben vom 19. März 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die psychotherapeutischen Heilbehandlungskosten entsprechend des Höchstsatzes der gültigen UV-GOÄ nur in Höhe von 50 min zu je 64,42 Euro und nicht wie tatsächlich abgerechnet zu je 100,55 Euro übernehmen werde. Insgesamt wurden dem Kläger 20.045,98 Euro, auch für Arzneimitteln und Hörgeräte, - also 10.253,05 Euro weniger als beantragt - unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung erstattet. Die Überweisung des Betrages wurde am gleichen Tag durch die Beklagte angewiesen.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 24. März 2015 Widerspruch mit der Begründung ein, dass für die Kostenerstattung bei selbst beschaffter Leistung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) analog für die Unfallversicherung Anwendung finde, wonach eine Kostenübernahme der tatsächlich entstandenen Kosten stattfinde, sofern die Leistung dem Versicherten nicht rechtzeitig bzw. zu Unrecht durch den Sozialversicherungsträger verweigert worden sei. Insofern verbliebe der Beklagten nur die Möglichkeit, überhöhte Privatliquidationen zu kürzen. Die von Frau H. in Ansatz gebrachten Kosten seien bei einem Gebührensatz von 2,3 bei einer Privatliquidation aber nicht zu beanstanden. Eine zwischen den Unfallversicherungsträgern intern abgesprochene Verwaltungsregelung könne keine Außenwirkung auf den Erstattungsanspruch des Klägers haben.
Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Verwaltungsausschuss „Rechtsfragen der Unfallversicherung“ zur Klärung der Frage, ob und in welchen Fällen dem Arzt oder dem Unfallverletzten Kosten für eine Privatbehandlung erstattet werden können, einen Beschluss gefasst habe (VB 065/2003 vom 28.08.2003). Habe der Unfallversicherungsträger seine Leistungspflicht zunächst abgelehnt, bestehe eine Erstattungspflicht des Unfallversicherungsträgers in Höhe der für die Unfallversicherung geltenden BG-Sätze analog § 13 SGB V. Über die bereits erfolgte Erstattung der Rechnungen von Frau H. hinaus könne keine weitere Erstattung erfolgen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2015 durch die Beklagte zurückgewiesen. Eine Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V greife nur, wenn eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht werden könne oder wenn eine Leistung zu Unrecht abgelehnt worden sei. Insoweit müsse auch ein Kausalzusammenhang zwischen der Entscheidung des Kostenträgers und der Kostenlast des Versicherten bestehen. § 13 Abs. 3 SGB V sei daher nur im Falle eines Systemversagens entsprechend anwendbar. Im Regelfall sei es von dem Versicherten zu erwarten, sich rechtzeitig an die zuständige Leistungsträgerin zu wenden und deren Entscheidung abzuwarten, denn der geforderte notwendige Kausalzusammenhang zwischen der Leistungsablehnung und dem Nachteil des Versicherten könne nur dann gegeben sein, wenn die Entscheidung der Kostenträgerin getroffen worden sei, bevor der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft habe. Vorliegend sei nach dem ablehnenden Bescheid vom 22. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2010 die Krankenkasse des Klägers vorerst die zuständige Leistungsträgerin gewesen. An diese habe sich der Kläger auch im Rahmen eines Antrags auf Kostenübernahme für eine TRT im Februar 2010 gewandt, welche jedoch von der Krankenkasse abgelehnt worden sei. Bereits ab dem 8. Januar 2010 habe der Kläger jedoch psychotherapeutische Behandlung bei Frau H. in Anspruch genommen, die Behandlung sei bereits zu diesem Zeitpunkt auf Privatrechnung erfolgt. Bei der Praxis von Frau H. handele es sich um eine Privatpraxis. Ein Antrag auf psychotherapeutische Behandlung sei bei der Krankenkasse des Klägers nicht gestellt worden, die Kostenübernahme durch die Krankenkasse wäre durch die Wahl des Klägers einer Privatpraxis zudem auch nicht möglich gewesen. Auch ein Antrag auf Kostenerstattung sei (bei der Krankenkasse) nicht gestellt worden. Der Kläger habe die Behandlung durchführen lassen, ohne sich mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen und sich zur Durchführung der Therapie entschlossen, ohne eine Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten bzw. überhaupt in die Wege zu leiten. Der Kläger habe sich damit wesentlich dem Sach- und Dienstleistungsprinzip der Krankenkasse entzogen, indem er eine nicht kassenzugelassene Psychotherapeutin gewählt und keinen Antrag bei der Krankenkasse gestellt habe. Ein Systemversagen liege daher nicht vor, da keine Notwendigkeit bestanden habe, dass der Kläger sich die Leistungen selbst beschaffe. Die psychotherapeutische Behandlung hätte über die Krankenkasse erfolgen können. Es bestünde daher auch kein kausaler Zusammenhang zwischen der Leistungsablehnung der Beklagten und dem Bestehen der Kostenlast, da der Kläger, wie dargelegt, die Leistung über die Krankenkasse hätte beziehen können und ihm daher keine Kostenlast entstanden wäre.
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 8. August 2015, eingegangen beim Sozialgericht Darmstadt am 24. August 2015, Klage erhoben. Er hat vorgetragen, ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlich entstandenen Heilbehandlungskosten ergebe sich aus § 13 SGB V analog. Der Gesetzgeber habe eine Regelung geschaffen, um den Versicherten von Leistungen freizustellen, die ggf. aufgrund der unterschiedlichen Abrechnungshöhe bei Privatliquidationen und kassenärztlichen Leistungen entstehen könnten. Nichts Anderes könne bei der analogen Anwendung gegenüber Unfallversicherungsträgern gelten. Die Abrechnung der Therapie mit einem Gebührensatz von 2,3 sei bei Privatliquidationen üblich und damit über § 13 SGB V analog erstattungsfähig. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 22. Dezember 2009 alle Ansprüche des Klägers auf Leistungen nach dem SGB VII abgelehnt. Jedenfalls sei die Beklagte durch Übernahme eines Teils der Kosten insgesamt zuständig geworden und könne allenfalls einen Erstattungsanspruch gegenüber der Krankenkasse geltend machen. Durch die Übernahme eines Teils der Kosten habe die Beklagte die Unaufschiebbarkeit und Notwendigkeit der Leistungen im Sinne des § 13 Abs. 3 SGB V analog anerkannt.
In dem von dem Kläger weiter betriebenen Verfahren auf Anerkennung weiterer Unfallfolgen und Gewährung einer Verletztenrente holte die Beklagte ein HNO-ärztliches Sachverständigengutachten bei Prof. Dr. E. ein. In seiner Expertise vom 9. Februar 2017 diagnostizierte der Sachverständige eine an Taubheit grenzende Hörminderung rechts, links eine Taubheit, zudem einen dekompensierten chronischen Tinnitus. Ein Zusammenhang zwischen den Gesundheitsschäden und der Unfalleinwirkung könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht werden. Unfallfolge sei lediglich eine gewisse Vertäubungssituation mit einem rechtsseitigen pantonalen geringen Abfall der Tongehörschwelle und linksseitig eine Tonschwellensenke bei 4 kHz, die Hörminderung sei schon am nächsten Tag bis auf die C4-Senke nicht mehr vorhanden gewesen. Bereits am Folgetag des Unfalls habe sich das Hörvermögen des Klägers demnach gebessert. Erstmals habe sich ein Abfall der Tongehörschwelle bei einem Tonschwellenaudiogramm am 23. März 2010 gezeigt. Ein Schalltrauma könne zwar einen vorübergehenden Tinnitus auslösen, aber keinen permanenten. Dieser sei vielmehr durch psychische Komponenten beeinflusst. Wie sich aus der neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme des Dr. G. vom 21. Februar 2013 ergebe, habe der Kläger die Situation nicht verarbeitet. In einem psychiatrischen Gutachten vom 24. Oktober 2017 führte Prof. Dr. Dr. J. aus, der Kläger leide aufgrund seiner Hörverschlechterung an einer depressiven Störung mit regressivem Verhalten. Könnte die bestehende Hörverschlechterung auf den Unfall zurückzuführen sein, so wäre auch die depressive Störung unfallbedingt. Generell sei das Unfallereignis geeignet gewesen, eine leichtgradige ängstlich depressive Anpassungsstörung zu verursachen, die im ersten Jahr nach dem Unfall auch behandlungsbedürftig gewesen wäre. Voraussetzung für die Anerkennung der depressiven Störung als unfallbedingt wäre allerdings, dass die mittlerweile sekundär auftretende Hörstörung mit Wahrscheinlichkeit unfallbedingt wäre. Gemäß dem vorliegenden HNO-ärztlichen Gutachten des Prof. Dr. E. vom 9. Februar 2017 sei dies jedoch nicht der Fall.
Gestützt auf diese beiden Gutachten lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente mit Bescheid vom 6. Dezember 2017 ab und erkannte als Unfallfolge lediglich eine folgenlos ausgeheilte Vertäubung auf beiden Ohren an. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 29. März 2018) verfolgte der Kläger seine Ansprüche auf Anerkennung weiterer Unfallfolgen (an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts, Taubheit links, chronifizierter Tinnitus aurium beidseits sowie ängstlich-depressive Anpassungsstörung) und Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 80 vom Hundert (v. H.) mit Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt (Az.: S 3 U 64/18) weiter. Die Klage wurde mit Urteil vom 23. Oktober 2019 abgewiesen. Das Berufungsverfahren hiergegen (Az.: L 9 U 190/19) ist noch anhängig.
Ebenfalls mit Urteil vom 23. Oktober 2019 hat das Sozialgericht Darmstadt die diesem Verfahren zu Grunde liegende Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat offengelassen, ob im Rahmen des § 13 Abs. 3 SGB V eine Pflicht zur vorigen Beantragung der Leistung bei der zuständigen Krankenkasse besteht, solange die Beklagte einen Arbeitsunfall nicht anerkannt hat. Es sei jedenfalls davon auszugehen, dass es an der Kausalität zwischen der Ablehnungsentscheidung der Beklagten zur Übernahme von Kosten und der Entstehung der Kosten mangele. Es fehle bereits der Zusammenhang zwischen den psychischen Beeinträchtigungen und dem Arbeitsunfall, weshalb der Kläger einen Anspruch auf Übernahme der psychotherapeutischen Behandlungskosten gegen die Beklagte nie innegehabt habe. Ferner könne eine Zuständigkeit der Beklagten zur Leistungsübernahme nicht bereits darin gesehen werden, dass diese die Behandlungskosten teilweise übernommen habe. Es fehle insoweit an einer gesetzlichen Regelung. Darüber hinaus habe die Beklagte sämtliche Leistungen ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung erbracht.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt, die am 21. November 2019 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen ist. Er trägt vor, dass die geltend gemachten Kosten der Heilbehandlung grundsätzlich von der durch die Anerkennung als Arbeitsunfall ausgelösten vorläufigen Leistungspflicht umfasst seien, da diese dem Leistungskatalog der gesetzlichen Unfallversicherung entsprochen habe. Die Heilbehandlung sei zwar grundsätzlich als Sachleistung zu erbringen, die Beklagte habe aber zu dem Zeitpunkt der Aufnahme der Behandlung einen Versicherungsfall nicht oder noch nicht anerkannt. In einem solchen Fall komme die Erstattung der vom Kläger selbst getragenen Kosten in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Zu übernehmen seien die tatsächlich entstandenen Kosten, also auch die einer privatärztlichen Behandlung. Eine Begrenzung der Kosten finde nur im Rahmen der Notwendigkeit und der allgemeinen Grenzen von Gebührenordnungen statt. Unerheblich sei in diesem Fall, dass die behandelnde Therapeutin keine Kassenzulassung habe, da psychotherapeutische Leistungen grundsätzlich vom Leistungskatalog der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst seien und Frau H. diese Leistungen erbringen könne. Die Höhe der Erstattungsforderung könne jedenfalls nicht aufgeteilt werden in einen Betrag bis zur Höhe der UV-GOÄ-Sätze und in den darüberhinausgehenden Betrag zur Geltendmachung bei der zuständigen Krankenkasse. Die Zuständigkeit der Beklagten hänge nicht davon ab, ob später festgestellt würde, dass die Heilbehandlung nicht kausal auf dem Arbeitsunfall beruhe. Dies sei im Verhältnis zwischen den einzelnen Versicherungsträgern zu klären, könne jedoch keine Auswirkungen auf den Anspruch des Klägers gemäß § 13 SGB V analog haben. Dies stehe dem Sinn der Erstattungsregelung des § 13 Abs. 3 SGB V entgegen, weil durch die Ungewissheit die Bereitschaft des Versicherten, sich eine Leistung zunächst selbst zu sichern, erheblich sinken würde. Der Kläger habe daher keine andere Möglichkeit, als die Beklagte in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte könne zudem keinen wirksamen Vorbehalt der Rückforderung geltend machen, da dies den gesetzlichen Rahmen zur Erbringung vorläufiger Leistungen sprengen würde. Insoweit sei auch im Rahmen des § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) eine Leistungspflicht begründet. Sollte sich die Unzuständigkeit des Sozialversicherungsträgers ergeben, fände die Erstattung gemäß §§ 101 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zwischen den Sozialversicherungsträgern statt. Der Kläger könne wegen § 14 SGB IX auch nicht auf einen Antrag bei der Krankenkasse verwiesen werden, vielmehr hätte die Beklagte den Antrag des Klägers weiterleiten müssen, sofern sie ihre Unzuständigkeit angenommen gehabt habe. Im Übrigen habe der Kläger auch bei seiner Krankenkasse Barmer GEK einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt, die mit Schreiben vom 22. Februar 2010 und vom 17. März 2011 die Kostenübernahme abgelehnt habe. Dr. F. habe als behandelnder Arzt des Klägers stets die Unaufschiebbarkeit der Leistung bescheinigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 23. Oktober 2019 und die Bescheide der Beklagten vom 19. März 2015 und 28. Juli 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn die bislang nicht übernommenen Heilbehandlungskosten für die Verhaltenstherapie bei Frau H. in dem Zeitraum 16. Januar 2010 bis 28. August 2014 in Höhe von 10.253,05 Euro zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil für zutreffend. Sie trägt vor, dass sich die fehlende Kausalität der Heilbehandlungskosten und des Unfalls aus dem Gutachten des Prof. Dr. D. vom 5. November 2018, dem Gutachten des Prof. Dr. Dr. J. vom 24. Oktober 2017 und dem Gutachten des Prof. Dr. E. vom 9. Februar 2017 ergebe. Die Beschwerden des Klägers seien nicht auf den Unfall, sondern auf eine endogene mediocochleäre Schwerhörigkeit zurückzuführen.
Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zu dem Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die nach den §§ 143, 144 und 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 19. März 2015 und 28. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2015 sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Bescheide entsprechen der Sach- und Rechtslage. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Heilbehandlungskosten.
Nach § 26 SGB VII haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des SGB IX Anspruch auf u. a. Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Zur Heilbehandlung gehört neben ärztlicher Behandlung (§§ 27 Abs. 1 Nr. 2, 28 SGB VII) auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§§ 27 Abs. 1 Nr. 4, 29 SGB VII). Leistungen der Heilbehandlung sind nach § 26 Abs. 4 Satz 2 SGB VII als Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen und daher als „Naturalleistung" zu gewähren (BSG vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92 m. w. N.); Ausnahmen sollen nur dann gelten, wenn dies im SGB VII oder SGB IX ausdrücklich vorgesehen ist. Eine Kostenerstattung für selbst beschaffte Leistungen zur Heilbehandlung und Rehabilitation findet allein unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V statt; diese Vorschrift ist in der gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend anwendbar, da hier eine Regelungslücke hinsichtlich der Kostenerstattung besteht, die diese Vorschrift sachgerecht ausfüllt (st. Rspr., BSG vom 24. Februar 2000 - B 2 U 12/99 R; BSG vom 20. März 2007 - B 2 U 38/05 R; BSG vom 3. April 2014 - B 2 U 21/12 R).
Da der Kläger sich die psychotherapeutischen Leistungen in der Privatpraxis der Dipl.-Psych. H. ohne vorherige Kontaktaufnahme mit der Beklagten selbst beschafft hat, er mithin den primären Beschaffungsweg als Sach- oder Dienstleistung verlassen hat (vgl. Noftz in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB V, Stand 07/2019, § 13 Rn. 43), kommt eine Erstattung der vom Kläger selbst getragenen Kosten in Höhe von - seinem Antrag nach - insgesamt 10.253,05 Euro nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des analog anzuwendenden § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V erfüllt sind (so auch LSG Baden-Württemberg vom 21. Mai 2015 - L 6 U 4698/14 und vom 27. Juni 2016 - L 1 U 4032/15 ff.), was hier allerdings nicht der Fall ist.
Eine Kostenerstattung in der gesetzlichen Unfallversicherung hinsichtlich einer selbstbeschafften Leistung kommt hiernach nur in Betracht, wenn der Unfallversicherungsträger (1.) eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder wenn er (2.) eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Zusätzlich muss ein Kausalzusammenhang zwischen dem die Haftung begründenden Umstand (bei der Alternative 1.: Unvermögen zur rechtzeitigen Leistung; bei Alternative 2.: rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) bestehen (BSG vom 24. Februar 2000 - B 2 U 12/99 R).
Unaufschiebbare Leistungen im Sinne der ersten Alternative hat Frau H. in der Zeit ab dem 8. Januar 2010 nicht erbracht. Unaufschiebbarkeit verlangt, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten (BSG vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R; BSG vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R). Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder z. B. wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist (BSG vom 6. März 2012 - B 1 KR 17/11 R). Dies gilt nicht nur dann, wenn es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten (BSG vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R), sondern auch in Fällen, bei denen der Versicherte die Entscheidung seiner Krankenkasse nicht mehr abwarten kann. Unaufschiebbar kann danach auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird (BSG vom 8. September 2015 - B 1 KR 14/14 R). § 13 Abs. 3 SGB V gewährt mithin einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine vom zuständigen Leistungsträger geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes wird dadurch abgesichert, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt wird (BSG vom 2. November 2007 - B 1 KR 14/07 R).
Ein solcher Fall lag nicht vor, bei der zu beurteilenden Verhaltenstherapie handelte es sich offenkundig nicht um eine Notfallbehandlung. Auch für eine dringende Behandlungsbedürftigkeit ergibt sich aus der Aktenlage nichts. Eine solche wäre nur dann anzunehmen, wenn der übliche Beschaffungsweg, d. h. die Inanspruchnahme einer Sachleistung, mit einer für den Versicherten unvermeidbaren Verzögerung und mit medizinischen Risiken verbunden wäre, der die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des Gesundheitszustandes gefährden könnte oder der für den Versicherten nicht zumutbar ist (BSG vom 18. Januar 1996 - 1 RK 22/95). Hierfür ergeben sich weder Anhaltspunkte noch hat der Kläger in dieser Hinsicht relevante medizinische Kriterien vorgetragen.
Auch die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V (analog) sind nicht erfüllt. Diese tatbestandliche Alternative setzt voraus, dass die Krankenkasse resp. hier der Unfallversicherungsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten „dadurch“ für die selbst beschaffte und auch medizinisch notwendige Leistung Kosten entstanden sind. Erforderlich ist insoweit, dass zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung ein Ursachenzusammenhang besteht (BSG vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R). Der Versicherte darf sich insbesondere nicht - unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfallt - von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung festgelegt haben (BSG vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 2/08 R). Ein kausaler Zusammenhang und damit eine Kostenerstattung scheidet aus, wenn der Versicherte sich die streitige Behandlung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges besorgt hat, ohne sich vorher mit seiner Krankenkasse ins Benehmen zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten (stRspr BSG, vgl. u. a. Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 15/07 R). Vor der Selbstbeschaffung ist zwingend eine die Leistung ablehnende Entscheidung der Krankenkasse notwendig. Die Kostenbelastung des Versicherten muss der ständigen Rechtsprechung des BSG zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung beruhen (BSG vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/04 R). Hieran fehlt es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst worden ist, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG vom 15. April 1997 - 1 BK 31/96; BSG vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R; BSG vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 15/07 R).
Den vorbeschriebenen Beschaffungsweg hat der Kläger nicht eingehalten. Die Behandlung bei Frau H. habe er am 8. Januar 2010 aufgenommen, ohne zuvor einen Antrag auf eine entsprechende Heilbehandlung bei der Beklagten gestellt zu haben. Zwischen der die (vollständige) Kostentragung ablehnenden Entscheidung der Beklagten und der Selbstbeschaffung und Kostenentstehung besteht der erforderliche Ursachenzusammenhang nicht. Dem Kläger sind die geltend gemachten Kosten gerade nicht dadurch entstanden, dass die Beklagte die Durchführung der Heilbehandlung zu Unrecht abgelehnt hat, sondern vielmehr dadurch, dass er eigeninitiativ eine privatärztliche Behandlung in Anspruch genommen hat. Bis zu der erstmaligen Antragstellung auf Kostenübernahme (Schreiben des Klägers vom 19. Mai 2010) hatte die Beklagte keinerlei Kenntnis von der am 8. Januar 2010 bereits aufgenommenen Psychotherapie. Ein auf die Verweigerung der Naturalleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet wie dargelegt aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne zuvor - hier - den Unfallversicherungsträger einzuschalten und seine Entscheidung abzuwarten. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift (s. o.) muss zwischen dem die Haftung begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn der Unfallversicherungsträger - wie hier - vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG vom 24. Februar 2000 - B 2 U 12/99 R; BSG vom 2. November 2007 - B 1 KR 14/07 R [zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung]; LSG Baden-Württemberg vom 27. Juni 2016 - L 1 U 4032/15).
Nach dem die Anerkennung des Arbeitsunfalls (zunächst) ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2009 wäre der Antrag ohnehin bei der Krankenkasse zu stellen gewesen. Auch in Bezug auf die gesetzliche Krankenkasse hat der Kläger - ohne dass es für diesen Rechtsstreit von Bedeutung wäre – im Übrigen den Beschaffungsweg nicht eingehalten. Nach Aktenlage hat der behandelnde HNO-Arzt Dr. F. dort am 17. Februar 2010 einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine TRT gestellt. Ein Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Psycho- oder Verhaltenstherapie wurde dort (ebenfalls) zu keinem Zeitpunkt gestellt. Eine Behandlung auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung hätte bei Frau H. dabei mangels kassenärztlicher Zulassung ohnehin nicht erfolgen können, was dem Kläger auch bekannt gewesen sein dürfte. In jedem Fall hat der Kläger die Behandlung bei Frau H. ebenfalls vor Befassung der Krankenkasse mit seinem Behandlungswunsch aufgenommen. Dahingestellt bleiben kann insoweit, ob die Verhaltenstherapie von Frau H., die aufgrund der Diagnosen Tinnitus aurium, Hyperakusis, Hörverlust, Anpassungsstörung mit depressiver Verstimmung, Neurasthenie (Erschöpfungssyndrom „burn out“) und Insomnie erfolgte, auch Elemente der TRT umfasste, die die Therapeutin ausweislich ihrer Internetseite jedenfalls anbietet.
Ebenso wenig kommt es noch darauf an, ob ein Kostenerstattungsanspruch nach der zweiten Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V auch deshalb nicht besteht, weil der Kläger bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf die der Kostenerstattung zugrundeliegende Heilbehandlung hatte. Das Sozialgericht hat dies unter Hinweis auf seine Entscheidung in der Parallelsache S 3 U 64/18 mit der Begründung verneint, die Verhaltenstherapie habe nicht der Behandlung von Gesundheitsstörungen gedient, deren wesentliche Ursache der Arbeitsunfall vom 22. September 2009 gewesen sei. Die Frage, ob der Arbeitsunfall auch zu Unfallfolgen auf psychiatrischen Fachgebiet, insbesondere einer ängstlich-depressive Anpassungsstörung, geführt hat, ist dabei Gegenstand des noch anhängigen Verfahrens L 9 U 190/19.
Eine Zuständigkeit der Beklagten ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus § 14 SGB IX. Der Anwendungsbereich der Norm ist bereits nicht eröffnet. § 14 SGB IX ist immer und auch nur dann anzuwenden, wenn Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Satz 1 SGB IX) gegenüber einem Rehabilitationsträger ein Rehabilitationsbegehren zum Ausdruck bringen, es also um eine Leistung zur Teilhabe geht. Nicht darunter fallen dagegen z. B. Leistungen ärztlicher Akutbehandlung, der Vorsorge oder der Pflege, für die es bei einem Zuständigkeitsstreit zwischen den einzelnen Leistungsträgern und der Anwendung von § 43 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verbleibt (Ulrich in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 14 SGB IX (Stand: 15.01.2018), Rn. 43). Dem Kostenerstattungsanspruch zu Grunde liegt vorliegend eine Heil-/Krankenbehandlung nach § 26 SGB VII, keine Teilhabeleistung.
Die Beklagte wurde entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht durch die Übernahme eines Teils der Kosten (17.715,50 Euro) für die Leistungserbringung resp. Kostentragung „zuständig“. Die anteilige Erstattung der Kosten erfolgte ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückerstattung. Ein Anerkenntnis der Leistungspflicht der Beklagten kann hierin nicht gesehen werden. Die Beklagte erstattete die (teilweisen) Kosten für die Psychotherapie im März 2015 nur aufgrund des erstinstanzlichen Urteils vom 13. Mai 2014 und des die Aussetzung der Vollstreckung ablehnenden Beschluss des Senats vom 23. Januar 2015. Dies machte sie in dem Bescheid vom 5. Februar 2015 auch unmissverständlich durch den Hinweis deutlich, dass die Leistungen unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung stünden.
Da die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V analog nicht vorliegen, ist es unerheblich, ob und in welcher Höhe die Kosten zu erstatten wären. Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat insoweit darauf hin, dass die von dem Kläger alleinig für die Behandlungen bei Frau H. noch geltend gemachten Kosten bereits der Höhe nach nicht schlüssig sind. In dem streitgegenständlichen Zeitraum hat die Therapeutin für 275 Behandlungseinheiten zu jeweils 100,55 Euro, insgesamt 27.651,25 Euro, in Rechnung gestellt. Erstattet wurden von der Beklagten (275 x 64,42 Euro =) 17.715,50 Euro. Als Differenz errechnet sich mithin nur ein Betrag in Höhe von 9.935,75 Euro. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch des Klägers wie ausgeführt bereits dem Grunde nach nicht besteht, weshalb die Berufung als unbegründet zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.