1. Der Bescheid des Beklagten vom 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.01.2014 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, bei dem Kläger weiterhin das Merkzeichen „G“ festzustellen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte hat 1/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in gesetzlichem Umfang zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Herabsetzung des GdB sowie die Entziehung von Merkzeichen.
Durch Bescheid vom 17.10.1995 hatte der Beklagte bei dem 1995 geborenen Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die Merkzeichen B, G, H festgestellt. Als Behinderung wurde anerkannt: „Geistige und körperliche Behinderung (Prader-Willi-Syndrom)“.
Im Januar 2013 leitete der Beklagte ein Nachprüfungsverfahren ein, worauf die Mutter des Klägers mit Schreiben vom 01.02.2013 mitteilte, der Kläger werde im kommenden Schulhalbjahr zum Sommer 2013 die Schule mit einem Lernhilfeabschluss (berufsorientierter Abschluss) beenden. Beigefügt waren diverse Arztbriefe, im Einzelnen Arztbriefe des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Essen, vom 10.02.2011, 12.08.2011 und 13.02.2012.
Zur Akte gelangte außerdem das Zeugnis der E-Schule A-Stadt für das Schuljahr 2011/2012 sowie ein Datenblatt „Förderschwerpunkte und Maßnahmen“.
Mit Schreiben vom 17.05.2013 hörte der Beklagte zur Herabsetzung des GdB auf 70 und die Entziehung der Merkzeichen G, B und H an, da nach dem Ergebnis der versorgungsärztlichen Ermittlungen wesentliche Entwicklungsfortschritte vorlägen, z. B. sei das Rechnen im Zahlenraum 1.000.000 und die Zubereitung von Gerichten nach eigenen Rezepten möglich. Das Arbeiten am Computer mit Strukturierungshilfen sei meistens selbstständig möglich, eine erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr bzw. Orientierungsstörungen würden nicht mehr berichtet. Des Weiteren gehe aus den Befunden hervor, dass ein regelmäßiges Training in Fußballverein und Fitnessstudio stattfinde. Die Behinderung habe sich somit wesentlich gebessert.
Die Mutter des Klägers, der seit 2013 in einer Einrichtung der F. lebt, legte ein Gutachten des MDK vom 12.04.2013 vor, welches im Rahmen des SGB XI erstellt worden war, weiter gelangte zur Akte ein Arztbrief des Kinderzentrums Essen vom 02.05.2013.
Im Rahmen der Anhörung äußerte sich die Mutter des Klägers mit Schreiben vom 26.06.2013 dahingehend, dass dieser aufgrund seiner syndromspezifischen Behinderungen einen erheblichen Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung habe, er benötige Unterstützung für den ganzen Tag, um das Gewichtsmanagement, Verhaltensmanagement und Krisenmanagement zu gewährleisten, es werde von ihr als Mutter ein Mobilitätstraining absolviert, sie übe mit dem Kläger jeden unbekannten Weg. Nach vielen Trainingseinheiten könne dieser dann seinen Schulweg selbstständig zu Fuß bewältigen. Er führe ein einfaches Handy mit eingespeicherten Nummern mit sich und sobald er mit der Orientierung Schwierigkeiten habe, melde er sich bei ihr. Die partielle Nebenniereninsuffizienz bedinge eine verminderte Immunabwehr. Weiter leidet der Kläger unter Stimmungsschwankungen, impulsivem Verhalten mit Starrköpfigkeit und Wutanfällen. Auf zukünftige mögliche Veränderungen reagiere er mit großen Unsicherheiten und Stimmungsschwankungen, momentan erprobe er eine Wohnkombination mit Werkstatt für behinderte Menschen, mit engmaschiger 24 Stunden Betreuung.
Durch Bescheid vom 15.08.2013 änderte der Beklagte den Bescheid vom 17.10.1995 aufgrund einer wesentlichen Änderung (Besserung) und stellte den Grad der Behinderung mit 80 fest. Weiter wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen zur Feststellung der Merkzeichen G, B, H nicht mehr vorlägen. Nach Auswertung der Unterlagen würden wesentliche Entwicklungsfortschritte beschrieben. Eine erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr bzw. Orientierungsstörungen würden nicht mehr beschrieben. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B lägen nicht mehr vor. Es werde zwar Hilfe bei einzelnen Verrichtungen im täglichen Leben benötigt, dies genüge jedoch nicht um eine „Hilflosigkeit“ auf Dauer zu begründen, so dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen H nicht mehr gegeben seien.
Der Kläger legte hiergegen fristgerecht Widerspruch ein und reichte den Beschluss des Amtsgerichts Gießen, Betreuungsgericht, vom 15.08.2013 zur Akte, wonach seine Eltern zu Betreuern für die Aufgabenkreise Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge sowie Vertretung gegenüber Behörden und Einrichtungen der Behindertenhilfe bestimmt worden sind.
Zur Begründung wurde unter anderem ein Schulbericht der E-Schule vom 08.10.2013 zur Akte gereicht sowie eine Bescheinigung der Wohneinrichtung des Klägers F-Diakonie, F Stadt, vom 02.10.2013, außerdem eine Bescheinigung des Kinderzentrums Essen vom 07.10.2013.
Durch Widerspruchsbescheid vom 06.01.2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach den erhobenen Befunden erreichten die bei dem Kläger bestehenden Behinderungen kein derart gravierendes Ausmaß, dass er bei den regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens fremder Hilfe dauernd und in erheblichem Umfang bedürfe, so dass die Feststellung des Merkzeichens H nicht möglich sei. Auch die Orientierung sei nicht eingeschränkt, weshalb sich auch keine Voraussetzungen für die Feststellung weiterer Merkzeichen ergäben.
Der Kläger hat hiergegen am 31.01.2014 vor dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben.
Er trägt vor, er leide neben dem Prader-Willi-Syndrom an einer Zöliakie, das Wortzeugnis der Schule stelle im Übrigen seine Defizite nicht zutreffend dar, da es sich an den Schüler richte und motivierenden Charakter habe. Demgegenüber stelle der Schulbericht die tatsächlichen verhaltenstypischen Besonderheiten dar. Ein großes Problem im täglichen Umgang seien die Essensfixierungen. Das emotionale Verhalten habe sich keineswegs deutlich verbessert, die Schwierigkeiten in unsicheren Situationen, in denen von außen nicht genügend Struktur gewährt werde, hätten sich im Vergleich zu früheren Jahren eher noch verstärkt. Beim unbegleiteten Zurücklegen von Wegen in nicht bekannter Umgebung sei er desorientiert und neige stark zu unkontrolliertem Verhalten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.01.2014 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält die getroffenen Feststellungen für zutreffend. Es werde ein äußerst zufriedenstellendes Ergebnis nach Wachstumshormontherapie beschrieben, allein dies stelle eine wesentliche Besserung im Vergleich zu den Vorbefunden dar. Im Bericht der Einrichtung werde ausgeführt, dass der Individualität des Klägers Rechnung zu tragen sei, größtmögliche Autonomie und Sozialraumorientierung werde in allen Lebenslagen unterstützt, es bestünden Schwierigkeiten in der Orientierung, so dass strukturelle Hilfen notwendig seien. Dies lasse jedoch den Rückschluss zu, dass ein GdB von 80 angemessen und Merkzeichen nicht mehr zu begründen seien.
Der Kläger hat den Arztbrief der Medizinischen Klinik/Endokrinologie des UKGM Gießen vom 26.08.2014 zur Akte gereicht, die Fortschreibung des individuellen Eingliederungsplans der Einrichtung vom 25.08.2014 sowie das amtsärztliche Gutachten hinsichtlich des Betreuungsvorganges vom 11.05.2015.
Das Gericht hat die Vorgänge des Klägers beim LWV Hessen beigezogen, darin unter anderem das Gutachten des Arbeitsamtes Gießen vom 22.11.2012 nebst psychologischem Gutachten vom 24.04.2013, sowie die Stellungnahme des Fachdienstes zur Erstermittlung des Bedarfs in der individuellen Lebensgestaltung im Bereich Wohnen vom 18.09.2013.
Aufgrund Beweisanordnung vom 13.04.2015 hat der ärztliche Leiter der Vitos Kinder- und Jugendpsychiatrischen Ambulanz Heppenheim, Dr. G., am 22.04.2016 ein Gutachten gemäß § 106 SGG aufgrund zweimaliger ambulanter Untersuchung inklusive testpsychologischer Untersuchung sowie unter Auswertung umfangreicher beigezogener Entwicklungsberichte erstattet. Beigezogen worden sind unter anderem der Entwicklungsbericht vom 04.08.2015, ein psychologischer Bericht zur Intelligenztestung vom 29.04.2015, eine gutachterliche Stellungnahme des Fachdienstes des LWV vom 21.12.2015 zur Ermittlung des Bedarfs im Bereich „Wohnen“, verschiedene Arztbriefe der Endokrinologie des UKGM Gießen, sowie ein auf Veranlassung des Sachverständigen von der Einrichtung erstelltes Pflegeprotokoll. Der Sachverständige hat für die aktuell bestehenden Teilhabebeeinträchtigungen einen GdB von 70 angesetzt, es sei eine wesentliche Änderung im Sinn einer Besserung eingetreten. Er hat jedoch die Voraussetzungen für die Merkzeichen G und H weiter bejaht. Einer ständigen Begleitung (Merkzeichen B) bedürfe der Kläger allerdings nicht mehr.
Zum Sach- und Streitstand im Einzelnen wird auf die Gerichtsakte, die Schwerbehindertenakte des Klägers bei dem Beklagten sowie die beigezogenen Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, da sie insbesondere form- und fristgerecht vor dem zuständigen Gericht erhoben wurde.
Die Klage ist jedoch nur teilweise, im tenorierten Umfang begründet.
Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist lediglich insoweit abzuändern, als der Kläger Anspruch auf die Zuerkennung des Merkzeichens G hat, im Übrigen sind die Feststellungen des Beklagten nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 80 oder weitere Anerkennung der Nachteilsausgleiche B und H, weil insoweit in den für die Feststellung maßgeblichen gesundheitlichen Verhältnissen nach den vorliegenden Befunden eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verbesserung nachgewiesen ist.
Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - 9. Buch - (SGB IX) stellen auf Antrag des Behinderten die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung (GdB) fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden auch die hierzu erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX).
Die maßgeblichen Grundsätze für den Grad der Behinderung ebenso wie für die Anerkennung von Nachteilsausgleichen sind seit Inkrafttreten der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (Versorgungsmedizinverordnung VersmedV , vgl. BGBl. I 2008, S. 2412 ff.) zum 01.01.2009 als Anlage zu § 2 der VersMedV (http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/versmedv/gesamt.pdf) in verfassungsrechtlich nicht mehr zu beanstandender Weise im Wege einer Verordnung geregelt. Dabei sind insbesondere die in den früheren „Anhaltspunkten für die medizinische Begutachtung“ (AHP) niedergelegten Vorgaben zunächst nahezu vollständig übernommen worden.
Haben die oben genannten Behörden schon Feststellungen nach Art. 1 § 69 SGB IX getroffen, so ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - 10. Buch - (SGB X) der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auf Antrag oder von Amts wegen mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustandes eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 ergibt bzw. die gesundheitlichen Voraussetzungen eines Nachteilsausgleichs nicht mehr vorliegen (Landessozialgericht LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.04.2001, L 4 SB 64/99). Die Änderung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen oder das Hinzutreten weiterer Funktionsbeeinträchtigungen ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB stellen hierbei keine wesentliche Änderung dar (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998, B 9 SB 17/97 R).
Eine wesentliche Änderung liegt ferner nur vor, wenn der veränderte Gesundheitszustand mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert (vgl. Anlage zu § 2 VersMedV S. 15 ff.).
I.
Nach diesen Kriterien ist die Feststellung des GdB mit 80 durch den Beklagten auch nach Auffassung des Gerichts jedenfalls nicht zu beanstanden, da gegenüber der Feststellung im Bescheid vom 17.10.1995 eine wesentliche Änderung im Sinne einer Besserung nachgewiesen ist.
Das Gericht verweist insofern auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. G. in dessen Gutachten vom 22.04.2016 und macht sich diese aufgrund eigener Prüfung und Überzeugungsbildung ausdrücklich zu Eigen.
Auf eine erneute Wiedergabe der Ausführungen insbesondere Blatt 19, 30 des Gutachtens wird zur Vermeidung von Wiederholungen verzichtet.
II.
Der Kläger hat Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens G, denn er ist infolge seiner Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr weiterhin erheblich beeinträchtigt.
Nach § 146 Abs. 1 SGB IX und § 9 Einkommensteuergesetz (EStG) ist zu beurteilen, ob der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist.
§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der auch ab 30.12.2016 weiterhin geltenden Fassung (Art. 2 Nr. 13 des BTHG vom 23.12.2016) lautet: „In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.“
Hilflose und Gehörlose haben unabhängig davon stets einen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr (§ 145 Abs. 1 SGB IX).
Dies ergab sich früher auch aus den o. g. Anhaltspunkten (AHP 2004, S. 136 ff.) und ist entsprechend in die Anlage 2 zur VersMedV übernommen worden, wo es heißt (vgl. S. 114, 115):
„In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d. h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa 2 km, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird.
Auch bei Säuglingen und Kleinkindern ist die gutachtliche Beurteilung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erforderlich. Für die Beurteilung sind dieselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend. Es ist nicht zu prüfen, ob tatsächlich diesbezügliche behinderungsbedingte Nachteile vorliegen oder behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen.
Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, zum Beispiel bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, zum Beispiel chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen.
Bei hirnorganischen Anfällen ist die Beurteilung von der Art und Häufigkeit der Anfälle sowie von der Tageszeit des Auftretens abhängig. Im Allgemeinen ist auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit erst ab einer mittleren Anfallshäufigkeit zu schließen, wenn die Anfälle überwiegend am Tage auftreten. Analoges gilt beim Diabetes mellitus mit häufigen hypoglykämischen Schocks.
Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, sind bei allen Sehbehinderungen mit einem GdB von wenigstens 70 und bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) anzunehmen. Bei Hörbehinderungen ist die Annahme solcher Störungen nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) oder im Erwachsenenalter bei diesen Hörstörungen in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (zum Beispiel Sehbehinderung, geistige Behinderung) gerechtfertigt.
Bei geistig behinderten Menschen sind entsprechende Störungen der Orientierungsfähigkeit vorauszusetzen, wenn die behinderten Menschen sich im Straßenverkehr auf Wegen, die sie nicht täglich benutzen, nur schwer zurechtfinden können. Unter diesen Umständen ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bei geistigen Behinderungen mit einem GdB von 100 immer und mit einem GdB von 80 oder 90 in den meisten Fällen zu bejahen. Bei einem GdB unter 80 kommt eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht.“
Ausweislich der Feststellungen im Gutachten sowie der Angaben der Mutter und der Inhalte der diversen Berichte ist der Kläger zwar nach zeitaufwändigem Einüben in der Lage, sich auf diesen geübten Wegen zurechtzufinden. Er ist jedoch nicht in der Lage, sich auf Wegen, die er nicht täglich benutzt, ohne fremde Hilfe zurechtzufinden. Deshalb liegt aufgrund des Prader-Willi-Syndroms eine derart gravierende Störung der Orientierungsfähigkeit vor, dass die Voraussetzungen der VersMedV Teil D Kap. 1 f) erfüllt sind.
Soweit der Beklagte darauf abstellt, dass derartige Orientierungsstörungen nur bei dem Regelfall eines GdB von 100 für die geistige Behinderung zur Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen könnte, ist hier darauf hinzuweisen, dass nach den Vorgaben der VersMedV bei einem GdB unter 80 eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit (nur) auch in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht kommen kann. Da insoweit jeweils die individuelle Situation des behinderten Menschen zu beurteilen ist, schließt der vorliegende festgestellte Einzel-GdB von nur 80 die Anerkennung des Merkzeichens G nicht aus, weil der Kläger eben trotz einer in anderen Bereichen nicht so gravierend ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung allein auf fremden Wegen keinerlei Orientierung hat und sich dort nicht ohne fremde Hilfe zurechtfindet.
Die in der VersMedV genannten, vorstehend zitierten Voraussetzungen für das Merkzeichen G sind damit nach Auffassung des Gerichts bei dem Kläger erfüllt.
III.
Der Kläger erfüllt demgegenüber nicht mehr die Voraussetzung für das Merkzeichen B, denn er ist nicht mehr regelmäßig/dauerhaft außerstande, ohne fremde Hilfe öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Zu den Voraussetzungen des von dem Kläger begehrten Nachteilsausgleichs, hier: die Berechtigung für eine ständige Begleitung, welche durch den Eintrag des Buchstabens B im Schwerbehindertenausweis nachgewiesen wird, ist danach im Einzelnen folgendes geregelt:
Gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 unentgeltlich befördert; die unentgeltliche Beförderung verpflichtet zur Zahlung eines tarifmäßigen Zuschlages bei der Benutzung zuschlagpflichtiger Züge des Nahverkehrs. Nach § 145 Abs. 1 Satz 2 ist weiter Voraussetzung, dass der Ausweis mit einer gültigen Wertmarke versehen ist, welche gegen Entrichtung eines bestimmten Pauschalbetrages für ein Jahr oder für ein halbes Jahr ausgegeben wird.
Nach Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 des § 145 SGB IX gilt das Gleiche im Nah- und Fernverkehr im Sinne des § 147, ohne dass die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 2 erfüllt sein muss, für die Beförderung einer Begleitperson eines schwerbehinderten Menschen im Sinne des Absatzes 1, wenn die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson nachgewiesen und dies im Ausweis des schwerbehinderten Menschen eingetragen ist.
Diese gesetzlichen Vorgaben finden sich ebenfalls wieder in Teil C Kap. 2 b) der VersMedV, indem es dort heißt:
„Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen (bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen „G”, „Gl“ oder „H” vorliegen) gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung) erforderlich sind.“
Die Berechtigung für eine ständige Begleitung ist als Ausnahmetatbestand nach Teil C Kap. 2 c) immer anzunehmen bei
Querschnittsgelähmten,
Ohnhändern,
Blinden und
Sehbehinderten, Hörbehinderten, geistig behinderten Menschen und Anfallskranken, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens B nicht mehr, denn er ist sowohl physisch wie auch psychisch bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen, auch sind derartige Begleitpersonen als Hilfen zum Ausgleich der Orientierungsstörungen nur bei fremden nicht eingeübten Wegen erforderlich. Nach entsprechendem Training ist der Kläger in der Lage, auf diesen Strecken öffentliche Verkehrsmittel ohne Gefahr zu nutzen, so dass das Tatbestandsmerkmal der regelmäßig erforderlichen Hilfe nicht erfüllt ist.
Dies wird auch durch das Ergebnis der Begutachtung bestätigt, auch der Sachverständige hat bei dem Kläger insoweit eine wesentliche Besserung festgestellt.
IV.
Der Kläger erfüllt auch nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs H, denn er ist nicht hilflos.
Nach § 33b Abs. 6 Satz 3 EStG eine Person hilflos, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind nach § 33b Abs. 6 Satz 4 EStG auch dann erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 3 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
Der Begriff der Hilflosigkeit wird durch die Versorgungsmedizinischen Grundsätze weiter konkretisiert, vgl. Teil A Kap. 4.
Hilflos sind diejenigen, die infolge von Gesundheitsstörungen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und dem Einkommensteuergesetz „nicht nur vorübergehend“ für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
Häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages sind insbesondere An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Verrichten der Notdurft. Außerdem sind notwendige körperliche Bewegung, geistige Anregung und Möglichkeiten zur Kommunikation zu berücksichtigen. Hilflosigkeit liegt im oben genannten Sinne auch dann vor, wenn ein psychisch oder geistig behinderter Mensch zwar bei zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens der Hilfe nicht unmittelbar bedarf, er diese Verrichtungen aber infolge einer Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung nicht vornähme. Die ständige Bereitschaft ist z. B. anzunehmen, wenn Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr notwendig ist.
Der Umfang der notwendigen Hilfe bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen muss erheblich sein. Dies ist der Fall, wenn die Hilfe dauernd für zahlreiche Verrichtungen, die häufig und regelmäßig wiederkehren, benötigt wird. Einzelne Verrichtungen, selbst wenn sie lebensnotwendig sind und im täglichen Lebensablauf wiederholt vorgenommen werden, genügen nicht (z. B. Hilfe beim Anziehen einzelner Bekleidungsstücke, notwendige Begleitung bei Reisen und Spaziergängen, Hilfe im Straßenverkehr, einfache Wund- oder Heilbehandlung, Hilfe bei Heimdialyse ohne Notwendigkeit weiterer Hilfeleistung).
Zur Erheblichkeit des Hilfsaufwands hat das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Leitentscheidung vom 12.02.2003 (B 9 SB 1/02 R, Rn. 14 ff.) Stellung genommen. Das BSG hält es dort entsprechend der Vorgaben in der gesetzlichen Pflegeversicherung für sachgerecht, die Erheblichkeit des Hilfsbedarfs in erster Linie nach dem täglichen Zeitaufwand für die erforderlichen Betreuungsleistungen zu beurteilen. Nicht hilflos ist derjenige, der nur in relativ geringem Umfang, d. h. täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist. Grundsätzlich sieht das BSG eine Erheblichkeit des Zeitaufwands erst dann als erfüllt an, wenn dieser mindestens zwei Stunden täglich erreicht (BSG, a. a. O., Rn. 15). Man orientiert sich mithin an der früheren Pflegestufe II nach der gesetzlichen Pflegeversicherung/SGB XI. Da der Begriff der Hilflosigkeit und Pflegebedürftigkeit nicht deckungsgleich sind, nimmt das BSG eine Erheblichkeit auch bei einem täglichen Hilfsbedarf zwischen 1 und 2 Stunden an, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege besonders hoch ist. Das ist der Fall, wenn behinderungsbedingt ständige Aufsicht erforderlich ist.
Verrichtungen, die mit der Pflege der Person nicht unmittelbar zusammenhängen (z. B. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung) müssen außer Betracht bleiben. Das BSG rechtfertigt diesen Ausschluss der Hausarbeit in ständiger Rechtsprechung damit, dass diese Hilfsbedarfe im Steuerrecht an anderer Stelle gesondert erfasst sind (vgl. Gaa-Unterpaul, NZS 2002, 406, 409).
Bei einer Reihe schwerer Behinderungen, die aufgrund ihrer Art und besonderen Auswirkungen regelhaft Hilfeleistungen in erheblichem Umfang erfordern, kann im Allgemeinen ohne nähere Prüfung angenommen werden, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen von Hilflosigkeit erfüllt sind.
Dies gilt stets bei
- Blindheit und hochgradiger Sehbehinderung,
- Querschnittslähmung und anderen Behinderungen, die auf Dauer und ständig auch innerhalb des Wohnraums die Benutzung eines Rollstuhls erfordern,
in der Regel auch bei
- Hirnschäden, Anfallsleiden, geistiger Behinderung und Psychosen, wenn diese Behinderungen allein einen GdS von 100 bedingen,
- Verlust von zwei oder mehr Gliedmaßen, ausgenommen Unterschenkel- oder Fußamputation beiderseits. (Als Verlust einer Gliedmaße gilt der Verlust mindestens der ganzen Hand oder des ganzen Fußes).
Für Jugendliche kann darüber hinaus Hilflosigkeit nach weiteren Voraussetzungen bestehen.
So war bereits nach Nr. 22 Abs. 4 b) AHP bei autistischen Syndromen sowie anderen emotionalen und psychosozialen Störungen mit langdauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten in der Regel Hilflosigkeit bis zum 16. Lebensjahr in manchen Fällen auch darüber hinaus anzunehmen.
Dieser Zeitraum wurde durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizinverordnung vom 17.12.2010 abgeändert. Nach der neuen Fassung von Teil A Ziffer 5 d) bb) der VersMedV ist bei tief greifenden Entwicklungsstörungen, die für sich allein einen GdB von mindestens 50 bedingen, und bei anderen gleich schweren, im Kindesalter beginnenden Verhaltens- und emotionalen Störungen mit lang andauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten regelhaft Hilflosigkeit bis zum 18. Lebensjahr anzunehmen.
Nach diesen Kriterien ist der Kläger nicht mehr hilflos.
Aufgrund seines Alters sind insoweit nicht mehr VersMedV A Ziffer 5 d) bb) anzuwenden, sondern die Beurteilung richtet sich nach den Voraussetzungen des Teil A Kap. 4., insofern ist eine wesentliche Änderung bereits allein durch Erreichen der Altersgrenze für die Anwendung des Kap. 5 eingetreten.
Die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich H nach Teil A Kap. 4. liegen nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht vor.
Der Kläger ist zunächst ganz offensichtlich in der Lage, die vorstehend für die Prüfung des Merkzeichens H grundsätzlich maßgeblichen Verrichtungen wie z. B. Waschen, Anziehen, Verrichten der Notdurft, Nahrungsaufnahme selbstständig durchzuführen. Es ist somit Hilfe nicht in erheblichem Umfang bei diesen häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen erforderlich.
Darüber hinaus ist der Kläger ausreichend kommunikations- und orientierungsfähig, er kann selbstständig Freundschaften eingehen und Freizeitinteressen ausüben, so dass er zur Gestaltung seiner sozialen Interaktionen nicht wesentlicher Unterstützung bedarf, auch wenn das Gericht nicht verkennt, dass hier sicher von Zeit zu Zeit ein steuerndes Eingreifen durch die Einrichtung erfolgt. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass wegen völliger Antriebslosigkeit des Klägers eine andauernde Aufforderung erforderlich wäre.
Soweit der Kläger darauf Bezug genommen hat, dass das Merkzeichen H auch für geistig und seelisch Behinderte festzustellen sei, ist an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass dies „in der Regel auch“ gilt „bei Hirnschäden, Anfallsleiden, geistiger Behinderung und Psychosen, wenn diese Behinderungen allein einen GdS von 100 bedingen“, und bei dem Kläger lediglich ein GdB von maximal 80 für das Prader-Willi-Syndrom anzuerkennen ist.
Zur Überzeugung des Gerichts erfüllt auch die Hilfeleistung, die bei dem Kläger in der aktuellen Lebenssituation zur Vermeidung einer ungezügelten und hierdurch gesundheitsgefährdenden Nahrungsaufnahme erforderlich ist, nicht die Voraussetzungen, um Hilflosigkeit zu begründen.
Der Kläger ist aktuell nicht massiv adipös, so dass eine unkontrollierte Nahrungsaufnahme nicht zu einem akut lebensbedrohlichen Zustand führen würde.
Darüber hinaus ist der Kläger in der Einrichtung, in der er aktuell lebt, an regelmäßige Nahrungsaufnahme in Form von „zugeteilten“ Mengen zu festgelegten Zeiten gebunden, so dass eine zusätzliche Hilfeleistung hier anders als etwa bei der Versorgung mit Nahrung an einem offenen Buffet nicht ersichtlich ist. Nach den Angaben im Gutachten ist der Kläger durch diese Regelmäßigkeit der 7 Mahlzeiten sowie die sich im Tagesverlauf anschließenden Tätigkeiten in der WfB auch in gewisser Weise „beruhigt“, so dass kein regelmäßiges, ungezügeltes Suchen nach Nahrung über 24 Stunden erfolgt. Da insoweit keine tatsächliche Hilfeleistung im Sinne einer individuell auf den Kläger abgestellten Überwachungsleistung der Einrichtung erfolgt, kann eine solche auch nicht hypothetisch berücksichtigt werden.
Das Gericht sieht zwar die von der Klägerseite geschilderte Gefahr, dass der Kläger in seiner Freizeit die Möglichkeit hat, sich zusätzliche Nahrung zu beschaffen eben weil keine konkrete „Überwachung“ erfolgt.
Offenbar macht er hiervon jedoch gerade nicht in einem Umfang Gebrauch, dass hier eine andauernde „Rund um die Uhr“-Überwachung zur Abwendung akuter gesundheitlicher Gefährdungen erforderlich ist. Nur dies aber könnte nach dem Wortlaut der VersMedV („Die ständige Bereitschaft ist z. B. anzunehmen, wenn Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr notwendig ist“) eine so wesentliche Hilfeleistung sein, dass das Merkzeichen H hierdurch begründet werden könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Obsiegen des Klägers bezüglich des Merkzeichens G, die Rechtsmittelbelehrung folgt aus § 143 SGG.