1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechnung und Höhe von Renten des Klägers wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung.
Der 1950 in C-Stadt (UdSSR) geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er lebt seit dem 06.12.1990 in der Bundesrepublik Deutschland und ist Inhaber eines Vertriebenenausweises Buchstabe „A“.
Im Oktober 1991 beantragte er die Klärung seines Versicherungskontos. Er gab an, von 1967 bis 1972 ein Maschinenbaustudium absolviert und ab September 1972 mit einigen Unterbrechungen in Vollzeit in diversen Betrieben im Bereich Maschinenbau gearbeitet zu haben. Aus seinem Arbeitsbuch gingen u.a. folgende Beschäftigungszeiten hervor:
- 05.10.1972 bis 06.10.1975 als Meister bzw. Hauptdispatcher, Petropawlowsk, Schwermaschinenbauwerk
- 31.10.1975 bis 25.04.1979 als Leiter für die technische Seite
- 23.05.1979 bis 26.01.1987/ 30.01.1987 bis 13.11.1990 in diversen technischen Leistungsfunktionen im Werkzeugmaschinenwerk D. und E.
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 21.01.1997 stellte die Beklagte nach § 149 Abs. 5 SGB VI die zurückgelegten Zeiten bis zum 31.12.1990 verbindlich fest. Die Zeiträume vom 05.10.1972 bis 06.10.1975, 31.10.1975 bis 25.04.1979, 23.05.1979 bis 26.01.1987 und 30.01.1987 bis 13.11.1990 erkannte die Beklagte als Pflichtbeitragszeiten an und teilte mit, dass diese Zeiten zu 5/6 angerechnet werden.
Mit Bescheid vom 22.10.2003 stellte die Beklagte weitere Zeiten nach § 149 Abs. 5 SGB VI verbindlich fest.
Am 09.06.2006 beantragte der Kläger Überprüfung des Bescheides vom 21.01.1997 mit dem Ziel der Anerkennung der festgestellten rentenrechtlichen Zeiten vom 23.05.1979 bis 13.11.1990 als nachgewiesene anstatt als glaubhaft gemachte Zeiten (vgl. hierzu das Verfahren S 2 R 889/07 - SG Gießen -, L 5 R 122/11 - Hessisches LSG-).
Mit Bescheid vom 06.11.2007 (Bl. 79 ff. der Verwaltungsakte) gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 01.12.2006 eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 07.11.2007 (Bl. 81a ff. der Verwaltungsakte) erhielt er stattdessen ab dem 01.12.2007 eine bis 30.11.2010 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, die mit Bescheiden vom 03.09.2010 und 05.09.2013 bis zum 29.02.2016 (Erreichen der Regelaltersgrenze) fortgewährt wurde.
Mit Bescheid vom 30.04.2008 (Bl. 125 der Verwaltungsakte) hob die Beklagte den Bescheid vom 06.11.2007 wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze für Oktober und November 2007 bzgl. der Rentenhöhe auf und forderte den überzahlten Betrag zurück.
Mit Bescheiden vom 23.10.2008 (Bl. 259 und 284 der Verwaltungsakte) stellte die Beklagte die Renten unter Anerkennung der Zeit vom 01.07.1972 bis 30.09.1972 (Ableistung des Grundwehrdienstes) als nachgewiesene Beitragszeit neu fest.
Mit Bescheiden vom 21.02.2012 und 22.02.2012 (Bl. 434 ff. und 443 ff. der Verwaltungsakte) stellte die Beklagte die Renten unter Anerkennung der Zeit vom 01.05.1979 bis 13.11.1990 als nachgewiesene Beitragszeit neu fest.
Am 31.03.2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten Überprüfung bezüglich der Anerkennung der festgestellten rentenrechtlichen Zeiten vom 05.10.1972 bis 06.10.1975 sowie vom 31.10.1975 bis 25.04.1979 als nachgewiesene Zeiten.
Der Kläger rügte bezüglich sämtlicher erlassener Rentenbescheide Fehler bei der Grund- und Vergleichsbewertung. Für die Gesamtleistungsbewertung ein Wert von 0,1307 anstatt von 0,0913 zugrunde zu legen. Weiter wandte er sich gegen die „60-Prozent-Regelung“ des § 22 Abs. 4 FRG. Ferner begehrte er die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab dem 01.06.2007.
Mit Bescheid vom 10.07.2017 (Bl. 537 der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 21.01.1997 in Gestalt der nachfolgenden Rentenbescheide ab. Die vorgelegten Bescheinigungen rechtfertigten keine 6/6-Anerkennung der Zeiten vom 05.10.1972 bis 06.10.1975 sowie vom 31.10.1975 bis 25.04.1979. Der Kläger erhob hiergegen fristgerecht Widerspruch und reichte weitere Unterlagen ein.
Mit Bescheiden vom 23.11.2015 und 02.12.2015 (Bl. 594 ff. und 599 ff. der Verwaltungsakte) stellte die Beklagte die Renten unter Anerkennung der Zeit vom 05.10.1972 bis 06.10.1975 als nachgewiesene Beitragszeit neu fest. Der Kläger erhob hiergegen am 14.12.2015 Widerspruch.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2016 zurück.
Am 24.02.2016 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben. Er wendet sich explizit nicht mehr gegen 60-Prozent-Regelung des § 22 Abs. 4 FRG. Gerügt werden jedoch Fehler bei der Gesamtleistungsberechnung. Die Bewertung der in Deutschland zurückgelegten beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten sei ausschließlich mit den Entgeltpunkten für echte Beitragszeiten und Beitragszahlungsmonate aus dem Versicherungsleben in Deutschland durchzuführen: Auf alle vollwertigen Pflichtbeitragszeiten aus dem Geltungsbereich des Grundgesetzes entfielen 19,9764 Entgeltpunkte für 152 Monate. Daraus ergebe sich ein Durchschnittswert aus der Vergleichsbewertung von 0,1314 Entgeltpunkten. Die Beklagte lege dagegen unzutreffend in den Bescheiden vom 23.11.2015, 22.02.2012 und 02.12.2015 einen Durchschnittswert von nur 0,0965 Entgeltpunkten zugrunde. Dies führe zu einer um 79,10 € niedrigeren Rente. Da schon keine echte Transformation der durch Arbeitsleistung im Herkunftsland erworbenen Rechtsstellung in das deutsche Rentenversicherungssystem erfolge, sei es nicht akzeptabel, die in Deutschland zurückgelegten beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten bezüglich der Entgeltpunkte wiederum einem gemischten Regime zu unterwerfen. Aus § 22 FRG ergebe sich, dass nur die außerhalb der BRD geleisteten Zeiten einem anderen Bewertungsregime unterlägen. Diese gesetzliche Wertung werde im Rahmen von §§ 71 ff. SGB VI unterlaufen. Hinzu komme eine falsche Bewertung der Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung. Maßgebend seien die Tabellenwerte bei erstmaliger Feststellung der Rente (Beginn der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung im Dezember 2006: 0,0326 EP). Die Beklagte lege entgegen § 300 Abs. 3 SGB VI jeweils andere Tabellenwerte zugrunde (Beginn der Rente wegen voller Erwerbsminderung am 01.12.2007: 0,0169 EP; Beginn der Regelaltersrente am 01.03.2016: 0,0000 EP). Die sich hieraus ergebende Differenz von 1,1736 Entgeltpunkten entspreche 36,42 €.
Der Kläger beantragt (Bl. 13 der Gerichtsakte),
den Bescheid vom 06.11.2007, geändert durch die Bescheide vom 30.04.2008, vom 23.10.2008, vom 21.02.2012 und vom 23.11.2015 sowie den Bescheid vom 07.11.2007, geändert durch die Bescheide vom 23.10.2008, vom 22.02.2012 und vom 02.12.2015 sowie den Bescheid vom 10.07.2015, geändert durch die Bescheide vom 23.11.2015 und vom 02.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die angegriffenen Bescheide. Die Gesamtleistungsbewertung sei in §§ 72 und 73 SGB VI geregelt. Hiernach umfasse der belegungsfähige Gesamtzeitraum die Zeit ab dem vollendeten 17. Lebensjahr bis zum Kalendermonat vor Beginn der zu berechnenden Rente bzw. bis zum Eintritt der maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit. Für die Grundbewertung würden für jeden Kalendermonat Entgeltpunkte in Höhe der Summe der Entgeltpunkte für Beitragszeiten und Berücksichtigungszeiten geteilt durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate zugrunde gelegt. Für die Vergleichsbewertung seien für jeden Kalendermonat Entgeltpunkte in Höhe der Summe der Entgeltpunkte aus der Grundbewertung - ohne Entgeltpunkte für beitragsgeminderte Zeiten, Berücksichtigungszeiten, die auch beitragsfreie Zeiten sind, und Beitragszeiten oder Berücksichtigungszeiten, in denen eine Rente aus eigener Versicherung bezogen worden ist -, geteilt durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate anzusetzen. Eine Differenzierung dahin, dass die in Deutschland zurückgelegten beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten ausschließlich durch ebenfalls in Deutschland zurückgelegte Entgeltpunkte für Beitragszeiten bewertet würden, sehe das Gesetz nicht vor.
Die Bewertung der Schul- und Hochschulausbildungszeiten regele § 263 Abs. 3 SGB VI. Hiernach werde der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert für jeden Kalendermonat auf 75 vom Hundert begrenzt. Der so begrenzte Gesamtleistungswert dürfe für einen Kalendermonat 0,0625 Entgeltpunkte nicht übersteigen. Nach § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB Vl träten an die Stelle der Werte 75 vom Hundert und 0,0625 Entgeltpunkte abhängig vom Rentenbeginn ab Februar 2005 andere (immer niedriger werdende) Werte. Bei einem Rentenbeginn ab Januar 2009 würden diese Zeiten nicht mehr gewertet. Hiervon ausgehend seien die jeweils zugrunde gelegten Entgeltpunkte korrekt. Grundsätzlich sei bei Erstfeststellung einer Rente das zu Beginn der Leistung geltende Recht maßgeblich (§ 300 Abs. 1 SGB VI). Lediglich bei der Neufeststellung von Renten nach § 300 Abs. 3 SGB VI sei das zum Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung der Rente geltende Recht ausschlaggebend. Bei den in Bezug genommenen Renten handele es sich um erstmalige Feststellungen einer Leistung und nicht um Neufeststellungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte mit dem Einverständnis der Beteiligten (Bl. 45 und 48 der Gerichtsakte) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung.
Inhaltlich wendet sich der Kläger mit seiner Klage nur noch gegen die von der Beklagten vorgenommene Gesamtleistungsbewertung und die Bewertung der Schul- und Hochschulausbildungszeiten. Diesbezügliche Fehler sind nicht ersichtlich.
1. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass die in Deutschland zurückgelegten beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten gesondert von den in der Sowjetunion absolvierten Zeiten bewertet werden. Das Gesetz sieht derartiges nicht vor.
Gemäß § 64 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte (EP), dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander zu vervielfältigen.
Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller Entgeltpunkte, u.a. auch für beitragsfreie Zeiten sowie aus Zuschlägen für beitragsgeminderte Zeiten (§ 66 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB VI).
Beitragsfreie Zeiten erhalten den Durchschnittswert an Entgeltpunkten, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. Dabei erhalten sie den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder der Vergleichsbewertung aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen (§ 71 Abs. 1 SGB VI).
Für beitragsgeminderte Zeiten ist die Summe der Entgeltpunkte um einen Zuschlag so zu erhöhen, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten jeweils als beitragsfreie Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit, wegen einer schulischen Ausbildung und als Zeiten wegen einer beruflichen Ausbildung oder als sonstige beitragsfreie Zeiten hätten. Diese zusätzlichen Entgeltpunkte werden den jeweiligen Kalendermonaten mit beitragsgeminderten Zeiten zu gleichen Teilen zugeordnet (§ 71 Abs. 2 SGB VI).
Für die Gesamtleistungsbewertung werden jedem Kalendermonat
1. an Berücksichtigungszeit die Entgeltpunkte zugeordnet, die sich ergeben würden, wenn diese Kalendermonate Kindererziehungszeiten wären,
2. mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung mindestens 0,0833 Entgeltpunkte zugrunde gelegt und diese Kalendermonate insoweit nicht als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt.
Bei der Anwendung von Satz 1 Nr. 2 gelten die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres stets als Zeiten einer beruflichen Ausbildung. Eine Zuordnung an Entgeltpunkten für Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten unterbleibt in dem Umfang, in dem bereits nach § 70 Abs. 3a Entgeltpunkte zusätzlich ermittelt oder gutgeschrieben worden sind Entgeltpunkte. Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für Kalendermonate mit Zeiten der beruflichen Ausbildung, für die bereits Entgeltpunkte nach Satz 1 Nr. 1 zugeordnet werden (§ 71 Abs. 3 SGB V).
Bei der Grundbewertung werden für jeden Kalendermonat Entgeltpunkte in der Höhe zugrunde gelegt, die sich ergibt, wenn die Summe der Entgeltpunkte für Beitragszeiten und Berücksichtigungszeiten durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate geteilt wird (§ 72 Abs. 1 SGB VI).
Der belegungsfähige Gesamtzeitraum umfasst gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 SGB VI die Zeit vom vollendeten 17. Lebensjahr bis zum Kalendermonat vor Beginn der zu berechnenden Rente bei einer Rente wegen Alters (Nr. 1) bzw. bis zum Eintritt der maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Nr. 2). Er verlängert sich um Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres (§ 72 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Nicht belegungsfähig sind Kalendermonate mit 1. beitragsfreien Zeiten, die nicht auch Berücksichtigungszeiten sind, und 2. Zeiten, in denen eine Rente aus eigener Versicherung bezogen worden ist, die nicht auch Beitragszeiten oder Berücksichtigungszeiten sind (§ 72 Abs. 3 SGB VI).
Bei der Vergleichsbewertung werden für jeden Kalendermonat Entgeltpunkte in der Höhe zugrunde gelegt, die sich ergibt, wenn die Summe der Entgeltpunkte aus der Grundbewertung ohne Entgeltpunkte für
1. beitragsgeminderte Zeiten,
2. Berücksichtigungszeiten, die auch beitragsfreie Zeiten sind, und
3. Beitragszeiten oder Berücksichtigungszeiten, in denen eine Rente aus eigener Versicherung bezogen worden ist,
durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate geteilt wird (§ 73 Satz 1 SGB VI). Dabei sind von den belegungsfähigen Monaten aus der Grundbewertung die bei der Vergleichsbewertung außer Betracht gebliebenen Kalendermonate mit Entgeltpunkten abzusetzen (§ 73 Satz 2 SGB VI). Seit dem 01.07.2014 werden bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit außerdem Entgeltpunkte für die letzten vier Jahre bis zum Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht berücksichtigt, wenn sich dadurch ein höherer Wert aus der Vergleichsbewertung ergibt (§ 73 Satz 1 2. HS SGB VI in der Fassung vom 23.06.2014).
Diesem Maßstab folgend hat die Beklagte die Entgeltpunkte in den angegriffenen Bescheiden zutreffend berechnet. Zu Recht hat sie dabei als belegungsfähigen Gesamtzeitraum die Zeit vom vollendeten 17. Lebensjahr bis zum jeweiligen Eintritt der maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit bei einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zugrunde gelegt (§ 72 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI).
Für die vom Kläger geforderte getrennte Betrachtung von in Deutschland zurückgelegten beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten fehlt es dagegen an einer gesetzlichen Grundlage. Diese ergibt sich auch nicht aus § 22 Fremdrentengesetz (FRG).
Für in der ehemaligen Sowjetunion absolvierte Zeiten werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 1. HS, Satz 2 und 9 SGB V ermittelt (§ 22 Abs. 1 Satz 1 FRG). Zeiten der Ausbildung als Lehrling oder Anlernling erhalten für jeden Kalendermonat 0,025 Entgeltpunkte (§ 22 Abs. 2 FRG). Für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt (§ 22 Abs. 3 FRG). Die nach den Absätzen 1 und 3 maßgeblichen Entgeltpunkte werden mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt (§ 22 Abs. 4 FRG).
Ein von § 71 ff. SGB VI abweichender Maßstab wird demnach nicht festgelegt, obgleich der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung hätte treffen können, wenn er dies gewollt hätte. Verfassungsrechtliche Bedenken – insbesondere gegen § 22 Abs. 4 FRG – bestehen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 – 1 BvL 9/00 –, juris).
Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Werte sind nicht erkennbar; solche hat auch der Kläger nicht vorgebracht. Zutreffend hat die Beklagte der Gesamtleistungsbewertung den höheren Durchschnittswert aus der Vergleichsbewertung zugrunde gelegt.
2. Keinen Bedenken begegnet auch die Bewertung der Schul- und Hochschulausbildungszeiten als Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
Der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert wird für jeden Kalendermonat mit Anrechnungszeiten wegen einer Schul- oder Hochschulausbildung auf 75 vom Hundert begrenzt (§ 263 Abs. 3 Satz 1 SGB VI). Der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 Entgeltpunkte nicht übersteigen (§ 263 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung werden insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet; auf die drei Jahre werden Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme angerechnet (§ 263 Abs. 3 Satz 3 SGB VI). Bei der begrenzten Gesamtleistungsbewertung für die Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung (vgl. § 74 SGB VI) treten an die Stelle der Werte 75 vom Hundert und 0,0625 Entgeltpunkte in Abhängigkeit vom jeweiligen Rentenbeginn ab Februar 2005 abweichende, immer niedriger werdende Werte; bei einem Rentenbeginn ab Januar 2009 werden diese Zeiten nicht mehr gewertet (0,0000 EP), vgl. § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI.
Dementsprechend hat die Beklagte der mit Wirkung ab dem 01.12.2006 bewilligten teilweisen Erwerbsminderungsrente die für Dezember 2006 geltenden 0,0326 Entgeltpunkte zugrunde gelegt und der mit Wirkung ab dem 01.12.2007 gewährten vollen Erwerbsminderungsrente die für Dezember 2007 geltenden 0,0169 Entgeltpunkte.
Diese Werte werden jeweils in allen ergangenen, mit der Klage angegriffenen Neufeststellungsbescheiden bezogen auf die jeweilige Rente (teilweise Erwerbsminderungsrente mit jeweils 0,0326 Entgeltpunkten einerseits und volle Erwerbsminderungsrente mit jeweils 0,0169 Entgeltpunkten andererseits) beibehalten.
Dies entspricht den Vorgaben des § 300 SGB VI.
Gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI sind Vorschriften dieses Gesetzbuchs von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Ist dagegen eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln, sind die Vorschriften maßgebend, die bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden waren (§ 300 Abs. 3 SGB VI).
§ 300 SGB VI regelt also, welches Recht bei In-Kraft-Treten von Rechtsänderungen anzuwenden ist. Dabei stellt die Rechtsnorm grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Leistungsbeginns ab (§ 300 Abs. 1 SGB VI). Abs. 2 bis 4 bestimmen die Ausnahmen von diesem Grundsatz. Abs. 5 schließt die Anwendung der Abs. 1 bis 4 aus, wenn die nachfolgenden weiteren Rechtsnormen Ausnahmen von § 300 SGB VI vorsehen (Dankelmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 300 SGB VI, Rn. 24).
Ausgehend hiervon handelte es sich sowohl bei der ab dem 01.12.2006 bewilligten teilweisen Erwerbsminderungsrente als auch bei der ab dem 01.12.2007 gewährten vollen Erwerbsminderungsrente jeweils um Erstfeststellungen. Bei nebeneinander bestehenden Rentenansprüchen (hier: Rente wegen teilweiser und wegen voller Erwerbsminderung) ist die hinzutretende Rente nach dem Recht festzustellen, welches zum Rentenbeginn der hinzutretenden Rente (hier: Rente wegen voller Erwerbsminderung) maßgebend war (Dankelmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 300 SGB VI, Rn. 44 f.). Demnach hat die Beklagte bei der Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung zu Recht 0,0169 Entgeltpunkte zugrunde gelegt.
Bei allen Neufeststellungen im Sinne des § 300 Abs. 2 SGB VI sind die Werte von 0,0326 Entgeltpunkten (teilweise Erwerbsminderungsrente) bzw. von 0,0169 Entgeltpunkten (volle Erwerbsminderungsrente) jeweils beibehalten worden.
Die ab dem 01.03.2016 gewährte Altersrente des Klägers (dort: 0,000 Entgeltpunkte für Schul- und Hochschulausbildungszeiten) ist hier nicht streitgegenständlich und begründet im Übrigen auch keine Neufeststellung im Sinne von § 300 Abs. 3 SGB VI (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 15.11.2017 - L 19 R 153/13 -, juris, Rn. 69).
Weitere Einwände gegen die von der Beklagten vorgenommenen Berechnungen sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
Ergänzend nimmt die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug.
Die Klage war nach alledem abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt das vollständige Unterliegen des Klägers.