1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger begehren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) über den Monat Oktober 2014 hinaus.
Der 1949 geborene Kläger und die 1966 geborene Klägerin, die selbstständig als Geschäftsführerin der D. GmbH tätig war, beantragten am 07.07.2014 bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Bei der Antragstellung gab der Kläger an, dass er vor kurzem sein Haus habe verkaufen müssen und der Verkaufserlös komplett an die Bank zur Schuldentilgung gegangen sei.
Mit Bescheid vom 08.09.2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunteralts ab, da die Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen sei. Es hätten nicht alle angeforderten Unterlagen zu der selbstständigen Tätigkeit der Klägerin vorgelegen und es sei nicht in vollem Umfang nachgewiesen worden, wofür der Restbetrag aus dem Hausverkauf in Höhe von 15.795,49 € verwendet worden sei.
Hiergegen legte der Kläger am 04.10.2014 Widerspruch ein und nahm zu den Ablehnungsgründen Stellung und reichte weitere Unterlagen ein.
Mit Bescheid vom 17.10.2014 bewilligte der Beklagte den Klägern aufgrund des Antrags vom 07.07.2014 für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.10.2014 als Vorschuss Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1.291,61 €. Die Entscheidung über die Bewilligung als Vorschuss beruhe auf § 42 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Zur Feststellung der Höhe des Leistungsanspruchs sei noch ein längerer Zeitraum erforderlich. Bis zur Vorlage der mit Schreiben vom 17.10.2014 angeforderten Unterlagen werde ein Vorschuss gewährt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Kläger hätten kurz vor Antragstellung ihr Haus verkauft, laut notariellem Vertrag zu einem Kaufpreis von 280.000,00 €. Abzüglich der Tilgungsleistungen für die noch bestehenden Darlehen hätten sie am 01.07.2014 aus dem Hausverkauf ca. 127.000,00 € erhalten. Am 04.07.2014 hätten sie der D. GmbH, deren alleinige Gesellschafterin und gleichzeitig Geschäftsführerin die Klägerin ist, ein Darlehen in Höhe von 111.000,00 € gewährt. Von dem „Rest“ von ca. 16.000,00 € seien u.a. bestehende andere Schulden getilgt worden. Der Firma der Klägerin gehöre ein Grundstück in E-Stadt, auf dem ein Wohnhaus mit 6 Eigentumswohnungen errichtet werde. Bauträger sei die D. GmbH. Der Kläger sei mehrfach aufgefordert worden, eine nachvollziehbare Prognose hinsichtlich der Einnahmen und Ausgaben für den Bewilligungszeitraum (Juli bis Dezember 2014) abzugeben. Bis zum Erlass des angegriffenen Bescheides sei er dem nicht nachgekommen. Nach Widerspruchserhebung sei er erneut aufgefordert worden, woraufhin im November der entsprechende Vordruck vorgelegt worden sei, der, außer der Angabe, dass für Juni bis September 2014 monatlich 222 km betriebliche Fahrten anfallen, keine Angaben zu Einnahmen und Ausgaben enthalten habe. Die behauptete Hilfebedürftigkeit sei in keiner Weise glaubhaft gemacht.
Hiergegen haben die Kläger am 02.02.2015 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben.
Mit Bescheiden vom 02.06.2015 forderte der Beklagte von den Klägern für Oktober 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von insgesamt 1.291,61 € zurück. Da über den Leistungsanspruch endgültig entschieden worden sei, sei festgestellt worden, dass die Kläger keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hätten. Hiergegen legten die Kläger am 18.06.2015 Widerspruch ein und baten um Mitteilung, auf der Grundlage welcher Feststellungen der Beklagte zu der endgültigen Festsetzung gelangt sei.
Mit Schreiben vom 21.09.2018 erklärte sich der Beklagte bereit für den Zeitraum Juli 2014 bis September 2014 einen monatlichen Betrag von 1.291,61 € anzuerkennen. Der streitgegenständliche Zeitraum werde durch den Bescheid vom 17.10.2014 auf Juli 2014 bis September 2014 begrenzt. Des Weiteren werde auf die Erstattung der gewährten Leistungen für Oktober 2014 (Bescheide vom 02.06.2015) verzichtet. Darüber hinaus werde jedoch keine Leistungspflicht anerkannt. Mit Schreiben vom 27.09.2018 nahm der Prozessbevollmächtigte der Kläger das Teilanerkenntnis an. Mit Bescheid vom 26.10.2018 bewilligte der Beklagte auf den Antrag vom 07.07.2014 für die Zeit vom 01.07.2014 bis 30.09.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1.291,63 € monatlich. Der Bescheid werde Gegenstand des Klageverfahrens nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Mit Schreiben vom 04.12.2018 wurden die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Die Kläger tragen vor, dass der Streitgegenstand nicht durch den Bescheid vom 17.10.2014 auf die Monate Juli 2014 bis September 2014 begrenzt sei. Die Kläger hätten während des laufenden Verfahrens keinen neuen Antrag gestellt. Der Bescheid vom 17.10.2014 sei auf den (ursprünglichen) Antrag vom 07.07.2014 ergangen. Durch die beiden Bescheide vom 02.06.2015 (einer an die Klägerin, der andere an den Kläger), mit denen die Leistungen jeweils endgültig festgesetzt und Erstattung der für Oktober 2014 gezahlten Leistungen verlangt wird, habe sich der Bescheid vom 17.10.2014 gem. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf andere Weise erledigt. Bereits deswegen begrenze er den Streitgegenstand nicht. Der streitige Zeitraum erstrecke sich in Fällen ablehnender Verwaltungsentscheidungen bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (Bundessozialgericht (BSG) vom 07.05.2009, B 14 AS 41/07 R). Würde bei dieser Konstellation der Streitgegenstand durch den Bescheid vom 17.10.2014 auf die Zeit bis einschließlich September 2014 begrenzt, so läge es in den Händen des Beklagten, das Begehren der Kläger auf fortlaufende Leistungen ohne neuen Antrag der Kläger zu begrenzen. Nach der Entscheidung des 9. Senats des Bundessozialgerichts vom 17.04.2013, B 9 SB 6/12 R, bleibe es bei dem Grundsatz, dass das Tatsachengericht bei einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich alle bis zum Zeitpunkt seiner Entscheidung eintretenden entscheidungsrelevanten neuen Tatsachen zu berücksichtigen habe, auch dann, wenn in der Zwischenzeit ein Verwaltungsakt ergangen ist, der einen Neufeststellungsantrag ablehnt. Zwar sei hier ein vorläufig bewilligender Bescheid vom 17.10.2014 ergangen; das Bundessozialgericht scheine indes davon auszugehen, dass eine behördliche Entscheidung im Hinblick auf den zu prüfenden Zeitraum ohne Relevanz ist. Das könnte dann auch für den Bescheid vom 17.10.2014 gelten. Der 8. Senat des Bundessozialgerichts gehe bei einer Erledigung auf andere Weise nach § 39 Abs. 2 SGB X zudem davon aus, dass sich der „angefochtene Bescheid für die von einem auf diesen Antrag ergangenen neuen Bescheid erfasste Zeit erledigt“ (BSG vom 11.12.2007, B8/9b SO 12/06 R). Für den vorliegenden Fall würde das bedeuten, dass eine Erledigung (des ablehnenden Bescheides vom 08.09.2014 durch den Bescheid vom 17.10.2014) nach § 39 Abs. 2 SGB X nur im Hinblick auf den Monat Oktober 2014 eingetreten wäre. Im Übrigen wäre zu entscheiden. Ein Gerichtsbescheid könne nicht erlassen werden, da es sich um einen Fall von überdurchschnittlicher Schwierigkeit handele. Denn zunächst stelle sich die Frage, ob der Vorschuss-Bescheid vom 17.10.2014 nach § 86 Abs. 2 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens (Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 08.09.2014, W 1747/14) geworden ist. Das wäre der Fall, wenn dieser Bescheid den ablehnenden Bescheid vom 08.09.2014 ändert oder ersetzt, was sich nach den Regelungsgehalten des Bescheides richtet. Neue Verwaltungsakte müssten zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses ergangen sein und sich in ihren Wirkungen mit dem angefochtenen Verwaltungsakt überschneiden. Der ablehnende Bescheid vom 08.09.2014 verneine einen Anspruch der Bedarfsgemeinschaft. Der Bescheid vom 14.10.2014 bewillige der Klägerin und dem Kläger Leistungen für den Monat Oktober 2014 als Vorschuss. Ist dieser Bescheid deswegen Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, so hätte der Beklagte ihn im Widerspruchsbescheid vom 27.01.2015 berücksichtigen müssen. Dies sei nicht geschehen. Ist dieser Bescheid nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, so stelle sich die Frage, ob er zu einer zeitlichen Zäsur dahingehend führt, dass er den Streitgegenstand begrenzt.
Die Kläger beantragen über das angenommene Teilanerkenntnis hinaus (sinngemäß),
den Bescheid vom 08.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II über den Monat Oktober 2014 hinaus zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der streitgegenständliche Zeitraum durch den Bescheid vom 17.10.2014 auf Juli 2014 bis September 2014 begrenzt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Prozessakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, denn die Sache weist keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist aufgrund der beigezogenen Unterlagen hinsichtlich des vorliegenden Streitgegenstandes umfänglich geklärt. Die Beteiligten sind zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden und haben nichts vorgetragen, was einer Entscheidung gemäß § 105 SGG entgegenstehen würde. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art auf. Ein Gerichtsbescheid kann danach nicht erlassen werden, wenn es sich um Fälle überdurchschnittlicher Schwierigkeit handelt, die tatsächlicher und rechtlicher Art sein kann (Bienert, SGb 14, 365, 367; Kopp/Schenke § 84 Rn. 7; Aulehner in Sodan/Ziekow § 84 Rn. 20; Reichold in Thomas/Putzo § 348a Rn. 7). In Fällen mit durchschnittlichen Schwierigkeiten, wie vorliegend, ist ein Gerichtsbescheid möglich. Es ist nicht erforderlich, dass die Klage offensichtlich begründet oder offensichtlich unbegründet ist (Fichte SGb 94, 264, 265; Redeker/von Oertzen § 84 Rn. 4; Clausing in Schoch § 84 Rn. 14), oder dass die Sachverhaltsaufklärung und die rechtliche Würdigung besonders einfach sind (MKLS/B. Schmidt, 12. Aufl. 2017, SGG § 105 Rn. 1-26).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Kläger haben über das abgegebene und angenommene Teilanerkenntnis hinaus keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II über den Monat Oktober 2014 hinaus.
Die Prüfung des streitgegenständlichen Anspruchs ist auf den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.09.2014 beschränkt. Zwar hat der Beklagte mit Bescheid vom 08.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II insgesamt abgelehnt. In solchen Fällen ist in der Regel über den geltend gemachten Anspruch bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu entscheiden (BSG, Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R). Hier liegt der Fall jedoch anders. Mit Bescheid 17.10.2014 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.10.2014 als Vorschuss Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1.291,61 €. Mit der Erteilung des Bescheides vom 17.10.2014 endet der Zeitraum, für den die ablehnende Entscheidung vom 08.09.2014 Wirkung entfaltet. Denn der Bescheid vom 17.10.2014 ist nicht nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, weil die Ablehnung der Leistung kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, er also mit Wirkung für die Zukunft weder abgeändert noch ersetzt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2007 – B 8/9b SO 12/06 R –, SozR 4-3500 § 21 Nr. 1, Rn. 8). Folgebescheide werden nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R). Daran ändert auch der Umstand, dass mit Bescheid vom 02.06.2015 die Kläger zur Erstattung von Leistungen bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs für Oktober 2014 aufgefordert worden sind, nichts. Für die noch streitgegenständliche Zeit ab November 2014 - den Klägern sind mit Bescheid vom 26.10.2018 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Juli 2014 bis September 2014 bewilligt worden und sie müssen die ihnen für Oktober 2014 gewährten Leistungen nicht zurückzahlen - ist kein Antrag der Kläger auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Zwar bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 26.10.2018 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit von Juli 2014 bis September 2014. Hierbei war aber zu berücksichtigen, dass die Kläger nur in geringfügigem Maße obsiegt haben, da sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zum heutigen Zeitpunkt begehren.