S 13 P 50/20 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 13 P 50/20 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 P 4/21 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Der Antrag der Antragsteller, im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin zu verpflichten, das zustehende Pflegegeld für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2020 erneut an die Antragsteller auszuzahlen, wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe

Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das ihnen zustehende Pflegegeld für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2020 (3 x € 316,00 = € 948,00) erneut an sie auszuzahlen.

Die Antragsgegnerin hat eine Aufstellung vorgelegt, wonach sie das Pflegegeld für die streitigen Monate jeweils auf das von den Antragstellern angegebene Konto bei der D-bank überwiesen hat.

Die Antragsteller behaupten, die Zahlungen nicht erhalten zu haben, da das Konto bei der D-bank nicht mehr existiere. Es sei Sache der Antragsgegnerin, die gezahlten Beträge von der D-bank zurückzufordern und ihnen die zustehenden Leistungen direkt zukommen zu lassen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist bezüglich der von den Antragstellern begehrten Zahlungen von Pflegegeld für die Monate Oktober, November und Dezember 2020 zurückzuweisen. 

Ist einstweiliger Rechtsschutz weder durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt noch die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes (§ 86b Abs. 1 SGG) zu gewährleisten, kann nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung), nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung).
Bildet ein Leistungsbegehren des Antragstellers den Hintergrund für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz, ist dieser grundsätzlich im Wege der Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zu gewähren. 

Danach muss die einstweilige Anordnung erforderlich sein, um einen wesentlichen Nachteil für den Antragsteller abzuwenden. Ein solcher Nachteil ist nur anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache zusteht (Anordnungsanspruch) und andererseits eine besondere Eilbedürftigkeit gegeben ist, d. h. wenn es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Ein Anordnungsgrund ist anzunehmen, wenn eine dringliche Notlage vorliegt, die eine sofortige Entscheidung erfordert. Eine solche Notlage ist bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen zu bejahen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Auflage 2005, § 86 b RdNr. 28).

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung scheidet wegen des summarischen Charakters dieses Verfahrens grundsätzlich dann aus, wenn diese die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würde, weil sonst die Erfordernisse, die bei einem Hauptsacheverfahren zu beachten sind, umgangen würden. Auch besteht die Gefahr, dass eventuell in einem Eilverfahren vorläufig, aber zu Unrecht gewährte Leistungen später nach einem Hauptsacheverfahren, das zu Lasten des Antragstellers ausginge, nur unter sehr großen Schwierigkeiten erfolgreich wieder zurückgefordert werden könnten. 
Von diesem Grundsatz ist deshalb nur dann abzuweichen, wenn allein die Befriedigung des von dem Antragsteller geltend gemachten Anspruchs in der Lage ist, einen irreparablen Schaden zu verhindern (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage, V. RdNr. 41), wenn also ohne die Entscheidung im vorläufigen Verfahren schwere und unzumutbare, anders nicht abzuwendende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine spätere Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG E 79, 69, 74 m. w. N.).

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.

Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. 
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich.

Die Antragsteller haben trotz gerichtlicher Aufforderung nicht glaubhaft gemacht, dass sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile auf die Zahlung dieses Geldes angewiesen sind. Es wurden keine Unterlagen vorgelegt, die darauf schließen ließen, dass die Antragsteller nicht die Entscheidung in der Hauptsache abwarten könnten.

Außerdem haben die Antragsteller bisher gar kein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht. Zwar ist die hier einschlägige Leistungsklage nicht an Fristen gebunden, ohne diese gibt es jedoch keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache, so dass bereits aus diesem Grund der Anordnungsanspruch entfällt.

Schließlich fehlt es auch insoweit an einem Anordnungsanspruch, als die Antragsgegnerin die streitigen Beträge jeweils an das ihr von den Antragstellern angegebene Konto bei der D-bank überwiesen und somit mit befreiender Wirkung geleistet hat.
Der geltend gemachte Anspruch auf Pflegegeld – sinngemäß für die Monate September bis November 2020 – ist unstrittig und wurde von der Antragsgegnerin durch Überweisung auf die von den Antragstellern benannte Bankverbindung rechtzeitig bewirkt. 
Erst mit Schreiben vom 6. November 2020, bei der Antragsgegnerin eingegangen am 12. November 2020, informierten die Antragsteller die Pflegekasse über eine neue Bankverbindung mit der Bitte, das Pflegegeld künftig dorthin zu überweisen.
Eine Rücküberweisung durch die D-bank wurde nicht vorgenommen, sodass davon auszugehen war, dass die Gutschrift in den Herrschaftsbereich der Antragsteller gelangt ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs.1 SGG.

Rechtskraft
Aus
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