Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Juni 2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Beschädigtenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten (OEG) wegen Vorgängen in ihrer Kindheit.
Sie ist 1961 geboren, wuchs bis zu ihrem zehnten Lebensjahr bei ihren Großeltern auf, lebte danach zusammen mit drei Geschwistern bei der leiblichen Mutter und dem Stiefvater. Von 1975 bis 1977 war sie auf Veranlassung des Jugendamtes im Kinderheim „T“ untergebracht. Sie war seit 1991 verheiratet, ihre beiden Töchter wurden 1991 und 1996 geboren, von dem Ehemann lebte sie seit 2007 getrennt und wurde 2012 geschieden. Das Eigenheim der Familie wurde 2011 durch einen Schwelbrand stark beschädigt und unbewohnbar, sodass die Klägerin mit ihren Töchtern in verschiedenen Behelfswohnungen unterkam. Die Sanierung des Hauses zog sich – nach Bekunden der Klägerin wegen Verzögerungen durch ihren Ex-Mann – über drei Jahre hinweg. Sie hat nach dem Hauptschulabschluss eine Lehre zur Einzelhandelskauffrau abgeschlossen und bis zum Mutterschutz in verschiedenen Firmen gearbeitet. Zuletzt war sie in einem Schülercafé mit 30 Stunden/Woche beschäftigt, bezog Krankengeld und verlor die Beschäftigung zum 1. September 2012. Danach bezog sie befristete Erwerbsminderungsrente, war zwischenzeitlich arbeitslos gemeldet und bezieht nunmehr eine Dauerrente. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt (Bescheid des Landratsamtes L vom 6. Dezember 2017).
Am 31. August 2016 beantragte sie bei dem Landratsamt B (LRA) die Gewährung von Leistungen nach dem OEG. Zur Begründung machte sie geltend, dass sie mit 14 Jahren ins Kinderheim gekommen sei, weil ihre Mutter schwer erkrankt gewesen sei. Im Kinderheim habe sie eingesperrt und abgeschottet gelebt, es habe täglicher Drill geherrscht. Wer auffällig geworden sei, sei von der Gruppenleitung und dem Heimleiter verprügelt worden. Im Anschluss seien diese Kinder mit zerrissenen Kleidern und Schlagstellen im Gesicht zurückgekommen. Im Kinderheim sei ihre Persönlichkeit verletzt und ihre Entwicklung in der Pubertät massiv geschädigt worden. Sie habe ihre Identität und Persönlichkeit nicht entwickeln können und leide bis heute unter Ängsten vor Menschen sowie täglichen Zwängen. Sie sei unfähig, soziale Kontakte aufzubauen und bindungsunfähig. Der Unterricht in der Heimschule sei unzureichend gewesen, es seien verschiedene Altersstufen in einer Klasse unterrichtet worden. Neben den psychisch erlittenen Schäden seien ihr ihre schulischen Möglichkeiten geraubt und die schulische Laufbahn versagt worden. Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt habe es nicht gegeben, sodass ihr heute Zähne fehlten.
Nach mehrmaliger Nachfrage teilte die Klägerin die Namen des früheren Heimleiters sowie einer Erzieherin mit und wies nochmals darauf hin, dass sie im Heim habe arbeiten, Putzdienste verrichten sowie Waschen und Bügeln müssen. Die Gruppenaufteilung sei nicht nach Alter oder Aufenthaltsgrund erfolgt, es seien immer ältere mit jüngeren Kindern gemischt worden, da so die Älteren die jüngeren hätten mitversorgen könne. Ohne die älteren Kinder habe der Betrieb nicht existieren können. Sie sei von der Öffentlichkeit abgeschnitten worden, es habe kein Radio oder Fernsehen gegeben. Post sei abgefangen, zensiert oder direkt weggeschmissen worden. Die benannte Erzieherin sei aus der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gewesen. Kritik am Heim und eigene Meinungen hätten nicht nach außen dringen dürfen. Sie habe morgens kalt duschen müssen und, um vor Schulbeginn noch eine Stunde Haus- und Putzarbeiten verrichten zu können, die Heimsonderschule in einem gegenüberliegenden Gastraum einer ehemaligen Gastwirtschaft besuchen müssen. Den gewünschten Realschulabschluss habe sie nicht erreicht. Im Heim sei sie Zeugin von Gewalttaten an anderen Kindern geworden. Diese seien in ein Büro verschleppt und geschlagen worden. Die Schreie der Kinder seien ihr bis heute in Erinnerung. Es hätten ständige psychische Belastungen und das Miterleben belastender Situationen bestanden. Dies habe zu Angst-, Identitäts- und Persönlichkeitsstörungen geführt. Die ständigen psychischen Belastungen im Kindesalter hätten zu nicht altersgerechten Abnutzungen der Wirbelsäule und Knochen geführt. Ergänzend legte sie eine Kopie des Schreibens des Herrn F nach ihren Angaben damaliger Klassenlehrer, vom 5. Juli 1975 vor, wonach die Klägerin ein ruhiges, zuverlässiges Mädchen sei, dessen Verhalten in der Schule und im Unterricht zu keinerlei Beanstandung Anlass gebe. Sie sei ausnahmslos ordentlich gekleidet, erfülle ihre schulischen Aufgaben gewissenhaft und besteche durch konstante Leistungen, vor allem in Sachfächern. Die Leistungen seien im Klassendurchschnitt als durchschnittlich bis etwas überdurchschnittlich liegend zu bezeichnen.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2017 lehnte das LRA den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem OEG ab. Die Klägerin sei nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden. Es müsse unterschieden werden zwischen einer Vernachlässigung im familienrechtlichen Sinn und der Vernachlässigung im Sinne des OEG. Fälle der Vernachlässigung von Kindern könnten nur dann in den Schutzbereich des OEG miteinbezogen werden, wenn die zugrundeliegende Tat oder Unterlassung geeignet sei, schwere gesundheitliche Schädigungen hervorzurufen und zudem nach dem Strafgesetzbuch (StGB) strafbar sei. Die Vernachlässigung nach dem OEG müsse „böswillig“ erfolgt sein. Bei Heimaufenthalten bis in die 70-er Jahre müsse geprüft werden, ob die „körperlichen Züchtigungen“ zum Tatzeitpunkt rechtmäßig gewesen oder aber über das damals legitime Maß hinaus erfolgt seien. Maßgebend sei das zum Tatzeitpunkt geltende Recht. Dies führe unter Umständen dazu, dass in dem entsprechenden Zeitraum „Erziehungsmaßnahmen“ rechtmäßig gewesen seien, die heute als rechtswidrig beurteilt werden müssten. Im Übrigen habe die Klägerin schon nicht vorgetragen, selbst Opfer körperlicher Züchtigungen geworden zu sein, sondern nur die anderer Kinder miterlebt zu haben. Schon deshalb fehle es an einem tätlichen Angriff. Mangelnde schulische Förderung falle ebenfalls nicht unter das OEG.
Den damit begründeten Widerspruch, dass das Unrecht in der Heimerziehung von 1949 bis 1975 durch den Bundfonds Heimerziehung bereits 2012 anerkannt worden sei und sie danach entschädigt werden müsse, wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2017 zurück. Die für die Gewährung von Beschädigtenversorgung erforderliche Anspruchsvoraussetzung eines vorsätzlichen, rechtswidrigen, tätlichen Angriffs sei nicht erfüllt.
Am 15. November 2017 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und beantragt, ihr Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz für die gesundheitlichen Folgen der durch den Heimaufenthalt in den Jahren 1974 bis 1977 in dem Kinderheim T erlittenen Verletzungen zu gewähren. Auch wenn sie nicht selbst Zielscheibe eines tätlichen Angriffs der Gruppenleiterin des Kinderheimes geworden sei, sondern nur Zeugin einer solchen Gewalttat, sei der Schutzbereich des OEG nach den Fallgruppen des sogenannten Schockschadens oder Sekundäropfers erfüllt. Auch der Angriff auf eine andere Person könne den Anwendungsbereich des tätlichen Angriffs eröffnen, wobei sich der Vorsatz nicht auf die psychische Störung der anderen Person beziehen müsse.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass es für einen Schockschaden schon an einer schweren vorsätzlichen Tat fehle. Züchtigungen seien bis zur Abschaffung des Züchtigungsrechts im Jahr 2000 nicht per se rechtswidrig gewesen. Zum Zeitpunkt der angeschuldigten Taten zwischen 1975 und 1977 sei den Heimerziehern nach der damaligen Rechtslage eine Befugnis zur körperlichen Züchtigung verblieben. Im Übrigen sei die Klägerin nach ihren eigenen Angaben nicht unmittelbare Tatzeugin der behaupteten Misshandlungen gewesen. Vielmehr habe sie angegeben, dass die anderen Kinder in ein Büro verschleppt und dort geschlagen worden seien. Wenn nun behauptet werde, dass sie die körperlichen Misshandlungen der anderen Kinder mehrfach habe mitansehen müssen, begründe dies Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben.
Das SG hat die Verwaltungsakte betreffend den GdB sowie die Akten der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) beigezogen, aus denen sich neben Befundberichten der behandelnden Ärzte und Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) die Gutachten jeweils nach ambulanter Untersuchung des B1 (Untersuchungstag 27. März 2014), des H (Untersuchungstag 8. August 2017) und des G (Untersuchungstag 15. November 2018) ergaben.
B1 hat ausgeführt, dass die Klägerin ständig in ihr hochkommende Kindheitserinnerungen beschrieben habe. Die schwangere Mutter sei vom alkoholisierten Vater so geschlagen worden, dass es zum Abort gekommen sei. Das Kind sei in die Jauchegrube gefallen. Sie habe das Kind retten wollen und sei in die Jauchegrube gestiegen, wo sie das Kind tot gefunden habe. Der Stiefvater habe es vergraben und sie ins Heim gesteckt, wo sie mit dem Bruder zusammen zwei Jahre gewesen sei. So habe alles vertuscht werden sollen. Vater und Mutter seien bereits verstorben. Im Gespräch sei die Aufmerksamkeit nachlassend, die Auffassung bei der Anamneseerhebung erschwert gewesen. Die Klägerin sei unkonzentriert gewesen und habe abgelenkt gewirkt. In der Affektivität habe sie sich deutlich depressiv mit wechselhafter Stimmung gezeigt. Das Gedächtnis habe durch die Ablenkung Hinweise auf eine reduzierte Erinnerungs- und Merkfähigkeit gezeigt. Sie habe eine chaotische Kindheit hinter sich, ihr Lebensweg sei instabil verlaufen und sie leide noch jetzt unter schweren psychischen Einschränkungen. Bis zum zehnten Lebensjahr sei sie bei den Großeltern aufgewachsen, habe die Gewalttätigkeiten ihres Stiefvaters und ihrer Mutter im Alter zwischen 10 und 13 Jahren erleben müssen, weiter den Abort der Mutter eines möglicherweise lebenden Kindes, das sie selbst aus der Jauchegrube hervorgeholt haben wolle, schließlich die als Abschiebung erlebte Verbringung in ein Kinderheim. Anschließend habe eine kurze stabile Phase während der Ausbildung und eine kurze glückliche Zeit bis zur Geburt des ersten Kindes mit dem inzwischen geschiedenen Ehemann bestanden. Aufgrund der schweren depressiven Symptomatik sei die Klägerin nicht leistungsfähig.
H hat beschrieben, dass die Klägerin ihm gegenüber den Beginn der Problematik im Rahmen eines Hausbrandes angegeben habe. Sie habe damals eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt und sei drei Jahre lang in Therapie gewesen. Später seien noch Schlafstörungen und Kopfschmerzen, in den letzten Jahren auch Schwindel dazugekommen. Bis 2011 habe sie in einer Schulcafeteria gearbeitet. Sie dann eine Zeit krank gewesen und beziehe seit 2012 Erwerbsminderungsrente, um deren Verlängerung es jetzt gehe. Es sei von einer schwierigen Kindheit und einem Aufwachsen bei den Großeltern berichtet worden. Einschneidend sei der Schwelbrand im Haus gewesen, in dessen Folge sie drei Jahre lang von einer Behelfswohnung in die andere gezogen seien. Während des Gesprächs habe sie anfangs reserviert und unsicher gewirkt, habe dann aber auf die verschiedenen Dinge ordentlich eingehen können und auch einen guten emotionalen Rapport gezeigt. Depressive Inhalte seien nicht erkennbar. Auffallend sei lediglich die etwas umständliche und langsame Art, die aber nicht als krankhaft zu werten sei. Die Konzentration sei während der Untersuchung nicht abgefallen, formale oder inhaltliche Denkstörungen hätten sich ebenso wenig wie kognitive Defizite gezeigt. Sicherlich hätten in der Vergangenheit zahlreiche Belastungen bestanden, das Ganze habe sich aber deutlich stabilisiert und in den letzten drei Jahren keine zusätzliche nervenärztliche Behandlung, keine Medikation und keine psychotherapeutische Begleitung mehr nötig gemacht. Eine leichte körperliche Tätigkeit könne vollschichtig verrichtet werden.
Gegenüber dem G hat die Klägerin angegeben, dass ihre Großeltern aus Ostpreußen vertrieben worden seien und dort alles hätten zurücklassen müssen. Ihr Großvater sei schon bei der Vertreibung aus Ostpreußen an Magenkrebs erkrankt gewesen und drei Jahre nach der Vertreibung verstorben, als sie acht Jahr alt gewesen sei. Der Zwillingsbruder ihrer Großmutter sei an einer schizophrenen Psychose erkrankt gewesen und dem Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen.1974 sei ihr Stiefvater aus einer Entziehungskur zurückgekehrt und habe im Rahmen eines Wutanfalls mit einem Hammer auf die schwangere Mutter eingeschlagen. Dabei sei das Kind in der Mutter verstorben. Sie habe es wenig später tot auf der Toilette geboren. Die Schwangerschaft habe sich schon in der Endphase befunden (Zitat: „Das hat dann grad so in einen Mülleimer gepasst“). Ihr sei dann aufgetragen worden, das Kind in einem nahegelegenen Wald zu vergraben. Um ärztliche Hilfe habe die Mutter deswegen nie nachgesucht, das Ganze sei vertuscht worden. Ihr Stiefvater habe sie danach loswerden wollen und sie sei deshalb von 1975 bis 1977 im Kinderheim auf der T untergebracht worden. Die Klägerin sei davon überzeugt, dass ihre längst verstorbene Mutter Einfluss auf ihre Gedanken habe. Sie habe das Gefühl, ihre Mutter würde sich in sie hineindrängen, sich in sie hineinlegen. Sie habe diese einmal auf dem Friedhof getroffen, habe sie dann im Auto mit nach Hause genommen. Auf dem Rückweg sei sie aber weggeflogen. Sie wisse nicht wohin, wahrscheinlich wieder zurück auf den Friedhof. Später habe sie noch einmal das Grab des vom Stiefvater getöteten Kindes im Wald aufgesucht. Es sei ihr schwergefallen, dann aber doch möglich gewesen. Die Symptome erfüllten die Kriterien zur Diagnose einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Kombiniert sei die Symptomatik möglicherweise durch ein depressives Syndrom mit Herabgestimmtheit, Antriebsminderung, fraglicher Anhedonie. Suizidgedanken oder –impulse seien dabei nicht geschildert worden, jedoch ausgeprägte Konzentrations- und Durchschlafstörungen, wobei deren Auftreten zumindest anfänglich phasenweise beklagt worden sei. Im Rahmen der komplexen Störungsbeschreibung lasse sich eine Posttraumatische Belastungsstörung nicht sicher ausschließen. Das Erlebnis von der Tötung des Geschwisterkindes und der von der Klägerin ausgeführte Auftrag ihres alkoholkranken Stiefvaters, das Kind im Wald zu begraben, habe auf seinen Wahrheitsgehalt nicht überprüft werden können. Es seien keine sicheren Nachhallerlebnisse, Albträume, eine vermehrte Reizbarkeit, nicht einmal sicher ein Vermeidungsverhalten (die Begräbnisstätte des Kindes sei später sogar noch einmal aufgesucht worden) geschildert worden, sodass die Diagnose nicht nur mit einem Fragezeichen versehen werden müsse. Die Klägerin sei überrascht gewesen, von ihm dezidiert nach Stimmenhören und paranoiden Ideen gefragt worden zu sein. Warum sie dies vorher nie in entsprechender Deutlichkeit geschildert habe, sei rätselhaft geblieben. Eine Erwerbstätigkeit von wirtschaftlichem Wert sei nicht möglich.
Nach ausführlichem schriftlichen Hinweis hat das SG mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2020 die Klage abgewiesen und auf die Begründung im Bescheid vom 14. Juni 2017 Bezug genommen (§ 136 Abs. 3 SGG). Die im Einzelnen geschilderten Ereignisse im Kinderheim erfüllten die Voraussetzungen des vorsätzlichen, rechtswidrigen, tätlichen Angriffs von vornherein nicht. In Betracht komme allenfalls das akustische Miterleben der Gewalttaten an anderen Kindern unter dem Gesichtspunkt des Schockschadens. Dieses Miterleben im Sinne konkreter Ereignisse müsse dann mit Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentliche Ursache für die vorhandene psychische Gesundheitsstörung sei. Dies sei aber nicht der Fall. Vielmehr sei es so, dass die Erlebnisse im Kinderheim in den aktenkundigen sehr umfangreichen psychiatrischen Unterlagen – im Gegensatz zu anderen lebensgeschichtlichen Belastungen – nirgends auch nur mit einem Wort erwähnt seien. In den ärztlichen Unterlagen gehe es vielmehr durchgängig um eine depressive Reaktion auf den Brand des Eigenheims im Jahre 2012 mit anschließender Obdachlosigkeit. Soweit der Verdacht auf eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert werde, stehe dies im Zusammenhang mit den – hier nicht streitgegenständlichen – Umständen der Fehlgeburt eines Geschwisterkindes. Es lasse sich der Eindruck gewinnen, dass es der Klägerin gar nicht darum gehe, eine Entschädigung für Gesundheitsstörungen zu erhalten, die durch konkret umschriebene Ereignisse verursacht seien. Vielmehr scheine es um eine pauschale Entschädigung für das anlasslose Verbringen in ein Kinderheim und die dortigen in jeder Hinsicht gesundheitsgefährdenden und die kindliche Entwicklung behindernden Verhältnisse zu gehen. Eine solche Entschädigung sei im OEG aber nicht vorgesehen. Anspruchsbegründend seien ausschließlich vorsätzlich, rechtswidrige tätliche Angriffe mit ganz konkreten gesundheitlichen Folgen. Diese Voraussetzungen seien aber im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Am 27. November 2020 hat die Klägerin Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und die Befundberichte des B1 vom 21. November 2013 und 13. Mai 2014 vorgelegt. 1974 habe sie als zwölfjähriges Kind miterleben müssen, wie ihr Stiefvater mit einem Hammer auf ihre Mutter losgegangen sei. Zuerst sei er auf sie zugetreten, habe sie in den Bauch getreten und sie durch die offene Küchentüre auf die Holzveranda geschleudert. Dort auf dem Boden liegend habe sie mit ansehen müssen, wie er ihrer hochschwangeren Mutter in den Unterleib geschlagen habe. Diese sei zusammengebrochen und das Blut über den Küchenboden gelaufen. Ihr Stiefvater habe die Tür geschlossen und sie ausgesperrt. Ihre Mutter sei danach schwer erkrankt und ihr Stiefvater habe dafür gesorgt, dass sie in ein Kinderheim gekommen sei. Dort habe sie Gewalt, Freiheitsentzug und körperliche Schikanen erlebt. Sie habe die Gewalttat und das Kinderheim als ein einziges Erlebnis verdrängt. Erst 2013 habe sie B1 von der Gewalttat 1974 berichten können. Im Antrag auf Opferentschädigung im Jahr 2016 habe sie wegen ihrer Erkrankung, Schwerbehinderung und einer vorliegenden Posttraumatischen Belastungsstörung nur Bezug auf das Kinderheim 1975 bis 1977 nehmen können. Ihre Rentenakte sei unvollständig gewesen, da diese die ärztlichen Berichte, die bestätigten, dass sie durch eine Gewalttat erkrankt sei, nicht enthalten habe. Der getötete Junge sei in einer Plastiktüte am Waldrand in K vergraben und müsse dort noch in der Plastiktüte erhalten sein.
Weiter hat sie zusätzlich zu dem bereits aktenkundigen Schreiben des Herrn F vom 5. Juli 1975 einen Bericht an das Kreisjugendamt vom 6. Juni 1975 vorgelegt. Aus letzterem ergab sich, dass die Großmutter der Klägerin es befürwortet habe, die vier Kinder zunächst in ein Heim zu geben, somit ihrer Mutter die Chance geboten werde, sich einer Kur unterziehen zu können, damit sie wieder ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter nachkommen könne. Es sei der Eindruck entstanden, dass es nötig sei, in nächster Zeit einen geeigneten Heimplatz für die Kinder zu suchen und eine Einweisung zu veranlassen, da die Gefahr einer Verwahrlosung drohe. Des Weiteren ist der Entwicklungsbericht des Psychologen vom 3. Juli 1976 zu den Akten gelangt, wonach die Klägerin Schönes im Leben für sich entdeckt habe, froh sowie erleichtert über eine geregelte und geordnete Umgebung wie Atmosphäre sei, auch wenn eine starke Neigung zu Selbstmitleid und depressive Züge bestanden
Die Klägerin beantragt, sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Juni 2020 sowie den Bescheid vom 14. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr Beschädigtenversorgung, insbesondere Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 30 vom Hundert, aufgrund der Unterbringung im Kinderheim von 1975 bis 1977 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er verweist auf die angefochtene Entscheidung. Die vorgelegten Berichte seien durch das aktenkundige Rentengutachten vom 28. November 2018 überholt. Die Unterlagen des Jugendamtes und der Schule führten zu keinen neuen Erkenntnissen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat die Klägerin zu den Vorgängen im Kinderheim ausführlich angehört.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 19. Juni 2020, mit dem die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) auf Gewährung von Beschädigtenversorgung unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 25. Oktober 2017 abgewiesen worden ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rz. 34).
Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Der Bescheid vom 14. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie kann auch nach Überzeugung des Senats die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nicht beanspruchen, sodass das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1, § 30, § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, unter anderem auch Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs. 1 BVG, wer im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Die Versorgung umfasst nach dem insoweit entsprechend anwendbaren § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG die Beschädigtenrente (§§ 29 ff. BVG). Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der GdS – bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl I S. 2904) am 21. Dezember 2007 als Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bezeichnet – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, welche durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25 besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2014 – L 6 VS 413/13 –, juris, Rz. 42; Dau, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 31 BVG, Rz. 2).
Für einen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG sind folgende rechtlichen Grundsätze maßgebend (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 – B 9 V 1/12 R –, BSGE 113, 205 <208 ff.>):
Ein Versorgungsanspruch setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG gegeben sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. April 2009 – B 9 VG 1/08 R –, juris, Rz. 27 m. w. N). Danach erhält eine natürliche Person („wer“), die im Geltungsbereich des OEG durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Somit besteht der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind. In Altfällen, also bei Schädigungen zwischen dem Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 und dem Inkrafttreten des OEG am 16. Mai 1976 (BGBl I S. 1181), müssen daneben noch die besonderen Voraussetzungen gemäß § 10 Satz 2 OEG in Verbindung mit § 10a Abs. 1 Satz 1 OEG erfüllt sein. Nach dieser Härteregelung erhalten Personen, die in diesem Zeitraum geschädigt worden sind, auf Antrag Versorgung, solange sie allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und bedürftig sind sowie im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Eine Schwerbeschädigung liegt nach § 31 Abs. 2 BVG vor, wenn ein GdS von mindestens 50 festgestellt ist.
Nach der Rechtsprechung BSG ist bei der Auslegung des Rechtsbegriffes „vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit, vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen, wie etwa einer kämpferischen, feindseligen Absicht, hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VG 2/10 R –, SozR 4-3800 § 1 Nr. 18, Rz. 32 m. w. N.). Dabei sind je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte hervorgehoben worden. Leitlinie ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Das Vorliegen eines tätlichen Angriffes hat das BSG daher aus der Sicht von objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten ausgeschieden. Allgemein ist es in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass als tätlicher Angriff grundsätzlich eine in feindseliger oder rechtsfeindlicher Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung anzusehen ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer – jedenfalls versuchten – vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (st. Rspr.; vgl. nur BSG, Urteil vom 29. April 2010 – B 9 VG 1/09 R –, SozR 4-3800 § 1 Nr. 17, Rz. 25 m. w. N.). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 StGB zeichnet sich der tätliche Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG durch eine körperliche Gewaltanwendung (Tätlichkeit) gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen anderen ein (vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VG 2/10 R –, SozR 4 3800 § 1 Nr. 18, Rz. 36 m. w. N.). Ein solcher Angriff setzt eine unmittelbar auf den Körper einer anderen Person zielende, gewaltsame physische Einwirkung voraus; die bloße Drohung mit einer wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung reicht hierfür demgegenüber nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 1/13 R –, juris, Rz. 23 ff.).
Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennen das soziale Entschädigungsrecht und damit auch das OEG drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen) des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs. 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der gemäß § 6 Abs. 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben der Antragstellenden, die sich auf die mit der Schädigung, also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrunde zu legen, wenn sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen. Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller, a. a. O., § 128 Rz. 3b m. w. N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R –, juris, Rz. 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Keller, a. a. O.).
Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, S. 14 m. w. N.). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 6/13 R –, juris, Rz. 18 ff.) angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein „deutliches“ Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
Bei dem „Glaubhafterscheinen“ im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Keller, a. a. O., Rz. 3d m. w. N.), also der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3 3900 § 15 Nr. 4, S. 14 f. m. w. N.). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute Möglichkeit aus, also es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl. Keller, a. a. O.), weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber ein gewisses, aber kein deutliches Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Tatsachengericht ist allerdings mit Blick auf die Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) im Einzelfall grundsätzlich darin nicht eingeengt, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, S. 15). Diese Grundsätze haben ihren Niederschlag auch in den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ in ihrer am 1. Oktober 1998 geltenden Fassung der Ausgabe 1996 (AHP 1996) und nachfolgend – seit Juli 2004 – den „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ in ihrer jeweils geltenden Fassung (AHP 2005 und 2008) gefunden, welche zum 1. Januar 2009 durch die Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (Teil C, Nrn. 1 bis 3 der Anlage zu § 2 VersMedV; vgl. BR-Drucks 767/1/08 S. 3, 4) inhaltsgleich ersetzt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 9 V 6/13 R –, juris, Rz. 17).
Nach diesen Maßstäben ist ein rechtswidriger tätlicher Angriff auf die Klägerin nicht wenigstens glaubhaft gemacht, da sie selbst einen solchen schon gar nicht behauptet hat. Zwar geht der Senat davon aus, dass sie 1975 in dem Kinderheim untergebracht worden ist, indessen belegen die von ihr im Berufungsverfahren selbst vorgelegten Unterlagen, dass dies keineswegs ohne Anlass geschah. Dem Besuchsbericht aus Juni 1975 ist nämlich zu entnehmen, dass die Mutter der Klägerin in einem gesundheitlichen Zustand angetroffen worden ist, der die Notwendigkeit einer stationären Behandlung offenbart hat und dass sogar die Großmutter der Klägerin eine Heimunterbringung der Kinder befürwortete. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Heimunterbringung zum einen für notwendig erachtet wird, um der Mutter eine Kur zu ermöglichen, zum anderen aber auch, um einer Verwahrlosung der Kinder entgegenzuwirken. Somit ist belegt, dass die Heimunterbringung auf Sachgründen beruhte und nicht, wie von der Klägerin behauptet, vom Stiefvater initiiert worden ist, der sie habe loswerden wollen. Gegen letzteres spricht im Übrigen auch, dass die Klägerin mit ihrem Bruder zusammen im Kinderheim untergebracht und nicht lediglich allein aus der Familie genommen wurde.
Die beschriebenen Vorgänge im Kinderheim lassen einen rechtswidrigen tätlichen Angriff auf die Klägerin selbst ebenfalls nicht erkennen, wie bereits vom SG zutreffend dargelegt. Auch aus den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat sich insofern kein neuer Sachverhalt ergeben.
Dabei muss, worauf der Beklagte bereits hingewiesen hat, berücksichtigt werden, dass sich die Rechtswidrigkeit einer Gewalttat nach dem Strafrecht zur Zeit der Begehung richtet (ständige Rechtsprechung der Sozialgerichte, vgl. BSG, Urteil vom 7. April 2011 – B 9 VG 2/10 R –, juris, Rz. 66) und dass derartige Taten lange Zeit als durch das „elterliche Züchtigungsrecht“ gerechtfertigt galten, auch wenn es sich um Körperverletzungen im Sinnen von § 223 Abs. 1 StGB handelte (vgl. zu allem Folgendem im Einzelnen Senatsurteil vom 18. Dezember 2014 – L 6 VG 2838/12 –, juris, Rz. 32 ff.). Erst seit der Reform des Erziehungsrechts durch das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl. I, S. 1477) zum 1. Dezember 2000 haben in Deutschland Kinder nach § 1631 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind nunmehr unzulässig. Auch unter neuem Recht bedeutet dies nicht, dass jede Vernachlässigung von Kindern und jede missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, die das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, als Gewalttat angesehen werden kann (vgl. Rademacker in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht 2012, § 1 OE, Rz. 51). Für die Zeit bis November 2000 war von folgender Rechtslage auszugehen: Ab In-Kraft-Treten des BGB und damit auch des § 1631 BGB a. F. am 1. Januar 1900 war es – nur – dem Vater erlaubt, „kraft des Erziehungsrechts angemessene Zuchtmittel“ einzusetzen. Der Vater konnte dieses Recht durch Einzelermächtigung im Sinne des § 185 Abs. 1 BGB auf die Mutter des Kindes, sofern sie seine Ehefrau war (oder andere Personen wie z. B. Lehrer), übertragen. Diese Regelung galt als Gewohnheitsrecht – nunmehr für beide Elternteile – weiter, nachdem sie das Gleichberechtigungsgesetz auf Grund von Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz (GG) zum 1. Juli 1958 aufgehoben hatte. Ab dem 1. Januar 1980 wurde § 1631 Abs. 2 BGB wieder in Kraft gesetzt, begründete aber nunmehr kein Züchtigungsrecht mehr, sondern schloss – lediglich – „entwürdigende“ Erziehungsmittel aus. Nach dieser Rechtslage konnte das Schlagen eines Kindes in seiner Gesamtheit bis November 2000 nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erfüllen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21. Februar 2013 – L 10 VE 39/10 –, juris, Rz. 21 ff.). Bis Ende 2000 bestand eine Befugnis zur maßvollen körperlichen Züchtigung, sofern sie nur – dieses subjektive Element stand oft im Mittelpunkt der Bewertung – mit Erziehungswillen handelten. Sogar die Verwendung von Schlaggegenständen war nach den damaligen Maßstäben nicht zwingend eine strafbare Körperverletzung. Nötig war vielmehr eine Würdigung der objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalls, die Anlass, Ausmaß und Zweck der Bestrafung berücksichtigte. Ende der 1950-er Jahre führte der Bundesgerichtshof (BGH) aus, dass Ohrfeigen und Rohrstockschläge eines Lehrers nicht strafbar seien, wenn der Lehrer zur Züchtigung rechtlich befugt sei und sich innerhalb der Grenzen dieser Befugnis halte (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1957 – 2 StR 458/56 – BGHSt 11, 241). Und noch im Jahr 1986 sah der BGH das elterliche Züchtigungsrecht nicht als überschritten an, als Eltern ihr Kind mit einem 1,4 cm starken und in sich stabilen Wasserschlauch auf Gesäß und Oberschenkel geschlagen hatten, wobei jeweils rote Striemen entstanden waren. Vielmehr forderte der BGH auch in diesem Fall eine Würdigung aller objektiven und subjektiven Umstände des Tatgeschehens und erkannte ausdrücklich, dass allein die Verwendung eines Schlaggegenstandes noch nicht das Merkmal der „entwürdigenden Erziehungsmaßnahme“ erfülle (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 1986 – 4 StR 605/86 – NStZ 1987, 173). Auch aus diesem Grunde ist unter Geltung des OEG zu fordern, dass gerade elterliche Misshandlungen so ausreichend konkretisiert werden, um über ihre Rechtswidrigkeit nach damaligem Recht entscheiden zu können (vgl. Senatsurteil vom 06. Dezember 2018 – L 6 VG 2096/17 –, juris, Rz. 75).
Nach diesen Maßstäben wird durch den Vortrag der Klägerin schon nicht wenigstens glaubhaft gemacht, dass das seinerzeit bestehende Züchtigungsrecht in dem Kinderheim überschritten worden ist. Dies kann aber deshalb dahinstehen, da sie Tätlichkeiten ihr gegenüber schon gar nicht behauptet hat, sondern diesen nur beigewohnt haben will, wobei ihre Angaben hierzu ebenfalls uneinheitlich sind. Während sie zunächst behauptet hat, dass die anderen Kinder in einem Büro geschlagen worden seien, hat sie im Klageverfahren erstmals behauptet, Zeugin tätlicher Angriffe der Gruppenleiterin geworden zu sein. Dass sie sich im Kinderheim eingesperrt gefühlt haben mag, begründet einen tätlichen Angriff ebenfalls nicht, abgesehen davon, dass auch bloßes – tatsächliches – Einsperren allein nicht dem Begriff der körperlichen Gewalt unterfällt (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. März 2018 – L 13 VG 80/14 –, juris, Rz. 30). Im Übrigen spricht der Entwicklungsbericht dafür, dass die Klägerin angesichts der Verhältnisse in ihrer Herkunftsfamilie eher von dem Heimaufenthalt mit einer geregelten und geordneten Umgebung und Atmosphäre profitieren, sogar phasenwiese albern sein konnte, wenngleich sie bereits damals als Folge der Überforderung und Vernachlässigung in der Familie an depressiven Zügen litt.
Soweit sie in diesem Zusammenhang meint, eine Entschädigung komme unter dem Gesichtspunkt eines „Schockschadens“ in Betracht, geht diese Rechtsansicht fehl. Der Schutzbereich des Gesetzes kann zwar sogenannte Schockschäden infolge einer tatbestandlichen Erstreckung erfassen, solche Schockschäden sind indessen aber ungewöhnliche Folgen besonders schrecklicher Gewalttaten. Soweit zwischen Primär- und Sekundäropfer keine besonders ausgeprägte emotionale Verbindung besteht, kommt ein Schockschaden nur durch das ganz außergewöhnliche Maß an Brutalität einer Tat überhaupt erst in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002 – B 9 VG 7/10 R –, juris, Rz. 18). Ein solches Ausmaß erreichen die angeschuldigten Vorgänge in dem Kinderheim in keiner Weise, sodass eine tatbestandliche Erstreckung vorliegend ausscheidet.
Dass die Klägerin in dem Kinderheim zu Putz- und sonstigen Haushaltsdiensten, die sie in der mündlichen Verhandlung nochmal detailliert geschildert hat, herangezogen worden sein mag, stellt ebenso keinen rechtswidrigen tätlichen Angriff dar, wie der Umstand, dass sie sich in ihrer Schulbildung nicht hinreichend verstanden oder gefördert gefühlt hat. Inwieweit es überhaupt als schädlich angesehen werden kann, wenn ältere Kinder zur Betreuung jüngerer mit herangezogen werden, bedarf keiner Klärung. Nichts Anderes gilt hinsichtlich der behaupteten mangelhaften zahnärztlichen Versorgung im Heim. Inwieweit eine solche zuvor in einem häuslichen Umfeld gewährleistet war, in dem nach Feststellungen des Jugendamtes eine Verwahrlosung drohte, dürfte ohnehin fraglich sein.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Vortrag, ihre Entwicklung in der Pubertät sei massiv geschädigt worden, vor dem Hintergrund nicht nachvollziehbar ist, dass sich dem urkundsbeweislich zu verwertenden Gutachten des B1 entnehmen lässt, dass im Anschluss an die Heimunterbringung eine kurze stabile Phase während der Ausbildung und eine glückliche Zeit bis zur Geburt des ersten Kindes mit dem inzwischen geschiedenen Ehemann bestanden hat, die Klägerin mithin in der Lage war, eine Familie zu gründen, damit stabile Beziehungen aufzubauen und zu unterhalten. Zu ihren Töchtern bestehen nach wie vor gefestigte Beziehungen, was der Senat den beigezogenen Gutachten entnimmt.
Die vermeintlichen Vorfälle mit dem Stiefvater haben sich erstmals aus den vom SG beigezogenen Rentengutachten überhaupt ergeben und sind zuvor beim Beklagten in keiner Weise beschrieben worden. Im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren ist, insbesondere unter Bezugnahme auf den Bundesfond Heimerziehung, eine Entschädigung für die Heimunterbringung beansprucht worden und dem Klageantrag beim SG lässt sich nichts anderes entnehmen. Vor diesem Hintergrund dürfte bereits ein anderer Lebenssachverhalt vorliegen, über den der Beklagte nicht entschieden hat.
Unabhängig davon ist insoweit ein tätlicher rechtswidriger Angriff ebenfalls nicht wenigstens glaubhaft gemacht. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass es sich um ein erlebnisbasiertes Vorbringen handelt, woran der G, dessen Gutachten der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet (§ 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]), aus medizinischer Sicht ebenfalls gezweifelt hat. Dies ist schon deshalb nachvollziehbar, da die Klägerin ihm gegenüber beschrieben hat, ihr tote Mutter auf dem Friedhof getroffen und sie im Auto mitgenommen zu haben, diese dann aber weggeflogen sei. Vor diesem Hintergrund hat der Gutachter sodann die Diagnose einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis gestellt, wozu offenbar eine familiäre Disposition bestand, und die Angaben angezweifelt.
Die dokumentierten Schilderungen zu dem Vorfall mit dem Stiefvater weichen in den jeweiligen Gutachten in wesentlichen Punkten voneinander ab. Während die Klägerin nämlich gegenüber B1 noch behauptet hat, dass sie das Kind aus der Jauchegrube habe retten wollen, es tot gefunden und der Stiefvater es vergraben habe (vgl. auch den von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Befundbericht des B1 vom 21. November 2013), hat sie gegenüber dem G angegeben, dass das Stiefvater sie gezwungen habe, das Kind im Wald zu vergraben. Abgesehen davon, dass nach den Schilderungen unklar bleibt, wer das Kind vergraben haben soll, will die Klägerin einmal davon ausgegangen sein, dass das Kind nach der Geburt noch gelebt hat, während es im anderen Fall tot geboren worden sein soll. Für den Senat überzeugend hat der G in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass das vermeintliche Ereignis zu keinem Vermeidungsverhalten geführt hat, nachdem die Klägerin selbst angegeben hat, das „Grab“ des Kindes im Wald noch einmal aufgesucht zu haben. Wenn sie nunmehr zur Berufungsbegründung vorbringt, dass das Kind noch in seiner Plastiktüte im Wald liegen müsse, fehlt es diesem Vorbringen schon an jeglicher Substantiierung. Dies insbesondere deshalb, weil schon unklar bleibt, wer das Kind überhaupt vergraben hat. Daneben hat die Klägerin nunmehr erstmals in der mündlichen Verhandlung behauptet, dass sie von der Mutter dazu bestimmt worden sei, das Kind im Wald zu vergraben, was die Widersprüchlichkeit des Vorbringens erneut unterstreicht. Selbst wenn die Leibesfrucht nach gut 47 Jahren aufgefunden werden könnte, ließen sich daraus keine Rückschlüsse auf den Tathergang und erst recht nicht auf den zuletzt behaupteten Angriff gegenüber ihr durch den Stiefvater ziehen.
Soweit die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren behauptet hat, dass zuerst sie von dem Stiefvater attackiert, getreten und auf die Holzveranda geschleudert worden zu sei, handelt es sich um angepasstes Vorbringen, welches durch keinerlei Anknüpfungstatsachen substantiiert worden ist. Weshalb der Stiefvater sie attackiert haben soll, bleibt ebenso offen, wie welche gesundheitlichen Schäden bei ihr dadurch eingetreten sein sollten. Erstmals im Berufungsverfahren hat die Klägerin daneben behauptet, dass die Mutter nach den Schlägen mit dem Hammer blutend auf dem Boden gelegen habe, wobei der Stiefvater sodann die Türe geschlossen und die Klägerin ausgesperrt haben soll. Dass solche gravierenden Verletzungen mit einem Hammer nicht ärztlich hätten behandelt werden oder zumindest bei dem Hausbesuch des Kreisjugendamtes, wo es gerade um den Gesundheitszustand der Mutter ging, auffallen müssen, was aber beides nicht der Fall war, ganz zu schweigen davon, dass die sehr um die Familie bemühte Großmutter weder von der erneuten Schwangerschaft ihrer Tochter noch von der brutalen Abtreibung etwas bemerkt hat, begründet erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der klägerischen Behauptungen. Diese lassen sich nicht mit dem vorangegangenen Vorbringen vereinbaren, dass sie das Kind aus der Jauchegrube habe holen müssen und steht in erkennbaren Zusammenhang damit, dass das SG auf einen fehlenden tätlichen Angriff auf die Klägerin verwiesen hat.
Gegen erlebnisbasierte Umstände sprechen weiter die zeitlichen Gegebenheiten. Nach Angaben der Klägerin soll sich der Vorfall bereits 1974 zugetragen haben, der von ihr im Berufungsverfahren vorgelegte Bericht des Jugendamtes stammt aber erst aus Juni 1975. Diese zeitliche Distanz spricht gegen die Annahme eines Verschleierungsversuchs des Stiefvaters und gegen das Vorbringen der Klägerin, diese Vorgänge als eine Einheit gesehen zu haben. Gegen eine Glaubhaftigkeit der Angaben spricht für den Senat weiter, dass der Klassenlehrer in dem von der Klägerin mehrfach vorgelegten Schreiben von Juli 1975 ihre guten schulischen Leistungen bestätigt, ohne dass ein Leistungseinbruch ersichtlich wäre, wie er nach einem Ereignis des beschriebenen Ausmaßes zu erwarten stünde.
Letztlich hat die Klägerin gegenüber H angegeben, dass die psychische Problematik mit dem Hausbrand begonnen hat, was damit korrespondiert, dass das MDK-Gutachten vom 3. Juni 2013 beschreibt, dass die Klägerin beim Gespräch über den Schwelbrand und die Verzögerung der Instandsetzung durch den Ehemann in Tränen ausgebrochen ist. Weiter ist dort vermerkt, dass die depressive Entwicklung seit dem Schwelbrand des Hauses aufgetreten sei. Die vermeintlichen Vorgänge im Kinderheim sind dort – wie in allen Rentengutachten – ebenso wenig beschrieben worden wie die Erlebnisse mit dem Stiefvater.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.