S 1 AS 127/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 1 AS 127/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 93/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Die Kläger begehren ungekürzte Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Bedarfsgemeinschaft bzw. temporären Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern.

Die Familie des Klägers besteht aus dem Vater Herrn A. A. und der Mutter Frau C. C. sowie den Kindern F. A., geb. 1993, D. A., geb. 1995, G. A., geb. 1997, E. A., geb. 1999 und H. A., geb. 2004. Sie sind am 16.06.2012 aus Südhessen nach A-Stadt verzogen. Dort beantragten sie Leistungen nach dem SGB II, denen der Beklagte nur teilweise entsprach. Am xx.xx.2013 wurde J. geboren.

Die Klägerinnen D. und E. A. besuchen keine Schule in A-Stadt sondern in England ein Internat. Dort werden sie vollständig betreut. Die Kinder befinden sich indes in den Feriezeiten bei ihren Eltern in A-Stadt. G. A. lebt seit 09.10.2012 im Internat in Südafrika und besucht seine Eltern in den großen Ferien. 

1.)
Mit Bescheid vom 04.07.2012 bewilligte der Beklagte den Eltern und den Kindern F., G. und H. für die Zeit vom 16.06.2012 bis 30.11.2012 Leistungen nach dem SGB II. Den Kindern und Klägerinnen D. und E. wurden entsprechende Leistungen wie der spätere Widerspruchsbescheid vom 17.08.2012 erweist mit der Begründung versagt, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland, sondern in England hätten. Es liege damit keine Bedarfsgemeinschaft vor. Indes wurden sie mit Änderungsbescheiden vom 12.09.2012, 13.09.2012 und 31.10.2012 in einer sogenannten temporären Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt. Hinsichtlich der auf die Klägerinnen D. und E. entfallenden Anteile und Zeiten wird die betreffenden Bescheide verwiesen. 

Mit Bescheid vom 17.07.2012 berücksichtigte der Beklagte zudem für die Kinder D. und E. geleistetes Kindergeld als Einkommen auf Seiten der Kläger. 

Gegen den Bescheid vom 14.07.2012 legten die Kläger mit Schreiben vom 19.07.2012 und gegen den Änderungsbescheid vom 17.07.2012 am 23.07.2012 Widerspruch ein.

Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2012 unter Hinweis darauf, dass die Kinder D. und E. nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten und unter weiterem Hinweis darauf, dass die Eltern der genannten Töchter für diese Kindergeld bezögen, als unbegründet zurück.

Gegen den am 17.08.2012 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid vom 17.08.2012 haben die anwaltlich vertretenen Kläger mit Schreiben vom 24.08.2012 am 27.08.2012 (bezüglich des Zeitraumes 16.06.2012 bis 30.11.2012) Klage erhoben. Dieses Verfahren hat das Sozialgericht Kassel unter dem Aktenzeichen S 1 AS 670/12 registriert. 

Sie stellen sich auf den Standpunkt, dass D. und E. als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hätten. Andernfalls dürfe aber für sie bewilligtes Kindergeld nicht als Einkommen der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden. Überdies sei das Kindergeld in den Monaten Oktober und November 2012 falsch berücksichtigt worden. 

Soweit sie ursprünglich mit der Klage noch verfolgt hatten, dass noch nicht ausgezahltes Kindergeld für G. keine Berücksichtigung finden darf und die Familienkasse die Leistungen für G. nachbewilligt hat, haben die Kläger die Klage diesbezüglich für erledigt erklärt.

Mit Bescheid vom 15.10.2012 hat der Beklagte den Umstand, dass G. ab 09.10.2012 aus der Bedarfsgemeinschaft abgemeldet wurde, berücksichtigt. Insofern hat er der Hilfefall für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.11.2012 neu geregelt. Dagegen haben die Kläger mit Schreiben vom, 24.10.2012 am 26.10.2012 Widerspruch eingelegt im Wesentlichen mit der Begründung, dass Kindergeld nicht den Umfang von 853,07 Euro, sondern lediglich in Höhe von 773,00 Euro bewilligt worden sei. Überdies wenden sich die Kläger gegen die Berücksichtigung des für die Töchter D. und E. erhaltenen Kindergeldes. Mit Änderungsbescheid vom 31.10.2012 hat der Beklagte einen Aufenthalt der Tochter D. bei ihren Eltern als temporäre Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt. Dagegen haben sich die Kläger mit ihren beim Beklagten am 22.11.2012 eingegangenen Widerspruch vom 20.11.2012 gewandt. Auch E. sei in den Herbstferien aus England gekommen. Dieser Bescheid bertifft den Zeitraum 01.10.2012 bis 30.11.2012. Ein weiterer Änderungsbescheid vom 27.02.2013 berücksichtigt im Zeitraum Oktober 2012 bis November 2012 Kindergeld insoweit, als im Monat Oktober 2012 773,00 Euro und im November 988,00 Euro (773,00 Euro zuzüglich 215,00 Euro Nachzahlung vom 25.10.2012) Berücksichtigung fanden. Diese Widersprüche hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2013 zurückgewiesen.

2.)
Hinsichtlich des weiteren Zeitraumes 01.12.2012 bis 31.05.2013 erging unter dem 12.11.2012 ein Bewilligungsbescheid, welcher wiederum die Kinder D. und E. wie im Übrigen auch G. unberücksichtigt ließ. Mit Änderungsbescheid vom 06.02.2013 berücksichtigte der Beklagte eine temporäre Bedarfsgemeinschaft der vorgenannten Kinder. Überdies wurde Kindergeld in Höhe von 773,00 Euro berücksichtigt. Mit Änderungsbescheid vom 10.04.2013 betreffend den Zeitraum 01.01.2013 bis 31.05.2013 bewilligte der Beklagte zudem einen Mehrbedarf wegen Schwangerschaft der Klägerin C. C. Unter Annahme einer temporären Bedarfsgemeinschaft wurden im Übrigen Leistungen für die Töchter D. und E. abgelehnt. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2013 wies der Beklagte die Widersprüche vom 20.11.2012 und 21.02.2013 gegen die vorbezeichneten Bescheide bezüglich des Leistungszeitraumes 01.12.2012 bis 31.05.2013 zurück. 

Dagegen haben die anwaltlich vertretenen Kläger am 28.03.2013 Klage erhoben. Dieses Verfahren hat das Sozialgericht Kassel unter dem Aktenzeichen S 1 AS 208/13 registriert. Auch hier geht es um die Frage, ob die genannten Töchter D. und E. Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sind, im Verneinens Fall um die weitere Frage, ob das für sie gezahlte Kindergeld als Einkommen der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen ist. 

3.)
Bezüglich des weiteren Zeitraums 01.06.2013 bis 30.11.2013 erging sodann ein Bescheid vom 26.06.2013. Auch dieser Bescheid ließ die Töchter D. und E. als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unberücksichtigt. Ein Änderungsbescheid erging unter dem 22.08.2013 für den Zeitraum 01.08.2013 bis 30.11.2013 wegen der zwischenzeitlichen Geburt von J. 2013. Überdies wurde der Mehrbedarf für Schwangerschaft begrenzt. Mit Bescheid vom 10.07.2013 lehnte der Beklagte Leistungen für G. im Wesentlichen mit der Begründung ab, G. habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland. Entsprechendes geschah bezüglich der Töchter D. und E. mit weiterem Bescheid vom 10.07.2013. Eine weitere Ablehnung bezüglich der Annahme einer temporären Bedarfsgemeinschaft vom 12.10.2013 bis 27.10.2013 erging unter dem 17.10.2013. 

Wegen der jeweils eingelegten Widersprüche ergingen wegen des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 26.06.2013 ein Widerspruchsbescheid vom 08.08.2013 und ein weiter Widerspruchsbescheid vom 08.08.2013 wegen zweier Bescheide vom 10.07.2013. Hinsichtlich des Bescheides vom 17.10.2013 und des dagegen eingelegten Widerspruchs erging Widerspruchsbescheid unter dem 27.01.2014.  

Die diesbezüglich am 23.08.2013 auf den Widerspruchsbescheid vom 08.08.2013 erhobene Klage hat das Sozialgericht unter dem Aktenzeichen S 1 AS 562/13 registriert. 

Auch hier verfolgen die Kläger in erster Linie das Ziel der Berücksichtigung der Töchter D. und E. als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Hilfsweise begehren sie Leistungen im Rahmen des Bestehens einer temporären Bedarfsgemeinschaft und Nichtberücksichtigung des für sie gezahlten Kindergeldes. Schließlich wird mit der vorliegenden Klage für den Zeitraum vom 25.06.2013 bis 20.08.2013 beansprucht, die Bewilligungen von Leistungen für G. wegen dessen Ferienaufenthaltes in A-Stadt. 

4.)
Schließlich erließ der Beklagte unter dem 26.11.2013 einen Leistungsbescheid für die Zeit vom 01.12.2013 bis 31.05.2014. Auch dieser Bescheid ließ die Kinder D. und E. als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unberücksichtigt. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 26.11.2013 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2014 zurück. 

Dagegen haben die Kläger mit anwaltlichem Schreiben am 26.02.2014 Klage erhoben. Dieses Verfahren hat das Sozialgericht Kassel unter dem Aktenzeichen S 1 AS 127/14 registriert. 

Währens des laufenden Klageverfahrens hat die Beklagte unter dem 26.02.2014 dem Kläger zu 1) für die Zeit vom 01.12.2013 bis 31.05.2014 einen Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 26 SGB II bewilligt, nachdem dieser den mangelnden Versicherungsschutz gerügt hatte.

Die Kläger verfolgen mit der Klage wiederum Berücksichtigung der Töchter D. und E. als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, hilfsweise Nichtberücksichtigung des für sie bewilligten Kindergeldes. 

Hinsichtlich der Weiterleitung des Kindergeldes verweisen die Kläger auf den Umstand, dass sie eigens ein Konto eingerichtet hätten, auf welches die Töchter D. und E. Zugriff hätten. 

Sie beantragen,

den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 26.11.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2014 sowie des weiteren Bescheides vom 26.02.2014 zu verpflichten, den Klägerinnen D. und E. A. Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe in Bedarfsgemeinschaft mit den übrigen Klägerin zu bewilligen
hilfsweise
den Klägerinnen D. und E. A. wegen Bestehens einer temporären Bedarfsgemeinschaft mit den übrigen Klägern Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen sowie für die Klägerinnen D. und E. A. gezahltes Kindergeld nicht als Einkommen der Bedarfsgemeinschaft der übrigen Kläger zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die angegriffenen Bescheide. Er vertritt die Auffassung, dass die vorbezeichneten Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hätten und von daher auch nicht als temporäre Bedarfsgemeinschaft Berücksichtigung finden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die genannten Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenvorgänge (insgesamt 4 Bände und eine Fehlakte Bd. 4) verwiesen. Sämtliche Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. 

Das Gericht legt vorliegend zugrunde, dass die Kinder D., E. und G. keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.

Die 1995 und damit bereits im Zeitraum des Bescheides vom 04.07.2012 15jährige Klägerin D. und die 1999 und damit im Zeitraum des Bescheides vom 04.07.2012 13jährige Klägerin E. sind nicht Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bestehend aus deren Eltern und (teilweise) ihren Geschwistern. Ihr gewöhnlicher Aufenthalt (§ 30 Abs. 3 SGB I) ist wegen des Internataufenthaltes in England und nicht bei den Eltern in A-Stadt. Die Voraussetzungen für eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II sind nicht gegeben. Voraussetzung danach ist, dass zwischen den Eltern und dem Kind ein gemeinsamer Haushalt besteht. Ein Haushalt stellt sich als Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendung, Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes) dar (vgl. BSG, 16.04.2013 – B 14 AS 81/12 R -, Juris mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Beide Töchter D. und E. sind in einem Internat untergebracht. Die Internatsunterbringung bedeutet eine räumliche Trennung auf bestimmte Zeitabschnitte von den Eltern. In dieser Zeit des Aufenthaltes im Internat ist die Bindung zum Elternhaus sehr lose. Zwar bedingt eine Internatsunterbringung nicht automatisch eine Auflösung der familiären Bindungen. Über die bloße räumliche Bleibe hinaus umfasst der (sozialrechtliche) Wohnsitzbegriff nämlich den räumlichen Bereich, in dem jemand den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. In einem Internat, das in erster Linie der schulischen Unterrichtung und somit nur einen Teilbereich des Lebens dient, ist der Lebensmittelpunkt jedenfalls solange nicht gegeben, wenn nicht die Schule das entscheidende Gewicht für die Lebensbeziehungen des Kindes zukommt (vgl. BSG, 30.09.1996 – 10 RKg 29/95 -, Juris mit weiteren Nachweisen aus der Literatur). Wenn also das Kind regelmäßig die Wochenenden und Ferienzeiten zu Hause verbringt, wird der Lebensmittelpunkt weiterhin im Elternhaus sein. 
Hier verhält es sich aber anders. Vorliegend handelt es sich um eine Privatschule mit staatlicher Zulassung in England. Die Schule ist als Internat organisiert und bietet den Schülerinnen während der Schulzeit auch Unterkunft, Verpflegung und im Übrigen sämtliche erforderliche Versorgungsmöglichkeiten. Das Internat dient allein schon wegen der erheblichen räumlichen Trennung nicht nur der schulischen Ausbildung, sondern deckt darüber hinaus einen wesentlichen Teilbereich des Lebens der Kinder ab und umsorgt sie umfassend. Der Abschluss der Schule führt zu einem in England anerkannten Zertifikat. Es macht für das Gericht keinen Unterschied, ob es sich vorliegend um eine islamisch oder laizistisch geprägte Einrichtung handelt. Dass die Einrichtung auch der religiösen Bildung dient ist von daher für das Gericht nicht von entscheidender Bedeutung. Vielmehr ist entscheidend, dass die Kinder vollumfassend in England versorgt werden und lediglich in den Ferien nach Hause kommen sowie im Falle einer Erkrankung versuchen, die Rekonvaleszenzzeit zu Hause zu verbringen. Wochenenden, die das Familienleben prägen könnten, verbringen sie außerhalb der Ferienzeiten lediglich in England. Sie halten sich damit die weit überwiegende Zeit – die Kläger gehen selbst davon aus, dass die Aufenthaltszeiten in A-Stadt lediglich 1/3 der Gesamtheit beträgt („Im Monat 9,866666667 [Tage]“) – nicht in Deutschland auf. Aus Sicht der Kammer ist damit die Familienwohnung in A-Stadt nicht mehr der eigentliche Lebensmittelpunkt von D. und E.

Ebenso verhält es sich in Bezug auf G. Anders als bei den vorgenannten Klägerinnen befindet sich dieser in Südafrika, das heißt auch nicht mehr in noch vertretbarer geographischer Nähe zu seinem Elternhaus. Folgerichtig kommt er nur noch selten „nach Hause“, weshalb hier das Gericht schon aus Gründen der Geographie von einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes ausgehen muss. Das wird ganz offensichtlich von Seiten der Kläger ebenso gesehen, werden doch nur Leistungen wegen des Bestehens einer so bezeichneten „temporären Bedarfsgemeinschaft“ in dem Verfahren S 1 AS 562/13 für einen Ferienaufenthalt in A-Stadt innerhalb des Bewilligungszeitraumes Juni bis November 2013 begehrt. 

Die Voraussetzungen für eine temporäre Bedarfsgemeinschaft liegen indes in Bezug auf alle drei Kinder nicht vor, weshalb der entsprechende Hilfsantrag nicht greift. Auch für die Annahme des Bestehens einer temporären Bedarfsgemeinschaft ist das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II, nämlich des Bestehens eines gewöhnlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland erforderlich. Mangels gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland fehlt es damit an seiner Anspruchsberechtigung. Insofern kommt es unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt nicht einmal auf die Frage an, zu welchen Zeiten die Kinder tatsächlich in Deutschland gewesen sind. 

Der Verneinung eines Anspruchs der Kläger auf Leistungen nach dem SGB II steht auch nicht entgegen, dass der Vater von D. und E. Kindergeld in Deutschland erhält. Die gesetzlichen Regelungen zum Kindergeld sind nicht mit denjenigen des SGB II vergleichbar. Nach § 62 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) hat Anspruch auf Kindergeld, wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Dies ist bei den Eltern der betroffenen Kinder unstreitig der Fall. Bei den Kindern ist – anders als im SGB II – ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland nicht erforderlich, sondern es genügt ein Wohnsitz in der Europäischen Union (§ 63 Abs. 1 S. 3 EStG). Folgerichtig wird Kindergeld für G. auch nicht (mehr) gezahlt.

Das im Übrigen für D. und E. gezahlte Kindergeld ist gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Bedarfsminderndes Einkommen sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Hierzu gehört grundsätzlich auch das Kindergeld, das gem. § 1 Abs. 1 BKGG ein eigener Anspruch der kindergeldberechtigten Person ist. Da die vorgenannten Kinder nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sind, findet eine Berücksichtigung bei den Kindern gem. § § 11 Abs. 1 Satz 4, Satz 3 SGB II nicht statt. Anders verhält es sich, wenn eine nachweisbare Weiterleitung des Kindergeldes an die außerhalb der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder vorliegt. Dies führt nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V dazu, dass das Kindergeld nicht mehr bei den Leistungsberechtigten als Einkommen zu berücksichtigen ist. Vorliegend haben die Kläger einen entsprechenden Nachweis nicht erbracht. Zwar wird auf ein Konto bei der K. (Konto Nr.: xxx1), dessen Inhaberin D. ist, ein soweit ersichtlich monatlicher Betrag in Höhe von 399,- Euro als Kindergeld bezeichnet von den Eltern eingezahlt. Zu Lasten dieses Kontos werden in England und in Deutschland Kartenverfügungen vorgenommen, so z.B. am 28.10.2013 bei L. und bei M. in A-Stadt, am 29.10.2013 bei N. und am 27.10.2013 Tag am Geldautomaten in O-Stadt (Bl. 791 Verwaltungsakte), wobei anzumerken ist, dass sich D. nach Angaben ihres Vaters vom 27.10.2013 (wohl Reisetag, Bl. 83 Gerichtsakte S 1 AS 127/14) bzw. vom 28.10.2013 bis 19.12.2013 im Internat aufgehalten haben soll (Bl. 242 Gerichtsakte S 1 S 670/12), mithin bei N. am 29.10.2013 kaum diese Kartenverfügung selbst vorgenommen haben kann, sowie am 28.03.2013 am Geldautomaten in P-Stadt, am 28.03.2013 am Geldautomaten in O-Stadt und am 29.03.2013 am Geldautomaten in A Stadt/X. (Bl. 38 Gerichtsakte S 1 AS 127/14), was den Schluss des Beklagten auch zur Überzeugung der Kammer trägt, dass die überwiesenen Mittel für die Eltern verfügbar bleiben und diese dies auch nutzen.

Soweit der Beklagte die grundsätzliche Hilfebedürftigkeit der Kläger in Zweifel zieht, mögen diesen Zweifel berechtigt sein. Andererseits sind diese wohl auch nach Auffassung des Beklagten nicht so durchgreifend, dass eine Einstellung der Hilfe für die Bedarfsgemeinschaft für ihn in Betracht käme. Soweit sich die Zweifel insbesondere auf die Finanzierung des Internatsaufenthaltes beziehen, hält das Gericht diese Zweifel durchaus für angebracht; unwiderlegt hat die Klägerseite indes dargetan, dass der Aufenthalt über Darlehen finanziert wird. Ob diese tatsächlich zurückgezahlt werden (sollen), vermag die Kammer nicht zu beurteilen.

Soweit die Klägerseite in dem Verfahren S 1 AS 670/12 den Bescheid vom 10.04.2013 in Erweiterung dieser Klage bezüglich des Zeitraums 01.01.2013 bis 31.05.2013 anhängig gemacht hat, ist dieses Begehren unzulässig, weil dieser Bescheid Gegenstand des Verfahrens S 1 AS 208/13 ist. Dementsprechend haben die Kläger dieses Begehren in S 1 AS 670/12 nicht mehr weiter verfolgt.

Soweit in dem Verfahren S 1 AS 670/12 der Zufluss des Kindergeldes im Monat Oktober 2012 in Höhe von 988,00 Euro für fünf Kinder und im Monat November 2012 in Höhe von 773,00 Euro für vier Kinder behauptet wird (Antrag vom 28.03.2013, Bl. 102 der Gerichtsakte) entspricht dies nicht der Aktenlage. Ausweislich Bl. 366 der Behördenakte wurden im Oktober 2012 773,00 Euro Kindergeld ausgezahlt und im November 2012 988,00 Euro (733,00 Euro zuzüglich einer Nachzahlung von 215,00 Euro laut Bescheid der Familienkasse vom 25.10.2012). Auch dieses Begehren haben die Kläger nicht mehr weiter verfolgt.

Soweit schließlich in dem Verfahren S 1 AS 127/14 der Bescheid vom 26.02.2014 insofern gerügt wird, als damit offensichtlich nicht der Krankenversicherungsschutz der Bedarfsgemeinschaft sichergestellt sei, vermag das Gericht dem nicht zu folgen; denn ausweislich Bl. 994 der so bezeichneten „Fehlakte“ Bd. IV diente eben jener Änderungsbescheid ausschließlich eben jenes Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes. Dass sich dies anders verhalten könnte, ist von Seiten der Kläger nicht dargetan. Unabhängig davon ist dieser Bescheid nicht Gegenstand des Verfahrens S 1 AS 127/14 geworden, weil er die angegriffenen Bescheide nicht im streitgegenständlichen Umfang modofiziert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Rechtskraft
Aus
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