Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
G r ü n d e
I.
Der bei der Antragsgegnerin krankenversicherte Antragsteller beantragte im März 2017 aufgrund seiner chronischen Schmerzen die Kostenübernahme einer Cannabismedikation. Zur Begründung trug er vor, dass seine seit 16 Jahren andauernden Schmerzen konventionell nicht zu therapieren seien. Er leide an einer Fibromyalgie, chronischer Pankreatitis, Bauchkrämpfen, Schlafstörungen, Depressionen, Kopfschmerzen sowie damit einhergehenden Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Ohrgeräuschen und Diabetes. Er begehre das Cannabis Flos Bediol Granulat 5 g aus den Niederlanden zum Apothekenpreis von 125,07 €. Die Verordnung stammt vom 12.04.2017 des Facharztes für Innere Medizin C.
Die Antragsgegnerin holte ein medizinisches Gutachten beim MDK in Hessen ein. Es fehlten konkrete Angaben zur bisherigen Therapie und Diagnostik. Bei Fibromyalgie, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen gebe es zudem handfeste Gründe, die gegen eine Kostenübernahme sprächen.
Mit Bescheid vom 11.04.2017 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Die vom Gesetzgeber formulierten Kriterien für die Kostenübernahme für eine Cannabistherapie könnten vom MDK nicht befürwortet werden. Dagegen legte der Antragsteller am 12.04.2017 Widerspruch ein. Auf Empfehlung der Antragsgegnerin fügte er den sogenannten Arztfragebogen zu Cannabinoiden bei. Der Arzt attestierte chronische Schmerzen nach Pankreatitis und Pankreasoperation sowie Verwachsungen am Bauch. Eine Behandlung mit Morphinen sei fehlgeschlagen. Sie erzeugten Verstopfung, die die Schmerzen noch verstärkten. Es bestünden seit mehr als 10 Jahren persistierende Bauchschmerzen, die die Lebensführung beeinträchtigten. Gleichzeitig bestehe ein Diabetes mellitus und eine Fibromyalgie. Bisher sei Buscopan und Morphinsulfat verordnet worden.
Erneut schaltete die Antragsgegnerin den MDK ein. Im Vordergrund stünde nun nach dem Fragebogen die Pankreatitis. Es gebe zahlreiche Studien im Placebovergleich, die keine Differenz bei der Schmerzreduktion hinsichtlich des verordneten Cannabis bewirkten. Für die Fibromyalgie bestünde eine negative Evidenz. Ergänzend führte der behandelnde Arzt mit Schreiben vom 12.05.2017 aus, dass der Antragsteller seit 15 Jahren nach durchgemachter Bauchspeicheldrüsenentzündung täglich an auftretenden starken Bauchschmerzen leide. Regelmäßig sei die Einnahme von Buscopan, Morphinen und anderen Schmerzmitteln erforderlich. Aus seiner hausärztlichen Sicht erscheine der Antragsteller als ein Patient, für den die neue Verordnungsmöglichkeit von Cannabis wie geschaffen erscheine. Die Therapie halte er für erforderlich, um das alltägliche Leben und die Betreuung seines alleinerziehenden Sohnes zu ermöglichen. Der MDK äußerte sich erneut und stellte fest, dass die Aussicht auf eine Verbesserung der schwerwiegenden Schmerzsymptome evidenzbasiert sehr gering sei. Die Antragsgegnerin hielt daher an ihrer Ablehnung fest. Über den Widerspruch ist bisher noch nicht entschieden.
Am 20.06.2017 hat der Antragsteller die vorliegende einstweilige Anordnung erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass er nicht über finanzielle Mittel verfüge, die Kosten über Privatrezepte selber zu tragen. Seine ständigen Schmerzen würden durch Cannabis effektiv verbessert und gewährten ihm ein Mindestmaß an Lebensqualität. Beigefügt waren noch ärztliche Atteste der Schmerztherapeuten D. aus dem Jahr 2011.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Gemäß der neuen Vorschrift des § 32 Abs. 6 könnten Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf die Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Dronabinol oder Nabilon haben, wenn eine allgemein anerkannte dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe die im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen nicht zur Anwendung kommen könne und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf die schwerwiegenden Symptome bestehe. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Dies ergebe sich aus den zahlreichen MDK-Gutachten. Es stünden noch andere konventionelle Therapien zur Verfügung. Nach einer entsprechenden Diagnostik und Verlaufskontrolle chronischer Schmerzen sei beispielsweise bei einem chronischen Schmerzsyndrom auch eine auf den konkreten Einzelfall ausgerichtete multimodale Schmerztherapie in Betracht zu ziehen. Anhand der ärztlichen übermittelten Unterlagen sei nicht nachvollziehbar, dass für die Probleme und Schmerzen bei dem Antragsteller eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe. Außerdem vollziehe der Arzt keine fundierte Risikoabwägung.
Der Antragsteller hält an seinem Antrag fest. Er führt aus, er habe die positive nebenwirkungsfreie Wirksamkeit von Cannabis in seinem Fall bereits testen können. Darüber hinaus habe er verschiedene Medikationen und Behandlungen hinter sich gebracht. So z. B. eine Pankreasoperation, eine Implantierung eines Neurostimulators, Akkupunktur, lokale Unterspritzungen mit Anästhetikum und medizinischem Alkohol. Außerdem habe er verschiedene Fachärzte konsultiert.
Er beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten einer Cannabistherapie zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hält an ihrem Vortrag fest. Auch aus dem Befundbericht ergäben sich keine neuen medizinischen Aspekte. Angaben zur entsprechenden differentialdiagnostischen Abklärung und daraus abzuleitenden Therapiemaßnahmen seien von den Behandlern offensichtlich nicht vollzogen worden.
Die Kammer hat Befundberichte eingeholt, auf diese wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Hefter Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg. Nach derzeit summarischer Überprüfung hat der Antragsteller keinen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch hinreichend geltend gemacht.
Im sozialgerichtlichen Verfahren kann gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des jeweiligen Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind neben dieser Sicherungsanordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist damit, dass dem jeweiligen Antragsteller ohne eine entsprechende Regelung schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage ist.
Eine solche besondere Eilbedürftigkeit liegt nur dann vor, wenn dem jeweiligen Antragsteller ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann, also ein besonderer Anordnungsgrund vorliegt und wenn ihm aufgrund der glaubhaft gemachten Tatsachen bei summarischer Prüfung der Rechtslage auch ein materiellrechtlicher Anspruch auf die begehrte Handlung oder Unterlassung zusteht, mithin der sogenannte Anordnungsanspruch vorliegt. Zwischen beiden besteht eine Wechselbeziehung in dem Sinne, dass die Anforderung an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils gegenüber dem Anordnungsgrund zu verringern sind und umgekehrt. Sofern eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, so kann der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf dessen Eilbedürftigkeit keinen Erfolg haben, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist allerdings eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in einem solchen Fall natürlich nicht gänzlich auf das besondere Eilbedürfnis verzichtet werden kann. Ist indes der Ausgang einer möglichen Klage offen, etwa wenn eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, muss im Wege einer Folgenabwägung entschieden werden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zugemutet werden kann.
Dabei sind die grundrechtlichen Belange des jeweiligen Antragstellers umfassend in der Abwägung zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde zu sichern ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, in der Regel auch vorläufig zu befriedigen, wenn sie sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt. Im Rahmen der gebotenen Folgenabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers an ein er Vermeidung ungerechtfertigter Leistungen gegenüber der Sicherstellung zurückzutreten. Anerkannt ist dies insbesondere für das soziokulturelle Existenzminimum im Rahmen der Leistungen des SGB II. Die einstweilige Anordnung darf andererseits aber grundsätzlich die endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind entsprechend § 920 ZPO glaubhaft zu machen. Je gewichtiger eine mögliche drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit allerdings ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Ist aber eine der drohenden Grundrechtsverletzung entsprechende Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht abschließend möglich, ist es von Verfassungs wegen auch nicht zu beanstanden, wenn die Entscheidung über die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes dann auf der Grundlage einer Folgenabwägung zu erfolgen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 2013 - 1 BvR 2366/12). Übernimmt das einstweilige Rechtsschutzverfahren allerdings vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens und droht eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung der Beteiligten, müssen die Gerichte bei den Anforderungen an die Glaubhaftmachung zur Begründung von Leistungen auch zur Existenzsicherung in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Rechnung tragen. Die Anforderungen haben sich dann am Rechtsschutzziel zu orientieren, das mit dem Begehren verfolgt wird.
Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzung sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Gemäß § 31 Abs. 6 in der zum 10.03.2017 erstmals in Kraft getretenen neuen veränderten Vorschrift haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Dronabidol und Nabilon, wenn eine allgemein anerkannte dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder sich im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärzte unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkung und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes die anerkannte Methode nicht zur Anwendung kommen kann und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf die schwerwiegenden Symptome besteht.
Zur Überzeugung der Kammer sind nach dem derzeitigen Ermittlungsstand diese Voraussetzungen nicht hinreichend glaubhaft gemacht, so dass sich ein Anordnungsanspruch zum derzeitigen Zeitpunkt nicht ergibt. Aus dem eingeholten Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin C. vom 27.06.2017 ergibt sich zwar, dass der Antragsteller seit dem Jahr 2005 aufgrund von wiederholten Bauchspeicheldrüsenentzündungen an ausgeprägten schweren Bauchschmerzen leidet. Zwar führt der Arzt aus, dass die Beschwerden trotz Morphingabe in höheren Dosen und zusätzlicher Gabe von Buscopan und Novalgin nur leicht gemildert würden. Die Darmtätigkeit bereite Schmerzen und es komme bei der Stuhlpassage zu deutlichen Schmerzspitzen. Diagnostisch liege ein chronischer Bauchschmerz bei Verwachsungsbauch vor. Außerdem eine chronisch rezidivierende Pankreatitis, leichte Depressionen und ein Diabetes mellitus Typ 3, der pankreasbedingt sei. Über Jahre sei der Antragsteller bei verschiedenen Schmerztherapeuten gewesen, die das Beschwerdebild nicht deutlich hätten bessern können. Zwar bestätigt der Arzt, dass aus hausärztlicher Sicht die Cannabistherapie geboten sei, er wägt jedoch in keiner Weise das Risiko der Therapie ab. Zutreffend führt auch der MDK in seinem letzten Gutachten vom 21.06.2017 aus, dass noch eine entsprechende Differentialdiagnostik erforderlich sei. Die Einträge in der Gesamtauskunft bei dem Antragsteller ergäben hierauf keine hinreichenden Hinweise. Zutreffend führt der MDK aus, dass zu einer entsprechenden Differentialdiagnostik bei chronischem Schmerzsyndrom durchaus z. B. eine ausgerichtete multimodale Schmerztherapie in Betracht zu ziehen sei. Die Kammer pflichtet den vorläufigen Einschätzungen des MDK bei, dass anhand der Angaben des Arztes noch nicht nachvollziehbar sei, dass die Voraussetzungen für die Cannabismedikation erfüllt seien. Insbesondere ist mit dem MDK nicht nachvollziehbar, dass eine allgemeine, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht. So ergibt sich z. B. auch aus dem Befundbericht lediglich der Verdacht auf einen Verwachsungsbauch, was für die Kammer dafür spricht, dass noch weitere Diagnostik und Verlaufskontrollen erforderlich sind und im vorliegenden Einzelfall eine abgestimmte Diagnostik, eine Verlaufskontrolle und eine suffiziente anerkannte Therapie noch nicht durchgeführt worden ist. Jedenfalls ergibt sich dies nicht aus den Ausführungen des Arztes, die insoweit zu allgemein gehalten sind. So ergibt sich z. B. aus dem vom Antragsteller beigefügten Bericht der Ärzte E. und D. aus dem Jahr 2011, dass insbesondere eine ausgeprägte depressive Grundhaltung bei dem Antragsteller besteht, so dass die Kammer hier nach ihrer eigenen Auffassung der Meinung ist, dass auch eine psychiatrische und psychotherapeutische Diagnostik und ggf. Behandlung durchaus auch angezeigt sein könnte. Insgesamt ergibt sich jedenfalls aus den medizinischen Unterlagen, dass sicherlich noch verschiedene Therapien, insbesondere z. B. die vom MDK erwähnte multimodale Schmerztherapie nach einer genaueren Diagnostik in Betracht zu ziehen ist. Darüber hinaus liegt offensichtlich auch ein chronisches Schmerzsyndrom oder eine Fibromyalgie bei dem Antragsteller vor, die nach dem MDK einer Cannabisbehandlung durchaus nicht zuträglich sind. Insoweit nimmt der Arzt hier keine Risikoabwägung vor. Insgesamt sieht die Kammer daher den Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Zum Anordnungsgrund hat die Kammer vor dem Hintergrund ihrer Auffassung nicht weiter ermittelt, hier ist allerdings auszuführen, dass der Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht hat, dass er vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht in der Lage ist, die Kosten aus eigenen Mitteln zu tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.