Der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 10.03.2021 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung, längstens bis zum 09.09.2021 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antragsgegner hat 50 Prozent der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die Antragstellerin und ihr nichtehelicher Lebensgefährte C. C. sind bulgarische Staatsangehörige. Sie sind zuletzt im Dezember 2018 erneut nach Deutschland eingereist. Sie haben zwei Kinder D. C., geboren 2018, und E. C., geboren 2020.
Die Antragstellerin hat keine Arbeit. Sie betreut, versorgt und pflegt die Kinder.
Ihr Lebensgefährte bezieht Einkommen aus Erwerbstätigkeit, bis November 2020 zunächst aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit bei F. GmbH und sodann aus selbstständiger Erwerbstätigkeit als Schrottsammler. Sein monatlicher Gewinn liegt aktuell zwischen 480,00 € und 490,00 €.
Die Bedarfsgemeinschaft bezog daneben von dem Antragsgegner laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 06.08.2020 bewilligte der Antragsgegner der Bedarfsgemeinschaft zuletzt vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.09.2020 bis 28.02.2021.
Am 16.01.2021 beantragte die Bedarfsgemeinschaft bei dem Antragsgegner die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 26.01.2021 bewilligte der Antragsgegner dem Lebensgefährten und den Kindern erneut vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.03.2021 bis 31.08.2021. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt. Die Antragstellerin sei von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II.
Am 16.02.2021 wurde Widerspruch eingelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin und ihr Lebensgefährte eine eheähnliche Lebensgemeinschaft führen und zwei Kinder haben. Die Antragstellerin gehöre nicht zu dem Personenkreis, der von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen sei gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II. Dem berufstätigen Vater sei es nicht zumutbar, seine zwei Jahre und elf Monate alten Kinder zu betreuen. Andere Betreuungspersonen stehen nicht zur Verfügung. Die Antragstellerin sei auf die existenzsichernden Leistungen angewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2021 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Für die Antragstellerin habe bis zur Geburt und im ersten Lebensjahr des zweiten Kindes ein Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen bestanden. Dieses sei weggefallen. Die Antragstellerin habe kein Aufenthaltsrecht beziehungsweise nur ein solches allein aus dem Zweck der Arbeitssuche. Insbesondere seien die Kinder noch nicht schulpflichtig.
Am 10.03.2021 hat die Antragstellerin durch ihre Prozessbevollmächtigte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und Klage eingelegt.
Die Antragstellerin meint, sie habe ein Aufenthaltsrecht gemäß § 11 Abs. 1 S. 11 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) in Verbindung mit § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und Art. 18 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Dem berufstätigen Vater sei es nicht möglich, seine zweieinhalb Jahre und ein Jahr alten Kinder zu betreuen. Er sei viel kurzfristig unterwegs. Zusätzlich wolle er eine Arbeit als Reinigungskraft aufnehmen. Sie müssen dauerhaft beaufsichtigt werden. Zu Familienangehörigenbestehe kein Kontakt. Mit der Mutter und den Schwestern habe man sich überworfen. Erstere sei zudem erwerbstätige Leistungsbezieherin. Das ältere Kind besuche den Kindergarten, für das jüngere Kind suche man einen Platz. Im Alltag und bei Behördenangelegenheiten unterstütze eine sozialpädagogische Familienhilfe. Die Antragstellerin benötige die Leistungen zur Sicherung der Existenz und zur Betreuung, Versorgung und Pflege der Kinder. Abzuwägen sei, ob das Interesse der Allgemeinheit an der Versagung möglicherweise nicht zustehender Leistungen höher wiege als Interesse der Antragstellerin an der Bewilligung der Leistungen. Die Folgenabwägung falle zugunsten der Antragstellerin aus. Keine Leistungen bedeuten keinen Schutz bei einer Krankheit und eine Rückkehr in das Heimatland.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr für die Zeit ab Antragseingang bei Gericht bis zum Eintritt der Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner meint, es bestehe keine Freizügigkeitsberechtigung nach § 3 FreizügG/EU. Die Antragstellerin und ihr Lebensgefährte seien eine nichteheliche Lebensgemeinschaft und keine Familienangehörigen.
Es bestehe auch kein Aufenthaltsrecht nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG. Die Antragstellerin und ihr Lebensgefährte seien keine Ehegatten.
Es bestehe ebenso kein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO (EU) 492/2011. Die Antragstellerin habe seit der erneuten Einreise im Dezember 2018 nach Deutschland keine Beschäftigung mehr ausgeübt. Die Kinder seien nicht schulpflichtig.
Es bestehe darüber hinaus kein Aufenthaltsrecht aus § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG. Die Vorschrift sei nicht unmittelbar anwendbar. Die Kinder seien keine deutschen, sondern bulgarische Staatsangehörige. Die Vorschrift sei ebenso wenig analog anwendbar. Das Diskriminierungsverbot aus Art. 18 AEUV sei nicht so weit zu interpretieren, als dass der Nachzug zu einem minderjährigen Unionsbürger mit Aufenthaltsrecht und gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland geregelt werden sollte. Dadurch würden die einschlägigen Vorschriften des FreizügG/EU obsolet. Danach bestehe für Verwandte in aufsteigender Linie wie die Antragstellerin als Mutter ihrer Kinder ein Freizügigkeitsrecht nach Maßgabe des § 4 FreizügG/EU nur, wenn sie über ausreichend Existenzmittel verfügen. Dies sei nicht der Fall, da der Lebensgefährte und die Kinder selbst aufstockend Leistungen nach dem SGB II beziehen. Es bestünde bis zum ersten Lebensjahr ein Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen, ab dem ersten Lebensjahr bis zur Schulpflichtigkeit ein Aufenthaltsrecht aus § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU in Verbindung mit § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG und Art. 18 AEUV, ab Schulpflichtigkeit ein Aufenthaltsrecht aus Art. 10 VO (EU) 492/2011 und danach in der Regel ein Daueraufenthaltsrecht. Dadurch würden die speziellen Vorschriften des FreizügG/EU keinen Anwendungsbereich haben. Kinder würden unabhängig vom Alter für beide Elternteile ein Aufenthaltsrecht und einen Leistungsanspruch vermitteln. Es gebe jedoch keinen Grundsatz, dass ein minderjähriger Unionsbürger in jeden Fall ein Zuzugsrecht für seinen ausländischen Elternteil vermittele. Ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht bestehe erst, wenn der minderjährige Unionsbürger gezwungen wäre, das Unionsgebiet zu verlassen. Der Vater könne bei einem Nebenerwerb mit 480,00 € Gewinn die Kinder betreuen. Er habe keine Vollzeittätigkeit und keine weitere Beschäftigung. Überdies sei die Antragstellerin der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig, sodass sie ohnehin bei sämtlichen Angelegenheiten auch betreffend die Kinder auf ihren Lebensgefährten angewiesen und dieser eingebunden sei. 2018 habe man angegeben, dass die Mutter als Betreuungsperson verfügbar sein würde. Die Antragstellerin müsse nicht ausreisen, sie könne bleiben, wenn sie ihren Lebensunterhalt anderweitig sichern könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
II.
Der zulässige Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Bildet ein Leistungsbegehren den Hintergrund für die beantragte einstweilige Anordnung, ist diese grundsätzlich im Wege der Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zu gewähren.
Voraussetzung ist, dass die Antragstellerin einen gegen den Antragsgegner bestehenden materiell-rechtlichen Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit dessen Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, das heißt die Unzumutbarkeit des Abwartens der Entscheidung in der Hauptsache (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht hat gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) (LSG Hessen, Beschluss vom 19. Dezember 2013 - L 8 KR 411/12 B ER –, juris, Rn. 55). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 13. Auflage 2020, § 86b SGG Rn. 16b, 16c).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen dabei nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr verhalten sich beide in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit beziehungsweise Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System. Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ungeachtet des Anordnungsgrundes grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich zulässig und begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund und ist dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich stattzugeben, wobei jedoch auf den Anordnungsgrund nicht gänzlich verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, hat das Gericht im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist (LSG Hessen, Beschluss vom 13. August 2013 - L 1 KR 229/13 B ER -, juris, Rn. 17 m.w.N.).
Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)), ist von diesem Grundsatz jedoch dann abzuweichen, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere, unzumutbare, später nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 -; BVerfG, Beschluss vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 -).
Die Entscheidung des Gerichts hat wie bei in solchen Fällen in der Hauptsache statthaften Leistungs- beziehungsweise Verpflichtungsklagen nach dem Rechts- und Streitstand zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts zu erfolgen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 86b SGG Rn. 42).
An diesem Maßstab gemessen ist ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft.
Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II in Verbindung mit § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II, unter anderem Arbeitslosengeld II, Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte) (Nr. 4) sowie nicht nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen sind.
Die Antragstellerin hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht. Sie ist erwerbsfähig und hilfebedürftig. Sie hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Voraussetzungen sind zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Die Antragstellerin ist zudem nicht nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen.
Von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen sind
1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2. Ausländerinnen und Ausländer,
a) die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b) deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
S. 2 Nr. 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von S. 2 Nr. 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach S. 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.
Hier relevant sind Nr. 2. lit. a und b.
Die Ausschlussregelung erfordert eine fiktive Prüfung des Grundes beziehungsweise der Gründe der Aufenthaltsberechtigung, konkret des Bestehens einer Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU oder eines Aufenthaltsrechts nach dem AufenthG, dessen Regelungen gemäß § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU a.F. im Wege eines Günstigkeitsvergleichs anwendbar sind. Bereits das Vorhandensein der Voraussetzungen einer Aufenthaltsberechtigung aus einem anderen Grund hindert die erforderliche positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche". Unerheblich ist, ob dem Unionsbürger ein Aufenthaltstitel nach dem AufenthG tatsächlich erteilt worden ist. Entscheidend ist vielmehr, ob ihm ein solcher zu erteilen wäre (BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 - B 4 AS 54/12 R -, juris, Rn. 23 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Oktober 2018 - L 19 AS 1472/18 B ER -, juris, Rn. 29; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01. August 2017 - L 19 AS 1131/17 B ER -, juris, Rn. 34, 41; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.11.2015 - L 19 AS 1713/15 B ER -, juris, Rn. 15).
Anspruch auf aufstockende SGB II-Leistungen haben danach UnionsbürgerInnen und ihre Familienangehörigen, die sich als ArbeitnehmerInnen oder Selbständige in Deutschland aufhalten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1, 2 FreizügG/EU). Weiterhin vom Leistungsausschluss nicht erfasst werden EU-BürgerInnen, denen der Status als ArbeitnehmerIn oder Selbstständige erhalten bleibt (§ 2 Abs. 3 FreizügG/EU). Außerdem vom Leistungsausschluss nicht erfasst werden Personen, die als ausländische Familienangehörige eines in Deutschland erwerbstätigen EU-Bürgers ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben oder die als ausländische Familienangehörige eines Deutschen nach Deutschland einreisen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU) (Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage Stand 05.01.2021, § 7 SGB II Rn. 131 ff. m.w.N.).
In der Rechtsprechung der Landessozialgerichte und der Literatur ist umstritten, ob § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU a.F in Verbindung mit § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG und Art. 18 Abs. 1 AEUV dem sorgeberechtigten Elternteil eines wegen der Begleitung des anderen Elternteils nach § 3 Abs. 1 S. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigten minderjährigen Unionsbürgers ein Aufenthaltsrecht vermitteln kann (für ein Aufenthaltsrecht: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. November 2015 - L 19 AS 1713/15 B ER -, juris, Rn. 15; Beschluss vom 1. August 2017 - L 19 AS 1131/17 B ER -, juris, Rn. 41 m.w.N.; Beschluss vom 30. Oktober 2018 - L 19 AS 1472/18 B ER -, juris, Rn. 28 ff.; Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 11 FreizügG/EU Rn. 97 ff.; Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage Stand 05.01.2021, § 7 SGB II Rn. 134 m.w.N.; Oberhäuser in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 11 FreizügG/EU Rn. 57 f.; gegen ein Aufenthaltsrecht: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Mai 2017 - L 31 AS 1000/17 B ER -, juris, Rn. 5, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Juli 2017 - L 21 AS 782/17 B ER -, juris, Rn. 43; LSG Hessen, Beschluss vom 21. August 2019 - L 7 AS 285/19 B ER -, juris, Rn. 45). Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hierzu ist nicht ersichtlich (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 04.10.2019 – 1 BvR 1710/18 -, juris, Rn. 12).
Nach summarischer Prüfung folgt das Gericht der Auffassung, dass § 11 Abs. 14 S. 1 FreizügG/EU n.F. in Verbindung mit § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG und Art. 18 Abs. 1 AEUV dem sorgeberechtigten Elternteil eines wegen der Begleitung des anderen Elternteils nach § 3 Abs. 1 S. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigten minderjährigen Unionsbürgers ein Aufenthaltsrecht vermitteln kann.
Nach § 11 Abs. 14 S. 1 FreizügG/EU n.F. findet das AufenthG auch dann Anwendung, wenn es eine günstigere Rechtsstellung vermittelt als das FreizügG/EU. Nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG ist die Aufenthaltserlaubnis dem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat - auch ohne Lebensunterhaltssicherung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (§ 28 Abs. 1 S. 2 AufenthG). Nach Art. 18 AEUV ist unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.
Die Meistbegünstigungsklausel des FreizügG/EU beruht auf dem allgemeinen Grundsatz, dass günstigere innerstaatliche Regelungen nicht verdrängt werden, sondern auch für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen gelten. Sie stellt sicher, dass es nicht zu einer Schlechterstellung gegenüber sonstigen Drittstaatsangehörigen, die unmittelbar dem AufenthG unterfallen, kommt.
Auch aus dem Diskriminierungsverbot des AEUV kann sich eine solche günstigere Rechtsstellung ergeben. Dieses findet auf dem Unionsrecht unterfallende Sachverhalte Anwendung, für die der Vertrag keine spezifische Antidiskriminierungsvorschrift bereithält (Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 11 FreizügG/EU Rn. 21 ff. m.w.N.), etwa Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG (Michael Holoubek in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Auflage 2019, § 18 AEUV Rn. 57 m.w.N.). Letztere erfasst jeden Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält.
Die Antragstellerin hält sich nicht aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats auf. Die spezifische Antidiskriminierungsvorschrift gilt nicht und das Diskriminierungsverbot des AEUV findet Anwendung. Nur so kann auch sichergestellt werden, dass es nicht zu einer Schlechterstellung gegenüber sonstigen Drittstaatsangehörigen, die unmittelbar dem AufenthG unterfallen, kommt.
§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG findet aufgrund von § 11 Abs. 14 S. 1 FreizügG/EU n.F. und Art. 18 AEUV auf Elternteile eines minderjährigen ledigen Unionsbürgers, der über ein Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU verfügt, zur Ausübung der Personensorge Anwendung. Aus dieser Rechtsstellung können die Elternteile ein Aufenthaltsrecht ableiten (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Oktober 2018 - L 19 AS 1472/18 B ER - juris Rn. 28 ff.). Insbesondere im ersten Jahr nach der Geburt soll verhindert werden, dass ein Kind entgegen des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) von der Erziehungsleistung eines seiner Elternteile ausgeschlossen wird (BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 – B 4 AS 54/12 R juris Rn. 36).
Der Lebensgefährte C. C. ist als Selbstständiger unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, die Kinder D. C. und E. C. sind als Familienangehörige unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU in Verbindung mit § 3 Abs. 1 S. 1 FreizügG/EU. Die Antragstellerin, die Mutter, übt das Sorgerecht aus. Aus dieser Rechtsstellung kann sie ein Aufenthaltsrecht ableiten. Insbesondere ist nach Auffassung des Gerichts nicht erkennbar, warum nach dem ersten Jahr nach der Geburt ein Ausschluss eines Kindes von der Erziehungsleistung eines seiner Elternteil, insbesondere der Mutter, weniger schlimm wiegt. Ein Kind erscheint auch im zweiten und dritten Lebensjahr ebenso hilfe- und schutzbedürftig.
Zudem geht das jüngere Kind noch nicht in einen Kindergarten, so dass es rund um die Uhr Betreuung bedarf, die der Vater, selbst wenn er wenige Stunden arbeiten würde, nicht leisten kann. Dies ist auch nicht Aufgabe der sozialpädagogischen Familienhilfe. Zwar gab die Familie 2018 an, dass die Mutter als Betreuungsperson verfügbar sein würde, allerdings gibt sie nunmehr, drei Jahre später, an, dass zu Familienangehörigen kein Kontakt besteht, da man sich mit der Mutter und den Schwestern überworfen hat. Das Gericht sieht derzeit die Notwendigkeit, dass die Kinder Deutschland mit der Mutter verlassen müssten.
Darüber hinaus bestimmt § 3 FreizügG/EU, dass Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU genannten, nicht erwerbstätigen Unionsbürger nur unionrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind und das Recht auf Einreise und Aufenthalt haben nach Maßgabe des § 4 FreizügG/EU. Bei dem Lebensgefährten und den Kindern der Antragstellerin handelt es sich wie bereits festgestellt nicht um nicht erwerbstätige Unionsbürger.
Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II in Verbindung mit § 19 Abs. 1 S. 1 SGB II hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II konkret Arbeitslosengeld II in gesetzlichem Umfang.
Gemäß § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II ist über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig zu entscheiden, wenn ein Anspruch auf Geld- und Sachleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, etwa bei schwankendem Einkommen. Gemäß § 41 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB II soll der Bewilligungszeitraum insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird. Eine gegebenenfalls darüberhinausgehende Verpflichtung kann nicht erfolgen.
Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft.
Die Antragstellerin verfügt nur über unzureichende Eigenmittel zur Deckung des Bedarfs und auch ein Anordnungsgrund ist glaubhaft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und dem teilweisen Obsiegen und teilweisen Unterliegen der Beteiligten.