L 9 AS 883/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 4073/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 883/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten sind Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen streitig (hierzu unter 1.). Ferner wendet sich der Kläger gegen eine durch Verwaltungsakt ersetzte Eingliederungsvereinbarung (hierzu unter 2.).

Der 1964 geborene Kläger verfügt über eine 1989 abgeschlossene Ausbildung zum Schriftsetzer/Fotosetzer und studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Fachhochschule Druck in A.. Das Studium schloss er 1994 als Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH Druck) ab. Nach Aktenlage war er im Pressehaus B. in der Vorstufenabteilung Montage (2 Jahre) und im Operating (7 Jahre) beschäftigt.

Der Kläger beantragte erstmals am 19.01.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und erhält vom Beklagten seit 2015 Arbeitslosengeld II (Alg-II). Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 16.12.2016 bewilligte der Beklagte zunächst für die Zeit vom 01.01.2017 bis 31.12.2017 den Regelbedarf (409 €) sowie einen Mehrbedarf für Warmwassererzeugung und Nebenkosten für das von ihm bewohnte und im hälftigen Eigentum stehende Haus. Mit den Änderungsbescheiden vom 21.02.2017 und 30.05.2017 passte der Beklagte den Bedarf an Kosten für Unterkunft und Heizung an.

1. Mit am 06.02.2017 beim Beklagten eingegangenen Schreiben vom 28.01.2017 stellte der Kläger den „Antrag zur vollständigen finanziellen und rechtlichen Unterstützung der von mir zu veröffentlichenden Zeitung, inklusive des inkludierten Download-Portals“. Er werde in zweiwöchigem Rhythmus eine Zeitung im Internet herausbringen. Inhaltlich umfasse diese die Rubriken: Seite 1, Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport, Lokales, Titelthema, Literatur in der Zeitung und dergleichen mehr. Der Umfang pro Ausgabe werde zwischen 16 und 24 Seiten umfassen. Der Preis pro Exemplar betrage 1,11 €. Überdies werde die Zeitung ein Download-Portal für Schriftsteller und Autoren beinhalten. Hierfür werde eine an ihn abzuführende Gebühr fällig. Ferner seien Sonderausgaben mit städtischen Einrichtungen, Vereinen, Institutionen und dergleichen mehr geplant. Er bleibe auch als Herausgeber der Zeitung weiterhin Bezieher jener staatlichen Leistungen, samt allen Rechten, die er aktuell als Alg-II-Bezieher erhalte. Beantragt und zu gewähren seien die finanziellen Mittel zur Vorfinanzierung der Zeitung in Höhe von zirka 3.000 €, die anfallenden Anwaltskosten in Höhe von zirka 300 €. Beantragt und zu gewähren seien die finanziellen Mittel zur Begleichung der fixen Betriebskosten (Grundgebühren Internetbezahldienst und Bankkonto, Steuerberater, Homepagekosten und Internetflatrate) in Höhe von zirka 1.560 €. Diese Mittel seien im Voraus, auf der Grundlage der Daten des Vormonats zu überweisen. Die finanziellen Mittel zur Begleichung der variablen Betriebskosten könnten erst nach Erscheinen der Zeitung nach Art, Anzahl und Höhe benannt werden. Beantragt und zu gewähren seien ferner die finanziellen Mittel für zusätzliche Nahrungsmittel und dergleichen mehr in Höhe von 1.200 €, welche in Monatsportionen von 100 € im Voraus zu überweisen seien. Beantragt und zu gewähren seien die finanziellen Mittel zur Betriebswiederherstellung, die nur im Bedarfsfalle anfielen und erst dann benannt werden könnten. Beantragt und zu gewähren seien zudem die Mittel zur Begleichung möglicher Kosten im Nachgang seiner Zeitung, für den Fall, dass diese nach einem Jahr mangels Erfolg eingestellt werden müsse. Schließlich würden beantragt und seien zu gewähren die finanziellen Mittel zur Begleichung sämtlicher Steuerschuld (z. B. Einkommensteuer, Gewerbesteuer, usw.) in den Kalenderjahren, in denen die Zeitung erscheine. Die vorläufige Summe der beantragten und zu gewährenden Mittel gab der Kläger mit rund 6.560 € an. Ferner stellte er dar, welche Kosten dieser für den Staat entstehenden Mehrkosten von ihm übernommen würden, ihm also rechtlich zustünden, er aber nicht erhalten habe (etwa zu erstattende Bewerbungskosten für das Jahr 2015 von zirka 300 €, Fahrkosten Schulung 01/2015, Zuschüsse für Schuhwerk, da er jene seines 2006 verstorbenen Vaters auftrage, Ersatz für eine defekte Waschmaschine, Heizkostenzuschuss, Brennstoffe, Heizöl für 01/2015 bis 09/2016 in Höhe von zirka 1.370 €, außerdem staatliche Finanzmittel zur Förderung von Selbstständigen in Höhe von rund 120 € im Monat und Kosten, die während des einjährigen Betriebs seiner Zeitung an staatlichen Finanzmitteln nicht anfielen [Bewerbungskosten, Schulungen, Fahrtkosten, insgesamt zirka 950 €]). Es ergebe sich folglich eine Endsumme von 1.244 €, welche er zurückzuzahlen habe. Dies bedeute, dass seine Zeitung in jedem Erscheinungsmonat rund 100 € Reingewinn erwirtschaften müsse, was ca. 50 Exemplaren pro Ausgabe entspreche, sollten die variablen Kosten nicht mehr als 10% pro verkauftem Exemplar darstellen.

Mit Bescheid vom 14.02.2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab und führte aus, das Profiling der fachkundigen Stelle EXZET vom 13.10.2016 habe ergeben, dass keine Tragfähigkeit des Gründungsvorhabens gegeben sei.

Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die Ablehnung auf einem Antrag fuße, der inhaltlich nicht seinem Antrag vom 28.01.2017 entspreche.

Der Widerspruch wurde an die Widerspruchsstelle weitergeleitet mit dem Hinweis, dass ein Profiling von EXZET bezüglich der Tragfähigkeit seines Gründungsunternehmens bereits aus dem vergangenen Jahr vorliege. Am 02.08.2016 sei ein AVGS zur Überprüfung der Tragfähigkeit des Gründungsvorhabens ausgegeben worden. Der Kläger habe daraufhin an der Maßnahme Neustart BaWü/Orientierungsphase bei EXZET in B. vom 25.09.2016 bis 25.10.2016 teilgenommen. Nach dem erstellten Profiling sei keine fachliche Eignung gegeben, Branchenkenntnisse seien fraglich, ein kaufmännisches Grundverständnis bestehe nicht, Kontakte zu relevanten Zielgruppen seien nicht vorhanden, der Kapitalbedarf sei unbekannt und die Finanzierung des Vorhabens fraglich. Ausweislich des erstellten Profilings vom 13.10.2016 sei eine fachliche Eignung trotz Branchenkenntnissen fraglich, weil der Kläger seit 2002 nicht mehr aktiv in der Medienbranche tätig gewesen sei. Die vielen Bewerbungen auf Festanstellungen in der Medienbranche seien nicht erfolgreich gewesen, was an dem schnellen Wandel der Medienbranche und damit verbunden an dem veralteten Know-How des Klägers liegen könne. Aus den vorgelegten Zahlen des Geschäftsplanes gingen deutliche Defizite hervor. Die Darstellung habe wenig mit einer plausiblen Herleitung einer tragfähigen Selbstständigkeit zu tun.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus, es sei nicht zu erwarten, dass die vom Kläger angestrebte selbstständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig sei und die Hilfebedürftigkeit dadurch innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden werden könne oder verringert würde. Die Tragfähigkeit des Gründungsvorhabens sei nicht gegeben. Mit Blick auf die nicht für alle Wünsche reichenden Haushaltsmittel sei unter Anwendung des Ermessens der Antrag auf Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen abzulehnen.

2. Am 07.04.2017 fand im Beisein des Teamleiters ein persönliches Gespräch mit dem Kläger statt, in dessen Verlauf es der Kläger nach den Vermerken der Sachbearbeiterin Z. abgelehnt hatte, die Eingliederungsvereinbarung gemeinsam durchzusprechen und zu unterschreiben. Weiter war vermerkt, dass man sie ihm zusenden solle, worauf eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt erstellt und dem Kläger zugesendet worden sei.

In dieser durch Verwaltungsakt ersetzten Eingliederungsvereinbarung vom 07.04.2017, mit Gültigkeit ab 07.04.2017 und bis auf weiteres sind unter 3. „Ziele“ als „Teilziel“ intensive Bewerbungsbemühungen, Teilnahme an der Maßnahme AViBA und das „Endziel“ Wegfall der Hilfebedürftigkeit beschrieben. Unter 4. wurden Maßnahmen zur Unterstützung durch das Jobcenter aufgelistet (Angebot zu Beratung und Information über Leistungen nach dem SGB II, Überstützung der Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von Kosten für schriftliche Bewerbungen auf vorherige Antragstellung und schriftlichen Nachweis inklusive Quittungen, Übernahme von Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen auf vorherige Antragstellung und Nachweis, Förderung der Arbeitsaufnahme durch Gewährung eines Eingliederungszuschusses an den Arbeitgeber bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen und vorheriger Antragstellung durch den Arbeitgeber, Teilnahme an der Maßnahme AViBA für die Dauer von acht Wochen bei der Deutschen Angestellten-Akademie).

Unter 5. „Integration in Arbeit“ wurde der Kläger aufgefordert, sich aktiv um einen Arbeitsplatz zu bemühen. Er wurde aufgefordert, sich zeitnah, d. h. spätestens am dritten Tag nach Erhalt des Stellenangebots/Vermittlungsvorschlags, welche er von der Agentur für Arbeit/Jobcenter erhalte, zu bewerben. Ferner solle der Kläger intensive Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse unternehmen und mindestens drei Eigenbemühungen monatlich nachweisen. Bei der Stellensuche seien unbefristete und befristete Stellenangebote, Stellenangebote sowohl in Vollzeit als auch in Teilzeit, Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen und geringfügige Beschäftigungen einzubeziehen. Der Kläger habe hierfür unaufgefordert zum Letzten des Monats beim Fallmanager eine Liste der Bewerbungsbemühungen einzureichen und erstmalig zum 30.04.2017 vorzulegen.

Unter 6. „Teilnahme an Maßnahmen“ ist eine Verpflichtung zur Teilnahme an der Maßnahme geregelt, unter 7. eine ergänzende Rechtsfolgenbelehrung zur Teilnahme an Maßnahmen, unter 8. Regelungen bei Eintritt von Arbeitsunfähigkeit, unter 9. Regelungen zur Fortschreibung des ersetzenden Verwaltungsakts und unter 10. zur Aufhebung des ersetzenden Verwaltungsakts. Unter 11. ist eine Rechtsfolgenbelehrung wiedergegeben.

Hiergegen legte der Kläger am 05.05.2017 Widerspruch ein, der sich auf die Zielsetzung der genannten Maßnahme bezog und mit der von ihm monierten fehlenden Unterstützung durch den Beklagten bezogen auf das von ihm beabsichtigte Zeitungsprojekt begründet wurde.

Mit Schreiben des Geschäftsführers des Beklagten vom 05.05.2017 stellte es der Beklagte dem Kläger ausdrücklich frei, ob er an der Maßnahme AViBA (Beginn am 08.05.2017) teilnehmen wolle oder nicht. Ohne ein gewisses Maß an konstruktiver Neugier und produktivem Mitwirken, so wurde ausgeführt, sei jede Maßnahme zum Scheitern verurteilt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 19.07.2017 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage gegen die Ablehnung von Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen und gegen die durch Verwaltungsakt ersetzte Eingliederungsvereinbarung erhoben. Letztere stelle eine rechtswidrige Nötigung dar. Das Jobcenter habe ihm durch sein Vorgehen und Verhalten die Möglichkeit genommen, sich straffrei und rechtmäßig auf Stellen zu bewerben. Ihm sei im April 2016 von einer Mitarbeiterin des Jobcenters eine Verwarnung erteilt worden. Ihm sei vorgeworfen worden, in einer von ihm vorgelegten Bewerbung ein deutlich negatives Bewerbungsverhalten gezeigt zu haben. Man vermute, er wolle den Job, um den er sich beworben habe, gar nicht. Er könne Einspruch gegen die Verwarnung einlegen, dann gebe es eine Anhörung, im Wiederholungsfall würden die Alg-II-Bezüge aber gekürzt. Die erwähnte Bewerbung sei allerdings sachlich, fachlich, rechtlich vollständig korrekt gewesen und der Wahrheitsgehalt habe ebenso gestimmt. Im Juni 2016 habe man ihm mitgeteilt, es gebe hierüber einen Eintrag in der Kundenakte und dass man ihm im April 2016 auch gleich eine Sanktion hätte geben können. Man werfe ihm also einen Verstoß gegen die Auflagen des SGB vor. Auf seine Einsprüche habe er keine Reaktion erhalten. Ferner stimmten im Widerspruchsbescheid große Teile der Darstellung seiner Ambition, Arbeit zu finden, nicht. Andere Teile seien willkürlich interpretiert oder es würden Schlussfolgerungen gezogen über Sachverhalte, die noch nicht geklärt seien (Tragfähigkeit der Zeitung). Die AViBA-Maßnahme sei die Antwort auf eine gleichartige Schulung vom Januar 2015, an der er teilgenommen habe. Seit Anbeginn seiner Mitteilung, eine Zeitung zu gründen, werde dieses Vorhaben durch das Jobcenter torpediert.

Die Klage war verbunden mit Schadensersatzforderungen, nachdem ihm seit der Erstanmeldung keine Schulungen, Qualifizierungsmaßnahmen etc. angeboten worden seien, die ihn in die Arbeitswelt hätten integrieren können. Dieser bestehe aus dem Verdienstausfall für Januar 2015 bis Juli 2017 und belaufe sich bei einer Fachkraft auf ca. 4.000 € netto im Monat, ferner aus Schmerzensgeld (250.000 €), da er seit April 2016 vom Jobcenter verleumdet, beleidigt, diskreditiert, genötigt werde, ohne Unterlass.

Das SG hat den Sach- und Streitstand am 28.09.2017 mit den Beteiligten erörtert. In diesem Termin hat der Beklagtenvertreter zu Protokoll erklärt, die durch Verwaltungsakt ersetzte Eingliederungsvereinbarung vom 07.04.2017 werde dahingehend abgeändert, „dass die Laufzeit bis 07.10.2017 befristet ist“.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 31.01.2018 die Klage abgewiesen und bezogen auf die streitigen Leistungen zur Eingliederung Selbstständiger in Form eines Darlehens für die Gründung einer Zeitung auf die Ausführungen des Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Auch der Eingliederungsverwaltungsakt vom 07.04.2017 erweise sich als rechtmäßig. Der Beklagte sei berechtigt gewesen, die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt zu erlassen. Die bei der Ersetzungsentscheidung zu treffenden Ermessenserwägungen habe der Beklagte beachtet. Die Pflichten des Beklagten einerseits und die Obliegenheiten des Klägers auf der anderen Seite stünden in einem ausgewogenen Verhältnis. Die geregelten Pflichten und Obliegenheiten seien nach Art, Umfang, Zeit und Ort hinreichend konkret und bestimmt formuliert, des Weiteren trage die Regelung über die Eigenbemühungen dem Umstand Rechnung, dass der Kläger sich bereits seit längerem im Bezug von Leistungen nach dem SGB II befinde und bislang nicht erfolgreich in Arbeit habe vermittelt werden können. Der Nachweis von drei Eigenbemühungen pro Monat stelle auch keine ungewöhnlich hohe Anzahl dar. Der finanziellen Belastung durch Bewerbungen werde durch die Regelung zur Kostenübernahme Rechnung getragen. Die Regelungen in der Eingliederungsvereinbarung seien auch verhältnismäßig, sie seien geeignet, um den Erfolg der Vermittlung in Arbeit zu erreichen. Sie seien auch erforderlich, denn gleich geeignete, den Kläger aber weniger belastende Maßnahmen zur Vermittlung in Arbeit seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei hier zu berücksichtigen, dass ihm die Teilnahme an der Maßnahme AViBA bereits freigestellt worden sei. An der Angemessenheit der Maßnahme bestünden keine Zweifel. Hinsichtlich der Dauer der durch einen Verwaltungsakt ersetzten Eingliederungsvereinbarung habe der Beklagte ein Anerkenntnis abgegeben, das bereits umgesetzt worden sei. Für eine Verurteilung bestehe nach Erledigung durch Zeitablauf mangels Rechtsschutzbedürfnisses kein Raum. Für geltend gemachte Schadensersatzforderungen sei das SG nicht zuständig.

Gegen den ihm am 02.02.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit einem am 01.03.2018 beim SG eingegangenen Schreiben Berufung eingelegt. Er hält die Entscheidung für deutlichst falsch.

Der Senat hat mit Beschluss vom 19.12.2018 (L 9 AS 3261/18 ER) Anträge des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2018 sowie den Bescheid vom 14. Februar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm ein Darlehen zur Gründung einer Zeitung im Rahmen von Eingliederungsleistungen zu gewähren sowie festzustellen, dass der Bescheid vom 7. April 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2017 rechtswidrig sind, sowie festzustellen, dass die Verwaltungsakte gefälscht ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Der Kläger hat mit einem am 11.10.2021 eingegangenen Schreiben noch ergänzend Stellung genommen (vgl. Bl. 94 ff. der Senatsakten).

Durch Verwaltungsakt ersetzte Eingliederungsvereinbarungen liegen für die Folgezeiträume unter dem 13.10.2017 (Widerspruchsbescheid vom 19.11.2017 – bestandskräftig), 29.06.2018 (Widerspruchsbescheid vom 26.07.2018 – bestandskräftig), 19.06.2019, 17.12.2019, 08.06.2020 und 24.03.2021 (alle bestandskräftig) vor.

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist unzulässig, soweit sie sich gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt richtet (hierzu folgend unter 1.), sie ist zulässig, aber unbegründet, soweit der Kläger die Förderung als Selbstständiger begehrt (vgl. hierzu unten zu 2.).

1. Die Klage gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 13.03.2014 ist nicht als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthaft, denn der Verwaltungsakt entfaltet aufgrund Zeitablaufs (durch die Abänderung im Termin vor dem SG am 28.09.2017 und die Beschränkung des Gültigkeitszeitraumes auf die Zeit bis 07.10.2017) und mangels hierzu vorliegender Sanktionsbescheide wegen Pflichtverletzungen aus dem Eingliederungsverwaltungsakt keine Wirkungen mehr.

Soweit unter Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes das Klagebegehren des anwaltlich nicht vertretenen Klägers unter Berücksichtigung seines Vorbringens so auszulegen ist, dass er zumindest hilfsweise die Feststellung begehrt, dass der Eingliederungsverwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, ist eine solche Fortsetzungsfeststellungsklage jedoch nicht statthaft. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität, der Wiederholungsgefahr oder der Geltendmachung einer tiefgreifenden Grundrechtsverletzung bestehen. Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (vgl. BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R –, juris). Eine solche Wiederholungsgefahr ist schon nicht hinreichend dargelegt oder ersichtlich, nachdem der Beklagte die durch Verwaltungsakt ersetzte Eingliederungsvereinbarung bereits abgeändert hatte und – neben der erforderlichen Befristung (vgl. BSG, Urteil vom 21.03.2019 – B 14 AS 28/18 R –, SozR 4-4200 § 15 Nr. 7) – dem Kläger ausdrücklich freigestellt hatte, an der Maßnahme teilzunehmen und damit konkludent zu verstehen gegeben hat, auf eine Sanktionierung einer Nichtteilnahme zu verzichten. Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend entschieden, dass danach eine Rechtswidrigkeit der durch Verwaltungsakt ersetzten Eingliederungsvereinbarung nicht ersichtlich ist. Hierauf nimmt der Senat Bezug und sieht, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Der mit der Klage vorgetragene Sachverhalt bezieht sich offensichtlich nicht auf Regelungen in dem angefochtenen Verwaltungsakt. Nur dieser und nicht auch die davorliegenden oder im zeitlichen Nachgang durch Verwaltungsakt ersetzte Eingliederungsvereinbarungen oder andere Entscheidungen des Beklagten sind Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, worauf der Kläger bereits im Beschluss des Senats vom 19.12.2018 (L 9 AS 3261/18 ER) hingewiesen wurde. Eine bezogen auf die vorliegende durch Verwaltungsakt ersetzte Eingliederungsvereinbarung bestehende Wiederholungsgefahr ist damit nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr als der Kläger eine Wiederholungsgefahr bezogen auf Regelungen in dem angefochtenen Verwaltungsakt auch nicht geltend gemacht hat.

Überdies vermag der Senat eine tiefgreifende Grundrechtsverletzung unter Berücksichtigung der Regelungen in der durch Verwaltungsakt ersetzten Eingliederungsvereinbarung nicht zu erkennen noch sind die Voraussetzungen für eine Präjudizialität gegeben. Auch insoweit lässt sich ein Feststellungsinteresse nicht begründen, denn allein die Behauptung eines Schadensersatzanspruches reicht hierfür nicht aus. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Schadensersatzprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (vgl. Keller in MKLS, SGG, 13. Aufl., § 131 Rn.10e m. w. N.). Hierfür gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere hat der Kläger nach den Ausführungen des SG, dass die Sozialgerichte für Schadensersatzansprüche nicht zuständig sind und den Ausführungen des Senats im Beschluss vom 19.12.2018 – L 9 AS 3261/18 ER –, der diese Rechtsauffassung bestätigte (vgl. dort zu „Eilantrag 2a“) selbst nichts dazu vorgetragen, ob und in welcher Weise er Schadensersatzansprüche auf gerichtlichem Weg gegen den Beklagten geltend machen will, so dass ein Rechtsstreit, für den das vorliegende Verfahren präjudiziell sein könnte, nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (vgl. hierzu Landessozialgericht [LSG] Bayern, Urteil vom 23.07.2015 – L 11 AS 47/14 –, Rn. 20, juris).

Nachdem dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 07.04.2017 auch kein diskriminierender Inhalt, insbesondere kein rechtswidrig nötigender, wie der Kläger geltend macht, zu entnehmen ist (vgl. insoweit die Ausführungen des SG im angefochten Gerichtsbescheid zur Angemessenheit der enthaltenen Regelungen, denen der Senat vollumfänglich folgt) und der seinerseits ein Rehabilitationsinteresse des Klägers rechtfertigen könnte, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers insgesamt nicht zu belegen. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 07.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2017 war daher abzulehnen.

2. Soweit die Ablehnung des Antrags des Klägers auf Förderung der beabsichtigten selbstständigen Tätigkeit mit Bescheid vom 14.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2017 Streitgegenstand ist, war der Antrag als Antrag auf die nach dem Gesetz hierfür bestehenden Fördermöglichkeiten auszulegen und damit als Antrag auf Förderung der geplanten selbstständigen Tätigkeit durch finanzielle Förderung von Sachmitteln (§ 16c Abs. 1 SGB II) und Einstiegsgeld (§ 16b SGB II). Der Ablehnungsbescheid vom 14.02.2017 ist als Ablehnung jeglicher beantragter Förderung zu verstehen, auch wenn der Widerspruchsbescheid nicht ausdrücklich auf § 16b SGB II eingeht. Damit wurden die vom Kläger beantragten Leistungen insgesamt abgelehnt.

Bei den beantragten Leistungen nach § 16b und § 16c SGB II handelt es sich um Ermessensentscheidungen, die dem Verwaltungsträger einen Entscheidungsfreiraum im Sinne eines Entschließungs- und Auswahlermessens lässt. Damit kann das Begehren auf Gewährung von Leistungen (Zuschuss/Darlehen) nicht mit einer Leistungsklage verfolgt werden. Statthafte Klageart ist vielmehr grundsätzlich (wenn – wie hier – eine Ermessensreduzierung auf Null nicht ersichtlich und auch nicht behauptet ist), die Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 131 Abs. 3 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 139/10 R - Rn 16 m. w. N. - juris).

Der Kläger ist zwar erwerbsfähiger Leistungsberechtigter im Sinn von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, er hat aber keinen Anspruch auf Einstiegsgeld nach § 16b SGB II oder auf Beschaffung von Sachgütern nach § 16c Abs. 1 SGB II. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Leistungen sind nicht erfüllt.

Einstiegsgeld kann gemäß § 16b Abs. 1 SGB II zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit gewährt werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Einstiegsgeld nicht der – insbesondere im Zusammenhang mit der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit – erforderlichen Kapitalsicherung i. S. d. Vorfinanzierung des Tätigkeitsprojektes dient. Diese muss vielmehr eigenständig sichergestellt werden. Der Grundsicherungsträger wird vom Gesetzgeber nicht als Ersatzkreditinstitut eingesetzt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.02.2007 – L 9 AS 26/06 –, juris). Entgegen der Erwartungen des Klägers soll das Einstiegsgeld vielmehr allein für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit einen finanziellen Anreiz schaffen, wobei es nach dem Gesetzeswortlaut „bei“ Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit zu zahlen ist. Da somit ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestehen muss, kann die Zahlung erst in Betracht kommen, wenn die Voraussetzungen zum Betreiben einer selbstständigen Tätigkeit erfüllt sind – also auch die erforderlichen Kredite zum Tätigkeitsbeginn vorliegen –, so dass das Einstiegsgeld nur ergänzend anfängliche Mindereinnahmen ausgleicht. Entgegen der Erwartung des Klägers ersetzt es somit nicht eine eigenständig zu schaffende Vorfinanzierung des Projektes, sondern soll lediglich der Sicherung seines Lebensunterhalts in der Startphase dienen. Von einer Überwindung der Hilfebedürftigkeit ist nur dann auszugehen, wenn die beabsichtigte Tätigkeit die Prognose erlaubt, dass der Lebensunterhalt langfristig durch diese Erwerbstätigkeit finanziert werden kann (Stölting in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 16b Rn. 20); prognostisch muss also davon ausgegangen werden können, dass der Antragsteller nicht mehr von Grundsicherungsleistungen abhängig sein wird. Es ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, also insbesondere auf die beabsichtigte Tätigkeit, die Entwicklungsmöglichkeiten, die Kompetenzen des Antragstellers und den in Frage kommenden Markt samt Verdienstmöglichkeiten. Bezugspunkt für die Prognose ist die letzte Verwaltungsentscheidung - hier der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 22.06.2017 (BSG, Urteil vom 05.08.2015 – B 4 AS 46/14 R –, SozR 4-4200 § 16b Nr. 1, Rn. 19). Daneben können erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach § 16c Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II, die eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben Darlehen und Zuschüsse für die Beschaffung von Sachgütern erhalten, die für die Ausübung der selbstständigen Tätigkeit notwendig und angemessen sind. Zuschüsse dürfen einen Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen. Diese Leistungen können nur gewährt werden, wenn zu erwarten ist, dass die selbstständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbstständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird. Zur Beurteilung der Tragfähigkeit der selbstständigen Tätigkeit soll die Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen, vgl. § 16 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB II.

Bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit kann im Rahmen des § 16b SGB II die Prognoseentscheidung anhand des in § 16c Abs. 3 enthaltenen Kriteriums der wirtschaftlichen Tragfähigkeit getroffen werden. Denn dabei handelt es sich um ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal für sämtliche Eingliederungsleistungen an Selbstständige (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.6.2013 – L 7 AS 1884/12 –, LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.09.2011 – L 5 AS 326/11 B ER –, alle juris; Gagel/Hannes, SGB II/SGBIII, Stand Juni 2021, § 16b Rn. 58; Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB, 03/19, § 16b SGB II, Rn. 81).

Unter Berücksichtigung dessen war eine positive Prognose zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids (22.06.2017) nicht möglich; es spricht nichts dafür, dass es sich um ein wirtschaftlich tragfähiges Unternehmen handelt und der alleinstehende Kläger durch die beabsichtigte selbständige Tätigkeit künftig seinen Lebensbedarf (Regelbedarf, Kosten der Wohnung sowie Kranken- und Pflegeversicherung) sichern kann.

Zu Recht hat der Beklagte insoweit auf die Stellungnahme im Profiling des Zentrums für Existenzgründung und Unternehmensentwicklung (EXZET) vom 13.10.2016 abgestellt, das zum Abschluss einer Orientierungsphase, an der der Kläger teilgenommen hatte, erstellt wurde und dem das Gründungsvorhaben „Herausgabe einer E-Zeitung: von Recherche bis Text und Vertrieb“ zugrunde lag und mit der Empfehlung endete, die Beratung zu beenden. Grundlage der Beurteilung waren vom Kläger im Voraus zur Verfügung gestellte Unterlagen, die nach dessen Auffassung sein Geschäftsplan seien. Darin gab der Kläger an, 1989 eine Ausbildung zum Schriftsetzer bzw. eine Fotosetzerlehre absolviert zu haben und 1994 Wirtschaftsingenieurwesen an der Fachhochschule Druck in A. mit dem Abschluss Diplom-Wirtschaftsingenieur Druck (FH) studiert zu haben. Als Diplom-Wirtschaftsingenieur habe der Kläger aber offensichtlich keine Berufspraxis erworben, weil er lediglich eine 10-jährige Branchenerfahrung im Pressehaus Stuttgart in der Vorstufenabteilung Montage (2 Jahre) und im Operating (7 Jahre) angegeben habe. Hieraus folgerte EXZET, das seit 2007 nach den „Qualitätsstandards für zielgruppenspezifische Beratungen“ des Deutschen Gründerinnen Forums (DGF) zertifiziert ist und das Zertifikat der CERTQUA, der Gesellschaft der Deutschen Wirtschaft zur Förderung und Zertifizierung von Qualitätssicherungssystem in der Beruflichen Bildung mbH, erhalten hat (vgl. https://www.exzet.de/unser-qualitaetsanspruch.html, abgerufen am 08.10.2021) und über die notwendige Sachkunde verfügt, nach Überzeugung des Senats schlüssig, dass eine fachliche Eignung des Klägers nicht gegeben ist. Denn es ist nachvollziehbar, dass Wissen und Know-How in der sich extrem schnell wandelnden Medienbranche rasch veralten, wenn man am Arbeitsprozess nicht aktiv teilnehmen kann. Davon muss daher auch beim Kläger ausgegangen werden, der nach eigenen Angaben seit 2002 selbst nicht mehr aktiv in diesem Bereich tätig gewesen ist. Hierfür spricht auch, wie EXZET ausführte, dass die vielen Bewerbungen des Klägers auf Festanstellung in der Branche bisher nicht erfolgreich gewesen sind. Aus den Daten und den beiden bei EXZET geführten Gesprächen konnte darüber hinaus auch keine fachliche Erfahrung zur Herausgabe einer Zeitung per Internet, deren Leitung, ferner Vertriebskenntnisse und eine journalistische Ausbildung/Erfahrungen festgestellt werden. Die Angaben des Klägers, „von allem eine Ahnung zu haben“ und alle Bereiche selbst abdecken zu können, erscheinen nicht nur EXZET höchst unrealistisch, zumal in Bezug auf alle Themengebiete. Soweit trotz des absolvierten Studiums auch ein kaufmännisches Grundverständnis aufgrund der vorgelegten Zahlen abgesprochen wurde, bestätigt sich dies auch in der Begründung des hier streitigen Antrages. Nach Einschätzung von EXZET hat die Darstellung wenig mit einer plausiblen Herleitung einer tragfähigen Selbstständigkeit zu tun. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Kläger keinen Kontakt zu relevanten Zielgruppen belegen kann. Die Ausführungen des Klägers zu den Kundengruppen haben – wie EXZET formulierte – eher wie ein schreibenderweise Luftverschaffen oder Dampfablassen gewirkt. Darüber hinaus lehnt es der Kläger auch kategorisch ab, das Vorhaben im Nebenerwerb zu starten. Soweit der Kläger mit seinem Antrag vom 28.01.2017 eine hiervon abweichende Berechnung aufstellt, vermag dies die grundsätzlichen Zweifel bezogen auf Branchenkenntnisse (Internetzeitung, deren Leitung, Vertrieb, journalistische Ausbildung/Erfahrung) und kaufmännische Grundlagen nicht zu entkräften.

Bezogen auf diesen Antrag liegt im Übrigen auch keine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle i. S. v. § 16c SGB II vor, die eine positive Prognose zu der von ihm beabsichtigten Tätigkeit enthält. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die (negative) Stellungnahme sei nicht verwertbar, folgt hieraus nichts anderes. Denn selbst wenn dies zuträfe, wäre der Beklagte nicht verpflichtet gewesen, eine andere Stellungnahme einzuholen. Gemäß § 16c Abs. 3 SGB II obliegt es in Modifizierung des Amtsermittlungsgrundsatzes dem Kläger und nicht dem Leistungsträger, die (positive) Stellungnahme einer fachkundigen Stelle einzuholen (Harks, in: jurisPK, zu § 16c SGB II, Stand: 11.10.2019, Rn. 26; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.06.2013 – L 2 AS 2249/12 – Rn. 41 m. w. N., LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.01.2020 – L 4 AS 342/18 –, Rn. 35, juris). Eine solche Stellungnahme liegt bislang und auch bezogen auf den für die Prognose maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht vor.

Soweit der Kläger vom Beklagten Einsicht in seine „Personalakte“ begehrt und damit die bei der Beklagten geführten Akten meint, ist keine diese Einsichtnahme ablehnende Entscheidung des Beklagten ersichtlich, weshalb eine Verurteilung hierzu ausscheidet.

Soweit der Kläger sinngemäß die Löschung eines ihn belastenden Aktenvermerks über ein angeblich negatives Bewerbungsverhalten, verbunden mit der Drohung der Kürzung/Streichung von Leistungen verlangt, ist dies ebenfalls nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, da hierfür ein Vorverfahren nicht durchgeführt wurde. Unabhängig davon, dass sich ein solcher Vorgang in der dem Senat vorgelegten Akte nicht findet, liegt eine ablehnende Entscheidung über die Löschung eines solchen Vermerkes nicht vor.

Der erstmals im Berufungsverfahren gestellte Antrag, festzustellen, dass die Akte gefälscht sei, war abzulehnen, nachdem der Senat eine Fälschung, insbesondere bezogen auf die hier streitigen Sachverhalte, nicht festzustellen vermochte, unabhängig davon, dass die Voraussetzungen einer zulässigen Klageänderung nicht vorliegen (§ 153 Abs. 2, § 99 SGG).

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers auch im Berufungsverfahren.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
Saved