S 12 KA 305/21 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 305/21 ER
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen kann zur Deckung des Gesamtaufwandes des ärztlichen Bereitschaftsdienstes eine Kostenbeteiligung der Privatärzte vorsehen. 
2. Eine Beitragszahlung in Höhe von insgesamt 7.500 € für zehn Quartale bedeutet, soweit es an einem entsprechenden Vortrag fehlt, für einen Arzt keine unbillige Härte, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen könnte. 

1.    Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 02.12.2021 wird abgelehnt. 

2.    Der Antragssteller hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3.    Der Streitwert wird auf 1.875 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten in einem einstweiligen Anordnungsverfahren um die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen Beitragsfestsetzungen für den ärztlichen Bereitschaftsdienst der Antragsgegnerin (im Folgenden ÄBD) für die Jahre 2019 bis 2021 in Höhe von 1.500 €, 3.000 € und 3.000 € bzw. in Höhe von insgesamt 7.500 €. 

Der Antragsteller ist als Arzt niedergelassen mit Praxissitz in A-Stadt. Er ist ausschließlich privatärztlich tätig und kein Mitglied der Antragsgegnerin. 

Mit Bescheid vom 18.09.2019 setzte die Antragsgegnerin Beiträge zur Finanzierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes für die Quartale III und IV/2019 in Höhe von insgesamt 1.500,00 € fest. 

Hiergegen legte der Antragsteller unter Datum vom 16.10.2019 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 09.03.2020 setzte die Antragsgegnerin Beiträge zur Finanzierung des ÄBD für die für die Quartale I bis IV/20 in Höhe von insgesamt 3.000,00 € fest. 

Hiergegen legte der Kläger unter Datum vom 25.03.2020 Widerspruch ein. 

Mit Bescheid vom 06.10.2021 setzte die Antragsgegnerin Beiträge zur Finanzierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes für die Quartale I bis IV/21 in Höhe von insgesamt 3.000,00 € fest. 

Hiergegen legte der Kläger unter Datum vom 26.10.2021 Widerspruch ein. 

Zur Begründung seiner Widersprüche trug der Kläger vor, dass sich aus dem Heilberufsgesetz keine Verpflichtung zur Teilnahme an dem ÄBD der Antragsgegnerin ergebe. Im Heilberufsgesetz sei geregelt, dass Privatärzte berufsrechtlich zum Notfalldienst verpflichtet seien. Es finde sich indes kein Wort darüber, dass dies durch Einbeziehung in den ÄBD erfolge. Das gesamte Satzungsrecht sei, sofern es für Privatärzte in Anspruch genommen werde, unwirksam. Dies betreffe insb. § 8 Abs. 3 BDO. Durch Satzungsrecht könne nicht die aufschiebende Wirkung der Widersprüche aufgehoben werden. 

Die Antragsgegnerin sah zunächst von der Vollstreckung der Beitragsbescheide bis zum 31.12.2020 ab. Die Antragsgegnerin erinnerte dann mit Schreiben vom 25.10.2021 und 17.11.2021 an die Beiträge für die Jahre 2019 und 2020 in Höhe von insgesamt 4.500,00 €. 

Die Antragsgegnerin lehnte mit Bescheid vom 18.11.2021 den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Bescheide über die Höhe des zur Finanzierung des ÄBD zu leistenden Beitrages für die Quartale III/19 bis IV/21 ab. 

Den mit Schreiben vom 04.12.2020 gestellten Antrag auf prozentuale Beitragsbemessung gem. § 8 Abs. 3 BDO lehnte die Antragsgegnerin mangels Erbringung eines Nachweises über das jeweilige Jahresbruttoeinkommen trotz mehrfacher Erinnerung mit Bescheid vom 15.09.2021 für die Quartale III/19 und IV/19 und mit weiterem Bescheid vom 15.09.2021 für die Quartale I bis IV/20 ab. Hiergegen legte der Antragsteller keinen Widerspruch ein. 

Der Antragsteller hat am 02.12.2021 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich der Beitragsbescheide für die Jahre 2019 bis 2021 (Quartale III/19 bis IV/21) gestellt. Er trägt vor, beim Sozialgericht Marburg liefen Musterverfahren, in denen geklärt werden solle, ob die Antragsgegnerin von ihm überhaupt Beiträge zur Finanzierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes verlangen könne und ggf. in welcher Höhe. Sowohl die 11. als auch die 12. Kammer des Sozialgerichts Marburg hätten im Rahmen der Musterverfahren bereits umfassende rechtliche Hinweise erteilt, wonach erhebliche Bedenken bestünden, dass die Beitragsbemessung im Rahmen der reinen privatärztlichen Tätigkeit unterschiedlich erfolge, als bei den Vertragsärzten, die neben der vertragsärztlichen Praxis eine privatärztliche Praxis betrieben. Es bestünden Bedenken, dass die umsatzbezogene Beitragsfestsetzung entsprechend den Bescheiden durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verboten sei. Damit sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig. Der Erfolg des Rechtsbehelfs sei damit auch wahrscheinlicher als sein Misserfolg. Es komme nicht darauf an, dass die Kammern noch keine Entscheidung in der Sache getroffen hätten. Eine „unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte“ müsse nicht zusätzlich vorliegen. Vor dem Hintergrund verfassungswidriger Bescheide müsse keine Interessenabwägung durchgeführt werden. Wenn er nunmehr unter dem Druck der drohenden Vollstreckung der Beitragsbescheide Zahlungen unter dem Vorbehalt der rechtlichen Überprüfung leiste, sei er gleichzeitig zur Rückforderungsklage gezwungen, im Rahmen derer wiederum die Rechtmäßigkeit der Bescheide zu überprüfen wäre. Hier werde nicht davon ausgegangen, dass vor Eintreten der Verjährung Grundsatzentscheidungen ergehen würden. Die Antragsgegnerin habe nicht substantiiert dargelegt, welches öffentliche Interesse entgegenstehen sollte, noch sei es glaubhaft gemacht. 

Der Antragsteller beantragt, 

die aufschiebende Wirkung seiner Widersprüche vom 16.10.2019, 25.03.2020 und 26.10.2021 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 18.09.2019, 09.03.2020 und 06.10.2021 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 86b SGG anzuordnen, zumindest bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache. 

Die Antragsgegnerin beantragt, 

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

Sie trägt vor, der Antrag sei unbegründet, da nach Abwägung des Vollzugsinteresses gegen das Suspensivinteresse des Antragstellers Ersteres überwiege. Maßgebend sei die Erfolgsaussicht in der Hauptsache. Die angegriffenen Bescheide seien nach summarischer Prüfung nicht offensichtlich rechtswidrig, sodass das Vollzugsinteresse überwiege. Es bestünden aus ihrer Sicht keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsbescheide. Der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache sei bei summarischer Prüfung nicht wahrscheinlicher als sein Misserfolg. Wirksame Rechtsgrundlage für die streitgegenständlichen Bescheide sei § 23 Nr. 2 HessHeilberG i.V.m. § 8 Abs. 3 BDO. Das grundsätzliche Bestehen der Beitragspflicht für Privatärzte sei bereits mit Gerichtsbescheid des SG Marburg als rechtmäßig erachtet worden. Aufgrund der noch ungeklärten Rechtslage sei nicht von einer Interessenabwägung bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im hiesigen Eilrechtsschutzverfahren abzusehen. Die Vollziehung der Beitragsbescheide hätte keine unbillige, nicht durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gebotene Härte zur Folge. Der Vortrag des Antragstellers enthalte insoweit keine Angaben. Eine Unzumutbarkeit sei weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. 

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG).

Der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit ist für Streitigkeiten über die Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV Hessen einschließlich der Verpflichtung zur Kostenbeteiligung aufgrund ausschließlich nichtvertragsärztlicher (privatärztlicher) Tätigkeit eröffnet. Mit der Änderung des § 23 hessisches Heilberufsgesetz und deren Umsetzung durch § 26 Berufsordnung ist die Organisation (auch) der Mitwirkung von Nichtvertragsärzten am Bereitschaftsdienst vollständig zu einer Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung gemacht worden (vgl. BSG, Beschl. v. 05.05.2021 - B 6 SF 1/20 R - juris sowie - B 6 SF 2 bis 12/20 R - juris). 

Der Antrag ist aber unbegründet. 

Widerspruch und Klage gegen die strittigen Beitragsbescheide Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung. 

Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage entfällt bei der Entscheidung über Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG). 

Die von dem Antragsteller erhobenen Beiträge dienen der Deckung des Gesamtaufwandes für den ÄBD (§ 8 Abs. 3 Satz 1 der maßgeblichen Bereitschaftsdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der von der Vertreterversammlung am 25.05.2013 beschlossenen Fassung, geändert durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 14.12.2013, 17.05.2014, 11.10.2014, 13.12.2014, 10.10.2015, 12.12.2015, 02.07.2016, 03.12.2016, 11.03.2017, 02.12.2017, 27.10.2018 und 30.03.2019 <im Folgenden: BDO>). Insofern handelt es sich um die Anforderung von Beiträgen i. S. d. § 85 Abs. 2 Nr. 1 SGG und entfällt die aufschiebende Wirkung der Widersprüche. 

Bei der Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Klage anzuordnen ist, sind in einem ersten Prüfungsschritt die Erfolgsaussichten der Klage einer summarischen Prüfung zu unterziehen. Je größer die Erfolgsaussichten der Klage sind, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Je geringer umgekehrt die Erfolgsaussichten der Klage zu bewerten sind, umso schwerwiegender muss das Interesse des Adressaten des Verwaltungsakts an der aufschiebenden Wirkung sein, um eine Aussetzung rechtfertigen zu können. Offensichtlich rechtmäßige Verwaltungsakte können in der Regel sofort vollzogen werden, während an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte grundsätzlich kein legitimes Interesse besteht. Kann eine endgültige Prognose bezüglich der Erfolgsaussichten (noch) nicht gestellt werden, müssen die für und wider die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen werden (vgl. LSG Bayern, Beschl. v. 30.07.2009 - L 12 B 1074/08 KA ER - juris Rdnr. 16). Zu berücksichtigen sind außerdem sondergesetzlich geregelte Prüfungsmaßstäbe, wie z. B. das Erfordernis ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bei der Anforderung von Beiträgen und sonstigen öffentlichen Abgaben (§ 86a Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 SGG) oder gesetzliche Wertungen, die dem öffentlichen Vollziehungsinteresse im Einzelfall generell den Vorrang einräumen. Letzteres ist vor allem dann anzunehmen, wenn Widerspruch und Anfechtungsklage (schon) kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung haben, der Aufschub der Vollziehung also entgegen § 86a Abs. 1 SGG nicht den Regel-, sondern den Ausnahmefall darstellt. Schließlich muss das Gericht immer bedenken, welche nachteiligen Folgen dem Antragsteller aus der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, vor allem für seine grundrechtlich geschützten Rechtspositionen erwachsen und ob bzw. wie diese ggf. rückgängig gemacht werden können. Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 2 GG) im besonderen sind vor Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren als Präventivmaßnahme nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig; die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht nicht aus. Außerdem darf der Rechtsschutzanspruch (Art. 19 Abs. 4 GG) gegenüber dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug einer Maßnahme umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.01.2011 - L 5 KA 3990/10 ER-B - juris Rdnr. 58; LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009 - L 4 KA 70/09 B ER - juris Rdnr. 35; LSG Hessen, Beschl. v. 02.08.2011 - L 4 KA 29/11 B ER -, Umdruck S. 8 f.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.01.2011 - L 5 AS 452/10 B ER - juris Rdnr. 38; BVerfG, Kammerbeschl. v. 15.04.2010 - 1 BvR 722/10 - juris Rdnr. 20).

Insbesondere dann, wenn die Prüfung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsaktes in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren besonders schwierig oder ohne weitere Ermittlungen nicht möglich ist, weil sie von der Klärung komplizierter Rechtsprobleme, etwa von einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm abhängt, die Entscheidung nur auf der Grundlage einer weiteren Sachaufklärung möglich ist, insbesondere die Anhörung der Beteiligten, von Zeugen oder die Beiziehung von Akten oder weiterer Unterlagen erfordert oder der Erörterung des Falles in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der sachkundigen ehrenamtlichen ärztlichen Beisitzer bedarf, können die Sozialgerichte auf die summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes verzichten. In einem solchen Fall ist der Erfolg eines Widerspruchs oder einer Klage regelmäßig ebenso wahrscheinlich wie ihr Misserfolg, so dass es für ein Obsiegen in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes darauf ankommt, ob Widerspruch und Klage nach der Entscheidung des Gesetzgebers kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zukommen soll oder nicht. Ist die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes ausgeschlossen, kann ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGB V nur dann Erfolg haben, wenn die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 14.03.2008   L 7 B 10/08 KA ER – juris Rdnr. 2; LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2009   L 4 KA 70/09 B ER - juris Rdnr. 35).

Von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Rückforderungsbescheide kann nicht ausgegangen werden. 

Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist grundsätzlich Aufgabe aller Ärzte. Dies gilt auch für seine Finanzierung.

Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Klägers zur Kostenbeteiligung am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Beklagten ist § 23 Nr. 2 HessHeilberG i. V. m. § 8 Abs. 3 BDO. 

§ 23 Nr. 2 HessHeilberG verpflichtet die Ärzte in eigener Praxis, was beim Antragsteller der Fall ist, am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen teilzunehmen und sich an den Kosten des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zu beteiligen. Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 15 Zehntes Gesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes vom 19.12.2016 (GVBl. Nr. 23 vom 27.12.2016 S. 329) neu eingefügt und trat zum 28.12.2016 in Kraft (Art. 2 Zehntes Gesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes). Nach der Entwurfsbegründung soll mit der Änderung die Möglichkeit eröffnet werden, dass auch ausschließlich privatärztlich niedergelassene Ärzte verpflichtend am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen teilnehmen und sich auch an den dabei entstehenden Kosten zu beteiligen haben (vgl. LTag-Drs. 19/3742, S. 5). 

Mit § 23 Nr. 2 HessHeilberG hat der hessische Landesgesetzgeber eine ausdrückliche Verpflichtung aller niedergelassenen Ärzte, auch soweit sie ausschließlich privatärztlich tätig sind, zur Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und zur Kostenbeteiligung geschaffen und insoweit die Satzungsbefugnis der Landesärztekammer eingeschränkt. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb dies vom Gestaltungsspielraum des hessischen Landesgesetzgebers nicht gedeckt sein sollte. Insofern hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass aufgrund der bereits bei ihr bestehenden Strukturen, sowohl hinsichtlich der Ermittlung des Finanzierungsbedarfs als auch der weiteren Verwaltungstätigkeiten, eine Konzentration des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes bei ihr erfolgen sollte. Verfassungsrechtliche Garantien sind für diese Bereiche nicht ersichtlich. Letztlich handelt es sich um Organisationsrecht, für die ein weiter Gestaltungsspielraum auch des Landesgesetzgebers besteht. 

§ 24 HessHeilberG gestaltet den verbliebenen Satzungsspielraum der Landesärztekammer weiter aus. Danach regelt das Nähere zu § 23 die Berufsordnung. Sie hat insbesondere zu § 23 Nr. 2 vorzusehen, dass die Teilnahmeverpflichtung nur für einen bestimmten regionalen Bereich gilt und von ihr aus wichtigem Grund, insbesondere wegen körperlicher Behinderung oder außergewöhnlicher familiärer Belastung sowie wegen Teilnahme an einem klinischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung, auf Antrag ganz, teilweise oder vorübergehend befreit werden kann. 

§ 24 HessHeilberG ist offensichtlich nicht an die Änderung durch Art. 1 Nr. 15 Zehntes Gesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes angepasst worden und blieb unverändert. Der Verweis in § 24 Satz 2 HessHeilberG ist insofern unvollständig, als die alte Nr. 2 des § 23 HessHeilberG die Notdienstverpflichtung für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte vorsah. Demgegenüber wird die Notdienstverpflichtung der Ärzte nunmehr in Nr. 2 und die der Zahnärzte und Tierärzte in Nr. 3 geregelt. Es ist kein Grund ersichtlich, dass § 24 Satz 2 HessHeilberG nicht mehr für Zahnärzte und Tierärzte gelten soll. Als Folgeregelung hätte deshalb ein Verweis auch auf Nr. 3 des § 23 in § 24 Satz 2 HessHeilberG aufgenommen werden müssen. Möglicherweise wollte der Landesgesetzgeber die Teilnahmepflicht für Ärzte vollständig aus der weiteren Satzungsautonomie der Landesärztekammer herausnehmen. Dann hätte zumindest in § 24 Satz 2 HessHeilberG der Verweis nunmehr auf § 23 Nr. 3 HessHeilberG begrenzt werden müssen. Möglicherweise wollte es der Landesgesetzgeber aber wie zuvor bei der weiteren Zuständigkeit der Landesärztekammer für die Einteilung und Befreiung vom Ärztlichen Bereitschaftsdienst belassen, wovon nach dem Wortlaut der Vorschrift auszugehen ist. Dann würde § 23 Nr. 2 HessHeilberG zwingend nur die dort genannten Grundlagen vorgeben und § 24 HessHeilberG der Landesärztekammer die Befugnis zu Ausführungsvorschriften belassen. In diesem Sinn werden von den Körperschaften § 23 Nr. 2 und § 24 HessHeilberG offensichtlich verstanden. 

So wiederholt § 26 Abs. 1 Satz 1 BO die gesetzliche Verpflichtung. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, am ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen teilzunehmen. § 26 Abs. 1 Satz 2 BO sieht eine Befreiung von der Teilnahme vor. § 26 Abs. 1 Satz 3 BO überträgt die Entscheidungsbefugnis zur Befreiung auf die Kassenärztliche Vereinigung Hessen. § 26 Abs. 2 Satz 1 BO sieht die Geltung der BDO in einer bestimmten Fassung ausdrücklich vor. Danach ist für die Einrichtung und Durchführung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Einzelnen für alle nach § 23 des Heilberufsgesetzes verpflichteten Berufsangehörigen die Bereitschaftsdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der von der Vertreterversammlung am 25.05.2013 beschlossenen Fassung, in Kraft getreten am 01.10.2013, zuletzt geändert am 27.10.2018, maßgebend. In Ausführung zu § 24 Satz 2 HessHeilberG gilt nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BO die Verpflichtung zur Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst für die von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen festgelegten Bezirke des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes. 

Die Frage, wie dieses offensichtliche Redaktionsversehen zu § 24 HessHeilberG zu bewerten ist, kann hier aber letztlich dahinstehen, da Fragen der Teilnahmeverpflichtung oder Befreiung vom Ärztlichen Bereitschaftsdienst nicht Gegenstand des Verfahrens sind und jedenfalls mit § 23 Nr. 2 HessHeilberG die Beitragspflicht und damit auch die Beitragsgestaltung auf die Kassenärztliche Vereinigung Hessen übertragen wurde.

Von daher bedarf es nicht zwingend einer Regelung der Landesärztekammer zur Umsetzung dieser Beitragsverpflichtung, sondern ist dieser Gegenstand aufgrund des § 23 Nr. 2 HessHeilberG weitgehend ihrer Satzungsgewalt entzogen. Letztlich kann dies aber dahinstehen, da § 26 Abs. 2 Satz 1 BO ausdrücklich auf die BDO verweist. Ein solcher Verweis verstößt jedenfalls nicht gegen § 23 Nr. 2, § 24 HessHeilberG. 

Eine Befreiung von der Beitragspflicht ist nicht vorgesehen. 

Das Heilberufsgesetz unterscheidet nach den genannten Regelungen zwischen der Pflicht zur Teilnahme und der Pflicht zur Kostenbeteiligung am Ärztlichen Bereitschaftsdienst. Nur hinsichtlich der Pflicht zur Teilnahme sieht das Heilberufsgesetz eine Befreiungsmöglichkeit vor (§ 26 Abs. 1 Satz 2 HessHeilberG), nicht jedoch hinsichtlich der Pflicht zur Kostenbeteiligung. Von daher bedürfte es einer gesonderten Vorschrift zur Befreiung auch von der Pflicht zur Kostenbeteiligung. 

Der einzelne niedergelassene Arzt ist grundsätzlich verpflichtet, für die Betreuung seiner Patienten in dem Umfange Sorge zu tragen, wie es deren Krankheitszustand erfordert (vgl. § 26 Abs. 3 BO). Der niedergelassene Arzt muss daher ggf. auch in den sprechstundenfreien Zeiten seine Patienten versorgen. Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung ist nicht auf gewisse Zeiträume (z. B. Sprechstunden, Werktage) beschränkt, sondern muss auch in zeitlicher Hinsicht umfassend sein („rund um die Uhr“). Die Erfüllung dieser Aufgabe macht es, wenn nicht anderweitig vorgesorgt, erforderlich, für bestimmte Zeiten (insb. für die Wochenenden) einen Notfallvertretungsdienst zu organisieren. Hierbei handelt es sich um eine gemeinsame Aufgabe aller Ärzte, weshalb § 23 Nr. 2 HessHeilberG und § 26 Abs. 1 Satz 1 BO alle niedergelassenen Ärzte verpflichten, am ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen teilzunehmen. Der ärztliche Bereitschaftsdienst entlastet den einzelnen Arzt von der Versorgung seiner eigenen Patienten in den Zeiten, in denen er eingerichtet ist (vgl. VG Gelsenkirchen v. 20.11.2013 - 7 K 4877/11 - juris Rdnr. 51 ff.). Von daher ist der ärztliche Bereitschaftsdienst grundsätzlich Aufgabe aller Ärzte. § 24 Abs. 1 Satz 2 HessHeilberG sieht eine Befreiung eines Arztes vom ärztlichen Bereitschaftsdienst nur aus wichtigem Grund bzw. § 26 Abs. 1 Satz 2 BO nur aus schwerwiegenden Gründen vor. Dies schützt den einzelnen Arzt, wenn schwerwiegende Gründe einer Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst entgegenstehen, er aber dennoch seine Praxis versehen kann. Die Befreiung von der Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst führt aber nur dazu, dass der befreite Arzt nicht selbst am ärztlichen Bereitschaftsdienst teilnehmen muss. Der ärztliche Bereitschaftsdienst bleibt weiterhin Aufgabe aller niedergelassenen Ärzte, so dass auch der befreite Arzt zur Finanzierung herangezogen werden kann. Die Umlage ist dazu bestimmt, die Kosten des Vorteils zu decken, den der einzelne Arzt aus der Durchführung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes hat (vgl. VG Gelsenkirchen v. 20.11.2013 - 7 K 4877/11 - juris Rdnr. 59 ff.).

Die Heranziehung auch von Privatärzten durch die genannte Vorschrift und die weitergehenden Konkretisierungen durch Berufsordnung und BDO ist mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar und deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich. Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, die Privatärzte von der Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung außerhalb der regulären Praxiszeiten auszunehmen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn sämtliche niedergelassene Ärzte am allgemeinen Notfalldienst teilzunehmen haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.2013 - 3 B 35.13 - juris Rdnr. 3; VG Düsseldorf, Gerichtsb. v. 21.11.2016 - 7 K 3288/16 - juris Rdnr. 24 jeweils m.w.N.). 

Entsprechend kann die Beklagte nach § 8 Abs. 2 BDO zur Deckung des Gesamtaufwandes eine jeweils einheitliche Umlage (Mitgliederumlage) erheben und in § 8 Abs. 3 BDO eine Kostenbeteiligung der Privatärzte vorsehen. Die Möglichkeit einer vollständigen Befreiung von der Kostenbeteiligung besteht nach den Vorgaben der Bereitschaftsdienstordnung nicht. Bei Privatärzten wird grundsätzlich abweichend von Abs. 2 zur Deckung des Gesamtaufwandes nach Abs. 4 zusätzlich zu den Erträgen nach Abs. 1 als pauschaler ÄBD-Beitrag die Hälfte des in Abs. 2 genannten Höchstbeitrages je Quartal erhoben. Das Beitragsjahr beginnt jeweils zum 1. Januar eines Kalenderjahres. Näheres regelt der Vorstand. Auf Antrag kann für das jeweilige Beitragsjahr abweichend von Satz 1 bei der Beitragserhebung der prozentuale Abzug nach Abs. 2 zugrunde gelegt werden. Als Bezugsgröße für die prozentuale Beitragsberechnung wird das Jahresbruttoeinkommen aus ärztlicher Tätigkeit aus dem Kalenderjahr herangezogen, das zum Zeitpunkt des aktuellen Beitragsjahres zwei Jahre zurückliegt (Vor-Vorjahr). Vom Antragsteller ist dem Antrag als Nachweis der entsprechende Einkommensteuerbescheid beizufügen. In besonderen Fällen kann der Vorstand auf Antrag entscheiden, dass eine abweichende Bezugsgröße für den Einzelfall berücksichtigt wird. 

Die Beitragsbemessung erfolgt allerdings insofern unterschiedlich, als die privatärztliche Tätigkeit der Vertragsärzte, die den gleichen Regeln wie die Tätigkeit der ausschließlich privatärztlich tätigen Ärzte unterliegt, unberücksichtigt bleibt. Insofern führen sie rechtlich neben der vertragsärztlichen Praxis eine privatärztliche Praxis (vgl. BSG, Urt. v. 28.05.2008 - B 6 KA 9/07 R - BSGE 100, 254 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 42, juris Rdnr. 35 u. 46; BSG, Urt. v. 14.05.1997 - 6 RKa 25/96 - BSGE 80, 223 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 22, juris Rdnr. 33; BT-Drs. 15/1525, S. 112, zu Nr. 80 c <§ 103>). Während dies für die grundsätzliche Heranziehung zum Ärztlichen Bereitschaftsdienst ohne Bedeutung ist, da bereits aus dem Status als Vertragsarzt diese Verpflichtung folgt, kann dies für eine umsatzbezogene Beitragsfestsetzung von Bedeutung sein (vgl. bereits SG Marburg, Gerichtsb. v. 08.06.2020 - S 12 KA 304/19 - juris Rdnr. 20 ff., Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 18/20 -).  

Zu den für das öffentliche Abgabenrecht geltenden Maßstäben gehören das Kostendeckungsprinzip, das Äquivalenzprinzip sowie der Gleichheitsgrundsatz. Diese Grundsätze beanspruchen für alle Formen der Abgabenerhebung gleichermaßen Geltung. Nach dem Kostendeckungsprinzip dürfen keine Beiträge verlangt werden, die zur Finanzierung der (speziellen) Verwaltungsaufgaben nach Grund oder Höhe nicht erforderlich sind. Das Äquivalenzprinzip - als Ausdruck des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - erfordert, dass zwischen der Höhe des Beitrags und dem Nutzen des Beitragspflichtigen ein Zusammenhang besteht. Hierfür genügt, dass die Beitragshöhe nicht in einem groben Missverhältnis zu den Vorteilen steht, die der Beitrag abgelten soll. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches ohne zureichende sachliche Gründe ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln; im Rahmen einer vorteilsbezogenen Bemessung der Abgaben bedeutet dies, dass die Beiträge auch im Verhältnis der Beitragspflichtigen zueinander grundsätzlich vorteilsgerecht zu bemessen sind (vgl. BSG, Urt. v. 30.10.2013 - B 6 KA 1/13 R - SozR 4-2500 § 81 Nr. 8, juris Rdnr. 22 f. m.w.N.). 

Eine Kassenärztliche Vereinigung muss im Rahmen der ihr zukommenden Satzungsautonomie die für das öffentliche Beitrags- und Gebührenrecht geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe, insbesondere das Äquivalenzprinzip, beachten. Letzteres erfordert, dass zwischen der Höhe des Beitrags und dem Nutzen des Beitragspflichtigen ein Zusammenhang besteht. Hierfür genügt, dass die Beitragshöhe nicht in einem groben Missverhältnis zu den Vorteilen steht, die der Beitrag abgelten soll. Das Äquivalenzprinzip gilt auch bei der Heranziehung von Nichtvertragsärzten zu einem Kostenbeitrag. Soweit die Nichtvertragsärzte sich dem Regime der für die Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen bestehenden Regelungen unterstellen - oder wie hier unterstellt sind -, gelten für belastende Regelungen dieselben materiell-rechtlichen Maßstäbe. Auch die Tätigkeit des Nichtvertragsarztes im organisierten Notfalldienst genießt den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BSG, Urt. v. 17.07.2013 - B 6 KA 34/12 R - SozR 4-2500 § 81 Nr. 6, juris Rdnr. 20). 

Insofern könnte eine Ungleichbehandlung darin bestehen, dass die Umsätze der Vertragsärzte aus der privatärztlichen Tätigkeit nicht herangezogen werden. Gründe hierfür werden von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Diese Frage betrifft aber die Beitragshöhe, nicht jedoch die grundsätzliche Beitragspflicht. Die Frage der Höhe des Beitrags und damit die Frage, ob eine Ungleichbehandlung vorliegt und welche Folgerungen hieraus ggf. zu ziehen sind, muss dem Hauptsachverfahren vorbehalten bleiben. 

Soweit der Antragsteller zutreffend auf bisher geäußerte Bedenken des Sozialgerichts an der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung hinweist, fehlt es aber an einer Entscheidung des Sozialgerichts bzw. erst recht an einer höherinstanzlichen Entscheidung. Angesichts der noch nicht geklärten Rechtslage kann daher nicht vollständig von einer Interessenabwägung abgesehen werden (vgl. bereits SG Marburg, Beschl. v. 20.12.2021 - S 11 KA 293/21 ER -). Nach Aktenlage ist nicht ersichtlich, dass die Beitragszahlung für den Antragsteller eine unbillige Härte zur Folge hätte. Insofern kann ihm zugemutet werden, zunächst eigenes Vermögen einzusetzen. Es wird nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich, dass ihm dies unzumutbar wäre. Zudem beziehen sich die Bedenken des Sozialgerichts nicht gegen eine Beitragserhebung unter Einschluss der Privatärzte als solche, sondern nur auf eine unterschiedliche Behandlung von Vertrags- und Privatärzten. 

Entscheidungen der Gerichte im einstweiligen Anordnungsverfahren dürfen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.04.2010 - 1 BvR 216/07 - BVerfGE 126, 1, juris Rdnr. 64). Jedoch stellt die Garantie effektiven Rechtsschutzes besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.03.2020 - 2 BvR 2051/19 - juris Rdnr. 24). 

Die strittigen Beitragsbescheide treffen den Antragsteller lediglich in seiner Vermögenssphäre. Er hat nicht dargetan, dass ihm die Erfüllung der Beitragsschuld unzumutbar wäre. Sollte nach Abschluss der Musterverfahren feststehen, dass die Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, so hat der Antragsteller einen Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Beiträge. Es ist nichts ersichtlich, dass die Antragsgegnerin dann dazu nicht in der Lage sein sollte. Der Antragsteller hat lediglich in Vorleistung zu gehen, was auch der gesetzlichen Anordnung im Regelfall entspricht. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb ihm dies nicht zumutbar sein sollte. 

Nach allem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil hat die Verfahrenskosten zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden. 

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der Streitwert für ein Hauptsacheverfahren wäre in Höhe des strittigen Berichtigungsbetrages festzusetzen. Hiervon war ¼ für das einstweilige Anordnungsverfahren zu nehmen. 

Rechtskraft
Aus
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