S 15 AS 701/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 15 AS 701/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 361/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

1.    Die Klage wird abgewiesen.

2.    Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von SGB II-Leistungen als Zuschuss anstelle darlehensweiser Gewährung im Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.03.2012.

Der 1961 geborene Kläger zu 1) bezog von dem Beklagten zunächst mangels Erwerbsfähigkeit Leistungen nach dem SGB XII und nach dem Zuzug der Klägerin zu 2) ab dem 20.09.2010 in Bedarfsgemeinschaft mit dieser Sozialgeld. Bei einer Vorsprache am 22.02.2011 teilte der Kläger zu 1) dem Beklagten mit, dass seine Mutter 2010 verstorben sei und er deren bereits von ihm bewohntes Haus als Alleinerbe geerbt habe. Bei dem Haus handelt es sich um eine alte Hofreite mit 2-stöckigem Fachwerkhaus, einem kleinen Anbau neueren Datums und Scheune und Stallungen im Verfall unter Denkmalschutz. Die Grundstücksfläche beträgt ca. 1145 m² und die Grundfläche des Wohnhauses 74 m². Bei dem Haus handelt es sich um ein Einfamilienhaus. Aufgrund des Grundrisses sind keine in sich abgeschlossenen Wohnungen möglich.

In der Folgezeit erfolgte durch den Beklagten die Anforderung von Unterlagen zur Klärung der Vermögenssituation des Klägers zu 1). Mit Schreiben vom 01.04.2011 informierte der Beklagte die Klägerin zu 2), dass Leistungen lediglich darlehensweise gewährt werden können. Die Wertermittlung des Vermögens werde von Amts wegen durch den Beklagten erfolgen.

Mit Bescheid vom 01.04.2011 erfolgte sodann die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II durch den Beklagten für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 30.09.2011 als Darlehen unter Hinweis auf § 23 Abs. 5 SGB II. Der Kläger zu 1) erhielt Unterlagen zur Eintragung einer Sicherungshypothek über 20.000 €. Der Kläger zu 1) erklärte jedoch gegenüber dem Beklagten persönlich am selben Tage, dass er eine darlehensweise Gewährung nicht akzeptieren wolle. Der Beklagte lehnte sodann mit Bescheid vom 01.04.2011 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Leistungsgewährung komme aufgrund anrechenbaren Vermögens zunächst nur darlehnsweise in Betracht. Diese Form der Gewährung habe der Kläger zu 1) in dem heutigen Gespräch abgelehnt. Somit sei der Antrag insgesamt abzulehnen. Nach einer Vorsprache am 05.04.2011 erklärte sich der Kläger zu 1) jedoch zunächst mit der darlehensweisen Gewährung einverstanden. Der Beklagte händigte dem Kläger sodann einen Scheck für die Leistungen des Monats April 2011 aus.

Mit Bescheid vom 18.04.2011 änderte der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 01.04.2011 für den Zeitraum 01.04.2011 bis 30.09.2011 hinsichtlich der Höhe der Regelsätze ab. Mit Bescheid vom 24.05.2011 änderte der Beklagte den Bescheid vom 01.04.2011 wegen Änderung der Hauslasten, Heizkostenabschläge und freiwilliger Krankenversicherung des Klägers zu 1) erneut ab.

Mit Schreiben vom 10.06.2011 beantragte der Beklagte zur Sicherung der Ansprüche beim Amtsgericht Frankfurt Außenstelle Höchst, Grundbuchamt, die Eintragung einer Höchstbetragssicherungshypothek in Höhe von 20.000 €. Die Eintragungsbewilligung des Klägers zu 1) legte der Beklagte vor.

Der Beklagte forderte im Wege der Amtshilfe eine Auskunft aus der Kaufpreissammlung beim Gutachterausschuss für Immobilienwerte für den Bereich des Main-Taunus-Kreises an. Mit Schreiben vom 14.07.2011 teilte der Gutachterausschuss mit, dass nach der Auskunft aus der Kaufpreissammlung von einem Mittelwert i.H.v. 257.500 € bei einer Spanne von 155.000 € - 360.000 € ausgegangen werden könne.

Mit Bescheid vom 04.08.2011 änderte der Beklagte den Bescheid vom 01.04.2011 für den Monat August 2011 erneut hinsichtlich der Heizkosten ab und gewährte eine Nachzahlung als Darlehen i.H.v. 18,40 €.

Am 07.09.2011 legte der Kläger zu 1) gegen den Bescheid vom 04.08.2011 Widerspruch ein.

Am 21.09.2011 beantragten die Kläger die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 28.09.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis 31.03.2012 als Darlehen wegen verwertbaren Vermögens.

Mit Schreiben vom 27.10.2010 legten die Kläger Widerspruch zu dem Bescheid vom 28.09.2011 ein und begründeten auch ihren Widerspruch vom 07.09.2011. Die Kläger führten aus, die Wohnimmobilie habe einen Wert von 130.000 € und gehöre im Übrigen zum Schonvermögen. Es bestehe keine Verwertbarkeit, da das denkmalgeschützte Haus nicht abgerissen werden dürfe und das Grundstück nicht weiter bebaut werden könne. Die Kläger seien demnach hilfebedürftig und hätten kein verwertbares Vermögen. Sie begehren die Bewilligung der Leistung als Beihilfe und die Löschung der Grundschuld.

Mit Änderungsbescheid vom 04.11.2011 änderte der Beklagte den Bescheid vom 28.09.2011 ab dem 01.10.2011 wegen der Berücksichtigung der Schornsteinfegerabrechnung ab. Mit Änderungsbescheid vom 12.01.2012 änderte der Beklagte den Bescheid vom 28.09.2011 ab dem 01.01.2012 wegen der Berücksichtigung des Grundbesitzabgabenbescheides für 2012 ab. Mit Änderungsbescheid vom 09.01.2012 änderte der Beklagte den Bescheid vom 28.09.2011 ab dem 01.01.2012 wegen der Berücksichtigung der Änderung der Krankenversicherungsbeiträge ab.

Auf Fortzahlungsantrag der Kläger vom 15.03.2012 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 21.03.2012 Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes als Darlehen für den Zeitraum vom 01.04. bis 30.09.2012.

Der Beklagte veranlasste ein Verkehrswertgutachten zur Wertschätzung der Immobilie. Das Gutachten des Ortsgerichts A-Stadt vom 07.05.2012, welches nach Ortsbesichtigung am 17.04.2012 verfasst wurde, geht von einem Verkehrswert zum 22.02.2012 i.H.v. 235.000 € aus. Das 1145 m² große Grundstück mit Fachwerkhaus mache einen heruntergekommenen Eindruck. Es entspreche nicht den aktuellen Ansprüchen an Wohnungsbau und Stand der Technik. Die Fenster seien einfach verglast. Das Fachwerkhaus bestehe aus Erdgeschoss und Obergeschoss und nicht ausgebautem Dachgeschoss (Speicher). Im Ergebnis handele es sich um eine schlechte Gebäudesubstanz und eine umfangreiche Komplettsanierung sei erforderlich. Das Gutachten geht von einem Bodenwert i.H.v. 273.600 € aus und von einem Sachwert des Gebäudes von 0 €. Aufgrund des Denkmalschutzes sei von einem zumindest teilweisen Erhalt der Gebäude auszugehen. Der Mehraufwand für Maßnahmen des Denkmalschutzes werde mit 150 € pro Quadratmeter Geschossfläche als Minderung in Ansatz gebracht, weshalb von einem Mehraufwand für Denkmalschutz i.H.v. 51.000 € auszugehen sei. Zuzüglich einer 5-prozentigen Marktanpassung sei dann ein Verkehrswert i.H.v. 235.000 € gegeben.

Auf den Fortzahlungsantrag der Kläger vom 18.09.2012 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 21.09.2012 für den Zeitraum vom 01.10.2012 bis 31.03.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II als Darlehen. Auf den weiteren Fortzahlungsantrag vom 21.03.2013 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 22.03.2013 die Leistungen wiederum als Darlehen. Weiter erfolgte der Hinweis, dass die darlehnsweise Bewilligung längstens bis zur Verwertung des Wohnungseigentumes erfolge. Weiter forderte der Beklagte die Kläger auf, spätestens bis zum 30.09.2013 Nachweise über die Bemühungen über die Verwertung der Immobilie (Schreiben an Makler, Immobilienanzeigen etc.) vorzulegen.

Der Beklagte wies den Widerspruch der Kläger gegen die Bescheide vom 04.08.2011 sowie 28.09.2011 mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2013 zurück. Der Kläger zu 1) verfüge über einsetzbares Vermögen im Sinne des § 12 SGB II. Denn dieser sei unbestritten Eigentümer eines bebauten Hausgrundstückes welches von ihm und seiner Lebensgefährtin bewohnt werde. Dass dem Kläger zu 1) gehörende Hausgrundstück unterfalle nicht der Privilegierung nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, denn es handele sich um ein selbstgenutztes Hausgrundstück, sei jedoch nicht angemessen im Sinne der Vorschrift. Der Beklagte verwies insofern auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 2/05 R und führte aus, dass im Regelfall nach den Vorgaben des Wohnungsbaugesetzes ein Grenzwert von 130 m² für einen Vierpersonenhaushalt zu bestimmen sei. Das Bundessozialgericht halte es für angemessen und sachgerecht diese Wohnflächengrenze um jeweils 20 m² pro Person bei einer geringeren Belegung zu reduzieren, wobei die Untergrenze auf 80 m² festzusetzen sei. Übertragen auf die Kläger und das Eigenheim des Klägers zu 1) bedeute dies, dass angemessen im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II eine Wohnflächengrenze von 80 m² sei. Die Kläger bewohnten ein Haus mit einer Wohnfläche von ca. 150-180 m². Damit überschreitet das von den Klägern bewohnte Haus die angemessene Wohnflächengrenze. Da eine derartige Verwertung nicht kurzfristig erfolgen könne, habe der Gesetzgeber in § 24 Abs. 5 SGB II geregelt, dass, sofern dem Leistungsberechtigten ein sofortiger Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigenden Vermögen nicht möglich sei oder für ihn eine besondere Härte bedeuten würde, Leistung als Darlehen zu erbringen sind. Diese Leistungen könnten jedoch davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert werde. Daher sei es gesetzeskonform, dass der Leistungsträger die Absicherung einer Forderung durch Eintragung einer Höchstbetragssicherungshypothek im Grundbuch verlange mit der Folge, dass die Hypothek nicht gelöscht werden könne. Im Übrigen könne den Klägern auch nicht darin zugestimmt werden, dass das von ihnen bewohnte Hausgrundstück allein aufgrund des von ihnen angegebenen Verkehrswertes von allenfalls 130.000 € als geschütztes Vermögen zu betrachten sei. Der Verkehrswert den das Ortsgericht A-Stadt ermittelt habe, sowie die Angaben aus der Kaufpreissammlung belegten, dass ein Markt auch für dieses Hausgrundstück vorhanden sei und es lediglich an dem Kläger zu 1) liege dieses Vermögen zu realisieren. Gleichwohl verkenne der Beklagte nicht, dass ein Verkauf dieses Hausgrundstücks nicht kurzfristig realisierbar sei, daher habe er die Leistungen darlehensweise gewährt.

Hiergegen haben die Kläger am 05.08.2013 Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben und begehren die bewilligten Leistungen gemäß der Bescheide vom 04.08.2011 und 28.09.2011 zuschussweise zu bewilligen. Zur Begründung führen die Kläger ergänzend zu dem Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren aus, der Wert des Gebäudes betrage 0 €, weshalb der Grundstückswert nur theoretischer Natur sei, da das Gebäude saniert werden müsse und nicht abgerissen werden dürfe. Die Verwertung sei nicht möglich und wenn überhaupt nur wertmäßig erheblich unter dem angegebenen Verkehrswert zu erzielen. Die Verwertung wäre damit unwirtschaftlich und eine unbillige Härte. Gemessen an den Kosten, die der Beklagte bei Anmietung einer Wohnung als angemessene Kosten (570 € zuzüglich Heizkosten) berücksichtigen müsse, seien die nunmehr berücksichtigten Kosten der Unterkunft i.H.v. 231,24 € für den Beklagten wesentlich günstiger.

Auf Anfrage des Gerichts legte die Kläger Unterlagen vor, über die Veräußerungsbemühungen vor. Hinsichtlich des Inhalts der Unterlagen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Weiter legte der Kläger eine Bestätigung seiner Hausbank vom 30.07.2014 vor, wonach eine Beleihung der Immobilie nicht in Betracht komme. Am 29.07.2014 fand ein Hausbesuch durch den Beklagten zur Abschätzung der örtlichen Gegebenheiten bezüglich einer Untervermietung statt. Hinsichtlich des Inhalts des Ermittlerberichts vom 30.07.2014 wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Im Ergebnis war man sich danach einig, dass eine Vermietung der Räumlichkeiten nicht in Betracht komme.

In der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2015 überreichte der Kläger Unterlagen des Nachlassgerichts Frankfurt am Main zur Akte. Aus den Unterlagen ergibt sich ein Nachlasswert i.H.v. 203.248,57 €.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 01.04.2011 (geändert durch Bescheide vom 18.04.2011, 24.05.2011 und 04.08.2011) und 28.09.2011 (geändert durch Bescheide vom 04.11.2011, 12.01.2012 und 09.01.2012) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2013 zu verurteilen, die dem Kläger in dem Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.03.2012 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und hält an seiner Rechtsauffassung fest. Er führt aus, dass es zwar zutreffend sein mag, dass eine Beleihung der Immobilie der Kläger durch ein Kreditinstitut nicht möglich sei und auch eine Vermietung an Dritte aufgrund des Zustandes des Anwesens nicht möglich sei, die Kläger aber noch die Möglichkeit des Verkaufs hatten. Die Kläger hätten jedoch zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen sich in dem entscheidungserheblichen Zeitraum von April 2011 bis einschließlich März 2012 ständig, umfassend und ernsthaft um die Verwertung der Immobilien im Sinne des Verkaufs bemüht zu haben. Die von den Klägern vorgelegten Stellungnahmen von zwei Maklern werden insoweit als Beweis für die Behauptung der Unverwertbarkeit der Immobilie als ungeeignet angesehen. Es handele sich lediglich um abstrakte Einschätzungen. Eine konkrete Suche nach Interessenten habe nicht stattgefunden. Es fehle an jeglichen Nachweisen dazu, dass die Kläger oder Makler nach Privatleuten gesucht haben oder dieses Anwesen entsprechend am Markt angeboten hätten. Es solle nicht behauptet werden, dass in einem sechsmonatigen Bewilligungsabschnitt jede Immobilie zu verkaufen wäre. Allerdings sei es gerade bei Nutzung der Internetportale zeitsparend Immobilienverkäufer und Kaufinteressenten zueinander zu bringen und daher auch gut möglich einen Immobilienverkauf innerhalb von sechs Monaten abzuwickeln. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 20.07.2009, Aktenzeichen B 14 AS 42/2007 R besage, dass nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraumes bei fortlaufendem Leistungsbezug erneut und ohne Bindung an die vorangegangene Einschätzung zu überprüfen sei, wie für einen weiteren Bewilligungszeitraum die Verwertungsmöglichkeiten zu beurteilen seien.

Die Kammer hat sodann ein Gutachten nach § 106 SGG bei E., Sachverständiger für Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke eingeholt, welches dieser am 20.06.2016 erstattete. Er kam zu dem Ergebnis, dass sich das derzeit bewohnte Bewertungsobjekt in einem abgängigen Zustand befinde. Eine Revitalisierung erscheine nicht wirtschaftlich sinnvoll. Es bestehe ein erheblicher Instandhaltungs- und Modernisierungsstau. Eine Abbruchgenehmigung durch die zuständige Denkmalschutzbehörde werde daher nicht verweigert. Die Schätzungen beziehen sich daher auf den Bodenwert abzüglich der Abbruchkosten. Der Sachverständige kommt zu einem Liquidationswert i.H.v. 225.000 € zum 01.04.2011 und zu einem Liquidationswert zum 12.11.2015 i.H.v. 320.000 €. Die Befragung der Immobilienmakler habe eine durchschnittliche Vermarktungsdauer von modernisierungsbedürftigen Liegenschaften in A-Stadt von 3-6 Monaten ergeben.

Hierzu haben sich die Kläger geäußert. Das Gutachten mangele an nachvollziehbaren Angaben, die auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der weiteren Nutzung schließen lassen. Die Erteilung der Abbruchgenehmigung komme überhaupt nur in Betracht, wenn im Vergleich zwischen Sanierungskosten und Erträgen nach Sanierung eine Unterdeckung eintreten würde. 

Der Sachverständige hat am 09.06.2017 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben. Er führte aus, dem Eigentümer könne erlaubt werden, das Denkmal aufzugeben, wenn der denkmalpflegerische Mehraufwand die zumutbaren Möglichkeiten des Eigentümers übersteige. Bedingt durch die einfache Bauart und den unterlassenen Instandhaltungsmaßnahmen sei das Ende der wirtschaftlichen Nutzungsdauer der Gebäude erreicht. Eine nachhaltige Nutzung bzw. ein vernünftiger Gebrauch sei im gegenwärtigen Zustand nicht möglich. Eine Marktgängigkeit des Bewertungsobjekts ohne Freilegung der Anbauten auf dem Grundstück sei nicht gegeben. Daher werde die Erteilung der Abbruchgenehmigung unterstellt.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F. und G. in der mündlichen Verhandlung am 28.04.2015. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtakte Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. 

Der Bescheid des Beklagten vom 01.04.2011 (geändert durch Bescheide vom 18.04.2011, 24.05.2011 und 04.08.2011) sowie der Bescheid vom 28.09.2011 (geändert durch Bescheide vom 04.11.2011, 12.01.2012 und 09.01.2012) sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.

Als streitgegenständliche Zeitraum ist der Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.03.2012 anzusehen, denn die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2015 erklärt, dass dieser Zeitraum Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sein soll.

Die Kläger haben keinen Anspruch, die ihnen darlehensweise bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in dem Zeitraum vom 01.04.2011 und 31.03.2012 als Zuschuss zu erhalten. Die Kläger sind aufgrund verwertbaren Vermögens nicht hilfebedürftig und damit nicht leistungsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II.

Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2. erwerbsfähig sind,
3. hilfebedürftig sind und
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen.

Der Kläger zu 1) ist unbestritten Eigentümer des bebauten Hausgrundstückes, auf dem er und die Klägerin zu 2) wohnen. Hierbei handelt es sich auch grundsätzlich um Vermögen. Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.

Entgegen der Ansicht der Kläger ist dieses Hausgrundstück kein geschütztes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II. Danach ist ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder einer entsprechend Eigentumswohnung nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Vorliegend handelt es sich bei Berücksichtigung der Grundflächen pro Stockwerk inklusive Anbau um eine Wohnfläche von rund 180 m². Damit ist das selbstgenutzte Hausgrundstück nicht von angemessener Größe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 07.11.2006, Aktenzeichen B 7b AS 2/05 R (zitiert aus juris) ist die angemessene Größe einer Eigentumswohnung weiterhin bundeseinheitlich nach den Vorgaben des Wohnbaugesetz zu bestimmen. Der dort enthaltene Grenzwert von 120 m² ist bei einer Bewohnerzahl von weniger als vier grundsätzlich um 20 m² pro Person zu einer Mindestgröße von 80 m² zu minimieren. Zwar sei der so ermittelte Grenzwert nicht als normative Größe heranzuziehen, es bleibe vielmehr auch Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche Bedarfslagen im Einzelfall. Der Grenzwert orientiere sich am Durchschnittsfall und bedürfe je nach den Umständen des Einzelfalls einer Anpassung nach oben gegebenenfalls aber auch nach unten. Diese Mindestgröße von 80 m² wird vorliegend weit überschritten. Gründe für außergewöhnliche Bedarfslagen und ein höherer Wohnungsbedarf sind nicht ersichtlich und wurden von den Klägern auch nicht vorgetragen.

Auch handelt es sich bei dem Hausgrundstück nicht um geschütztes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II. Danach ist ein Vermögen nicht zu berücksichtigen, wenn die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Für die Annahme der besonderen Härte sind nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffenden Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (vergleiche BSG, Urteil vom 16.05.2007, Aktenzeichen B 11b AS 37/06 R, juris). Hierfür sind keine Umstände ersichtlich. Von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ist auszugehen, wenn der auf dem Markt erzielbare Wert in einem deutlichen Missverhältnis zum „wirklichen Wert“ oder Substanzwert steht. Bei einem Hausgrundstück oder einer Eigentumswohnung kommt eine solche Unwirtschaftlichkeit in Betracht, wenn bei einer Veräußerung nach Abzug der verkaufsbedingten Aufwendungen vom erzielten Verkaufspreis wesentlich weniger als der zum Erwerb und zur Herstellung der Immobilie aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden könnte. Gewisse Verluste, insbesondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes, können jedoch als zumutbar angesehen werden. Eine absolute Grenze lässt sich nicht ziehen. Vorliegend hat Kläger zu 1) das Hausgrundstück geerbt und die Immobilie nicht selbst gekauft. Daher besteht keine Unwirtschaftlichkeit der Veräußerung.

Der Wert des Vermögensgegenstandes ist auch nicht gleich Null. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des von Amts wegen eingeholten Gutachtens vom 20.06.2016. Der Sachverständige E. führt insoweit aus, dass der Sachwert aus der Summe des Bodenwertes und den Zeitwerten der auf dem Grundstück vorhandenen Gebäude und Außenanlagen sowie gegebenenfalls dem Werteinfluss der zum Wertermittlungsstichtag vorhandenen besonderen objektspezifischen Grundstücksmerkmale abgeleitet werde. Dies habe zum Stichtag 01.04./01.11.2011 einen Liquidationswert von 225.000 € ergeben. Zu beachten ist hierbei, dass es sich um eine Schätzung handelt. Die Schätzung des Sachverständigen weicht insoweit nicht wesentlich von dem geschätzten Wert des Ortsgerichts A-Stadt i.H.v. 235.000 € ab. Auch die von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2015 überreichten Unterlagen des Nachlassgerichts Frankfurt am Main gehen nicht von einem wesentlich anderen Wert, zumindest nicht von einem Wert gleich Null, aus. Das Gutachten des Sachverständigen E. ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Die gefundenen Ergebnisse werden nachvollziehbar dargelegt und hieraus der Liquidationswert hergeleitet.

Das Vermögen ist entgegen der Ansicht der Kläger auch verwertbar im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II. Das Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können (BSG, Urteil vom 18.09.2014, Aktenzeichen B 14 AS 58/13 R, juris). Der Begriff Verwertbarkeit enthält eine tatsächliche Komponente, weil solche Vermögensgegenstände nicht verwertbar sind, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder sie, wie Grundstücke infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind und auch keine andere Verwertungsmöglichkeit ersichtlich ist (BSG, Urteil vom 30.08.2010 – B 4 AS 70/09 R –, juris). Ein Aspekt dieser tatsächlichen Verwertbarkeit ist die für sie benötigte Zeit, hinsichtlich der gegebenenfalls eine Prognose erforderlich ist. Für diese Prognose ist auf den bevorstehenden Bewilligungszeitraum abzustellen. Eine Festlegung für darüber hinausgehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind auch nicht gefordert (BSG, Urteil vom 18.09.2014, Aktenzeichen B 14 AS 58/13 R, juris). Aus dem von Amts wegen eingeholten Gutachtens vom 20.06.2016 des Sachverständigen E. ergibt sich, dass im Jahr 2011 von einer voraussichtlichen durchschnittlichen Vermarktungsdauer von 3-6 Monaten für das streitgegenständliche Hausgrundstück auszugehen war. Zu beachten ist dabei, dass zur Überzeugung der Kammer die zuständige Denkmalschutzbehörde die Abrissgenehmigung nicht verweigern wird. Dies ergibt sich daraus, dass sich das streitgegenständliche Hausgrundstück in einem stark beschädigten Zustand befindet. Unstreitig ist insoweit auch, dass ein erheblicher Instandhaltungs- und Modernisierungsstau besteht. Zur Überzeugung der Kammer steht daher fest, dass das Hausgrundstück in dem derzeitigen Zustand wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll genutzt werden kann. Der Sachverständige führt insoweit auch überzeugend aus, dass dem Eigentümer erlaubt werden könne, das Denkmal aufzugeben, wenn der denkmalpflegerische Mehraufwand die zumutbaren Möglichkeiten des Eigentümers übersteigen. Die Beseitigung oder Veränderung des Denkmals kann nach § 16 HDSHchG genehmigt werden. Insoweit wird auch auf das Verkehrswertgutachten des Ortsgerichts A-Stadt verwiesen, wonach der denkmalpflegerische Mehraufwand mit 51.000 € veranschlagt wird. Hierin eingeschlossen sind noch nicht die notwendigen Instandhaltung und Modernisierungsmaßnahmen. Die Freilegungskosten i.H.v. 30.000 € liegen damit weit unter dem denkmalpflegerischen Mehraufwand. Zu beachten ist hierbei auch, dass es sich um eine Prognoseentscheidung handelt. Es muss damit nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, dass eine Verwertung innerhalb von 3-6 Monaten tatsächlich stattfinden kann. Demgegenüber haben die Kläger nach Ansicht der Kammer keine tatsächlichen Bemühungen unternommen das streitgegenständliche Hausgrundstück zu verwerten. Diesbezüglich waren auch die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2015 vernommenen Zeugen nicht aufschlussreich. Denn diese hatten schon keinen Auftrag zur Verwertung der Immobilie erhalten. Die Kläger haben keine Nachweise darüber erbracht sich selbst in den einschlägigen Immobilienportalen um potentielle Käufer gekümmert zu haben.

Der Beklagte hat damit in rechtmäßiger Weise von der darlehensweisen Gewährung nach § 24 Abs. 5 SGB II Gebrauch gemacht.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Rechtsmittelbelehrung folgt aus den §§ 143, 144 SGG.

Rechtskraft
Aus
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