L 11 R 399/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 657/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 399/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 13.01.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger als selbstständiger Handelsvertreter in der Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2014 in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war und entsprechende Beiträge zu zahlen hat.

Der 1967 geborene Kläger war ab Juni 2000 zunächst als selbstständiger Handelsvertreter für die VStiftung & Co. KG tätig und vermittelte Geschäfte für diese mit Endverbrauchern. Das Landratsamt S erweiterte im Juni 2007 die insoweit vorhandene Reisegewerbekarte („Geräte und Zubehör der Firma V“) des Klägers um das „Aufsuchen von Bestellungen auch Bauelemente (zB Türen, Fenster ...)“.

Auf seinen Antrag vom 17.04.2001 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden Beklagte), Versicherungspflicht ab 01.06.2000 in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie entsprechende Beiträge fest (Bescheide vom 28.01.2002, 06.03.2002, 07.06.2002). Die Beitragsforderungen nebst Säumniszuschlägen und Mahnkosten für die Zeit von Juni 2000 bis Juni 2002 schlug die Beklagte im März 2003 nieder, nachdem eine Vollstreckung gescheitert war. Unter dem 30.05.2005 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Beitragsrechnung für die Zeit ab Juli 2002. Nachdem die Beklagte bei der VStiftung & Co. KG ermittelt hatte, dass die Tätigkeit des Klägers als selbstständiger Handelsvertreter dort zum 26.04.2004 geendet hatte, beendete sie die Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI entsprechend. Mit Bescheid vom 26.02.2008 setzte die Beklagte die Beitragsrückstände für die Zeit bis zum 26.04.2004 nebst Säumniszuschlägen und Nebenforderungen fest. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, dass er ab Februar 2004 nicht nur für einen Auftraggeber (V) tätig gewesen sei, sondern auch Bauelemente für mehrere Auftraggeber vertreibe. Eine Reisegewerbekarte sei vorhanden. Ab Februar 2004 bestehe keine Versicherungspflicht mehr. Die angekündigten Nachweise über die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Vertreiber von Bauelementen legte der Kläger nicht vor. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 19.10.2009). Die dagegen vom Kläger zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage (S 7 R 3017/09) wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 06.04.2011 ab. Zur Begründung führte es ua aus, dass der Kläger zwar angegeben habe, ab Februar 2004 zusätzlich für die Firmen E und B gearbeitet zu haben, jedoch die angeforderten Unterlagen über die bei den jeweiligen Auftraggebern erzielten Einkünfte nicht vorgelegt habe.

Durch Bescheid vom 14.09.2012 erhob die Beklagte Säumniszuschläge betreffend die festgesetzten Beiträge bis zum 26.04.2004; den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 zurück. Seine dagegen zum SG erhobene Klage (S 7 R 378/13) nahm der Kläger zurück und beantragte gleichzeitig Ratenzahlung. Sein Prozessbevollmächtigter hatte mit Schriftsatz vom 19.06.2013 zuvor mitgeteilt, dass die geltend gemachten Rentenversicherungsbeiträge dem Grunde nach anerkannt werden. Die Beklagte bot dem Kläger hinsichtlich der rückständigen Forderungen Ratenzahlung an und teilte des Weiteren mit, dass ausweislich der vom Kläger vorgelegten Einkommensteuerbescheide vom 10.07.2012 für das Jahr 2010 und vom 17.05.2013 für das Jahr 2011 Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmen (32.472,00 € bzw 35.202,00 €) ersichtlich seien und im Hinblick auf die Angabe des Klägers, dass er für die Firma E Fensterbau tätig sei, die Versicherungspflicht ab 27.04.2004 zu prüfen sei. Sie forderte den Kläger zur Mitwirkung auf, insbesondere Arbeitsverträge, Auftragsschreiben, Rechnungen und Geldeingänge von verschiedenen Firmen nachzuweisen. In dem Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung kraft Gesetzes als selbstständig Tätiger vom 27.07.2013 gab der Kläger an, dass er Neukunden für Bauelemente aufsuche. Er suche Kunden auf, die mit Fenstern, Türen etc etwas vorhätten, und tätige nach Möglichkeit einen Auftrag, den er dann von der Firma E oder ähnlichen Firmen auf Provision ausführen lasse. Weitere Auftraggeber neben der Firma E benannte er nicht. Verträge fügte er nicht bei. Angaben zur Verteilung seiner Einnahmen auf verschiedene Auftraggeber machte er nicht. Er legte ua folgende Einkommensteuerbescheide vor:

- Bescheid vom 02.02.2004 für 2002:           Einkünfte aus Gewerbebetrieb 21.555,00 €,

- Bescheid für 2003:                                      Einkünfte aus Gewerbebetrieb 28.607,00 €.

- Bescheid vom 26.06.2006 für 2004:           Einkünfte aus Gewerbebetrieb 27.534,00 €,

- Bescheid vom 12.03.2007 für 2005:           Einkünfte aus Gewerbebetrieb 24.000,00 €,

- Bescheid vom 31.08.2007 für 2006:           Einkommen aus Gewerbebetrieb 15.000,00 €,

- Bescheid vom 13.07.2009 für 2007:           Einkünfte aus Gewerbebetrieb 7.434,00 €,

- Bescheid vom 04.02.2010 für 2008:           Einkünfte aus Gewerbebetrieb 23.835,00 €,

- Bescheid vom 18.10.2011 für 2009:           Einkünfte aus Gewerbebetrieb 17.936,00 €.

Im weiteren Verlauf ergänzte der Kläger seine Angaben dahingehend, dass sein monatliches Arbeitseinkommen regelmäßig 450,00 € übersteige, er keinen Arbeitnehmer bzw Auszubildenden beschäftige und es keine Arbeitsverträge gebe. Es gebe nur Kundenverträge, nach denen jeweils die Provision bezahlt werde. Der private Kunde sei der Auftraggeber. Er beziehe auf Dauer nicht mindestens 5/6 seiner gesamten Betriebseinnahmen aus Tätigkeiten von einem Auftraggeber. Für seinen Auftraggeber sei er früher nicht als Arbeitnehmer tätig gewesen. Er arbeite nicht am Betriebssitz seines Auftraggebers. Regelmäßige Arbeitszeiten und Anwesenheitszeiten habe er nicht einzuhalten. Ihm würden keine Weisungen erteilt. Der Auftraggeber könne sein Einsatzgebiet ohne seine Zustimmung nicht verändern. Die Einstellung von Vertretern bzw Hilfskräften sei nicht von einer Zustimmung des Auftraggebers abhängig.

Auf Mitwirkungsaufforderungen der Beklagten vom 16.09.2013 und 15.10.2013 teilte der Kläger mit Schreiben vom 29.10.2013 mit, dass er bei privaten Personen einen Auftrag (Rechnung) schreibe, diese Aufträge von der Firma E oder B1 ausführen lasse, der Kunde nach Ausführung dieser Aufträge an die Firma E oder B1 zahle, von diesen Aufträgen eine Provision nach Warenwert oder in Prozent berechnet werde, die an die Firma B bezahlt werde. Er erhalte von der Firma B seine Provision ausbezahlt. Die Firma B mache Buchungen.

Die Beklagte wies mit Schreiben vom 13.11.2013 darauf hin, dass die Angaben des Klägers vermuten ließen, dass er im Auftrag der Firma B Aufträge an Privatkunden vermittle, die durch die Firmen E und B1 ausgeführt würden. Kunden kämen regelmäßig nicht als Auftraggeber in Betracht. Wenn der Kläger als Vermittler für die Firma B tätig gewesen sei, wäre er für einen Auftraggeber tätig. Somit würde Versicherungspflicht ab dem 27.04.2004 weiterhin bestehen.

Mit Bescheid vom 01.04.2014 verfügte die Beklagte, dass der Kläger ab 01.06.2000 nach § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei und daher Pflichtbeiträge zu zahlen habe, ab 01.02.2001 in Höhe des halben Regelbeitrags, ab 01.01.2004 den Regelbeitrag, ab 01.01.2009 den einkommensgerechten Beitrag, ab 01.10.2012 den Regelbeitrag. Der Bescheid beziehe sich auf die im Februar 2004 aufgenommene selbstständige Tätigkeit als Handelsvertreter für Bauelemente, Fenster und Türen. Ab 01.10.2012 sei der Regelbeitrag berücksichtigt worden, da dieser günstiger als eine einkommensgerechte Beitragszahlung sei. Nach Angaben des Klägers und den vorgelegten Unterlagen beziehe er Provisionen ausschließlich von der Firma B. Ein Auftragsverhältnis zwischen ihm und den Firmen B1 und E bestehe nicht. Angefügt waren eine Beitragsberechnung für die Zeit ab 01.02.2001 bis zum 26.04.2004 sowie ab 01.01.2009 und eine Forderungsausstellung für die Zeit vom 01.02.2001 bis zum 30.04.2014 in Höhe von insgesamt 32.154,42 €.

Dagegen legte der Kläger am 17.04.2014 Widerspruch ein, mit dem Ratenzahlung geltend gemacht wurde (Schriftsatz des damaligen Bevollmächtigten des Klägers vom 05.05.2014). Im Dezember 2014 kündigte der Kläger an, dass er ab Januar 2015 seinen monatlichen Verpflichtungen nachkommen werde. Am 01.04.2015 teilte der Kläger mit, dass er seit Januar 2015 nicht mehr versicherungspflichtig sei. Seit Januar 2015 zahle er rückwirkend monatlich 200,00 €. Die Beklagte setzte monatsweise hinsichtlich der Beitragsrückstände Säumniszuschläge fest, insofern erhob der Kläger jeweils Widerspruch.

Im Juli 2015 erklärte der Kläger, dass er seit 2015 für sein Büro jemanden eingestellt habe; die Angestellte sei beim Finanzamt und bei der Kranken- und Sozialversicherung gemeldet. Nachdem der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 03.11.2015 den Anstellungsvertrag vom 29.12.2014 für die Zeit ab 01.01.2015 zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau sowie am 28.01.2016 die entsprechende Meldebescheinigung zur Sozialversicherung sowie am 20.09.2016 die Entgeltabrechnungen für seine Ehefrau ab Januar 2015 vorgelegt hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 17.11.2016 fest, dass ab 01.01.2015 keine Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe. Weiterhin setzte sie die Beiträge für die Zeit ab 01.03.2001 auf monatlich 427,84 DM, ab 01.01.2002 auf monatlich 223,95 €, ab 01.01.2003 auf monatlich 232,05 €, ab 01.01.2004 auf monatlich 470,93 €, vom 01.04.2004 bis 26.04.2004 auf monatlich 408,14 €, ab 01.01.2009 auf monatlich 260,44 €, ab 01.10.2009 auf monatlich 127,10 €, ab 01.01.2010 auf monatlich 131,73 €, ab 01.05.2010 auf monatlich 413,05 €, ab 01.01.2011 auf monatlich 295,12 €, ab 01.01.2012 auf monatlich 311,59 €, ab 01.10.2012 auf monatlich 514,50 €, ab 01.01.2013 auf monatlich 509,36 €, ab 01.01.2014 auf monatlich 522,59 € fest. Sämtliche Forderungsbescheide seit dem 25.02.2015 über Säumniszuschläge und Mahngebühren nahm die Beklagte zurück. Den gesonderten Forderungsbescheid vom 20.11.2016 nahm die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2016 zurück. 

Auch gegen den Bescheid vom 17.11.2016 legte der Kläger am 30.11.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte er aus, dass sich der Widerspruch ausschließlich gegen die geforderten Beiträge in Höhe von 54.140,94 € richte. Es würden Beiträge ab 01.03.2001 bis 31.12.2014 geltend gemacht. Nach § 25 Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) verjährten Beitragsansprüche nach vier Jahren nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Die Einrede der Verjährung sei von Amts wegen zu prüfen. Der Kläger erhob ausdrücklich die Einrede der Verjährung für sämtliche Beitragsansprüche, die zeitlich vor dem 31.12.2012 entstanden seien. Darüber hinaus berief sich der Kläger auf die Verwirkung der Beitragsansprüche nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Beklagte habe dem Kläger telefonisch mitgeteilt, dass er versicherungsfrei sei und deshalb keine Beiträge mehr an die Beklagte zu zahlen brauche. Durch diesen Anruf habe sich der Kläger gezwungen gesehen, eine adäquate private Altersvorsorge aufzubauen, deren Leistungen diejenige der Beklagten übersteige. Dadurch sei ein Vertrauenstatbestand gesetzt worden, der die nachträglich von der Beklagten eingeforderten Beiträge unbillig erscheinen lasse. Weiterhin führte er aus, dass er als Handelsvertreter tätig sei. Im Rahmen dieser Tätigkeit beschäftige er eine sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerin seit 01.01.2015. Bereits zuvor sei er als Handelsvertreter tätig gewesen, teilweise für mehrere Auftraggeber. Aufgrund dieses Sachverhalts sei ihm durch die Beklagte telefonisch mitgeteilt worden, dass seine Tätigkeiten nicht der Sozialversicherungspflicht unterlägen. Im Vertrauen darauf habe er Dispositionen getroffen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2017 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 01.04.2014 und 17.11.2016 als unbegründet zurück. Der Kläger sei im Zeitraum vom 01.06.2000 bis 26.04.2004 als selbstständiger Handelsvertreter für die Firma V und vom 01.01.2009 bis 31.12.2014 als selbstständiger Handelsvertreter für Bauelemente, Fenster und Türen tätig gewesen. Die Voraussetzung, dass der selbstständig Tätige im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sein dürfe, umfasse nicht nur den Fall, dass der Betreffende rechtlich (vertraglich) im Wesentlichen an einen Auftraggeber gebunden sei, sondern auch den Fall, dass er tatsächlich (wirtschaftlich) im Wesentlichen von einem Auftraggeber abhängig sei. Ein selbstständig Tätiger sei dann im Wesentlichen von einem Auftraggeber abhängig, wenn er mindestens 5/6 seiner gesamten Betriebseinnahmen aus den zu beurteilenden Tätigkeiten allein aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber beziehe. Grundsätzlicher Beurteilungszeitraum sei ein Kalenderjahr. Es sei nicht ausreichend, Sachverhalte über die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber nur mitzuteilen. Diese müssten auch belegt werden. Nachweise über die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber seien nicht vorgelegt worden. Ansprüche auf Beiträge verjährten in vier bzw bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien (§ 25 Abs 1 SGB IV). Die Versicherungs- und Beitragspflicht sei bereits erstmalig mit Bescheid vom 28.01.2002 beschieden. Eine Verjährung der Beiträge ab 01.06.2000 liege gemäß § 25 SGB IV nicht vor.

Dagegen hat der Kläger am 03.04.2017 Klage zum SG erhoben (S 7 R 657/17), mit der er die Feststellung der Versicherungsfreiheit als selbstständiger Handelsvertreter für die Zeit vom 01.06.2000 bis 26.04.2004 sowie vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2014 begehrt hat. Er - der Kläger - sei als Handelsvertreter für die Firmen E Fensterbau und B1 tätig und habe für diese Firmen Aufträge geschrieben. Diese Aufträge seien über Herrn B an die jeweilige Firma weitergeleitet worden. Von Herrn B habe er auch die Provisionen erhalten.

Das SG hat mit den Beteiligten am 23.01.2018 einen Erörterungstermin durchgeführt; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 23.01.2018 Bezug genommen (Bl 29/30 der SG-Akten). Das SG hat sodann einen Auszug aus dem Handelsregister B des Amtsgerichts Ulm betreffend die Firma Fensterbau E GmbH Mengen (Firma E) eingeholt, wonach durch Beschluss des Amtsgerichts Ravensburg vom 01.07.2013 über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.

Weiterhin hat das SG die potentiellen Auftraggeber des Klägers schriftlich befragt. B hat mit Schreiben vom 11.02.2019 (Eingang beim SG am 15.02.2018; Bl 36 der SG-Akten) mitgeteilt, dass er aufgrund mündlicher Vereinbarung zwischen ihm und dem Kläger die Provisionen für die Aufträge berechne, die der Kläger für die Firmen B1 und E tätige. Die errechneten Provisionen würden an den Kläger überwiesen. Es handle sich um Auftragsabschlüsse/den Verkauf von Haustüren, Fenster etc für die Firmen B1 und E. Die abgeschlossenen Aufträge gingen an die Firmen B1 und E zur Ausführung. Die Provisionsberechnung zwischen den Firmen B1 und E werde von ihm (B) getätigt. Der Kläger bekomme die Provision monatlich überwiesen. Die Form der Abwicklung sei gewählt worden, weil er - B - die Geschäftsverbindungen und Konditionen für die Auftragsabwicklung mit den Firmen B1 und E vereinbart habe. Er sei der Ansprechpartner für den Kläger. Er übernehme die Berechnung und Überweisung der Provisionen.

Der Geschäftsführer hat für das Montageunternehmen B1 mit Schreiben vom 19.02.2018 (Bl 38 der SG-Akten) mitgeteilt, dass die Auftragserteilung, Abwicklung, Bezahlung aller Aufträge nur über Herrn B stattgefunden habe.

Auf Anfrage des SG hat K im Auftrag des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Firma E mit Schriftsatz vom 22.03.2018 (Bl 44 der SG-Akten) mitgeteilt, dass es in ihrem System weder den Kläger noch B gebe, sodass keine Angaben zu einem Auftragsverhältnis gemacht werden könnten.

Zum Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger vorgebracht, dass davon auszugehen sei, dass es sich bei B lediglich um eine Abrechnungsstelle handele. Die Verträge, die der Kläger mit den Kunden geschlossen habe, seien über B gebündelt worden. Dieser habe die Provision des Klägers berechnet und anschließend die Aufträge an die jeweiligen Firmen weitergeleitet. Die „Bündlerfunktion“ des B sei nicht mit einer Arbeitgeberfunktion zu verwechseln. Er - der Kläger - sei für die Firmen E und B1, also zwei verschiedene Auftraggeber, tätig geworden. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 04.09.2018 hat der Kläger einen Auftrag vom 27.01.2014 an die Firma E und zwei Aufträge vom 23.01.2014 und 17.02.2014 an die Firma Montageunternehmen B1 vorgelegt, auf denen der Kläger jeweils als „Berater im Außendienst“ aufgeführt ist. Auf Anforderung des SG übersandte B mit Schreiben vom 01.01.2019 exemplarisch Provisionsabrechnungen für einzelne Monate sowie Aufträge von den Firmen E und B1 (Bl 74/97 der SG-Akten). Weiterhin hat er mitgeteilt, dass in den übersandten Abrechnungen 2009 bis 2012 nur Aufträge für die Firma E abgeschlossen worden seien, ein Herr B2 zur Terminierung von Aufträgen für den Kläger tätig geworden und dies bei den Provisionen berücksichtigt worden sei (Teilung zwischen Kläger 13% und B2 15% oder bei alleiniger Tätigkeit des Klägers 28%).

Der Geschäftsführer des Montageunternehmens B1 teilte im Januar 2019 mit, dass er mit dem Kläger nichts zu tun gehabt habe. Alle Provisionsabrechnungen habe Herr B durchgeführt (Bl 98 der SG-Akten).

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13.05.2019 zum Ergebnis der Beweisaufnahme dahingehend Stellung genommen, dass sich nunmehr ein klares Bild abzeichne. Der Kläger habe im fraglichen Zeitraum nur einen Auftraggeber gehabt, nämlich Herrn B. Die Firma E sei inzwischen insolvent und könne zum Vertragsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger nicht mehr befragt werden. Provisionsabrechnungen, die die Firma E erstellt habe, lägen nicht vor. Die Unternehmung B1 habe erklärt, mit dem Kläger keine Geschäftsbeziehung gehabt zu haben. Der Kläger habe im Erörterungstermin am 23.01.2018 selbst eingeräumt, dass er nur mit Herrn B abgerechnet habe und die Firmen E und B1 mit Herrn B. Die vorgelegten Provisionsabrechnungen rechneten Provisionen für vermittelte Aufträge für die Firmen E und B1 ab. Die Abrechnungen stammten von Herrn B. Es liege auf der Hand, dass Herr B ein Vertragsverhältnis mit den beiden Tür- und Fensterbaufirmen gehabt habe und der Kläger für Herrn B gegen Provision Aufträge vermittelt habe. Herr B sei derjenige, welcher dem Kläger die Grundlagen zur Verfügung gestellt habe, ohne die der Kläger seine Tätigkeit habe nicht ausüben können. Unerheblich sei, aus welchen wirtschaftlichen Gründen sich die beiden für die gewählte Gestaltung entschieden hätten. Somit sei Herr B für den Kläger der einzige Auftraggeber.

Das SG hat mit den Beteiligten am 16.10.2019 einen weiteren Erörterungstermin durchgeführt und B als Zeugen einvernommen; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift des SG vom 16.10.2019 Bezug genommen (Bl 124/125 der SG-Akten).

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 13.01.2020 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht mit Bescheiden vom 01.04.2014 und 17.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2017 Versicherungspflicht gemäß § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI und eine Beitragsforderung mit Säumniszuschlägen festgestellt. Der Kläger sei im Zeitraum 01.06.2000 bis 26.04.2004 aufgrund seiner Tätigkeit für die VStiftung & Co. KG sowie im Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2014 aufgrund seiner Tätigkeit für Herrn B und die Firmen E und B1 gemäß § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Hinsichtlich der Tätigkeit für die VStiftung & Co. KG und auch zu dem Vortrag des Klägers, ihm sei mündlich zugesichert worden, dass er von der Versicherungspflicht befreit worden sei, hat das SG auf die Ausführungen im rechtskräftigen Gerichtsbescheid des SG vom 06.04.2011 im Verfahren S 7 R 3017/19 Bezug genommen. Hinsichtlich der Tätigkeit für Herrn B bzw die Firmen E und B1 könne offenbleiben, ob als Auftraggeber des Klägers Herr B, der dem Kläger letztlich dessen Provisionen ausbezahlt habe, oder die Firmen E bzw B1, für die die Aufträge erteilt worden seien, anzusehen seien. Sehe man als Auftraggeber des Klägers im genannten Zeitraum Herrn B an, so handele es sich ohnehin um eine Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber. Wenn die Firmen E und B1 als Auftraggeber angesehen würden, so sei festzustellen, dass nicht geklärt werden könne, welchen Umfang anteilig die Aufträge für die Firmen E bzw B1 jeweils hätten. Die Frage, ob der Kläger mindestens 5/6 seiner gesamten Einkünfte aus den zu beurteilenden Tätigkeiten alleine aus einer dieser Tätigkeiten erzielt habe, sei auch nach umfangreichen Ermittlungen im vorliegenden Rechtsstreit nicht abschließend geklärt. Der Kläger selbst habe die benötigte Aufstellung zu den Tätigkeiten nicht vorgelegt. Zwar verfüge der Zeuge B nach seinen Angaben über zwei Leitzordner mit Provisionsabrechnungen für den Kläger. Daraus ergebe sich aber nach Mitteilung des Zeugen B nicht, für welche Firma konkret der jeweilige Auftrag getätigt worden sei. Die hier zu klärende Frage sei aufgrund der Provisionsabrechnungen nicht abschließend zu beurteilen. Soweit der Zeuge B nach seinen Angaben über weitere zehn Leitzordner verfüge, in denen sich die Aufträge befänden, umfassten diese Leitzordner sowohl Aufträge, die der Kläger getätigt habe, als auch Aufträge anderer Handelsvertreter. Das SG habe bei dieser Sachlage keine Möglichkeit gesehen, zu ermitteln, welchen Umfang jeweils die Aufträge für die Firmen E bzw B1 gehabt haben. Zwar trage die Beklagte grundsätzlich die objektive Beweislast für das Vorliegen einer Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber, jedoch sei im vorliegenden Fall eine Beweislastumkehr gerechtfertigt, weil in der Sphäre des Klägers liegende Vorgänge nicht aufklärbar seien. Der Kläger habe trotz umfangreicher Nachfragen der Beklagten im Verwaltungsverfahren und des Gerichts während des vorliegenden Rechtsstreits sowie im Gerichtsverfahren S 7 R 3017/09 keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt und keine konkreten Hinweise gegeben, wie im Einzelnen der Umfang seiner Tätigkeiten für die Firmen E und B1 aufgeklärt werden könne. Berechnungsfehler bezüglich der Beitragsberechnung seien nicht ersichtlich. Die Beiträge seien nicht verjährt. Die Beitragsforderungen für den Zeitraum 01.06.2000 bis 26.04.2004 seien bereits bestandskräftig festgestellt worden. Hinsichtlich der Beitragsforderungen für den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2014 sei festzustellen, dass spätestens mit den durch die Beklagte im Jahr 2013 durchgeführten Ermittlungen bei dem Kläger mindestens bedingter Vorsatz in Bezug auf eine Rentenversicherungspflicht eingetreten sei, sodass auch die Beiträge für das Jahr 2009 nicht verjährt gewesen seien. Die Beklagte habe ferner zu Recht gemäß § 24 SGB IV Säumniszuschläge festgestellt. Auch insofern seien Berechnungsfehler nicht ersichtlich.

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 17.01.2020 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 29.01.2020 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 01.04.2020 hat der Kläger sein Begehren auf seine Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter in der Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2014 und die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt. Er - der Kläger - könne aufgrund eines bei ihm eingetretenen Wasserschadens keine Kopien der Aufträge, die er für die Firmen B1 und E geschrieben habe, vorlegen. Die Unterlagen seien jedoch beim Zeugen B vorhanden. Das SG habe entsprechende Ermittlungen unterlassen. Bei einer Sichtung der Unterlagen wäre aufgefallen, dass keiner dieser Auftraggeber im Wesentlichen und dauerhaft im Sinne der 5/6 -Regelung überwiege. Auch hätte das SG bei der Firma B1 weiter ermitteln müssen. Der Firma B1 seien die einzelnen Aufträge, die der Kläger in deren Namen mit Kunden abgeschlossen habe, über den Zeugen B nebst den notwendigen Aufmaßen weitergeleitet worden. Das SG habe zu Unrecht eine Beweislastumkehr vorgenommen. Ihm - dem Kläger - sei nicht bekannt, ob es schriftliche Verträge zwischen Herrn B und den Firmen B1 und E gebe. Er habe regelmäßig 25% vom Auftragswert als Provision erhalten, in Einzelfällen auch nur einen Pauschalbetrag. Neben ihm - dem Kläger - habe noch ein Herr B2 Provisionen erhalten, dies sei immer dann der Fall gewesen, wenn er die Beratung getätigt habe und Herr B2 die Fenster etc verkauft habe. Die einzelnen Aufträge seien von Herrn B gesammelt und an die jeweiligen Fensterbaufirmen weitergeleitet worden. Die Gelder, die die Fensterbaufirmen für die Verschaffung der Aufträge bezahlt hätten, seien an Herrn B ausbezahlt und von diesem an ihn - den Kläger - und seine Kollegen weitergeleitet worden. Herr B habe an diesen Aufträgen, die er und seine Kollegen mit den Endkunden abgeschlossen hätten, „in einer Art und Weise mitverdient“. Die Höhe des Mitverdienstes pro Auftrag sei ihm nicht bekannt. Im Dezember 2020 hat der Kläger mitgeteilt, dass der Zeuge B sich nunmehr im Ruhestand befinde und sämtliche Unterlagen vernichtet habe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 13.01.2020 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 01.04.2014 und vom 17.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2017 aufzuheben, soweit darin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit ab 01.01.2009 festgesetzt werden, und festzustellen, dass der Kläger in der Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2014 als selbstständiger Handelsvertreter nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im strittigen Zeitraum liege nur ein Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und Herrn B vor.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG (S 7 R 3017/09, S 7 R 378/13 und S 7 R 657/17) sowie die Verfahrensakten des Senats Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft und die streitigen Beiträge die Wertgrenze übersteigen (§ 144 Abs 1 SGG).

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Bescheide vom 01.04.2014 und 17.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2017 (§ 95 SGG), mit denen die Beklagte festgestellt hat, dass der Kläger in der Zeit vom 01.06.2000 bis zum 31.12.2014 nach § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei, und Pflichtbeiträge ab 01.03.2001 auf monatlich 427,84 DM, ab 01.01.2002 auf monatlich 223,95 €, ab 01.01.2003 auf monatlich 232,05 €, ab 01.01.2004 auf monatlich 470,93 €, vom 01.04.2004 bis 26.04.2004 auf monatlich 408,14 €, ab 01.01.2009 auf monatlich 260,44 €, ab 01.10.2009 auf monatlich 127,10 €, ab 01.01.2010 auf monatlich 131,73 €, ab 01.05.2010 auf monatlich 413,05 €, ab 01.01.2011 auf monatlich 295,12 €, ab 01.01.2012 auf monatlich 311,59 €, ab 01.10.2012 auf monatlich 514,50 €, ab 01.01.2013 auf monatlich 509,36 € sowie vom 01.01.2014 bis 31.12.20214 auf monatlich 522,59 € festgesetzt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG; vgl ferner Bundessozialgericht <BSG> 23.05.2015, B 5 RE 23/14 R, BSGE 118, 294) und negativen Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG), die er ausweislich des Schriftsatzes seines Bevollmächtigten vom 01.04.2020 und seines Antrages in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die Versicherungs- und Beitragspflicht hinsichtlich seiner Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter in der Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.1.2014 beschränkt hat. Die Bescheide, soweit sie die Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter für die VStiftung & Co. KG bis zum 26.04.2004 betreffen, hat er zu Recht nicht (mehr) angefochten.

Entgegen der Auffassung des SG sind Säumniszuschläge nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, da die angefochtenen Bescheide insofern keine anfechtbaren Regelungen (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB X>) treffen. Vielmehr hat die Beklagte zunächst durch gesonderte Bescheide über die Erhebung von Säumniszuschlägen entschieden und im Übrigen diese Bescheide mit Bescheiden vom 17.11.2016 und 23.11.2016 wieder aufgehoben. 

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Bescheide der Beklagten vom 01.04.2014 und 17.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2017 (§ 95 SGG), soweit sie noch angefochten sind, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend für die Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2014 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hinsichtlich der selbstständigen Tätigkeit des Klägers nach § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI festgestellt und die entsprechenden Beiträge festgesetzt.

Gem. § 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI in der ab 01.05.2007 geltenden Fassung (Gesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) sind versicherungspflichtig selbstständig tätige Personen, die a) im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft (vgl BSG 10.10.2007, B 12 R 24/07 B, juris Rn 7; BSG 10.05.2006, B 12 RA 2/05 R, juris Rn 30 mwN zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung). Nach § 2 Satz 4 SGB VI in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung bzw nach § 2 Satz 2 SGB VI in der ab 01.01.2013 geltenden Fassung gelten als Arbeitnehmer iSd Satzes 1 Nr 9 SGB VI

1. auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,

2. nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,

3. für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

Der Kläger hat in der streitigen Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2014 eine - mehr als geringfügige - selbstständige Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen für einen Auftraggeber verrichtet und in Zusammenhang mit seiner selbstständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Schließlich ist die Erhebung der festgesetzten Beiträge für die streitige Zeit nicht zu beanstanden.

Der Kläger hat eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung - in Abgrenzung zu einer selbstständigen Tätigkeit - ist § 7 Abs 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV); Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zB BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn 13). Vorliegend ist der Senat - in Übereinstimmung mit den Beteiligten - nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls davon überzeugt, dass der Kläger seine Tätigkeit als Handelsvertreter für Bauelemente selbstständig ausgeübt hat, weil er insbesondere nicht dem Weisungsrecht seines Auftraggebers unterlag, nicht in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert war, seine Tätigkeit und Arbeitszeit frei gestalten sowie über die eigene Arbeitskraft frei verfügen konnte (vgl BSG 09.11.2011, B 12 R 1/10 R, BSGE 109, 265, juris Rn 20 mwN). Der Kläger betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht ein angemeldetes Gewerbe (vgl BSG 23.04.2015, B 5 R 21/14 R, BSGE 118, 286, juris Rn 21).

Der Kläger, eine natürliche Person (BSG 24.11.2005, B 12 RA 1/04 R, BSGE 95, 275, juris Rn 15), war im streitgegenständlichen Zeitraum auf Dauer und im Wesentlichen nur für B, mithin nur für einen Auftraggeber iSd § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI tätig.

Auftraggeber iSd § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI ist jede natürliche oder juristische Person oder Personenmehrheit, die im Wege eines Auftrags oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut, sie ihr vermittelt oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept überlässt (BSG 23.04.2015, B 5 RE 21/14 R, BSGE 118, 28, juris Rn 25; BSG 04.11.2009, B 12 R 3/08 R, BSGE 105, 46, juris Rn 17 ff; BSG 04.11.2009, B 12 R 7/08 R, juris Rn 16 ff; BSG 24.11.2005, B 12 RA 1/04 R, BSGE 95, 275, juris Rn 16). Eine vertragliche Verpflichtung zwischen der das Handeln veranlassenden Person und dem Handelnden ist nicht notwendig (BSG 23.04.2015, B 5 RE 21/14 R, BSGE 118, 28, juris Rn 28 ff). Entscheidend ist daher, wem gegenüber der Selbstständige vertragliche Verpflichtungen erfüllt und von wem ihm ggf umgekehrt eine Vergütung zufließt (Berchtold in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, 7. Auflage 2021, § 2 SGB VI Rn 17). § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI erstreckt die Rentenversicherungspflicht auf selbstständig Tätige, die nach Auffassung des Gesetzgebers nicht weniger sozial schutzwürdig sind als die sonstigen von § 2 Satz 1 SGB VI erfassten Selbstständigen (vgl BT-Drucks 14/45, S 20). Als kennzeichnend für den Personenkreis wird nicht die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen, sondern werden vielmehr typische Tätigkeitsmerkmale angesehen. Wer ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer selbstständig tätig wird, ist typischerweise nicht in der Lage, so erhebliche Verdienste zu erzielen, dass er sich außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung absichern könnte, und damit nach seiner wirtschaftlichen Lage sozial schutzbedürftig (BSG 23.04.2015, B 5 RE 21/14 R, BSGE 118, 28, juris Rn 29; BSG 04.11.2009, B 12 R 3/08 R, BSGE 105, 46, juris Rn 24). Die weitere Voraussetzung der Tätigkeit nur für einen Auftraggeber ist in gleichem Maße aussagekräftig; sie indiziert eine wirtschaftliche Abhängigkeit und damit ebenfalls typisierend soziale Schutzbedürftigkeit. Auf eine konkrete wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit kommt es nicht an (BSG 23.04.2015, B 5 RE 21/14 R, BSGE 118, 28, juris Rn 29).

In Anwendung dieser Maßstäbe war der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum im Wesentlichen (mehr als fünf Sechstel) für einen Auftraggeber, nämlich B, tätig.

Aufgrund der schriftlichen Angaben des Klägers und seinen Angaben vor dem SG in den Erörterungsterminen am 23.01.2018 und 16.10.2019 sowie der Bekundungen des Geschäftsführers der Firma B1, des Zeugen B und des K und den aktenkundigen Unterlagen steht für den Senat Folgendes fest:

Zwischen dem Kläger und den Firmen E und B1 bestanden keine Vertrags- oder sonstigen Auftragsbeziehungen sowie Absprachen. Vielmehr lag lediglich zwischen dem Zeugen B als selbstständiger Hauptvertreter und den Firmen E und B1 ein Handelsvertreterverhältnis vor. Zwischen B und den Firmen E und B1 bestanden Absprachen hinsichtlich der Vermittlung und des Abschlusses von Verträgen über die Lieferung und den Einbau von Türen und Fenstern sowie über die Zahlung von Provisionen als Gegenleistung. B verfügte allein über die Geschäftsverbindungen und Konditionen zu diesen beiden Firmen, über deren Inhalt der Kläger keine Kenntnis hatte. Der Kläger reichte die als „Berater im Außendienst“ für die Firmen E (ab 2004) und B1 (ab 2013) von ihm akquirierten Aufträge bei B ein, der diese an die Firmen E und B1 weiterleitete und die von ihm mit den beiden Firmen ausgehandelten Provisionen abrechnete. Eine Erteilung, Abwicklung und Abrechnung der Aufträge zwischen dem Kläger und den Firmen E und B1 fand nicht statt. B rechnete gegenüber dem Kläger hinsichtlich der bei ihm eingereichten Aufträge die Provisionen ab und zahlte diese an den Kläger aus.

Antraggeber iSd § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI des Klägers war B. Der Kläger fungierte als „echter Untervertreter“ des Hauptvertreters B (vgl 84 Abs 3 Handelsgesetzbuch <HGB>). Zwischen ihnen bestand ein Handelsvertreterverhältnis (vgl zB Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 40. Auflage 2021, § 84 Rn 31; Löwisch in Benroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Auflage 2020, § 84 Rn 155 ff; Ströbl in Münchner Kommentar zum HGB, 5. Auflage 2021, § 84 Rn 117, 120 ff). Der Kläger hatte allein gegenüber B einen Provisionsanspruch, nicht jedoch gegenüber den Firmen E und B1. Zahlungen an den Kläger erfolgten allein durch den Hauptvertreter B. Auch bestanden keine vertraglichen Beziehungen zwischen den Unternehmen E und B1 einerseits und dem Kläger als Handelsvertreter andererseits, sodass eine „unechte Untervertretung“ (vgl dazu Löwisch in Benroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Auflage 2020, § 84 Rn 159) ausscheidet. Es lag ein mehrstufiges Handelsvertreterverhältnis vor. Der Kläger handelte lediglich - über die über den Hauptvertreter B vermittelte - Untervollmacht und schloss ab 2004 Verträge für das Unternehmen E und ab 2013 für das Unternehmen B1 ab. Die Beurteilung des Klägers, B habe lediglich als Ansprechpartner und Abrechnungsstelle gegenüber den Firmen E und B1 gedient, steht im Widerspruch zu seinem Vorbringen, dass die Erteilung, Abwicklung und Abrechnung der Aufträge allein über B lief und keine Absprachen/Vertragsbeziehungen zu den Firmen E und B1 bestanden. Der Senat berücksichtigt entscheidend, dass vertragliche Beziehungen allein zwischen dem Kläger und B bestanden, die gesamte Abwicklung über diesen erfolgte und der Kläger allein von diesem eine Vergütung erhielt. Unter diesen Umständen sind die Firmen E und B1 nicht als weitere Auftraggeber iSd § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI neben B anzusehen, sondern B war bezüglich der Tätigkeit des Klägers als selbstständiger Handelsvertreter für Bauelemente dessen alleiniger Auftraggeber.            

Die Tätigkeit des Klägers für B war im streitigen Zeitraum auf Dauer angelegt. Von einer Tätigkeit auf Dauer ist auszugehen, wenn diese für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr ausgeübt wurde (LSG Sachsen-Anhalt 16.02.2012, L 1 R 213/08, juris Rn 22; Bayerisches LSG 17.12.2015, L 14 R 579/14, juris Rn 53; Bayerisches LSG 13.07.2005, L 1 R 4208/04, juris Rn 28). Nur bei einer im Voraus begrenzten, insbesondere projektbezogenen Tätigkeit, ohne begründete Aussicht auf eine Verlängerung liegt keine Bindung an einen Auftraggeber vor, wenn die Begrenzung innerhalb eines Jahres liegt (Bayerisches LSG 13.07.2005, L 1 R 4208/04, juris Rn 28). Eine auf ein Jahr zeitlich begrenzte Bindung lag bei dem Kläger nicht vor. Er war als selbstständiger Untervertreter seit 2004, mithin auf Dauer tätig.

Schließlich war der Kläger in der streitigen Zeit nur für den Auftraggeber B tätig. Durch das gesetzliche Erfordernis, auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig zu sein, soll Ausnahmefällen Rechnung getragen und insbesondere sichergestellt werden, dass eine Tätigkeit in nur unbedeutendem Umfang für einen oder auch mehrere andere Auftraggeber für die Erfassung zur Rentenversicherungspflicht keine Auswirkung hat (Segebrecht in Kreikebohm/Roßbach, SGB VI, 6. Auflage 2021, § 2 Rn 42). Das Erfordernis der Tätigkeit im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber umfasst nicht nur den Fall, dass der Betreffende rechtlich (vertraglich) im Wesentlichen an einen Auftraggeber gebunden ist, sondern auch den Fall, dass er tatsächlich (wirtschaftlich) im Wesentlichen von einem einzigen Auftraggeber abhängig ist (BT-Drs 14/45, S 20; Bayerisches LSG 13.07.2005, L 1 R 4208/04, juris Rn 29; Guttenberger in Kasseler Kommentar, Stand Mai 2021, § 2 SGB VI Rn 39). Tätigkeiten in unbedeutendem Umfang für weitere Auftraggeber stehen der Versicherungspflicht nicht entgegen (BT-Drs 14/151, S 31). Tätigkeiten in einem unbedeutenden Umfang werden dann angenommen, wenn ein Selbstständiger mehrere Auftraggeber hat, von denen einer ein Auftragsvolumen von mehr als fünf Sechstel abdeckt (vgl LSG Baden-Württemberg 30.07.2020, L 7 R 2030/19, juris Rn 60; LSG Baden-Württemberg 06.02.2020, L 7 R 3948/18, juris Rn 35 mwN). In Anwendung dieser Maßstäbe war der Kläger in der hier streitigen Zeit nur für einen Auftraggeber tätig, nämlich B. Denn seine Tätigkeit als Handelsvertreter für VStiftung & Co. KG gab er bereits 2004 auf. Dass er für weitere Auftraggeber tätig war, hat der Kläger nicht vorgetragen, dies ist auch nicht ersichtlich.

Der Kläger beschäftigte im Zusammenhang mit seiner selbstständigen Tätigkeit in der hier streitigen Zeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Der in § 2 Satz 1 Nr 9a SGB VI geregelten Voraussetzung der (regelmäßigen) Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers kommt eine gesetzliche Indizwirkung für die wirtschaftliche Lage des selbstständig Tätigen zu; dabei ist die Anknüpfung an die wirtschaftliche Lage des Selbstständigen als Parameter der sozialen Schutzbedürftigkeit zulässig (BSG 29.08.2012, B 12 R 7/10 R, juris Rn 23). Wer ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer selbstständig tätig wird, ist typischerweise nicht in der Lage, so erhebliche Verdienste zu erzielen, dass er sich außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung absichern könnte, und damit typischerweise sozial schutzbedürftig (BSG 29.08.2012, B 12 R 7/10 R, juris Rn 23). Der Gesetzgeber hat die Schutzbedürftigkeit der in § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI genannten Selbstständigen in einer generalisierenden, typisierenden und verwaltungsmäßig leicht feststellbaren Weise zulässig davon abhängig gemacht, dass im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt wird (BSG 10.05.2006, B 12 RA 2/05 R, juris Rn 21; BSG 24.11.2005, B 12 RA 1/04 R, BSGE 95, 275, juris Rn 27). Dabei zeigt allein die Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers, dass der Selbstständige aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage die Mittel zu ihrer Dauerbeschäftigung aufzubringen vermag (BSG 10.05.2006, B 12 RA 2/05 R, juris Rn 22). Der Einsatz von Hilfskräften außerhalb eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses genügt nicht (vgl BSG 10.05.2006, B 12 RA 2/05 R, juris Rn 22 ff). Voraussetzung dafür, dass die vom Gesetz indizierte Schutzbedürftigkeit nicht vorliegt ist, ist mithin, dass die selbstständige Person einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt (BSG 09.11.2011, B 12 R 1/10 R, juris Rn 22). Vorliegend übte der Kläger seine selbstständige Handelsvertretertätigkeit ohne einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer über viele Jahre aus und beschäftigte erst außerhalb der streitigen Zeit ab 01.01.2015 seine Ehefrau als versicherungspflichtige Arbeitnehmerin. Zuvor war neben dem Kläger bei der Akquise von Aufträgen gelegentlich ein Herr B2 tätig, mit dem er sich die Provision aufteilte. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung zwischen dem Kläger und Herrn B2 bestand aber nicht (vgl BSG 10.05.2006, B 12 RA 2/05 R, juris Rn 16 ff).  

Der Kläger übte seine selbstständige Tätigkeit in einem mehr als geringfügigen Umfang aus (vgl § 5 Abs 2 Nr 2 SGB VI); vielmehr war er als selbstständiger Handelsvertreter in „Vollzeit“ tätig.

Schließlich ist die Erhebung der durch die Beklagte festgesetzten Beiträge für die streitige Zeit vom 01.01.2009 (vgl § 23 Abs 1 Satz 2 SGB IV) bis zum 31.12.2014 nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Beiträge für diesen Zeitraum nach Maßgabe der §§ 169 Nr 1, 173, 165 Abs 1 Satz 2 SGB VI berechnet. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt Einwendungen gegen die Höhe der festgesetzten Beiträge erhoben. Berechnungsfehler sind dem Senat im Übrigen auch nicht ersichtlich, sodass die Beiträge auch in zutreffender Höhe festgesetzt worden sind. Die durch die angefochtenen Bescheide festgesetzten Beiträge sind weder verjährt noch verwirkt (vgl § 25 SGB IV; ferner BSG 27.07.2011, B 12 R 16/09 R, BSGE 109, 22, juris Rn 36; BSG 01.07.2010, B 13 R 67/09 R, juris Rn 31). Hinsichtlich der Beiträge für das Jahr 2009, wobei die vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV mit Ablauf des 31.12.2013 geendet hätte, leitete die Beklagte spätestens im Juli 2013 eine „Prüfung der Beitragszahlung“ hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als selbstständiger Handelsvertreter ein (Schreiben der Beklagten vom 09.07.2013, 25.07.2013, 08.08.2013, 04.09.2013, 16.09.2013, 15.10.2013, 13.11.2013, 12.12.2013, 28.01.2014), die sie wegen der schleppenden und unzureichenden Mitwirkung des Klägers erst mit Erlass des Bescheides vom 01.04.2014 abschließen konnte. Die hat zur Folge, dass die Verjährungsfrist für die Dauer der Prüfung gehemmt wurde (§ 25 Abs 2 Satz 6 iVm § 25 Abs 2 Satz 2 SGB IV).

Im Hinblick auf die geltend gemachte Verwirkung vermochte der Kläger nicht ansatzweise ein Verwirkungsverhalten der Beklagten zu beschreiben, aufgrund dessen er habe darauf vertrauen dürfen, dass die Beklage Beiträge für die Zeit ab 01.01.2009 nicht mehr geltend machen werde. Zunächst ist nicht ersichtlich, wann und mit welchem konkreten Inhalt das behauptete Telefongespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten stattgefunden haben soll. Zudem steht dieses Vorbringen im Widerspruch zum Verhalten des Klägers. Dieser hat mit Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten vom 19.06.2013 die im Rechtsstreit S 7 R 378/13 streitigen Beiträge „dem Grunde nach anerkannt“ und weiterhin ua mitgeteilt, dass er die rückständigen und laufenden Beiträge als Selbstständiger nicht auf einmal bezahlen könne. Im Rahmen der im Juli 2013 eingeleiteten Prüfung der Versicherungs- und Beitragspflicht hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt ein Verwirkungsverhalten der Beklagten behauptet. Mit seinem Widerspruch vom 05.05.2014 gegen den Bescheid vom 01.04.2014 hat er vielmehr zunächst lediglich Ratenzahlung geltend gemacht und am 29.12.2014 die Aufnahme monatlicher (Raten-)Zahlungen ab Januar 2015 angekündigt. Ua im März und Juli 2015 (Schreiben vom 25.03.2015 und 23.07.2015) hat er auf die rückwirkende ratenweise Beitragszahlung für die Zeit bis Dezember 2014 verwiesen und lediglich eine Beitrags- und Versicherungspflicht ab 01.01.2015, dem Beginn der Beschäftigung seiner Ehefrau, moniert. Erstmals mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 22.12.2016 hat der Kläger völlig unsubstantiiert behauptet, dass ihm telefonisch mitgeteilt worden sei, dass er keine Beiträge mehr an die Beklagte zu zahlen brauche, und er sich deshalb gezwungen gesehen habe, eine private Altersvorsorge aufzubauen. Dabei lässt der Kläger völlig im Dunkeln, wann er welche konkrete Vermögensdisposition getroffen haben will. Aus der von ihm bei der Beklagten eingereichten „Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse“ vom 27.07.2013 sind solche Vermögensdispositionen für eine private Altersvorsorge auch nicht ersichtlich. Schließlich hat die Beklagte durch die spätestens im Juli 2013 eingeleitete Prüfung der Versicherungs- und Beitragspflicht unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Geltendmachung von Rentenversicherungsbeiträgen für die hier streitige Zeit ab 01.01.2009 in Betracht kommt.            

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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