L 6 SB 539/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 2931/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 539/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

1. Das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2020 wird berichtigt und der Tenor wie folgt gefasst:

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 23. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2017 verpflichtet, bei dem Kläger einen GdB von 40 seit dem 26. Oktober 2016 festzustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2020 wird zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klageverfahren hat der Beklagte 1/3 zu tragen, außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

 

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die höhere Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit mehr als 40 statt 30.

Er ist im März 1963 geboren und hat nach dem Hauptschulabschluss den Beruf des Malers und Lackierers erlernt. Bei seiner Arbeit als LKW-Fahrer für einen Farben-Großhandel muss er schwere Lasten bewegen. Er ist verheiratet, hat zwei volljährige Kinder und bewohnt eine Wohnung im zweiten Stock ohne Aufzug. 1994 traten erstmals Probleme mit dem respiratorischen System auf. Bis 2002 war er Raucher mit ca. 15 pack years bei einer Packung/Tag, seitdem Rauchkarenz. Sein Hobby ist spazieren gehen, auch wandert er eine Woche in den A. (A. Dr. van B.).

Am 2. November 2006 beantragte er bei dem Landratsamt C. (LRA) erstmals die Feststellung des GdB, welches Behandlungsunterlagen bei dem Allgemeinmediziner K. beizog. Die Versorgungsärztin O. führte hierzu aus, dass aufgrund der Lungenfunktionseinschränkung mit respiratorischer Insuffizienz ein Teil-GdB von 50 anzunehmen sei. Der behandelbare Stimmbandpolyp und der Zustand nach Kreuzbandplastik bedingten keinen Teil-GdB von wenigstens 10. Gestützt hierauf stellte das LRA mit Bescheid vom 6. Februar 2007 einen GdB von 50 seit dem 2. November 2006 sowie die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens „G“ fest. Weitere Merkzeichen wurden abgelehnt.

Im Oktober 2009 leitete der Beklagte ein Überprüfungsverfahren ein und zog Befundberichte des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. sowie den Entlassungsbericht über die in der Zeit vom 24. Oktober bis 14. November 2007 durchgeführte stationäre Rehabilitation in der N.-klinik B. bei. Aus diesem ergab sich, dass unter medikamentöser Behandlung bei wiederholter Untersuchung während des Aufenthalts keine relevante Ventilationsbeeinträchtigung festzustellen gewesen sei. Die bronchial-relevante Medikation solle im derzeitigen Umfang fortgeführt werden, regelmäßige Kontrollen der Lungenfunktion würden empfohlen. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als LKW-Fahrer bestehe vollschichtige Leistungsfähigkeit.

Dr. F.-M. versorgungsärztlich nur noch einen GdB von 30. Die Lungenerkrankung habe sich erfreulicherweise deutlich verbessert, sodass auch das Merkzeichen „G“ nicht mehr berechtigt sei.

Nach Anhörung vom 2. März 2010 und Beiziehung weiterer Befundunterlagen bei dem Allgemeinmediziner K. verneinte Dr. Z. versorgungärztlich weiterhin den Fortbestand einer respiratorischen Insuffizienz. Mit Bescheid vom 8. September 2010 hob das LRA den Bescheid vom 6. Februar 2007 auf und stellte einen GdB von 30 ab dem 11. September 2010 fest. Die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens „G“ seien nicht mehr gegeben.

Im Widerspruchsverfahren holte das LRA den Befundschein des Orthopäden Dr. D. ein, der eine freie Beweglichkeit des rechten Knie und zunehmende Schmerzen im Bereich des linken Knie beschrieb. In der Kernspintomographie (MRT) habe sich ein Knorpelschaden dritten Grades mit leichtem Gelenkerguss gezeigt. Beide Kniegelenke seien stabil, es bestehe keine Instabilität und eine freie Beweglichkeit.

Dr. D. führte versorgungsärztlich aus, dass die Lungenerkrankung mit einem Teil-GdB von 30 angemessen bewertet worden sei. Neu anerkannt werden könne ein Knorpelschaden an beiden Kniegelenken ohne Bewegungseinschränkungen mit einem Teil-GdB von 10.

Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium S. – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2011 zurück und führte zur Begründung aus, dass sich die Lungenfunktionseinschränkung zwischenzeitlich gebessert habe. Eine respiratorische Insuffizienz bestehe nicht mehr. Als weitere Funktionseinschränkung bestünden Knorpelschäden an beiden Kniegelenken, die mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten seien und sich nicht erhöhend auswirkten.

Am 16. September 2013 beantragte der Kläger die Neufeststellung des GdB und legte lungenärztliche Befunde aus dem Zeitraum von 1994 bis 2006 vor.

Das LRA holte den Befundschein des Facharztes für Allgemeinmedizin K. ein. Dieser teilte mit, dass bei dem Kläger eine Bronchiektasenerkrankung bei Asthma bronchiale und einer in den letzten Monaten deutlich verschlechterten Symptomkontrolle bestehe. Aufgrund der Lungenerkrankung und mehrerer stattgehabter Pneumonien habe der Lungenfacharzt die Einleitung einer stationären Heilbehandlung empfohlen. Weiter bestehe eine Refluxkrankheit der Speiseröhre. Ergänzend legte er Befundberichte des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. (auskultatorisch unauffälliges Herz, über der Lunge basal Knistern, über dem Mittellappen verschärftes Atemgeräusch) und den Röntgenbefund des Thorax vom 26. August 2013 (Oberlappenpneumonie rechts, ansonsten unauffälliger Herz- und Lungenbefund) sowie vom 27. Dezember 2013 (vorbestehende Pneumonie im Oberlappen rückläufig, weiter Zeichen einer geringen, atypischen Pneumonie) vor.

Dr. Z. nahm versorgungsärztlich dahingehend Stellung, dass eine wesentliche Verschlechterung nicht eingetreten sei, die Lungenentzündung und die Bronchiektase seien berücksichtigt, eine respiratorische Insuffizienz bestehe nicht.

Mit Bescheid vom 29. Juli 2014 lehnte das LRA den Neufeststellungsantrag ab, da eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht eingetreten sei.

Im Widerspruchsverfahren holte das LRA den Befundschein des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. ein, der ausführte, dass ein Asthma bronchiale und eine Bronchiektasenerkrankung bestehe. Die Belastbarkeit sei trotz erweiterter Asthmatherapie immer noch bei stark belastungsbedingten Einschränkungen beim Lastentragen limitiert. Von Seiten des Asthmakontrolltests bestehe ungeachtet umfangreicher antiasthmatischer Therapie immer noch keine Asthmakontrolle. Lungenfunktionell lägen grenzwertige statische und dynamische Volumina vor. Ergänzend legte er seine Befundberichte mit den Lungenfunktionsbefunden vom 20. Januar und 28. August 2014 vor.

Dr. Z. sah versorgungsärztlich weiter spirometrisch und bodyplethysmograpisch normale statische Volumina ohne Obstruktionszeichen. Es bestehe eine nur leichte Überblähung, auch liege keine respiratorische Partialinsuffizienz vor, die einen höheren GdB rechtfertige.

Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium S. – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2015 zurück und führte zur Begründung aus, dass auch in Auswertung der neuen Befunde eine wesentliche Änderung nicht vorliege.

Am 26. Oktober 2016 beantragte der Kläger wiederum die Neufeststellung des GdB. Vorgelegt wurde der Entlassungsbericht des Universitätsklinikums T. über die stationäre Behandlung vom 17. bis 20. Mai 2016. Danach sei die Aufnahme zur bronchoskopischen Erregerdiagnostik bei bekannter Bronchiektasenerkrankung mit rezidivierenden Infektexacerbationen erfolgt. Endobronchial habe sich vermehrt eitrig zähflüssiges Sekret gezeigt. Bei erneuter eitriger Bronchitis postinterventionell sei mit einer Antibiose begonnen worden. Eine Wiedervorstellung zur erneuten Erregerdiagnostik und befundgerechten Keimlastreduktion werde empfohlen.

Der Allgemeinmediziner K. führte in einem weiteren Befundschein aus, dass eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung sowie ein Asthma bronchiale bei bronchialer Hyperreagibilität bestehe. Der Schweregrad sei als schwerwiegend einzustufen. Es erfolgten immer wieder schwer verlaufende Infekte, welche mit konsequenter Antibiotikagabe behandelt werden müssten. Die Häufigkeit und Schwere der bronchitischen Schübe nehme derzeit massiv zu. Das Gehvermögen und die Gehfähigkeit würden ausschließlich durch die pulmonale Erkrankung eingeschränkt.

Dr. Z. wies darauf hin, dass sich eine wesentliche und anhaltende Verschlimmerung der bekannten Lungenfunktionseinschränkung nicht begründen lasse. Eine aktuelle Blutgasanalyse liege nicht vor, auch werde kein aktuelles Bewegungsausmaß der Kniegelenke beschrieben.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2017 lehnte das LRA den Neufeststellungsantrag ab, da eine wesentliche Änderung nicht vorliege.

Im Widerspruchsverfahren gab Dr. S. in seinem Befundschein an, dass trotz mehrfach durchgeführter endoskopischer Therapie keine Beschwerdefreiheit ­– bei persistierendem Leitsymptom Husten, Auswurf und Atemnot – erreichbar gewesen sei. Die letzte Lungenfunktionsdiagnostik habe spirometrisch reduzierte, bodyplethsymographisch normale Volumina ohne relevante obstruktive Ventilationsstörung, jedoch erheblicher Flusslimitierung im Bereich der kleinen Atemwege gezeigt. Im letzten Röntgen des Thorax vom 20. März 2017 sei es zu einer Rückbildung von Verdichtungen in den Unter- und Mittelfeldern rechts mehr als links gekommen. Weiterhin hätten fleckige Verschattungen durch die beidseitige Bronchiektasenerkrankung bestanden.

Dr. Z. hielt an der bisherigen Einschätzung fest, da keine respiratorische Insuffizienz bestehe. Die Lungenfunktionseinschränkung sei bereits ausreichend gewürdigt, die Polyposis erreiche nicht das Ausmaß einer Behinderung. Wesentliche Beschwerden im Unterschenkel würden nicht beschrieben.

Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium S. – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2017 zurück, da die Auswertung der Befundunterlagen gezeigt habe, dass alle bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen korrekt berücksichtigt und gewürdigt seien. Ein Gesamt-GdB von 50 könne beispielsweise nur angenommen werden, wenn die Auswirkung der Behinderung so erheblich seien, wie bei dem Verlust einer Hand, eines Beines im Unterschenkel oder bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule. Ein solches Ausmaß erreichten die Funktionsbeeinträchtigungen vorliegend nicht.

Am 25. August 2017 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, welches zur weiteren Sachaufklärung Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt hat.

Der Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. hat bekundet, dass eine überwiegend restriktive nicht vorübergehende Lungenfunktionseinschränkung vorliege. Die obstruktive Komponente sei variabel bei Asthma und COPD-Komponente. Der GdB sei auf 50 bis 70 einzuschätzen. Die restriktive Ventilationsstörung habe zugenommen. Ergänzend hat er seine Befundberichte mit Messdaten der Lungenfunktionsprüfungen vorgelegt.

Der Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) Dr. K. hat beschrieben, dass sich aufgrund der Untersuchungen vom 20. Oktober 2016 und 3. November 2016 kein Hinweis für eine akute Erkrankung im HNO-Bereich gefunden habe. Eine chronische Sinusitis liege nicht vor, sodass kein GdB auf seinem Fachgebiet bestehe.

Der Arzt für Allgemeinmedizin K. hat angegeben, dass der Kläger bei ihm wegen Infekten der oberen Atemwege vorstellig geworden sei. Die Lungenfunktionsprüfung am 17. August 2017 habe eine massive Einschränkung des Lungenvolumens und einer leichten Verbesserung der forcierten Vitalkapazität expiratorisch gezeigt. Es bestehe eine schwergradige COPD mit Bronchiektasen und immer wieder kehrenden pulmonalen Infekten.

Das Vergleichsangebot des Beklagten auf Feststellung eines GdB von 40 ab dem 26. Oktober 2016 hat der Kläger abgelehnt. In der zugehörigen versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. G. hat dieser ausgeführt, dass eine durchgehend mittelgradige Lungenfunktionseinschränkung nicht belegt sei. Angesichts der dokumentierten Lungenfunktionsbefunde und der chronisch bronchitischen Symptomatik mit produktivem Husten könne zusammenfassend ein GdB von 40 vorgeschlagen werden.

Sodann hat das SG das lungenfachärztliche Sachverständigengutachten des Dr. van B. aufgrund ambulanter Untersuchung vom 18. Juni 2018 erhoben. Dieser hat ausgeführt, dass sich der der Kläger in gutem Allgemein- und adipösem Ernährungszustand befunden habe. Dass An- und Ausziehen sei flott erfolgt, es habe keine Ruhedyspnoe und keine Blässe der sichtbaren Schleimhäute bestanden. Der Brustkorb sei seitengleich beatmet und die Lungengrenzen an normaler Stelle ausreichend atemverschieblich gewesen. Die physikalische Untersuchung von Herz und Lungen habe keine auffälligen Befunde ergeben, der Blutdruck habe sowohl unter Ruhe, als auch nach Belastungsbedingungen im Normbereich gelegen. Die Blutuntersuchung habe Normalwerte oder klinisch nicht relevante Grenzwerte ergeben. In der Bodyplethysmografie hätten sich normale Atemwegswiderstände, ein normales Residualvolumen und während der Spirometrie ein regelmäßiges Husten gezeigt. Die Messung der CO-Diffusionskapazität sei etwas durch Hustenanfälle behindert gewesen, sodass die minimale CO-Diffusionsstörung, die gemessen worden sei, in Wirklichkeit möglicherweise gar nicht bestehe. Die Blutgasanalyse (BGA) habe einen adäquaten Anstieg des pO2 unter Belastung bei normalen CO2-Werten gezeigt. Die Spiroergometrie sei auf dem Laufband durchgeführt worden, da die Belastung der Alltagsbelastung näher komme als die Testung auf dem Fahrrad. Als Untersuchungsprotokoll sei das Balke-Protokoll mit einer Laufbandgeschwindigkeit von 3,5 km/h und 1% Neigungszunahme pro Minute gewählt worden. Insgesamt sei die Untersuchung über 13 Minuten durchgeführt, die Soll-Belastung dabei erreicht worden. Die kardiorespiratorischen Parameter seien im Normbereich verlaufen, die anaerobe Schwelle nicht überschritten worden. Weder unter Ruhe- noch unter Belastungsbedingungen habe eine respiratorische Partial- und/oder Globalinsuffizienz nachgewiesen werden können. Eine wesentliche obstruktive Atemwegserkrankung unter der antiobstruktiven Dauertherapie mit Foster habe nicht bestanden. Nachweisbar sei eine vorwiegend im rechten Unterlappen lokalisierte Bronchiektasenerkrankung. Diese führe glaubhaft einmal pro Jahr zu einer Lungenentzündung, die ambulant mit Antibiotika behandelt werde. Eine kontinuierliche Therapie mit mehrmals täglichem Abhusten bei der notwendigen Inhalation von Kochsalzlösung sei eine objektivierbare dauerhafte Behinderung. Die Lungenfunktionsmessdaten unter Ruhebedingungen seien unter der antiobstruktiven Dauertherapie nicht wesentlich eingeschränkt. Für die Bronchiektasenerkrankung könne ein GdB von 30 angenommen werden. Der beste FEV1-Wert liege zwar minimal unter dem LLN-Wert, der Quotient FEV1/VC sei allerdings normal. Eine dauernde Obstruktionseinschränkung der Lungenfunktion sei daher nicht nachweisbar. Bei leichter restriktiver Einschränkung der Lungenfunktion ohne Nachweis einer respiratorischen Partial- und/oder Globalinsuffizienz unter Ruhe- und Belastungsbedingen seien die Behinderungen aufgrund der Hustensymptomatik und täglich notwendigen Inhalationen mit Kochsalz bzw. Atrovent-Ampullen als leicht zu bezeichnen. Die aktenkundigen Lungenfunktionsergebnisse seien aus lungenfachärztlicher Sicht teilweise nicht plausibel. Dies lasse sich aus den großen Unterschieden zwischen der gemessenen aktenkundigen inspiratorischen und den expiratorischen Vitalkapazitätsmessergebnissen ableiten. Im Wesentlichen sei die inspiratorische immer genauso groß wie die expiratorische Vitalkapazität. Wenn es dabei große Unterschiede, wie in der Akte dokumentiert, gebe, müsse von einer nicht korrekten Durchführung der Lungenfunktionprüfung ausgegangen werden. Auch habe weder eine respiratorische Partial- noch eine Globalinsuffizienz nachgewiesen werden können. Die aktenkundige Angabe, dass der Kläger körperlich nicht belastbar sei, könne nicht bestätigt werden.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das pneumologische Sachverständigengutachten des Dr. Z. aufgrund ambulanter Untersuchung vom 4. Dezember 2018 erhoben. Dieser hat ausgeführt, dass sich rein formal keine relevante Ventilationsstörung in der Lungenfunktions-Diagnostik gezeigt habe. Es habe eine leichtgradige, kombinierte Reduktion von statischen und forcierten Lungenvolumina bestanden, weiter deutliche Zeichen einer Lungenüberblähung. Die Verminderung der inspiratorischen Vitalkapazität sei daher vermutlich im Sinne einer Pseudorestrikion als Folge der Überblähung zu interpretieren und passend dazu die totale Lungenkapazität normal. Es bestehe eine leichtgradige bronchiale Hyperreagibilität, in der BGA habe sich eine leichtgradige respiratorische Partialinsuffizienz trotz leichter Hyperventilation gezeigt. Unter Belastung habe keine signifikante Belastungshypoxämie als Zeichen einer Diffussionsstörung bestanden, es habe sich eine ordentliche Ausbelastung mit Lactatanstieg und metabolischer Azidose gezeigt. Die Throrax-Sonographie habe keinen Herdbefund und beidseits keinen Pleuraerguss ergeben. Die Atemverschieblichkeit habe über 9 cm gelegen und somit einen Normalbefund. Die Beeinträchtigung des Klägers bestehe durch den chronisch-produktiven Husten und die insbesondere bei körperlicher Belastung vorhandene Luftnot. Daneben seien täglich Symptome der bronchialen Überempfindlichkeit vorhanden. Eine kontinuierliche medikamentöse Inhalationstherapie und hochfrequente Einnahme der Bedarfsmedikation seien notwendig, könnten aber die Symptomatik nicht voll kontrollieren. Im Zusammenhang mit den rezidivierenden Infektionen der oberen und unteren Atemwege sowie der Bronchiektasenkrankheit könne bereits klinisch eine chronische Bronchitis als Begleitdiagnose diagnostiziert werden. Das Fehlen einer chronisch obstruktiven Ventilationsstörung in den Lungenfunktionsuntersuchungen schließe dagegen eine chronisch obstruktive Bronchitis/COPD definitionsgemäß aus. Es liege damit nur eine einfache chronische Bronchitis vor, für welche neben den gehäuften Infekten und den Bronchiektasen zusätzlich das frühere Inhalationsrauchen und möglicherweise die beruflich-inhalative Belastung eine Rolle gespielt hätten. In den Voruntersuchungen und auch aktuell sei eine leichte respiratorische Partialinsuffizienz in Ruhe festzustellen. Allerdings sei weder in der Ergooximetrie noch in der Ergospirometrie eine Zunahme der Oxigenierungsstörung unter körperlicher Belastung festzustellen. Passend zu den ebenfalls normalen Befunden in den CO-Diffusionskapazitätsmessungen in der Vorgeschichte und aktuell sowie der mehrfach dokumentierten radiologischen Diagnostik sei eine diffuse Lungenparenchymerkrankung zu diagnostizieren. Andere Diagnosen der Luftnot seien im Labor nicht offensichtlich. Die leicht erhöhten Entzündungszeichen seien möglicherweise Ausdruck der entzündlichen Aktivität auf dem Boden der Bronchiektasen. Der Schweregrad des Asthma bronchiale sei als leichtgradig zu bezeichnen, wichtiger sei aber die klinische Symptomkontrolle und damit der Leidensdruck des Betroffenen. Dementsprechend sei nach aktueller Schweregradeinteilung die asthmatische Atemwegserkrankung als allenfalls teilweise, vorwiegend unzureichend kontrolliertes Asthma und damit als mittelschweres Asthma bronchiale zu bezeichnen. Die einfache chronische Bronchitis könne nicht in Schweregrade eingeteilt werden. Die klinische Symptomatik sei definitionsgemäß kontinuierlich/chronisch. Die Bronchiektasenerkrankung gehe mit der beschriebenen Infektlabilität und auch der tracheobronchialen Instabilität einher. Aufgrund der täglichen Symptomlast und der regelmäßigen Exazerbationen sei von einem mittelschweren Schweregrad auszugehen. Der GdB für das Asthma bronchiale mit bronchialer Hyperreagibilität betrage 30, der für die Bronchiektasenerkrankung mit kontinuierlicher Symptomatik ebenfalls 30. Der Gesamt-GdB sei auf 60 einzuschätzen.

Der Beklagte ist dem Sachverständigengutachten unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. R. entgegengetreten. Dieser hat ausgeführt, dass Funktionssysteme zusammenfassend zu bewerten seien, sodass die bronchiale Hyperreagibilität ebenso wie die Bronchiektasen zusammenfassend abzubilden seien. Auch unter Hinweis auf die zwei Teil-GdB-Werte bei separater Bewertung sei in der Gesamtbetrachtung ein höherer Gesamt-GdB als bisher (40) nicht ableitbar. Die durchgeführte Lungenfunktionsdiagnostik, als auch die CO2-Diffusionskapazitätsmessung zeigten leichtgradige bis normwertige Befunde. Die Provokation eines Asthmas zeige ebenfalls eine leichtgradige bronchiale Hyperreagibilität, sodass bereits dieser Teil-GdB unter separater Bewertung nicht mit einem Teil-GdB von 30 berücksichtigt werden könne. Die bisherige Einschätzung mit einem Teil-GdB von 40 erscheine deshalb maximal hoch bewertet. Bei der Bildung des Gesamt-GdB dürften die Werte nicht addiert werden. Weiter sei ein Vergleich mit Gesundheitsschäden anzustellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben seien. Der angenommene GdB von 40 entspreche dem Verlust von drei Fingern mit Einschluss des Daumens bzw. einer Fußamputation nach Priogow, wobei hier der gesamte Fuß bis auf eine Spaltung des Fersenbeins amputiert werde.

Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung – in der der Kläger persönlich gehört worden ist (vgl. Protokoll) – vom 17. Januar 2020 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass in der mündlichen Verhandlung irrtümlich nochmals der klageabweisende Tenor des vorangegangenen Verfahrens verkündet worden sei. Daher deckten sich die Entscheidungsgründe nicht mit dem Tenor. Diese bezögen sich auf das tatsächlich in der Beratung gefasste Urteil, das dem Kläger unter Klagabweisung im Übrigen einen GdB von 40 seit dem 26. Oktober 2016 zuspreche und dem Beklagten 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlege.

Es bestehe eine Bronchiektasenerkrankung, die einen GdB von 30 bedinge. Diese manifestiere sich darin, dass der Kläger bei belastenden körperlichen Tätigkeiten wie etwa dem Heben mittelschwerer Lasten, an Luftnot leide und die Tätigkeiten kurzzeitig zur Regeneration unterbrechen und zur Ausführung dieser Tätigkeiten in der Regel erst circa zwei Hübe eines bedarfsweise eingesetzten Lungenbedarfssprays einnehmen müsse. Der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werde die Tatsache, dass der Kläger bei der Begutachtung durch Dr. van B. in der Lage gewesen, über 13 Minuten hinweg auf dem Laufband zu gehen. Das Gericht zweifele an der Verwertbarkeit der von Dr. van B. erhobenen Befunde, weil es deren Verfälschung durch eine unmittelbar vor der Begutachtung durchgeführte Medikation nicht ausschließen könne. Es bestehe eine allenfalls leichtgradige Obstruktion und Restriktion, wie aus den Feststellungen des Sachverständigen Dr. Z. folge. Diese seien nachvollziehbar, da erst dann von einer Obstruktion ausgegangen werden könne, wenn die relative Einsekundenkapazität 70 bis 80 % des Sollwertes betrage. Deshalb könne der Feststellung des Sachverständigen Dr. van B. nicht gefolgt werden, dass der Kläger an einer obstruktiven Bronchitis leide. Der sich aufgrund des Lungenfunktionsbefundes errechnende Einzel-GdB sei nicht höher als 30. Denn einen Einzel-GdB von 40 oder mehr bedinge die Einschränkung der Lungenfunktion noch nicht. Die vollständige Ausschöpfung des für geringgradige Lungenfunktionseinschränkungen eröffneten Bewertungsrahmens von 20 bis 40 erscheine noch nicht möglich, denn der Kläger könne im Rahmen seiner Berufstätigkeit als Kraftfahrer täglich – wenn auch mit der Notwendigkeit von Pausen und unter häufiger Verwendung eines Bedarfssprays – Farbeimer mit einem Gewicht von circa 25 kg händisch von seinem LKW abladen, wobei es sich um schwere körperliche Tätigkeit handele. Dass der Kläger am Wochenende zur Unternehmung von Aktivitäten nicht mehr in der Lage sei, weil er aufgrund der unter der Woche ausgeübten Berufstätigkeit erholungsbedürftig sei, rechtfertige ebenfalls nicht die Zuerkennung eines höheren GdB. Durch eine weiterhin bestehende bronchiale Hyperreagibilität sowie Hausstauballergie erhöhe sich der Einzel-GdB auf 40. Diese führten zu Atemwegsreizungen mit Hustenreizungen sowie nachts teilweise zu Luftnot. Die Atemwegsreizungen seien durch alltägliche Erscheinungen wie Rauch, Nebel, Haarspray, Staub und kaltfeuchte Witterung auslösbar. Tagsüber müsse der Kläger häufig auf sein Bedarfsspray zurückgreifen, um diese Reizungen zu lindern. Das Vorliegen der Hyperreagibilität ergebe sich aus den Feststellungen des Sachverständigen Dr. Z.. Bei isolierter Betrachtung sei die bronchiale Hyperreagibilität mit einem nicht vollständig ausgefüllten Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Aufgrund der leichten Ansprechbarkeit der Hyperreagibilität sei hiermit eine spürbare Einschränkung im Alltag verbunden, andererseits träten keine Asthmaanfälle im engeren Sinne, verbunden mit Atemnot, auf. Der Einzel-GdB von 30 erhöhe sich hierdurch auf 40, weil die Hyperreagibilität die von dem Bronchiektaseleiden ausgehenden Beeinträchtigungen verstärke, da der Kläger die von der Hyperreagibilität ausgehende Erhöhung des Atemwegswiderstandes als zusätzliche Belastung empfinde, die ihn zu einer zusätzlichen Verwendung seines Bedarfsmedikaments veranlasse. Jedenfalls den Umwelteinflüssen im Alltagsleben könne er, anders als möglicherweise den Hausstaubmilben durch die Anschaffung einer besonderen Matratze, auch nicht ausweichen.

Eine Erhöhung des Einzel-GdB auf 50 komme dagegen nicht in Betracht, denn etwa mit einer bronchialen Hyperreagibilität mit Serien schwerer Anfälle oder mit einer schweren Migräne mit lang andauernden Anfällen mit starken Begleiterscheinungen und Anfallspausen von nur wenigen Tagen sei die Teilhabebeeinträchtigung des Klägers insgesamt noch nicht vergleichbar. Die von Dr. Z. festgestellte Überblähung sei nicht bemessungsrelevant, da die Lungenfunktionseinschränkung in ihrer Gesamtheit bereits für die Bewertung der im Vordergrund stehenden Bronchienerkrankung bewertet worden sei. Eine nochmalige Berücksichtigung bedeute eine Doppelbewertung. Die geltend gemachte Polyposis nasi sei ärztlich nicht feststellbar. Weitere Ermittlungen seien nicht erforderlich gewesen. Zwar habe der sachverständige Zeuge K. wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung noch neue Lungenfunktionswerte erhoben und das Gericht erfolglos versucht, per Telefax an diese neuen Befundberichte zu gelangen, nachdem sich herausgestellt habe, dass dem Kläger versehentlich ein schon aktenkundiger Bericht mitgegeben worden sei. Allerdings schließe das Gericht aus, dass die Kenntnis der aktuellen Lungenfunktionswerte zu einer anderen Entscheidung geführt habe. Aus den genannten Gründen bedinge das für die GdB-Bemessung vorrangige klinische Bild der Gesundheitsstörungen im Funktionssystem „Atmung“ im Ergebnis noch keinen Einzel-GdB von 50. Die Kenntnis der aktuellen Lungenfunktionswerte hätten dem Gericht lediglich erlaubt, den Gesundheitszustand des Klägers in umfassender und aktueller Weise in seiner Entscheidung darzustellen, ohne dass dies Auswirkungen auf das Entscheidungsergebnis gehabt habe. Im Funktionssystem „untere Gliedmaßen“ betrage der Einzel-GdB 10, sodass sich ein Gesamt-GdB von 40 ergebe.

Am 12. Februar 2020 hat der Kläger Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Das SG lasse die Einschränkung der Lungenfunktion bei der Bemessung des Teil-GdB für das Funktionssystem Atmung außer Acht. Ausgehend von dem Einzel-GdB für die Bronchiektaseerkanung mit 30 sei aufgrund der Lungenfunktionsbeeinträchtigung eine Erhöhung um 10 und aufgrund der bronchialen Hyperreagibilität und Haustauballergie eine weitere Erhöhung um 10 vorzunehmen, sodass bereits für das Funktionssystem „Atmung“ die Schwerbehinderteneigenschaft erreicht werde. Die Lungenfunktionsbeeinträchtigungen bei Bronchiektasen als eigenständige Krankheit seien ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion nicht beachtlich. Die Begründung des SG führe letztlich dazu, dass die Lungenfunktionsbeeinträchtigung bei der Bemessung des GdB nicht berücksichtigt werde, was den Vorgaben widerspreche, wonach Einschränkungen der Lungenfunktion berücksichtigt werden müssten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2020 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, unter weiterer Abänderung des Bescheides vom 23. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2017 sowie unter teilweiser weiterer Rücknahme des Bescheides vom 8. September 2010, einen Grad der Behinderung von 50 seit dem 26. Oktober 2016 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verweist auf die angefochtene Entscheidung und führt ergänzend aus, dass die Klage irrtümlich abgewiesen worden sei. Wie aus den Entscheidungsgründen hervorgehe, sollte ein GdB von 40 festgestellt werden, wogegen keine Einwände bestünden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.

Der Tenor des angefochtenen Urteils war nach § 138 Satz 1 SGG zu berichtigen. Dieser bestimmt, dass Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit von Amts wegen zu berichtigen sind. Für die Berichtigung ist das mit der Sache befasste Rechtsmittelgericht zuständig, das im Rahmen der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den gesamten Spruchkörper entscheidet (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30. Juni 2016 – B 5 RE 1/15 R –, juris, Rz. 17). Nach der in der SG-Akten befindlichen handschriftlichen Niederlegung des Tenors hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2018 (richtig 2017) verpflichtet, bei dem Kläger einen GdB von 40 seit dem 26. Oktober 2016 festzustellen, hat die Klage im Übrigen abgewiesen und entschieden, dass der Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt. Dementsprechend ergibt sich sowohl aus der Sitzungsniederschrift wie aus den Entscheidungsgründen, dass entsprechend tenoriert werden sollte. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Kostenentscheidung nur auf ein Drittel der Kosten lauten sollte, kann der Senat der handschriftlichen Niederlegung des Tenors indessen nicht entnehmen. Nachdem das SG davon abgesehen hat, das noch nicht schriftlich niedergelegte Urteil – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – selbst zu berichtigen (vgl. dazu Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 138 Rz. 4), konnte sich der Senat nur an dem handschriftlich niedergelegten Tenor orientieren.

Nach Berichtigung ist Gegenstand des Berufungsverfahrens das Urteil des SG vom 17. Januar 2020, mit der der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) auf Feststellung eines GdB von 50 unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 8. August 2017 sowie teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 8. September 2010 nur hinsichtlich der Feststellung eines GdB von 40 entsprochen worden und diese im Übrigen abgewiesen worden ist. Nachdem sich der Beklagte mit der Feststellung eines GdB von 40 in der Berufungserwiderung ausdrücklich einverstanden erklärt und sogar ausgeführt hat, dass das Vergleichsangebot als Teilanerkenntnis angesehen werden könnte, liegt keine Anschlussberufung vor, sodass das berichtigte Urteil mit einem GdB von 40 rechtskräftig ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 54 Rz. 33a).

Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der weitergehenden Unbegründetheit der Klage. Im noch streitigen Umfang ist der Bescheid vom 23. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2017 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der GdB ist mit 40 nicht rechtswidrig zu niedrig festgesetzt worden, die gegenteilige Einschätzung des Dr. Z., der einen GdB von 60 sehen will, beruht auf einer fehlerhaften Bildung des Gesamt-GdB, sodass dieser nicht gefolgt werden kann.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung im Gesundheitszustand ist auszugehen, wenn diese einen um wenigsten 10 veränderten Gesamt-GdB rechtfertigt (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 – B 9 SB 1/03 R –, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt – teilweise – aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 – 9a RVs 55/85 –, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des – teilweise – aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 – B 9 V 2/10 R –, SozR 4-3100 § 35 Nr. 5, Rz. 38 m. w. N.).

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob eine wesentliche Änderung gegenüber dem Vergleichsbescheid vom 8. September 2010 überhaupt eingetreten ist, nachdem das SG eine solche angenommen hat und der Beklagte dem nicht entgegengetreten ist. Jedenfalls liegt nach Überzeugung des Senats keine Änderung vor, die die Feststellung eines höheren Gesamt-GdB als 40 rechtfertigt, wie durch das Sachverständigengutachten des Dr. van B. belegt ist.

Der Anspruch richtet sich nach § 152 Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in der aktuellen, seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung durch Art. 1 und 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen mit Behinderungen sind nach § 2 Abs. 1 SGB IX Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können (Satz 1). Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht (Satz 2). Menschen sind im Sinne des Teils 3 des SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Nachdem noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen, somit die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412), entsprechend (§ 241 Abs. 5 SGB IX). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (vgl. BSG, Urteil vom 1. September 1999 – B 9 V 25/98 R –, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.

Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als „Alterskrankheiten“ (etwa „Altersdiabetes“ oder „Altersstar“) bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 152 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.

Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 – B 9 SB 1/03 R –, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 – B 9 SB 35/10 B –, juris, Rz. 5).

Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (vgl. BSGE 82, 176 [177 f.]). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.

In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der GdB mit 40 nicht rechtswidrig zu niedrig festgesetzt worden ist.

Die für die Bemessung des GdB maßgebenden Funktionseinschränkungen bestehen bei dem Kläger im Funktionssystem „Atmung“, welches mit keinem höheren Teil-GdB als 40 zu bewerten ist.

Nach den VG, Teil B, Nr. 8.2 führen chronische Bronchitis und Bronchiektasen als eigenständige Krankheiten ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion in leichter Form (symptomfreie Intervalle über mehrere Monate, wenig Husten, geringer Auswurf) zu einem GdB von 0 bis 10 und in schwerer Form (fast kontinuierlich ausgiebiger Husten und Auswurf, häufig akute Schübe) zu einem GdB von 20 bis 30.

Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion geringen Grades (das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bei mittelschwerer Belastung, statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung bis zu 1/3 niedriger als die Sollwerte, Blutgaswerte im Normbereich) sind mit einem GdB von 20 bis 40 und mittleren Grades (das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bereits bei alltäglicher leichter Belastung, statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung bis zu 2/3 niedriger als die Sollwerte, respiratorische Partialinsuffizienz) mit einem GdB von 50 bis 70 zu bewerten (VG, Teil B, Nr. 8.3).

Ein Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion führt nach den VG, Teil B, Nr. 8.5 bei einer Hyperreagibilität mit seltenen und/oder leichten Anfällen zu einem GdB von 0 bis 20 und eine Hyperreagibilität mit häufigen und/oder schweren Anfällen zu einem GdB von 30 bis 40, wobei eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion zusätzlich zu berücksichtigen ist.

Aus der Systematik ergibt sich somit bereits, dass VG, Teil B, Nr. 8.2 nur heranzuziehen ist, wenn eine Einschränkung der Lungenfunktion nicht vorliegt und bei Einschränkung der Lungenfunktion die Beurteilung nach VG, Teil B, Nr. 8.3 zu erfolgen hat, wie auch Dr. van B. in seinem Sachverständigengutachten plausibel dargelegt hat. Dafür spricht auch, dass eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion nur bei einem Bronchialasthma als zusätzlich zu berücksichtigend ausgewiesen wird und dieses unter Nr. 8.5. aufgeführt wird und damit nach Nr. 8.3.

Bei dem Kläger besteht eine Bronchiektasenerkrankung, wie dies sowohl aus den Vorbefunden als auch aus dem Sachverständigengutachten des Dr. van B. folgt. Dieser hat, für den Senat überzeugend, dargelegt, dass sich in den Laborwerten ein Normalbefund gezeigt hat und in die Bodyplethysmografie normale Atemwegswiderstände, ein normales Residualvolumen und während der Spirometrie ein regelmäßiges Husten vorgelegen hat. Die beste Vitalkapazität ist mit einem FEV1-Wert von 2,8 Litern erreicht worden, wobei der Sachverständige vermerkt hat, dass 400 mcg Salbutamol eingenommen worden sind. Die Messung der CO-Diffusionskapazität beschreibt er als etwas durch Hustenanfälle behindert, sodass er die Befunde dahingehend wertet, dass die minimale CO-Diffusionsstörung in Wirklichkeit überhaupt nicht bestanden hat. Die BGA zeigte einen adäquaten Anstieg des pO2 unter Belastung bei normalen CO2-Werten. Zur Auswertung der Ergospirometrie hat der Sachverständige dargelegt, dass in der über 13 Minuten durchgeführten Untersuchung die Soll-Belastung erreicht worden ist, die kardiorespiratorischen Parameter im Normbereich verliefen und die anaerobe Schwelle nicht überschritten worden ist. Weder unter Ruhe- noch unter Belastungsbedingungen zeigte sich eine respiratorische Partial- und/oder Globalinsuffizienz. Zusammenfassend geht der Sachverständige aufgrund der erhobenen Befunde nachvollziehbar davon aus, dass keine wesentliche obstruktive Atemwegserkrankung unter der antiobstruktiven Dauertherapie mit Foster nachzuweisen ist, sondern nur eine vorwiegend im rechten Unterlappen lokalisierte Bronchiektasenerkrankung, die einmal jährlich zu einer Lungenentzündung führt. Die Lungenfunktionsdaten beschreibt er unter Ruhebedingungen bei antiobstruktiver Dauertherapie als nicht wesentlich eingeschränkt, sodass er eine dauernde Lungenfunktionseinschränkung nicht sieht und deshalb eine Beurteilung nach den VG, Teil B, Nr. 8.2 vornimmt und den Bewertungsrahmen vor dem Hintergrund der chronischen Hustenbeschwerden ausschöpft.

Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung beim SG geltend gemacht hat, dass durch Medikamenteneinnahme die Untersuchungsergebnisse verfälscht worden sein sollen, überzeugt dies den Senat nicht. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um eine eigene medizinische Mutmaßung des Klägers handelt, für die ihm die Sachkunde fehlt, lässt sich dem Sachverständigengutachten des Dr. van B. durchaus entnehmen, dass dieser die medikamentöse Behandlung berücksichtigt hat. Im Übrigen weist der Sachverständige ausdrücklich darauf hin, dass die aktenkundige Angabe einer fehlenden körperlichen Belastbarkeit bei der aktuellen Untersuchung auf dem Laufband nicht nachzuweisen war.

Aus dem Sachverständigengutachten des Dr. Z. folgt nichts Anderes. Dieser führt selbst aus, dass er seine Beurteilung in keinem inhaltlichen Gegensatz zu den nach Aktenlage vorliegenden Befunden sieht. Er geht lediglich davon aus, dass neben den beschriebenen Lungenfunktionseinschränkungen, der respiratorischen Insuffizienz und den Bronchiektasen auch eine asthmatische Atemwegserkrankung mit nachgewiesener bronchialen Hyperreabibilität berücksichtigt werden muss. Ebenso wie Dr. van B. sieht er indessen keine dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion, wie daran deutlich wird, dass er GdB-Werte für das Asthma bronchiale (30) und die Bronchiektasenerkrankung mit kontinuierlicher klinischer Symptomatik (30) beschreibt, nicht aber für Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion. Dabei kann weiter nicht unberücksichtigt bleiben, dass er den Schweregrad des Asthma bronchiale nur als formal leichtgradig bezeichnet, sodann aber meint, dass maßgebend für die Bewertung der Leidensdruck des Betroffenen sei, was mit den Vorgaben der VG nicht vereinbar ist. Somit kann aus rechtlichen Gründen schon seiner Einschätzung des GdB von 30 nach den VG, Teil B, Nr. 8.5 nicht gefolgt werden.

Daneben hat Dr. R. in medizinischer Hinsicht überzeugend darauf hingewiesen, dass nur eine leichtgradige Hyperreagibilität objektiviert werden konnte, die mit keinem GdB von 30 zu bewerten ist. Im Übrigen verkennt Dr. Z. bei seiner Bildung des „Gesamt-GdB“, dass keine unterschiedlichen Funktionssysteme betroffen sind, sondern nur das Funktionssystem „Atmung“ und selbst bei unterschiedlichen Funktionssystemen keine Addition erfolgen darf (vgl. VG, Teil B, Nr. 3 Buchst. a). Auch wenn von einem Asthma bronchiale ausgegangen wird, dass zu zusätzlichen Beeinträchtigungen im Funktionssystem führt, sind diese durch den bereits vom SG erhöhten GdB von 40 jedenfalls hinreichend abgebildet, ein Gesamt-GdB von 50 wird keinesfalls erreicht. Es kann daher dahinstehen, dass es nicht nachvollziehbar ist, wenn das SG für die bronchiale Hyperreagibilität lediglich einen nicht ausgefüllten GdB von 20 sehen will, aber dennoch eine Erhöhung des GdB im Funktionssystem vornimmt. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Dr. van B. ausgeführt hat, dass die vorgelegten Lungenfunktionsergebnisse aus lungenfachärztlicher Sicht teilweise nicht plausibel sind, da die inspiratorische genauso groß sein muss, wie die expiratorische Vitalkapazität und große Unterschiede dafürsprechen, dass die Untersuchung nicht korrekt durchgeführt worden ist. Schon deshalb folgt aus den aktenkundigen Lungenfunktionsprüfungen nichts anderes. Weitere Funktionseinschränkungen im Funktionssystem „Atmung“ bestehen nicht, wie der Senat der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. K. entnimmt, der auf HNO-ärztlichem Fachgebiet keine pathologischen Befunde erhoben hat.

Im Funktionssystem „Beine“ lässt sich ein höherer Teil-GdB als 10 nicht begründen. Dem Befundschein des Orthopäden Dr. D. entnimmt der Senat, dass im Bereich der Knie keine Instabilität und keine Einschränkung der Beweglichkeit bestanden hat, sodass nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 kein höherer Teil-GdB gerechtfertigt ist.

Der Teil-GdB für das Funktionssystem „Atmung“ entspricht damit dem Gesamt-GdB, da weitere Funktionseinschränkungen, die eine Erhöhung des GdB rechtfertigen könnten, nicht bestehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Im Hinblick darauf, dass der zu berichtigende Tenor eine volle Kostenlast des Beklagten in erster Instanz enthält, was dem Verfahrensausgang auch nach Berichtigung in keiner Weise gerecht wird, war die Kostenentscheidung des Senats nicht nur auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu beschränken, sondern auch über die Kosten der ersten Instanz zu entscheiden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. November 2013 – L 13 R 1662/12 –, juris, Rz. 82 m.w.N.). Für das erstinstanzliche Verfahren war eine Erstattung von 1/3, wie sie das SG wohl beabsichtigt, aber – auch handschriftlich – nicht tenoriert hat, angemessen, eine Kostenerstattung im Berufungsverfahren kam nicht in Betracht, da die Berufung des Klägers erfolglos gewesen ist.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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