L 7 R 1632/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 3774/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1632/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 6. April 2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der seine Kosten auf sich behält.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

 

Zwischen den Beteiligten steht die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen zu Gunsten des bei der Beklagten versicherten Beigeladenen in Höhe von 93.877,07 Euro im Streit.

Der D. e.V. ist eine evangelische Freikirche pfingstlicher Prägung. Sein Ziel ist nach § 2 Abs. 1 der Vereinssatzung (i.d.F. vom 13. Juni 2011) die Verkündung des Evangeliums von Jesus Christus, um Menschen zum Glauben an Jesus Christus zu führen und sie in ihrem sittlichen Verhalten so zu fördern, dass die christliche Ethik der Bibel zur maßgebenden Richtschnur in der persönlichen Lebensführung werden kann. Er ist als eingetragener Verein (eV) mit Sitz in S. organisiert (Vereinsregister S. Nr. XXX). Die Verwaltung des Vereins befindet sich in B.. Der Verein unterhält mehrere sog. Glaubenshäuser, die u. a. der Förderung der christlichen Religion dienen, aber auch Erholungsgelegenheit bieten. Mit dem Glaubenshaus verbunden ist eine Missionsschule, die nach den früheren Satzungen des Vereins (z. B. Satzung i. d. F. vom 3. Juli 1970) den Orden der geistlichen Genossenschaft „S.“ darstellte. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 der Satzung idF vom 13. Juni 2011 bilden Personen, die ihrer christlichen Überzeugung und inneren Berufung folgen und in einem Glaubenshaus leben, eine auf Dauer angelegte ordensähnliche Glaubens- und Lebensgemeinschaft; dazu ist es nicht erforderlich, Mitglied in dem eingetragenen Verein zu sein.

Der am 1952 geborene Beigeladene, der zu keinem Zeitpunkt Mitglied des eingetragenen Vereins war, wurde am 1. September 1967 in das Glaubenshaus B. im Schwarzwald aufgenommen und absolvierte in der Zeit vom 1. September 1967 bis 31. Juli 1970 eine Ausbildung zum Landwirtschaftsgehilfen. In der Zeit vom 1. September 1967 bis 31. März 1975, mit Ausnahme der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis 5. März 1971, in der er sich in einem Missionshaus in der Schweiz befand, und - nach zwischenzeitlicher Ableistung des Wehrdienstes vom 1. April 1975 bis zum 30. Juni 1976 - vom 1. Juli 1976 bis zum 30. November 2006 war der Beigeladene in den Glaubenshäusern des D. e.V. in Deutschland tätig. Ab dem 1. Dezember 2006 bis zum 13. März 2013 war er gemeinsam mit seiner Ehefrau in einem Missionshaus des D. e.V. in der Schweiz als Heimleiter eingesetzt. Auch während der Aufenthalte in der Schweiz war der Beigeladene in Deutschland gemeldet und über die DAK in Deutschland krankenversichert. Er verließ gemeinsam mit seiner Ehefrau am 13. März 2013 das Glaubenshaus des D. e.V. in der Schweiz und erklärte gegenüber dem Verein seinen Austritt. Mit Erklärung vom 23. April 2013 bestätigte dieser die Beendigung der Vereinsmitgliedschaft, wobei das Feld zum Zeitpunkt des Austritts unausgefüllt blieb.   

Am 26. Februar 2014 stellte der Beigeladene bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung und gab dabei an, er habe in der Zeit vom 1. September 1967 bis 13. März 2013 für den D. e.V. als Landwirt und Heimleiter gearbeitet; für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 12. März 2013 seien Beiträge zur Sozialversicherung A. (Schweiz) geleistet worden. Mit Schreiben vom 20. März 2014 begehrte er eine Nachversicherung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Zeit vom 1. September 1967 bis 13. März 2013, wenn der D. e.V. für diesen Zeitraum keine Versicherungsbeiträge entrichtet habe. Auf Anforderung der Beklagten legte der Beigeladene sodann Unterlagen zu seiner Ausbildung als Landwirtschaftsgehilfe vor.

Nach Anhörung mit Schreiben vom 1. Oktober 2014 zu der beabsichtigten Nachversicherung forderte die Beklagte den S. e.V. mit Bescheid vom 5. November 2014 auf, Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladenen für die Zeit vom 1. September 1967 bis 30. November 2006 in Höhe von 88.524,40 Euro gemäß § 233 Abs. 2 SGB VI i. V. m. § 8 Abs. 2 SGB VI zu zahlen. 

Mit Widerspruch vom 10. Dezember 2014 machte der S. e.V. geltend, die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 SGB VI lägen nicht vor, weshalb eine Nachversicherungspflicht nicht bestehe. Es habe zu keinem Zeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Beigeladenen bestanden. Der Beigeladene habe in der Zeit vom 1. September 1967 bis 30. November 2006 in verschiedenen Missionshäusern gelebt und dort als Bewohner eines Missionshauses selbstverständlich und freiwillig den Haushalt der Glaubensgemeinschaft in Ordnung gehalten, ähnlich einer Wohngemeinschaft. Zudem habe der Beigeladene weitere seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende Tätigkeiten in den Missionshäusern übernommen. Dem liege der Grundsatz des Deutschen S. e.V. zu Grunde, dass jeder Bewohner zum Wohl der Gemeinschaft und aus tiefer religiöser Überzeugung dasjenige leistet, zu dem er selbst am Besten im Stande sei. Der Beigeladene habe für seine Tätigkeiten in der Glaubensgemeinschaft keinerlei Entgelt erhalten und dies auch nicht erwartet. Ein Beschäftigungsverhältnis habe zu keinem Zeitpunkt begründet werden sollen. Im Übrigen seien selbst bei Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 SGB VI nicht erfüllt. Vor dem 1.  Januar 1992 habe keine Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI bestanden. Bis zum 31. Dezember 1991 sei eine Versicherungsfreiheit nur auf Antrag der Gemeinschaft gewährt worden. Ein solcher Antrag nach den §§ 1231 Abs. 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) und 8 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) sei von dem D. e.V. aber nie gestellt worden. Eine Gewährleistungsentscheidung liege für den Fall von dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigungen erst für den Zeitraum ab 1. Januar 1992 vor. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg habe mit Bescheid vom 10. Juli 1995 festgestellt, dass die Erfüllung der Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter von dem D. e.V. gesichert sei und habe daher die Versicherungsfreiheit satzungsmäßiger Mitglieder nach § 5 Abs. 1 Satz 2 SGB VI rückwirkend ab 1. Januar 1992 festgestellt. Die Satzung des D. e.V. erhalte erstmals in der Fassung vom 13. Juni 2011 eine Definition eines satzungsmäßigen Mitgliedes, die älteren Fassungen der Satzungen hingegen nicht. Der Beigeladene sei nicht Mitglied des eingetragenen Vereins gewesen. Wenn aber derartige Personen ohne Mitgliedschaft im eingetragenen Verein satzungsmäßige Mitglieder sein könnten, so erfülle auch der Beigeladene diese Voraussetzungen während seines Lebens in einem Glaubenshaus. Demnach stünde ihm nach wie vor ein Anspruch auf eine in der Glaubensgemeinschaft des D. e.V. übliche Versorgung zu, so dass weder ein versorgungsloses Ausscheiden, noch ein nachträglicher Wegfall der Versorgung gegeben seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der D. e.V. am 13. April 2015 beim Sozialgericht (SG) Heilbronn Klage erhoben (S 15 R 1201/15, nach Ruhen des Verfahrens: S 15 R 3774/16) und sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er ausgeführt, dass sich der Beigeladene nicht durchgehend in einem Missionshaus des D. e.V. aufgehalten habe. Lediglich in der Zeit vom 2. April 1968 bis 1. Oktober 1970, 5. März 1971 bis 31. März 1975, 15. April 1976 bis 22. Oktober 1981, 15. Januar 1982 bis 5. November 1992 sowie vom 5. Januar 1993 bis 2. Januar 2007 habe der Beigeladene in einem Missionshaus des D. e.V. gelebt. In der übrigen Zeit habe er sich im Ausland, vor allem in Südafrika aufgehalten.  

Das SG hat mit Beschluss vom 23. Mai 2017 den Beigeladenen zum Verfahren beigeladen. Dieser hat mitgeteilt, er sei durchgängig in der Zeit vom 1. September 1967 bis zum 31. März 1975 für den D. e.V. tätig gewesen. Lediglich in der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis zum 5. März 1971 sei er von dem D. e.V. in das Schweizer Missionshaus zur Aushilfe geschickt worden. Er sei in Deutschland zu keiner Zeit abgemeldet worden. Bei den Zeiten vom 22. Oktober 1981 bis 15. Januar 1982 und 5. November 1992 bis 5. Januar 1993 habe es sich um seinen Jahresurlaub gehandelt.

Mit Schreiben vom 3. April 2018 hat der D. e.V. einen Schriftwechsel zwischen dem Verein und der Beklagten zu den Akten gereicht. Auf Bl. 141/152 der SG-Akte wird insoweit Bezug genommen. 

Die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2018 (zum Protokoll vgl. Blatt 153/155 der SG-Akte) im Rahmen eines von dem D. e.V. angenommenen Teilanerkenntnisses bereit erklärt, in Abänderung der angegriffenen Bescheide für die Zeit vom 1. Oktober 1970 bis 4. März 1971, in der der Beigeladene für den D. e.V. in der Schweiz tätig war, keine Nachversicherungsbeiträge zu erheben.

Mit Urteil vom 6. April 2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien - soweit sie noch im Streit stünden - rechtmäßig und verletzten den D. e.V.  nicht in seinen Rechten. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachforderung von Versicherungsbeiträgen für den Beigeladenen für den Zeitraum vom 1. September 1967 bis 31. März 1975 (mit Ausnahme der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis 4. März 1971) und vom 1. Juli 1976 bis 30. November 2006 seien erfüllt. Der Beigeladene sei am 13. März 2013 aus der Gemeinschaft unversorgt ausgeschieden, weshalb für den noch streitgegenständlichen Zeitraum der Inlandstätigkeit eine Nachversicherung hätte durchgeführt werden müssen. Eine Verjährung sei daher nicht eingetreten. Im Übrigen sei selbst bei Annahme einer Verjährung die Geltendmachung einer Verjährungseinrede durch den D. e.V. rechtsmissbräuchlich.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 11. April 2018 zugestellte Urteil hat der D. e.V. am 07.05.2018 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er u. a. geltend, das Urteil des SG sei bereits deshalb aufzuheben, weil der Grundsatz der mündlichen Verhandlung verletzt sei. Die Entscheidung des Gerichts sei ganz offensichtlich bereits vor der mündlichen Verhandlung am 6. April 2018 ergangen, da die Inhalte der mündlichen Verhandlung nicht im Urteil wiederzufinden seien. Zudem sei ihrem Prozessbevollmächtigten das ausformulierte Urteil, welches insgesamt 13 Seiten umfasse, bereits am Montag, 9. April 2018, 9:16 Uhr per Telefax vorab übermittelt worden. Das Urteil sei im Wesentlichen von der Richterin am Sozialgericht T. bereits vor der mündlichen Verhandlung am 6. April 2018 ausformuliert worden. Die Ansprüche seien verjährt. Auch gehe das SG fehlerhaft von einem Ausscheiden des Beigeladenen am 13. März 2013 aus, obwohl der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung erklärte habe, er sei am 30. November 2006 aus einem Glaubenshaus des D. e.V. ausgezogen und seither nicht mehr dauerhaft in ein Glaubenshaus des Vereins zurückgekehrt. Das SG habe den Einwand, der endgültige Auszug aus einem Glaubenshaus - und damit der maßgebliche Zeitpunkt für eine Nachversicherungspflicht - sei bereits mit Ablauf des 30. November 2006 eingetreten, überhaupt nicht gewertet. Weiter seien die Einwände, dass dem Grunde nach bereits bei jedem Auszug des Beigeladenen aus einem Glaubenshaus und die Aufnahme von Tätigkeiten in ausländischen Glaubenshäusern, die mit dem D. e.V. rechtlich nicht verbunden seien, dem Grunde nach ein Ausscheiden eingetreten sei, nicht gewertet worden. Das SG habe seine Verpflichtung zur Ermittlung von Amts wegen verletzt, indem es die jeweiligen Ausscheidenszeiträume nicht korrekt aufgeklärt habe, jedenfalls sei von einem spätesten Ausscheiden der Beigeladenen bereits mit Ablauf des 30. November 2006 auszugehen, weshalb die Ansprüche auf etwaige Nachversicherung verjährt seien. Der Verein habe nicht vorsätzlich gehandelt, als er keine Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladene entrichtet habe. Die Einrede der Verjährung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Der D.e.V. habe ohne Vorsatz gehandelt. In einer solchen Konstellation sei es schon aus gesetzessystematischen Gründen vollkommen unvertretbar, die Erhebung der Einrede der Verjährung als rechtsmissbräuchlich zu erachten. Das SG stelle den vorsatzlos handelnden D. e.V. schlechter als einen vorsätzlich handelnden Arbeitgeber, indem es ihm jegliche Berufung auf die Einrede der Verjährung mit dem Argument des § 242 BGB verwehre. Auch die weitere Argumentation des SG halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das SG übersehe hierbei, dass es sich bei dieser Konstellation - der Sozialversicherungsträger sei auf die Information des Versicherungsschuldners angewiesen - um den Normalfall und nicht um einen Sonderfall im Rahmen der Nachversicherung handele. Ebenso wenig wie das Urteil des SG vermöge das Urteil des BSG vom 27. Juni 2012 - B 5 R 88/11 R rechtlich zu überzeugen.

Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 6. April 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Er hat ausgeführt, dass er von dem D. e.V. in ein anderes Haus der Mission in der Schweiz versetzt worden sei. Dies bedeute noch lange nicht, dass er aus dem D. e.V. ausgeschieden sei. Er sei folgerichtig noch bis Mitte März 2013 mit Wohnsitz in Deutschland; H. 2, gemeldet gewesen. Dies sei die Meldeadresse des D. e.V. im Schwarzwald. Er sei erst am 13. März 2013 ausgeschieden, so dass bereits keine Verjährung eingetreten sei. Der D. e.V. habe selbst ausgeführt, dass er auf Grund der nicht definierten Austrittskriterien nicht davon habe ausgehen können, dass er - der Beigeladene - spätestens am 30. November 2006 aus der Glaubensgemeinschaft dauerhaft ausgeschieden sei. Soweit der D. e.V. weiter ausführe, dass nicht klar gewesen sei, ob er - der Beigeladene - wieder in ein Missionshaus zurückkehren würde, gehe der Verein also selbst nicht von einem Ausscheiden am 30. November 2006 aus. Der D. e.V. habe vorsätzlich gehandelt, denn bedingter Vorsatz sei ausreichend. Bedingter Vorsatz liege vor, wenn der Schuldner seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten habe, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe. Die gesamte Historie in diesen Fällen belege, dass dem Verein die Thematik rund um die Sozialversicherungspflicht bestens bekannt gewesen sei. Auf die Rechtsfrage, ob die Geltendmachung der Verjährungseinrede rechtsmissbräuchlich sei, komme es vorliegend nicht an.

Auf Nachfrage des Senats hat der D. e.V. mitgeteilt, dass Nachweise über die Auslandsaufenthalte des Beigeladenen nicht existierten. Die Glaubenshäuser außerhalb Deutschlands würden nicht von dem D. e.V. betrieben. Jegliche Auslandszeiten würden in der Regel von der L. in Südafrika veranlasst. Er hat sich weiter zum Vorliegen einer geistlichen Genossenschaft, seiner Organisationsstruktur, der Mitgliedschaft im Verein, den finanziellen Strukturen, den Strukturen zu Weisungen und zur Organisation im Hinblick auf die Frage der Rentenversicherungspflicht bzw. -freiheit und zur Entsendung von Glaubenshausbewohnern in Glaubenshäuser im Ausland geäußert. Er hat die Satzungen vom 3. Juli 1970, 27. Juni 1986, 9. Juni 1995, 10. Juni 1999 und 13. Juni 2011 sowie die Bestätigung der S. vom 15. Dezember 2017 vorgelegt.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Heilbronn vom 1. Juni 2020 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des D. e.V. eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestimmt worden (3 JN 184/20). Die Beklagte hat unter dem 6. Juli 2020 in dem Insolvenzverfahren eine Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet, die unter der laufenden Nummer 229 erfasst und im Rahmen des Prüfungstermins durch den Kläger in voller Höhe bestritten wurde. Mit Schreiben vom 20. März 2020 hat die Beklagte um die Fortführung des Verfahrens gebeten. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2020 hat der Kläger das Verfahren gemäß § 180 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) aufgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte in zulässiger Weise über die Berufung entscheiden. Das durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der D. e.V. nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 240 Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochene Verfahren ist jedenfalls aufgrund der Erklärung des Klägers, wonach der Rechtsstreit nach § 180 Abs. 2 InsO aufgenommen werde, fortzusetzen.

1. Bei dem streitgegenständlichen Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge handelt es sich um eine Insolvenzforderung, so dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO i. V. m. § 202 SGG eingetreten ist.

Gemäß § 240 Satz 1 ZPO ist im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Grundsätzlich kann ein sogenannter Passivprozess wie der vorliegende, bei dem um die Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen und damit um eine Schmälerung der Insolvenzmasse gestritten wird, nur unter den in § 86 InsO geregelten Voraussetzungen wiederaufgenommen werden (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. September 2014 - OVG 6 N 76.14 - juris Rdnr. 5), die im vorliegenden Fall nicht gegeben sind - der Prozess betrifft weder die Aussonderung eines Gegenstandes aus der Insolvenzmasse (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO) noch die abgesonderte Befriedigung (§ 86 Abs. 1 Nr. 2 InsO) noch eine Masseverbindlichkeit (§ 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO).

Die vorliegend streitgegenständliche Forderung von Nachversicherungsbeiträgen ist aber im Prüfungsverfahren durch den Insolvenzverwalter, also den Kläger, bestritten worden, so dass sich der Fortgang des Verfahrens nach § 179 InsO richtet. Nach § 179 Abs. 1 InsO bleibt es dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben, wenn eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden ist. Allerdings sieht § 179 Abs. 2 InsO als speziellere Regelung vor, dass dann, wenn für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt, es dem Bestreitenden obliegt, den Widerspruch zu verfolgen. Da im vorliegenden Fall mit den angegriffenen Bescheiden bereits ein Titel in diesem Sinne vorliegt (s. dazu Gerhardt in: Jaeger, Insolvenzordnung, 5. Aufl. 2010, § 179 Rdnr. 51, 55), ist nach dem Wortlaut des § 179 Abs. 2 InsO grundsätzlich nur der Insolvenzverwalter zum Betreiben der Feststellung der Forderung berechtigt. Nach herrschender Meinung soll aber auch der Anmelder der (bestrittenen) Forderung befugt sein, die Feststellung der titulierten Forderung zu betreiben (Gerhardt in: Jaeger, Insolvenzordnung, 5. Aufl. 2010, § 179 Rdnr. 101). Der Senat kann diese Frage offenlassen, nachdem der Kläger das Verfahren mit Schreiben vom 19. Oktober 2020 gemäß § 180 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) aufgenommen hat. Bei titulierten öffentlich-rechtlichen Forderungen - wie hier durch die angefochtenen Bescheide - kann die Aufnahme des Verfahrens mit unveränderten Anträgen erfolgen. Dies ist damit zu rechtfertigen, dass sich das Ziel des Verfahrens durch Insolvenzverfahrenseröffnung nicht ändert: Der vor Insolvenz ergangene Bescheid soll durch Anfechtung beseitigt werden (Gerhardt in: Jaeger, Insolvenzordnung, 5. Aufl. 2010, § 179 Rdnr. 84; Schumacher in Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 4.  Aufl. 2019, § 185 Rdnr. 12).

Die Zuständigkeit der Sozial- und nicht der ordentlichen Gerichtsbarkeit ergibt sich aus § 185 Satz 1 InsO (Gerhardt in Jaeger, Insolvenzordnung, 5. Aufl. 2010, § 180 Rdnr. 65).

Aktiv prozessführungsbefugt ist nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur noch der Insolvenzverwalter (§ 80 Abs. 1 InsO), hier also der Kläger. Er führt den Prozess im eigenen Namen für fremdes Vermögen, nicht in Vertretung der Schuldnerin bzw. Versicherten (Kayser/Thole, in: Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 10. Aufl. 2020, § 80 Rdnr. 40).

2. Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 5. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2015 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 6. April 2018, mit welchem die Beklagte die Zahlung von Nachversicherungbeiträgen für den Beigeladenen für die Zeit vom 1. September 1967 bis 31. März 1975 (mit Ausnahme der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis 4. März 1971) und vom 1. Juli 1976 bis 30. November 2006 geltend macht. 

3. Die Berufung ist aber unbegründet. Das Urteil des SG vom 6. April 2018 ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Sozialgericht die von dem D. e.V. erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 5. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2015 (vgl. § 95 SGG) in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 6. April 2018, ist rechtmäßig und beschwert den Deutsche S. e.V., als dessen gesetzlicher Prozessstandschafter der Kläger fungiert (vgl. BAG, Urteil vom 17. Januar 2002 - 2 AZR 57/01 - juris Rdnr. 21 m. w. N.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. April 2009 - L 10 U 708/09 PKH-B - juris Rdnr. 11), nicht (vgl. § 54 Abs. 2 SGG).

a.) Soweit der Kläger vorträgt, das Urteil des SG sei bereits wegen einer Verletzung des Grundsatzes der mündlichen Verhandlung aufzuheben, so ist ihm nicht zu folgen. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Vorliegend fehlt es bereits an einem wesentlichen Mangel. Gemäß § 124 Abs. 1 SGG entscheidet das Gericht, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung. Dieser Mündlichkeitsgrundsatz räumt den Beteiligten und ihren Prozessbevollmächtigten das Recht ein, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen und mit ihren Ausführungen gehört zu werden. Bei einem Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung und Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben oder nicht, Gelegenheit gegeben werden, sich zur Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung selbst zu äußern (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 10. Dezember 2019 - B 12 KR 69/19 B - juris Rdnr. 10). Diese Voraussetzungen waren hier jedoch erfüllt. Selbst wenn die Vorsitzende zur mündlichen Verhandlung einen Bericht/Entwurf erstellt hatte, der Grundlage des dann auf die mündliche Verhandlung folgenden Montagvormittag übersandten Urteils war, bedeutet nicht, dass das Urteil bereits vor der mündlichen Verhandlung fertig gesprochen war und die Vorsitzende des SG gegenüber den Vorgängen der mündlichen Verhandlung nicht mehr offen und neutral gewesen wäre oder das Urteil bereits vor der mündlichen Verhandlung festgestanden hätte. Vielmehr dürfen die Beteiligten von dem Gericht erwarten, dass dieses vorbereitet in die mündliche Verhandlung geht und sich zu den tatsächlichen als auch den rechtlichen Umständen des Rechtsstreites eingehend vorbereitet. Das hat das SG getan. Soweit der Kläger aus dem Umstand, dass zwischen Urteilsverkündung und Versendung des Urteils lediglich ein Wochenende gelegen hatte, schließt, das Urteil müsse schon vor der mündlichen Verhandlung fertig gewesen sein, so folgt der Senat der damit vorgebrachten Rüge der Klägerin nicht. Denn die Richter des Landes Baden-Württemberg sind nicht an Dienstzeiten und eine Diensterbringung zu üblichen Arbeitszeiten verpflichtet, sodass eine Urteilserstellung zu ungewöhnlichen Dienstzeiten nicht darauf schließen lassen kann, dass das SG das Urteil schon vor der mündlichen Verhandlung gefällt hätte. Auch den in diesem Einwand des Klägers mitschwingende Vorwurf der Parteilichkeit bzw. Voreingenommenheit im Sinne einer Befangenheit der Kammervorsitzenden kann der Senat nicht nachvollziehen. Vielmehr sind weder der SG-Akte noch dem Vortrag der Beteiligten Umstände zu entnehmen, die einen neutralen, unvoreingenommenen, vernünftig denkenden Prozessbeteiligten an der Unvoreingenommenheit der Kammervorsitzenden bei der Durchführung der mündlichen Verhandlung und Urteilsabfassung zweifeln und die Besorgnis der Befangenheit annehmen lassen können. Alleine die zügige Abfassung des umfassenden Urteils ist dazu kein hinreichender Umstand (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2019 - L 8 R 1633/18 - juris Rdnr. 45).

b.) Rechtsgrundlagen der angefochtenen Bescheide sind § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sowie       § 233 Abs. 2 SGB VI, der zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist und seither im Wesentlichen unverändert gilt. Danach werden Personen, die nach dem 31. Dezember 1991 aus einer Beschäftigung ausgeschieden sind, in der sie nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 230 Abs. 1 Nr. 1 und 3 oder § 231 Abs. 1 Satz 1 versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit waren, nach den vom 1. Januar 1992 an geltenden Vorschriften auch für Zeiträume vorher nachversichert, in denen sie nach dem jeweils geltenden, diesen Vorschriften sinngemäß entsprechenden Recht nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit waren.

Vorliegend ist der Beigeladene nach dem 31. Dezember 1991 endgültig aus der Glaubensgemeinschaft des D. e.V. ausgeschieden, weshalb sich die Rechtsgrundlage auch für die Nachversicherung für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 nach § 233 Abs. 2 SGB VI bestimmt (dazu unter aa.). Bei dem D. e.V. handelt es sich um eine geistliche Genossenschaft oder ähnliche Gemeinschaft (dazu unter bb). Der Beigeladene war bis zum 13. März 2013 satzungsmäßiges Mitglied des D. e.V. und tat vom 1. September 1967 bis 31. März 1975, mit Ausnahme der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis 5. März 1971, in der er sich in einem Missionshaus in der Schweiz befand -  und - mit zwischenzeitlicher Ableistung des Wehrdienstes vom 1. April 1975 bis zum 30. Juni 1976 - vom 1. Juli 1976 bis zum 30. November 2006 Dienst für die Gemeinschaft des D. e.V. (dazu unter cc). Dieser Dienst gilt als Beschäftigung (dazu unter dd). Der Beigeladene war vor und nach dem 1. Januar 1992 versicherungsfrei (dazu unter ee.). Die Beigeladene ist am 13. März 2013 unversorgt aus dem Dienst der Klägerin ausgeschieden (dazu unter ff.). Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung liegen nicht vor (dazu unter gg.). Die Nachversicherung ist nach §§ 233 Abs. 2, 8 Abs. 2 SGB VI für die Zeit ab 1. September 1967 durchzuführen (dazu unter hh.). Die Nachversicherungsbeiträge sind nicht verjährt (dazu unter ii.).

aa.) Unstreitig zwischen den Beteiligten ist, dass der Beigeladene erst nach Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 aus den Glaubenshäusern und der Glaubensgemeinschaft des D. e.V. ausgeschieden ist (nämlich frühestens zum 1. Dezember 2006). Damit ist Rechtsgrundlage für die vorliegende Nachversicherung § 233 Abs. 2 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI. Danach werden Personen nachversichert, die als satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen oder Angehörige ähnlicher Gemeinschaften oder versicherungsfrei waren oder von der Versicherungspflicht befreit worden sind, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren haben und Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs. 2 SGB VI) nicht gegeben sind. Die Nachversicherung erstreckt sich nach § 8 Abs. 2 Satz 2 SGB VI auf den Zeitraum, in dem die Versicherungsfreiheit oder die Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen hat (Nachversicherungszeitraum). Nach § 233 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ist daher die Nachversicherung nach den ab 1. Januar 1992 an geltenden Vorschriften des SGB VI auch für Zeiträume vorher - mithin vor dem 1. Januar 1992 - durchzuführen, in denen sie nach dem jeweils geltenden, diesen Vorschriften sinngemäß entsprechenden Recht nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit waren.

bb.) Der D. e.V. ist eine einer geistlichen Genossenschaft ähnliche Gemeinschaft.

Unter geistlicher Genossenschaft sind die Ordensgemeinschaften nach kanonischem Recht zu verstehen (katholische Orden und Klostergemeinschaften). Die Mitglieder geistlicher Genossenschaften leisten ein Gelübde, das sie auf Dauer an den Orden bindet (Profess). Es handelt sich um auf Religion und Kirche bezogene Zusammenschlüsse, deren Mitglieder sich zur gemeinsamen Lebensführung unter gleichen Verhältnissen, Rechten und Pflichten zusammengefunden haben. Nach der Satzung der Gemeinschaft muss dabei vom einzelnen Mitglied eine auf Dauer angelegte persönliche Hingabe, d. h. vollberuflicher Einsatz innerhalb der religiösen Gemeinschaft gefordert sein (Liebich in Hauck/Noftz, SGB VI, Werksstand 09/19, § 8 Rdnr. 88 m. w. N.). 

Eine ähnliche Gemeinschaft i. S. d. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI ist zwar ebenfalls ein auf Religion und Kirche bezogener Zusammenschluss. Im Gegensatz zur geistlichen Genossenschaft muss hier jedoch keine dauerhafte Bindung der Angehörigen der Gemeinschaft, sanktioniert durch Akte wie das Gelöbnis nach kanonischem Recht vorliegen (Liebich in Hauck/Noftz, SGB VI, Werksstand 09/19, § 8 Rdnr. 90; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2019 - L 8 R 1633/18 - juris Rdnr. 58 f.). Soweit der Kläger daher nunmehr vorträgt, es sei weder ein Profess oder ein ähnliches förmliches Gelübde vorgesehen gewesen, steht das der Einordnung als ähnlicher Gemeinschaft gerade nicht entgegen.

Der D. e.V., der in der Bundesrepublik Deutschland als eingetragener Verein organisiert ist, ist eine solche einer geistlichen Genossenschaft ähnliche Gemeinschaft, wovon er zunächst auch selbst ausging (vgl. Schreiben vom 19. März 2020, Bl. 66 ff. der LSG-Akte).  Sein Ziel ist nach § 2 Abs. 1 der Vereinssatzung (i. d. F. vom 13. Juni 2011) die Verkündung des Evangeliums von Jesus Christus, um Menschen zum Glauben an Jesus Christus zu führen und sie in ihrem sittlichen Verhalten so zu fördern, dass die christliche Ethik der Bibel zur maßgebenden Richtschnur in der persönlichen Lebensführung werden kann. Zweck des Vereins ist nach § 2 Abs. 2 der Vereinssatzung die Förderung der Religion. Entsprechende Ziele sind auch den früheren Satzungen des D. e.V. zu entnehmen. So ist es nach § 2 der Satzung vom 3. Juli 1970 (ebenso § 2 der Satzungen vom 27. Juni 1986, 9. Juni 1995 und 10. Juni 1999) Ziel der Klägerin, Menschen zu veranlassen, die ganze heilige Schrift als Lebensgrundlage anzuerkennen, sich der Führung des Heiligen Geistes zu unterstellen, einen biblischen Wandel durch die Kraft des Erlösungsblutes Jesu Christi zu führen und sich bereit machen zu lassen für die Wiederkunft Jesu Christi. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 lit. a der Vereinssatzung (i. d. F. vom 13. Juni 2011) wird der Vereinszweck verwirklicht durch Personen, die ihrer christlichen Überzeugung und ihrer inneren Berufung folgen und in einer auf Dauer angelegten ordensähnlichen Glaubens- und Lebensgemeinschaft in einem Glaubenshaus leben und ihre zur Verfügung stehenden Kräfte aktiv für die Verwirklichung des Satzungszweckes einsetzen. Diese sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2a der Satzung satzungsmäßige Mitglieder der Kommunität. Die Mitglieder des D.e.V. haben sich damit als organisatorisch verfestigte Einheit mit religiöser und wohltätiger Zweckausrichtung zusammengefunden. Maßgeblich ist dabei aber nicht das Zusammenleben in einem konkreten Glaubenshaus als solchem, sondern die organisatorische Zusammenfassung von gläubigen Menschen in Glaubenshäusern unter der Trägerschaft des D. e.V., nicht erforderlich ist eine „Befassung mit Dienstleistungen für die weltliche Gemeinschaft (die entsprechend vergütet werden) und eine auf Lebenszeit ausgerichtete Zugehörigkeit“ (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2019 - L 8 R 1633/18 - juris Rdnr. 59).

cc.) Der Beigeladene war in der Zeit vom 1. September 1967 bis zum 13. März 2013 satzungsmäßiges Mitglied des D. e.V., ohne dass es darauf ankäme, ob er auch Mitglied des Trägervereins geworden ist (was er im Übrigen nie war). Maßgeblich ist die Mitgliedschaft in der geistlichen Gemeinschaft (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1996 - 12 RK 2/96 - juris Rdnr. 23 f.; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 25.Oktober 2019 - L 8 R 1633/18 - juris Rdnr. 60 ff. und vom 17. Februar 2020 - L 9 BA 1892/18 - juris Rdnr. 32). Dabei ist entscheidend, dass der Beigeladene in der durch den Zusammenschluss von Mitgliedern des D. e.V. durch dessen organisiertes Zusammenleben, Zusammenwohnen und dessen gemeinsamer Glaubenspraxis entstandenen organisatorisch verfestigten Einheit mit religiöser und wohltätiger Zweckausrichtung, mithin in der von dem D. e.V. repräsentierten bzw. getragenen geistlichen Genossenschaft bzw. der ähnlichen Gemeinschaft, satzungsmäßiges Mitglied war. Diese Voraussetzung erfüllt der Beigeladene, indem er in unterschiedlichen Glaubenshäusern lebte und sich vollständig in die dort geltende Ordnung einfügte. Dass er letzteres tat, macht schon seine Entsendung als Hausleiter in die Schweiz deutlich.

Diese Integration in die geistliche Genossenschaft bzw. Gemeinschaft des D. e.V. ist auch nicht durch den Weggang des Beigeladenen im Dezember 2006 in ein Glaubenshaus in der Schweiz beendet worden. Vielmehr ist auch nach dem Wechsel des Beigeladenen in das Schweizer Glaubenshaus die satzungsmäßige Mitgliedschaft der Beigeladenen in der geistlichen Genossenschaft bzw. ähnlichen Gemeinschaft des D. e.V. in Deutschland bestehen geblieben. Soweit der D. e.V. insoweit auf § 13 letzter Satz der Satzung von 1999 (ebenso § 13 letzter Satz der Satzungen von 1970, 1986 und 1995) verweist, wonach die Vereinsmitgliedschaft mit einem Auslandsaufenthalt von 2 Jahren endet, betrifft dies die vorliegend streitige Frage nicht. Denn in den Satzungen geht es um die Mitgliedschaft im Trägerverein des D. e.V., nicht um die Mitgliedschaft in der geistlichen Genossenschaft bzw. der ähnlichen Gemeinschaft. Soweit die Satzung von 2011 in § 4 Abs. 8 nunmehr lediglich ein Ruhen der Vereinsmitgliedschaft anordnet im Fall einer Mitgliedschaft in einer außereuropäischen Organisation oder einer Verlagerung des gemeldeten Aufenthaltsortes nach außerhalb Europas, zeigt dies, dass zumindest die europäischen S. Missionen als Einheit verstanden werden; jedoch ist auch diese Regelung bei dem Beigeladenen nicht einschlägig, denn dieser war nie Mitglied des Trägervereins.

Dass der Beigeladene auch während des Aufenthalts in der Schweiz ab Dezember 2006 weiterhin in die geistliche Genossenschaft bzw. ähnliche Gemeinschaft der D. e.V. integriert und damit satzungsmäßiges Mitglied war, zeigt sich nicht nur daran, dass er weiterhin in der Bundesrepublik Deutschland – neben der Meldung in der Schweiz - unter der Adresse des Glaubenshauses in B. polizeilich gemeldet war. Auch war seine Krankenversicherung weiterhin über den D. e.V. in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung organisiert worden. Sachbezüge wurden dem Beigeladenen und seiner Ehefrau ebenfalls durch den D. e.V. gewährt. Sonstige Einnahme gab es keine. Wäre der Beigeladene und seine Ehefrau aber nicht mehr in die geistliche Genossenschaft bzw. ähnliche Gemeinschaft des D. e.V. integriert und dort nicht mehr satzungsmäßiges Mitglied, ließe sich diese Gewährung von Sachbezügen bzw. Einnahmen nicht erklären. Wurde der Beigeladene aber auch trotz seines Schweizer Aufenthaltes weiterhin von seiner bisherigen geistlichen Genossenschaft bzw. ähnlichen Gemeinschaft organisiert und hat er von dort Einnahmen und Sachbezüge erhalten, war er auch trotz des Aufenthalts in der Schweiz in die geistliche Genossenschaft bzw. ähnliche Gemeinschaft des D. e.V. in Deutschland integriert und daher weiterhin satzungsmäßiges Mitglied (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2019 - L 8 R 1633/18 - juris Rdnr. 66 f.).

Der Beigeladene hat vom 1. September 1967 bis 31. März 1975, mit Ausnahme der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis 5. März 1971, in der er sich in einem Missionshaus in der Schweiz befand -  und - mit zwischenzeitlicher Ableistung des Wehrdienstes vom 1. April 1975 bis zum 30. Juni 1976 - vom 1. Juli 1976 bis zum 30. November 2006 Dienst für die Gemeinschaft des D. e.V. geleistet und ist erst am 13. März 2013 endgültig aus dem Dienst für diese ausgeschieden.

Nach § 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI knüpft die Versicherungspflicht von Mitgliedern geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörigen ähnlicher Gemeinschaften an den Dienst für die Gemeinschaft an. Das Erbringen dieser Dienste erfordert nichts, was als Beschäftigung i. S. d. § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI angesehen werden könnte (KassKomm/Guttenberger, 111. EL September 2020, SGB VI § 1 Rdnr. 26; Vor in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. (Stand 3. September 2020), § 1 Rdnr. 88), sondern stellt neben der Mitgliedschaft auf die Zeit des Dienstes für die Gemeinschaft ab. Da die Gemeinschaft selbst bestimmt, in welcher Weise das Mitglied ihren Zielen und Zwecken dient, bedeutet dies zum einen, dass der Dienst nicht in einer nach außen gerichteten Tätigkeit bestehen muss, sei es in Form einer Leistung für die Allgemeinheit, sei es in einer der Gemeinschaft wirtschaftlich oder ideell zugutekommenden Tätigkeit (KassKomm/Guttenberger, 111. EL September 2020, SGB VI § 1 Rdnr. 26). Zum anderen bedeutet es, dass die Tätigkeit nicht mit einem wirtschaftlichen Erfolg verbunden oder darauf gerichtet sein muss (Vor in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. (Stand 3. September 2020, § 1 Rdnr. 88) oder dass es sich um eine Ausbildung für eine solche ergebnisorientierte Tätigkeit handeln muss (KassKomm/Guttenberger, 111. EL September 2020, SGB VI § 1 Rdnr. 26). Versicherungspflicht begründet damit auch der Dienst in einem rein kontemplativen Orden (BSG 17. Dezember 1996 - 12 RK 2/96 - juris). Eine Gegenleistung für den Dienst als Voraussetzung der Versicherungspflicht sieht das Gesetz nicht vor, weder in Form von Barbezügen noch von Unterhalt in Gestalt bestimmter Sachleistungen (KassKomm/Guttenberger, 111. EL September 2020, SGB VI § 1 Rdnr. 26; Vor in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. (Stand 3. September 2020), § 1 Rdnr. 88; zum Ganzen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2019 - L 8 R 1633/18 - juris Rdnr. 69).

Nachweise dafür, dass der Beigeladene nicht in der gesamten Zeit - unter Berücksichtigung der eingeräumten Ausnahmen - in einem Glaubenshaus des D. e.V. verbracht hat, liegen nicht vor. Der Beigeladene selbst hat dies bestritten. Er hat vielmehr vorgetragen, dass es keinen Unterschied in der Beziehung zum D. e.V. gemacht habe, ob er sich im Ausland aufgehalten habe oder nicht. Der Hauptsitz des D. e.V. habe alle Häuser in Europa beherrscht. Alle wichtigen Entscheidungen mussten mit diesem abgesprochen werden, selbst die Vereinsversammlungen wurden zusammen mit dem deutschen Vorstand abgehalten. Auch während der Zeit des Aufenthalts in der Schweiz ab 2006 war der Beigeladene weiterhin im Glaubenshaus in Deutschland gemeldet und es wurden von dort Sachbezüge gewährt. Auch war er weiter in Deutschland krankenversichert. Organisiert wurde dies alles vom Hauptsitz des D. e.V. in Deutschland.

All dies zeigt, dass der Beigeladene auch in der Zeit von Dezember 2006 bis zum 13. März 2013 für die geistliche Genossenschaft bzw. ähnliche Gemeinschaft des D. e.V. Dienst getan hat. 

Dabei darf nicht übersehen werden, dass der Dienst an der Gemeinschaft auch ein rein religiöser Dienst sein kann, sodass bereits die Stärkung und Ermutigung der Glaubensbrüder im Ausland im Auftrag der deutschen geistlichen Genossenschaft bzw. ähnlichen Gemeinschaft ein nach § 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI relevanter Dienst wäre. Darauf kommt es aber vorliegend nicht an.

Dieser Einschätzung steht auch die Bescheinigung des S. vom 15. Dezember 2017, wonach die Entsendung von Mitgliedern in Deutschland durch die südafrikanische Gesamtleitung ausging, nicht entgegen. Die organisatorische Verflechtung des Beigeladenen mit dem D. e.V. in Deutschland auch während des Schweizer Aufenthaltes zeigt, dass dieser noch immer „im Dienst“ des D. e.V. stand und von diesem im Ausland eingesetzt worden war. Damit leistete der Beigeladene auch im Glaubenshaus in der Schweiz Dienst i.S.d. § 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI für die geistliche Genossenschaft bzw. ähnliche Gemeinschaft des D. e.V.. Er ist daher – entgegen der Auffassung des Klägers erst am 13. März.2013 endgültig aus dem Dienst des D. e.V. ausgeschieden.

Dieses Ausscheiden ist auch ein endgültiges gewesen. Der Beigeladene hat die vom Vorstand des D. am 23. April 2013 angenommene und unterschriebene Erklärung über die Beendigung der Mitgliedschaft erhalten. Damit war zusammen mit dem gemeinsamen Auszug des Beigeladenen und seiner Ehefrau aus dem Glaubenshaus in der Schweiz hinreichend deutlich, dass der Beigeladene die Glaubensgemeinschaft endgültig verlassen hat.

dd.) Der Beigeladene stand ab dem 1. September 1967 bis zum 13. März 2013 bei dem D. e.V. zwar nicht in einer Beschäftigung. Nach 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI gelten die in § 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 SGB VI genannten Personen – wozu der Beigeladene gehört (Nr. 4) - jedoch als Beschäftigte im Sinne des Rechts der Rentenversicherung. Damit ist auch, soweit § 233 Abs. 2 SGB VI auf eine Beschäftigung abstellt, der als Beschäftigung geltende Dienst des Beigeladenen bei dem D. e.V. erfasst und § 233 Abs. 2 SGB VI i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI anzuwenden.

ee.) Der Dienst des Beigeladenen in der geistlichen Genossenschaft bzw. ähnlichen Gemeinschaft war ab 1. Januar 1992 versicherungsfrei. Insoweit hatte i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 3 SGB VI das zuständige Ministerium eine Gewährleistungserklärung abgegeben, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen - Gewährleistung einer Anwartschaft nach den Regeln der Gemeinschaft auf die in der Gemeinschaft übliche Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter - ist explizit in § 2 Abs. 3 Nr. 2a der Satzung vom 13. Juni 2011 aufgeführt. 

Der Beigeladene war aber auch schon vor dem 1. Januar 1992 versicherungsfrei. Insoweit reicht es bei Mitgliedern geistlicher Genossenschaften aus, dass sie nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG, § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RVO nicht versicherungspflichtig gewesen wären (Dankelmann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013 <Stand 29. September 2020>, § 233 Rdnr. 33).

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG bzw. § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RVO wurden in der Rentenversicherung der Angestellten bzw. Arbeiter versichert satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen, Schwestern vom Deutschen Roten Kreuz und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während der Zeit ihrer Ausbildung, die nicht Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung ist, oder während ihrer Tätigkeit für die Gemeinschaft, wenn sie persönlich neben dem freien Unterhalt Barbezüge von mehr als einem Achtel der für Monatsbezüge geltenden Beitragsbemessungsgrenze monatlich erhalten.

Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dem Beigeladenen zwischen dem 1. September 1967 und dem 31. Dezember 1991 Barbezüge von mehr als einem Achtel der für Monatsbezüge geltenden Beitragsbemessungsgrenze monatlich gezahlt worden waren. Vielmehr ist aus dem Verfahren deutlich geworden, dass gar keine Barbeträge oder sonstige Geldzahlungen an den Beigeladenen ausgezahlt worden waren. So hat der D. e.V. selbst vorgetragen, der Beigeladene habe kein Entgelt für seine Tätigkeiten in den Glaubenshäusern erhalten. Entsprechendes sahen auch die Satzungen des D.e.V. nicht vor. Damit hat auch schon vor dem 1. Januar 1992 Versicherungsfreiheit bestanden.

ff.) Der Beigeladene ist am 13. März 2013 unversorgt aus dem Dienst der Gemeinschaft ausgeschieden. Er ist nämlich ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung – wobei nach § 1 Satz 4 SGB VI auch der Dienst bei dem D. e.V. als Beschäftigung gilt - ausgeschieden. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein unversorgtes Ausscheiden vorliegt, ist allein die tatsächliche Beendigung der nicht versicherungspflichtigen oder versicherungsfreien Tätigkeit (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Juni 2016 - L 11 R 2289/15 - juris Rdnr. 35 m. w. N.), hier also der 13. März 2013. Zudem reicht ein „Rückkehrangebot“ nicht aus, um ein unversorgtes Ausscheiden zu verneinen; notwendig wären Anwartschaften oder Ansprüche, die dem Beigeladenen auch ohne Rückkehr in die Gemeinschaft zustünden (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 21. Juni 2016 - L 11 R 2289/15 - juris Rdnr. 35 m.w.N.).

gg.) Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung i.S.d. § 184 Abs. 2 SGB VI liegen nicht vor.

hh.) Die Nachversicherung des Beigeladenen ist daher für die noch streitgegenständlichen Zeiträume ab 1. September 1967 nach § 233 Abs. 2 SGB VI i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI durchzuführen. Der D. e.V. war zur Zahlung der von der Beklagten zutreffend für die noch streitigen Zeiträume errechneten Rentenversicherungsbeiträge verpflichtet.

ii.) Der Anspruch der Beklagten gegen den D. e.V. auf Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladenen ist auch nicht verjährt.

Ansprüche auf Beiträge verjähren nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

Die Nachversicherungsbeiträge sind nach § 184 Abs. 1 Satz 1 SGB VI zu zahlen, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind, insbesondere Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Das ist vorliegend - wie das SG zutreffend festgestellt hat - mit Ausscheiden der Beigeladenen aus dem Dienst des D. am 13. März 2013 erfolgt. Ausgehend von diesem Zeitpunkt waren die Nachversicherungsbeiträge bei Erlass des Nachversicherungsbescheids vom 5. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2015 noch nicht verjährt.

c.) Mithin war der D. e.V. zur Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen für den Beigeladene im noch streitigen Zeitraum und in der zuletzt noch streitigen Höhe verpflichtet. Der Senat konnte insoweit keine Rechenfehler erkennen, solche sind auch nicht vorgetragen.

d.) Der D. e.V. war auch zur Entrichtung der angeforderten Säumniszuschläge verpflichtet. Denn der D. e.V. hat die Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladenen nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt. Dem D. e.V. war spätestens seit Mitte der 1990er Jahre bekannt, dass er eine geistliche Genossenschaft bzw. ähnliche Gemeinschaft darstellt. Denn gerade deswegen wurde ihm im Hinblick auf die in der Satzung zugesagte Alters- und Erwerbsminderungsversorgung mit Entscheidung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg vom 10. Juli 1995 die Gewährleistungsbestätigung und damit die Versicherungsfreiheit seiner satzungsmäßigen Mitglieder des Ordens bescheinigt. Wer für sich und seine satzungsmäßigen Mitglieder einer geistlichen Genossenschaft bzw. ähnlichen Gemeinschaft die Versicherungsfreiheit begehrt, der muss sich auch mit dem Fall der Nachversicherung beim Ausscheiden einzelner seiner Mitglieder aus der Genossenschaft bzw. Gemeinschaft und damit aus der Versicherungsfreiheit befassen. Hat das der D. e.V. nicht getan, so hat er billigend in Kauf genommen, dass im Ausscheidensfall seiner Mitglieder deren Nachversicherungsbeiträge nicht gezahlt werden. Auch wäre der D. e.V. insoweit im Hinblick auf die seit Mitte der 1990er Jahren bestehende Gewährleistungsentscheidung von 1995 verpflichtet gewesen, seine geistliche Genossenschaft bzw. ähnliche Gemeinschaft so zu organisieren, dass beim Ausscheiden von Mitgliedern im Hinblick auf den Wiedereintritt von Versicherungspflicht bzw. deren Ende und das Bestehen eines Nachversicherungsanspruchs ausreichend Vorsorge zur rechtzeitigen Erfüllung von Beitragsansprüchen getroffen ist. Denn dass das Ausscheiden aus dem Dienst bei dem D. e.V. regelmäßig zur Nachversicherung führt und das Ausscheiden nicht nur ein Einzelfall war, musste dem D. e.V.  spätestens seit der Gewährleistungsentscheidung von 1995 und der damit verbundenen Versicherungsfreiheit sowie den auch bei dem D. e.V. zunehmend auftretenden Austritten bekannt gewesen sein. Wer aber trotzdem sein Verhalten an den bestehenden Gesetzen und Verpflichtungen nicht ausrichtet und diese nicht zur Kenntnis nehmen will, nimmt billigend in Kauf, dass Nachversicherungsbeiträge nicht rechtzeitig abgeführt werden. Der D. e.V. wusste zudem, dass der Beigeladene endgültig am 13. März 2013 aus seinem Dienst und damit unversorgt aus der Versicherungsfreiheit ausgeschieden und nachzuversichern war. Er kann daher nicht i. S. d. § 24 Abs. 2 SGB IV geltend machen, unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt zu haben.

War nach alledem der D. e.V. zur Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge für die noch streitgegenständlichen Zeiträume und in der zuletzt noch streitigen Höhe verpflichtet, war die Berufung des Klägers in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene hat im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt; es entspricht daher der Billigkeit, seine Kosten nicht dem Kläger aufzulegen.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Rechtskraft
Aus
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