L 7 R 31/19

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 6 R 244/16
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 31/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 11/22 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Ghettos iS eines weiten entschädigungsrechtlich überformten Verständnisses des ZRBG sind letztlich alle abgrenzbaren Orte, die Juden und anderen Gruppen von Verfolgten innerhalb des nationalsozialistischen Einflussbereichs zwangsweise zum Wohnen und regelmäßigen Aufenthalt zugewiesen waren und an denen eine entgeltlich Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss i.S. von § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ZRBG gleichwohl noch möglich war (Anschluss an BSG, Urteil vom 20. Mai 2020 - B 13 R 9/19 R -)

2. Eine aus eigenem Willensentschluss aufgenommene Beschäftigung liegt dann nicht vor, wenn der Betroffene zu einer (spezifischen) Arbeit gezwungen wird oder die Annahme der Arbeit bezogen auf die Situation des Betroffenen alternativlos ist, weil die Ablehnung der Arbeitsaufnahme mit einer Gefahr für Leib und Leben verbunden ist. Eine verrichtete Arbeit entfernt sich umso mehr von dem Typus des in die Rentenversicherung einbezogenen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und nähert sich dem Typus der Zwangsarbeit an, als sie durch hoheitliche Eingriffe überlagert wird, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann. Ob eine aus eigenem Willensentschluss i.S. des ZRBG zustande gekommene Beschäftigung oder eine den eigenen Willensentschluss ausschließende Zwangsarbeit vorlag, ist vor dem Hintergrund der wirklichen Lebenslage des Betroffenen zu beurteilen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 5. Februar 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin Regelaltersrente aufgrund fiktiver Ghetto-Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) zu leisten hat.

Die 1921 in G (während der deutschen Besatzung: G1) in der Slowakei geborene Klägerin ist Jüdin und wurde aus diesem Grund Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. Sie lebte von 1941 bis 1944 in P in der CSR unter den für Juden festgelegten Beschränkungen und trug den Judenstern. Mitte 1944 flüchtete sie nach K (heute: K1), wurde dort verhaftet und in ein ehemaliges Schulgebäude gebracht. Die SS nutzte die erste Etage des Schulgebäudes als Sammelstätte für Juden und Regimegegner (Partisanen), die später deportiert wurden. In der zweiten Etage lebten und arbeiteten solche Juden, die für die SS gearbeitet haben. Die Menschen, die sich in einem der beiden Stockwerke aufgehalten haben, durften ihr Stockwerk nicht verlassen.

Allenfalls für einzelne Arbeiten wurden Arbeitskräfte aus dem zweiten Stockwerk in das erste Stockwerk des Schulgebäudes geschickt. Die Klägerin war zunächst im ersten Stockwerk untergebracht. Nachdem sie dem Scharführer M als geeignete Arbeitskraft vorgeschlagen worden war, lebte die Klägerin in der zweiten Etage und verrichtete dort Näh-, Wasch- und Küchenarbeiten für die Deutschen. Sie durfte dieses Stockwerk nicht verlassen. Sie erhielt Zugang zu fließendem Wasser, Decken zum Schlafen und ein besseres Essen im Vergleich zu den im ersten Stockwerk untergebrachten Personen. Am 25. Januar 1945 gelangen der Klägerin und weiteren Bewohnern die Flucht aus dem Schulgebäude, und sie versteckten sich für eine Nacht in einer Wohnung. Nachdem sie von Wehrmachtsoldaten entdeckt und festgenommen worden war, gelang der Klägerin erneut die Flucht. Mit der Befreiung K durch die sowjetische Armee wurde die Klägerin endgültig befreit. Nach Kriegsende lebte die Klägerin in K und wanderte am 10. Oktober 1948 in die USA aus. Nach ihren Angaben im Rentenantrag bezieht sie eine US-Rente.

In dem beim Amt für Wiedergutmachung in S geführten Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) gab die Klägerin in der Erklärung vom 12. Juni 1958 an, sie habe den Beruf der Schneiderin erlernt, habe von September 1941 bis September 1944 in P in der CSR unter den für die Juden festgelegten Beschränkungen den Judenstern getragen und gelebt, sei dann nach K geflüchtet, sei dort verhaftet und ins Sammellager gebracht worden. Dort habe sie schwere Zwangsarbeit für die SS verrichten müssen. Im Januar 1945 sei sie durch die Russen befreit worden. In dem Antrag auf Entschädigung (Datum nicht erkennbar) führte die Klägerin aus, sie sei im September 1944 nach K geflüchtet und dort verhaftet und in das Zwangsarbeitslager bzw. Sammellager gebracht worden, wo sie schwere körperliche Arbeiten habe verrichten müssen. Sie habe unter Hunger, Kälte und Misshandlungen gelebt und gearbeitet, in ständiger Panik und Angst erschossen zu werden. Im Januar 1945 sei sie befreit worden. In der eidesstattlichen Versicherung der Frau E vom 12. Januar 1960 heißt es, sie sei im September 1944 im Gefängnis von K mit der Klägerin zusammengetroffen und habe dort schwere Zwangsarbeiten für die SS verrichten müssen. 

Mit Feststellungsbescheid des Bezirksamtes für Wiedergutmachung T vom 26. Februar 1960 erhielt der Klägerin eine Entschädigung für durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen erlittenen Schaden an Freiheit für die Zeit von April 1941 bis Ende Januar 1945 in Höhe von 6.750 DM. In dieser Zeit habe die Klägerin zunächst in P den Judenstern tragen müssen und sich anschließend im Sammellager K (heute: K1) befunden.

Den bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (der Landesversicherungsanstalt Hamburg, im Folgenden einheitlich: Beklagte) am 6. Juni 2003 gestellten Antrag auf Gewährung einer Altersrente unter Bezugnahme auf das ZRBG nahm die Klägerin mit Schreiben vom 15. März 2005 zurück.

Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13. Juni 2006 stellte die Klägerin den streitigen Rentenantrag und gab dabei an, sie habe im Ghetto K für die Nazis in der Küche und in der Wäscherei gearbeitet.

Mit Bescheid vom 23. November 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, die in der damaligen Slowakei liegenden Orte P und K hätten nicht in den vom Deutschen Reich eingegliederten oder besetzten Gebieten im Sinne des ZRBG gelegen. Darüber hinaus sei der angegebene Beschäftigungsort nach den der Beklagten vorliegenden Unterlagen auch nicht als Ghetto ausgewiesen. Zudem sei nach den Schilderungen der Klägerin im Entschädigungsverfahren davon auszugehen, dass es sich in K um ein Sammelghetto bzw. –lager ähnlich der Sammellager in Ungarn gehandelt habe. Das Vorliegen eines freien und entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses erscheine bei den vorhandenen Kenntnissen nicht glaubhaft. Es sei in der Regel Zwangsarbeit verrichtet worden.

Die dagegen vor dem Sozialgericht Lübeck erhobene Klage (Aktenzeichen S 20 R 519/08) wurde zurückgenommen.

Den Antrag der Klägerin vom 7. Januar 2015 auf Überprüfung des Bescheides vom 23. November 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2008 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Januar 2015 ab.

Am 27. April 2015 legte die Klägerin dagegen Widerspruch ein, den sie mit am 5. Juni 2015 sowie am 14. Oktober 2015 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben nebst beigefügter umfangreicher Unterlagen damit begründete, in K habe ein Ghetto bestanden. Es habe sich um ein altes Schulgebäude gehandelt, welches als Sammelplatz für die Juden zu ihrem Transport in die Konzentrationslager genutzt worden sei. Sie habe dort eine Beschäftigung („Hausangestellte“ für/bei SS-Truppen, Küchenarbeiten, Wäsche waschen, Näharbeiten) von Ende August/Anfang September 1944 bis zum 25. Januar 1945 verrichtet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar komme es nun nicht mehr darauf an, dass sich ein Ort in einem vom Deutschen Reich eingegliederten oder von diesem besetzten Gebiet befunden habe. Es reiche aus, dass sich ein Ort im nationalsozialistischen Einflussbereich befunden habe, dies gelte auch für die Slowakei in der hier streitigen Zeit. Unabhängig davon komme jedoch dennoch die Anerkennung einer Ghetto-Beitragszeit weiterhin nicht in Betracht, da nach den vorliegenden Erkenntnissen in K ein Ghetto im Sinne des ZRBG errichtet worden sei.

Mit Bescheid vom 26. April 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass es bei ihrer Entscheidung im Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2016 bleibe. Die Überprüfung sei notwendig geworden, weil die von der Klägerin eingereichten Unterlagen bei der Entscheidung vom 16. Februar 2016 nicht berücksichtigt worden seien. Aber auch aus diesen Unterlagen ergebe sich nicht, dass im Bereich der Stadt K ein Ghetto im Sinne des ZRBG bestanden habe. Alle Hinweise würden auf ein Sammellager hinweisen. Es fehle das Merkmal einer Selbstverwaltung durch Judenräte oder Judenälteste. Es hätten haftähnliche Zustände bestanden.

Am 20. Mai 2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, sie sei im Jahre 1944 in Richtung K in der heutigen Slowakei geflüchtet. Als die SS in K eingetroffen sei, hätten die Truppen begonnen, Menschen jüdischen Glaubens ausfindig zu machen und gefangen zu nehmen. Sie habe sich versteckt gehalten und bei einer fremden Frau Unterschlupf gefunden. Diese habe sie jedoch kurze Zeit später an die SS verraten. Im August 1944 sei sie entdeckt und verhaftet worden. Zu dieser Zeit habe die Waffen-SS in einem ehemaligen Schulgebäude ein Hauptquartier eingerichtet, von dem aus sie den Kampf gegen die Partisanen geführt habe. Die SS habe die erste Etage des Schulgebäudes als Sammelstätte für Juden genutzt, die in Konzentrationslager transportiert werden sollten. Die zweite Etage habe hingegen nicht als ein solcher Transitbereich gedient. Die dort lebenden Juden hätten nicht deportiert werden sollen, sondern zur Unterstützung der SS-Truppen gearbeitet. Beide Stockwerke seien insofern räumlich voneinander abgetrennt gewesen und hätten gänzlich unterschiedlichen Zwecken gedient. In der Regel hätten Menschen, die sich in einem der beiden Stockwerke aufgehalten haben, das jeweilige andere Stockwerk nicht betreten dürfen. Allenfalls für die Verrichtung einzelner Arbeiten seien Ghetto-Bewohner des zweiten Stockwerks in seltenen Fällen in das erste Stockwerk des Schulgebäudes geschickt worden. Anders als bei den Bewohnern des zweiten Stockwerks sei der Aufenthalt der im ersten Stockwerk gesammelten Menschen nicht auf Dauer angelegt gewesen. Diese seien in der Regel entweder nach kurzer Zeit hingerichtet oder später in unterschiedliche Konzentrationslager deportiert worden. Sie sei zunächst in das erste Stockwerk des Schulgebäudes gebracht worden. Zwei Tage später seien der Kommandant der SS in K, Scharführer M, und eine unter dem Namen „Tante M1“ bekannte Frau an sie auf der Suche nach zusätzlichem Personal für die Arbeitstätigkeiten im zweiten Stock des Schulgebäudes herangetreten. „Tante M1“ sei von der SS zur Leitung und Koordination der im zweiten Stockwerk anfallenden Arbeiten auserwählt worden. „Tante M1“ habe Scharführer M sie - die Klägerin - als geeignete Arbeitskraft vorgeschlagen, worauf sie sich bereitwillig als „Freiwillige“ gemeldet habe. Daraufhin sei sie für die kommenden fünf Monate bis zu ihrer Befreiung im Januar 1945 in das zweite Stockwerk des Schulgebäudes gezogen und habe dort gearbeitet. Ihr sei es unter impliziter Androhung der Todesstrafe untersagt gewesen, das zweite Stockwerk des Schulgebäudes zu verlassen. In der zweiten Etage der alten Schule hätten ca. 25 weitere Menschen jüdischen Glaubens gelebt. Die Belegschaft habe vorrangig Küchen-, Näh- und Wäschearbeiten verrichtet. Für die konkrete Organisation seien die Ghetto-Bewohner weitestgehend selbst verantwortlich gewesen. Insbesondere sei es „Tante M1“ gewesen, die die Abläufe koordiniert habe. Die SS-Truppen hätten die Ghetto-Bewohner der zweiten Etage gewähren lassen und sich allenfalls sporadisch geäußert. Auch sie habe verschiedene Aufgaben während ihrer Zeit im zweiten Stockwerk des Schulgebäudes in K übernommen. Sie habe zeitweise in der Küche gearbeitet, wo sie beispielsweise beim Kochen assistiert und Gemüse geschnitten habe. Zum Teil habe sie aber auch Kleidung gewaschen oder genäht, Löcher gestopft und sonstige Reparaturarbeiten erledigt. Die SS habe mitunter ihr Essen mit den Bewohnern des zweiten Stockwerks geteilt, wodurch sie Zugang zu Luxusgütern wie Fleisch gehabt hätten. Auch im Übrigen hätten die Ghetto-Bewohner insgesamt deutlich wertigeres und nahrhafteres Essen im Vergleich zu den Personen im ersten Stockwerk erhalten. Daneben hätten die SS-Truppen den Ghetto-Bewohnern des zweiten Stockwerks Decken zum Schlafen überlassen. Auch sei den Ghetto-Bewohnern Zugang zu fließendem Wasser gewährt worden, sodass sich die Bewohner hätten waschen können. Schließlich seien sie von der SS medizinisch versorgt worden, und in Notfällen zu diesem Zweck sogar in die Stadt eskortiert worden. Die Existenz des Ghettos im zweiten Stockwerk des Schulgebäudes lasse sich historisch nicht widerlegen. Hierzu hat sie sich auf die historische Quelle „Pinkas Hakehillot, Encyclopaedia of Jewish communities, Slovakia“ bezogen, in der es aus dem Englischen durch die Bevollmächtigte der Klägerin im Schriftsatz vom 14. Juli 2017 übersetzt heißt: „Im Herbst 1944 nahm die deutsche Sicherheitspolizei mit Hilfe lokal ansässiger Deutscher hunderte Juden, Partisanen und Oppositionelle gegen die Regierung fest und sperrte sie in ein Schulgebäude vor Ort. Nach einigen Tagen wurden die meisten von ihnen erschossen und der Rest wurde in das KZ P1 in Polen deportiert.“ Die Quelle bestätige zwar die Inhaftierung der verbliebenen jüdischen Bevölkerung von K im Schulgebäude, enthalte darüber hinaus aber keine weiteren Informationen. Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags hat sie sich des Weiteren auf das im Original in hebräischer Sprache erschienene Werk von Haya Meiri-Minrabi mit dem in englischer Sprache lautenden Titel „The Jews of Kezmarok and the Surrounding Area in the Holocaust“ (Bl. 50 ff GA) bezogen, in dem es (Übersetzung aus dem Englischen durch den Vorsitzenden der 6. Kammer – Bl. 19,20 des Urteils vom 5. Februar 2019 -) u.a. heißt:

„Nach dem Zeugnis vom G2 behandelte M, Kommandant einer Waffen-SS-Einheit im Nazigefängnis von K einige der in seiner Gewalt befindlichen jüdischen Gefangenen auf angemessene Art und Weise…..Jedenfalls lernen wir aus diesem Zeugnis von G2, dass in diesem Gefängnis dasselbe Phänomen auftauchte, das auch schon aus Auschwitz bekannt ist: Die Juden, die Deutsch sprachen, einen Beruf hatten oder Handwerker waren, wurden von den Nazis bevorzugt behandelt.

So bezeugte G2:

            …

Eines Tages wandelten sie das große Gebäude der B-Schule in ein Gefängnis um – die Männer wurden im Gegensatz zu dem vorherigen Gefängnis von den Frauen getrennt, wo Männer und Frauen zusammen gewesen waren. Der Kommandant organisierte uns in Einheiten. Er wählte 20 Personen aus (meine gesamte Familie war unter den 20), die das Leben an diesem Ort organisierten: Waschen, Kochen, für Essen Sorgen, Nähen etc. Mein Vater war damit betraut, für Essen zu sorgen, meine Mutter kochte in der zentralen Küche, ich war in der Näh-Werkstatt, wo wir Kleider flickten. Die Frauen der SS begannen, uns Stoffe zu bringen, damit wir Kleider für sie nähen sollten.“

Die Beklagte hat auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, es lasse sich keine wissenschaftliche Quelle finden, nach der es in K ein Ghetto im Sinne des ZRBG gegeben habe. Ein abgegrenztes Wohnviertel im Sinne eines Ghettos sei in K nicht eingerichtet worden. Das von der Klägerin erwähnte Schulgebäude finde zwar Erwähnung in wissenschaftlichen Quellen. Hinweise auf die Einsetzung eines Judenrates oder die Errichtung einer jüdischen Verwaltung fänden sich dagegen nicht. In den Akten des Entschädigungsverfahrens fänden sich ebenfalls keine Hinweise auf die Existenz eines Ghettos. Die Klägerin habe dort mehrfach erwähnt, sie sei während des Aufenthaltes in K in einem Sammellager gefangen gehalten worden und habe Zwangsarbeiten für die SS verrichten müssen. Für den Fall, dass von der Existenz eines Ghettos im zweiten Stock des Schulgebäudes von K auszugehen sei (was bestritten werde), sei zu Gunsten der Klägerin davon auszugehen, dass eine Beschäftigung im Sinne des ZRBG glaubhaft verrichtet worden sei (Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2018). Der Bescheid vom 26. April 2016 sei ergangen, weil bei Erlass des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2016 weitere vom Bevollmächtigten der Klägerin übersandte Unterlagen nicht berücksichtigt worden seien. Gegen den Bescheid sei kein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden. Dieses würde aber auch zu keinem anderen Ergebnis führen.

Das Sozialgericht Lübeck hat mit Urteil vom 5. Februar 2019 den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2016 und des Bescheides vom 26. April 2016 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin eine Altersrente ab dem 1. November 2010 nach dem ZRBG zu gewähren. Das Sozialgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe glaubhaft gemacht, dass sie in der Zeit von September 1944 bis zu ihrer Befreiung im Januar 1945 in K zwangsweise in einem Ghetto gelebt habe, das im nationalsozialistischen Einflussbereich gelegen habe. Das Schulgebäude von K stelle kein Sammellager oder Zwangsarbeitslager im juristischen Sinne, sondern ein Ghetto im Sinne des ZRBG dar. Die Klägerin und die anderen Personen, die mit ihr zusammen den zweiten Stock des Schulgebäudes in K bewohnt hätten, seien in ihrer Lebensführung auf diesen zweiten Stock beschränkt gewesen und hätten sich grundsätzlich daraus nicht fortbewegen dürfen. Bei der von der Klägerin in der strittigen Zeit für die Deutschen verrichteten Näharbeiten, Wasch-  und Kocharbeiten habe es sich auch um eine Beschäftigung im Sinne des § 1 Abs. 1 ZRBG gehandelt.

Dies habe die Beklagte bereits für den Fall zugestanden, dass der zweite Stock des Schulgebäudes in K als Ghetto anzuerkennen sei. Die Beschäftigung sei auch aus eigenem Willensentschluss aufgenommen worden, da die einzelnen Abläufe der Arbeiten und die Frage, wer genau welche Arbeiten durchführe, von den Bewohner im zweiten Stockwerk selbst organisiert worden sei. Die Klägerin habe jeweils ohne konkrete Gefahr für Leib oder Leben die Möglichkeit gehabt, entweder eine konkrete Arbeit abzulehnen oder eine andere Arbeit auszuüben. Die freiwillige Arbeit sei auch entgeltlich erfolgt. Da Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b ZRBG jegliche Entlohnung in Geld oder Naturalform darstelle, reichten die von der Klägerin geschilderten Privilegien dafür aus.

Gegen das ihr am 11. Februar 2019 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 28. Februar 2019 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Zur Begründung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, auch unter Berücksichtigung des Urteils des BSG vom 20. Mai 2020 (B 13 R 9/19 R) seien keine Zeiten nach dem ZRBG anzuerkennen. Es liege kein Ghetto oder eine vergleichbare Zwangssituation vor. Das Schulgebäude sei als Ganzes zu beurteilen. Dass der erste Stock des Schulgebäudes dabei die Struktur eines Sammellagers gehabt habe, dürfte nicht strittig sein. Die Bewegungsfreiheit der dort lebenden Personen sei auf diesen Bereich beschränkt gewesen. Nichts Anderes gelte für die im zweiten Stock des Schulgebäudes lebenden Personen. Der Aufenthalt sei faktisch nur im Gebäude möglich gewesen und habe rund um die Uhr gegolten. In dem vom BSG entschiedenen Fall habe sich die räumliche Beschränkung auf ein bestimmtes Gebäude erstreckt, die Arbeitsleistung sei jedoch außerhalb des Gebäudes erfolgt. Das Verlassen des zugewiesenen „Wohn-ortes“ zum Zweck der Arbeit oder unerlässlicher Besorgungen sei in dem Fall generell möglich gewesen. Ebenso seien entweder die deutschen Besatzungstruppen oder die „volksdeutsche Bevölkerung“ die kontrollierenden Organe gewesen, während die Darstellungen im vorliegenden Fall eher dafür sprechen würden, dass das Schulgebäude einer zentralen Leitung unterstanden habe (SS-Truppen vor Ort). Dies spreche in der Gesamtheit mehr für einen Lagercharakter. Der kleine Personenkreis im zweiten Stock des Schulgebäudes habe unter vergleichbaren Bedingungen gelebt, die auch in großen Konzentrationslagern vorzufinden gewesen seien. Auch in Konzentrationslagern seien u. a. administrative Tätigkeiten von einem eng bestimmten Kreis von Lagerinsassen ausgeführt worden, die hierdurch eine bevorzugte Behandlung erhielten und vor allem vor dem sicheren Tod bewahrt worden seien. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte unter Bezugnahme auf ihren Schriftsatz vom 10. Juli 2018 erklärt, im Jahr 2018 hätte die Beklagte eine Beschäftigung der Klägerin als ZRBG–Zeit anerkannt, wenn sie unterstellt hätte, dass die Klägerin in einem Ghetto gearbeitet habe. Es sei damals die Praxis gewesen, die Einschränkung habe auf dem Ghettobegriff gelegen. Es sei weder auf die Entgeltlichkeit noch auf die konkreten Umstände geachtet worden, maßgeblich sei für die Beklagte die Einschränkung durch den Ghettobegriff gewesen. Im Hinblick auf die BSG–Entscheidung aus 2020, in der der Ghettobegriff nicht mehr maßgeblich sei, würde die Beklagte nach diesen rechtlichen Maßstäben die Arbeit der Klägerin nicht als freiwilliges Beschäftigungsverhältnis bewerten. Damals sei bei einem Ghetto die Freiwilligkeit nicht geprüft worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 5. Februar 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Klägerin hält das Urteil für richtig und wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Die zweite Etage des Schulgebäudes stelle ein Ghetto im Sinne des ZRBG dar. Das Urteil des BSG vom 20. Mai 2020 (- B 13 R 9/9 R -) stelle einen weiteren Meilenstein zur Erweiterung der Anerkennung von Beitragszeiten dar. Danach sei der Begriff des Ghettos im ZRBG maximal weit auszulegen. Für die Anwendung des ZRBG sei der Aufenthalt in einem Ghetto nicht (mehr) zwingende Voraussetzung. Auf Personen, die außerhalb eines Ghettos vergleichbaren (Aufenthalts–) Zwangssituationen ausgesetzt gewesen seien, sei das ZRBG analog anzuwenden. Die Merkmale des maximal weit auszulegenden Ghetto-Begriffs des ZRBG seien vorliegend erfüllt. Die Einordnung des oberen Stockwerks als Ghetto bewege sich innerhalb der im BSG-Urteil aufgezeigten Grenzen. Selbst wenn die zweite Etage des Schulgebäudes in K kein Ghetto wäre, hätte sie – die Klägerin - einen analogen Rentenanspruch aus dem ZRBG. In dem Urteil vom 20. Mai 2020 habe das BSG eine Intensität des Aufenthaltszwanges, die in ihrer konkreten Wirkung ein Verlassen des räumlichen Lebensbereichs nach freiem Belieben nahezu ausschließe und damit deutlich über die Beschränkungen hinausgehe, die einzeln oder kumulativ mit einer Kennzeichnungspflicht, einer nächtlichen Ausgangssperre und dem grundsätzlichen Verbot der Gemeinde überschreitenden Wohnsitzverlegung verbunden sei, als ausreichend erachtet. Ein solcher Aufenthaltszwang habe im vorliegendem Fall bestanden. Ihr – der Klägerin – und den übrigen Bewohnern der zweiten Etage der alten Schule sei es verboten gewesen, das Stockwerk zu verlassen. Dabei hätten sie nicht bloß einer faktischen Freiheitsbeschränkung unterstanden, sondern ihr Bewegungsbereich sei tatsächlich auf das Stockwerk beschränkt gewesen. Das Stockwerk, in dem sie und die übrigen Bewohner gelebt hätten, habe damit nicht nur einen mit einem „klassischen“ Ghetto vergleichbaren Aufenthaltszwang entfaltet. Die Freiheitsbeschränkung sei aufgrund der geringen Größe des Stockwerks teilweise sogar noch intensiver als üblich gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten. Der wesentliche Inhalt dieser Unterlagen ist Gegenstand der Berufungsverhandlung gewesen.

 

                                    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 5. Februar 2019 ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) eingegangen.

Die Berufung ist auch begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Lübeck war auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2016 und des Bescheides vom 26. April 2016 ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 23. November 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2008 und Gewährung einer Regelaltersrente aufgrund fiktiver Ghetto-Beitragszeiten.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Klage auch insoweit zulässig ist, als sie gegen den Bescheid vom 26. April 2016 gerichtet ist. Nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage macht sich der Senat die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung zu Eigen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Anspruch auf Rücknahme des ablehnenden Rentenbescheides vom 23. No-vember 2007 richtet sich nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Bescheid vom 23. November 2007 ist rechtmäßig, denn die Klägerin hat keinen Rentenanspruch.

Das anzuwendende Recht bestimmt sich nach § 300 Sechstes Buch (SGB VI). Nach § 300 Abs. 1 SGB VI gilt: Vorschriften dieses Gesetzbuchs sind von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften sind nach § 300 Abs. 2 SGB VI (aber) auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird.

Der Anspruch auf eine Regelaltersrente wurde am 18. Juni 1997 geltend gemacht, denn nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ZRBG gilt ein Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als am 18. Juni 1997 gestellt.

Nach § 35 SGB VI in der Fassung des insoweit maßgebenden Gesetzes vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 1989, 2261, I 1990 1337) – a. F. – haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Auf die allgemeine Wartezeit werden gemäß § 51 Abs. 1 SGB VI Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet. Beitragszeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge geleistet worden sind. Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind Pflichtbeitragszeiten auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Die Klägerin hat unstreitig keine Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung nach der Reichsversicherungsordnung (RVO), dem SGB VI oder dem Fremdrentengesetz (FRG) zurückgelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sind auch die geltend gemachten Beschäftigungszeiten in dem Schulhaus in K nicht nach § 2 ZRBG als fiktive Beitragszeit zu berücksichtigen.

§ 2 Abs. 1 ZRBG bestimmt, dass für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt gelten. Gemäß § 1 Abs. 1 ZRBG gilt dieses Gesetz für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, gegen Entgelt ausgeübt wurde und das Ghetto in einem Gebiet des nationalsozialistischen Einflussbereichs lag. Die Tatsachen, die den Anspruch auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten nach dem ZRBG begründen, müssen gemäß § 1 Abs. 2 ZRBG i.V.m. § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) zumindest glaubhaft gemacht sein. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Gefordert ist insoweit mehr als die bloße Möglichkeit einer Tatsache, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es muss aber die „gute Möglichkeit“ bestehen, dass sich die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen so zugetragen haben, wie sie von dem Betroffenen vorgetragen werden. Das ist der Fall, wenn mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt spricht. Von verschiedenen möglichen Geschehensabläufen muss der vorgetragene relativ gesehen am wahrscheinlichsten erscheinen (vgl. BSG vom 17. April 2013 – B 9 V 1/12 R und B 9 V 3/12 R – jeweils juris).

Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Klägerin Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 ZRBG ist. 

Auch hält der Senat es – in Übereinstimmung mit den Beteiligten – unter Berücksichtigung des insoweit im Wesentlichen einheitlichen Vorbringens der Klägerin in dem Entschädigungsverfahren nach dem BEG und im Rentenverfahren sowie unter Berücksichtigung der historischen Quellen für überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin Mitte 1944 in K verhaftet worden ist und dort in einem ehemaligen Schulgebäude untergebracht war. Glaubhaft sind auch die von der Klägerin in dem Schulgebäude beschriebenen Lebens- und Arbeitsbedingungen. Danach wurde die erste Etage von der SS als Sammelstätte für Juden und Regimegegner (Partisanen) genutzt, die später deportiert worden sind. Die in der zweiten Etage lebenden Juden haben für die SS gearbeitet. Die Klägerin wurde nach kurzer Zeit von der ersten Etage in die zweite Etage verlegt und hat dort Näharbeiten, Wasch- und Küchenarbeiten für die Deutschen verrichtet. Die in der zweiten Etage lebenden Personen bekamen Zugang zu fließendem Wasser, Decken zum Schlafen und ein besseres Essen im Vergleich zu den Menschen im ersten Stockwerk. Nach den glaubhaften Schilderungen der Klägerin durften Personen, die sich in einem der beiden Stockwerke aufgehalten haben, ihr Stockwerk nicht verlassen. Allenfalls für die Verrichtung einzelner Arbeiten sind Juden aus dem zweiten Stockwerk in das erste Stockwerk des Schulgebäudes geschickt worden.

Selbst unter Zugrundelegung eines weiten und entschädigungsrechtlich überformten Ghettobegriffs im Sinne des ZRBG erfüllt die Klägerin nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG. Sie war nicht Verfolgte in einem Ghetto, die ihre Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss aufgenommen hat, da die internierungsähnlichen Bedingungen ihrer Wohn- und Arbeitsverhältnisse die Kriterien einer Beschäftigung in einem Zwangsarbeitslager erfüllen (unter 1). Selbst wenn der zwangsweise Aufenthalt in einem einzelnen Stockwerk eines Gebäudes als mit einem Ghetto (i.S.d. Rechtsprechung des BSG vom 20. Mai 2020) vergleichbar zu bewerten wäre, erfüllt die Arbeit der Klägerin nicht das Kriterium der Freiwilligkeit.

1. Der Begriff des Ghettos ist im ZRBG oder in der Gesetzesbegründung hierzu (vergleiche Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis90/Die Grünen und FDP vom 19. März 2002, BT-Drucks. 14/8583, S. 1 ff sowie Gesetzesentwurf der Fraktion PDS vom 20. März 2002, BT-Drucks. 14/8602, S. 1 ff) nicht definiert. Es ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung sich maßgeblich an dem Sinn und dem Zweck des ZRBG zu orientieren hat. Es kommt deshalb nicht entscheidend darauf an, was historisch unter einem Ghetto zu verstehen ist oder von der Besatzungsmacht als solches bezeichnet wurde. Das ZRBG soll Verfolgten für deren Beschäftigung während ihres Zwangsaufenthalts in einem vom Deutschen Reich zu verantwortenden Ghetto eine Rente aus der Deutschen Rentenversicherung ermöglichen (BSG vom 2. Juni 2009 – B 13 R 81/08 RSozR 4-5075 § 1 Nr. 5, Rn. 26; vergleiche Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE vom 8. Juni 2006, BT-Drucks. 16/1955, S. 1). Zwar ist das ZRBG als Reaktion auf die Ghetto-Rechtsprechung des BSG und in deren Akzeptanz verabschiedet worden (vergleiche BT-Drucks. 14/8583, S. 5; 14/8823, S. 4; 15/1475, S. 9; Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 20. Juni 2007, BT-Drucks. 16/5720, S. 5). Es erweitert jedoch in mehrfacher Hinsicht die Reichweite dieser Rechtsprechung, indem es eine unterschiedslose Regelung unabhängig von lokal anwendbarem Recht, Größe und Struktur der Ghettos schafft (BSG vom 2. Juni 2009 – aaO und vom 3. Juni 2009 – B 5 R 26/08 RSozR 4-5075 § 1 Nr. 8, Rn. 28).

Umgangssprachlich und unter historischem Bezug wurde unter einem Ghetto ein abgesondertes Wohnviertel verstanden, das ab dem Spätmittelalter vor allem der Separierung der jüdischen Bevölkerung diente (vgl. Eintrag „Ghetto“ bei Wikipedia). Es konnte sich um einen Stadtteil oder eine Straße handeln, in der ausschließlich Juden wohnten. Es war ein eingegrenzter und von den anderen Teilen der Stadt abgetrennter Bezirk. Während Ghettos aus historischer Sicht reguläre Wohnbezirke der jüdischen Bevölkerung waren, dienten die Ghettos in den von den Deutschen im Zweiten Weltkrieg besetzten Gebieten anderen Zwecken; sie waren nicht als getrennte Wohngebiete für Juden geplant, sondern stellten ein Übergangsstadium im Verlauf der „Endlösung der Judenfrage“ dar. Es gab verschiedene Formen von Ghettos, geschlossene oder offene (Amsterdam) oder einzelne bestimmte Häuser wie in Budapest (Gutman u.a., Enzyklopädie des Holocaust, S. 535). Die Rechtsprechung zum ZRBG hat unter dem Blickwinkel der Zielrichtung des Gesetzes einen weiten Ghetto-Begriff vertreten und es ausreichen lassen, dass der Aufenthalt der Juden rechtlich und tatsächlich auf ein bestimmtes Wohngebiet beschränkt wurde und diese Beschränkung durch die Androhung schwerster Strafen bis hin zur Todesstrafe durchgesetzt wurde. Die Aufenthaltsbeschränkung hatte eine Isolierung der jüdischen von der übrigen Bevölkerung zum Zweck (BSG vom 14. Dezember 2006 – B 4 R 29/06 RSozR 4-5075 § 1 Nr. 3, Rn. 84; LSG Baden-Württemberg vom 26. Januar 2010 – L 11 R 2534/09 – juris, Rn. 44).

Der erkennende Senat hat in dem Urteil vom 13. November 2018 - L 7 R 175/16 -

das Vorliegen eines Ghettos auch dann bejaht, wenn im Generalgouvernement in kleinen Gemeinden die jüdische Bevölkerung auf ihre angestammten Wohnungen beschränkt oder in einzelne Häuser umgesiedelt wurden und ihre Freizügigkeit sich im Wesentlichen nur noch auf diese Häuser erstreckte. Mit Urteil vom 20. Mai 2020 (- B 13 R 9/19 -) hat das BSG die Entscheidung des Senats vom 13. November 2018 im Ergebnis bestätigt und den Begriff des Ghettos i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG im Lichte des Gesetzeszwecks weit ausgelegt. Der Senat schließt sich ausdrücklich der Rechtsprechung des BSG an, wonach das ZRBG Teile des Rentenversicherungsrechts entschädigungsrechtlich überlagert, weshalb unter Anwendung der für das Entschädigungsrecht entwickelten Auslegungsgrundsätze für das ZRBG ein maximal weiter Ghetto-Begriff zugrunde zu legen ist, der sich gerade noch in den Grenzen dessen bewegt, was nach dem bisherigen juristischen Sprachgebrauch und vor dem Hintergrund aktueller geschichtswissenschaftlicher Erkenntnisse als Ghetto infrage kommen könnte. Dies sind letztlich alle abgrenzbaren Orte, die Juden und anderen Gruppen von Verfolgten innerhalb des nationalsozialistischen Einflussbereichs zwangsweise zum Wohnen und regelmäßigen Aufenthalt zugewiesen waren und an denen eine entgeltliche Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss i.S. von § 1 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG gleichwohl noch möglich war (BSG, Urteil vom 20. Mai 2020 – B 13 R 9/19 R –, BSGE 130, 171-199, SozR 4-5075 § 1 Nr. 10, Rn. 56).

Selbst unter Anwendung dieser Maßstäbe sind die Lebensumstände, denen die Klägerin in der Zeit von September 1944 bis Januar 1945 ausgesetzt war, nicht unter den vom BSG definierten weiten Ghettobegriff zu subsumieren.

Das BSG hat in dem Urteil vom 20. Mai 2020 die bisherige Rechtsprechung zum ZRBG dahingehend weiterentwickelt, dass die Abgrenzung von Beschäftigungen in einem Ghetto bzw. unter vergleichbaren Freiheitsbeschränkungen gegenüber Konzentrations- und Arbeitslagern (nur) anhand des Merkmals der Freiwilligkeit der verrichteten Arbeit erfolgt. Das Merkmal einer aus eigenem Willensentschluss zustandegekommenen Beschäftigung dient der tatsächlichen Abgrenzung zur Zwangsarbeit. Zur Frage der Abgrenzung von Zwangsarbeit zur freiwillig verrichteten Tätigkeit kann auf das Gesetz über die Errichtung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ vom 2. August 2000 (BGBl I 2000, 1263) - EVZStiftG - zurückgegriffen werden, das in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 demjenigen eine Entschädigung wegen Zwangsarbeit zubilligt, der in einem Ghetto unter vergleichbaren Bedingungen (wie in einem Konzentrationslager) inhaftiert war und „zur Arbeit gezwungen wurde“. Diese Wendung macht auch für das ZRBG deutlich, dass eine Situation, in der jemand (allgemein) zur Arbeit gezwungen „war“, nach dem Gesetz noch keine Zwangsarbeit darstellt. Ein genereller (faktischer oder rechtlicher) Arbeitszwang allein macht die mit Rücksicht darauf ausgeübte Tätigkeit nicht zur Zwangsarbeit und steht deshalb einer „Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss“ nicht entgegen. Ein freier Willensentschluss liegt dann nicht mehr vor, wenn jemand zu einer (spezifischen) Arbeit gezwungen wird oder die Annahme der Arbeit bezogen auf die Situation des Einzelnen alternativlos ist, weil die Ablehnung der Arbeitsaufnahme mit einer Gefahr für Leib und Leben verbunden ist. Im Lichte dessen ist Zwangsarbeit die Verrichtung von Arbeit unter obrigkeitlichem (hoheitlichem) Zwang, wie z.B. bei Kriegsgefangenen oder in einem Gefängnis. Eine verrichtete Arbeit entfernt sich umso mehr von dem Typus des in die Rentenversicherung einbezogenen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und nähert sich dem Typus der Zwangsarbeit an, als sie durch hoheitliche Eingriffe überlagert wird, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann. Ob eine aus eigenem Willensentschluss i.S. des ZRBG zustande gekommene Beschäftigung oder eine den eigenen Willensentschluss ausschließende Zwangsarbeit vorlag, ist vor dem Hintergrund der wirklichen Lebenslage des Betroffenen zu beurteilen. Dabei sind die Sphären "Lebensbereich" und "Beschäftigungsverhältnis" grundsätzlich zu trennen. Eine aus eigenem Willensentschluss aufgenommene Beschäftigung liegt vor, wenn der Ghetto-Bewohner noch eine Dispositionsbefugnis zumindest dergestalt hatte, dass er die Annahme oder Ausführung der Arbeit auch ohne unmittelbare Gefahr für Leib, Leben oder seine Restfreiheit ablehnen konnte. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn es sich um eine vom Judenrat angebotene Arbeit handelt, ohne dass im Einzelnen zu ermitteln wäre, wer letztlich als "Arbeitgeber" fungierte und wie das Verhältnis zwischen diesem, dem Beschäftigten und dem Judenrat ausgestaltet war (BSG, Urteil vom 03. Juni 2009 - B 5 R 26/08 R -, juris, BSG, Urteil vom 02. Juni 2009 – B 13 R 81/08 R –,).

Unter Anwendung dieser Kriterien hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Beschäftigung im Schulgebäude in K ohne Gefahr für Leib und Leben hätte ablehnen können. Die Klägerin hatte vor dem Hintergrund der tatsächlichen Lebensumstände in dem Schulgebäude keine freie Wahl zwischen der Annahme oder der Nichtannahme einer Beschäftigung. Nach den unbestrittenen Schilderungen der Klägerin wurde die erste Etage des Schulgebäudes von der SS als Sammelstätte für Juden genutzt, die alsbald in ein Konzentrationslager deportiert wurden. Auch die Klägerin war zunächst in der ersten Etage untergebracht. Da die in der zweiten Etage festgehaltenen Juden nicht deportiert wurden, sondern für die SS arbeiten sollten, bestand die einzige Möglichkeit der Klägerin, der Deportation zu entkommen, darin, für die SS zu arbeiten. Eine Restfreiheit bzw. ein individueller Spielraum, selbst und ohne Gefahr für ihr Leben darüber entscheiden zu können, die Beschäftigung auszuüben oder nicht, verblieb der Klägerin damit nicht. Gegen das Vorliegen einer Wahlfreiheit und damit für eine Zwangsarbeit spricht zudem, dass sämtliche Personen, die im zweiten Stockwerk untergebracht waren, für die SS arbeiten mussten. Da die Bewohner der zweiten Etage diese unter Androhung von Todesstrafe nicht verlassen durften und kein Kontakt zur Außenwelt bestanden hat, ist die Unterbringung als Inhaftierung zu bewerten und entsprach nicht der relativen Freiheit innerhalb eines Ghettos. Auch ein Ghettoaufenthalt war zwar geprägt durch Repressalien und Schikanen des Regimes, ließ aber dennoch gerade hinsichtlich der Aufnahme einer Arbeit Raum für eine freie Willensbetätigung. Die Bewohner der zweiten Etage waren jedoch ständiger obrigkeitlicher Überwachung und Repression ausgesetzt. Es ist zwar glaubhaft, dass die Bewohner der zweiten Etage die Arbeit und ihr Leben im Wesentlichen selbst organisieren konnten, dies jedoch nur innerhalb eines internierungsähnlichen Rahmens. Die Willensfreiheit bezog sich allenfalls auf das „wie“ und nicht das „ob“ der Ausübung einer Beschäftigung. Der Annahme einer Arbeit konnte sich die Klägerin nicht entziehen, denn die Alternative war der Verbleib in der ersten Etage und damit die absehbare Ermordung durch die Deportation.

Insofern ist die Situation der Klägerin in der damaligen Zeit mit der Arbeit innerhalb eines Konzentrationslagers vergleichbar. Durch den Gesamtrahmen der Lebens- und Arbeitsumstände hatten die KZ-Insassen ein großes Interesse daran, durch eine Arbeit ihre Überlebenschancen zu erhöhen. Beispielhaft anzuführen ist in diesem Zusammenhang das Mädchenorchester von Auschwitz, dessen Mitglieder weibliche Häftlinge waren und die durch die Aufnahme in das Orchester vorübergehend oder sogar endgültig vor dem Tod in den Gaskammern bewahrt wurden. Die einzelne internierte Musikerin hat sich für eine solche Arbeit freiwillig gemeldet, denn innerhalb der menschenverachtenden Häftlingsorganisation erhöhte eine solche Arbeit die Überlebenschancen (vgl. beispielhaft die Lebensgeschichte von Esther Béjarano: Esther Béjarano/Birgit Gärtner: Wir leben trotzdem. Esther Béjarano – vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Künstlerin für den Frieden). Auch der Chemiker Primo Levi überlebte das Lager Auschwitz III nach seinem eindringlichen Lebensbericht nur, weil er sich als ausgebildeter Chemiker selbst um eine Arbeit aus seiner Situation als Häftling des Konzentrationslagers bemüht hatte und dann als Zwangsarbeiter für die IG Farben in Auschwitz-Monowitz eingesetzt wurde (autobiographischer Bericht: Primo Levi, Ist das ein Mensch?). Eine Arbeit als Musikerin oder Chemiker wäre in einem anderen Rahmen als Beschäftigungszeit bzw. im Zusammenhang mit einem Ghetto oder vergleichbaren Aufenthalt als ZRBG-Zeit zu bewerten. Innerhalb eines nationalsozialistischen Konzentrationslagers überlagert die gesamte Zwangssituation diese Arbeitsaufnahme jedoch so, dass die notwendigen Restelemente eines freiwilligen Arbeitsverhältnisses fehlen. Allein das eigenständige Bemühen um eine Arbeit erfüllt den Tatbestand der Freiwilligkeit nicht, wenn die gesamte Zwangssituation keine echte Alternative dazu bietet. Vergleichbar der Situation in einem Konzentrationslager bestand für die Klägerin nur durch die Aufnahme einer Beschäftigung die Chance, der Deportation zu entgehen.

Im Kontext dazu stehen die Hinweise in den historischen Quellen. In der historischen Quelle „Pinkas hakehilot, Encyklopaedia of Jewish communities, Slovakia“ und in dem auf Englisch übersetzten Auszug aus einem im Original hebräischen Werk von Haya Meiri-Minrabi mit dem Titel „The Jews of Kezmarok and the Surrounding Area in the Holocaust“ ist die Schule in K als (Nazi-)Gefängnis erwähnt.

Auch die Klägerin hat in ihren Erklärungen das Schulgebäude in K wiederholt als Gefängnis bzw. Zwangsarbeitslager und die dort verrichtete Tätigkeit als Zwangsarbeit bezeichnet. Ebenso hat Frau E in der eidesstattlichen Versicherung vom 12. Januar 1960 erklärt, sie sei im September 1944 im Gefängnis von K mit der Klägerin zusammengetroffen und habe dort schwere Zwangsarbeiten für die SS verrichten müssen. Der Senat stellt nicht in Abrede, dass die Bezeichnung der Arbeit als "Zwangsarbeit", insbesondere im Entschädigungsverfahren, subjektiv geprägt sein kann und keinen Aufschluss über die konkreten Arbeitsbedingungen gibt (vgl. BSG, 13. Senat Urteil vom 23.08. 2001 – B 13 RJ 59/00 R –). Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Gegebenheiten erscheinen die zeitnahen subjektiven Wahrnehmungen der Klägerin und der Zeugin E allerdings nachvollziehbar.

2. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus einem Gleichstellungstatbestand wegen einer planwidrigen Regelungslücke des ZRBG. In der Entscheidung vom 20. Mai 2020 hat das BSG in § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG eine planwidrige Regelungslücke für die Fälle gesehen, in denen Betroffene unter einem Ghetto vergleichbaren Freiheitsbeschränkungen lebten und eine freiwillige entgeltliche Beschäftigung ausübten. Der Beschäftigung in einem Ghetto gleichzustellen seien deshalb Beschäftigungen, die Verfolgte ausübten, während sie einem das Verlassen des räumlichen Lebensbereichs nach freiem Belieben nahezu ausschließenden Aufenthaltszwang unterlegen hätten, der deutlich über Verfolgungssituationen hinausgegangen sei, denen die gesamte, insbesondere jüdische Bevölkerung ausgesetzt gewesen sei.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, da die Klägerin eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene Beschäftigung nicht glaubhaft gemacht hat. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Eine andere rechtliche Beurteilung hinsichtlich der freiwilligen Beschäftigung ergibt sich auch nicht aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 10. Juli 2018, in dem die Beklagte ausgeführt hat, eine Beschäftigung der Klägerin als ZRBG-Zeit werde anerkannt, wenn unterstellt würde, die Klägerin habe in einem Getto gearbeitet. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Erklärung vor dem Hintergrund des zu dieser Zeit von der Rechtsprechung entwickelten Ghettobegriffs abgegeben worden sei. Bei einem Ghetto sei damals die Freiwilligkeit nicht geprüft worden. Zudem ist der Senat an rechtliche Bewertungen der Beteiligten nicht gebunden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat keinen Anlass gehabt, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG). Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des BSG ab. Der vorliegende Rechtsstreit wirft ausschließlich Fragen der einzelfallbezogenen Beweiswürdigung auf.

Rechtskraft
Aus
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