Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.10.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist noch die Anerkennung des Unfallgeschehens vom 14.08.2017 als Arbeitsunfall sowie die Feststellung der Ruptur der Supraspinatussehne links als dessen Folge streitig.
Der 1965 geborene Kläger entlud am 14.08.2017 im Rahmen seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit einen Lkw unter Zuhilfenahme eines Hubwagens und bewegte dabei mit dem schweren Hubwagen eine Last von etwa 500 kg. Nach seinen Angaben gegenüber der Beklagten im Versicherten-Fragebogen vom September 2017 zog er den Hubwagen zunächst aus dem Lkw heraus und musste diesen, im Lager angekommen, abbremsen, wobei er beim Vorgang des Abbremsens bzw. Gegendrückens einen plötzlich einschießenden Schmerz in der linken Schulter verspürte.
Der Kläger stellte sich noch am selben Tag bei den M/E/U vor. Diese veranlassten eine Röntgenuntersuchung der linken Schulter und diagnostizierten ein Impingementsyndrom der Schulter mit Verdacht auf Ruptur der Rotatorenmanschette links. Im von diesen veranlassten MRT vom 16.08.2017 wurde eine ausgedehnte Ruptur der Supraspinatussehne mit Gelenkerguss festgestellt. B diagnostizierte im Zwischenbericht vom 23.08.2017 eine traumatische Supraspinatussehnenruptur links. Am 30.08.2017 erfolgte eine diagnostische Arthroskopie der linken Schulter im Klinikum L sowie eine Refixierung der Supraspinatussehne. Dabei wurde ein Teilstück der linken Supraspinatussehne entnommen und einer histologischen Beurteilung unterzogen. Im histopathologischen Bericht vom 01.09.2017 wurde das eingesandte Gewebe als degenerativ verändertes Sehnengewebe bewertet.
Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers bei und lehnte, gestützt auf eine beratungsärztliche Stellungnahme mit Bescheid vom 22.09.2017 “Leistungen anlässlich obigen Ereignisses“ ab. Im Widerspruchsverfahren holte sie eine beratungsärztliche Stellungnahme des T vom 31.10.2017 ein, der die Auffassung vertrat, unter Berücksichtigung der nachgewiesenen erheblichen degenerativen Veränderungen der Rotatorenmanschette des linken Schultergelenks wie auch des feingeweblichen Untersuchungsbefunds sei dem angeschuldigten Ereignis das Merkmal einer Gelegenheitsursache beizumessen. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2017 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) unter dem Aktenzeichen S 6 U 8/18 schlossen die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts zur Beendigung des Rechtsstreits einen Vergleich, in welchem sich die Beklagte verpflichtete, unter Aufhebung des Bescheids vom 22.09.2017 und des Widerspruchsbescheids vom 05.12.2017 durch Bescheid darüber zu befinden, ob das Ereignis vom 14.08.2017 ein Arbeitsunfall war.
Mit Bescheid vom 08.03.2018 stellte die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.12.2017 fest, dass in Bezug auf das Ereignis vom 14.08.2017 ein Versicherungsfall nicht vorliegen würde. Das Ereignis vom 14.08.2017 sei nicht geeignet gewesen, die Supraspinatussehnenruptur links zu verursachen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2018 zurück, welcher der Bevollmächtigten des Klägers am 22.05.2018 zugestellt wurde.
Hiergegen hat der Kläger am 19.06.2018 beim SG die hier streitgegenständliche Klage erhoben, mit welcher er die Feststellung des Ereignisses vom 14.08.2017 als Arbeitsunfall, die Feststellung der Supraspinatussehnenruptur links als dessen Folge sowie die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Heilbehandlung und Verletztengeld begehrt hat. Das SG hat Befunde über frühere Behandlungen des Klägers betreffend die rechte Schulter beigezogen und hat den Kläger auf die Unzulässigkeit des auf Heilbehandlung und Verletztengeld gerichteten Antrags hingewiesen. Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 23.11.2018 die Klage insoweit ausdrücklich für erledigt erklärt.
Das SG hat anschließend L1 mit der Erstattung eines fachorthopädisch-unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 03.09.2019, gestützt auf eine ambulante Untersuchung des Klägers, zum Ergebnis gelangt, dass die Läsion der Supraspinatussehne nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 14.08.2017 zurückgeführt werden könne. Er hat diese Einschätzung auf die in der Bildgebung eindeutig nachgewiesene Schadensanlage, den histopathologischen Befund und den Vorschaden der Gegenseite gestützt.
Das SG hat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30.10.2019 abgewiesen. Soweit der Kläger die Feststellung von Unfallfolgen, die Gewährung von Heilbehandlung und die Zahlung von Verletztengeld begehre, sei die Klage bereits unzulässig. Im Übrigen hat es, gestützt auf das Gutachten des L1, die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Gegen den dem Kläger am 06.11.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 06.12.2019 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt hat. Er sei vor dem Unfallereignis an der linken Schulter absolut beschwerdefrei gewesen. Der Kläger hat sich weiterhin auf das auf seinen Antrag und Kostenrisiko hin eingeholte Gutachten des D vom 21.04.2021 gestützt.
Er beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 30.10.2019 sowie den Bescheid vom 08.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 14.08.2017 um einen Arbeitsunfall handelt sowie die Gesundheitsstörung „Ruptur der Supraspinatussehne links“ als Folge des Arbeitsunfalls vom 14.08.2017 anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers D mit der Erstattung eines unfallchirurgischen Gutachtens beauftragt. D hat in seinem Gutachten vom 17.05.2021, gestützt auf eine ambulante Untersuchung des Klägers, einen Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Funktionsbeeinträchtigung des linken Schultergelenks bejaht. Es habe bei diesem Ereignis eine massive Krafteinwirkung auf das linke Schultergelenk eingewirkt. Für einen Zusammenhang spreche auch, dass beim Kläger sofort ein akuter Schmerz aufgetreten sei, dieser die Arbeit habe einstellen müssen, kurze Zeit später einen Arzt aufgesucht habe und das Verletzungsmuster im Bereich des Schultergelenks ein erhebliches Trauma nachvollziehen lasse.
In einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom Juli 2021 hat L1 sich mit dem Gutachten des D auseinandergesetzt und an seiner Einschätzung festgehalten.
Mit Schreiben vom 14.09.2021 hat die Beklagte und mit Schreiben vom 23.09.2021 der Kläger einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten sowie die Prozessakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung, über die der Senat aufgrund des übereinstimmenden Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Die Berufung ist indes unbegründet.
Dabei lässt der Senat ausdrücklich offen, ob die Klage, soweit sie auf die Anerkennung der nicht mehr rekonstruierbaren Supraspinatussehnenruptur im linken Schultergelenk als Unfallfolge gerichtet ist, entgegen der Auffassung des SG zulässig ist, weil der insgesamt auslegungsbedürftige Bescheid vom 08.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2018 möglicherweise auch eine diesbezügliche Auslegung zulässt. Denn jedenfalls ist die Klage auch insoweit unbegründet; die Verletzung der Supraspinatussehne im linken Schultergelenk stellt zugleich den einzigen, in Betracht kommenden Gesundheitserstschaden dar, kann aber nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles ist im Regelfall erforderlich, dass das Unfallereignis oder der hierauf beruhende Gesundheitserstschaden die geltend gemachte Gesundheitsstörung wesentlich verursacht hat (sog. haftungsbegründende bzw. haftungsausfüllende Kausalität). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung, dass das Unfallereignis und die Gesundheitsschäden im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und den als Unfallfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit erforderlich; die bloße Möglichkeit genügt insoweit nicht (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 04.07.2013, B 2 U 11/12 R, juris, unter Hinweis auf BSG vom 29.11.2011, B 2 U 26/10 R, juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011, B 2 U 25/10 R, juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011, B 2 U 22/10 R, juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 30/07 R, juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 9/08 R, juris). Es gelten die allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast. Danach trägt derjenige, der ein Recht für sich beansprucht, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Ermittlung die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechts (BSG, Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 27/07 R, juris).
Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen. Es gelten ferner die allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast. Danach trägt derjenige, der ein Recht für sich beansprucht, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Ermittlung die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechts (BSG, Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 27/07 R, juris).
Ausgangsbasis für die Beurteilung der Kausalzusammenhänge ist in einer ersten Prüfungsstufe die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden beziehungsweise denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) „wesentlich“ und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als „wesentlich“ anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als „Gelegenheitsursache“ oder Auslöser bezeichnet werden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006, juris).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die Verletzung der Rotatorenmanschette im linken Schultergelenk als der einzige in Betracht kommende Gesundheitserstschaden nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden. Mangels eines auf das Ereignis am 14.08.2017 zurückführbaren Gesundheitserstschaden scheidet daher die Anerkennung eines Arbeitsunfalls aus.
Der Kläger stand am 14.08.20217 während des Entladens des LKWs als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, weil diese Arbeiten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind. Bei dieser versicherten Tätigkeit, kam es auch zu einem von außen auf den Körper des Klägers, nämlich unter anderem auf die linke Schulter, einwirkenden Ereignis. Für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis ist kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich. Alltägliche Vorgänge wie Stolpern usw. genügen. Es dient der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden auf Grund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps usw., wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R juris). Wie im vom BSG (a.a.O.) entschiedenen Fall (Anheben eines Steines) kam es, als der Kläger sich gegen den beladenen Hubwagen stemmte, zu einer äußeren Krafteinwirkung. Hierin liegt die äußere Einwirkung (BSG, a.a.O.).
Als durch diese Einwirkung verursachter Gesundheitserstschaden kommt ausschließlich die im MRT vom 16.08.2017 nachgewiesene Ruptur der Supraspinatussehne der linken Schulter in Betracht. Eine sonstige Primärschädigung ist von den Durchgangsärzten am Unfalltag wie auch im Rahmen der nachfolgenden Untersuchungen nicht festgestellt worden. Für eine sonstige Schädigung liegen auch keine sonstigen Anhaltspunkte vor; sie wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Damit kommt es für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles maßgeblich darauf an, ob die Ruptur der Supraspinatussehne in ursächlichem Zusammenhang mit dem Bewegen bzw. Abbremsen des beladenen Hubwagens stand. Dies verneint der Senat.
Mit dem Nachweis einer Supraspinatussehnenruptur im MRT vom 16.08.2017 ist nicht zugleich die Annahme gerechtfertigt, dass dieser nach dem Arbeitsunfall festgestellte Gesundheitsschaden, ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist. Vielmehr sprechen die für die Kausalitätsbeurteilung heranzuziehenden Kriterien vorliegend ganz überwiegend gegen einen solchen Zusammenhang, wie L1 in seinem Gutachten vom 03.07.2019 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom Juli 2021 überzeugend herausgearbeitet hat.
So ist röntgenologisch und vor allem im Rahmen der MRT-Aufnahme vom 16.08.2017 ein vorbestehender struktureller Schaden der Supraspinatussehne links nachgewiesen. Bereits die von den M/E/U veranlassten 2 Röntgenaufnahmen des linken Schultergelenks in 2 Ebenen vom 14.08.2017 dokumentieren eindeutig dem Alter vorauseilende degenerative Veränderungen als Ausdruck einer Vorschädigung der Rotatorenmanschette. So zeigt sich ein Hochstand des Oberarmkopfes gegenüber der Schulterpfanne, der erst nach einer länger vorbestehenden Läsion zu erwarten ist. Weiterhin zeigte sich eine Verdichtung der Knochenschale neben zystischen rundlichen Aufhellungen im Bereich des Tuberkulum majus am Ansatz der Supraspinatussehne als weiterer Hinweis auf eine vorbestehende Schädigung im Bereich der Supraspinatussehne. Der zwei Tage nach dem Unfallereignis angefertigten MRT-Bildgebung ließen sich zwar Hinweise auf eine frische Läsion der Sehne in Gestalt einer geringen Retraktion und einer Flüssigkeitsansammlung im Muskelsehnenübergang entnehmen. Es zeigte sich andererseits aber auch eine erhebliche Schadensanlage für verschleißbedingte Schädigungen der Rotatorenmanschette, wie beispielsweise eine Einengung des Raums unter dem Schulterdach sowie degenerative Veränderungen am Sehnensansatz des Infraspinatus. Vor allem aber kann man in diesen Aufnahmen, so der Sachverständige, eine signalintense Durchsetzung des Muskelbauchs des Supraspinatus und des Infraspinatus erkennen. Die damit bereits zwei Tage nach dem Unfall nachgewiesene Atrophie der Muskelbäuche und beginnende fettige Durchsetzung, die erst Jahre nach einer vorbestehenden Rotatorenmanschettenläsion zu erwarten ist, spricht für eine bereits länger bestehende alters- und verschleißbedingte Schädigung der Rotatorenmanschette, so der Sachverständige. Auch T ist in seiner Stellungnahme vom Oktober 2017 gegenüber der Beklagten aufgrund des Ergebnisses der bildgebenden Verfahren von einer eindeutig länger vorbestehenden Schädigung ausgegangen. Soweit demgegenüber D ohne jede Begründung in seinem Gutachten davon ausgeht, die röntgenologischen und MRT-Untersuchung des linken Schultergelenks würden keine chronischen vorbestehenden Veränderungen zeigen, kann dem daher nicht gefolgt werden.
Eindeutig gegen eine traumatische Schädigung der Rotatorenmanschette links spricht der histopathologische Befundbericht vom 01.09.2017, so zu Recht L1. Dort ist das aus einem Teilstück der linken Supraspinatussehne gewonnene Sehnengewebe als (ausschließlich) degenerativ verändert beurteilt worden. Auch mithilfe von Spezialfärbungen konnten Siderophagen, welche als Folge der Einblutung der Sehnenränder bei einer gewaltsamen, frischen Zerreißung der Sehne regelmäßig vorzufinden sind, nicht nachgewiesen werden. Traumatypische Veränderungen wie Einblutungen oder Ähnliches wären aber im Rahmen eines histopathologischen Befunds knapp zwei Wochen nach dem angeschuldigten Ereignis bei einer durch Gewalteinwirkung hervorgerufenen Sehnenruptur zwingend zu erwarten gewesen, so L1. Die Abwesenheit jedweder traumatypischen Veränderungen im histopathologischen Befund vom 01.09.2017 lässt sich mit einer gewaltsamen Schädigung nur schwer in Einklang bringen und weist auf eine alters- und verschleißbedingte Schädigung der Rotatorenmanschette hin. Diesen Umstand eines eindeutig auf degenerative Ursachen hinweisenden histopathologischen Befunds lässt D indes bei seiner Kausalitätsbeurteilung völlig außer Betracht.
Die auf die vorstehenden, klar gegen eine traumatische Ursache sprechenden Kriterien gestützte Einschätzung des L1 wird weiterhin durch den Umstand gestützt, dass die Sehne nach erfolgter operativer Rekonstruktion neuerlich gerissen ist, ohne dass dem Kläger ein diesbezügliches (weiteres) Trauma in Erinnerung wäre. Auch dieser neuerliche Sehnenriss gibt Hinweis auf die unzureichende Qualität des Sehnengewebes beim Kläger und stützt die Annahme degenerativer Vorschädigungen der Sehne.
Auch der Unfallhergang ist entgegen der Auffassung von D nicht geeignet, für eine traumatische Ursächlichkeit zu streiten. Beim Ereignis vom 14.08.2017 hat der Kläger nach seinen Angaben im Wesentlichen mit nach vorne ausgestreckten Armen einen schweren Hubwagen abgebremst. Dieses Ereignis stellt zwar eine ungewöhnliche Krafteinwirkung dar, führt jedoch nicht zu der von der herrschenden Meinung geforderten forcierten Überdehnung der Rotatorenmanschette, sondern eher zu einer Stauchung der Rotatorenmanschette, so der Sachverständige L1, auch zum Nachfolgenden. Bei einer solchen Krafteinwirkung ist unter biomechanischen Gesichtspunkten mit größter Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass keine Schädigung der Rotatorenmanschette entstehen kann, wenn nicht bereits ein erheblicher Vorschaden vorliegt. Wenn überhaupt, so spricht der bekannte Ablauf des Ereignisses daher gegen eine Ursächlichkeit. Zu Recht misst L1 dem Unfallhergang aber eine nur untergeordnete Bedeutung bei, weil dem Verletzten regelmäßig bereits kurz nach der Gewalteinwirkung nicht mehr genau der Unfallmechanismus erinnerlich ist und außerdem experimentelle in vivo-Untersuchungen über die Folgen unterschiedlicher Gewalteinwirkung auf die strukturelle Integrität der Rotatorenmanschette nicht existieren.
Auch der OP-Bericht des Klinikums L vom 30.08.2017 belegt entgegen der Auffassung von D keine traumatische Genese des Rotatorenmanschettenschadens. Die dort festgestellten unauffälligen glenohumeralen Knorpelverhältnisse gestatten keine Bewertung im Sinne einer traumatischen Ursache. Denn ein Riss der Rotatorenmanschette führt, wenn überhaupt, erst nach vielen Jahren zu sekundären Knorpelveränderungen, so L1. Andererseits wird im sehr knapp gehaltenen OP-Bericht der Zustand der Rotatorenmanschette mit einer ausgedehnten Rissbildung der Supraspinatussehne mit frei liegendem Tuberkulum majus und dorsal retrahierter Sehne beschrieben. Dies weist nach Auffassung von L1 auf eine weit länger vorbestehende Schädigung, als die 16 Tage zwischen dem Ereignis vom 14.08.2017 und der Operation, hin.
Für eine Unfallkausalität sprechen vorliegend daher nur die anamnestische Beschwerdefreiheit bis zum Zeitpunkt des Ereignisses sowie die hochgradige Bewegungseinschränkung und akut einschießende Schmerzen im direkten Anschluss an das Ereignis mit anschließender Arbeitseinstellung und Arztkonsultation noch am selben Tag. Die umfangreiche wissenschaftliche Studienlage zu dieser Problematik belegt aber einhellig und eindrucksvoll, dass die Abwesenheit von Symptomen nicht als eindeutiger oder gar sicherer Hinweis auf eine intakte Rotatorenmanschette gewertet werden kann, so zu Recht der Sachverständige. Vielmehr liegen häufig unentdeckte, asymptomatische Defekte der Rotatorenmanschette vor, bei denen dann einmalige ungewöhnliche Belastungen oder geringfügige äußere Gewalteinwirkungen zum Auftreten von Beschwerden führen.
Der im Durchgangsarztbericht vom 14.08.2017 beschriebene primäre Befund mit einer erheblich eingeschränkten Beweglichkeit der linken Schulter könnte für eine so genannte Pseudoparalyse als Folge einer akuten Schädigung der Rotatorenmanschette sprechen (sog. drop arm-Zeichen). Der Verletzte ist danach im Falle einer Zerreißung der oberen Anteile der Rotatorenmanschette über Tage nicht in der Lage, den Arm aktiv nach vorne oder seitlich abzuspreizen. Die schnelle Verbesserung der Beweglichkeit nach lokaler Injektionstherapie weist jedoch, so L1, auf eine vor allen Dingen schmerzbedingte Einschränkung der Beweglichkeit hin und nicht auf eine Pseudoparalyse. Auch die bei einer gewaltsamen Zerreißung einer Sehne als einem erheblichen Verletzungsereignis regelmäßig zu erwartenden äußerlich sichtbaren Verletzungszeichen wie Schwellungen und Blutergüsse im Bereich der Schulterweichteile und Oberarme werden in den Arztberichten nicht erwähnt.
Wenngleich danach mit der im MRT-Befund vom 16.08.2017 festgestellten Einblutung im Gelenk und ferner mit den zeitnah zum Ereignis aufgetretenen akuten Beschwerden mit der Notwendigkeit der Arbeitseinstellung und Konsultation von Ärzten Indizien vorliegen, die für eine traumatische Genese sprechen, überwiegen in Würdigung sämtlicher für und wider einem Unfallzusammenhang streitenden Kriterien letztere eindeutig. Der Senat schließt sich auch insoweit der Beurteilung des L1 an, wonach die bildgebenden Befunde und der histopathologische Befund zweifellos nicht nur eine Schadensanlage für die Entstehung einer Rotatorenmanschettenläsion belegen, sondern ein beredter Hinweis darauf sind, dass zum Zeitpunkt des Ereignisses vom 14.08.2017 bereits ein struktureller Schaden bestanden hat. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass es bei diesem Ereignis zu einer Vergrößerung dieser strukturellen Vorschädigung oder gegebenenfalls zu einer Kontinuitätsunterbrechung der bereits erheblich in ihrer Reißfestigkeit verminderten Sehne der Rotatorenmanschette gekommen sein könnte. Dies hätte dann aber auch ohne eine Gewalteinwirkung, beispielsweise im Rahmen einer willkürlichen Kraftanstrengung, zum gleichen Zeitpunkt und im gleichen Ausmaß eintreten können, weshalb dem Ereignis selbst in einem solchen Fall allenfalls die Bedeutung eines Anlassgeschehens einzuräumen gewesen wäre. Rechtlich wesentlich für die beim Kläger vorliegende Rotatorenmanschettenläsion der linken Schulter ist damit ausschließlich die strukturelle Vorschädigung. Ein Ursachenzusammenhang zwischen der Schädigung der Rotatorenmanschette und dem Ereignis vom 14.08.2017 ist nicht wahrscheinlich. Mangels Gesundheitserstschaden scheidet damit die Feststellung eines Arbeitsunfalls aus und kommt die Feststellung der Ruptur der Supraspinatussehne links als Unfallfolge von vornherein nicht in Betracht.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.