L 10 R 1842/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 7092/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1842/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.05.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Streit.

Der 1967 geborene Kläger schloss im Juni 1988 eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann ab, war sodann jedoch überwiegend und auch zuletzt bis Dezember 2013 als Lagerarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt (Bl. 19 und 29 f. VA). Anschließend war er arbeitsunfähig und bezog zunächst Krankengeld, von März 2015 bis März 2016 Arbeitslosengeld und erhält seither Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Am 10.08.2015 stellte er bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, den er u.a. mit Knie-, Rücken- und Schulterschmerzen begründete (Bl. 21 VA). Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin von der L medizinisch begutachten (Bl. 282 ff. SG-Akte; Untersuchungstag: 13.10.2015). L diagnostizierte einen chronischen Schulterschmerz beidseits bei Z.n. mehrfachen operativen Interventionen (bei Impingementsyndrom bds. und Z.n. „Frozen shoulder“ bds.) mit leichtgradiger Funktionseinschränkung, chronische Rückenschmerzen bei Z.n. operativ therapiertem Bandscheibenvorfall L4/5 2012 ohne höhergradige Bewegungseinschränkung, eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine arterielle Hypertonie, Knieschmerzen rechts ohne höhergradige Funktionseinschränkung bei Z.n. Kreuzbandriss nach Skiunfall (OP 2006 und 2007) und ein Hämorrhoidalleiden mit Z.n. Analprolaps und zweifacher Rezidiv-OP. Das Leistungsvermögen schätzte sie für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lagerarbeiter auf unter drei Stunden täglich und für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (leichte Tätigkeiten ohne Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten, ohne Zwangshaltungen, ohne Überkopfarbeiten, ohne Nässe, Kälte und Zugluft, ohne erhöhte Stressbelastung, ohne erhöhte Anforderung an Reaktion und Konzentration) ein.

Mit Bescheid vom 02.11.2015 lehnte die Beklagte mangels Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen die beantragte Rente ab (Bl. 83 f. VA). Den hiergegen erhobenen Widerspruch (Bl. 82, 90 ff. VA) wies die Beklagte nach Durchführung einer ganztägig ambulanten Rehabilitationsmaßnahme im ZAR B vom 19.06.2016 bis 19.07.2016, aus der der Kläger mit einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen sowohl für die Tätigkeit als Lagerist als auch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen wurde (Bl. 143 ff. SG-Akte), mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2016 (Bl. 115 ff. VA) zurück.

Am 19.12.2016 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er hat im Laufe des Verfahrens u.a. Befundberichte über eine im Februar 2017 stattgefundene Implantation einer Bandscheibenendoprothese im Segment LWK 4/SWK 5 (Bl. 24 f. SG-Akte), die Entfernung einer nicht malignen Raumforderung Parotis unterhalb des Jochbogens rechts im April 2017 (Bl. 36 ff. SG-Akte), eine laparoskopische Cholezystektomie im Juli 2017 (Bl. 60 f. SG-Akte) und über eine laparoskopische Hernioplastik rechts im September 2017 (Bl. 66 f. SG-Akte) vorgelegt.

Nach Vorlage von sozialmedizinischen Stellungnahmen der L durch die Beklagte (Bl. 49 ff. und 74 f. SG-Akte) hat das SG (schriftlich) sachverständige Zeugenauskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt. Der A hat auf seinem Fachgebiet u.a. ein chronisches Impingement der Schultern (rechts mehr als links), ein chronisches Lendenwirbelsäulen(LWS)-Syndrom bei Protrusion L4 bis S1, eine Chondropathia patella Grad III bds., eine Fibromyalgie, ein chronisches Halswirbelsäulen(HWS)-Syndrom mit Protrusion C5/6 und ein chronisches Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen diagnostiziert und die Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte Tätigkeiten noch auf drei bis sechs Stunden täglich ohne überwiegendes Stehen, Gehen oder Sitzen eingeschätzt. K hat u.a. eine Omalgie bds. (rechts mehr wie links), ein chronisches Lumbalsyndrom und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert und die Leistungsfähigkeit des Klägers täglich nur noch auf drei Stunden eingeschätzt (Bl. 89 ff. SG-Akte). Laut einem von K übersandten Befundbericht wurde beim Kläger im Oktober 2017 eine Arthroskopie am rechten Knie u.a. mit partieller Synovektomie und Resektion der insuffizienten VKB-Plastik durchgeführt (Bl. 170 f. SG-Akte). Der T hat u.a. ein chronisches Schmerzsyndrom Grad II nach Gerbershagen, ein chronisches Schmerzsyndrom mit psychischen, somatischen und sozialen Faktoren, eine chronische Lumboischialgie, eine Radikulopathie und eine Omalgie bds. (rechts größer links) diagnostiziert und ausgeführt, dass er die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht beurteilen könne, da sich dieser lediglich dreimal - zuletzt vor ca. 3,5 Monaten - vorgestellt und lediglich ein kurzes Gespräch stattgefunden habe (Bl. 176 f. SG-Akte).

Nach Vorlage einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme der L durch die Beklagte (Bl. 188 f. SG-Akte) hat das SG von Amts wegen ein Sachverständigengutachten bei dem C eingeholt (Bl. 207 ff. SG-Akte, Untersuchungstag: 19.03.2018). Der Sachverständige hat eine endgradige Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung der rechten Schulter nach mehrfachen Schulteroperationen und der linken Schulter nach subacromialer Dekompression, eine Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung der LWS nach Implantation einer künstlichen Bandscheibe im Segment L5/S1 mit geringen degenerativen Veränderungen im Segment L4/L5 sowie Hinweisen auf eine sensible Nervenwurzelreizung L5 rechts, eine Belastungsminderung des rechten Kniegelenkes nach mehrfachen Kniegelenksoperationen (zuletzt im Oktober 2017) und eine Weichteilschwellung am 2. Finger links unklarer Dignität - aktuell ohne Bewegungseinschränkung - diagnostiziert und die quantitative Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (keine häufigen oder überwiegenden Überkopfarbeiten, kein häufiges oder überwiegendes Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, keine häufige vornübergeneigte Rumpfhaltung oder sonstige Rumpfzwangshaltung, kein häufiges Treppensteigen oder Klettern auf Leitern und Gerüsten, keine knienden oder hockenden Positionen, keine Arbeiten in zugigen oder nasskalten Räumen) auf mindestens sechs Stunden täglich eingeschätzt.

Der Kläger hat weitere Arztberichte (Bl. 232 ff., 238 ff. und 244 ff. SG-Akte) vorgelegt, wonach u.a. im Mai 2018 eine Osteoporose diagnostiziert (Bl. 235 SG-Akte) und im Juni 2018 eine Arthroskopie mit partieller Synovektomie sowie Innen- und Außenmeniskushinterhorn-Refixation am rechten Knie (Bl. 245 f. SG-Akte) durchgeführt worden ist, die die Beklagte sozialmedizinisch durch die C1 beurteilen hat lassen (Bl. 251 f. SG-Akte). Im April 2019 ist beim Kläger außerdem ein nicht malignes Lipom am rechten Oberarm entfernt worden (Bl. 295 ff. SG-Akte).

Mit Urteil vom 09.05.2019 hat das SG die Klage gestützt auf das Sachverständigengutachten des C, den Reha-Entlassungsbericht des ZAR B und das Verwaltungsgutachten der L abgewiesen. Der Kläger leide auf orthopädischem Fachgebiet an einer endgradigen Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung der rechten Schulter nach mehrfachen Schulteroperationen und der linken Schulter nach subacromialer Dekompression, einer Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung der LWS nach Implantation einer künstlichen Bandscheibe im Segment L5/S1, an geringen degenerativen Veränderungen im Segment L4/L5, an einer Belastungsminderung des rechten Kniegelenks nach mehrfachen Kniegelenksoperationen sowie einer Weichteilschwellung im linken Zeigefinger ohne Bewegungseinschränkung. Die Gesundheitsstörungen im Bereich der LWS, des rechten Kniegelenks und beider Schultern seien gut kompensiert. Unter Beachtung der vom Sachverständigen C benannten qualitativen Einschränkungen (s.o.) sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Auch die beim Kläger bestehende chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren führe zu keiner abweichenden Würdigung. Der Kläger habe sich weder in psychiatrische Behandlung begeben, noch häufig den T aufgesucht, woraus geschlossen werden könne, dass seine Schmerzen durch die verschriebenen Schmerzmittel erfolgreich bekämpft worden seien. Den abweichenden Leistungsbeurteilungen der Behandler K und A sei nicht zu folgen. Zum einen schließe A eine sechsstündige Leistungsfähigkeit bereits nicht aus, da er das Leistungsvermögen des Klägers auf drei bis sechs Stunden und nicht auf drei bis unter sechs Stunden einschätze. Zum anderen fehle eine nachvollziehbare Begründung, weshalb die Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule sowie der Schulter- und Kniegelenke das Leistungsvermögen des Klägers auch quantitativ einschränken sollten. Auch die vom Kläger vorgelegten zahlreichen Arzt- und Operationsberichte wiesen keine Erwerbsminderung nach, sondern belegten lediglich in überschaubarer Zeit abgeschlossene Vorgänge zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Auf nicht absehbare Zeit verbleibende Funktionsbeeinträchtigungen würden dadurch nicht nachgewiesen.

Gegen das - seinem Prozessbevollmächtigten am 23.05.2019 zugestellte - Urteil hat der Kläger am 03.06.2019 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Das SG habe die beim Kläger bestehende Schmerzerkrankung nicht ausreichend gewürdigt. Zwischenzeitlich habe er im Juli 2019 eine stationäre Schmerztherapie durchlaufen (Bl. 32 ff. LSG-Akte). Es sei zu einer Verschlechterung des Chronifizierungsstadiums nach Gerbershagen (von Grad II auf Grad III) gekommen. Zudem führe die bestehende Osteoporose über die vom Sachverständigen C mitgeteilten zu weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen, die bislang nicht beachtet worden seien. Er hat außerdem weitere Befundberichte vorgelegt (Bl. 29 ff., 51 LSG-Akte).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.05.2019 und den Bescheid der Beklagten vom 02.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.08.2015 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Der Senat hat von Amts wegen ein Sachverständigengutachten bei dem R (Chefarzt der Klinik für Neurologie und Geriatrie der S Kliniken B1) eingeholt (Bl. 61 ff. LSG-Akte, Untersuchungstag: 20.03.2020). Der Sachverständige hat eine leichte, anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine Dysthymia diagnostiziert und das quantitative Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (Tätigkeiten vorzugsweise im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, keine Akkord- oder Fließbandtätigkeiten, kein Tragen von Lasten größer als 10 kg, keine Tätigkeiten in überwiegender oder ständiger Zwangshaltung der Wirbelsäule wie bspw. beim Bücken oder Knien, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Arbeiten unter der Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe, keine Nachtschichten) auf mindestens sechs Stunden täglich eingeschätzt. Eine Beschränkung des Arbeitsweges liege nicht vor.

Der Kläger hat Berichte über ein MRT der linken Hand von September 2019 (Bl. 125 LSG-Akte) und ein CT der BWS von November 2020 (Bl. 132 LSG-Akte) sowie einen neurologischen Befundbericht von Oktober 2020 (Bl. 123 f. LSG-Akte) vorgelegt und vom 18.05.2021 bis zum 15.06.2021 zu Lasten der Beklagten eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der R1-Klinik in B2 durchlaufen (Bl. 139 ff. LSG-Akte), aus der er mit einem quantitativen Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, keine Tätigkeiten in ständig gebückten, vornübergebeugten oder Rumpfzwangshaltungen des Kopfes und des Schultergürtels, keine Überkopftätigkeiten mit dem rechten Arm, keine Tätigkeiten unter Ausnutzung des maximalen Greifraumes, keine Tätigkeiten im Knien und in der tiefen Hocke, kein häufiges Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, keine Steuerung und Überwachung komplexer Arbeitsvorgänge, keine Verantwortung für Menschen und Maschinen, keine Tätigkeiten unter Akkordbedingungen oder mit Absturzgefahr) entlassen worden ist. Er hat außerdem einen radiologischen Bericht von Oktober 2021 (Bl. 159 LSG-Akte), einen neurologischen Bericht von September 2021 (Bl. 160 f. LSG-Akte) und einen Bericht über eine ambulante Behandlung in der Psychiatrischen Institutsambulanz des Klinikums S1 (zfp) von Juli 2021 (Bl. 162 f. LSG-Akte) vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 02.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher weder eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) zutreffend dargelegt und gestützt auf das Sachverständigengutachten des C, das Verwaltungsgutachten der L und den Reha-Entlassungsbericht des ZAR B (beides urkundsbeweislich verwertbar) mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten bei Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Einschränkungen zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Ebenso zutreffend hat es dargelegt, dass und warum der entgegenstehenden Einschätzung der behandelnden Ärzte nicht gefolgt werden kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Soweit der Kläger mit seinem Rechtsmittel seine psychiatrischen Leiden mit Schmerzzuständen ganz in den Vordergrund gerückt hat, ergibt sich auch nach der im Berufungsverfahren erfolgten weiteren Sachaufklärung, insbesondere auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens des R, keine andere Beurteilung.

In psychiatrischer Hinsicht leidet der Kläger an den vom Sachverständigen R diagnostizierten (leichten) psychischen Gesundheitsstörungen - insoweit wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die obige Darstellung im Tatbestand Bezug genommen -, die indes lediglich zu den vom Sachverständigen im Einzelnen aufgeführten qualitativen Einschränkungen (s. auch dazu oben im Tatbestand), nicht jedoch zu einer zeitlichen Leistungsminderung führen. Dies hat R in seinem Gutachten für den Senat auf der Grundlage des von ihm erhobenen klinischen Befunds (namentlich, s. Bl. 91 ff. LSG-Akte: An- und Auskleiden rasch und ohne Schmerzäußerung, aufmerksam, konzentriert, ruhig, schüchtern, promptes und bereitwilliges Auskunftsverhalten, kein Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit oder der Aufmerksamkeit im Verlauf der mehrstündigen Begutachtung, bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten voll orientiert, unauffällige Antriebslage, keine Anzeichen für äußerlich erkennbare, innere Unruhe, überwiegend subdepressiv bei rascher Stimmungsaufhellung beim Besprechen angenehmer Themen, keine Einschränkung der affektiven Modulationsfähigkeit, streckenweise erhöhte Ängstlichkeit, ungestörte Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsdauer, keine Einschränkungen von mnestischen Funktionen, intelligent und gebildet, unauffälliger Gedankengang, keine Hinweise auf paranoide Ideen, Halluzinationen, Ich-Störungen, Zwangsideen oder -gedanken, keine akute Suizidalität) sowie der ihm vom Kläger beschriebenen Alltagsaktivitäten (namentlich, s. Bl. 103 LSG-Akte: Wannenbäder nehmen, in der Badewanne duschen, Nachrichten im Internet verfolgen, gelegentlich E-Mails empfangen und verfassen, Geschirr von Hand spülen, Staub saugen, Fenster putzen, Wäsche machen, spazieren gehen, einkaufen, ein Kfz führen, seine Tochter und seinen Bruder zu Besuch empfangen, Geburtstag im Familienkreis feiern) überzeugend dargelegt. Der Sachverständige hat auch keine Anhaltspunkte für das Erfordernis „besonderer“ Arbeitsbedingungen oder eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit finden können (vgl. Bl. 118 LSG-Akte).

Ebenso überzeugend hat der Sachverständige aufgezeigt, dass sich auch aus dem Entlassungsbericht der R2-Klinik S2 (Bl. 32 ff. LSG-Akte) über den dortigen stationären Aufenthalt des Klägers vom 08.07. bis 19.07.2019 keine (überdauernden) Funktionsbeeinträchtigungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen von psychiatrischer Seite ableiten lassen, zumal der Kläger - auch darauf hat R hingewiesen - ausweislich des Entlassungsberichts in gebessertem Zustand hat entlassen werden können.

R hat schließlich auch schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der abweichenden Leistungsbeurteilung der K und A (Auskünfte gegenüber dem SG) schon deshalb nicht gefolgt werden kann, weil sie keine entsprechenden klinischen Befunde mitgeteilt und sich auch nicht mit den dem Kläger noch möglichen Alltagsaktivitäten kritisch auseinandergesetzt haben.

Nachdem der Kläger gegen die Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen auch keine Einwände erhoben hat und R die von ihm geklagten seelischen Leiden mit Schmerzzuständen - soweit diese objektivierbar gewesen sind - im Rahmen seiner Leistungseinschätzung umfassend berücksichtigt hat (vgl. Bl. 116 ff. LSG-Akte), hat der Senat in Ansehung der obigen Darlegungen keine Zweifel, dass den bei dem Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen seitens des psychiatrischen Fachgebiets mit den o.a. qualitativen Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen wird und eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht vorliegt. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Reha-Entlassungsbericht der R1-Klinik (Bl. 141 LSG-Akte) und dem Bericht des zfp von Juli 2021 (Bl. 165 ff. LSG-Akte), da auch in diesen der psychische Befund als im Wesentlichen unauffällig beschrieben worden ist.

In neurologischer Hinsicht hat der Sachverständige einen im Wesentlichen klinisch unauffälligen Befund erhoben (namentlich, s. Bl. 88 ff., 100 f. LSG-Akte: bis auf das Nichterkennen des Dufts von Pfefferminze, Bananen und Rosen beim Geruchstest keine Beeinträchtigung der Hirnnerven, keine Hinweise für Aphasie, Dysarthrie oder Störungen der Intonation, keine Störungen des motorischen und sensiblen Systems, bis auf einen hochfrequenten, niedrigamplitudigen Tremor beider Hände keine Störungen der Koordination, Reflexe unauffällig, Zehen-, Hacken-, Seiltänzer- und Blindgang ungestört, flüssiges Gangbild, Treppensteigen frei und ohne Halt am Geländer möglich, kein Schwindel, vegetative Funktionen unauffällig, Alpha-EEG unauffällig, F-Wellen-Potential bds. unauffällig, kein Hinweis für chronisch neurogene Potentiale oder für eine akute Denervation in den Muskeln, elektrophysiologische Befund unauffällig, kein Anhalt für Schädigung einer aus der LWS austretenden Nervenwurzel) und hieraus für den Senat ebenfalls schlüssig und nachvollziehbar eine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit des Klägers nicht abgeleitet. Eine solche lässt sich auch nicht aus dem im Oktober 2020 beim Kläger diagnostizierten Sulcus ulnaris Syndrom links herleiten (Bl. 123 f. LSG-Akte), da der klinische Befund auch insoweit weitgehend unauffällig gewesen ist (s. namentlich, Bl. 123 LSG-Akte: Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft, keine manifesten Paresen, Kraftgrad links 5/5, keine Atrophie, Froment-Zeichen links negativ, Hypästhesie palmarseits Finger V links, Hoffmann-Tinel-Zeichen über dem Sulcus ulnaris links positiv, über CT negativ, N. Medianus ohne sensomotorische Ausfälle, N. ulnaris im Sulcus nicht luxierbar, nicht verdickt tastbar, jedoch druckschmerzhaft). Eine Beeinträchtigung der linken Hand ist auch während der stationären Reha-Maßnahme im Mai und Juni 2021 - bis auf eine vom Kläger subjektiv geklagte schubweise Taubheit beider Hände - nicht aufgefallen. Vielmehr ist die Neurologie der Arme als normal und sowohl die Ellenbogengelenke als auch die Hände bds. sind als unauffällig beschrieben worden (Bl. 142 LSG-Akte). Auf eine quantitative Leistungseinschränkung lässt sich auch nicht aus dem Bericht des L1 von September 2021 schließen (Bl. 160 f. LSG-Akte), da der neurologische Befund (symmetrische Muskulatur der oberen Extremitäten und des Oberkörpers, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar, HWS frei beweglich, Oberflächensensibilität intakt, bei Armanteversion asymmetrische Schulterstellung mit Lateralstellung des rechten Schulterblattes und leichter Abhebung der linken Schulter vom Thorax links, bei weiterer Armelevation wieder symmetrische Stellung der Schulterblätter, Radialispuls rechts in jeder Armstellung tastbar, EEG Normalbefund) lediglich qualitative Leistungseinschränkungen mit sich bringt und eine Schädigung eines peripheren Nerven oder einer Nervenwurzel gerade ausgeschlossen worden ist.

In orthopädischer Hinsicht verbleibt es bei der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen C, nachdem eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers nicht eingetreten ist. Dies stützt der Senat auf den urkundsbeweislich verwertbaren Entlassungsbericht der Ärzte der R1-Klinik (Bl. 142 LSG-Akte). Die Kniegelenksbeweglichkeit rechts ist als vollkommen frei beschrieben worden. Es hat weder ein Erguss noch eine Kapselschwellung bestanden. Sowohl der Fußstatus bds. als auch das Gangbild ist normal und die Gehfähigkeit nicht erheblich eingeschränkt gewesen. Auch die Beweglichkeit der Wirbelsäule hat sich im Vergleich zu den Befunden des Sachverständigen C nicht wesentlich verschlechtert. Der Kinnspitzen-Jugulum-Abstand hat bei Inklination 0 cm, bei Reklination 30°, die Rechts-, Linksrotation jeweils 70°, die Rechts-, Linksseitneigung jeweils 20° betragen. Die Inklination der LWS ist flüssig bis 30 cm Finger-Boden-Abstand gelungen. Das Zeichen nach Schober hat 10/13 cm, das Zeichen nach Ott 30/32 cm betragen. Reklination und Rechts-/Links-Seitneigung sowie Rotationsbewegungen der LWS sind nur endgradig ohne wesentliche Schmerzauslösung eingeschränkt gewesen. Sogar die Beweglichkeit der Schultergelenke ist aktiv und passiv in allen Ebenen frei gewesen. Aus dem Bericht über die Computertomographie der linken Hand von November 2019 lässt sich entnehmen - worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat -, dass weder eine Exostose, noch ein intraossäres Ganglion vorliegt und lediglich diskrete degenerative Veränderungen metacarpophalangeal bei Mikroosteophytenbildung und volar ein kleines Os sesamoideum in den Weichteilen besteht (Bl. 51 LSG-Akte). Wie bereits ausgeführt, sind im Bereich der linken Hand auch im Rahmen der stationären medizinischen Rehabilitation keine Auffälligkeiten zu Tage getreten. Insgesamt führen diese Befunde weiterhin nicht zu einer quantitativen Leistungseinschränkung, sondern lediglich zu den von C näher beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen. Hieran ändert im Übrigen auch die beim Kläger diagnostizierte Osteopenie des Schenkelhalses (Bl. 41 ff. LSG-Akte) nichts. Denn Maßstab für das Vorliegen einer Erwerbsminderung sind nicht gestellte Diagnosen, sondern die mit diesen einhergehenden und durch entsprechende Befunde belegte Funktionseinschränkungen. Derartige Befunde liegen jedoch - wie oben dargelegt - nicht vor. Dem Kläger ist im Übrigen gerade in Bezug auf diese Diagnose empfohlen worden, sich möglichst viel zu bewegen (Bl. 42 LSG-Akte). Auch aus dem radiologischen Bericht von Oktober 2021 ergibt sich nichts Anderes (Bl. 159 LSG-Akte). Darin wird lediglich ausgeführt, dass von einer erneuten Facettenblockade abgesehen worden sei. Auswirkungen auf die quantitative Leistungsfähigkeit lassen sich daraus nicht ableiten.

Damit steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, jedenfalls leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der oben genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI). Ob er seine Tätigkeit als Lagerarbeiter noch ausüben kann - wovon auch die Beklagte nicht ausgegangen ist -, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, denn ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) würde bereits daran scheitern, dass der Kläger erst nach dem Stichtag (02.01.1961, § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) geboren ist, weswegen er eine solche Rente auch zu Recht nicht geltend gemacht hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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