L 7 SO 2884/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 1210/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2884/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Juli 2021 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die halbjährliche Überprüfung seiner Einkommenssituation im Rahmen der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII). Zudem begehrt er für die Zeit ab Februar 2021 die Bewilligung eines zusätzlichen Betrages von 129 Euro monatlich für die Beschaffung von FFP 2-Masken.

Der 1955 geborene Kläger steht im laufenden Leistungsbezug bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 12. November 2020 (Bl. 229 d. Beklagtenakte) bewilligte ihm diese für die Zeit ab Dezember 2020 (bei unveränderten Verhältnissen befristet bis zum 31. Mai 2021) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in Höhe von 639,50 Euro bzw. ab Januar 2021 in Höhe von 655,88 Euro (Bescheid vom 9. Dezember 2020, Bl. 261 d. Beklagtenakte).

Hiergegen erhob der Kläger per E-Mail (17. November 2020) und schriftlich (25. November 2020) Widerspruch und wandte sich gegen die Befristung der Bewilligung.

Mit Bescheid vom 10. Mai 2021 (Bl. 379 d. Beklagtenakte) bewilligte die Beklagte dem Kläger auch für die Zeit ab Mai 2021 (bei unveränderten Verhältnissen befristet bis zum 31. Dezember 2021) Leistungen in Höhe von 657,17 Euro.

Bereits mit E-Mail vom 21. Februar 2021 beantragte der Kläger im Anschluss an eine Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe eine zusätzliche monatliche Leistung von 129 Euro für die Beschaffung von FFP 2-Masken.

Nach Anhörung (Schreiben vom 25. Februar 2021, Bl, 277 d. Beklagtenakte) lehnte die Beklagte diesen Antrag mit Bescheid vom 1. April 2021 (Bl. 299 d. Beklagtenakte) ab. Hiergegen erhob der Kläger am 14. April 2021 Widerspruch.

Am 10. Mai 2021 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat er angegeben, die Beklagte dürfe seine Einkommenssituation nur jährlich überprüfen. Stattdessen fordere sie aber in sechsmonatigen Abständen von ihm Rechenschaft. Die Beklagte solle darauf verzichten, ihn zu Stellungnahmen über einzelne Ausgaben zu zwingen. So verlange sie unter anderem, dass er die Zahlung einer Gebühr erkläre, die er an eine bayerische Gemeinde wegen der Erteilung einer erweiterten Meldebestätigung entrichtet habe. Es sei auch vollkommen überflüssig, ihn über Kassenbons zu befragen. Er begehre außerdem weitere monatliche Leistungen in Höhe von 129 Euro zur Beschaffung von FFP 2-Masken. Ihm sei bekannt, dass ein anderes Gericht in einem Eilverfahren bezüglich des geltend gemachten Betrages für die Beschaffung von FFP 2-Masken abweichend vom Sozialgericht Karlsruhe entschieden habe. Allerdings sei in der Hauptsache noch nicht entschieden worden. Er strebe deshalb direkt ein Verfahren in der Hauptsache an. Sein Rechtsmittel gegen die Ablehnung seines Antrags sei bislang nicht bearbeitet worden. Er sei auf die eingeklagten Mittel angewiesen, weil er sich sonst keine Masken kaufen könne. Er gehöre jedoch zur Risikogruppe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2021 (Bl. 515 d. Beklagtenakte) hat die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 1. April 2021 zurückgewiesen und zur Begründung angeführt, Kosten von FFP2-Masken rechtfertigten keine abweichende Festsetzung des Regelbedarfes gemäß § 27 a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 SGB XII, da nicht dargelegt sei, dass die genannten Mehraufwendungen begründbar nicht anderweitig ausgeglichen werden könnten.

Mit Gerichtsbescheid vom 15. Juli 2021 hat das SG die Klage abgewiesen.

Gegen den ihm am 17. Juli 2021 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 3. September 2021 beim SG eingelegten Berufung. Er sei davon ausgegangen, dass die strittigen Fragen erledigt seien. Deshalb habe er auf Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid vom 15. Juli 2021 verzichtet. Mit Schreiben vom 30. August 2021 habe die Beklagte jedoch zu erkennen gegeben, dass diese Einschätzung unrichtig gewesen sei. Die Beklagte habe vielmehr eingeräumt, bewusst auf die Überweisung der vollen Miete verzichtet zu haben, um die Entstehung eines Guthabens zu vermeiden. Zeitgleich sei er seit Jahren aufgefordert worden, das Heizen einzuschränken, obwohl bekannt sei, dass seine Wohnung einen erhöhten Heizbedarf habe. Die Beklagte bestehe weiterhin darauf, ihm die Grundsicherung nur für sechs Monate gewähren zu müssen. Außerdem weigere sie sich, seine Wohnung als angemessen anzuerkennen und verlange, dass er sich eine andere Wohnung suche. Er lege daher gegen die Zurückweisung seiner Klage Rechtsmittel ein und beantrage die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Juli 2021 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte lediglich einmal pro Jahr seine Einkommenssituation überprüfen dürfe und bei solchen Überprüfungen darauf verzichten solle, ihn zu Stellungnahmen über einzelne Ausgaben zu zwingen.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist bereits unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt wurde. Sie ist daher gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen.

Nach § 151 Abs. 1, 105 Abs. 2 SGG ist die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Nach § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach der Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt - hier also die Zustellung - fällt (§ 64 Abs. 2 Satz 1 SGG); fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG).

Vorliegend ist die Berufungsfrist versäumt, ohne dass Wiedereinsetzungsgründe gegeben sind.

Der Gerichtsbescheid vom 15. Juli 2021 war mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen (vgl. §§ 136 Abs. 1 Nr. 7, 66 Abs. 1 SGG); dort war der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim LSG einzulegen sei, die Berufungsfrist jedoch auch gewahrt sei, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist beim SG eingelegt werde. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger, nachdem er in der Wohnung nicht angetroffen werden konnte, ausweislich der - die inhaltlichen Anforderungen des § 182 Zivilprozessordnung (ZPO) beachtenden - Postzustellungsurkunde am 17. Juli 2021 (einem Samstag) durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten wirksam zugestellt worden (vgl. § 180 Satz 1 i.V.m. § 178 Abs. 1 ZPO).

Damit endete die Berufungsfrist von einem Monat (§ 151 Abs. 1 SGG) am 17. August 2021 (einem Dienstag). Demgegenüber ist die Berufung erst am 3. September 2021 beim Sozialgericht Mannheim eingegangen. Die Berufung ist daher verfristet und damit unzulässig.

Wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung kann dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Wiedereinsetzung ist (nur) zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine Verfahrensfrist einzuhalten (§ 67 Abs. 1 SGG). Schuldlos handelt, wer diejenige Sorgfalt beachtet, die einem gewissenhaften Prozessführenden, der seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnimmt, nach den Gesamtumständen des konkreten Falles zuzumuten ist (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 6. Oktober 2016 – B 5 R 45/16 B – juris Rdnr. 14).

Derartige Gründe, welche den Kläger schuldlos an einer rechtzeitigen Einlegung der Berufung gehindert haben, sind von diesem nicht vorgebracht und erst recht nicht glaubhaft gemacht; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Sein Vortrag, er habe angenommen, dass alle Streitpunkte bereinigt seien, erschließt sich dem Senat im Hinblick auf den abweisenden Gerichtsbescheid nicht.

Wegen Versäumung der Berufungsfrist ist dem Senat eine Prüfung des klägerischen Begehrens in der Sache verwehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. 

 

Rechtskraft
Aus
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