Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 08.07.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers.
Bei dem 1956 geborenen Kläger war zuletzt mit Bescheid des Beklagten vom 26.01.2015 ein GdB von 50 seit Erstantragstellung am 04.11.2014 festgestellt worden. Dies beruhte auf einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von B vom 16.01.2015, der die bei dem Kläger vorliegenden Behinderungen wie folgt mit diesem GdB bewertet hatte: Abgelaufener Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, koronarer Bypass, Stent-Implantation, operierter Herzklappenfehler, Aorta ascendens und Aortenbogenersatz – Einzel-GdB 40; Reaktive seelische Störung – Einzel-GdB 20; Migräne – Einzel GdB 10.
Der Beklagte leitete im Januar 2017 ein Nachprüfungsverfahren ein. Der Kläger legte hierzu das entsprechende Formular ausgefüllt vor. Der Beklagte holte einen Befundbericht bei N vom 30.01.2017 ein. Danach war eine Migräne ohne Aura seit Jahren bekannt. Eine Arbeitsunfähigkeit habe er deswegen nicht attestiert. Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme von E vom 29.03.2017 (gemäß Anforderung vom 03.02.2017) war u.a. noch ein aktueller kardiologischer Befundbericht anzufordern. Der Kläger teilte auf Nachfrage noch mit, dass er wegen der seelischen Störung in keiner fachärztlichen Behandlung sei. Nach einem Befundbericht des K vom 27.03.2017 bestand ein gutes postoperatives Ergebnis mit erholter linksventrikulärer Funktion und kein Nachweis eines Perikardergusses mehr. Es bestehe noch eine hypertensive Herzkrankheit mit geringer Hypertrophie, daneben eine gute Prothesenfunktion der ersetzten Aortenklappe sowie der Aorta ascendens. Der Kläger sei kardial beschwerdefrei belastbar inklusive Radfahren und ausgedehntem Laufen. Der Blutdruck sei unter Medikation normal. Es seien keine Herzrhythmusstörungen oder Synkopen berichtet worden.
Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme von E vom 21.05.2017 waren die Funktionsbehinderungen bei deutlicher Besserung der kardialen Situation und ausreichender kardialer Belastbarkeit wie folgt zu bewerten: Abgelaufener Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, koronarer Bypass, Stent-Implantation, operierter Herzklappenfehler, Aorta ascendens und Aortenbogenersatz – Einzel-GdB 30; Reaktive seelische Störung – Einzel-GdB 20; Migräne – Einzel-GdB 10; Gesamt-GdB 40.
Mit Schreiben vom 07.06.2017 hörte der Beklagte daher den Kläger zu einer beabsichtigten Herabsetzung des GdB auf 40 an.
Der Kläger trat dem entgegen, da er immer noch erhebliche Einschränkungen in seinem Bewegungsspielraum habe. Er habe beim Treppensteigen, bei Steigungen und beim längeren Stehen körperliche Probleme. Da er zu 100% arbeite, benötige er den Mehrurlaub, um sich regenerieren zu können.
Mit Bescheid vom 21.11.2017 stellte der Beklagte gestützt auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen unter Rücknahme des Bescheides vom 26.01.2015 einen GdB von 40 seit dem 24.11.2017 fest. Die Schwerbehinderteneigenschaft liege somit nicht mehr vor. Zur Begründung führte er aus, dass der Bescheid nach § 48 SGB X wegen einer wesentlichen Änderung aufzuheben sei. Die Funktionsbeeinträchtigung „Abgelaufener Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, koronarer Bypass, Stent-Implantation, operierter Herzklappenfehler, Aorta ascendens und Aortenbogenersatz“ habe sich gebessert.
Der Kläger legte hiergegen mit am 18.01.2018 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch ein. Er habe bereits am 15.12.2017 einen Widerspruch per Post geschickt, so dass keine Fristversäumnis vorliege. Er wies zudem auf einen Tinnitus hin und legte eine Auflistung seiner Migräneanfälle vor. Der Kläger stellte sodann seine Einschränkungen durch die Herzerkrankung dar. Er könne keine 2 Stockwerke Treppen steigen, nicht länger als 4 km gehen und sich bei Temperaturen über 25 Grad nicht im Freien aufhalten. Die Herzerkrankung und die Migräne seien höher zu bewerten. Er habe zudem Erkrankungen der Augen und des Gehörs. Herzerkrankung, Migräne und Tinnitus beeinflussten sich gegenseitig. Daher sei ein GdB von mindestens 50 zuzuerkennen.
Im Laufe des Widerspruchsverfahrens vertiefte der Kläger sein Vorbringen und machte verschiedene weitere Funktionsbeeinträchtigungen geltend. Er wies auf die Folgen der Herzoperation und hier Schmerzen im Brustraum sowie Wirbelsäulenprobleme hin. Er nehme ununterbrochen seinen Herzschlag wahr und leide unter dem Tinnitus. Die Bevollmächtigten des Klägers führten aus, dass die Leistungsfähigkeit subjektiv zeitweise besser und schlechter sei. Auch sei eine gemeinsame Bewertung von seelischer Störung, Tinnitus und Migräne nicht sachgerecht, da diese Funktionseinschränkungen nicht in unmittelbarer Verbindung stünden. Die Migräne sei sehr stark und trete in der Regel mehrfach monatlich über mehrere Stunden auf. Ein Einzel-GdB von 20 sei insoweit angemessen. Bei der gemeinsamen Bewertung sei ein Einzel-GdB von 30 angemessen. Dem Kläger seien entgegen der Darstellung in einem Befundbericht des Kardiologen mehrstündige Wanderungen anders als früher nicht mehr möglich, da er schnell ermüde und erschöpft sei. Zudem sei jetzt ein Diabetes festgestellt worden. Er leide zudem beinahe wöchentlich unter Migräneattacken. Er nehme dagegen Triptane. Hierzu legten die Bevollmächtigten noch eine Aufstellung über die Attacken vor. Die Bevollmächtigten trugen zuletzt vor, dass der Kläger die Migräneanfälle ungefähr einmal pro Woche erleide, zuletzt aber bis zu dreimal wöchentlich. Er leide teilweise ganztägig unter einem Anfall. Er vertrage die Triptane nicht.
Der Beklagte holte daher im Verlauf des Widerspruchsverfahrens noch verschiedene Befundberichte ein, so zunächst bei dem N vom 01.03.2018. Danach bestand keine eigene Dokumentation der Migräneanfälle. Nach einem Befundbericht des R vom 02.03.2018 bestand neben einem Hochtonabfall ab 4 kHz ein Tinnitus auf der rechten Seite mit einer Frequenz von 8 kHz. Der Beklagte zog dazu noch einen Befundbericht des E1 vom 05.03.2018 bei. In einem Befundbericht vom 14.05.2018 des S berichtete dieser über eine Behandlung am 04.05.2018 bei BWS-Syndrom und muskulärer Dysbalance im Wirbelsäulenbereich. Der A berichtete, dass die in dem letzten Bericht vom 30.12.2014 an das Versorgungsamt aufgeführte Diagnose der reaktiven Depression und Ängsten in leichterer Form weiterbestehe. Auch bestünden ausgeprägte Einschlafstörungen, die durch den Tinnitus verstärkt seien (Bericht vom 18.09.2018). Der Beklagte holte daher noch einen Befundbericht bei dem H vom 22.11.2018 ein und zog einen Befundbericht des K vom 21.11.2018 bei. Der Beklagte holte zu der geltend gemachten Migräne noch einen weiteren Befundbericht bei N ein (Bericht vom 29.03.2019).
Für den versorgungsärztlichen Dienst nahm E2 wiederholt Stellung zu den jeweils eingeholten Befundberichten. Nach Stellungnahme vom 05.04.2018 war eine depressive Störung nicht mehr dokumentiert und es erfolgte insoweit auch keine Behandlung mehr. Die kardialen Kontrollen hätten einen guten postoperativen Langzeitbefund nach Herzklappenersatz und Stent-Einsatz gezeigt. Eine Hör- oder Sehstörung könne ausgeschlossen werden. An den bisherigen Bewertungen sei festzuhalten. Neben der Herzerkrankung mit einem Einzel-GdB von 30 seien reaktive seelische Störung, Migräne und Ohrgeräusche (Tinnitus) mit einem Einzel-GdB von 20 zusammenzufassen. Nach erneuter versorgungsärztlicher Stellungnahme vom 04.06.2018 ergaben sich zusätzlich muskuläre Verspannungen im Brustwirbelbereich mit keinem Einzel-GdB von mindestens 10. Nach einer weiteren Stellungnahme vom 09.10.2018 lag eine leichtere fortbestehende psychoreaktive Störung vor, wie sie bereits zuerkannt worden sei. Nach einer weiteren Stellungnahme vom 12.12.2018 ergaben sich bei einem Normalbefund an den Halsschlagadern und einem guten postoperativen Ergebnis keine neuen Aspekte. Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme von E2 vom 01.04.2019 waren die Funktionsbeeinträchtigungen abschließend wie folgt mit einem Gesamt-GdB von 40 zu bewerten: Abgelaufener Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, koronarer Bypass, Stent-Implantation, operierter Herzklappenfehler, Aorta ascendens und Aortenbogenersatz – Einzel-GdB 30; Reaktive seelische Störung, Migräne, Ohrgeräusche (Tinnitus) – Einzel-GdB 30. Eine Erhöhung des GdB wegen Migräne werde bei 3-4 Attacken im Monat, ohne spezifische Medikation und fachärztliche Behandlung nicht empfohlen. Der diätetisch behandelte Diabetes mellitus begründe keinen Einzel-GdB von mindestens 10. Das Migränetagebuch sei dabei bereits berücksichtigt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2019 wies der Beklagte daher den Widerspruch zurück. In den Verhältnissen bei Erlass des letzten einen GdB feststellenden Bescheides vom 26.01.2015 sei durch Besserung des Herzleidens eine wesentliche Änderung eingetreten. Der Befundbericht des K vom 21.11.2018 bestätige ein gutes postoperatives Ergebnis nach Aortenklappenersatz. Im Belastungs-EKG vom 19.11.2018 sei eine Belastbarkeit bis 125 Watt möglich gewesen. Ein höherer Einzel-GdB als 30 sei daher nicht begründet. Nach dem Befundbericht von A vom 18.09.2018 bestehe eine leichtere psychoreaktive Störung. Aufgrund der jeweils einige Stunden anhaltenden Migräneattacken könne der weitere Einzel-GdB für die funktionell zusammenhängende reaktive psychische Störung, Migräne, Tinnitus auf 30 angehoben werden, ohne dass sich hierdurch der Gesamt-GdB erhöhe. Die Untersuchung der Halsschlagadern bei H habe einen Normalbefund ergeben. Eine Hör- und Sehstörung habe ausgeschlossen werden können. Der diätetisch geführte Diabetes mellitus begründe ebenso wie muskuläre Verspannungen im Brustwirbelbereich keinen GdB von mindestens 10. Ein höherer GdB als 40 könne nicht festgestellt werden. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 18.06.2019 zugestellt.
Der Kläger hat, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 16.07.2019 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Der sehr unangenehme Tinnitus sei getrennt von der seelischen Störung und der Migräne mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten, zumal er schon seit 30 Jahren und damit deutlich länger bestehe.
Das SG hat durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte Beweis erhoben.
Der R hat in seiner Aussage vom 11.11.2019 aufgrund einmaliger Vorstellung am 19.02.2018 von einer Innenohrschwerhörigkeit mit einem Hörabfall im Tonaudiogramm bei 4kHz mit 50dB und einem Ohrgeräusch rechts bei 8000 Hz berichtet. Der GdB auf seinem Fachgebiet betrage 5.
Der K hat am 13.11.2019 auf seine Arztberichte vom 17.10.2019 und 21.11.2018 sowie 19.10.2017 und 27.03.2017 verwiesen. Es bestehe eine leichtgradige Belastungsdyspnoe. Daneben bestünden Schmerzen im Bereich der Operationsnarbe. Auch sei eine dauerhafte medikamentöse Behandlung notwendig. Eine Veränderung an der kardialen Situation habe sich seit 2017 nicht ergeben.
Der Hausarzt N hat in seiner Aussage vom 13.11.2019 von einer stabilen kardiovaskulären Situation und einer stabilen medikamentösen Einstellung des Bluthochdrucks berichtet. Eine Koronarinsuffizienz bestehe bis zur Belastung mit 150 Watt nicht. Er würde bei einem Mindest-GdB von 30 bei Herzklappenprothese einen GdB von 40 vorschlagen. Neurologisch habe die Migränehäufigkeit 2018 zugenommen. Therapieversuche mit Triptanen seien unbefriedigend gewesen, so dass der Kläger wieder auf Ibuprofen zurückgegriffen habe.
Der A hat in seiner Aussage vom 20.11.2019 bei letztmaliger Behandlung am 30.11.2018 (gemeint: 30.07.2018) auf seine Befundberichte an den Beklagten vom 18.09.2018 und 30.12.2014 verwiesen.
Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von B1 vom 20.02.2020 entgegengetreten. Danach war der Hörverlust mit einem Einzel-GdB von 0 zu bewerten. Bei biologischem Aortenklappenersatz mit guter Funktion und minimaler Insuffizienz und den übrigen Herzbefunden sei der Einzel-GdB von 30 sachgerecht. Der Einzel-GdB von 20 für reaktive Depression und Ängste sei bei fehlender medikamentöser Therapie und letzter Untersuchung am 30.07.2018 mit Tendenz zu 10 zu sehen. Für die Migräne werde eine Erhöhung eines weiteren Einzel-GdB von 10 auf 20 vorgeschlagen. Zusammenfassend verbleibe es bei einem GdB von 40.
Der Bevollmächtigte hat eine fehlerhafte Bewertung des Hörverlustes wegen des Tinnitus geltend gemacht. Der Tinnitus sei mit belastenden Auswirkungen und Begleiterscheinungen wie Schlaf- und Konzentrationsstörungen verbunden und stelle eine psychische Belastung für ihn dar, die sich auf den Gesamtzustand auswirke. Eine HNO-ärztliche Begutachtung werde daher angeregt.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.07.2020 hat das SG – nach Anhörung der Beteiligten – die nach Auffassung des klägerischen Bevollmächtigten auf Aufhebung des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides und Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines GdB von mindestens 50 gerichtete Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Ein höherer GdB als 40 könne nicht zuerkannt werden. Für die bei dem Kläger bestehenden kardialen Beeinträchtigungen sei ein Einzel-GdB von 30 zu vergeben. Der Kläger habe die Einschätzung nicht kritisiert. Befunde, die eine höhere Bewertung begründen könnten, seien nicht erkennbar. Der Kardiologe habe in seiner Zeugenaussage seit 2017 keine Veränderungen an der kardialen Situation mitgeteilt. Im Arztbrief vom 17.10.2019 berichte er von einem guten postoperativen Befund. Der Kläger habe aber auch die Bewertung der reaktiven seelischen Störung mit einem GdB von 20 nicht infrage gezogen. Nach den Angaben von A habe zuletzt am 30.11.2018 und damit vor etwa einem Jahr ein letztmaliger Kontakt bestanden. Eine Höherbewertung lassen sich daraus nicht ableiten. Die Migräne sei mit einem GdB von 20 korrekt bewertet. Auf HNO-ärztlichen Gebiet habe R den GdB mit 5 eingeschätzt. Der Kläger habe zwar bemängelt, dass damit nur der reine Hörverlust bewertet worden sei. Dies sei jedoch unzutreffend, da R zugleich auf einen Tinnitus bei 8000 Hz hingewiesen habe. R habe auch nur von einer einmaligen Vorstellung am 19.02.2018 berichtet. Der Gesamt-GdB sei bei Überschneidungen zwischen den drei beeinträchtigten Funktionsbereichen mit 40 korrekt gebildet. Der Gerichtsbescheid ist dem Bevollmächtigten am 15.07.2020 zugestellt worden.
Der Kläger hat, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 31.07.2020 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte ausgeführt, dass der Gutachter E die Herzerkrankung im Herabsetzungsverfahren am 03.02.2017 und 19.04.2017 weiterhin mit einem Einzel-GdB von 40 bewertet habe. Der Beklagte sei dem aber nicht gefolgt. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei keine wesentliche Änderung der Funktionsbeeinträchtigungen „abgelaufener Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, koronarer Bypass, Stentimplantation, operierter Herzklappenfehler, Aorta ascendens und Aortenbogenersatz“ eingetreten. Der Beklagte berufe sich hierfür offensichtlich auf das Belastungs-EKG vom 19.11.2018, das eine Belastbarkeit bis 125 Watt belege. Dieses Belastungs-EKG könne bereits deshalb nicht herangezogen werden, weil vorliegend über eine Aufhebungsentscheidung vom 21.11.2017 zu entscheiden sei. Hinzu komme, dass ausweislich des ärztlichen Berichts des Herz-Zentrums B2 vom 16.09.2014 anlässlich der ursprünglichen Feststellung des GdB eine Belastung bis 140 Watt, wenn auch nur kurzfristig, möglich gewesen sei. Eine wesentliche Änderung bzw. Besserung sei daher nicht eingetreten.
Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 08.07.2020 und den Bescheid vom 21.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2019 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass sich die Bewertung der kardialen Funktionseinschränkungen keinesfalls ausschließlich auf die in der Ergometrie erreichten Wattzahlen beziehen dürfe. Grundsätzlich sei auch der klinische Befund mit einzubeziehen. Danach sei die Feststellung eines GdB von 50 mit dem Bescheid vom 26.01.2015 durchaus gerechtfertigt gewesen. Demgegenüber sei im aktenkundigen, kardiologischen Befundbericht des Herrn K vom 21.11.2018 ein anhaltend guter postoperativer Befund angegeben. Der Beklagte verweist hierfür auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von W vom 30.12.2020.
Der Senat hat den K erneut als sachverständigen Zeugen zu den Verhältnissen im Zeitraum von 2015 bis Juni 2019 befragt. Dieser hat mit Datum vom 30.06.2021 auf seine Befundberichte vom 16.07.2014, 14.10.2014, 20.04.2015, 12.06.2015, 27.03.2017, 19.10.2017, 19.11.2018, 21.11.2018, 17.10.2019 und 15.10.2020 und seine Aussage vor dem SG vom 13.11.2019 verwiesen. Er hat ergänzend ausgeführt, dass von kardialer Seite ab 2015 immer eine normale Belastbarkeit bestanden habe, jedoch ein verlängertes Schmerzempfinden im Bereich der Sternotomienarbe bis 2019.
Der Beklagte hat auf einen Hinweis des Berichterstatters noch ausgeführt, dass bei der Entscheidung vom 26.01.2015 auch die damals noch nicht lange zurückliegende schwere Herzoperation und der zunächst noch eingeschränkte Allgemeinzustand berücksichtigt worden sei. In der Zwischenzeit habe sich der Kläger jedoch gut erholt und gekräftigt, so dass aus Sicht des Beklagten eine wesentliche Besserung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten sei.
Die Beteiligten haben sich sodann mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des erstinstanzlichen Verfahrens und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 21.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 08.07.2020 ist daher nicht zu beanstanden.
Zu entscheiden ist hier nach dem im Berufungsverfahren in rechtskundiger Vertretung gestellten Antrag des Klägers alleine über eine statthafte isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) gegen den genannten Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides. Hier war nicht zu prüfen, ob der erst am 18.01.2018 eingelegte Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.11.2017 nicht mehr innerhalb der Monatsfrist des § 84 Abs. 1 SGG erhoben worden war. Denn der Beklagte hat den Widerspruch in der Sache verbeschieden. Eine Bindungswirkung des früheren Bescheides (ohne Drittwirkung) steht einer gerichtlichen Nachprüfung in der Sache nicht entgegen, wenn die Behörde aufgrund ihrer Sachherrschaft im Vorverfahren über den verspätet eingelegten Widerspruch sachlich entschieden hat. Denn die Einhaltung der Widerspruchsfrist ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klage (BSG, Urteil vom 12.10.1979 – 12 RK 19/78 –, in juris; MKLS/B. Schmidt SGG § 84 Rn. 7).
Der Beklagte war zur Überzeugung des Senats berechtigt und zugleich auch verpflichtet, die Feststellung des GdB wie geschehen abzuändern.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung des GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen. Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, in juris). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss damit durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Nach der Rechtsprechung des BSG besteht dabei bis zum Beweis des Gegenteils eine Vermutung, dass die frühere versorgungsärztliche gutachterliche Bewertung des GdB zutreffend war. Dies hat zur Folge, dass dann kein Fall einer nur nach § 45 SGB X zu korrigierenden anfänglichen Rechtswidrigkeit der früheren GdB-Feststellung vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 10.02.1993 - 9/9a RVs 5/91 -, in juris).
Rechtsgrundlage für die GdB-Feststellung ist § 2 Abs. 1 SGB IX in den bis zum 31.12.2017 und ab dem 01.01.2018 geltenden Fassungen in Verbindung mit § 69 SGB IX in den bis zum 14.01.2015, 29.12.2016 und 31.12.2017 geltenden Fassungen beziehungsweise in Verbindung mit § 152 Abs. 1 und 3 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung. Im Hinblick auf die den vorliegend zu beurteilenden Zeitraum betreffenden unterschiedlichen Gesetzesfassungen sind diese – da Übergangsregelungen fehlen – nach dem Grundsatz anzuwenden, dass die Entstehung und der Fortbestand des sozialrechtlichen Anspruchs auf Leistungen nach dem Recht zu beurteilen ist, welches zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände jeweils gegolten hat (BSG, Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R –; BSG, Urteil vom 04.09.2013 – B 10 EG 6/12 R –, beide in juris; hingegen auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abstellend: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.03.2021 – L 6 SB 3843/19 –, in juris Rn. 53).
Nach § 2 Abs. 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 2 Abs. 1 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung sind Menschen mit Behinderungen Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate hindern können, wobei eine Beeinträchtigung in diesem Sinne vorliegt, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in den bis zum 14.01.2015 und 29.12.2016 geltenden Fassungen stellen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung gilt ergänzend, dass der GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung festgestellt wird. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX in den bis zum 14.01.2015 und 29.12.2016 geltenden Fassungen, nach § 69 Abs. 1 Satz 5 und 6 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise nach § 152 Abs. 1 Satz 5 und 6 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung hierbei nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt.
Nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise nach § 153 Abs. 2 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung gilt diese Ermächtigung für die allgemeine – also nicht nur für die medizinische – Bewertung des GdB und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen sowie auch für die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit. Zwar ist von dieser Ermächtigung noch kein Gebrauch gemacht worden. Indes bestimmt § 159 Abs. 7 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise § 241 Abs. 5 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung, dass – soweit eine solche Verordnung nicht erlassen ist – die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG in der bis zum 30.06.2011 geltenden Fassung beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der ab dem 01.07.2011 geltenden Fassung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend gelten. Mithin ist für die konkrete Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen die ab dem 01.01.2009 an die Stelle der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ (AHP) getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV) vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412) in der jeweils geltenden Fassung heranzuziehen. In den VG sind unter anderem die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden. Diese sind nach den VG, Teil A, Nr. 2 auch für die Feststellung des GdB maßgebend. Die VG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar. Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die Bewertung des GdB auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln (BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 3/12 R –, in juris). Die Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen (BSG, Urteil vom 17.04.2013 – a.a.O.). Ein von dem Gericht zu beachtender Ermessensspielraum ist dem versorgungsärztlichen Dienst bzw. dem Beklagten dabei nicht eingeräumt.
Nach diesen Maßgaben hat der Beklagte den in dem Bescheid vom 05.11.2013 enthaltenen Verwaltungsakt bezüglich des GdB nach ordnungsgemäßer Anhörung des Klägers (§ 24 Abs. 1 SGB X) zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X aufgehoben. Denn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2019 als letzter maßgeblicher Verwaltungsentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 11.08.2015 – B 9 SB 2/15 R –, in juris Rn. 13) lag eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen vor, da bei dem Kläger nur noch ein Gesamt-GdB von 40 festzustellen war.
Die für den GdB wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers im Funktionssystem „Herz-Kreislauf“ (VG Teil A Nr. 2 Buchst. e) waren nur noch mit einem GdB von 30 zu bewerten. Bei dem Kläger lag ein Zustand nach Myokardinfarkt am 22.05.2014 mit PTCA [Herzkranzgefäßerweiterung] und Stentimplantation am 22.05.2014 sowie biologischem Aortenklappenersatz sowie Aorta ascendens- und Bogenersatz und operativer Myokardrevaskularisation vor. Echokardiographisch bestand auch im Oktober 2017 ein guter postoperativer Befund. In der Ergometrie bestand bis 175 Watt (entsprechend 94 % der maximal geforderten Leistung) kein Hinweis auf Erschöpfung der Bypass- bzw. Koronarreserve. Dies ergibt sich aus dem letzten Bericht des K vor Erlass des hier angefochtenen Bescheides vom 19.10.2017 (Bl. 73/74 der Senatsakte). Bereits dem Bericht des Kardiologen vom 27.03.2017 über eine Vorstellung zur Kontrolluntersuchung nach längerem Intervall (Untersuchung zuletzt im Juni 2015, Bericht vom 12.06.2015, Bl. 70/71 der Senatsakte) lässt sich eine von dem Kläger selbst angegebene kardial beschwerdefreie Belastbarkeit inklusive täglichem Radfahren oder ausgedehntem Laufen entnehmen. Die Blutdruckwerte waren unter Medikation normal. Herzrhythmusstörungen oder Synkopen wurden nicht berichtet (Bl. 71/72 der Senatsakte). Dem Bericht vom 19.10.2017 lässt sich anamnestisch ein vermehrtes Schnaufen nur beim Treppensteigen ab der 3. Etage entnehmen, ferner selten Herzunregelmäßigkeiten abendlich in Ruhe über maximal 1 Stunde anhaltend ohne Synkopen (Bl. 73 der Senatsakte). Nach dem nächsten Bericht über die Jahresverlaufskontrolle vom 21.11.2018 – während des bereits laufenden Widerspruchsverfahrens – war kardiopulmonal keine Verschlechterung erfragbar. Herzrhythmusstörungen oder Synkopen [hier: kardial bedingte Bewusstseinsverluste] wurden nicht wahrgenommen. Die Belastbarkeit lediglich bis 125 Watt für volle 2 Minuten wurde von dem Kardiologen als möglicherweise compliancebedingt reduzierte Leistungsfähigkeit gegenüber der Voruntersuchung interpretiert. Auch bei der maximal geforderten Leistung bestand kein Hinweis auf Erschöpfung der Bypass- bzw. Koronarreserve bei regelrechtem Herzfrequenz- und Blutdruckverhalten (Bl. 76/77 der Senatsakte). Nach alledem vermag der Senat bei Auswertung der Befundberichte allenfalls eine sehr geringgradige verbleibende Leistungsbeeinträchtigung durch die Herz-Kreislauferkrankung festzustellen.
Nach den VG Teil B Nr. 9 ist für die Bemessung des GdB weniger die Art einer Herz- oder Kreislaufkrankheit maßgeblich als vielmehr die Leistungseinbuße. Bei der Beurteilung des GdB ist zunächst von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten und andere Parameter stellen Richtwerte dar, die das klinische Bild ergänzen. Elektrokardiographische Abweichungen allein gestatten keinen Rückschluss auf die Leistungseinbuße. Nach den VG Teil B Nr. 9.1.2 ist der GdB nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei Herzklappenprothesen ist der GdB nicht niedriger als 30 zu bewerten; dieser Wert schließt eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien ein. VG Teil B Nr. 9.1.3 sieht zudem vor, dass der GdB nach einem Herzinfarkt von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig ist.
Ausgehend hiervon lässt sich hier kein höherer Einzel-GdB als der in den VG vorgesehene Mindest-GdB von 30 nach der Herzklappenprothese feststellen. Denn eine wesentliche Leistungseinbuße besteht jedenfalls in dem hier relevanten Zeitpunkt nicht. Eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen, mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt für wenigstens 2 Minuten), die nach den Vorgaben in den VG Teil B Nr. 9.1.1 für Einschränkungen der Herzleistung einen GdB-Rahmen von 20 bis 40 rechtfertigen würde, liegt nach den zitierten Angaben in den Befundberichten des K eindeutig nicht vor. Die von dem Kläger angeführten Beeinträchtigungen beim Treppensteigen nach dem 2. Stock oder gegebenenfalls bei längeren Wanderungen entsprechen keinen solchen Leistungseinbußen. Die Bewertung des GdB nach Stent-Implantation ist ebenfalls von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig (so Wendler, Versorgungsmedizinische Grundsätze, Kommentar, 8. Aufl., S. 230 unter Verweis auf die Beiratsprotokolle vom 25./26.11.1998), so dass sich hieraus keine Höherbewertung ergibt. Anfallsweise auftretende hämodynamisch relevante Rhythmusstörungen, die die nach den VG Teil B Nr. 9.1.6 je nach Häufigkeit, Dauer und subjektiver Beeinträchtigung bei fehlender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens mit einem GdB von 10 bis 30 zu bewerten sind, sind nach den Befundberichten vom 27.03.2017 und 19.11.2018 nicht angegeben worden. Die in dem zwischenzeitlichen Bericht vom 19.10.2017 angegebenen abendlich in Ruhe über maximal eine Stunde anhaltenden seltenen Herzunregelmäßigkeiten sind bereits nicht in einem EKG bestätigt worden. In dem zuletzt geschriebenen Langzeit-EKG vom 10./11.06.2015 wurden auch keine komplexen Herzrhythmusstörungen festgestellt (Bericht vom 12.06.2015, Bl. 70 der Senatsakte).
Der Kläger leidet ferner unter einem Bluthochdruck, der nach den VG Teil B Nr. 9.3 jedoch keine Erhöhung des Einzel-GdB von 30 rechtfertigt. Bei dem Kläger liegt zwar eine hypertensive Herzkrankheit mit geringer Hypertrophie vor. Dies ergibt sich etwa aus dem Bericht des K vom 19.10.2017 (Bl. 74 der Senatsakte). Auch bei einer Organbeteiligung leichten Grades in Form der geringen Linksherzhypertrophie liegen jedoch weder der in den VG Teil B 9.3. geforderte diastolische Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung geschweige denn eine relevante Leistungsbeeinträchtigung vor, die einen GdB-Rahmen von 20 bis 40 eröffnen würden. Der Senat stützt sich dabei auf die Aussage des sachverständigen Zeugen N und auf die Befundberichte des K. Damit verbleibt es bei dem in den VG a.a.O. vorgesehenen Einzel-GdB von 0 bis 10, der zu keiner relevanten Zunahme des Einzel-GdB für das Funktionssystem führt. Für eine allenfalls geringe Leistungseinbuße durch die Herzerkrankung spricht im Übrigen auch die auf geringe Untersuchungsfrequenz bei dem Kardiologen. Das von ihm zugleich mitgeteilte verlängerte Schmerzempfinden im Bereich der Sterniotomienarbe bis 2019 ist im Hinblick auf die in seinem Bericht vom 21.11.2018 genannte Ausprägung („unverändert leichtes thorakales Ziehen im Bereich der Sterniotomienarbe bei raschem Berganlaufen“, Bl. 76 der Senatsakte) geringfügig und damit ohne Auswirkung auf den GdB.
Der Senat schließt sich daher nach eigener Prüfung der gutachterlichen Einschätzung des versorgungsärztlichen Dienstes mit einem Einzel-GdB von 30 an. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass E in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.02.2017 (richtig: 29.03.2017, gemäß Anforderung vom 03.02.2017, Bl. 48 der Verwaltungsakte) selbst einen Einzel-GdB von 40 angenommen habe, so vermag dies nichts zu ändern. Denn der Stellungnahme lässt sich vielmehr entnehmen, dass noch ein kardiologischer Befundbericht einzuholen sei. Die Bewertung des GdB war damit ersichtlich noch nicht abgeschlossen. Die von dem Kläger daneben angeführte Stellungnahme von E vom 19.04.2017 (richtig: 21.04.2017, gemäß Anforderung vom 19.04.2017, Bl. 56 der Verwaltungsakte) ist in der Verwaltungsakte hingegen durchgestrichen und lässt anders als die nachfolgende Stellungnahme vom 19.05.2017 mit einem Einzel-GdB von nunmehr 30 (Bl. 57 der Verwaltungsakte) auch nicht erkennen, dass der zwischenzeitlich eingeholte Befundbericht des Kardiologen darin berücksichtigt worden wäre.
Insoweit war auch – entsprechend der von dem BSG aufgestellten generellen Vermutung (Urteil vom 10.02.1993 - 9/9a RVs 5/91 -, in juris) – von einer wesentlichen Änderung seit der letzten GdB-Feststellung vom 26.01.2015 auszugehen. Es kann zwar nicht eindeutig ausgeschlossen werden, dass der Einzel-GdB im Bereich Herz-Kreislauf, der den Gesamt-GdB hier maßgeblich begründet, bereits zum Zeitpunkt der letzten Feststellung am 26.01.2015 nicht mehr als 30 betrug. Hierfür würde das bereits in dem Bericht des K vom 16.07.2014 (Bl. 65 der Senatsakte) genannte gute Ergebnis der Herzoperation vom 04.06.2014 sprechen. Der behandelnde Kardiologe hat als sachverständiger Zeuge dem Senat auch mitgeteilt, dass seit 2015 von kardialer Seite immer eine normale Belastbarkeit bestanden habe. Der versorgungsärztliche Dienst hat aber für den Senat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Feststellung am 26.01.2015 am 04.06.2014 und mithin erst etwas mehr als ein halbes Jahr zuvor eine umfangreiche Herzoperation überstanden hatte und dass im Entlassungsbericht vom 16.09.2014 des Herz-Zentrums B2 auch noch ein leicht reduzierter Allgemeinzustand angegeben worden war. Echokardiografisch ergab sich dort eine leichtgradig reduzierte linksventrikuläre Kontraktilität des Herzens bei einer Ejektionsfraktion von 50% (Bl. 21 der Verwaltungsakte). Die Belastbarkeit während der dortigen stationären Behandlung im September 2014 war im Übrigen auch nur bis zur 110 Watt-Stufe für volle 2 Minuten möglich (Bl. 20 der Verwaltungsakte). In dem Bericht des K vom 14.10.2014 wurde eine subjektiv beunruhigend höhere Herzfrequenz bis zu 80/min und ein rascherer Anstieg der Herzfrequenz unter körperlicher Belastung angegeben (Bl. 67 der Senatsakte). Hinzu kommt unter dem Gesichtspunkt außergewöhnlicher seelischer Begleiterscheinungen – die nach den VG Teil A Nr. 2 Buchst. i) einen höheren GdB rechtfertigen können – die für den Kläger erschwerte Krankheitsverarbeitung nach dem für ihn überraschenden Herzinfarkt und den Folgen der Operation. Diese hatten nach dem Bericht des Psychiaters A vom 30.12.2014 (Bl. 54 der SG-Akte) in psychischer Hinsicht zu einer reaktiven Depression und Ängsten nach schwerer Herzoperation mit hypochondrischer Verarbeitung geführt. Demgegenüber hat A in seinem Bericht vom 18.09.2018 aufgrund einmaliger Vorstellung am 30.07.2018 bei fehlender regelmäßiger psychotherapeutischer oder psychiatrischer Behandlung oder einer entsprechenden Medikation nur noch von einer reaktiven Depression und Ängsten in leichterer Ausprägung berichtet (Bl. 52 der SG-Akte). Zudem hatte der Kläger wegen eines von ihm empfundenen allgemeinen Schwächegefühls nach der Operation bis Ende 2014 nicht mehr in seinem Beruf tätig. Dies ergibt sich aus dem Bericht des Herz-Zentrums wie auch aus dem Befundbericht von A vom 30.12.2014 („…seitdem fühlt er sich krank und speziell herzkrank, sei nicht mehr belastbar, könne nicht mehr zu seinem geschätzten Arbeitsplatz und werde von Depressionen und Ängsten geplagt.“, Bl. 54 der SG-Akte). Eine vorsichtige Wiedereingliederung an seinen Arbeitsplatz war nach dem Befundbericht erst für Anfang 2015 geplant (a.a.O.). Eine nach der zitierten Rechtsprechung des BSG zu fordernde Überzeugung des Senats, dass die GdB-Feststellung vom 26.01.2015 rechtswidrig zu hoch war, lässt sich hier daher nicht gewinnen.
Der Kläger leidet ferner unter einer Migräne, die für sich genommen mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten ist. Nach den VG Teil B Nr. 2.3 ist die Migräne je nach Häufigkeit und Dauer der Anfälle und Ausprägung der Begleiterscheinungen zu bewerten. Bei leichter Verlaufsform (Anfälle durchschnittlich einmal monatlich) ist ein GdB von 0 bis 10 vorgesehen. Erst bei mittelgradiger Verlaufsform (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend) sehen die VG einen GdB-Rahmen von 20 bis 40 vor. Die Migräne ist hier von dem hausärztlich behandelnden sachverständigen Zeuge N bestätigt worden, der anamnestisch von Anfällen etwa einmal pro Woche bzw. viermal im Monat berichtet hat. Die Migräneattacken sind insbesondere in dem kurz vor dem Widerspruchsbescheid erstellten Befundbericht von N vom 19.03.2019 mit einmal wöchentlich angegeben worden (Bl. 167 der Verwaltungsakte). Eine spezifische Medikation erfolgt nach Versuchen mit Sumatriptan und Rizatriptan bis auf die bedarfsweise Einnahme des von N verordneten Ibuprofen 800 nicht, was teilweise die Attacken lindert. Die Migräneattacken dauern nach den Angaben des Klägers nur 3-5 Stunden (Bl. 80 der Verwaltungsakte) und halten damit deutlich weniger als einen Tag an. Eine spezielle fachneurologische Behandlung erfolgt nicht. Der Senat schließt sich daher der gutachterlichen Bewertung von B1 vom 20.02.2020 für den versorgungsärztlichen Dienst an, wonach die Migräne bei mittelgradiger Verlaufsform mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten ist. Der rechtskundig vertretene Kläger hat dies im Widerspruchsverfahren auch selbst so angeregt und hat insoweit auch weder im Klage- noch im Berufungsverfahren noch etwas geltend gemacht. Die Migräne kann dabei im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ (VG Teil A Nr. 2 Buchst. e) mit bewertet werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.09.2016 – L 6 SB 5073/15 –, in juris Rn. 59, juris).
Der Kläger leidet daneben unter einer psychischen Erkrankung, die im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ mit einem GdB von 20 zu bewerten ist. Der Senat stützt sich insoweit auf den genannten Befundbericht von A vom 18.09.2018, auf den A mangels weiterer Behandlungen in seiner Aussage vor dem SG vom 20.11.2019 verwiesen hat. Danach liegen bei dem Kläger eine reaktive Depression und Ängste in leichterer Form vor. Da eine Behandlung auch nach der eigenen Mitteilung des Klägers im Verwaltungsverfahren nicht stattfindet und eine solche offensichtlich auch nicht erforderlich ist, liegen leichtere psychische Störungen vor, die innerhalb des nach den VG Teil B Nr. 3.7 vorgegebenen Rahmens von 0 bis 20 mit allenfalls 20 zu bewerten sind. Der Senat schließt sich daher nach eigener Prüfung der Bewertung des versorgungsärztlichen Dienstes in der gutachterlichen Stellungnahme von B1 vom 20.02.2020 (Bl. 57 der SG-Akte) an.
Der Kläger leidet ferner unter einem Tinnitus, der ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen nach den VG Teil B Nr. 5.3 mit einem Einzel-GdB von maximal 10 zu bewerten ist. Der Senat stützt sich auf die Aussage des am 19.02.2018 einmalig konsultierten R, der das Ohrgeräusch bei einer Frequenz von 8000 Hz bestätigt hat. Erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen, die einen Einzel-GdB von 20 begründen könnten, lassen sich der Aussage von A und dem von ihm in Bezug genommenen Befundbericht nicht entnehmen. Der Tinnitus ist hier dem Funktionssystem „Ohren“ zuzuordnen, weil keine psychovegetativen Begleiterscheinungen bestehen. Der Kläger leidet nach der Aussage von R daneben unter einem Hörverlust, der nach den VG Teil B Nr. 5.2.2 und 5.2.4 bereits nach dem von ihm vorgelegten Tonaudiogramm bei Normalhörigkeit rechts und geringgradiger Schwerhörigkeit links keinen GdB von mindestens 10 begründet. Der Senat schließt sich insoweit nach eigener Prüfung der gutachterlichen Einschätzung des versorgungsärztlichen Dienstes vom 20.02.2020 an. R hat den GdB seinerseits im Übrigen auf lediglich 5 geschätzt, was ebenfalls für keinen höheren – nach den VG Teil A Nr. 2 Buchst. e) in Zehnerwerten anzugebenden – GdB als maximal 10 spricht. Der Kläger hat im Berufungsverfahren insoweit auch nichts mehr geltend gemacht.
Weitere Funktionsbeeinträchtigungen, die einen Einzel-GdB von mindestens 10 rechtfertigen, sind hier nicht ersichtlich. Der von dem Kläger im Verlauf des Widerspruchsverfahrens geltend gemachte Diabetes mellitus ist nach dem Befundbericht von N vom 19.03.2019 diätetisch eingestellt und begründet bei fehlendem therapiebedingtem Risiko von Hypoglykämien daher nach den VG Teil B Nr. 15.1 keinen GdB. Eine im Widerspruchsverfahren geltend gemachte Augenerkrankung ist in dem Befundbericht von E1 vom 05.03.2018 nicht bestätigt worden (Bl. 99 der Verwaltungsakte). Die sodann geltend gemachten Wirbelsäulenbeschwerden bestehen nach dem Befundbericht des S vom 14.05.2018 aufgrund einer Behandlung während des Widerspruchsverfahrens am 04.05.2018 in einem BWS-Syndrom und muskulärer Dysbalance im Wirbelsäulenbereich (Bl. 113 der Verwaltungsakte). Ein GdB von mindestens 10 für eine mindestens 6 Monate andauernde Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule nach den VG Teil B Nr. 18.9 ergibt sich hieraus bereits nicht. Der Senat schließt sich daher der gutachterlichen Bewertung durch den versorgungsärztlichen Dienst vom 04.06.2018 an.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX in den bis zum 14.01.2015, 29.12.2016 und 31.12.2017 geltenden Fassungen beziehungsweise nach § 152 Abs. 3 Satz 1 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen nach § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den VG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinanderstehen (BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 3/12 R –, in juris). Nach den VG, Teil A, Nr. 3 Buchst. c ist bei der Bildung des Gesamt-GdB in der Regel von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und sodann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob der Ausgangswert also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen um 10, 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Insoweit führen nach den VG, Teil A, Nr. 3 Buchst. d, von Ausnahmefällen abgesehen, zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es danach vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Außerdem sind nach den VG, Teil A, Nr. 3 Buchst. b bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind.
Ausgehend von der Erkrankung im Bereich Herz-Kreislauf mit einem Einzel-GdB von 30 erhöhte sich der Gesamt-GdB hier durch das Hinzutreten der hiervon unabhängigen und für sich genommen jeweils mit Einzel-GdB von 20 zu bewertenden Migräne sowie der depressiven Störung auf 40. Die weitere leichtgradige Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Ohren mit einem Einzel-GdB von 10 erhöht den GdB nicht weiter. Die Behinderung des Klägers ist bei der Gesamtwürdigung auch nicht mit den nach den VG bereits mit einem GdB von 50 bewerteten Funktionsbeeinträchtigungen etwa bei hochgradiger Entstellung des Gesichts (Teil B Nr. 2.1), bei Artikulationsstörungen durch Lähmungen oder Veränderungen in Mundhöhle oder Rachen oder Stottern mit unverständlicher Sprache (Teil B Nr. 7.11), Verlust aller Finger einer Hand oder einer ganzen Hand oder Verlust eines Armes im Unterarm (Teil B Nr. 18.13) vergleichbar.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht für erforderlich. Der rechtskundig vertretene Kläger hat auch keine weitere Beweiserhebung beantragt bzw. angeregt. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben dem Senat zusammen mit den eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Das Gericht muss sich das dafür notwendige ärztliche Fachwissen nicht nur (ausschließlich) in Form von Sachverständigengutachten verschaffen. Vielmehr kann hierfür auch etwa die Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte oder die Beiziehung von ärztlichen Entlassungsberichten aus Krankenhäusern oder medizinischen Rehabilitationseinrichtungen ausreichend sein (BSG, Beschluss vom 24.02.2021 – B 9 SB 39/20 B –, juris). Dies ist hier zur Überzeugung des Senats der Fall.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.