L 10 R 2102/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 1621/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2102/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.05.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die 1980 geborene Klägerin besuchte von September 1997 bis Juli 1999 ein kaufmännisches Berufskolleg Fremdsprachen und erwarb die Berufsbezeichnung „Staatlich geprüfte Wirtschaftsassistentin“. Von Anfang Oktober 1999 bis Mitte September 2001 absolvierte sie eine fremdsprachenschulische Ausbildung zur staatlich anerkannten Europasekretärin und studierte sodann von Mitte September 2002 bis Ende Juni 2003 International Business Studies an der University of East London (Abschluss: Bachelor of Arts). Von Mitte September 2003 bis Ende Januar 2004 besuchte sie eine Sprachenschule in Rom und absolvierte von Anfang März 2004 an schließlich den Studiengang „International Business“ an der Fachhochschule Mainz, die ihr Ende Januar 2007 den Diplomgrad einer Diplom-Betriebswirtin (FH) verlieh. Nach eigenen Angaben war sie zuletzt von Anfang Oktober 2013 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit Anfang November 2014 sozialversicherungspflichtig als E-Commerce-Managerin tätig. Eine Beschäftigung nahm sie seither nicht mehr auf. Wegen der Einzelheiten der zurückgelegten rentenrechtlichen Versicherungszeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 13.09.2019 (Bl. 27 Rs. ff. SG-Akte) Bezug genommen.

Am 13.09.2017 beantragte die Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte zog ärztliche Befundunterlagen bei und holte sodann das Gutachten der B ein, die die Klägerin Mitte Dezember 2017 untersuchte. B diagnostizierte eine somatoforme Schmerzstörung und gelangte zu einem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich; Tätigkeiten in Nachtschicht und mit längeren Zwangshaltungen seien nicht mehr leidensgerecht. Mit Bescheid vom 11.01.2018 lehnte die Beklagte den Rentenantrag - gestützt u.a. auf das Gutachten - mit der Begründung ab, dass die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne, sodass keine Erwerbsminderung vorliege. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte sodann das Gutachten des R ein, der auf Grund Untersuchung Mitte August 2018 einen chronischen Erschöpfungszustand mit Verdacht auf ein Chronic fatique syndrome (CFS) sowie ein chronisches somatoformes Schmerzsyndrom vom Fibromyalgie-Typ als Diagnosen nannte und die Auffassung vertrat, dass die Klägerin von orthopädisch-rheumatologischer Seite für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten noch voll erwerbsfähig sei. Des Weiteren holte die Beklagte das Gutachten des M ein (Untersuchung Anfang Dezember 2018), der keinen Anhalt für Erkrankungen seitens des internistischen Fachgebiets sah und damit auch keine entsprechenden Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2019 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 24.04.2019 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt hat. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen angeführt, dass auch von den Gutachtern bestätigt worden sei, dass sie nicht mehr arbeiten könne. Die Beklagte hätte ein weiteres Gutachten „mit dem Schwerpunkt CFS“ einholen müssen.“

Das SG hat sodann von Amts wegen das Sachverständigengutachten des R1 (Ärztlicher Direktor der S Kliniken B1) eingeholt, der die Klägerin Anfang Oktober 2019 untersucht hat. Der Sachverständige hat bei ihr eine leichte, anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine Dysthymia diagnostiziert. Ein CFS bezeichne nach der medizinischen Klassifikation ein Erschöpfungssyndrom, das im Rahmen einer körperlichen Erkrankung (z.B. Multiple Sklerose, Virusinfektion, Immundefekt) auftreten könne. Seine klinische bzw. laborchemische Untersuchung habe indes keine Hinweise auf das Vorliegen einer somatischen Grunderkrankung geliefert. Diffenrentialdiagnostisch komme zwar auch das Krankheitsbild einer Neurasthenie (psychisches Erschöpfungssyndrom) in Betracht. Allerdings habe er auch hinsichtlich eines solchen Krankheitsbilds bei der Klägerin keine Hinweise gefunden. Auf der Grundlage des Untersuchungsbefunds und unter Würdigung der Beschwerdeangaben der Klägerin seien ihr jedenfalls leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (vorzugsweise Wechsel zwischen Stehen, Gehen, Sitzen; keine Akkord-/Fließbandarbeiten; kein Tragen von Lasten über 10 kg; keine Zwangshaltungen; keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder unter ungünstigen klimatischen Verhältnissen, z.B. Nässe, Kälte, Wärme, Staub, Gase, Dämpfe; keine Arbeiten in Nachtschicht) noch mindestens sechs Stunden täglich möglich.

Die Klägerin hat Einwände gegen die Einschätzung des Sachverständigen geltend gemacht und namentlich ihre krankheitsbedingten Einschränkungen vertieft sowie moniert, dass der Sachverständige das bei ihr (vor-)diagnostizierte CFS nicht hinreichend berücksichtigt habe. Diese Krankheit gehöre zu den Krankheiten mit der niedrigsten Lebensqualität überhaupt. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die „Anmerkungen zum Gutachten“ der Klägerin Bezug genommen (Bl. 87 ff. SG-Akte).

Mit Verfügung vom 20.04.2020 hat das SG die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid (§ 105 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) angehört und mitgeteilt, dass ein solcher nicht vor dem 22.05.2020 ergehen werde; zuvor bestehe noch die Möglichkeit zur Äußerung. Mit Schriftsatz vom 22.05.2020 - beim SG am selben Tag eingegangen - hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, nach § 109 SGG bei F, S1, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.05.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen - gestützt auf das Sachverständigengutachten des R1 und die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten - ausgeführt, dass bei der Klägerin eine zeitliche Leistungsminderung nicht vorliege, sondern ihre gesundheitlichen Einschränkungen lediglich zu qualitativen Einschränkungen führten. Dem Antrag nach § 109 SGG ist es nicht nachgekommen, da dieser nicht „formwirksam“ gewesen sei, nachdem die Klägerin kein Beweisthema angegeben habe. Ein entsprechender gerichtlicher Hinweis sei nicht in Betracht gekommen, weil ein Antrag nach Ablauf der gesetzten Frist verspätetet gewesen wäre (Hinweis auf § 109 Abs. 2 SGG).

Gegen den - ihren Prozessbevollmächtigten am 04.06.2020 zugestellten - Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.07.2020 (Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie auf ihre CFS-Erkrankung und ihre „Anmerkungen zum Gutachten“ (s.o.) des R1 verwiesen.

Die Klägerin beantragt (vgl. Bl. 18, 157 Senats-Akte),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.05.2020 sowie den Bescheid vom 11.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.03.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Der Senat hat von Amts wegen eine ergänzende Stellungnahme bei R1 eingeholt, in der der Sachverständige bei seiner Leistungseinschätzung geblieben und (u.a.) darauf hingewiesen hat, dass das Fibromyalgie-Syndrom eine Unterform einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sei, dass es auf die Ursache eines solchen Syndroms bzw. auch eines CFS unter sozialmedizinischen Gesichtspunkten nicht entscheidend ankomme, dass er auf Grund seiner klinischen Tätigkeit mit CFS-Erkrankungen vertraut sei und dass er die von der Klägerin geschilderten Symptome - soweit objektivierbar - bei seiner Beurteilung berücksichtigt habe (vgl. ergänzende Stellungnahme vom 09.11.2020, Bl. 43 ff. Senats-Akte).

Der Senat hat sodann auf Antrag der Klägerin nach § 109 Abs. 1 SGG ein Gutachten bei dem F1eingeholt, der die Klägerin Ende März 2021 untersucht hat. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten folgende Diagnosen genannt: CFS, Fibromyalgie-Syndrom, sekundäre mitochondriale Funktionsstörung, Reizdarm-Syndrom, Histaminintoleranz, Urtikaria (= Nesselsucht), angioneurotisches Syndrom, Allergie, Laktoseintoleranz, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Dysthymia, Neurasthenie, Zustand nach chronischer Tonsillitis, Gastroenteritis und Kolitis. Leichte Arbeiten seien der Klägerin nur noch weniger als drei Stunden möglich. Auch könne die Klägerin ein Kfz „an guten Tagen“ nur noch für kurze Strecken führen.

Die Beklagte hat sich mit einer beratungsärztlichen Stellungnahme (vom 26.07.2021, Bl. 147 Senats-Akte) gegen die Beurteilung des F1 gewandt. Die Leistungseinschätzung des Sachverständigen sei nicht nachvollziehbar. Sie beruhe nicht auf klinischen Funktionsbefunden, sondern allein auf den subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin, die nicht objektiviert seien. Die Beurteilungen der Vorgutachter würden durch das Gutachten des F1 nicht in Frage gestellt. Die Klägerin hat die Einschätzung des F1 verteidigt und erneut darauf hingewiesen (Bl. 155 ff. Senats-Akte), dass sie an einer schweren neuroimmunologischen Erkrankung leide. Die Krankheit ME/CFS gehöre zu den letzten großen Krankheiten, die kaum erforscht seien, und führe namentlich zu einem hohen Grad der körperlichen Behinderung. R1 habe die Krankheit nicht leitliniengerecht untersucht. Ihr sei Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Soweit es indes den Antrag der Klägerin vom 22.05.2020 auf gutachtliche Hörung des Arztes F1 nach § 109 SGG abgelehnt hat, leidet dies an wesentlichen Mängeln, weil das SG die prozessualen Rechte der Klägerin aus § 109 Abs. 1 SGG und infolgedessen aus § 62 Halbsatz 1 SGG verletzt hat, denn die ausdrückliche Benennung eines Beweisthemas bedarf es im Rahmen eines Antrags nach § 109 Abs. 1 SGG in der Regel nicht, weil sich aus dem Akteninhalt regelmäßig - wie auch vorliegend (Erwerbsminderung, sozialmedizinisch begründete quantitative/qualitative Leistungseinschränkungen) - bereits ergibt, zu welchem Thema der benannte Arzt gehört werden soll. Der Senat nimmt insoweit zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe seines rechtskräftigen Urteils vom 22.07.2021 (L 10 U 3803/20, ergangen auf eine Entscheidung des SG) Bezug und verweist darauf. Diese Verfahrensfehler des SG sind allerdings prozessual überholt, nachdem der Senat auf den während des Rechtsmittelverfahrens gestellten neuerlichen Antrag der Klägerseite nach § 109 Abs. 1 SGG (Schriftsatz vom 28.12.2020) das Sachverständigengutachten bei F1 eingeholt hat und als Tatsachengericht entscheidet (§ 157 SGG).

Der Bescheid der Beklagten vom 11.01.2018 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 25.03.2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht erwerbsgemindert. Ihr steht daher eine Rente wegen (voller) Erwerbsminderung nicht zu.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - u.a. - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75, zitiert - wie alle nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids gestützt insbesondere auf das Sachverständigengutachten des R1 und die - urkundbeweislich verwertbaren - Gutachten der Dres. Brandt, Roser und Männlein zutreffend (wenn auch knapp) dargelegt, dass und warum die Klägerin weder von neurologisch-psychiatrischer, noch von internistischer und orthopädisch-rheumatologischer Seite in ihrem zeitlichen Leistungsvermögen rentenrelevant beeinträchtigt, sondern vielmehr noch in der Lage ist, unter Beachtung der von den Gutachtern aufgeführten qualitativen Einschränkungen (insoweit wird auf die Darstellung oben im Tatbestand verwiesen) jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass eine Erwerbsminderung nicht vorliegt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Auf Grund der weiteren medizinischen Sachaufklärung im Berufungsverfahren ist eine abweichende Beurteilung nicht gerechtfertigt.

Der Sachverständige R1 hat auch für den Senat in seinem Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Klägerin seitens des psychiatrisch-neurologischen Fachgebiets keine höhergradigen Funktionsbeeinträchtigungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen vorliegen und dass den bei der Klägerin bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit den von ihm aufgeführten qualitativen Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen wird; er hat damit die Leistungseinschätzung der B bestätigt.

Seine Leistungseinschätzung ist für den Senat auf Grund des von ihm erhobenen klinischen Befunds und unter Berücksichtigung der ihm von der Klägerin geschilderten Alltagsaktivitäten in jeder Hinsicht überzeugend. Bei der Untersuchung durch R1, zu der die Klägerin pünktlich und korrekt gekleidet erschienen ist, ist die Klägerin sehr intelligent, freundlich, konzentriert, selbstbewusst und eloquent sowie gut in der Lage gewesen, abstrakten gedanklichen Anforderungen zu genügen. Die an sie gerichteten Fragen hat sie prompt und bereitwillig beantwortet, ohne dass es im Verlauf der Untersuchung zu einem Nachlassen der ungestörten Konzentrationsfähigkeit oder der Auffassungsgabe bzw. der Aufmerksamkeitsdauer gekommen ist. Ihre Antriebslage ist unauffällig, sie ist bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten voll orientiert und ihr formaler Gedankengang ist unauffällig gewesen. Hinweise auf eine äußerlich erkennbare innere Unruhe haben sich nicht gezeigt, ebenso wenig Hinweise auf eine Einschränkung des Kurz- und Langzeitgedächtnisses, paranoide Ideen, Halluzinationen, Ich-Störungen, Zwangsgedanken oder Zwangsideen. Zwar ist ihre Stimmungslage gelegentlich von einem subdepressiven Stimmungsbild begleitet gewesen und ihre Gedanken sind inhaltlich um ihre körperlichen Beschwerden gekreist, indes ist es beim Besprechen angenehmer Themen zu einer Stimmungsaufhellung gekommen, ohne dass eine Einschränkung der affektiven Modulationsfähigkeit bestanden hat (s. zum Vorstehenden Bl. 61 ff. SG-Akte).

Auch der körperlich-neurologische Befund (vgl. Bl. 56 ff. SG-Akte) ist im Wesentlichen - bei der seinerzeit mit drittem Kind schwangeren Klägerin - unauffällig gewesen. Namentlich die Beweglichkeit der Hals- und Lendenwirbelsäule ist lediglich endgradig schmerzhaft eingeschränkt mit leichten Muskelverspannungen gewesen, wobei die Klägerin beim Durchbewegen aller großen Extremitäten-Gelenken Bewegungsschmerzen angegeben hat. Zeichen für einen erhöhten Muskeltonus oder für Hyperkinesen haben sich nicht gezeigt, ebenso wenig umschriebene Paresen. Die Koordination und die Reflexe haben keinen pathologischen Befund ergeben. Die Klägerin ist in der Lage gewesen, den Finger-Nacken-, den Knie-Hacken-Versuch, den Seiltänzer-, den Hacken-, den Blind- und den Fersengang ohne Auffälligkeiten durchzuführen, sicher eine Gehstrecke von 500 m in 15 Minuten zurückzulegen, im klinischen Gehgarten über größere Steine zu gehen, in aufrechter Haltung Treppenstufen hinaus- und hinabzugehen, den Raum mit mittelgroßen Schritten zu durchschreiten und gut in einen Simulator für öffentliche Verkehrsmittel einzusteigen. Zwar hat die Klägerin dabei immer wieder über Schmerzen seitens des Bewegungs- und Haltungsapparats geklagt und eine leichte Gefühlsminderung im Bereich der Handflächen und Fingerbeugeseiten - bei im Übrigen klinisch ungestörter Oberflächen- und Tiefensensibilität - angegeben. Indes haben die Elektromyographie und die Elektroneurographie keine Hinweise auf ein auffälliges F-Wellen-Potential bzw. für chronisch neurogene Potentiale oder eine akute Denervation geliefert, sodass der Sachverständige eine Schädigung einer aus der Halswirbelsäule austretenden Nervenwurzel ebenso ausgeschlossen hat wie einen radikulären Ursprung der angegebenen Gefühlsstörung im Bereich der Hände ohne Hinweis auf ein Karpaltunnel-Syndrom. Insgesamt hat R1 aus dem unauffälligem Elektrophysiolgiebefund eine Schädigung des peripheren Nervensystems ausgeschlossen.

Dass der Sachverständige auf der Grundlage dieses klinischen Befunds und der ihm von der Klägerin geschilderten Alltagsaktivitäten (namentlich, s. Bl. 51 ff. SG-Akte: frühes Aufstehen und Versorgung der dreijährigen Tochter und des einjährigen Sohnes, Frühstück richten, duschen, kochen, Einräumen der Spülmaschine, Befüllen und Entleeren der Waschmaschine, tägliches Autofahren, Einkäufe erledigen, Hochnehmen des 11 kg schweren Sohnes, einmal pro Tag spazieren gehen, schwimmen im hauseigenen Pool - im Sommer, da unbeheizt -, gelegentliche Restaurantbesuche am Wochenende, gelegentliche Einladungen von Freunden/Bekannten, Fernsehen, aktiv mit „WhatsApp“ und „Facebook“, E-Mails schreiben) sowie unter Berücksichtigung der Beschwerde- respektive Schmerzangaben der Klägerin - soweit R1 diese zu objektivieren vermocht hat (namentlich: keine erhöhte Tagesmüdigkeit trotz der angegebenen Schlafstörungen in der Elektroenzephalographie feststellbar, vgl. Bl. 73 SG-Akte; geklagte Konzentrationsstörungen nicht eruierbar, vgl. Bl. 67, 61 f. SG-Akte; Ergebnis des Beck’schen Depressionsinventars spricht - so der Sachverständige - gegen eine vorzeitige Erschöpfbarkeit und für einen Lerneffekt, Bl. 64 SG-Akte; keine Hinweise auf eine Neurasthenie/ein Erschöpfungssyndrom, Bl. 76 f. SG-Akte) - lediglich zu qualitativen Einschränkungen (s.o.), nicht jedoch zu einer zeitlichen Leistungsminderung für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts gelangt ist, überzeugt den Senat in jeder Hinsicht.

Soweit die Klägerin mit ihren „Anmerkungen zum Gutachten“ (Bl. 87 ff. SG-Akte, wiederholt im Berufungsverfahren) Einwände gegen die Einschätzung des Sachverständigen R1 erhoben hat, sind diese nicht geeignet, die überzeugende (s.o.), befundgestützte Leistungsbeurteilung von R1 in Zweifel zu ziehen. Dieser hat in seiner ergänzenden Stellungnahme gegenüber dem Senat ausführlich dargelegt und im Einzelnen begründet - insoweit wird auf Nr. I. 1. bis 4. seiner Stellungnahme vom 09.11.2020 Bezug genommen -, dass er die ihm gegenüber getätigten Angaben der Klägerin korrekt wiedergegeben hat bzw. dass sich diese unmittelbar aus den von der Klägerin selbst ausgefüllten Fragebögen ergeben. Dagegen ist nichts zu erinnern und dem hat die Klägerin auch nichts mehr entgegengehalten.

Soweit die Klägerin reklamiert hat, dass sie an einem Fibromyalgie-Syndrom bzw. an einem CFS leide, hat der Sachverständige bereits in seinem Gutachten dargelegt (Bl. 76 SG-Akte), dass sich die Bezeichnung eines chronischen, somatoformen Schmerzsyndroms vom Fibromyalgietyp - wie vom R verwandt, der seitens seines Fachgebietes indes ebenfalls keine zeitliche Leistungsminderung angenommen hat - mit der neurologisch-psychiatrisch-schmerzmedizinischen Bezeichnung einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung deckt. Ebenfalls hat er bereits in seinem Gutachten begründet (insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen), dass und warum ein irgendwie geartetes Erschöpfungssyndrom, sei es als Ausdruck eines CFS, sei es als Ausdruck einer Neurasthenie, bei der Klägerin nicht zu objektivieren ist (s.o. und Bl. 76 f. SG-Akte). In seiner ergänzenden Stellungnahme hat R1 auch darauf hingewiesen, dass die Klägerin vor dem Hintergrund ihrer - wenn auch medizinisch-laienhaften - seitenlangen „Anmerkungen“ (Bl. 87 bis 97 SG-Akte) in der Lage ist, sich intensiv mit medizinischen Themen auseinanderzusetzen und die Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer besitzt, einen mehrseitigen Text zu verfassen.

Ohnehin verkennt die Klägerseite, dass es im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung nicht entscheidend auf eine bestimmte Diagnosestellung, die Art oder Anzahl von Diagnosen oder auf die Bezeichnung von Befunden ankommt, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (BSG, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen, sodass auch die Ursachen der Gesundheitsstörung nicht maßgeblich sind (BSG, a.a.O.). Derartige Funktionsstörungen anhand objektiv-klinischer Befunde, die geeignet wären, eine rentenrechtlich relevante zeitliche Leistungseinschränkung zu begründen, hat der Sachverständige - wie auch bereits zuvor die Gutachterin B - gerade nicht zu erheben vermocht (s.o.) und R1 hat in seiner ergänzenden Stellungnahme auch darauf hingewiesen, dass der Ausprägungsgrad der erhobenen Befunde und Symptome, soweit objektivierbar, sozialmedizinisch die Annahme einer zeitlichen Leistungsminderung gerade nicht rechtfertigt und zwar unabhängig von deren Ursache. Deswegen helfen - so ebenfalls der Sachverständige - die allgemeinen Ausführungen der Klägerseite zu den Symptomen eines CFS und einer Fibromyalgie nicht weiter.

Soweit die Klägerin weiterhin - indes nur pauschal - gemeint hat, der Sachverständige sei nicht auf CFS-Erkrankungen spezialisiert und habe sie dem entsprechend auch nicht „leitliniengerecht“ untersucht, teilt der Senat diese Einschätzung nicht, nachdem - auch darauf hat der Sachverständige hingewiesen - R1 (u.a.) als erfahrener Ärztlicher Direktor einer neurologischen und geriatrischen Klinik mit der Diagnose und Behandlung von CFS-Erkrankungen, namentlich bei Patienten mit Multipler Sklerose, hinreichend vertraut ist. Auch hat der Sachverständige bereits in seinem Gutachten im Einzelnen dargelegt, dass und warum er die klinische Diagnose eines CFS bei der Klägerin nicht zu stellen vermocht hat (Bl. 76 f. SG-Akte) und warum es auf die Diagnose für die vorliegende Frage einer Erwerbsminderung nicht entscheidend ankommt. Dem hat der Senat in Ansehung der obigen Ausführungen nichts hinzuzufügen. Dass und warum das befundgestützte Gutachten des Sachverständigen allen Anforderungen genügt und damit Grundlage der Überzeugungsbildung des Senats ist, ergibt sich ebenfalls bereits aus dem oben Dargelegten.

Schließlich ist auch die stichwortartige Aufzählung von subjektiven Beschwerden in den „Anmerkungen“ der Klägerin nicht geeignet, die Einschätzung von R1 in Zweifel zu ziehen. Der Sachverständige hat ihre Beschwerdeschilderungen (vgl. nur Bl. 51 f., 54 ff., 60 f., 63 ff. SG-Akte) im Rahmen seiner Leistungsbeurteilung - soweit objektivierbar - umfassend berücksichtigt und er hat auf der Grundlage dessen, des objektiv-klinischen Befunds sowie der Alltagsaktivitäten der Klägerin ein - wie bereits dargelegt - ein in jeder Hinsicht überzeugendes Leistungsbild abgeleitet. Auch dem hat der Senat nichts hinzuzufügen.

Das Gutachten des F1 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Beratungsarzt der Beklagten hat in seiner Stellungnahme, die als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbar ist, zutreffend darauf hingewiesen, dass der Sachverständige bereits keinen objektiv-klinischen Befund mitgeteilt hat, der geeignet wäre, die Überzeugungskraft des Gutachtens des R1 zu erschüttern. So erschöpft sich der von F1 mitgeteilte psychopathologische Befund darin, dass die Klägerin zeitlich und örtlich orientiert, bei klarem Bewusstsein und freundlich, offen sowie zugänglich gewesen ist. Inwieweit daraus eine zeitliche Leistungsminderung resultieren soll, erschließt sich dem Senat nicht ansatzweise, zumal eine besondere fachpsychiatrische Kompetenz bei F1 ohnehin nicht erkennbar ist.

Auch in somatischer Hinsicht hat der Sachverständige lediglich eine Überempfindlichkeit gegen Gerüche, unspezifische paravertebrale Gelenk- und Muskelschmerzen im Bereich der Wirbelsäule, indes „abhängig von Wetter und Tätigkeiten“ (freilich bei altersentsprechender Beweglichkeit und einem Finger-Boden-Abstand von 0 cm), sowie unspezifisch schmerzhafte obere Extremitäten bei erhaltener Beweglichkeit genannt. Der übrige klinische Befund ist vollkommen unauffällig gewesen (namentlich: Schulter seitengleich zu heben, Muskulatur seitengleich, Druckkraft der Hände seitengleich, obere und untere Extremitäten jeweils kein Rigor, kein Tremor, keine Paresen, Reflexe und Pulse seitengleich erhalten, untere Extremitäten uneingeschränkt beweglich, Vibration unauffällig, lediglich erhöhte Empfindlichkeit der Sensibilität im Bereich des rechten Oberschenkels, keine Ataxie, unauffälliger Finger-/Nase-Versuch, unauffällige Bewegungskoordination, unbeobachtetes Gangbild flüssig, Zehen-/Hackengang und Einbeinstand möglich, Rombergversuch unauffällig).

Wie bereits oben dargelegt, kommt es nicht maßgeblich auf die subjektive Leistungseinschätzung der Klägerin und auch nicht auf Diagnosen an, sondern auf Funktionsbeeinträchtigungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen auf Grundlage objektiv-klinischer Befunde. Derartige Befunde - darauf hat der Beratungsarzt der Beklagten hingewiesen - hat der Sachverständige F1 nicht erhoben und sein Hinweis auf laborchemische Parameter zur Stützung u.a. seiner Diagnose eines CFS helfen ebenfalls nicht weiter, da daraus in Ansehung des von ihm mitgeteilten objektiv-klinischen Befunds (s.o.) entsprechende objektive Funktionsdefizite gerade nicht herleitbar sind.

Soweit der Sachverständige seiner Leistungseinschätzung maßgeblich die subjektiven Beschwerdeangaben der Klägerin unkritisch zu Grunde gelegt hat, fehlt jegliche Auseinandersetzung und Validierung mit dem von ihm selbst erhobenen, im Wesentlichen unauffälligen klinischen Befund und jegliche Auseinandersetzung mit den ausführlichen Darlegungen des Sachverständigen R1, auch im Hinblick auf die jenem gegenüber geschilderten noch möglichen Alltagsaktivitäten. F1 hat insoweit lediglich lapidar mitgeteilt, dass er der Einschätzung von R1 „teilweise“ mit der Maßgabe zustimme, dass er die Klägerin nur für weniger als drei Stunden leistungsfähig erachte und dass sie nur „an guten Tagen“ kurze Strecken mit dem Kfz fahren könne. Diese Leistungseinschätzung ist für den Senat nicht ansatzweise nachvollziehbar, weil sie - insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen - weder auf den von R1 erhobenen Befund noch auf den von F1 selbst mitgeteilten gestützt werden kann. Dabei hat F1 im Übrigen seiner Einschätzung u.a. auch eine Neurasthenie - also eine psychische und Verhaltensstörung (vgl. Einl. Kap. V und F48.0 ICD-10) - zu Grunde gelegt, die der Sachverständige R1 als Facharzt für Psychiatrie gerade ausdrücklich ausgeschlossen hat. Nur am Rande merkt der Senat noch an, dass es auch keine entscheidungserhebliche Rolle spielt, ob und in welchem Umfang die Klägerin noch meint, ein Kfz führen zu können. Sie kann jedenfalls noch öffentliche Verkehrsmittel nutzen und Wegstrecken im erforderlichen Umfang (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 12.12.2011, B 13 R 79/11 R) zu Fuß zurücklegen, was der Senat auf das Gutachten des R1 stützt (Bl. 60 f., 82 SG-Akte).

Soweit die Klägerseite zuletzt noch gemeint hat, F1 habe nach klinischer Untersuchung ein „schweres ME/CFS“ diagnostiziert, enthalten seine diesbezüglichen Ausführungen (insoweit wird auf die Zitierung im Schriftsatz der Klägerseite vom 02.11.2021 Bezug genommen) nur allgemeine Ausführungen zu Folgen eines CFS, ein Bezug gerade zur Klägerin ist nicht erkennbar und ohnehin ändern diese Beschreibungen nichts daran, dass sich auf Grund des von F1 mitgeteilten klinischen Befunds objektive Funktionsdefizite mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen nicht ableiten lassen. Die von der Klägerin geklagten Beschwerden mit Schmerzzuständen - soweit objektivierbar - hat R1 ohnehin bereits im Rahmen seiner Leistungsbeurteilung berücksichtigt.

In orthopädischer Hinsicht verbleibt es bei der Leistungsbeurteilung des R, nachdem weder der von R1 noch der von F1 mitgeteilte somatische Befund (s.o.) irgendwelche Anknüpfungstatsachen erbracht hat, die auf eine wesentliche Verschlimmerung hindeuten könnten, zumal eine solche von der Klägerin auch nicht konkret geltend gemacht worden ist und die von ihr geklagten Schmerzzustände, soweit objektivierbar, von R1 umfassend berücksichtigt worden sind.

Nämliches gilt in internistischer Hinsicht. Insoweit hat der M, dessen Gutachten ebenfalls im Wege des Urkundenbeweises verwertbar ist, eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit verneint. Auch R1 hat darauf verwiesen, im Rahmen seiner körperlichen Untersuchung keine abweichenden Anknüpfungstatsachen gesehen und auch insoweit auf die Alltagsaktivitäten der Klägerin hingewiesen (Bl. 77 SG-Akte). Der von F1 im Rahmen seiner Untersuchung erhobene somatische Befund lässt ebenfalls keine objektiven Funktionsdefizite erkennen, die die Leistungsbeurteilung des M in Frage stellen könnten. Dass Laborparameter und daraus abgeleitete Diagnosen allein nicht hinreichend für die Annahme einer zeitlichen Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit sind, ist oben bereits dargelegt worden.

Unter Zugrundelegung all dessen steht mithin auch zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, jedenfalls leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der oben genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass sie nicht erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI). Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie der Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein. So liegt der Fall bei der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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