L 6 U 3951/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 3361/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3951/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren noch die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 5. Oktober 2016, bei dem er von einer Leiter auf den rechten Ellenbogen gestürzt ist, über den 5. April 2018 hinaus.

Er ist k Staatsangehöriger und 1989 geboren. Nach zwölfjährigem Schulbesuch im K begann er eine Ausbildung zum Kriminalpolizisten, die er nicht beendete. Von 2009 bis 2015 arbeitete er als angelernter Maler und Stuckateur in S. Im Jahr 2015 ist er in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und war bei wechselnden Arbeitgebern als Maler und Stuckateur beschäftigt. Nach dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall am 5. Oktober 2016 war er arbeitsunfähig, vom 9. bis zum 23. Januar 2017 erfolgte eine stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben. Sein damaliges Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung Ende Februar 2017. Eine circa zwei Wochen später aufgenommene Beschäftigung als Maler und Stuckateur beendete der Kläger nach drei Monaten wegen ausbleibender Gehaltszahlungen, auch die sich anschließende Beschäftigung in diesem Beruf beendete er nach sechs Wochen wegen Problemen bei der Gehaltszahlung. Nach zweimonatiger Arbeitslosigkeit übt der Kläger nunmehr eine Tätigkeit als Monteur in einem Betrieb aus, der auf die Entsorgung von Asbest-Bausteinen aus Nachtspeicherheizgeräten spezialisiert ist. Er ist verheiratet und Vater zweier minderjähriger Kinder, seine Ehefrau ist nicht erwerbstätig. Mit seiner Familie bewohnt er eine 120 qm große Mietwohnung. Den Haushalt versorgt ausschließlich seine Ehefrau. Hobbys hat der Kläger keine (vgl. Fragebogen der Beklagten „Arbeitsentgelt/Arbeitseinkommen“ und Sachverständigengutachten H). 

Nach der Unfallanzeige der Arbeitgeberin des Klägers habe der Kläger zum Unfallzeitpunkt am 5. Oktober 2016 auf einer Leiter gestanden, um Filigranfugen zu verspachteln. Als er den Kopf nach oben bewegt habe, habe er das Gleichgeweicht verloren, sei von der Leiter gestürzt und mit dem rechten Ellenbogen auf dem Betonboden aufgekommen.

Der Durchgangsarztbericht des Bkrankenhaus U vom Unfalltag führte aus, der Kläger arbeite als Maler/Stuckateur. Er habe sich mit seinem Chef in der Notaufnahme vorgestellt und angegeben, rückwärts von einer Leiter (drei Stufen) gefallen und dabei auf den rechten Ellenbogen gestürzt zu sein. Der Kläger habe über starke Schmerzen im rechten Ellenbogen geklagt; es habe ein starker Ruhescherz (7/10) bestanden, der sich bei Bewegung verstärkt habe. Als Erstdiagnose sei eine Radiusköpfchenfraktur rechts (ICD-10 S52.11) und ein Weichteilschaden Grad II bei geschlossener Fraktur oder Luxation des rechten Unterarms (ICD-10 S51.85) erhoben worden. Aus dem weiteren Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. Friemert und der Frau Wendlik vom Unfalltag ergaben sich als Diagnosen Radiusköpfchenfraktur Mason 2 (ICD-10 S52.11GR), Weichteilschaden Grad II bei geschlossener Fraktur oder Luxation Unterarm (ICD-10 S 51.85GR), Isolierung bei MRSA (ICD-10 Z29.0), MRSA als Ursache von Krankheiten andernorts (ICD-10 B95.6), sonstige prophylaktische Chemotherapie (ICD-10 Z29.28), Kontrolle von Verbänden und Nähten (ICD-10 Z48.0), Versorgen mit und Anpassen orthopädischer Hilfsmittel (ICD-10 Z46.7), sonstige Physiotherapie (ICD-10 Z50.1), native Computertomographie des Muskel-Skelett-Systems (ICPM 3-205) und offene Reposition Mehrfragmentfraktur Gelenkbereich lange Röhrenknochen Schraubenostheosynthese Radius proximal Medartis Mini Schrauben (ICPM 5-794.04).

Es fand laut dem Zwischenbericht des Bkrankenhaus U dort eine stationäre Behandlung vom 5. bis zum 10. Oktober 2016 bei der Diagnose Radiusköpfchenfraktur Typ Mason 2 rechts und der Nebendiagnose Kontamination mit MRSA Nasen-/Rachenraum und Analfalte statt. Als Therapie sei am 6. Oktober 2016 eine offene Reposition und Schraubenosteosynthese (Medartis Mini Schrauben) Radiusköpfchen rechts erfolgt und hinsichtlich der Nebendiagnose dekontaminierende Waschungen mit Sanaldin, Turixin Nasensalbe, Mundspülung und Chlorhexidinlösung. Der operative Eingriff habe komplikationslos durchgeführt werden können, der postoperative Verlauf habe sich bei primärer und reizfreier Wundheilung regelgerecht gestaltet. Postoperativ angefertigte Röntgenaufnahmen hätten eine anatomische Reposition der Fraktur und die korrekte Lage des eingebrachten Osteosynthesematerials ergeben. Es sei eine Oberarmgipsschiene angelegt worden, die für einen Zeitraum von zwei Wochen getragen werden sollte.        

Der Zwischenbericht des L vom 16. November 2016 führte aus, der Kläger habe sich erstmalig am 11. Oktober 2016 vorgestellt. Bei der letzten Kontrolle am 8. November 2016 habe sich eine korrekte Schraubenlage und eine diskrete Stufenbildung im Bereich der Gelenkfläche gezeigt. Die Beweglichkeit sei mit Streckung/Beugung 0-10-110° und hälftiger Einschränkung in der Umwendbewegung eingeschränkt gewesen. Beim Bewegen sei ein leichtes Knacksen verspürbar gewesen, eine Schmerzmedikamentation mit Ibuprofen und Novalgin sei erforderlich gewesen.

Nach einem weiteren Zwischenbericht des L habe sich der Kläger am 22. November 2016 zur Kontrolluntersuchung vorgestellt und noch mäßige Schmerzen im Bereich des rechten Schultergelenks (gemeint wohl: Ellenbogengelenks) beklagt. Bei Umwendbewegungen sei ferner ein leichtes Knacken bei reizloser Narbe und derzeit geringer Weichteilschwellung spürbar gewesen. In der Röntgenaufnahme sei die Fraktur noch einsehbar gewesen. Die Physiotherapie solle fortgesetzt werden, die Arbeitsunfähigkeit bestehe weiterhin bis einschließlich 2. Dezember 2016, danach liege voraussichtlich Arbeitsfähigkeit vor.

Über die Nachuntersuchung am 2. Dezember 2016 führte der diesbezügliche Zwischenbericht des L aus, der Kläger habe weiterhin Schmerzen im Bereich des rechten Ellenbogens beklagt. Beim Bewegen sei ein leichtes Knacksen verspürbar gewesen, die Beweglichkeit habe bei Streckung/Beugung 0-5-130° betragen und die Umwendbewegungen seien mit 1/3 eingeschränkt gewesen. Die Physiotherapie werde fortgesetzt, der Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit sei zum 2. Januar 2017 erwartet.

Aus dem Zwischenbericht über die Nachuntersuchung des L am 16. Dezember 2016 ließen sich die Angaben des Klägers von noch ziehenden Schmerzen im Bereich des rechten Ellenbogens entnehmen. Die Beweglichkeit sei mit Streckung/Beugung 0-0-130° und Pro-/Supination 70-0-90° noch endgradig eingeschränkt gewesen. Die Röntgenaufnahme habe einliegende Minischrauben im Bereich der Radiusköpfchenfraktur gezeigt und eine knöchern konsolidierte Fraktur bei diskreter Stufenbildung. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nochmals bis zum 6. Januar 2017 ausgestellt worden.

Bei der Nachuntersuchung durch L am 3. Januar 2017 (Zwischenbericht vom 3. Januar 2017) hätten sich reizlose Narbenverhältnisse und eine reizlose Weichteilsituation gezeigt, die Beweglichkeit sei uneingeschränkt gewesen. Röntgenologisch sei die Fraktur in guter Stellung stabil durchbaut gewesen. Der Kläger habe Belastungsschmerzen und eine Kraftlosigkeit des rechten Arms als Beschwerden angeführt. Beginnend ab dem 9. Januar 2017 sei eine Arbeitsbelastungserprobung (ABE) mit zunächst vier Stunden täglich in die Wege geleitet worden.

Nach zwei Aktenvermerken der Beklagten vom 31. Januar und vom 26. Juni 2017 habe der Kläger die ABE zum 20. Januar 2017 beendet und danach Resturlaub genommen. Sein Arbeitgeber habe ihm zwischenzeitlich gekündigt.

L teilte der Beklagten im Februar 2017 mit, der Kläger habe sich am 13. Januar 2017 zur Kontrolluntersuchung, bei intolerablen Schmerzen bereits am 9. Januar 2017, vorstellen sollen. Bislang sei keine Konsultation erfolgt. Demnach sei davon auszugehen, dass zwischenzeitlich keine wesentlichen Beschwerden mehr vorlägen und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in einem rentenberechtigenden Umfang nicht zu rechnen sei.

Am 1. September 2017 beantragte der Kläger infolge des Arbeitsunfalls vom 5. Oktober 2016 einen „Dauerschaden mit einer körperlichen Beeinträchtigung von über 20 % Behinderungsgrad“ anzuerkennen und eine entsprechende Verletztenrente zu gewähren. Er könne mit seiner rechten Hand bzw. seinem rechten Unterarm nur noch eingeschränkt arbeiten. Zwischenzeitlich sei er wieder arbeitslos, nachdem er bereits zwei Arbeitsstellen verloren habe, weil er mit der Hand und dem Unterarm so eingeschränkt sei, dass er nicht die volle Arbeitsleistung erbringen könne. In erster Linie sei ihm daran gelegen, dass sein Ellenbogen sowie seine Kraft in der Hand und dem Unterarm wieder optimal hergestellt würden, damit er wieder eine volle Arbeitsleistung erbringen könne.

Nach Gutachterauswahl erhob die Beklagte bei B1, aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers am 25. Oktober 2017 ein Erstes Rentengutachten. Der Kläger habe berichtet von Schmerzen vor allem unter Belastung, nach einstündiger kraftvoller Tätigkeit träten starke Schmerzen auf, nach zwei bis drei Stunden müsse er seine Arbeitstätigkeit für eine halbe Stunde unterbrechen. Der Allgemein- und Ernährungszustand sei gut gewesen, die Narbe radialseitig am rechten Ellengelenk sei leicht druckdolent, insgesamt aber reizlos und verschieblich gewesen. Die umgebende und auch die periphere Sensibilität sei intakt gewesen, motorische Einschränkungen hätten nicht bestanden, die Handgelenkspulse seien kräftig tastbar und die Beschwielung beider Hände sei seitengleich bei Rechtshändigkeit gewesen. Bei Druck auf das Radiusköpfchen und gleichzeitiger Drehbewegung sei kein Reiben oder Schnappen tastbar gewesen, ebenso kein Gelenkerguss bei stabiler Bandführung. Im rechten Ellengelenk habe eine endgradige Bewegungseinschränkung für die Beugung um 10° und für die Unterarmdrehung für Pro- und Supination ebenfalls jeweils um 10° im Seitenvergleich bei freier Streckung vorgelegen. Das Feingefühl in beiden Händen sei erhalten und uneingeschränkt bei seitengleicher Durchführbarkeit sämtlicher Handfunktionen gewesen. Bei der kraftvollen Beugung im Ellengelenk habe sich eine deutliche Kraftminderung rechts (ca. 60 % der Gegenseite) und eine merkliche Schmerzzunahme bei kraftvoller Streckung ergeben. Die Röntgenaufnahmen beider Ellengelenke in je zwei Ebenen hätten die Radiusköpfchenfraktur ohne relevante Gelenkstufe und regelrechte Konturen in beiden Ebenen mit drei Schräubchen versorgt in guter Stellung knöchern durchbaut gezeigt. Hinweise auf eine posttraumatische Arthrose oder einen Schraubenüberstand über Knorpelniveau hätten nicht bestanden; allenfalls sei der Schraubenüberstand leicht radialseitig über dem Knochenniveau gewesen. Klagen und Befund stünden in Übereinstimmung.

Als wesentliche Unfallfolgen mit ihren funktionellen Einschränkungen hätten eine deutliche Kraftminderung im rechten Ellengelenk, eine endgradige Bewegungseinschränkung für Beugung und Unterarmdrehung in beiden Richtungen, eine noch leicht druckempfindliche Narbe am radialen rechten Ellengelenk und eine deutlich eingeschränkte Belastbarkeit des rechten Ellengelenks vorgelegen. Vom 23. Januar 2017 bis zum 5. April 2018 betrage die MdE 20 vom Hundert (v. H.) und danach 10 v. H.. Der Fall eigne sich für eine Gesamtvergütung. Eine posttraumatische Arthrose sei nicht zu erwarten.

Der S1 schloss sich den Ausführungen der Beklagten an, wonach aufgrund der von B1 festgestellten Funktionsminderungen nach dem 25. Oktober 2017 spätestens ab diesem Zeitpunkt keine MdE in einem rentenberechtigendem Grad mehr vorgelegen habe.  

Mit Bescheid vom 17. Mai 2018 gewährte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 23. Januar bis zum 24. Oktober 2017 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H.. Einen darüber hinausgehenden Rentenanspruch lehnte die Beklagte ab, da nach diesem Zeitpunkt der Kläger aufgrund ärztlicher Feststellungen wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls nicht mehr in einem rentenberechtigendem Grad in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert gewesen sei. Die Voraussetzungen für die Zahlung einer Rente seien deshalb entfallen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Arbeitsunfall habe zu einer endgradigen Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogen sowie bei der Unterarmdrehung rechts und einer deutlichen Kraftminderung im rechten Ellenbogen nach in achsgerechter Stellung knöchern fest verheiltem Speichenköpfchenmehrfachbruch rechts mit zweitgradig geschlossenem Weichteilschaden geführt. Bei der Bewertung der MdE seien diese Unfallfolgen berücksichtigt worden. Grundlage der Entscheidung sei das Gutachten des B1 sowie dessen Auswertung durch die Verwaltung gewesen.    

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch begehrte der Kläger die Bewilligung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. über den 24. Oktober 2017 hinaus. Auch weiterhin liege eine endgradige Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogen und bei der Unterarmdrehung vor. Besonders beeinträchtigend sei für ihn die deutliche Kraftminderung im rechten Ellenbogen, wodurch er nicht nur im täglichen Leben, sondern insbesondere auch bei der Arbeit erheblich eingeschränkt und benachteiligt sei. Er sei Rechtshänder und könne deshalb wegen der deutlichen Kraftminderung im rechten Ellenbogen bis vor zur rechten Hand nur noch eingeschränkt arbeiten. B1 habe die Kraftminderung mit circa 60 % bewertet und eine deutliche Schmerzzunahme bei kraftvoller Streckung beschrieben. Er habe vermutet, dass die MdE 20 v. H. bis zum 5. April 2018 betrage. Diese Vermutung habe sich nicht bestätigt, die deutliche Kraftminderung bestehe auch weiterhin; die Situation habe sich nicht verbessert.    

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Überprüfung des Sachverhaltes im Rahmen des Widerspruchsverfahrens habe keine Hinweise auf die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben. Es sei zutreffend, dass B1 über den 24. Oktober 2017 hinaus eine MdE von 20 v. H. geschätzt habe; seine Beurteilung habe allerdings insoweit nicht überzeugen können. Die verwaltungsinterne Auswertung der Befunde vom 25. Oktober 2017 habe ergeben, dass die Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. Oktober 2016 keine MdE in einem rentenberechtigendem Grad mehr bedingten. Eine MdE von 20 v. H. könne nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur z. B. bei einer bis auf 30° eingeschränkten Streckung und einer bis auf 90° eingeschränkten Beugung im Ellenbogen oder bei einem in Einwärtsdrehung versteiften Unterarm angenommen werden. Ein ähnlich schwerwiegender Befund liege beim Kläger nachweislich nicht vor. Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung erfolge keine Unterscheidung zwischen Gebrauchs- und Hilfshand, auch Einschränkungen bei der konkret ausgeübten Tätigkeit fänden aus rechtlichen Gründen keine Berücksichtigung.

Am 7. November 2018 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben, mit der er die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. über den 24. Oktober 2017 hinaus weiterverfolgt hat.

Das SG hat bei H ein orthopädisches Gutachten von Amts wegen erhoben. Dieser ist aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers am 12. Februar 2019 zu dem Ergebnis gekommen, dass als Unfallfolgen eine schmerzhafte Funktionsstörung der rechten oberen Gliedmaße nach operativer Behandlung eines Speichenköpfchen-Trümmerbruchs vorgelegen hätten. Die MdE betrage 20 v. H.. In der unfallversicherungsrechtlichen Literatur richte sich die Höhe der MdE praktisch ausschließlich nach der Bewegungseinschränkung. Vorliegen sei das betroffene Gelenk fast gar nicht bewegungseingeschränkt, so dass die MdE demnach bei 0 v. H. läge. Anderseits habe der Kläger Beschwerden und Funktionseinschränkungen angegeben, die als Unfallfolgen zu berücksichtigen seien. Der Unfall habe zu einem Strukturschaden im Ellenbogen geführt, der nicht folgenlos ausheilen könne. Die Kernspintomographie habe eine Verdickung der Gelenkkapsel gezeigt, bei der körperlichen Untersuchung sei ein unnatürliches Click-Phänomen aufgetreten. Unter Berücksichtigung dieser Funktionsstörungen komme es im Erwerbsleben zu deutlichen Beeinträchtigungen der biomechanischen Belastbarkeit der betroffenen Gliedmaße. Grobmechanisch besonders anspruchsvolle Arbeiten seien aus medizinischer Sicht ungünstig, da sie gegebenenfalls den bestehenden Körperschaden richtungsweisend verschlimmern könnten. Wenn der Kläger solche Arbeiten derzeit trotzdem ausführe, gehe dies zu Lasten seiner Gesundheit. B1 habe die unfallbedingte MdE bis zum 5. April 2018 auf 20 v. H. geschätzt und bezogen auf die künftige Entwicklung eine Funktionsverbesserung der verletzten Gliedmaße mit der Folge, dass die MdE auf 10 v. H. absinke, prognostiziert. Die von B1 erhoffte Besserung sei hingegen nicht eingetreten.

Der Kläger habe berichtet, bei seiner jetzigen Tätigkeit in einem Betrieb, der sich auf die Entsorgung von Asbest-Bausteinen auch Nachtspeicherheizgeräten spezialisiert habe, würden die Nachtspeicherheizgeräte zum Betriebssitz gebracht und dort die Steine von Hand aus den Geräten herausgenommen. Sie hätten ein Gewicht zwischen fünf und zehn Kilogramm. Dann würden die Steine von der metallenen Außenhülle mit Hammer und Meißel oder einem Akku-Schraubenzieher gelöst und entsorgt. Das Ausüben der jetzigen Tätigkeit sei für ihn schwierig; er habe aber keine andere Wahl, da er es sich finanziell nicht leisten können, nicht zu arbeiten. Häufig habe er Probleme mit der rechten oberen Gliedmaße, viele Arbeiten müsste er deshalb mit der linken Hand durchführen. Er hoffe, in absehbarer Zeit eine leidensgerechte Tätigkeit zu finden. Seit dem Arbeitsunfall bestehe ein Ruheschmerz, der vom rechten Unterarm beugeseitig bis in den rechten Oberarm ziehe. Unter mechanischer Belastung verstärke sich dieser Ruheschmerz vorübergehend; Ibuprofen 600 mg, in der Regel zwischen null und drei Tabletten täglich, führe vorübergehend zu einer spürbaren Schmerzlinderung. Im Großen und Ganzen habe er ein gutes Gefühl in der rechten Hand, bei Überlastung und infolge dessen einer Zunahme der Schmerzen träten Sensibilitätsstörungen in den Fingerspitzen auf. Die grobe Kraft der rechten oberen Gliedmaße sei seit dem Unfall deutlich eingeschränkt, nicht hingegen die Beweglichkeit des rechten Ellenbogens. Der Griff nach hinten sei auf der rechten Seite schwierig, es bestünden deshalb immer wieder Probleme beim An- und Auskleiden. Seit dem Unfall verzichte er auf das Radfahren, er entwickle hierbei rasch zunehmende Schmerzen, habe Angst vor weiteren Unfällen und der Griff der rechten Hand fühle sich nicht mehr sicher an. Autofahren sei wieder über mehrere Stunden möglich, seit dem Arbeitsunfall müsse er jedoch den Sicherheitsgurt mit der linken Hand in das Schloss stecken und verschließen, beim Lenken träten keine Probleme auf. Kurzfristig könne er eine Sechserpackung mit 1,5-Liter-PET-Flaschen tragen, sie aber nicht auf Bauch- oder gar Brusthöhe anheben; nach solchen Belastungen träten vermehrte Schmerzen auf. Auch leichtere Lasten könne er nur sehr eingeschränkt mit der rechten Hand bewegen, z. B. habe er große Schwierigkeiten bei der Arbeit den Akku-Schrauber (Gewicht etwa 1,5 kg) mit der rechten Hand zu bedienen, er benutze hierfür fast ausschließlich die linke Hand.

Als Befund habe sich eine beidseits eingeschränkte Schultergelenksbeweglichkeit (Beugung/Streckung beidseits 170-0-40°, Abspreizen/Heranführen beidseits 170-0-40°, ausw./einw. Drehen [Oberarm anliegend] beidseits 40-0-70°) ohne Reibegeräusche bei der Beweglichkeitsprüfung ergeben. Endgradige Bewegungen in der rechten Schulter hätten teilweise zu Schmerzen im rechten Ellenbogen in Abhängigkeit von der Rotation des Unterarms geführt. Die Ellenbogengelenkskonturen seien im Seitenvergleich unauffällig gewesen, rechts habe ein Druckschmerz über dem äußeren Oberarmknochen und in der regionalen Unterarm-Streckmuskulatur bestanden, auch die etwa 5 cm lange, etwas klaffende Narbe sei druckempfindlich gewesen. Die Gelenkkapsel um das Radiusköpfchen herum habe rechts im Vergleich zu links etwas verdickt gewirkt, ein auffälliger Gelenkerguss habe beidseits nicht vorgelegen. Die Beweglichkeit der Ellenbogen habe bei Beugung/Streckung rechts 140-0-0°, links 155-0-0° und ausw./einw. Drehen beidseits 80-0-70° betragen. Endgradige Bewegungen rechts seien als schmerzhaft geschildert worden, bei Unterarm-Drehbewegungen rechts sei ein leichtes Click-Phänomen reproduzierbar gewesen, das links nicht aufgetreten sei. Beide Hände hätten eine seitengleiche Handbeschwielung gezeigt, eine massive einseitige Muskelverminderung habe bei Betrachtung der oberen Gliedmaßen nicht vorgelegen, die Muskulatur des Schultergürtels und beider Oberarme sei ebenfalls seitengleich entwickelt gewesen. Die Unterarmmuskulatur sei rechts gegenüber links fraglich verschmächtigt gewesen. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass der Kläger nach seinen Angaben Rechtshänder sei und bei einem körperlich mittelschwer bis schwer arbeitenden Mann zu erwarten wäre, dass die dominante Seite etwas kräftiger entwickelt sei als die nicht-dominate. Wenn also auf beiden Seiten die Umfangsmaße in etwa gleich seien, könne dies eine Verschmächtigung der dominanten Seite signalisieren. Bei der Sensibilitätsprüfung habe der Kläger eine leichte Gefühlsminderung in der unteren Hälfte des rechten Oberarms und im gesamten rechten Unterarm sowie der rechten Hand angegeben, offenkundige Paresen hätten nicht bestanden. Komplexbewegungen, wie z. B. der Nacken- oder Schürzengriff, seien beidseits möglich gewesen, rechts nicht ganz so vollständig wie links. Faust-, Spitz- und Schlüsselgriff hätten mit beiden Händen ausgeführt werden können, links kräftiger als rechts. Bei einer Kernspintomographie des rechten Ellenbogens hätte sich eine deutliche angrenzende Gelenkkapsel-Verdickung, am ehesten narbig, gezeigt. Der Faustschluss sei beidseits kräftig mit leichter Linksbetonung gewesen. Der Kläger sei nach eigenen Angaben Rechtshänder, die Fingergelenkskonturen seien im Seitenvergleich unauffällig ohne Bewegungseinschränkungen gewesen.

Die Beklagte hat sich dem Sachverständigengutachten des H nicht angeschlossen und sich insoweit auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen, Unfallchirurgen, Orthopäden H1 gestützt. Dieser hat ausgeführt, dass bei der gutachterlichen Untersuchung durch H die Beweglichkeit des rechten Ellenbogens nicht wesentlich eingeschränkt gewesen sei. Der Faustschluss sei beidseits kräftig mit Linksbetonung gewesen, die vergleichende Umfangsmessung der oberen Extremitäten habe seitengleiche Umfangsmaße ergeben. Die Einschätzung der MdE mit 20 v. H. habe H mit der verminderten biomechanischen Belastbarkeit der betroffenen Gliedmaße begründet. Dieser Einschätzung sei nicht zu folgen, da eine knöchern, in guter Stellung ausgeheilte Radiusköpfchenfraktur rechts vorliege. Zeichen für eine posttraumatische Arthrose hätten sich weder in der von B1 veranlassten Röntgenaufnahme noch in dem von H eingeholten MRT ergeben. Es bestehe lediglich eine diskrete endgradige Bewegungseinschränkung bei der Beugung des rechten Ellenbogens. Die im MRT ersichtliche narbige Kapselverdickung radialseitig sei ein normaler postoperativer Befund und führe zu keiner Einschränkung der Pro-/Supination. Selbst wenn man die Kraftminderung in die Beurteilung mit einbeziehe, sei die MdE mit 10 v. H. ab dem 25. Oktober 2017 ausreichend bewertet.

Im Weiteren hat die Beklagte den Durchgangsarztbericht der L über die Vorstellung des Klägers am 7. Oktober 2020 vorgelegt. Aus diesem hat sich als Diagnose Restbeschwerden nach Radiusköpfchenfraktur rechts ergeben. Der Kläger habe unter Belastung Schmerzen im Bereich des rechten Ellenbogens, die über dem Radiusköpfchen mit Ausstrahlung nach distal bestünden, angegeben. Auch nur dann träten Kribbelparästhesien im Bereich der rechten Hand auf. Die Beweglichkeit sei indessen frei gewesen.

Das SG hat die Beklagte durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. Oktober 2020 unter Abänderung des Bescheides vom 17. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2018 verurteilt, dem Kläger über den 24. Oktober 2017 hinaus bis zum 5. April 2018 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren, und im Übrigen die Klage abgewiesen. In Bezug auf die Unfallfolgen sei der Bescheid vom 17. Mai 2018 nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Höhe der MdE hat sich das SG dem Sachverständigengutachten des B1 angeschlossen. Nach dem 5. April 2018 betrage die MdE jedoch weniger als 20 v. H.. Ausgangspunkt sei die leichte Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogens, die für sich genommen keine MdE von wenigstens 10 v. H. rechtfertige. Zum Zeitpunkt der Begutachtung durch H seien auch Komplexbewegungen, wie z. B. der Nacken- oder Schürzengriff, beidseits möglich gewesen, rechts nicht ganz so vollständig wie links. Faust-, Spitz- und Schlüsselgriff seien beidseits ebenso durchführbar gewesen, links kräftiger als rechts. Die Kraftminderung werde von H zwar noch erwähnt, aber nicht mehr qualifiziert. Auch die Umfangsmessung der Unterarmmuskulatur habe bei der Untersuchung durch H keinen eindeutigen Unterschied mehr ergeben.   

Am 14. Dezember 2020 hat der Kläger gegen das ihm am 13. November 2020 zugestellte Urteil des SG Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.

Der Kläger stützt sich zur Berufungsbegründung auf das Sachverständigengutachten des H. Das SG habe zwar festgestellt, dass die Kraftminderung und die damit einhergehende Belastungseinschränkung eine MdE von 20 v. H. rechtfertigten, habe die MdE in dieser Höhe aber nicht nachvollziehbar auf den Zeitraum bis zum 5. April 2018 beschränkt. Auch weiterhin leide er an erheblichen Beschwerden als Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. Oktober 2016. Aufgrund der Corona-Pandemie hätten weitere Untersuchung des rechten Ellenbogens bislang nicht stattfinden können.

Der Kläger beantragt – sinngemäß –,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15. Oktober 2020 abzuändern und die Beklagte unter weiterer Abänderung des Bescheides vom 17. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2018 zu verurteilen, ihm über den 5. April 2018 hinaus eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vom Hundert zu gewähren.  

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Entgegen den Ausführungen des Klägers sei das SG nach kritischer Auseinandersetzung mit den Sachverständigengutachten des B1 und des H zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass dem Sachverständigengutachten des B1 zu folgen sei. Auch habe es die Gründe dargelegt, wegen denen nach dem 5. April 2018 keine rentenberechtigende MdE mehr bestehe. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die gutachterlichen Ausführungen des H zur MdE-Einschätzung auch Zweifel insoweit aufkommen ließen, ob er sich dabei vom allgemeinen Arbeitsmarkt oder eher von der konkreten beruflichen Tätigkeit des Klägers habe leiten lassen. Dies gelte auch für den gutachterlichen Hinweis auf künftige Folgen für die Gesundheit des Klägers (gemeint sein könnte damit etwa eine Arthroseentwicklung). Dieser Aspekt sei für die MdE-Einschätzung grundsätzlich erst relevant, wenn tatsächlich weitere Unfallfolgen eingetreten seien.

Sollte die Tätigkeit des Klägers nicht mehr leidensgerecht sein, wäre dies ein Thema für die berufliche Rehabilitation, nicht aber für eine höhere Berentung. Zuletzt ergebe sich aus dem Durchgangsarztbericht des G über die Vorstellung des Klägers am 8. Februar 2021, dass die MdE sicher unter 20 v. H. liege.

Aus dem von der Beklagten vorgelegten Durchgangsarztbericht des G hat sich die Diagnose Zustand nach Radiusköpfchenfraktur rechts ergeben. Die Kläger habe über weiterhin bestehende Schmerzen geklagt. Die Beweglichkeit im Ellenbogengelenk sei praktisch frei gewesen, die MdE betrage deshalb sicher unter 20 v. H.. 

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft (§§ 143144 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht am 14. Dezember 2020 erhoben, da der Tag des Ablaufs der Berufungsfrist, der 13. Dezember 2020, ein Sonntag gewesen ist (§ 64 Abs. 3 SGG). Die Berufung ist aber unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 15. Oktober 2020, mit dem das SG der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2018 (§ 95 SGG) auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. über den 24. Oktober 2017 hinaus nur insoweit entsprochen hat, als es die Beklagte zur Gewährung einer Verletztenrente in dieser Höhe bis zum 5. April 2018 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen hat. Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, ob das SG die Beklagte zu Recht zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. für den Zeitraum vom 25. Oktober 2017 bis zum 5. April 2018 verurteilt hat. Denn die Beklagte hat selbst weder Berufung noch Anschlussberufung erhoben. Hinsichtlich der Verletztenrentengewährung vom 25. Oktober 2017 bis zum 5. April 2018 ist das Urteil des SG vom 15. Oktober 2020 demnach rechtskräftig geworden (§ 141 Abs. 1 SGG). 

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der vorliegenden kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 R –, BSGE 104, 116 [124]; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rz. 34), ohne eine solche derjenige der Entscheidung.

Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus Unbegründetheit der Klage in ihrem noch im Berufungsverfahren streitgegenständlichen Umfang. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund des Arbeitsunfalls vom 5. Oktober 2016 nach einer MdE von 20 v. H. über den 5. April 2018 hinaus. Der Bescheid vom 17. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2018 ist insoweit rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das SG hat demnach die weitergehende Klage zu Recht abgewiesen.

Der Senat konnte sich nach Auswertung der im erstinstanzlichen Verfahren und im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten, der beratungsärztlichen Stellungnahmen und weiteren ärztlichen Berichten – wie auch das SG – nicht davon überzeugen, dass anhaltende Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. Oktober 2016 bestehen, wegen denen dem Kläger über den 5. April 2018 hinaus ein Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zusteht. Nicht zu entscheiden hatte der Senat, da nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens (vgl. oben), ob der Kläger im Zeitraum vom 23. Januar 2017 bis zum 5. April 2018 einen Anspruch auf Verletztenrente in der vorgenannten Höhe hat.    

Die Gewährung einer Verletztenrente richtet sich nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (§§ 8, 9 SGB VII) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 123). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die diese nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R –, SozR 4-2700 § 200 Nr. 3, Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R –, BSGE 93, 63 [65]).

Für die Einschätzung der MdE ist maßgeblich, dass der jeweilige Versicherungsfall eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden Gesundheitsfolgeschaden.

Die unfallversicherungsrechtliche Zurechnung setzt erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen des Versicherten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele („conditio sine qua non“). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der „Conditio-Formel“ eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in einer besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.

Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht („ex post“) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 61 ff.).

Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln von Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Als objektives Handeln der Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne von § 11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie auch zur MdE reichen, derentwegen das SGB VII mit der Rente ein Leistungsrecht vorsieht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 31).

Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Erstschaden festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper von Versicherten war (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 32).

Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 33).

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl. BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R –, SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien zu bejahen sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 37).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die solche Gesundheitsschäden erfüllen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Einwirkung und einem Gesundheitserstschaden sowie zwischen einem Gesundheitserst- und einem Gesundheitsfolgeschaden der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 – B 2 U 9/07 R –, juris, Rz. 16 und vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 43, Rz. 17).

Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen (z. B. ICD-10, DSM-IV) konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R –, BSGE 96, 196 [203] und vom 15. Mai 2012        –  B 2 U 31/11 R –, juris, Rz. 18; Urteile des Senats vom 26. November 2015 – L 6 U 50/15 –, juris, Rz. 48 m. w. N. und vom 17. März 2016 – L 6 U 4796/13 –, juris, Rz. 37), wobei von einem normativ-funktionalen Krankheitsbegriff auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2017          – B 2 U 17/15 R –, juris, Rz. 22 m. w. N.), die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R –, SozR 4-2700 § 200 Nr. 3, Rz. 17 m. w. N.).

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger zur Überzeugung des Senats beim Arbeitsunfall vom 5. Oktober 2012, bei dem er während der Ausübung seiner bei der Beklagten versicherten Beschäftigung als Maler und Stuckateur (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) rückwärts von einer Leiter (drei Sprossen) gestürzt und mit dem rechten Ellenbogen auf den Betonboden gefallen ist, keine Unfallfolgen erlitten, die zu einem Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. über den 5. April 2018 hinaus führen.

Durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 17. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2018 hat die Beklagte – entgegen den Ausführungen des SG – nicht bindend (§ 77 SGG) Unfallfolgen festgestellt. Ausführungen zu den infolge des Arbeitsunfalls vom 5. Oktober 2016 beim Kläger auch weiterhin bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen finden sich im Bescheid vom 17. Mai 2018 lediglich – erkennbar abgesetzt – unter der Überschrift „Unsere Entscheidung begründen wir wie folgt:“. Bei der Bewertung der MdE hat die Beklagte demnach eine endgradige Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogen sowie bei der Unterarmdrehung rechts und eine deutliche Kraftminderung im rechten Ellenbogen nach in achsgerechter Stellung knöchern fest verheiltem Speichenköpfchenmehrfachbruch rechts mit zweitgradig geschlossenem Weichteilschaden berücksichtigt. Auch der Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2018 weist im Tenor lediglich den Widerspruch des Klägers zurück und trifft keine Feststellung zu den Unfallfolgen.

Der Senat geht dennoch bei der Bemessung der MdE von diesen in der Begründung des Bescheides vom 17. Mai 2018 aufgeführten Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. Oktober 2016 beim Kläger aus. Aus dem urkundsbeweislich verwerteten (§ 118 Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 415 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]) im Verwaltungsverfahren von B1 erstellten Sachverständigengutachten und aus dem im erstinstanzlichen Verfahren bei H erhobenen Sachverständigengutachten ergeben sich keine weitergehenden durch den Arbeitsunfall vom 5. Oktober 2016 rechtlich wesentlich verursachten Funktionsstörungen, die für die Bewertung der MdE relevant sind. B1 hat als wesentliche Unfallfolgen eine deutliche Kraftminderung im rechten Ellengelenk, eine endgradige Bewegungseinschränkung für Beugung und Unterarmdrehung in beiden Richtungen, eine noch leicht druckempfindliche Narbe am radialen rechten Ellengelenk und eine deutlich eingeschränkte Belastbarkeit des rechten Ellengelenks beschrieben. Aus dem Sachverständigengutachten des H ergibt sich als Unfallfolge eine schmerzhafte Funktionsstörung der rechten oberen Gliedmaße nach operativer Behandlung eines Speichenköpfchen-Trümmerbruchs.

Die funktionelle Wertigkeit des Ellenbogens schlägt sich nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 567) in den MdE-Sätzen bei der Bewegungseinschränkung nieder. Bei einer Bewegungseinschränkung auf 90° Beugung kann das Gesicht mit der Hand nur bei normaler Beweglichkeit im Handgelenk und in der Halswirbelsäule erreicht werden, bei einer Beugestellung über 90° ist das Tragen von Lasten verwehrt. Das normale Bewegungsmaß des Ellenbogens beträgt für die Beugung 145°, für die Streckung 0° und für die Einwärts- (Pronation) sowie Auswärtsdrehung (Supination) 80 bis 85°. Für die meisten Tätigkeiten des täglichen Lebens werden lediglich Scharnierbewegungen im Ellenbogen zwischen 30 und 130° sowie die Pro- und Supinationsbewegung von je 55° benutzt. Streckdefizite behindern daher weniger als Beugedefizite. Eine MdE von 20 v. H. wird erst bei einer Bewegungseinschränkung Streckung/Beugung von 0-30-90° bei freier Unterarmdrehung erreicht.

Gemessen an diesen Vorgaben wird zur Überzeugung des Senats wegen der verbliebenen Unfallfolgen über den 5. April 2018 hinaus keine rentenberechtigende MdE erreicht. Der Senat stützt sich insofern auf die Zwischenberichte des L, das Sachverständigengutachten des B1, die Durchgangsarztberichte der L und des G, die er urkundsbeweislich verwertet, sowie auf die beratungsärztliche Stellungnahme des H1, die er als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen berücksichtigt. Das im erstinstanzlichen Verfahren bei H erhobenen Sachverständigengutachten, wonach die MdE auch über den 5. April 2018 hinaus mit 20 v. H. zu bewerten sein soll, konnte den Senat hingegen nicht überzeugen.

Die Beweglichkeit des rechten Ellenbogens ist nicht in einem MdE-relevanten Maße eingeschränkt. Bei der Nachuntersuchung am 16. Dezember 2016 durch L hat sich lediglich eine noch endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Ellenbogens (Streckung/Beugung 0-0-130°, Pro-/Supination 70-0-90°) ergeben. Bereits bei der weiteren Kontrolle durch L am 3. Januar 2017 war die Beweglichkeit des rechten Ellenbogens frei gewesen und röntgenologisch war die Fraktur in guter Stellung stabil durchbaut. Auch bei der Begutachtung durch B1 am 25. Oktober 2017 hat im rechten Ellenbogen lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung für die Beugung um 10° und für die Unterarmdrehung für Pro- und Supination ebenfalls jeweils um 10° im Seitenvergleich bei freier Streckung vorgelegen. Die Röntgenaufnahmen beider Ellengelenke in je zwei Ebenen haben die Radiusköpfchenfraktur ohne relevante Gelenkstufe und regelrechte Konturen in beiden Ebenen mit drei Schräubchen versorgt in guter Stellung knöchern durchbaut gezeigt. Ein Hinweis auf eine posttraumatische Arthrose oder einen Schraubenüberstand über Knorpelniveau hat nicht bestanden; allenfalls war der Schraubenüberstand leicht radialseitig über dem Knochenniveau gewesen. Damit einhergehend hat H bei seiner ambulanten gutachterlichen Untersuchung am 12. Februar 2019 eine nur endgradig eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Ellenbogens festgestellt (Streckung/Beugung 0-0-140°, Pro-/Supination 70-0-80°) und ausgeführt, dass die MdE ausgehend von der Beweglichkeit 0 v. H. beträgt. Komplexbewegungen, wie z. B. der Nacken- und Schürzengriff, waren möglich, wenn auch rechts nicht ganz so vollständig wie links. Einen auffälligen Gelenkerguss hat H nicht feststellen können. Die von H kernspintomographisch festgestellte angrenzende Gelenkkapsel-Verdickung, am ehesten narbig, ist nach den überzeugenden beratungsärztlichen Ausführungen des H1 ein normaler postoperativer Befund und führt zu keiner Einschränkung der Bewegungsfähigkeit. Ebenso ist diese nicht aufgrund des von H befundeten Click-Phänomens bei Unterarm-Drehbewegungen limitiert. Zuletzt ergibt sich aus den Durchgangsarztberichten des L über die Vorstellung des Klägers am 7. Oktober 2020 und des G über die Vorstellung des Klägers am 8. Februar 2021 eine freie Beweglichkeit des rechten Ellenbogens.

Zur Überzeugung des Senats wird eine rentenberechtigende MdE von 20 v. H. über den 5. April 2018 hinaus auch nicht aufgrund von Schmerzen oder einer Kraftminderung im rechten Arm erreicht. Dem entgegenstehenden Sachverständigengutachten des H, wonach deswegen auch über den 5. April 2018 hinaus die MdE mit 20 v. H. zu bewerten sei, folgt der Senat nicht.

Von den vorgenannten MdE-Bewertungsansätzen, die sich am Grad der Bewegungseinschränkung orientieren, werden die üblicherweise verbundenen Schmerzen und die damit typischerweise einhergehende Kraftminderung umfasst (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2017 – L 8 U 729/16 –, juris, Rz. 55; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 231). Eine objektivierbare Kraftminderung und Schmerzen, die die übliche mit der Bewegungseinschränkung mitbewertete Kraftminderung und die mitbewerteten Schmerzen in einem Maß übersteigen, das zu einer rentenberechtigenden MdE führt, hat der Senat nicht feststellen können.

Gegen einen solchen Ausprägungsgrad der Kraftminderung und der Schmerzen spricht eindrucksvoll, dass sich der Kläger am 13. Januar 2017 nicht zu der bei L vereinbarten Kontrolluntersuchung vorgestellt hat, bei intolerablen Schmerzen hätte bereits früher am 9. Januar 2017 eine Konsultation erfolgen müssen. Demnach hat der Kläger in diesem Zeitraum nicht unter Schmerzen in einem Ausprägungsgrad gelitten, die zu einem Leidensdruck geführt haben, der eine ärztliche Behandlung erforderlich gemacht hat, was gegen eine MdE-erhöhende Wirkung der Schmerzen spricht.

Im Antrag vom 1. September 2017 auf die Gewährung einer Verletztenrente hat der Kläger zwar ausgeführt, er sei zwischenzeitlich wieder arbeitslos, nachdem er zwei Arbeitsstellen verloren habe, weil er aufgrund der Unfallfolgen keine volle Arbeitsleistung erbringen könne. Nach den Angaben gegenüber H im Rahmen dessen gutachterlichen Untersuchung hat der Kläger diese zwei Arbeitsverhältnisse aber tatsächlich selbst wegen Probleme bei der Gehaltszahlung und damit nicht wegen funktionellen Einschränkungen am Ellenbogen beendet.

B1 hat bei seiner gutachterlichen Untersuchung keine motorischen Einschränkungen und eine seitengleiche Beschwielung beider Hände festgestellt, was bereits zu diesem Zeitpunkt gegen einen schmerz- und kraftminderungsbedingten Mindergebrauch der rechten oberen Extremität gesprochen hat. Es hatte sich zwar im Weiteren eine deutliche Kraftminderung rechts (ca. 60 % der Gegenseite) und eine deutliche Schmerzzunahme bei kraftvoller Streckung des rechten Arms gezeigt, jedenfalls über den 5. April 2018 hinaus ergibt sich deswegen zur Überzeugung des Senats jedoch keine abweichende Beurteilung. Denn auch bei der Begutachtung durch H haben beide Hände eine seitengleiche Handbeschwielung gezeigt und eine massive einseitige Muskelverminderung hat an den oberen Gliedmaßen nicht vorgelegen, woraus der Senat auf einen nicht erheblichen und damit nicht MdE-relevanten Mindergebrauch des rechten Arms schließt. H hat zwar darauf hingewiesen, dass der Kläger Rechtshänder sei und bei einem körperlich mittelschwer bis schwer arbeitenden Mann zu erwarten wäre, dass die dominante Seite gegenüber der nicht-dominaten kräftiger entwickelt sei und deshalb seitengleiche Umfangsmaße auf eine Verschmächtigung der dominanten rechten Seite hindeuten könnten. Im Hinblick auf eine schmerz- und kraftminderungsbedingte Minderbelastung in einem Umfang, der zu einer MdE von 20 v. H. führt, muss nach Ansicht des Senats hingegen eine deutliche Umfangsminderung auch unter Berücksichtigung der Rechtshändigkeit des Klägers vorliegen. Darüber hinaus hat – worauf bereits das SG hingewiesen hat – H die bestehende Kraftminderung nicht ansatzweise quantifiziert.

Zudem ist es dem Kläger seit dem Jahr 2017 möglich, eine körperlich mittelschwere bis schwere Tätigkeit auszuüben. Er nimmt mit den Händen Asbest-Bausteine mit einem Gewicht von fünf bis zehn Kilogramm aus Nachtspeicherheizgeräten zu deren Entsorgung heraus und befreit diese mit Hammer und Meisel oder einem Akkuschrauber von deren Metallhülle. Nach den Ausführungen des H ist diese Arbeitstätigkeit zwar nicht leidensgerecht und der Kläger hat gegenüber H ausgeführt, den Akkuschrauber nur mit der linken Hand bedienen zu können, gleichwohl übt der Kläger diese Tätigkeit aber schon eine geraume Zeit aus. Realitätsfern ist, dass der Kläger bei seiner beruflichen Tätigkeit nicht auf den Einsatz seines rechten Arms in einem Umfang angewiesen ist, den eine mit einer MdE von 20 v. H. zu bewertende Funktionsbeeinträchtigung nicht zulässt. Wenn H insoweit grobmechanisch besonders anspruchsvolle Tätigkeiten als aus medizinischer Sicht ungünstig bezeichnet und auf die infolge der Fraktur verminderte biomechanische Belastbarkeit des rechten Ellenbogens hinweist, verkennt er, dass sich die Bewertung der MdE – worauf die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend hingewiesen hat – nach den Erwerbsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und nicht nach einer bestimmten beruflichen Tätigkeit richtet.

Zuletzt ergibt sich eine Höherbewertung der MdE auch nicht unter dem Gesichtspunkt der besonderen beruflichen Betroffenheit (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII). Eine besondere berufliche Betroffenheit kann nur bei Versicherten vorliegen, die einen sehr spezifischen Beruf mit einem relativ engen Bereich ausüben, der außerdem besondere Fähigkeiten voraussetzt, die durch den Unfall oder die Berufskrankheit beeinträchtigt worden sind (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 2016 – L 6 U 34/16 –, juris, Rz. 60 und vom 26. März 2015 – L 6 U 3485/13 –, juris, Rz. 38). Dies ist beim Kläger, der als Maler und Stuckateur beschäftigt war und jetzt eine berufliche Tätigkeit in einem Betrieb ausübt, in dem Asbest-Bausteine entsorgt werden, nicht der Fall.      

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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