Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der ihm vom Beklagten gewährten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II.
Der 1971 geborene Kläger bezieht Leistungen nach dem SGB II seit 2010. Mit Schreiben vom 08.06.2010 forderte der Beklagte den Kläger zur Senkung der Kosten der Unterkunft und Heizung auf.
Am 01.11.2010 zog der Kläger ohne vorherige Rücksprache mit dem Beklagten in die streitgegenständliche Wohnung. Im streitgegenständlichen Zeitraum betrugen die nachgewiesenen tatsächlichen Kosten der Unterkunft 390,00 € Grundmiete und 60 € Nebenkosten plus 39,00 € Heizkosten.
U.a. die Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.12.2015 sind im Verfahren S 9 AS 40/16 streitig.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 04.07.2016 gewährte der Beklagte dem Kläger vorläufig Leistungen für die Zeit vom 01.07.2016 bis 31.12.2016, darunter 39,00 € Kosten der Heizung sowie 373,50 € Kosten der Unterkunft monatlich.
Am 26.07.2016 legte der Kläger Widerspruch ein, den er ohne Begründung ließ.
Mit Bescheid vom 10.07.2017 setzte der Beklagte die Kosten der Unterkunft endgültig fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2017 wies der Beklagte den Widerspruch unter Erläuterung der Leistungselemente zurück, wobei er hinsichtlich der Kosten der Unterkunft auf das „Konzept des „Institut Wohnen und Umwelt GmbH“ (IWU) „Ermittlung von Richtwerten für die Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft für die Stadt A. „Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel 2013 - Methodenbericht““ verwies.
Am 14.09.2017 hat der Kläger durch seine damalige Bevollmächtigte Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben.
Die mündliche Verhandlung am 28.03.2017 hat das Gericht vertagt, um dem Beklagten Gelegenheit zur Beantwortung von Fragen des Gerichts zum „Konzept des „Institut Wohnen und Umwelt GmbH“ (IWU) „Ermittlung von Richtwerten für die Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft für die Stadt A. „Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel 2015 - Methodenbericht““ zu geben.
Der Kläger teilt mit, kein vom Beklagten erstelltes Konzept zu akzeptieren. Im Parallelverfahren S 9 AS 40/16 macht er geltend, chronisch krank zu sein, wobei er auch auf mehrfache Nachfrage keine näheren Informationen gibt, und in der mündlichen Verhandlung am 03.12.2019 bestätigt hat, dass ihm ein Umzug – ggf. mit Helfern – in eine andere Wohnung möglich sei, ihn seines Erachtens die aktuelle Wohnung sogar krankmache.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 04.07.2016 in der Fassung vom 10.07.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2017 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, tatsächliche Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 520,00 € monatlich für die Zeit vom 01.07.2016 bis 31.12.2016 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte weist darauf hin, dass der Kläger seit 2010 wisse, dass seine Kosten der Unterkunft zu hoch seien, und er nun nach einer Übergangszeit nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft erhalte.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand dieser Entscheidung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 04.07.2016, ersetzt durch den Bescheid vom 10.07.2017 (vgl. BSG, 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R, juris) und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung höherer Kosten der Unterkunft.
Dies folgt aus § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Die vom Kläger begehrten 520,00 € Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich sind insofern für die Kammer bereits nicht schlüssig. Die vom Kläger dem Beklagten nachgewiesenen Kosten der Heizung von 39,00 € gewährt dieser. Die nachgewiesenen 450,00 € tatsächliche Kosten der Unterkunft übernimmt der Beklagte, soweit diese angemessen sind. Dabei beruhen die vom Beklagten gewährten Leistungen für Kosten der Unterkunft auf dem „Konzept des „Institut Wohnen und Umwelt GmbH“ (IWU) „Ermittlung von Richtwerten für die Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft für die Stadt A. „Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel 2015 - Methodenbericht““ vom 14.09.2015. Es ist Sache des Grundsicherungsträgers, ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Die Ermittlung geht nicht auf das Sozialgericht über (vgl. BSG, 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R, juris).
(Siehe die folgenden Ausführungen zum vorangegangen Konzept des Beklagten vom 23.07.2013 Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 08.03.2016 – S 1 AS 492/14). Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft wird in einem mehrstufigen Verfahren bestimmt (BSG, 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R; 26.05.2011 – B 14 AS 132/10 R, jeweils juris).
Zunächst ist zu überprüfen, ob die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien als angemessen geltende Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzubringen ist (abstrakte Angemessenheitsprüfung). Übersteigen die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete, ist zu überprüfen, ob eine Wohnung, die den abstrakten Kriterien entspricht, für den Leistungsberechtigten auf dem Mietmarkt tatsächlich verfügbar und konkret anmietbar ist, es ihm also konkret möglich ist, die Kosten für die Unterkunft auf das abstrakt angemessene Maß zu senken (konkrete Angemessenheit). Soweit die Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft übersteigen, sind erstere solange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens für sechs Monate. Die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft ist in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln. Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. Sodann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen. Im nächsten Schritt ist unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraumes zu zahlen ist, um die nach der Produkttheorie angemessene Nettokaltmiete zu ermitteln. Zu der so ermittelten Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen (BSG, 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R –, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Für die Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Wohnungsfläche ist auf die Kriterien abzustellen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgelegt haben. Dies richtet sich im Streitzeitraum nach der Anlage 1 zu Punkt 11.1 des Erlasses zur „Ausstellung von Bescheinigungen über die Wohnberechtigung nach § 5 des Hessischen Wohnungsbindungsgesetzes (HWoBindG) beziehungsweise nach § 17 des Hessischen Wohnraumfördergesetzes (HWoFG) sowie von Berechtigungsbescheinigungen zum Bezug von Wohnungen der Vereinbarten Förderung (§§ 88d und 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes)“ des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 22.7.2014 (StAnz. 32/2014, S. 645ff.). Danach ist eine Wohngröße für eine Person bis 50 Quadratmetern angemessen.
Örtlicher Vergleichsraum im Sinne der Rechtsprechung des BSG ist vorliegend das gesamte Gebiet der Stadt A.. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R –, juris, mit weiteren Nachweisen) muss es sich bei dem Vergleichsraum um einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung handeln, der auf Grund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (vgl. BSG, 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R-, juris). Bei einer Stadt wie A-Stadt ist von einem derartigen homogenen Wohnraum auszugehen. Der öffentliche Nahverkehr ist auf die Erreichbarkeit des Stadtkerns von allen Stadtgebieten und der Stadtteile untereinander mit die Stadt mehrfach kreuzenden Straßenbahn- und Stadtbuslinien sowie weiterem Regionalverkehr (Regiotram und regionale Busverbindungen) ausgerichtet. Eine Beschränkung auf einen einzelnen Stadtteil birgt zudem das Risiko einer Ghettoisierung, was nach Auffassung des 4. Senats des BSG unbedingt zu vermeiden ist. Allen Hilfebedürftigen soll es möglich sein, eine angemessene Wohnung auch außerhalb eines beispielsweise preiswerten Brennpunktgebietes anzumieten. Dazu ist es jedoch erforderlich, das Mietniveau über einen solchen einzelnen Bezirk hinaus in einem größeren Vergleichsraum zu bestimmen (BSG, 4. Senat, 19.2.2009, a.a.O.).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard zugrunde zu legen; die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und darf keinen gehobenen Wohnungsstandard aufweisen, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, u.a. 11.12.2012 – B 4 AS 44/12 R -, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des BSG). Die festgelegte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine angemessene Wohnung anzumieten (BSG, 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R, juris).
Stehen danach die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche Vergleichsraum fest, ist nach der Rechtsprechung des BSG in einem dritten Schritt nach Maßgabe der Produkttheorie zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist (dazu und im Folgenden BSG, 22.09.2009, a.a.O.; Sächsisches LSG, 19.12.2013 - L 7 AS 637/12, juris, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des BSG). Das heißt, Ziel der Ermittlungen des Grundsicherungsträgers ist es, einen Quadratmeterpreis für Wohnungen einfachen Standards zu ermitteln, um diesen nach Maßgabe der Produkttheorie mit der dem Hilfeempfänger zugestandenen Quadratmeterzahl zu multiplizieren und so die angemessene Miete feststellen zu können. Eine pauschale bundeseinheitliche Grenze (Quadratmeterpreis) scheidet hierbei aus, da einerseits auf die konkreten Verhältnisse abzustellen ist, die Kosten für Wohnraum in den einzelnen Vergleichsräumen andererseits sehr unterschiedlich sein können. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Dabei muss der Grundsicherungsträger nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel im Sinne der §§ 558c und 558d BGB abstellen. Entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist. Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn gleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.
Schlüssig ist das Konzept nach vorgenannter Rechtsprechung, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt: Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten Vergleichsraum erfolgen, muss diesen aber in seiner Gesamtheit erfassen (keine Ghettobildung). Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete <Vergleichbarkeit>, Differenzierung nach Wohnungsgröße, Angaben über den Beobachtungszeitraum, Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten, Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze). Bislang hat der Gesetz- und Verordnungsgeber davon abgesehen, der Verwaltung normative Vorgaben darüber zu machen, wie sie die Angemessenheitsgrenze ermittelt. Die Verwaltung ist daher bis auf weiteres nicht auf eine bestimmte Vorgehensweise festgelegt. Sie selbst kann auf Grund ihrer Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten am besten einschätzen, welche Vorgehensweise sich für eine Erhebung der grundsicherungsrechtlich erheblichen Daten am besten eignen könnte. So kann es je nach Lage der Dinge etwa ausreichend sein, die erforderlichen Daten bei den örtlichen Wohnungsbaugenossenschaften zu erheben, wenn die für Hilfeempfänger in Betracht kommenden Wohnungen zum größten Teil im Eigentum dieser Genossenschaften steht. Hingegen sind derartige Auskünfte allein nicht ausreichend, wenn die Genossenschaften über keinen ins Gewicht fallenden Anteil am Wohnungsbestand des Vergleichsraumes verfügen und eine Mietpreisabfrage keine valide Datengrundlage für die Angemessenheitsgrenze ergeben kann. Ein schlüssiges Konzept kann sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Legt der Grundsicherungsträger seiner Datenerhebung nur die Wohnungen so genannten einfachen Standards zu Grunde, muss er nachvollziehbar offenlegen, nach welchen Gesichtspunkten er dabei die Auswahl getroffen hat. In diesem Fall ist als Angemessenheitsgrenze der Spannoberwert, das heißt der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne zu Grunde zu legen. Für die Datenerhebung kommen nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht, sondern auch von bereits vermieteten. Im Gegensatz zur Erstellung von Mietspiegeln oder Mietdatenbanken, deren wesentliches Anliegen das dauerhafte Funktionieren des Marktes frei finanzierter Mietwohnungen ist (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 3), ist im Rahmen der Unterkunftskosten grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird; so etwa auch Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist. Nicht zu berücksichtigen ist hingegen Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann; so etwa Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnisse (z.B. Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten). Auszunehmen ist auch Wohnraum, der in der Regel nicht länger als ein halbes Jahr und damit nur vorübergehend vermietet werden soll (z.B. Ferienwohnungen oder Wohnungen für Montagearbeiter). Die erhobenen Daten müssen vergleichbar sein, das heißt, ihnen muss derselbe Mietbegriff zu Grunde liegen. Typischerweise ist dies entweder die Netto- oder die Bruttokaltmiete. Wird die Nettokaltmiete als Grundlage gewählt, sind die kalten Nebenkosten (Betriebskosten) von der Bruttokaltmiete abzuziehen. Ist die Bruttokaltmiete Vergleichsbasis, müssen auch Daten zu den vom Mieter gesondert zu zahlenden Betriebskosten erhoben werden. Wird Wohnraum etwa (teil-)möbliert vermietet und lässt sich das für die Nutzung der Möbel zu entrichtende Entgelt bestimmen, ist dieser Betrag, ansonsten ein nach dem räumlichen Vergleichsmaßstab hierfür üblicherweise zu zahlender Betrag herauszurechnen. Entschließt sich der Grundsicherungsträger zur Erstellung eines grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, wird dies aus finanziellen Gründen regelmäßig nur auf der Basis einer Stichprobe erfolgen können. Hier bietet es sich an, sich hinsichtlich Stichprobenumfang und Auswertung etc. an den für Mietspiegel geltenden Standard anzulehnen. Die Stichprobe kann, muss aber nicht proportional vorgenommen werden. Proportional bedeutet in diesem Zusammenhang, dass in einer solchen Stichprobe alle wesentlichen Teilmengen der Grundgesamtheit in ähnlichen Proportionen auch enthalten sind (zu allem BSG 4. Senat und Sächsisches LSG, jeweils a.a.O.).
Diesen Maßstäben genügt das vom Beklagte zum 01.09.2015 umgesetzte Konzept des „Institut Wohnen und Umwelt GmbH“ (IWU) „Ermittlung von Richtwerten für die Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft für die Stadt A. „Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel 2015 – Methodenbericht““ vom 14.09.2015.
Es legt zutreffend die berücksichtigungsfähigen Wohnflächen und den örtlichen Vergleichsraum (siehe oben) zu Grunde und lag schon im Zeitpunkt der (letzten) Verwaltungsentscheidung vor. Das Gutachten geht auch nach Auffassung der Kammer von dem nicht zu beanstandenden Konzept aus, nachfrageseitige Bestandsdaten und Angebotsmieten des Gesamtmarktes zu kombinieren und so die Verfügbarkeit von Wohnungen bzw. die Häufigkeit von Angeboten und Nachfragen pro Monat bereits auf der abstrakten Ebene einzubeziehen. Nicht zu beanstanden ist ebenso, dass die nach Maßstäben der Verfügbarkeit ermittelte Angemessenheitsgrenze dann so hoch festgelegt wird, dass in jedem Wohnungsmarktsegment der nachfragerelevante Teil der unangemessen Wohnenden innerhalb eines Monats eine billigere Wohnung findet, d.h. die Zahl der über dem Limit liegenden Haushalte genauso hoch ist wie die Zahl der unter den Angemessenheitsgrenzen liegenden Wohnungsangebote. Damit beabsichtigt das Gutachten zu gewährleisten, dass für jeden unangemessen wohnenden Leistungsempfänger ein angemessenes Wohnungsangebot besteht (Seite 10 des Gutachtens).
Die Einbeziehung der nach Wohnungsgrößen differenzierten abstrakten Verfügbarkeit von Wohnungen bereits bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze gewährleistet zudem, dass nach der Struktur des örtlichen Wohnungsbestandes alle Leistungsberechtigten am Ort tatsächlich die Möglichkeit haben, mit den als angemessen bestimmten Beträgen eine bedarfsgerechte, menschenwürdige Unterkunft anmieten zu können. Da sowohl Angebot als auch die Nachfrage hinsichtlich kleinerer und größerer Wohnungen erheblich differieren können, ist es auch aus diesem Grund sinnvoll, die Nachfrageseite bei der Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises für alle Wohnungsgrößen differenziert zu berücksichtigen. Das Modell des IWU bietet damit durch die Einbeziehung der abstrakten Verfügbarkeit von Wohnungen bereits bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze den Vorteil, dass es die Angemessenheitsgrenze nach Wohnungsgrößen differenziert empirisch ableitet und nicht lediglich normativ setzt (Sächsisches LSG, a.a.O., zum Konzept der IWU für J-Stadt).
Das Gutachten differenziert bei der Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach Standard der Wohnungen und nach Wohnungsgröße. Es wird im Ergebnis auf die Bruttokaltmiete abgestellt, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Es schließt unzumutbare Wohnungen aus, indem es pauschal ca. 1,01 % des Mietwohnungsbestandes dem Substandard (keine Heizung oder keine Dusche / Badewanne oder keine Toilette in der Wohnung) zuordnet. Diese Zahlen beruhen - nach der vom Beklagten am 29.05.2019 vorgetragenen, für die Kammer nachvollziehbaren - Revision des Zensus 2011. Gegen den Schluss, Wohnungen des Substandards seien besonders billig, ist nichts zu erinnern. Sachgerecht ist es daher, in jeder Eignungsklasse die billigsten 1,01% der Angebote bei der Verfügbarkeit in jeder Eignungsklasse unberücksichtigt zu lassen. Im Gutachten wird nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen, sondern insbesondere auch auf vermietete Wohnungen abgestellt. So ist eine Auswertung der Bestandsdaten der Leistungsempfänger nach dem SGB II und XII erfolgt. Für den Zeitraum 1.9.2014 bis 28.2.2015 hat der Beklagte 5.915 Mietbescheinigungen von Leistungsbeziehern nach dem SGB II und SGB XII zur Verfügung gestellt, welche auch die Betriebskosten erfassen, wovon das Gutachten 5.615 Datensätze lediglich der Ein- bis Fünfpersonenhaushalte berücksichtigt. Um Konkurrenz anderer Nachfrager im niedrigpreisigen Segment ausreichend zu berücksichtigen, wertet das Gutachten die Mikrozensusbefragung Zusatzerhebung Wohnen 2010 aus. Anerkannte sog. Überschreiter, also die Gruppe derjenigen, die möglicherweise zu teuer wohnt, lässt sich bereits deshalb nicht genau quantifizieren, weil die Angemessenheitsgrenze im Gutachten erst ermittelt werden muss. Sie maßvoll mit dem Faktor 0,817 im Bereich des SGB XII und mit 0,830 im Bereich des SGB II zu gewichten, d.h. als Multiplikator oberhalb der neuen Angemessenheitsgrenze zu verwenden, ist - angesichts vom Beklagten angestellter Erhebungen - sachgerecht. Im Übrigen werden sie auf Nachfrageseite ohnedies kaum relevant. Was die Berücksichtigung von Bedarfsgemeinschaften betrifft, die nach Feststellung einer Höchstgrenze unangemessen wohnen und demzufolge umziehen müssen, lediglich zu 1/12 auf der Nachfrageseite zu berücksichtigen, wenn sie als sogen. Altfälle über 6 Monate im Bezug waren, die übrigen Fälle mit 1/6, ist nicht zu beanstanden. Der Faktor 1/6 berücksichtigt, dass die unangemessen wohnenden Leistungsempfänger nicht sofort im Monat nach Erhalt der Kostensenkungsaufforderung umziehen müssen, sondern für jede umzugswillige Bedarfsgemeinschaft innerhalb von sechs Monaten eine anmietbare Wohnung zur Verfügung steht. Pro Monat werden damit rechnerisch also alle Neuzugänge eines Monats versorgt. Bedarfsgemeinschaften, die unangemessen wohnen und trotz Kostensenkungsaufforderung innerhalb der Frist des § 22 Absatz 1 Satz 3 SGB II nicht umziehen, sondern den vom Grundsicherungsträger nicht übernommenen Teil der Miete selbst tragen, werden mit der Gewichtung von 1/12 erst nach Ablauf von 12 Monaten mit einer Wohnung versorgt. Weil sie, wie sie schon gezeigt haben, ggf. gar nicht umziehen wollen, genügt nach Auffassung der Kammer hier rein rechnerisch ein Angebot im Jahr. Der angemessene Quadratmeterpreis ist nach Wohnungsgrößen differenziert angegeben.
Nichts zu erinnern ist auch gegen die Datengrundlage der Angebotsmieten. Sie ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG ausreichend breit (BSG, 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R –, a.a.O.). Der Beklagte hat über das gesamte Jahr 2014 die Internetportale Immobilienscout, immonet und immowelt sowie die lokalen Zeitungen HNA und ExtraTip ausgewertet, welche im Gutachten mit der Mediendatenbank immodaten.net zur Plausibilitätsprüfung abgeglichen werden. Letzteres Portal berücksichtigt alle seit 2002 in Hessen aufgegebenen Annoncen, die in einigen großen Internetportalen aufgegeben wurden (außer vorgenannte auch immopool.de, kalaydo.de sowie einige kleinere Portale). Zudem erfolgte eine Befragung der ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen in A-Stadt auch zu Frage der Fluktuation. Bei den übrigen Angebotsmieten hat das Gutachten zur Berechnung der Anzahl derjenigen Wohnungen, die tatsächlich pro Monat auf den Markt kommen, eine Fluktuationsquote berechnet und auf das Melderegister der Stadt A. und Zahlen des Mikrozensus 2010 (Zusatzerhebung Wohnen) zurückgegriffen. Diese wird bei allen Mieterhaushalten mit 13 % angenommen. Die sich aus dem Melderegister ergebende Quote von 14,7 % wäre zu hoch, da hier auf Personen und nicht auf Haushalte abgestellt wird und auch Wohnheime eingeschlossen sind. Doubletten, d. h. Annoncen, die ein und dieselbe Wohnung betreffen, sortiert das Gutachten an Hand der Parameter Grundmiete, Zimmerzahl, Etage, und Wohnfläche aus, ebenso extreme Ausreißer. Fälle ohne Angaben der Mietkategorien nettokalt, bruttokalt oder bruttowarm, extreme Grundmieten oder extreme Wohnflächen oder Zimmerzahlen werden damit nicht verwertet. Im Ergebnis verbleiben ausweislich des Gutachtens damit 4.898 Wohnungen im Datensatz, die nach dem Gutachten rein rechnerisch unter Berücksichtigung des Wohnungsbestandes und der Fluktuation von 762,1 Wohnungen (571,00 € Wohnungen auf dem privaten Markt und 191,1 Wohnungen institutioneller Vermieter) im Monat gegenüberstehen. Es spricht ebenso nichts dagegen, wenn im Weiteren das Gutachten um die Flächenrichtwerte 50, 60 Quadratmeter usw.) so bezeichnete Flächenkorridore von jeweils 20 Quadratmetern schafft zur Häufigkeitsverteilung der bruttokalten Quadratmetermieten und darauf fußend ein tatsächlich anmietbares Angebot pro Monat nach Eignungsklassen berechnet. Sodann werden unter Berücksichtigung der Bestandsmieten im einfachen Segment die nachfragerelevanten Fälle nach Preis- und Haushaltsgrößenklassen berechnet und schließlich das Ergebnis des tatsächlich anmietbaren Angebots pro Monat (Tabelle 11 Seite 33) mit der Nachfrage pro Monat nach Preis- und Haushaltsgrößen (Tabelle 16 Seite 40) so ins Verhältnis gesetzt, dass in jeder Haushaltsgrößenklasse der nachfragerelevante Teil der unangemessen Wohnenden innerhalb eines Monats eine billigere Wohnung findet, d.h. die Zahl der über dem Limit liegenden nachfragerelevanten Haushalte genauso hoch ist wie die Zahl der unter der Angemessenheitsgrenzen liegende Wohnungsangebote. Im Ergebnis errechnet das Gutachten damit (klägergünstig und für die Kammer beanstandungsfrei aufgerundet) für Einpersonenhaushalte 373,50 Euro. Es bestehen zudem keinerlei Anhaltspunkte, die gegen die Einhaltung anerkannter mathematisch statistischer Grundsätze der Datenauswertung im Gutachten sprechen könnten, so dass die Kammer diese Zahlen als plausibel bewertet.
Gründe, warum der Kläger über den längst abgelaufenen Sechs-Monats-Zeitraum des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II hinaus einen höheren Anspruch auf Leistungen für die Unterkunft als die nach den obigen Ausführungen abstrakt angemessenen Beträge haben sollte, sind nicht zu erkennen. Insbesondere hat der Kläger keine Erkrankung nachgewiesen, die ihm einen Wechsel der Wohnung unmöglich machen würden, vielmehr angegeben, die Wohnung mache ihn krank, und bestätigt, dass er einen Wechsel (ggf. mit Helfern) durchführen könne.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache selbst.
Die Berufung gegen dieses Urteil bedarf der Zulassung des Sozialgerichts, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 € nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und nicht wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit stehen (§ 144 Abs. 2 SGG); die Kammer hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen.