1. Eine Ermächtigung zur psychotherapeutischen Versorgung von Menschen, die auf der Flucht nach Deutschland traumatisiert worden sind, kann auch Therapeuten erteilt werden, die diesen Personenkreis noch nicht während des Aufenthalts in Deutschland in den ersten 18 Monaten behandelt haben.
2. In der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte dürfen für besondere Bedarfslagen auch Ermächtigungstatbestände geschaffen werden, die keine konkrete Bedarfsprüfung durch die Zulassungsgremien vorsehen.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. September 2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6.
G r ü n d e :
I
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Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer an die Beigeladene zu 1. erteilten Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
2 |
Die Beigeladene zu 1. ist als Psychologische Psychotherapeutin approbiert, hat die Weiterbildung im Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie zur Behandlung von Erwachsenen abgeschlossen und ist seit dem 9.6.2017 im Arztregister eingetragen. Ihren am 9.6.2017 beim Zulassungsausschuss für Ärzte und Psychotherapeuten Zulassungsbezirk Berlin (ZA) gestellten Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben (§ 31 Abs 1 Satz 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte ‑ Ärzte‑ZV), lehnte der ZA ab. Aus der Begründung des Verordnungsgebers zu § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV ergebe sich, dass eine Ermächtigung nur an diejenigen Antragsteller erteilt werden dürfe, die eine bereits begonnene Behandlung von Geflüchteten nach Ablauf von 15 Monaten mit Eintreten des Leistungsanspruchs nach § 2 AsylbLG fortsetzen wollten. Die Beigeladene zu 1. habe keinen Nachweis zu bereits durchgeführten Behandlungen erbracht.
3 |
Auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. änderte der beklagte Berufungsausschuss (BA) den Bescheid des ZA ab und ermächtigte die Beigeladene zu 1. für die Zeit vom 1.7.2018 bis 30.6.2020 zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Geflüchteten für die in der Anlage zum Beschluss genannten Leistungen (Beschluss vom 20.6.2018/Bescheid vom 23.7.2018). Die Beigeladene zu 1. erfülle die Voraussetzungen für die Ermächtigung. Entgegen der Auffassung des ZA ergebe sich aus der Begründung zur Ergänzung des § 31 Abs 1 Ärzte‑ZV kein Ausschluss für die Erteilung der Ermächtigung. Maßgebend sei der Wortlaut der Vorschrift. Auch wenn aus der Begründung ein Wille zur Einschränkung des Ermächtigungsanspruchs zu erkennen wäre, könne dieser nur bei einem nicht eindeutigen Wortlaut der Vorschrift zur Auslegung herangezogen werden. Dies sei nicht der Fall.
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Mit der Klage macht die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) geltend, dass die Beigeladene zu 1. keine Geflüchteten behandelt habe, deren Behandlung nach 15 Monaten dauerhaften Aufenthaltes in Deutschland fortzuführen sei. Die Ermächtigung sei nur zur Weiterbehandlung bereits in Therapie befindlicher Leistungsempfänger nach § 2 AsylbLG zu erteilen. Der Wortlaut von § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV gehe über Sinn und Zweck der Vorschrift hinaus. Die Begründung (BR‑Drucks 447/15 S 14) zeige deutlich, dass nur drohende Versorgungsabbrüche infolge des Wechsels der rechtlichen Grundlage für die Versorgung vermieden werden sollten. Zweck der Norm sei jedoch nicht, dem genannten Personenkreis beim Wechsel in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)‑Versorgung (§ 264 Abs 2 SGB V) einen privilegierten Zugang zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung zu verschaffen.
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Vor der Entscheidung des SG hat die Klägerin ihre Klage wegen Erledigung der streitgegenständlichen Ermächtigung durch Zeitablauf umgestellt und beantragt festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten rechtswidrig war. Das berechtigte Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage sei unter dem Gesichtspunkt einer hinreichend bestimmten Wiederholungsgefahr gegeben. Der ZA habe der Beigeladenen zu 1. im Juni 2020 erneut eine auf die Weiterbehandlung von nach §§ 4, 6 AsylbLG versorgten Personen beschränkte Ermächtigung erteilt. Ohne gerichtliche Klärung sei wahrscheinlich, dass der beklagte BA dem Widerspruch der Beigeladenen zu 1. erneut stattgeben werde.
6 |
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 2.9.2020). § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV enthalte einen gebundenen Anspruch auf Ermächtigung und setze allein voraus, dass die Behandelten Empfänger laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG seien und die in der Norm aufgeführten Traumata erlitten hätten. Eine bereits innerhalb der ersten 15 Monate des Aufenthaltes begonnene psychotherapeutische Behandlung sei nicht Voraussetzung der Ermächtigung. Auch aus der Gesetzesbegründung gehe eine solche Beschränkung nicht hervor. Dort werde als Ziel der Ergänzung des § 31 Abs 1 Ärzte‑ZV auch die Stärkung der Versorgungsangebote im System der GKV genannt, um eine sichere und kontinuierliche Behandlung der Betroffenen zu gewährleisten und auch weiterhin die bedarfsgerechte allgemeine vertragsärztliche Versorgung der Bevölkerung insgesamt zu gewährleisten. Die Vermeidung von Versorgungsabbrüchen sei ein, aber nicht das einzige Ziel der Regelung.
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Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin die Verletzung des § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV, den das SG falsch ausgelegt habe. Entgegen der Auffassung des SG müsse der Anwendungsbereich der Norm eingeschränkt werden. Ein Rechtsanspruch auf Ermächtigung bestehe nur in Bezug auf Personen, deren Behandlung bereits innerhalb der ersten 15 (bzw heute 18) Monate des Aufenthaltes ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet begonnen wurde und fortgesetzt werden solle. Die Norm sei auf diese Fälle teleologisch zu reduzieren. Ziel der Regelung sei gewesen, Versorgungsabbrüche zu vermeiden, die entstehen könnten, wenn die Behandlung der betreffenden Personen in den ersten 15 Monaten durch Therapeuten erfolge, die über keine Berechtigung zur Erbringung von Leistungen zu Lasten der GKV verfügten. Wenn das SG meine, es habe sich hier nur um ein, nicht aber das einzige Ziel der Regelung gehandelt, verkenne es die auch aus der Begründung zu entnehmende Differenzierung von Anlass und Ziel der neuen Regelung. Die akute Fluchtsituation 2015 sei Anlass für die Einführung des zusätzlichen Ermächtigungstatbestandes gewesen, weil die bereits vorhandenen Tatbestände nach Auffassung des Verordnungsgebers nur unzureichend genutzt worden seien. Daran anschließend werde mehrfach als Ziel der Regelung die "zeitnahe und kontinuierliche […] Behandlung", "Versorgungsabbrüche zu vermeiden" und die "kontinuierliche psychotherapeutische und psychiatrische Weiterbehandlung durch die bereits eingebundenen Leistungserbringer" genannt. Der Anwendungsbereich der Norm sei daher in teleologischer Reduktion auf die Behandlung des Personenkreises zu beschränken, bei dem es überhaupt zu einem Versorgungsabbruch kommen könne.
8 |
Dieses Ergebnis werde im Übrigen durch systematische Erwägungen gestützt. § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV gewähre eine Ermächtigung ohne Bedarfsprüfung, die für die beiden anderen Ermächtigungstatbestände nach § 31 Abs 1 Satz 1 Ärzte‑ZV jedoch vorgesehen sei. Den Zulassungsgremien sei überdies bei der Ermächtigung nach § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV kein Ermessen eingeräumt worden, weil sich die Notwendigkeit der Ermächtigung unmittelbar aus dem Ziel der Weiterbehandlung des Geflüchteten durch den Nicht‑Vertragspsychotherapeuten bzw ‑psychiater ergebe.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Berlin vom 2.9.2020 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 23.7.2018 rechtswidrig war.
10 |
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
11 |
Das SG hat nach Auffassung des Beklagten § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV weder falsch ausgelegt noch fehlerhaft angewendet. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift sei nicht gerechtfertigt. Die Klägerin ziehe als gesetzgeberischen Zweck der Norm nur den Teil der Begründung heran, der auf die Vermeidung von Versorgungsabbrüchen abziele. Der Zweck einer Verbesserung der psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung von Geflüchteten werde damit auf das Nebenproblem der Versorgungsabbrüche reduziert. Auch wenn ein Wechsel des Therapeuten während der laufenden Therapie gravierend sei, erscheine dieses Problem in Anbetracht der Gesamtsituation der Geflüchteten gering.
12 |
Nach Auffassung der Beigeladenen zu 1. dürfe der Ermächtigungsanspruch aus § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV nicht auf Behandlungsfälle beschränkt werden, in denen ein Versorgungsabbruch entstehen könne. Dies gehe aus dem Wortlaut der Norm nicht hervor und wäre auch widersinnig. In der Verordnungsbegründung werde festgestellt, dass der Kreis der Leistungserbringer der GKV von den zuvor zuständigen Leistungserbringern der Akutversorgung abweichen könne, weshalb Ziel der Regelung sei, sog Versorgungsabbrüche zu vermeiden. Entgegen der Auffassung der Klägerin werde auch kein zweiter Versorgungsweg eröffnet. Aufgrund der in der Vergangenheit beobachteten exekutiven Defizite sei das zusätzliche Angebot für die Empfänger von Leistungen nach § 2 AsylbLG vom Verordnungsgeber erwünscht und zur Überwindung dieser Defizite in vollem Bewusstsein des Ausnahmecharakters der Regelung als gebundener Anspruch auf eine Ermächtigung ausgestaltet worden.
II
13 |
Die Sprungrevision der Klägerin hat keinen Erfolg.
14 |
A. Die von der Klägerin als Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Alt 1 SGG) erhobene und zuletzt im Wege der sachdienlichen Klageänderung (§ 99 Abs 1 Alt 2 SGG) zur gerichtlichen Entscheidung gestellte Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG) ist zulässig.
15 |
Gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 SGG ist die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft, wenn sich ein mit der Anfechtungsklage angegriffener Verwaltungsakt während eines laufenden Klageverfahrens "durch Zurücknahme oder anders erledigt". Die mit dem angefochtenen Bescheid des Beklagten erteilte Ermächtigung der Beigeladenen zu 1. zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung hat sich mit Ablauf der ausgesprochenen Befristung zum 30.6.2020 durch Zeitablauf erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X).
16 |
Auch das nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist gegeben. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist ein berechtigtes ‑ rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches ‑ Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben, wenn die zu entscheidende Rechtsfrage für das Verhältnis der Beteiligten weiterhin relevant ist, weil sie sich bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen mit einiger Wahrscheinlichkeit zwischen den Beteiligten erneut stellen wird (vgl BSG Urteil vom 17.6.2009 ‑ B 6 KA 25/08 R ‑ BSGE 103, 269 = SozR 4‑1500 § 54 Nr 16, RdNr 14; BSG Urteil vom 12.10.2016 ‑ B 11 AL 6/15 R ‑ BSGE 122, 79 = SozR 4‑7815 § 2 Nr 1, RdNr 23 jeweils mwN; BSG Urteil vom 13.5.2020 ‑ B 6 KA 11/19 R ‑ SozR 4‑2500 § 103 Nr 30 RdNr 18; zuletzt Urteil vom 14.7.2021 ‑ B 6 KA 15/20 R ‑ zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Dabei ist maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung des Feststellungsinteresses der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (und zwar ‑ da es sich um eine Sachurteilsvoraussetzung handelt ‑ der Revisionsinstanz, vgl BSG Urteil vom 12.9.2012 ‑ B 3 KR 17/11 R ‑ USK 2012‑155 = juris RdNr 22; BSG Urteil vom 14.7.2021 ‑ B 6 KA 15/20 R ‑ juris RdNr 15, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BVerwG Beschluss vom 30.4.1999 ‑ 1 B 36.99 ‑ Buchholz 310 § 113 Abs 1 VwGO Nr 6; BVerwG Urteil vom 27.3.1998 ‑ 4 C 14.96 ‑ BVerwGE 106, 295, 299 = juris RdNr 20; Keller in Meyer‑Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 131 RdNr 10, 10i sowie Senatsurteil vom 25.3.2015 ‑ B 6 KA 9/14 R ‑ BSGE 118, 164 = SozR 4‑2500 § 73b Nr 1, RdNr 57, 90 zur Feststellungsklage).
17 |
Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich hier unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr, da die Klägerin geklärt wissen will, ob und in welchem Umfang ‑ unbeschränkt oder beschränkt auf die Weiterbehandlung von Patienten, die bereits nach §§ 4, 6 AsylbLG behandelt worden sind ‑, eine Ermächtigung zu erteilen ist. In dem laufenden Widerspruchsverfahren gegen die (erneut) im Sinne der Klägerin ausgefallene Entscheidung des ZA aus Juni 2020 stellen sich dieselben Rechtsfragen wie im hier anhängigen Prozess.
18 |
B. Die Revision ist jedoch unbegründet.
19 |
Der Beklagte hat der Beigeladenen zu 1. zu Recht eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, erteilt.
20 |
1. Gemäß § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV (idF der Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 24.10.2015, BGBl I 1789) sind Ärzte mit einer für die Behandlung erforderlichen abgeschlossenen Weiterbildung sowie psychosoziale Einrichtungen mit einer fachlich‑medizinischen ständigen ärztlichen Leitung vom Zulassungsausschuss auf Antrag zur ambulanten psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben (nachfolgend: die schwere Gewalt erlitten haben), zu ermächtigen. Die Beigeladene zu 1. verfügt über die erforderliche Weiterbildung und erfüllt auch die weiteren Voraussetzungen für eine Ermächtigung. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Zutreffend hat der Beklagte die Ermächtigung auch beschränkt auf den in § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV vorgesehenen Personenkreis. Dass die Beigeladene zu 1. bislang keine geflüchteten Menschen während ihres Aufenthaltes in Deutschland in den ersten 15 bzw 18 Monaten behandelt hat, steht ihrer Ermächtigung nicht entgegen.
21 |
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin setzt der Anspruch auf Erteilung der Ermächtigung nicht voraus, dass die die Ermächtigung begehrenden Leistungserbringer bereits Geflüchtete vor Eintreten des Leistungsanspruchs nach § 2 AsylbLG im Kostenerstattungsverfahren nach §§ 4, 6 AsylbLG behandelt haben, und die Ermächtigung ist auch nicht auf die Weiterbehandlung dieser Personen zu beschränken. Eine dahingehende Einschränkung ist aus dem Wortlaut der Norm und der Systematik des § 31 Ärzte‑ZV nicht abzuleiten (dazu a). Auch kann eine solche Beschränkung des Ermächtigungsanspruchs nicht im Wege teleologischer Reduktion begründet werden (dazu b).
22 |
a) § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV regelt eine Ermächtigung, die zur Behandlung eines genau umschriebenen Personenkreises zu erteilen ist. Dieser Personenkreis umfasst nach dem Wortlaut der Norm Empfänger laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG, die die dort genannten Formen schwerer Gewalt erlitten haben. Der Wortlaut des § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV enthält keine Beschränkung der Ermächtigung auf die Fortsetzung bereits begonnener Behandlungen.
23 |
§ 2 Abs 1 AsylbLG (idF des Art 1 Nr 3 des Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes vom 10.12.2014, BGBl I 2187) regelt den Leistungsanspruch von Leistungsberechtigten nach § 1 AsylbLG, die sich seit 15 Monaten (18 Monate seit 21.8.2019 idF des Art 5 Nr 3 des Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15.8.2019, BGBl I 1294) ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben.
24 |
Der Anspruch auf psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung nach § 2 AsylbLG richtet sich nach § 48 SGB XII, der eine entsprechende Anwendung der §§ 27 ff SGB V vorsieht. Der Anspruch auf ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V setzt nicht voraus, dass bereits vor Eintritt dieses Leistungsanspruchs eine Behandlung ‑ etwa unter dem Leistungsregime der §§ 4, 6 AsylbLG ‑ stattgefunden hat. Erforderlich ist nach § 27 Abs 1 SGB V allein, dass die Behandlung notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist eine Krankheit im Sinne der GKV "ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper‑ oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht" (ua BSG Urteil vom 28.2.2008 ‑ B 1 KR 19/07 R ‑ BSGE 100, 119 = SozR 4‑2500 § 27 Nr 14, RdNr 10; BSG Urteil vom 28.9.2010 ‑ B 1 KR 5/10 R ‑ SozR 4‑2500 § 27 Nr 20 RdNr 10). Weder § 27 SGB V noch § 48 SGB XII oder § 2 AsylbLG ist damit zu entnehmen, dass insbesondere der Anspruch auf psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung in irgendeiner Weise davon abhängt, ob und von wem ein geflüchteter traumatisierter Mensch in einer Erstaufnahmeeinrichtung versorgt worden ist.
25 |
b) Eine Beschränkung des Ermächtigungsanspruchs aus § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV im Wege der teleologischen Reduktion ist nicht vorzunehmen (dazu aa). Diese ist nicht verfassungsrechtlich geboten (dazu bb). Eine entsprechende Absicht des Normgebers zur Einschränkung des Ermächtigungsanspruchs ist nicht hinreichend sicher erkennbar (dazu cc).
26 |
aa) Die teleologische Reduktion von Vorschriften entgegen ihrem Wortlaut gehört zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (ua BVerfG Beschluss vom 7.4.1997 ‑ 1 BvL 11/96 ‑ NJW 1997, 2230, 2231; BVerfG Beschlüsse vom 19.8.2011 ‑ 1 BvR 2473/10 und 1 BvR 2474/10 ‑ juris RdNr 21; BSG Urteil vom 18.8.2011 ‑ B 10 EG 7/10 R ‑ BSGE 109, 42 = SozR 4‑7837 § 2 Nr 10, RdNr 27; BSG Urteil vom 26.9.2019 ‑ B 5 R 4/19 R ‑ SozR 4‑2600 § 118 Nr 17 RdNr 20 f). Die Befugnis zur teleologischen Reduktion steht den Gerichten nur begrenzt zu, ua dann wenn die Beschränkung des Wortsinns einer Regelung aufgrund des vom Gesetzgeber mit ihr verfolgten Regelungsziels geboten ist, die gesetzliche Regelung also nach ihrem Wortlaut Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll (BVerwG Urteil vom 14.6.2012 ‑ 5 A 1.12 ‑ Buchholz 262 § 6 Trennungsgeldverordnung <TGV> Nr 1, juris RdNr 21; BVerwG Urteil vom 11.12.2020 ‑ 5 C 9.19 ‑ ZFSH/SGB 2021, 334, 337 = juris RdNr 24), weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG Beschluss vom 7.4.1997 ‑ 1 BvL 11/96 ‑ NJW 1997, 2230, 2231 = juris RdNr 11; BSG Urteil vom 18.8.2011 ‑ B 10 EG 7/10 R ‑ BSGE 109, 42 = SozR 4‑7837 § 2 Nr 10, RdNr 27). Bei einem nach wortlautgetreuer Auslegung drohenden Grundrechtsverstoß kann eine zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung der Norm entgegen deren Wortlaut geboten sein (BSG Urteil vom 18.8.2011 ‑ B 10 EG 7/10 R ‑ BSGE 109, 42 = SozR 4‑7837 § 2 Nr 10, RdNr 27). Einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz darf auch nicht im Wege teleologischer Reduktion ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (BVerfG Beschluss vom 11.6.1980 ‑ 1 PBvU 1/79 ‑ BVerfGE 54, 277, 299 f = NJW 1981, 39, 43; BVerfG Beschluss vom 22.10.1985 ‑ 1 BvL 44/83 ‑ BVerfGE 71, 81, 105; BVerfG Beschluss vom 7.4.1997 ‑ 1 BvL 11/96 ‑ NJW 1997, 2230; BGH Urteil vom 26.11.2008 ‑ VIII ZR 200/05 ‑ BGHZ 179, 27 RdNr 31). Darüber hinaus setzt eine teleologische Reduktion voraus, dass sich dem Plan des Gesetzgebers mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt, in welcher Weise die gesetzliche Regelung einzuschränken ist, um den Gesetzeszweck zu erreichen (BVerwG Urteil vom 11.12.2020 ‑ 5 C 9.19 ‑ ZFSH/SGB 2021, 334, 337 = juris RdNr 26).
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bb) Eine teleologische Reduktion ist hier nicht geboten, weil bei wortlautgetreuer Anwendung kein Grundrechtsverstoß droht. Der von der Klägerin vorgebrachte Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor.
28 |
Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG schreibt unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches dementsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl hierzu zB BVerfG Beschluss vom 2.5.2006 ‑ 1 BvR 1275/97 ‑ NJW 2006, 2175, 2177 = juris RdNr 18; BVerfG Beschluss vom 23.5.2006 ‑ 1 BvR 1484/99 ‑ BVerfGE 115, 381, 389 mwN). Damit ist dem Normgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG, vgl hierzu zB Urteil vom 28.1.2003 ‑ 1 BvR 487/01 ‑ BVerfGE 107, 133, 141 mwN; BVerfG Beschluss vom 1.9.2005 ‑ 1 BvR 361/99 ‑ SozR 4‑1100 Art 3 Nr 33 RdNr 11 mwN).
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Der Anspruch auf psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung richtet sich sowohl für die Versicherten in der GKV als auch für die in § 264 Abs 2 SGB V genannten leistungsberechtigten Personen nach § 27 SGB V. Für beide Gruppen von Leistungsberechtigten wird die Behandlung im Wege der Sachleistung durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer erbracht. Aufgrund der Erteilung von Ermächtigungen nach § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV stehen der leistungsberechtigten Gruppe der Empfänger von laufenden Leistungen nach § 2 AsylbLG, die schwere Gewalt erlitten haben, zusätzliche Leistungserbringer exklusiv zur Verfügung, die andere Leistungsberechtigte, vor allem GKV‑Versicherte, aufgrund des gesetzlichen beschränkten Ermächtigungsumfangs nicht zulasten der GKV behandeln dürfen. Die unterschiedliche Behandlung der Leistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG und der übrigen nach dem SGB V Leistungsberechtigten ist jedoch aufgrund der zwischen beiden Gruppen bestehenden Unterschiede gerechtfertigt.
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(1) Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Gruppen ergibt sich bereits aus Art 25 Abs 1 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 (ABl EU Nr L 180/96) zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Aufnahmerichtlinie). Danach tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass Antragsteller auf internationalen Schutz, die Folter, Vergewaltigung oder andere schwere Gewalttaten erlitten haben, die Behandlung ‑ insbesondere Zugang zu einer adäquaten medizinischen und psychologischen Behandlung oder Betreuung ‑ erhalten, die für den Schaden, welcher ihnen durch derartige Handlungen zugefügt wurde, erforderlich ist. Bereits europarechtlich besteht damit für die Personengruppe, für deren Versorgung der Ermächtigungstatbestand nach § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV geschaffen wurde, ein besonderer Schutz- und Sicherstellungsauftrag, der eine Ungleichbehandlung dieser Personengruppe und der übrigen Bevölkerung rechtfertigt.
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(2) Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist ein erhöhter Versorgungsbedarf der geflüchteten Menschen, die schwere Gewalt erlitten haben.
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Traumatische Erlebnisse, zu denen die in § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV genannten Formen psychischer, physischer und sexueller Gewalt zählen, können insbesondere bei mehrfachem Erleben das Risiko für Traumafolgestörungen wie posttraumatische Belastungsstörungen, Angststörungen, chronische Schmerzen und somatoforme Störungen erhöhen (Frank et al, Gesundheit und gesundheitliche Versorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Deutschland Journal of Health Monitoring, 2017 <2> 1; Böttche/Heeke/Knaevelsrud, Sequenzielle Traumatisierungen, Traumafolgestörungen und psychotherapeutische Behandlungsansätze bei kriegstraumatisierten erwachsenen Flüchtlingen in Deutschland, Bundesgesundhbl 2016, S 621). Eine systematische Erfassung der physischen und psychischen Gesundheit der in Deutschland erfassten Flüchtlinge fand und findet nicht statt, sodass eine flächendeckende Erfassung psychischer Belastungen und Erkrankungen sowie eines möglichen Behandlungsbedarfs fehlt. Anhaltspunkte für einen potentiell erhöhten Behandlungsbedarf der in § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV genannten Personengruppe ergeben sich aus den nachfolgend beispielhaft genannten Veröffentlichungen: Bei einer vom wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) 2017/2018 durchgeführten Befragung erwachsener Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien und dem Irak gaben rund drei Viertel der Befragten an, Gewalt in unterschiedlichen Formen, etwa durch Kriegserlebnisse, Angriffe durch Militär oder Bewaffnete, gewaltsamen Verlust von Angehörigen persönlich und ggf auch mehrfach erlebt zu haben. Bei mehr als zwei Fünftel der Befragten ergeben sich aus deren Antworten Hinweise auf eine depressive Erkrankung (Schröder/Zok/Faulbaum, Gesundheit von Geflüchteten in Deutschland ‑ Ergebnisse einer Befragung von Schutzsuchenden aus Syrien, Irak und Afghanistan, WIdO-monitor, Ausgabe 1/2018, 15 <1>, S 9). In der Literatur werden für posttraumatische Belastungsstörungen und Depressionen bei Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten erhöhte Prävalenzen von jeweils ca 30 % angegeben (Frank et al aaO; Böttche/Heeke/Knaevelsrud, aaO, S 622). Von den 2015/2016 in Deutschland angekommenen Flüchtlingen ist Schätzungen zufolge bis zu ein Viertel durch mehrfache und massive traumatische Erfahrungen belastet und behandlungsbedürftig (Stellungnahme der Leopoldina ‑ Nationale Akademie der Wissenschaften, "Traumatisierte Flüchtlinge ‑ schnelle Hilfe ist jetzt nötig", 2018, S 8, abrufbar unter https://www.leopoldina.org/publikationen/detailansicht/publication/traumatisierte-fluechtlinge-schnelle-hilfe-ist-jetzt-noetig-2018/).
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Im Übrigen werden auch für Personen, die im Inland besonderen Gewalterfahrungen ausgesetzt waren, und die nicht zum Kreis der Flüchtlinge rechnen, spezielle Versorgungsangebote vorbehalten. So können sich Opfer von Gewalttaten an die Traumaambulanzen iS des § 37 SGB XIV wenden, deren Angebot neben die für alle Versicherten bestehenden Versorgungsmöglichkeiten im ambulanten Bereich tritt. Vergleichbare ergänzende Versorgungsangebote gab es auch schon vor Inkrafttreten dieser Vorschrift am 1.1.2021 auf der Grundlage von § 1 Abs 1 Satz 1 OEG iVm § 11 Abs 1 Nr 11, § 18c Abs 3 BVG. Soweit der Gesetzgeber der Auffassung ist, für Personen mit Gewalterfahrungen solle es spezielle und zusätzliche Therapiemöglichkeiten geben, ist das Ausdruck seiner legislatorischen Gestaltungsfreiheit. Eine verfassungsrechtlich unzulässige Schlechterstellung der übrigen Versicherten liegt darin nicht.
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cc) Es fehlt auch an der für eine teleologische Reduktion notwendigen planwidrigen, dem erkennbaren Willen des Normgebers zuwiderlaufenden Regelungslücke. Die Begründung des Normgebers (BR‑Drucks 447/15 vom 29.9.2015) bietet keinen ausreichend eindeutigen Anhaltspunkt für die Annahme der Revision, dass mit der Regelung allein die Vermeidung von Versorgungsabbrüchen bezweckt war.
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In der Begründung zur Verordnung wird die Vermeidung von Versorgungsabbrüchen als ein zentraler Beweggrund für den neu geschaffenen Ermächtigungstatbestand genannt. Nach den Ausführungen im Allgemeinen Teil der Begründung unter A. I. 4. und A. II. 4. (BR‑Drucks 447/15 S 6, 7) war mit der Regelung eine sichere, zeitnahe und kontinuierliche psychotherapeutische und psychiatrische Behandlung des in der Regelung genannten Personenkreises bezweckt. Im Besonderen Teil der Begründung wird unter B. zu Artikel 4 (BR‑Drucks 447/15 S 14) nach einer Beschreibung der Möglichkeiten für die Einbeziehung von Leistungserbringern in die vertragsärztliche Versorgung zur Deckung eines besonderen Bedarfs, die auch für die Flüchtlingsversorgung genutzt werden können, und der Feststellung, dass die bereits existierenden Ermächtigungstatbestände bisher kaum genutzt worden sind, im vierten Absatz das Ziel der Neuregelung wie folgt beschrieben: |
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"Ziel der Regelung ist es, sogenannte Versorgungsbrüche zu vermeiden, die entstehen können, wenn die Behandlung der betreffenden Personen in den ersten 15 Monaten durch Therapeuten erfolgt, die über keine Berechtigung zur Erbringung von Leistungen in der GKV verfügen (z. B. Psychotherapeuten in Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer). Hier muss gewährleistet werden, dass diese Therapeuten die Behandlung nach Ablauf von 15 Monaten, wenn die Versorgung gemäß § 264 Absatz 2 SGB V von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird, fortsetzen können. Anderenfalls müsste die betroffene Person den Therapeuten wechseln, wobei zu beachten ist, dass ein Therapeutenwechsel bei psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen ausgesprochen problematisch ist. Soweit in den ersten 15 Monaten die Behandlung durch eine bereits zur Leistungserbringung in der GKV berechtigte Person erfolgt, bedarf es der Ermächtigung nach § 31 nicht." |
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Dieser Teil der Begründung wird in der Literatur als Zweck der Ermächtigung herausgestellt (Bogan in BeckOK Sozialrecht, Stand 1.9.2021, § 31 Ärzte‑ZV RdNr 11b; Düring in Schallen, Zulassungsverordnung, 9. Aufl 2018, § 31 RdNr 15; Kremer/Wittmann, Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, 4. Aufl 2021, RdNr 2006; Ladurner, Ärzte‑ZV/Zahnärzte‑ZV, 2017, § 31 Ärzte‑ZV RdNr 28; Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 98 RdNr 75, Stand 5.10.2021). Allein gestützt auf die beabsichtigte Vermeidung von Versorgungsabbrüchen ist nach dieser Ansicht der Wortlaut der Norm zu weit gefasst, weil die vorgesehene Ermächtigung eine Einschränkung auf die Weiterbehandlung und einen Ausschluss der Aufnahme neuer Patienten, die leistungsberechtigt nach § 2 AsylbLG sind, nicht vorsieht. Die Norm sei daher im Wege der teleologischen Reduktion auf solche Leistungserbringer zu beschränken, die bereits in den ersten 15 Monaten mit der Versorgung des genannten Personenkreises betraut gewesen seien (so exemplarisch etwa Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK‑SGB V, 4. Aufl 2020, § 98 RdNr 74, 76, Stand 5.10.2021). In dieser allgemeinen Form kann dem jedoch nicht gefolgt werden. Die Vermeidung von Versorgungsabbrüchen bzw die Gewährleistung von Versorgungskontinuität ist nämlich nicht das einzige Ziel der Einführung von § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV. In der Begründung zum Entwurf der Verordnung ist bereits unter "A. Problem und Ziel" (BR‑Drucks 447/15 S 1) Folgendes dargestellt:
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"Die stark zunehmende Zahl an schutzbedürftigen Asylsuchenden und Flüchtlingen mit einem besonderen psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlungsbedarf fordert eine Stärkung der Versorgungsangebote im System der gesetzlichen Krankenversicherung, damit eine sichere und kontinuierliche Behandlung der Betroffenen gewährleistet werden kann. Dies gilt nicht zuletzt auch mit Blick auf die Sicherstellung einer weiterhin bedarfsgerechten allgemeinen vertragsärztlichen Versorgung der Bevölkerung insgesamt." |
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Diese Zielsetzung wird in der Begründung unter "B. Besonderer Teil zu Artikel 4 (Änderung der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte)" (BR‑Drucks 447/15 S 14) im ersten Absatz wiederholt und ausgeführt, dass mit der Neuregelung die bestehenden Versorgungsangebote durch eine Erweiterung der geltenden Ermächtigungstatbestände ausgebaut werden sollen.
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Der Begründung zum Entwurf der Verordnung sind damit verschiedene Ziele der Neuregelung zu entnehmen: die Sicherstellung der bedarfsgerechten vertragsärztlichen Versorgung der Bevölkerung insgesamt, die Gewährleistung einer sicheren und zeitnahen Versorgung der von Gewalt betroffenen Flüchtlinge und Asylsuchenden sowie die Vermeidung von Versorgungsabbrüchen bei einem Wechsel der Anspruchsgrundlage für die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung. Eine eindeutige Absicht des Normgebers zur Beschränkung des Ermächtigungsanspruchs auf diejenigen Leistungserbringer, die den genannten Personenkreis bereits vor Einsetzen des Leistungsanspruchs nach § 2 AsylbLG behandelt haben, ergibt sich aus der Begründung zum Verordnungsentwurf jedoch nicht.
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(1) Die Notwendigkeit der Sicherstellung der bedarfsgerechten vertragsärztlichen Versorgung der Bevölkerung insgesamt beruht auf der Erkenntnis, dass in der Gruppe der Geflüchteten und Asylsuchenden ein über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegender Anteil von Personen zu finden ist, die nach Gewalterfahrungen an erheblichen Beeinträchtigungen ihrer psychischen Gesundheit leiden und behandlungsbedürftig sind (s dazu oben unter bb 2). Bei einer Prävalenz von ca 30 % für posttraumatische Belastungsstörungen und Depressionen bei Geflüchteten wäre allein für die 2015 in Deutschland 1 091 894 registrierten Asylsuchenden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ‑ BAMF: Das Bundesamt in Zahlen 2015, S 10) von einem Behandlungsbedarf für bis zu 300 000 Personen auszugehen gewesen, der zusätzlich zum bestehenden Behandlungsbedarf der Bevölkerung abzudecken wäre. Die psychotherapeutische Versorgung war aber bereits vor 2015 auch bei festgestelltem Behandlungsbedarf gekennzeichnet durch lange Wartezeiten auf ein psychotherapeutisches Erstgespräch und/oder einen Platz für die Richtlinienpsychotherapie. Dies hatte den Gesetzgeber bereits 2015 veranlasst, den Gemeinsamen Bundesausschuss mit der Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für ambulante psychotherapeutische Leistungen zu beauftragen, wobei auch Regelungen zur Einrichtung psychotherapeutischer Sprechstunden zur Verringerung von Wartezeiten getroffen werden sollten (Art 1 Nr 40 des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ‑ GKV-Versorgungsstärkungsgesetz ‑ vom 16.7.2015, BGBl I 1211; BT‑Drucks 18/4095 S 100).
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Aufgrund der vielfältigen Hürden bei der Inanspruchnahme psychotherapeutischer Behandlung bereits in den ersten 15 bzw 18 Monaten des Aufenthaltes, etwa bei der Bewilligung der Leistung an sich sowie der ggf notwendigen Fahrkosten, Dolmetscherkosten etc durch die Asylbehörden oder bei der Suche nach einem Arzt oder Therapeuten (s dazu die Zusammenstellung in S3‑Leitlinie "Posttraumatische Belastungsstörung" der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie, S 76) oder der Verkennung des Behandlungsbedarfs ist auch nicht sichergestellt, dass die notwendige Behandlung bereits nach der Aufnahme erfolgt. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Regelfall mit Eintreten des Leistungsanspruchs nach § 2 AsylbLG eine bereits begonnene Behandlung lediglich fortgesetzt werden muss. Vielmehr ist zu erwarten, dass durch den dann vereinfachten und verbesserten Zugang zu medizinischer Versorgung Behandlungsbedarfe erst erkannt und psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung erst nachgefragt werden. Bei dem zu erwartenden überproportionalen Behandlungsbedarf der im Jahr 2015 aufgenommenen Schutzsuchenden, aber auch derjenigen aus den Vor‑ und Folgejahren wäre ohne die Einbindung zusätzlicher Leistungserbringer eine Verlängerung der Wartezeiten insbesondere für die psychotherapeutische Versorgung für alle Personen, die auf der Grundlage von § 27 SGB V einen Anspruch auf psychotherapeutische Behandlung haben, zu erwarten gewesen.
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(2) Auch unter dem Aspekt der vom Verordnungsgeber beabsichtigten Gewährleistung zeitnaher Versorgung der Betroffenen (BR-Drucks 447/15 S 7, 14 ‑ Begründung A. Allgemeiner Teil II. 4. und B. Besonderer Teil zu Art 4) ist der Ermächtigungsanspruch aus § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV nicht auf die Weiterbehandlung einzuschränken.
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Wie bereits unter (1) dargestellt, ist nicht davon auszugehen, dass alle Behandlungsbedürftigen bereits in den ersten 15 bzw 18 Monaten ihres Aufenthaltes die notwendige Behandlung in Anspruch nehmen. Bei der erstmaligen Feststellung des Behandlungsbedarfs oder der beabsichtigten erstmaligen Inanspruchnahme von Behandlungen nach Eintritt der Leistungsberechtigung gemäß § 2 AsylbLG wären die Betroffenen bei einer Beschränkung der Ermächtigung auf die Weiterbehandlung auf die bestehenden Versorgungsstrukturen mit zum Teil langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz angewiesen. Für die vom Verordnungsgeber auch beabsichtigte zeitnahe Versorgung psychischer Störungen von Asylsuchenden und Flüchtlingen, die schwere Formen von Gewalt erlitten haben, hätte es eines Ermächtigungstatbestandes, der ausschließlich für die Weiterbehandlung anwendbar ist, nicht bedurft. Denn eine Veränderung des Versorgungsangebotes für alle nach § 2 AsylbLG Leistungsberechtigten, die Gewalt erlitten haben, wäre damit nicht erreicht worden.
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3. § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs 1, Abs 2 Nr 11 SGB V gedeckt. Die Krankenbehandlung von Leistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG iVm § 264 Abs 2 SGB V ist der vertragsärztlichen Versorgung zuzurechnen, für die in den Zulassungsverordnungen auf der Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs 1 und Abs 2 Nr 11 SGB V nähere Regelungen getroffen werden dürfen (dazu a). Auch in der vom Senat für richtig gehaltenen Auslegung hält sich § 31 Satz 2 Ärzte‑ZV in dem von § 98 Abs 1 und Abs 2 Nr 11 SGB V vorgegebenen Rahmen. Die von der Klägerin und insbesondere von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Gesetzgebungsverfahren vertretene Auffassung, eine bedarfsunabhängige Ermächtigung auch zur erstmaligen Behandlung traumatisierter geflüchteter Personen iS des § 2 AsylbLG sei vom Ermächtigungsbegriff in § 98 Abs 2 Nr 11 SGB V nicht gedeckt, trifft nicht zu (dazu b).
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a) § 98 Abs 1 SGB V stellt eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen (Art 80 Abs 1 Satz 2 GG) genügende Ermächtigungsgrundlage dar. Sie ist hinreichend bestimmt, weil der Gesetzgeber unter Einbeziehung anderer Normen des SGB V hinreichende Vorgaben zu Ausmaß und Zweck der durch Verordnung zu treffenden Regelungen erlassen hat (BVerfG stattgebender Kammerbeschluss vom 26.9.2016 ‑ 1 BvR 1326/15 ‑ SozR 4‑5520 § 19 Nr 4 RdNr 29 f).
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Nach § 98 Abs 1 SGB V regeln die Zulassungsverordnungen das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung (§ 99 SGB V) und die Beschränkung von Zulassungen. Sie werden vom Bundesministerium für Gesundheit mit Zustimmung des Bundesrates als Rechtsverordnung erlassen.
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Die ärztliche Versorgung von Leistungsbeziehern nach § 2 AsylbLG durch Vertragsärzte und ‑psychotherapeuten ist der vertragsärztlichen Versorgung iS des § 98 SGB V zuzurechnen. Dem steht nicht entgegen, dass die Leistungsbezieher nach § 2 AsylbLG nicht in der GKV versichert sind. Nach § 72 Abs 1 Satz 1 SGB V wirken Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Aus § 72 Abs 1 Satz 1 SGB V ist nicht abzuleiten, dass nur die Versorgung von Versicherten als vertragsärztliche Versorgung anzusehen wäre, nicht aber die Versorgung der in § 264 Abs 2 SGB V genannten Leistungsbezieher nach § 2 AsylbLG, weshalb § 98 SGB V für die Versorgung dieser Leistungsberechtigten keine Anwendung finden und § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV die Ermächtigungsgrundlage fehlen würde (so Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK‑SGB V, 4. Aufl 2020, § 98 RdNr 79 f, Stand 5.10.2021; ders in Jacobs/Plagemann/Schafhausen/Ziegler, FS Plagemann, 2020, S 503 f; zweifelnd auch Ladurner, Ärzte‑ZV/Zahnärzte‑ZV, 2017, § 31 Ärzte‑ZV RdNr 32). § 72 SGB V stellt die Grundsatz- und Einweisungsnorm zur vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung dar, die durch die nachfolgenden Vorschriften konkretisiert wird (Hesral in Schlegel/Voelzke, jurisPK‑SGB V, 4. Aufl 2020, § 72 RdNr 6, Stand 11.5.2021). Der Begriff der vertragsärztlichen Versorgung ist weit; nach der Rechtsprechung des Senats wird davon auch die Sachleistungsaushilfe durch Krankenkassen und Vertragsärzte nach Europäischem Recht erfasst, die zugunsten von Personen erfolgt, die nicht in Deutschland versichert sind (BSG Urteil vom 26.5.2021 ‑ B 6 KA 10/20 R ‑ SozR 4‑2500 § 106a Nr 28; zur Reichweite der vertragsärztlichen Versorgung bei Impfleistungen nach § 132a SGB V näher Senatsurteil vom 21.3.2018 ‑ B 6 KA 31/17 R ‑ SozR 4‑2500 § 132e Nr 1 RdNr 27). § 75 Abs 1 Satz 1 SGB V enthält ein Zusammenwirkungsgebot, mit dem die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten sichergestellt werden soll (sog gemeinsamer Sicherstellungsauftrag, Huster in Becker/Kingreen, SGB V, Gesetzliche Krankenversicherung, 7. Aufl 2020, § 72 RdNr 2; Warner in BeckOK Sozialrecht, § 72 SGB V, Stand 1.9.2021, RdNr 1). Bereits § 73 Abs 2 SGB V, der den Umfang der vertragsärztlichen Versorgung regelt, beschränkt die dort angegebenen Leistungen nicht auf einen zu versorgenden Personenkreis, sondern stellt den Umfang der vertragsärztlichen Versorgung spiegelbildlich zu den Leistungsansprüchen nach §§ 27 ff SGB V dar. Daran knüpft der Sicherstellungsauftrag der Krankenversicherungen nach § 75 Abs 1 SGB V, wiederum ohne Beschränkung auf Versicherte der GKV, an.
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Der Gesetzgeber bedient sich der Vertragsärzte und der Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung in unterschiedlichem Umfang zur Sicherung der Krankenbehandlung von Personen, die nicht bei einer Krankenkasse versichert sind. Eine generelle Beurteilung, ob diese Indienstnahme dazu führt, dass insoweit die vertragsärztliche Versorgung und der spezifische Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs 1 SGB V betroffen ist, ist weder möglich noch geboten. Dazu ist das Spektrum der Indienstnahme und der Status der zu versorgenden Personen zu heterogen. Dieses Spektrum reicht von den Sicherstellungsaufträgen an die KÄVen zur Gewährleistung der freien Heilfürsorge (§ 75 Abs 3 SGB V) etwa für Soldaten ergänzend zur truppenärztlichen Versorgung, über die Versorgung von inhaftierten Menschen ergänzend zu den Anstaltsärzten (§ 75 Abs 4 SGB V) bis zur Sicherung der Behandlung von Personen, die im Standardtarif oder in den Basis‑ und Notlagentarifen der Unternehmen der privaten Krankenversicherung versichert sind (§ 75 Abs 3a SGB V). Einen grundlegend anderen Weg hat der Gesetzgeber bei der Sicherung bestimmter Personengruppen gewählt, die ausdrücklich von der generellen Versicherungspflicht ausgenommen sind, weil sie iS des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V einen "anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" haben. Um diesen Ansprüchen Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber den Weg der statusrechtlichen Annäherung des betroffenen Personenkreises an die Versicherten der Krankenkassen gewählt und diese mit der Sicherung der Versorgung beauftragt (§ 264 Abs 1 und 2 SGB V).
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Leistungsbezieher nach § 2 AsylbLG haben in entsprechender Anwendung von § 8 Nr 3 SGB XII, §§ 47 bis 52 SGB XII Anspruch auf Hilfen zur Gesundheit, die nach § 48 SGB XII auch die Krankenbehandlung entsprechend dem Dritten Kapitel Fünften Abschnitt Ersten Titel des Fünften Buches, also den §§ 27 bis 43c SGB V, umfasst. Nach § 264 Abs 2 SGB V wird die Krankenbehandlung ua von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG, die nicht versichert sind, von der Krankenkasse übernommen. Ob die Krankenkassen im Rahmen eines gesetzlichen Auftrags für Leistungsträger der Sozial-, Eingliederungs- und Kinder- und Jugendhilfe sowie der Asylbewerberleistungen gegen Kostenerstattung (§ 264 Abs 7 SGB V) tätig werden (BSG Urteil vom 17.6.2008 ‑ B 1 KR 30/07 R ‑ BSGE 101, 42 = SozR 4‑2500 § 264 Nr 1; Baierl in Schlegel/Voelzke, jurisPK‑SGB V, 4. Aufl 2020, § 264 RdNr 93, Stand 15.6.2020) oder die Form der Durchführung nur auftragsähnlich ist (BSG Urteil vom 27.5.2014 ‑ B 8 SO 26/12 R ‑ BSGE 116, 71 = SozR 4‑2500 § 264 Nr 5), kann hier dahinstehen.
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Diese weitgehende Gleichstellung erfasst nicht nur das Leistungsspektrum, sondern auch die Organisation der Versorgung, wie in der Aushändigung einer elektronischen Gesundheitskarte durch eine Krankenkasse (§ 264 Abs 4 iVm § 291a SGB V) besonders deutlich zum Ausdruck kommt. Die Krankenkassen sind den in § 264 Abs 2 SGB V genannten Leistungsempfängern gegenüber wie ihren eigenen Mitgliedern zur Gewährung von Krankenbehandlung verpflichtet. Für den behandelnden Vertragsarzt und auch die KÄV ist damit nicht erkennbar, ob sich der Behandlungsanspruch des Patienten aus einem Versicherungsverhältnis zur Krankenkasse oder über § 264 Abs 2 Satz 1 SGB V aus seinem Status als Leistungsempfänger ergibt. Die Statusbezeichnungen sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Durchführung des Abrechnungsverfahrens und die Anwendung von Steuerungsinstrumenten wie Wirtschaftlichkeitsprüfungen ermöglichen (BT-Drucks 15/1525 S 141). Die Behandlung der in § 264 Abs 2 SGB V genannten Leistungsempfänger kann aus den verfügbaren Behandlungs- und Verordnungsdaten mit den vom Gesetzgeber vorgegebenen Statusbezeichnungen nicht mehr ausgesondert und für diesen Personenkreis ein von der Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung nach §§ 106 bis 106d SGB V zu unterscheidendes Verfahren zur Prüfung der ärztlichen Behandlungs- und Verordnungstätigkeit durchgeführt werden. Letztlich spricht für die Zuordnung zur vertragsärztlichen Versorgung auch, dass die von der Krankenkasse nach § 264 Abs 2 SGB V zu erbringende Krankenbehandlung gemäß § 264 Abs 6 Satz 1 SGB V bei der von den Krankenkassen an die KÄV zu zahlenden Gesamtvergütung zu berücksichtigen ist. Damit bestimmt sich der Vergütungsanspruch der Vertragsärzte für die Behandlung der in Abs 2 Satz 1 genannten Personen ebenso wie für die Behandlung von Versicherten der Krankenkassen nach den §§ 85, 87a ff SGB V. Die Abweichungen vom rechtlichen Status der Versicherten betreffen allein die Rechtsbeziehungen zwischen der Krankenkasse und den betroffenen Personen, etwa hinsichtlich der Beitragspflicht und der Mitgliedschaftsrechte, nicht jedoch die Versorgung selbst. Das zwingt zu der Schlussfolgerung, dass die Sicherung der Behandlung von Personen, die den Krankenkassen übertragen ist, Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung (auch) iS des § 98 Abs 1 SGB V ist.
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b) Nach § 98 Abs 2 Nr 11 SGB V müssen die Zulassungsverordnungen ua Vorschriften enthalten über die Voraussetzungen, unter denen Ärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden können.
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§ 98 Abs 2 SGB V enthält eine nicht abschließende Aufzählung spezifischer Regelungen, die in den Zulassungsverordnungen zwingend enthalten sein müssen. Die in § 98 Abs 2 Nr 11 SGB V geforderten Regelungen über die Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sind in §§ 31, 31a Ärzte‑ZV enthalten. Für die Erteilung von Ermächtigungen nach § 31 Abs 1 Satz 1 Ärzte‑ZV, § 31a Abs 1 Satz 1 Ärzte‑ZV ist den Zulassungsausschüssen regelmäßig Ermessen hinsichtlich des "Ob" und "Wie" einer Ermächtigung eingeräumt. § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV sieht dagegen keine Ermessensentscheidung der Zulassungsausschüsse vor, sondern gewährt bei Erfüllung der Voraussetzungen einen Anspruch auf Ermächtigung in dem genannten Umfang. Damit wurde der Rahmen des § 98 Abs 2 Nr 11 SGB V jedoch nicht verlassen.
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Richtig ist zwar, dass § 98 Abs 2 Nr 11 SGB V Vorschriften fordert, unter denen Ermächtigungen zur vertragsärztlichen Versorgung erteilt werden "können". Die Wendung, dass die Behörde eine bestimmte Entscheidung treffen "kann", bezeichnet im Allgemeinen, dass der Behörde auch bei Erfüllung aller Voraussetzungen ein Ermessensspielraum für die Entscheidung verbleibt. Die Annahme eines solchen Spielraums bei der Verwendung des Wortes "können" im Gesetzestext ist jedoch nicht zwingend. Das Wort kann auch lediglich die Befugnis einer Behörde für ein Verwaltungshandeln bezeichnen (sog Kompetenz‑Kann) (vgl BFH Urteil vom 9.8.2011 ‑ VII R 46/10 ‑ BFHE 236, 189 ‑ HFR 2012, 781 = NVwZ‑RR 2012, 425 RdNr 8). Wenn § 98 Abs 2 Nr 11 SGB V eine gegenüber § 98 Abs 1 SGB V speziellere Ermächtigungsgrundlage und nicht lediglich einen Regelungsauftrag enthält, ist davon auszugehen, dass mit der Vorschrift lediglich eine Kompetenz der Zulassungsgremien bezeichnet werden soll, nicht aber bereits Vorgaben für die konkrete Entscheidung durch die Zulassungsgremien unter Zubilligung eines Ermessensspielraums gemacht werden sollen.
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Auch der für sich genommen richtige Einwand der Klägerin, über § 98 Abs 2 Nr 11 SGB V dürfte in der Ärzte‑ZV kein zweiter, gegenüber der Zulassung gleichwertiger Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung geschaffen werden, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Bedarfsprüfung durch die Zulassungsgremien ist für die Abgrenzung der Ermächtigung gegenüber der Zulassung zwar generell von Bedeutung. Das schließt aber nicht aus, dass in besonders gelagerten Fällen der Bedarf nicht im Einzelfall von den Zulassungsgremien, sondern generell vom Normgeber der Ärzte‑ZV festgestellt wird. Der gegenüber der Zulassung subsidiäre Charakter der Ermächtigung wird deshalb nicht dadurch verletzt, dass der Gesetzgeber 2015 davon ausgegangen ist, bundesweit bestehe ein von den zugelassenen Ärzten und Psychotherapeuten nicht hinreichend gedeckter Bedarf für die Behandlung traumatisierter Flüchtlinge. Der Gesetzgeber durfte sich dabei auch von der Erwägung leiten lassen, dass dieser Personenkreis den Bedarf individuell kaum wirksam artikulieren kann, weil er eben nicht Mitglied einer Krankenkasse ist, die die Zulassungsgremien mit entsprechenden Daten über Versorgungsengpässe und Wartezeiten konfrontieren könnte. Im Übrigen regeln die § 5 Abs 2 BMV‑Ä iVm § 31 Abs 2 Ärzte‑ZV und § 98 Abs 2 Nr 11 SGB V bedarfsunabhängige persönliche Ermächtigungen auf der untergesetzlichen Ebene (dazu Hochgesang in Schiller <Hrsg>, Bundesmantelvertrag Ärzte, 2. Aufl 2021, § 4 RdNr 47). Auf der Ebene des Gesetzes sind bedarfsunabhängige Ermächtigungen von ärztlich geleiteten Einrichtungen verbreitet (zB §§ 117, 118 SGB V). Das spricht dagegen, dass die Abhängigkeit der behördlichen Entscheidung von einem konkret festzustellenden Bedarf ein unverzichtbares Kernelement jeder Ermächtigung bezeichnet.
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Den gegenüber der Zulassung subsidiären Charakter der Ermächtigung hat der Gesetzgeber bei § 31 Abs 1 Satz 2 Ärzte‑ZV schließlich dadurch beachtet, dass die Leistungserbringer nur zur Behandlung eines eng umgrenzten und normativ genau beschriebenen Personenkreises ermächtigt werden dürfen. Dieser Regelung kann und muss von der Klägerin bei der Prüfung der Leistungsabrechnung der zu 1. beigeladenen Psychotherapeutin im Rahmen des § 106d SGB V Rechnung getragen werden. Diese beiden Faktoren lassen die Befürchtung der Klägerin, über die hier umstrittene Ermächtigung werde eine der Zulassung gleichwertige zweite ambulante Versorgungsschiene geschaffen, von der nur die Berechtigten nach § 2 AsylbLG, nicht aber die Versicherten profitieren könnten, als wenig naheliegend erscheinen. Dem steht auch die vom Beklagten zurecht vorgenommene Befristung der Ermächtigung auf zwei Jahre entgegen. Auf der Grundlage einer nur befristeten Eingliederung in das vertragsärztliche Versorgungssystem dürfte ein interessierter Leistungserbringer eine der Zulassung vergleichbare dauerhafte berufliche Perspektive kaum aufbauen können oder wollen.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, § 162 Abs 3 VwGO. Die Klägerin trägt die Kosten des von ihr ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels. Die Kosten der Beigeladenen zu 1. waren aus Billigkeitsgründen der Klägerin aufzuerlegen, weil diese auch im Revisionsverfahren einen eigenen Antrag gestellt hat, wohingegen eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. nicht veranlasst ist, weil sie sich am Verfahren nicht beteiligt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSG Urteil vom 31.5.2006 ‑ B 6 KA 62/04 R ‑ BSGE 96, 257 = SozR 4‑1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).