L 3 AL 63/07

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 6 AL 10/06
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 63/07
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Februar 2007 wird zurückgewiesen, soweit der Rechtsstreit nicht durch angenommenes Teilanerkenntnis erledigt ist.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und den Widerruf der Bewilligung von Fahr- und Kinderbetreuungskosten.

Der 1972 geborene Kläger hat nach Bestehen der Hochschulreife den Beruf des Friseurs von April 1994 bis Mai 1996 erlernt. Von Mai 1998 bis Juni 1999 war er als EDV-Fachberater bei der Fa. A C GmbH und vom 16. Juni 1999 bis 31. Mai 2003 als EDV-Techniker bei der C1 GmbH beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis wurde vom Arbeitgeber am 29. April 2003 zum 31. Mai 2003 gekündigt. Vom 1. Juni 2003 bis zum 15. September 2003 bezog der Kläger Alg unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Leistungssatzes in Höhe von 237,65 EUR.

Auf seinen Antrag vom 15. September 2003 gewährte die Beklagte ab dem 16. September 2003 bis „voraussichtlich“ 31. August 2005 eine Weiterbildungsmaßnahme zum IT-Systemkaufmann bei der Fa. C2 GmbH (C2). Bei der Antragstellung bestätigte der Kläger mit seiner Unterschrift, das Merkblatt 6 „Förderung der beruflichen Weiterbildung“, Stand April 2003, erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. In dem Merkblatt heißt es unter 3.2 (S. 20 des Merkblattes):

„Unterhaltsgeld, Teilunterhaltsgeld und Weiterbildungskosten können längstens geleistet bzw. übernommen werden bis zum Abschluss der Maßnahme. …

Eine Maßnahme ist abgeschlossen, wenn Unterricht nicht mehr erteilt wird bzw. wenn die Abschlussprüfung abgelegt wurde. Für eine Zeit nach dem letzten Unterrichtstag bzw. nach der Abschlussprüfung können Leistungen nicht erbracht werden, auch wenn der Maßnahmeträger einen anderen Zeitpunkt als Maßnahmenende bestimmt. …

Bereits gezahlte Leistungen sind zu erstatten.“

Unter 10.1 des Merkblattes (S. 43 des Merkblattes) erfolgt ein Hinweis auf die Mitwirkungspflichten:

„Wichtig ist eine Mitteilung an das Arbeitsamt insbesondere dann, wenn Sie die Teilnahme an einer Maßnahme oder an einem einzelnen Abschnitt nicht beginnen bzw. vorzeitig beenden, abbrechen, oder unterbrechen (…) oder wenn der letzte Unterrichtstag/Prüfungstag nicht mit dem ursprünglich festgelegten Datum übereinstimmt.“

Am 16. September 2003 unterzeichneten der Kläger und die Firma C2 den Umschulungsvertrag. Im Umschulungsvertrag der Industrie- und Handelskammer K wird unter (A.) unter anderem ausgeführt, dass das Umschulungsverhältnis am 16. September 2003 beginnt und am 31. August 2005 endet. Gegenstand des Vertrages sind zudem die Vereinbarungen auf der Rückseite des Umschulungsvertrages (J.). Unter § 2 Abs. 2 der Vertragsbedingungen ist ausgeführt, dass bei vorzeitig bestandener Umschulungsprüfung das Umschulungsverhältnis am letzten Tag der Prüfung endet.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheiden vom 8. Oktober 2003 für den Zeitraum vom 16. September 2003 bis voraussichtlich 31. August 2005 Unterhaltsgeld vorläufig in Höhe des vorangegangenen Alg sowie Fahr- und Kinderbetreuungskosten. Der Bescheid hinsichtlich der Fahr- und Kinderbetreuungskosten enthielt unter „Mitteilungspflicht“ den Hinweis unter Bezugnahme auf § 60 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), dem Arbeitsamt ohne Aufforderung unverzüglich jede Änderung mitzuteilen, die für den Anspruch auf die bewilligten Leistungen oder für deren Höhe von Bedeutung sei. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten über die Mitwirkungspflichten und über die Rechtsfolgen wurde auf Punkt 10 des ausgehändigten Merkblattes 6 „Förderung der beruflichen Weiterbildung“ verwiesen. Mit Bescheid vom 2. Januar 2004 gewährte die Beklagte das Unterhaltsgeld als Alg in Höhe von kalendertäglich 34,67 EUR.

Der Kläger bestand die Abschlussprüfung erfolgreich am 14. Juni 2005 vor der Industrie- und Handelskammer K. Alg gewährte die Beklagte, die über die Abschlussprüfung keine Mitteilung erhielt, bis zum 31. Juli 2005, Fahr- und Kinderbetreuungskosten bis zum 31. August 2005. Mit Schreiben vom 5. August 2005 forderte die Beklagte den Kläger auf, den Prüfungstermin zu benennen. Daraufhin teilte die C2 am 8. August 2005 den Prüfungstermin vom 14. Juni 2005 mit und bat zugleich um Fortsetzung der Förderung bis zum 31. August 2005, um die kaufmännischen Fertigkeiten und Kenntnisse des Klägers festigen und intensivieren zu können.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 24. August 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30. August 2005 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab dem 15. Juni 2005 bis 31. Juli 2005 auf und forderte die Erstattung von 1594,82 EUR zuzüglich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 406,53 EUR. Ferner widerrief sie die Bewilligung der Fahrkosten ab dem 15. Juni 2005 bis 31. August 2005 in Höhe von 369,50 EUR sowie der Kinderbetreuungskosten in Höhe von 260,00 EUR für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. August 2005 und forderte deren Erstattung vom Kläger.

Mit seinem dagegen am 30. August 2005 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass ihm die Leistungen bis zum 31. August 2005 vorläufig bewilligt worden seien, ohne dass ihm irgendwelche Rechtspflichten hinsichtlich einer früheren Prüfungsabsolvierung auferlegt worden wären. Er habe nicht ahnen können, dass er sich mit einer wegen guter Leistungen vorzeitig abgelegten Prüfung Rückzahlungsverpflichtungen aussetze. Er sei in den Leistungsbescheiden einschließlich der Nebenbestimmungen nicht auf eine etwaige Pflicht, den Prüfungsabschluss der Beklagten mitzuteilen, hingewiesen worden. Von einer Meldepflicht habe er nichts gewusst. Im Übrigen habe auch keine Änderung der Verhältnisse vorgelegen, denn er habe lediglich plan- und antragsgemäß den schulischen Teil der Weiterbildungsmaßnahme absolviert.

Auf seinen Antrag vom 25. August 2005 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 19. September 2005 Alg für die Zeit vom 25. August bis zum 31. August 2005. Seit dem 1. September 2005 steht der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Kläger habe die Weiterbildungsmaßnahme am 14. Juni 2005 durch Abschlussprüfung beendet mit der Folge, dass er ab dem 15. Juni 2005 keinen Leistungsanspruch mehr gehabt habe. Die Bewilligung von Alg sei somit für den Zeitraum vom 15. Juni 2005 bis zum 31. Juli 2005 aufzuheben, die Bewilligung von Fahrkosten für die Zeit vom 15. Juni 2005 bis zum 31. August 2005 und die Bewilligung von Kinderbetreuungskosten für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. August 2005 zu widerrufen gewesen. Der Kläger habe gewusst bzw. hätte bei erforderlicher Sorgfalt wissen müssen, dass ihm diese Leistungen nach Ende der Weiterbildungsmaßnahme durch Abschlussprüfung am 14. Juni 2005 ab 15. Juni 2005 nicht mehr zugestanden hätten. Er sei darauf im Merkblatt 6 „Förderung der beruflichen Weiterbildung“ und ferner im Umschulungsvertrag hingewiesen worden.

Der Kläger hat dagegen am 16. Januar 2006 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen: Er habe geglaubt, dass die Weiterbildungsmaßnahme erst am 31. August 2005 enden solle. Schließlich habe die Beklagte die Maßnahme auch bis zu diesem Zeitpunkt gefördert. Die Anforderungen an einen ehemals Arbeitslosen würden erheblich überspannt, wenn diesem auferlegt werde, nicht nur alle Merkblätter zu lesen, sondern zugleich auch juristische Definitionen zu verstehen, was denn nun das Ende der Weiterbildungsmaßnahme sei, das Ablegen der Prüfung oder die Beendigung der Tätigkeit in der Weiterbildungsstätte. Von einem grob fahrlässigen Handeln seinerseits könne nicht die Rede sein. Im Übrigen herrschten auch bei der Beklagten Meinungsverschiedenheiten über die Frage, ob der angefochtene Bescheid hätte erlassen werden sollen oder nicht. Eine Mitarbeiterin der Beklagten sei anlässlich eines Telefonats mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht der Auffassung gewesen, dass er seine Sorgfaltspflicht in besonders schwerem Maße verletzt habe.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 24. August 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30. August 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2005 aufzuheben,

hilfsweise die Zeugin Frau H, zu laden über die Beklagte, als Zeugin dazu zu hören, dass diese dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 7. September 2005 in einem Telefonat mitgeteilt hat, dass sie hinsichtlich des Endes der Förderungsdauer rechtlich anderer Auffassung sei als die Beklagte in diesem Verfahren und der Meinung sei, dass die Förderungsdauer bis zum 31. August 2005 andauere.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen.

Nach mündlicher Verhandlung vom 8. Februar 2007 hat das Sozialgericht mit Urteil vom selben Tage die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt, indem er trotz Erreichens des Maßnahmeziels weiter Leistungen der Beklagten entgegengenommen habe. Er habe am 14. Juni das Maßnahmeziel – Bildungsabschluss zum IT-Systemkaufmann - erreicht; dies sei ihm auch von der Industrie- und Handelskammer bestätigt worden. Damit habe dem Kläger klar sein müssen, dass die Maßnahme ihren erfolgreichen Abschluss gefunden habe. Zu dieser einfachen Schlussfolgerung sei der Kläger aufgrund seines Lebensalters und seines beruflichen Qualifikations- und Kenntnisstandes ohne weiteres in der Lage gewesen. Das gelte erst recht vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits eine Berufsausbildung absolviert habe und zudem durch das Merkblatt 6 „Förderung der beruflichen Weiterbildung“ ebenso wie durch den Umschulungsvertrag vom 18. September 2003 sprachlich klar und unmissverständlich über das Maßnahmenende informiert worden war. Wenn er dennoch keinerlei Überlegungen angestellt oder davon ausgegangen sein sollte, auch nach Erreichen des Maßnahmeziels noch in der betrieblichen Weiterbildungsstätte Lerninhalte verfestigen und vertiefen zu dürfen, handele er grob fahrlässig. Von der Vernehmung der Zeugin habe die Kammer abgesehen, da es ausschließlich auf das Wissen und die Kenntnisse sowie das Einsichtsvermögen des Klägers und nicht anderer Personen ankomme.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 13. Juni 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 12. Juli 2007 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend aus: Er - der Kläger - habe unter Berücksichtigung seiner persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, seinem Einsichtsvermögen und seiner Erkenntnisfähigkeit nicht grob fahrlässig gehandelt, insbesondere sei ihm nicht hinreichend klar gewesen, dass das Umschulungsverhältnis bei „vorzeitig“ bestandener Umschulungsprüfung geendet habe. Er habe den Umschulungsvertrag nicht so verstanden, dass durch das zufällige Vorziehen der Umschulungsprüfung um etwa zwei Monate vor das Ende der vereinbarten Vertragsdauer automatisch seine Leistungsberechtigung entfalle. Aus seiner Sicht habe es sich nicht um einen vorzeitigen Abschluss, sondern um den regulären Abschluss der Umschulungsmaßnahme gehandelt. Er habe auf den Bewilligungsbescheid vom 8. Oktober 2003, der ausdrücklich als Beendigungszeitpunkt den 31. August 2005 – in Übereinstimmung mit dem Umschulungsvertrag – benannt habe, vertraut. Weder den Umschulungsvertrag noch den Bewilligungsbescheid habe er so verstanden, dass mit der Absolvierung der Abschlussprüfung des Umschulungslehrganges zwingend die Leistungszusage der Beklagten obsolet werde. Er sei in einem anderen Wirtschaftssystem – der Deutschen Demokratischen Republik – aufgewachsen und habe den Beruf des Friseurs erlernt, so dass ihm nicht anzulasten sei, nicht alle bei Antragstellung überreichten Merkblätter vollständig gelesen, verarbeitet und Jahre später noch ständig präsent zu haben. Zudem seien die von der Beklagten entscheidenden Nebenbestimmungen an äußerst versteckter Stelle und für den Laien in kaum verständlicher Form zu finden. Im Übrigen habe das Sozialgericht rechtsfehlerhaft die beantragte Vernehmung der Zeugin H unterlassen. Insoweit sei übersehen worden, dass, wenn ein entsprechender Vertrauenstatbestand seitens der Mitarbeiterin der Beklagten erzeugt worden sei, dem Kläger keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Denn die Mitarbeiterin habe seine Auslegung des Begriffs des Endes der Umschulungsmaßnahme geteilt.

Die Beklagte stützt das angefochtene Urteil und bezieht sich ergänzend auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. August 1983 (7 RAr 55/81), wonach mit dem Ablegen der Abschlussprüfung die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung ende. Zudem sei das Außerachtlassen von Vorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen worden sei, im Allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, der Betroffene habe die Vorschrift nicht verstanden.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2008 hat die Beklagte auf den Hinweis des Senats, dass der Rückforderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 406,53 EUR die Regelung des § 335 Abs. 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) entgegenstehe, die angefochtenen Bescheide insoweit aufgehoben. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 8. Februar 2007 und den Bescheid vom 24. August 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30. August 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 15. Juni 2005 bis zum 31. Juli 2005 aufgehoben, weil der Kläger am 14. Juni 2005 die Umschulungsmaßnahme nach erfolgreichem Bestehen der Abschlussprüfung abgeschlossen hat und diesen wesentlichen Umstand der Beklagten nicht mitgeteilt hat. Mit Bestehen der Abschlussprüfung endet die Ausbildung und somit die Teilnahme an der Maßnahme der beruflichen Weiterbildung, §§ 77, 81, 83, 124a SGB III (unter 1.). Zwar hat die Beklagte die Bewilligung der Fahrkosten sowie der Kinderbetreuungskosten zu Unrecht nach § 47 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) widerrufen, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Widerruf liegen nicht vor. Die Entscheidung ist aber in eine Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X umzudeuten (unter 2.) und insoweit nicht zu beanstanden.

1.

Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Alg vom 15. Juni 2005 bis zum 31. Juli 2005 ist § 48 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse an u.a. aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zu Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) bzw. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSG, Urteil vom 20. Juni 2001, B 11 AL 10/01 R, SozR 3-4300 § 119 Nr. 3; Urteil vom 9. August 2001, B 11 AL 17/01 R, SozR 3-4300 § 119 Nr. 4; erkennender Senat, Urteil vom 12. August 2005, L 3 AL 39/05, veröffentlicht in juris und Urteil vom 10. August 2007, L 3 AL 97/06, veröffentlicht in juris).

Eine solche Änderung ist ab dem 15. Juni 2005 infolge des erfolgreichen Bestehens der Abschlussprüfung vor der Industrie- und Handelskammer K___ am 14. Juni 2005 eingetreten, weshalb der Kläger ab dem genannten Zeitpunkt keinen Anspruch auf Leistungen der beruflichen Weiterbildung mehr hatte. Anspruch auf Alg bei beruflicher Weiterbildung nach §§ 124a Abs. 1, 117 Abs. 2 SGB III hat nur, wer Anspruch auf Leistungen nach § 77 SGB III hat. Der Kläger war mit Beginn seiner Ausbildung am 16. September 2003 Teilnehmer an einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung, so dass ihm von da an Unterhaltsgeld nach § 153 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung und ab dem 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld gem. §§ 117 Abs. 2, 124a SGB III zustand. Dieser Anspruch erlosch mit Ablauf des 14. Juni 2005; denn durch die Ablegung der Abschlussprüfung an diesem Tage endete die Ausbildung des Klägers zum IT-Systemkaufmann, mithin seine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung.

Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass der Zeitraum, für den der Teilnehmer an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung Anspruch auf Förderleistungen haben kann, durch das Ende der vorgesehenen und tatsächlichen Unterrichtsveranstaltungen begrenzt wird, weil danach keine Teilnahme an einer Bildungsveranstaltung mehr stattfindet (Urteil vom 17. Dezember 1975, 7 RAr 39/74, BSGE 41, 117 ff; Urteil vom 11. März 1976, 7 RAr 63/74, BSGE 41, 224 ff). Diese Auffassung ist auch auf arbeitsrechtlich betrieblich ausgestaltete Ausbildungsverhältnisse übertragen worden (Ausbildung nach dem Krankenpflegegesetz: Bundesarbeitsgericht [BAG], Vorlagebeschluss vom 17. März 1982, 5 AZR 818/79, BAGE 38, 182 ff.; Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe, Beschluss vom 27. Januar 1983, GmS-OGB 2/82, SozR 7310 § 14 Nr. 1; BSG Urteil vom 14. Juni 1983, 7 RAr 62/82, AuB 1983, 378 f.; BSG Urteil vom 18. August 1983, 7 RAr 55/81, AuB 1983, 379 f.; BAG, Urteil vom 14. Dezember 1983, 5 AZR 818/79, veröffentlicht in juris). Danach endet auch das betriebliche Ausbildungsverhältnis und somit der Anspruch des Teilnehmers auf Unterhaltsgeld mit dem Tag der Ablegung der Prüfung, wenn der Auszubildende vor Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit die Abschlussprüfung besteht. Die gleichen Grundsätze gelten auch für die berufliche Umschulung (§ 1 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz [BBiG]), deren Zweck die Befähigung zu einer anderen beruflichen Tätigkeit ist (§ 1 Abs. 5 BBiG n.F.). Dabei endet der Umschulungsvertrag grundsätzlich mit der Zweckerfüllung, d.h. mit dem erfolgreichen des Abschlusses der Maßnahme (BAG, Urteil vom 19. Januar 2006, 6 AZR 638/04, BAGE 117, 20 ff.). Unter Zugrundelegung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, endete die Weiterbildungsmaßnahme des Klägers in Form der betrieblichen Ausbildung mit der erfolgreichen Absolvierung der Abschlussprüfung am 14. Juni 2005.

Zur Überzeugung des Senats sind auch die subjektiven Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X sowie nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X gegeben. Der Kläger ist seiner gesetzlich festgeschriebenen Obliegenheit als Leistungsbezieher, den Zeitpunkt der Abschlussprüfung persönlich und unverzüglich mitzuteilen, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X). Dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Grobe Fahrlässigkeit ist zu bejahen, wenn der Betroffene schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Entscheidend sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, d.h. seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten. Das Außerachtlassen von Vorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen wird, ist im Allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, dass der Betroffene die Vorschriften nicht verstanden hat (erkennender Senat, Urteil vom 10. August 2007, L 3 AL 97/06, veröffentlicht in juris). Dafür bestehen in der Person des Klägers keine Anhaltspunkte. Im Merkblatt 6 für Arbeitnehmer „Förderung der beruflichen Weiterbildung“ (hier Stand: April 2003), dessen Erhalt und inhaltliche Kenntnisnahme der Kläger mit seiner Unterschrift bei seiner Antragstellung am 20. September 2003 bestätigt hat, wird im Abschnitt 3 – Beginn und Dauer der Zahlung – unter 3.1 klar verständlich darauf hingewiesen, dass die Maßnahme abgeschlossen ist, wenn die Abschlussprüfung abgelegt wurde. Ausdrücklich wird weiter darauf hingewiesen, dass für eine Zeit nach dem letzten Unterrichtstag bzw. nach der Abschlussprüfung Leistungen nicht mehr erbracht werden, selbst wenn der Maßnahmeträger einen anderen Zeitpunkt als Maßnahmenende bestimmt (vgl. die Seite 20). Unter der Überschrift „Mitteilungspflichten“ wurde zusätzlich darauf hingewiesen, dass das Arbeitsamt sofort benachrichtigt werden müsse, wenn der letzte Unterrichtstag/Prüfungstag nicht mit dem ursprünglich festgelegten Datum übereinstimme (vgl. die Seite 43). Zusätzlich wurde der Kläger auch im Bescheid vom 8. Oktober 2003 unter Bezugnahme auf Punkt 10 des Merkblattes 6 auf seine Mitteilungspflichten hingewiesen. Auch der Umschulungsvertrag enthält unter § 2 Abs. 2 der Vereinbarungen, die Gegenstand des Umschulungsvertrages sind und deren Anerkennung sowohl von dem Kläger als auch vom Umschulungsbetrieb unter dem 16. September 2004 mit der Unterschrift bestätigt wurde, die ausdrückliche Regelung, dass das Umschulungsverhältnis am letzten Tag der Prüfung endet. Von daher musste der Kläger aufgrund der eindeutigen Hinweise des Merkblattes und des Umschulungsvertrages wissen, dass er bei Absolvierung der Prüfung zur sofortigen persönlichen Unterrichtung des Arbeitsamtes verpflichtet war. Aufgrund der Deutlichkeit der Hinweise hätte er auch erkennen können, dass Unterhaltsgeld bzw. Alg und sonstige Weiterbildungskosten nur bis zur Abschlussprüfung zustanden.

Soweit der Prozessbevollmächtigte dem entgegenhalten will, dass die Formulierung „vorzeitig bestandene Umschulungsprüfung“ nicht eindeutig sei, da der Kläger lediglich plan- und antragsgemäß den schulischen Teil der Weiterbildungsmaßnahme am 14. Juni 2004 beendet habe und die Prüfung im Rahmen des regulären Verlaufs der Umschulungsmaßnahme stattgefunden habe, kann dies zu keiner anderen Beurteilung führen. Nach dem Umschulungsvertrag endet die Ausbildung am 31. August 2005 (A). Darauf nimmt § 2 Abs. 1 der Vereinbarung zum Umschulungsvertrag ausdrücklich Bezug. Systematisch ist unter § 2 Abs. 2 der Vereinbarung dann die davon abweichende vorzeitige Beendigung des Umschulungsverhältnisses wegen vorzeitig bestandener Umschulungsprüfung und unter § 2 Abs. 3 die davon abweichende Verlängerung aus wichtigem Grund geregelt. Diese Regelungen sind eindeutig; vorzeitig ist danach ein Zeitpunkt vor dem unter (A) – 31. August 2005 – vereinbarten Zeitpunkt. Diese Regelungen entsprechen im Übrigen dem typischen Ablauf von Ausbildungsverhältnissen. Auch diese werden – entsprechend der jeweiligen Ausbildungsdauer – für ein bis drei Jahre abgeschlossen. Sie enden mit der jeweiligen Abschlussprüfung, die in der Regel zu einem früheren Zeitpunkt als das ursprünglich vereinbarte Ausbildungsende erfolgt. Dieses Regelungsgefüge war dem Kläger auch aus seinem vorangegangenen Ausbildungsverhältnis zum Friseur bekannt, wie dem Ausbildungsvertrag und der Bescheinigung über die bestandene Abschlussprüfung zu entnehmen ist. In § 1 Nr. 3 des Ausbildungsvertrages mit der Firma K1 GmbH, K, vom 21. März 1991 war geregelt, dass bei Bestehen der Abschlussprüfung vor Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit das Berufsausbildungsverhältnis endet. Die Gesellenprüfung legte er am 29. Juni 1994 ab, gleichzeitig endete sein Ausbildungsverhältnis zur Firma K1. Entgegen den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten beendet die Prüfung auch nicht lediglich einen Teil der Weiterbildungsmaßnahme, sondern die Maßnahme an sich. Auch § 2 Abs. 2 der Vereinbarung zum Umschulungsvertrag spricht von einem Ende des Umschulungsverhältnisses, d.h. des praktischen und theoretischen Teils und nicht lediglich eines (theoretischen) Teiles. Selbst wenn der Kläger aufgrund der nach der Abschlussprüfung fortgesetzten Tätigkeit im Umschulungsbetrieb – nach Aktenlage war er der erste Umschüler im Betrieb - unsicher in der rechtlichen Bewertung gewesen sein sollte, bestand für ihn die Verpflichtung, der Beklagten den Tag der Abschlussprüfung, sofern dieser nicht mit dem ursprünglich festgelegten Datum übereinstimmt, unverzüglich mitzuteilen. Einer juristischen Bewertung bedurfte es insoweit nicht, denn der Tag der Abschlussprüfung ist ein tatsächlicher Umstand, der keiner differierenden Auslegung zugängig ist. Dieser Verpflichtung ist der Kläger nicht nachgekommen. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers besteht auch keine Obliegenheit der Beklagten, bei Umschülern rechtzeitig vor den Sommerferien nachzufragen, ob die Abschlussprüfung bereits abgelegt worden ist. Zwar finden die Abschlussprüfungen bei Berufsausbildungsverhältnissen üblicherweise vor den Sommerferien statt; dies gilt aber nicht zwingend für Umschüler, die in der Regel eine verkürzte Ausbildung durchlaufen und deren Ausbildungsbeginn abweichend von dem für Berufsausbildungsverhältnisse – wie im Falle des Klägers - geregelt sein kann. Im Übrigen verkennt der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass es Aufgabe des Klägers ist, der Beklagten den Prüfungstermin mitzuteilen. Auf diese Mitteilungspflicht ist der Kläger ausdrücklich und verständlich im ausgehändigten Merkblatt unter der Rubrik Mitwirkungspflicht 10.1 hingewiesen worden.

Soweit der Prozessbevollmächtigte unter Hinweis auf das Aufwachsen des Klägers in einem anderen Wirtschaftssystem - der Deutschen Demokratischen Republik – und der Absolvierung einer Ausbildung als Friseur andeuten will, dass der Kläger intellektuell nicht in der Lage sei, die Ausführungen im Merkheft zu verstehen, konnte der Senat sich im Rahmen der persönlichen Anhörung des Klägers davon nicht überzeugen. Der Kläger verfügt über die Hochschulreife. Auch die Tätigkeit als IT-Systemkaufmann setzt entsprechende intellektuelle Fähigkeiten voraus. Anhaltspunkte dafür, dass er intellektuell nicht in der Lage gewesen sein sollte, der Beklagten entsprechend dem eindeutigen Hinweis im Merkblatt das Datum der Abschlussprüfung zu benennen, ergeben sich demnach nicht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass er nach seinem Vortrag nicht wusste, dass sein Anspruch auf Alg weggefallen ist. Auch das spätere Verhalten einer Mitarbeiterin der Beklagten bzw. eine Äußerung der Mitarbeiterin allein gegenüber dem Prozessbevollmächtigten am 7. September 2005 und deren Einfluss auf das Wissen und die Erwartung des Klägers ist insoweit ohne Bedeutung.

Zwar hat die Beklagte ihre Aufhebungsentscheidung nur auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X gestützt, eine Umdeutung gem. § 43 SGB X in eine Aufhebungsentscheidung auch bzw. ausschließlich nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr 2 SGB X ist im Hinblick auf § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III angesichts gleicher Rechtsfolgen zulässig (BSG, Urteil vom 25. April 2002, B 11a AL 69/01 R, veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005, B 7a AL 18/05 R, SozR 4-4300 § 119 Nr 3).

Da hiernach die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 15. Juni 2005 bis zum 31. Juli 2005 von der Beklagten zur Recht aufgehoben bzw. zurückgenommen worden ist, hat der Kläger das ihm bis zum 31. Juli 2005 bereits gezahlte Alg zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Die Höhe der von der Beklagten festgesetzten Erstattungsforderung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte hat die dem Kläger zu Unrecht gewährten Leistungen korrekt berechnet. Auch der Kläger hat die Berechnung der Beklagten zur Höhe nicht beanstandet.

2.

Die Rückforderung der Fahr- und Kinderbetreuungskosten für die Zeit nach Abschluss der Umschulungsmaßnahme begegnet im Ergebnis keinen Bedenken.

Die Beklagte kann sich bezüglich der Rückforderung der Gewährung von Fahrkosten ab dem 15. Juni 2005 und der Gewährung von Kinderbetreuungskosten ab dem 1. Juli 2005 zwar nicht auf einen Widerruf nach § 47 SGB X stützen. Die Umdeutung in eine Rückforderung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X begegnet aber keinen Bedenken.

Nach § 47 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB X kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird. Tatbestandlich setzt § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X eine Zweckverfehlung der Leistungserbringung voraus, wobei die konkrete Zweckbestimmung für den Einzelfall im Verwaltungsakt selbst getroffen werden muss (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000, B 11 AL 63/00 R, SozR 3-1300 § 47 Nr 1). Die allgemeine sich aus der Rechtsgrundlage ergebende Zweckbestimmung reicht nicht aus; dem Berechtigten steht es in der Regel bei Sozialleistungen frei, wie er diese verwenden will. Die Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 13/1534, S. 7 f.) nennt als Sozialleistungen, auf die die Regelung Anwendung finden soll, bestimmte Leistungen im sozialen Entschädigungsrecht, nämlich die Zuschüsse zur Beschaffung von Kraftfahrzeugen sowie im orthopädischen Bereich. Von daher wird in der Literatur vertreten, dass § 47 Abs. 2 SGB X nur auf subventionsähnliche Leistungen, wie sie auch in jenen Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes (§ 151 Abs. 1, 1 a)) in der bis zum 20. Mai 1996 geltenden Fassung geregelt waren, z.B. Leistungen an Arbeitgeber nach § 34 SGB IX, Anwendung finden kann. Dagegen fallen sämtliche Sozialleistungen (§ 11 SGB I) aus dem Anwendungsbereich des § 47 SGB X heraus (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 47 SGB X, Rz. 11; Freischmidt in Hauck/Noftz, SGB X, Bd. 1, K § 47 SGB X, Rz. 11 a; Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., 2008, § 47 Rz. 14). Hierfür spricht, das § 47 Abs. 2 SGB X als Parallelvorschrift zu § 49 Abs. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfg) geschaffen wurde, der als Nachfolgevorschrift zu § 44a Bundeshaushaltsordnung (BHO) in erster Linie die zweckentsprechende Verwendung und ggf. Rückforderung von Subventionen sicherstellen sollte.

Letztlich kann dies auf sich beruhen, denn die Beklagte hat in dem Bescheid vom 8. Oktober 2004, mit dem sie dem Kläger Fahrkosten (Zeitraum vom 16. September 2003 bis 31. August 2005) und Kinderbetreuungskosten (September 2003 bis August 2005) für die Teilnahme an der beruflichen Weiterbildung bewilligt hat, keine auf die konkrete Leistungsgewährung bezogene Zweckbestimmung getroffen. Ungeachtet des Umstandes, dass nicht einmal die entsprechenden Rechtsgrundlagen benannt wurden, ist über den Wortlaut der bewilligten Leistungen hinaus eine spezifische Zweckbestimmung nicht getroffen worden. Dass die Zweckbestimmung Geschäftsgrundlage ist, reicht nicht aus (Steinwedel in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 47 Rz. 13), ebenso nicht der Hinweis auf den allgemeinen Gesetzeszweck (Freischmidt in Hauck/Noftz a.a.O., § 47 Rz. 11a). Denn nicht der abstrakt-generelle Zweck des Gesetzes – hier die Sicherstellung der Teilnahme an der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der damit unmittelbaren entstehenden sachlichen Kosten -, sondern nur die verhaltenssteuernde Zweckbestimmung im Verwaltungsakt eröffnet die Widerrufsmöglichkeit (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000, a.a.O.). Eine diesen Anforderungen entsprechende Zweckbestimmung enthält der Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2004 hingegen nicht, so dass ein Widerruf wegen Zweckverfehlung nach § 47 Abs. 2 SGB X ausscheidet.

Die Beklagte war aber berechtigt, den Bescheid gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 sowie Nr. 4 SGB X zurückzunehmen. Ein nach § 47 Abs. 2 SGB X ergangener Verwaltungsakt kann, sofern es sich nicht um eine zweckgebundene Leistung gehandelt hat, in einen Verwaltungsakt nach § 48 SGB X umgedeutet werden (Waschull a.a.O. § 47 SGB X Rz. 22 unter Berufung auf die Entscheidung des BSG, Urteil vom 25.04.1991, 11 RAr 21/89, SozR 3-4100 § 63 Nr. 2; in diesem Sinne auch BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000, a.a.O.), denn die Umdeutung einer Ermessensentscheidung – nach § 47 Abs. 2 SGB X - in eine gebundene Entscheidung – nach § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III - ist nach § 43 Abs. 3 SGB X grundsätzlich möglich (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 43 Rz. 18). Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Weiterbildung - der Fahrkosten gem. § 81 SGB III und der Kinderbetreuungskosten gem. § 83 SGB III - für die Vergangenheit ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse – der erfolgreichen Beendigung der Maßnahme durch Absolvieren der Abschlussprüfung am 14. Juni 2005 – sind erfüllt (vgl. unter 1).

Ist danach der angefochtene Bescheid auch im Hinblick auf die Aufhebung der Fahr- und Kinderbetreuungskosten nicht zu beanstanden, hat der Kläger die ihm bis zum 31. August 2005 gezahlten Fahrkosten sowie die vom 1. Juli bis 31. August 2005 gezahlten Kinderbetreuungskosten zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Die Höhe der von der Beklagten festgesetzten Erstattungsforderung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte hat die den Kläger zu Unrecht gewährten Leistungen korrekt berechnet. Auch der Kläger hat die Berechnung der Beklagten zur Höhe nicht beanstandet.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt das teilweise Obsiegen des Klägers in Bezug auf die Rückforderung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.

Der Senat sah sich nicht veranlasst, der Beweisanregung des Prozessbevollmächtigten des Klägers nachzugehen und die Mitarbeiterin der Beklagten, Frau H, zum Inhalt eines am 7. September 2005 mit dem Prozessbevollmächtigten geführten Telefonats zu vernehmen. Entscheidungserheblich ist aus Sicht des Senats die Verletzung der Mitteilungspflicht bezogen auf die Nichtangabe des Prüfungstermins am 14. Juni 2005 und die subjektiven Erkenntnismöglichkeiten des Klägers bezogen auf die ihm obliegende Pflicht. Ein erst nach dem Ende der Maßnahme seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers geführtes Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Beklagten ist nicht geeignet, auf den Erkenntnisprozess des Klägers zum Zeitpunkt der Abschlussprüfung Einfluss zu nehmen.

4.

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen.

Rechtskraft
Aus
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